Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 23

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desregierung, aber auch in Europa gesprochen wird! Wir brauchen eine soziale Union! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. Herr Minister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.12

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllin­ger, wenn ich Ihnen richtig zugehört habe – und ich habe mich bemüht –, dann haben Sie sich dagegen ausgesprochen, dass Inflationsbekämpfung und Preisstabilität weiter zu den führenden Prinzipien der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank gehören. (Abg. Öllinger: Vollbeschäftigung!) Das ist sehr bemerkenswert und eine völlig neue Position, die ich da heute höre, und gestatten Sie mir dazu den Kommentar „absurd“ – mehr fällt mir dazu nicht ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich Ihnen weiter richtig zugehört habe, dann haben Sie sich dafür ausge­sprochen, Vollbeschäftigung nicht nur als Zielvorstellung zu formulieren – das ist unser gemeinsames Ziel (Abg. Öllinger: Das ist nicht Ihres!), das ist das Ziel der Euro­päischen Union –, sondern auch die Nichterreichung von Vollbeschäftigung zu sank­tionieren.

Wenn es so einfach wäre, Vollbeschäftigung zu erreichen, Wachstum zu schaffen, dann wäre ich bei Ihnen, dann würden wir das Unterschreiten von Wachstumsraten und das Nichterreichen von Vollbeschäftigung sanktionieren. Aber so einfach ist das eben nicht, das geht nicht. Das kann man als Ziel formulieren, man kann dahin gehend arbeiten. Der Lissabon-Prozess ist darauf ausgelegt, aber so, wie Sie es wollen, geht es sicherlich nicht, sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllinger! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Was tun Sie dafür?)

Europa hat einmal als Wirtschaftsgemeinschaft begonnen, das war die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Wir erinnern uns daran, das war eine gute Sache. Aber mittlerweile hat sich Europa Gott sei Dank zu einer Wertegemeinschaft, zu einer Solidargemeinschaft und letztlich auch zu einer Friedensgemeinschaft weiter entwickelt. Und wenn Sie mich fragen, welches Ziel im Vordergrund bei der Erweite­rung der Europäischen Union von 15 auf 25 gestanden ist, dann muss ich Ihnen sagen: Das Ziel der Friedensgemeinschaft war das Wichtigere im Vergleich zur Wirtschafts­gemeinschaft. Aber bleiben wir bei der Solidar- und Sozialgemeinschaft, dem Thema Ihrer Aktuellen Stunde, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Europas Wirtschaftsmodell ruht auf drei Säulen – Sie wissen das. Es sind dies Säulen, die wir in Österreich als besonders wichtig erachten, nämlich die Säulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt. Sie können es auch zusammenfassen als das ökosoziale Modell der Marktwirtschaft, als das nachhaltige Marktwirtschaftsmodell; das ist das euro­päische, das ist das österreichische Modell. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht aber darum, dass das ein Dreieck im Gleichgewicht ist. Wenn diese drei Säulen nicht im Gleichgewicht miteinander stehen – nämlich Wirtschaft, Soziales und Umwelt –, dann gerät das Dreieck außer Gleichgewicht, und eines geht ohne die beiden anderen nicht. Ein soziales Europa ist nur denkbar, wenn in den Bereichen Umwelt und Wirtschaft die Dinge passen. Ein wirtschaftliches Europa ist nur denkbar, wenn wir in den Bereichen Soziales und Umwelt unser Haus in Ordnung halten. Und mit „unser Haus in Ordnung halten“ meine ich sowohl die Aufgaben in Brüssel als auch


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