Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 9

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Bevor ich dem ersten Redner, Herrn Dr. Gusenbauer, das Wort erteile, begrüße ich zwei ehemalige Außenminister auf der Tribüne: Alt-Bundespräsidenten Kurt Waldheim und Alt-Vizekanzler Alois Mock. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall sowie Beifall von der Regierungsbank.)

Ich möchte aus gegebenem Anlass auch darauf hinweisen, dass ich die Verwendung von Laptops als Propagandamittel hier im Plenum in Zukunft als Ordnungswidrigkeit betrachten werde. (Abg. Großruck: Herr Broukal! – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Wo steht das? – Abg. Dr. Wittmann: Wo steht das in der Geschäftsordnung?)

Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer ist am Wort. 15 Minuten Redzeit. – Bitte.

 


9.16

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Präsentation einer neuen Außenministerin ist eine gute Gelegenheit, über Fragen der Außenpolitik, über Fragen gemeinsamer Außenpolitik und auch darüber zu diskutieren, wo gemeinsame Zielsetzungen zu erkennen sind. Ich bin der Auffassung – und hier teile ich die Auffas­sung des Bundeskanzlers –, dass es gerade für ein kleines Land unerhört wichtig ist, dass es, unabhängig davon, wer gerade in der Regierung ist, eine kontinuierliche und verlässliche Außenpolitik gibt. Es ist gerade für ein kleines Land wichtig, dass eine klare außenpolitische Linie über einen langen Zeitraum erkennbar ist. Daher ist Außen­politik vielleicht mehr als andere politische Bereiche Gegenstand von parteien-, regie­rungs- und oppositionsübergreifendem Konsens.

Ich bin der Meinung, dass immer dann, wenn es einen außenpolitischen Konsens ge­geben hat, der über alle Fraktionen reichte, die österreichische Außenpolitik erfolgreich war. Und ich hoffe, Frau Bundesministerin, dass Sie Ihren Beitrag dazu leisten werden, dass die österreichische Außenpolitik eine gemeinsame ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es steht eine Reihe von Fragen auf der Tagesordnung, die Sie bereits in den nächsten Wochen und Monaten betreffen und beschäftigen werden. Zum einen die Frage: Wohin geht Europa? und zum anderen: Welche Vorstellungen haben wir von der künftigen Politik in Europa? – Wir haben gerade nach den Wahlen zum Europäischen Parlament auch hier im Hause darüber diskutiert, dass die Distanz zwischen den Bürgern und den europäischen Institutionen offensichtlich eine größere wird, weil sich sehr viele Men­schen nicht im europäischen Projekt wiederfinden. Das muss Anlass sein, darüber nachzudenken, wie man den Abstand zwischen Europa und den Menschen in Europa verkleinern kann.

Einer der wesentlichen Punkte dabei scheint mir zu sein, dass viele Teile des europäi­schen Versprechens noch nicht eingelöst sind. Eines wurde eingelöst: Europa ist heute eine Zone von Frieden und Stabilität. Viele europäische Staaten haben eine gemein­same Währung realisiert. Viele europäische Staaten haben den Schengen-Raum reali­siert und damit auch eine gemeinsame Politik der inneren Sicherheit. Aber das, was bis zum heutigen Tag noch nicht gelungen ist, ist, eine gemeinsame europäische Wirt­schaftspolitik zu entwickeln, die auch die Voraussetzung dafür bildet, dass ein soziales Europa realisiert werden kann.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind der Auffassung, dass nur dann, wenn die Europäische Union imstande ist, die Lebensbedürfnisse der Menschen in Europa in geeigneter Weise zu berücksichtigen, dieser große Spalt zwischen den euro­päischen Institutionen und den Menschen in Europa überwunden werden kann. Daher ist das soziale Europa der Schlüssel, die Identifikation der Menschen mit dem europäi­schen Projekt zu stärken – und genau da sollten Sie auch einen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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