Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 7. März 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode                           Mittwoch, 7. März 2007

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 7. März 2007: 13.02 – 23.33 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2007 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2007)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hoch­wasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 97/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 115/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Harald Vilimsky, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen Internet-Kriminalität sowie gegen un­seriöse und rechtswidrige Internetdienste“

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz geändert wird (77/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      12

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 201/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .........................................      13


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 2

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung        108

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................    109

Staatssekretärin Heidrun Silhavy .........................................................................    111

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................    112

Franz Morak .............................................................................................................    114

Mag. Brigid Weinzinger ..........................................................................................    114

Lutz Weinzinger ......................................................................................................    116

Veit Schalle ..............................................................................................................    117

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ...........................................................................      14

Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger im Sinne des § 18 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers für Wissenschaft und For­schung Dr. Johannes Hahn – Ablehnung .....................................................  56, 56

Wortmeldungen zur Geschäftsordnung im Zusammenhang mit dem von Abge­ordnetem Karl Öllinger gestellten Antrag auf Anwesenheit des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn:

Dr. Wolfgang Schüssel ...........................................................................................      56

Dr. Josef Cap ...........................................................................................................      57

Ing. Peter Westenthaler ..........................................................................................      57

Wortmeldung des Abgeordneten Karl Öllinger neuerlich im Zusammenhang mit der Nichtanwesenheit des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn während der Debatte zu TOP 3 ...............................................    118

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf zur Geschäftsordnung ...    119

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Alfred Gusenbauer betreffend Enthebung der Bundesministerin ohne Portefeuille Doris Bures vom Amt sowie gleichzeitige Ernennung von Frau Doris Bures zur Bundesministerin im Bundeskanzleramt mit der Bezeichnung Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst durch den Bundespräsidenten .....................................................................      12

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Alfred Gusenbauer betreffend Enthebung des Bundesministers ohne Portefeuille Dr. Johannes Hahn vom Amt sowie gleichzeitige Ernennung von Herrn Dr. Johannes Hahn zum Bundesminister für Wissenschaft und Forschung durch den Bundespräsidenten .............................      12

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................................  13, 195

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend „Frauenpolitische Maßnahmen: Wo bleiben sie?“ (119/A)(E) ..................................      64

Begründung: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .........................................................      69

Bundesministerin Doris Bures ..............................................................................      75


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 3

Debatte:

Mag. Brigid Weinzinger ..........................................................................................      79

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................      82

Mag. Gertrude Aubauer ..........................................................................................      85

Barbara Rosenkranz ...............................................................................................      86

Ursula Haubner .......................................................................................................      89

Barbara Zwerschitz .................................................................................................      92

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................      94

Barbara Riener ........................................................................................................      95

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .....................................................................      97

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................    100

Ridi Steibl ................................................................................................................    102

Wolfgang Zanger ....................................................................................................    103

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................    104

Karl Öllinger ............................................................................................................    106

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 119/A(E) ..........................    108

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (24 d.B.): Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2007 getrof­fen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2007) (33 d.B.) ............................................      14

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann ...........................................................................................      14

Jakob Auer ..............................................................................................................      16

Bernhard Themessl ................................................................................................      17

Kai Jan Krainer ........................................................................................................      18

Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer .......................................................................      19

Mag. Werner Kogler ................................................................................................      21

Josef Bucher ...........................................................................................................      24

Lutz Weinzinger ......................................................................................................      25

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................      26

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................      27

Sigisbert Dolinschek ..............................................................................................      28

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter .............................................................      29

Edeltraud Lentsch ..................................................................................................      31

Alexander Zach .......................................................................................................      32

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................      33

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................      34

Gabriele Tamandl ....................................................................................................      35

Sylvia Rinner ...........................................................................................................      36

Konrad Steindl ........................................................................................................      37

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................      38

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (25 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hoch­wasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 geändert werden (34 d.B.) ....................................................................................................................      38

Redner/Rednerinnen:

Jakob Auer ..............................................................................................................      38

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................      39

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................      40

Alois Gradauer ........................................................................................................      42

Josef Bucher ...........................................................................................................      43


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 4

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter .............................................................      44

Adolfine Herta Mikesch ..........................................................................................      45

Gerhard Steier .........................................................................................................      46

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................      47

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ........................................................................      48

Franz Eßl ..................................................................................................................      50

Marianne Hagenhofer .............................................................................................      51

Astrid Stadler ..........................................................................................................      51

Dr. Robert Rada ......................................................................................................      52

Dr. Peter Sonnberger ..............................................................................................      53

Rainer Wimmer .......................................................................................................      54

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................      55

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................      55

3. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 97/A der Ab­geordneten Dr. Gertrude Brinek, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschafts­gesetz 1998 geändert wird (26 d.B.) ........................................................................      55

Redner/Rednerinnen:

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      57

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................      60

Mag. Dr. Martin Graf ..................................................................................  61, 128

Josef Broukal ...........................................................................................  119, 133

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................    121

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................    122

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    122

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................    123

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................    124

Dr. Sabine Oberhauser ...........................................................................................    126

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................    127

Elmar Mayer .............................................................................................................    129

Mag. Dr. Beatrix Karl ..............................................................................................    131

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................    132

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................    133

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hochschülerschaftsgesetz (HSG) – Ablehnung .........  62, 134

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Hochschülerinnen- und Hochschüler­schaftsgesetzes 1998 – Ablehnung ............................................................  63, 134

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................    134

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (11 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geän­dert wird (32 d.B.) .............................................................................................................    134

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek ...............................................................................................    134

Wolfgang Großruck ................................................................................................    136

Anton Heinzl ............................................................................................................    138

Dr. Gerhard Kurzmann ...........................................................................................    139

Herbert Scheibner ...................................................................................................    140

Staatssekretär Dr. Hans Winkler ...........................................................................    141

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................    143


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 5

Hermann Gahr .........................................................................................................    143

Walter Murauer ........................................................................................................    144

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................    145

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (35 d.B.) ....................................................................................................................    145

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................    145

Karlheinz Kopf .........................................................................................................    149

Bernhard Themessl ................................................................................................    150

Kurt Eder ..................................................................................................................    151

Mag. Werner Kogler ................................................................................................    153

Veit Schalle ..............................................................................................................    155

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ...............................................................    156

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................    158

Ing. Hermann Schultes ...........................................................................................    164

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................    165

Konrad Steindl ........................................................................................................    167

Josef Muchitsch ......................................................................................................    167

Peter Marizzi ............................................................................................................    168

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................    168

Franz Riepl ...............................................................................................................    169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend eine wirksame neue österreichische Klimastrate­gie – Ablehnung .................................................................................................  147, 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag – Ablehnung .................................................................................................  160, 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen
und Kollegen betreffend die Einsetzung eines Klimaschutzbeauftragten – Ablehnung .................................................................................................  161, 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend konkrete Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Energieautonomie – Ablehnung ................................................................  162, 171

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................    170

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 115/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Harald Vilimsky, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Maßnahmenpaket gegen Internet-Kriminalität sowie gegen unseriöse und rechtswidrige Internetdienste“ (30 d.B.) ...................................................................    171

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier .................................................................................................    171

Johann Rädler .........................................................................................................    172

Bettina Hradecsni ...................................................................................................    173

Harald Vilimsky .......................................................................................................    174

Sigisbert Dolinschek ..............................................................................................    176

Anita Fleckl ..............................................................................................................    178


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 6

Ridi Steibl ................................................................................................................    178

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger ..................................................................    179

Dietmar Keck ...........................................................................................................    181

Anna Höllerer ..........................................................................................................    182

Sonja Ablinger .........................................................................................................    183

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................    184

Christian Füller ........................................................................................................    185

Johann Höfinger .....................................................................................................    186

Erwin Spindelberger ...............................................................................................    187

Maria Grander ..........................................................................................................    188

Rainer Wimmer .......................................................................................................    188

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 30 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmenpaket gegen Internet-Kriminalität sowie gegen unseriöse und rechtswidrige Internetdienste (E 11) .................................................    189

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittelgesetz geändert wird (77/A) .............................................................................    189

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier .................................................................................................    190

Karl Freund ..............................................................................................................    190

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................    191

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ........................................................................    192

Sigisbert Dolinschek ..............................................................................................    194

Bettina Hradecsni ...................................................................................................    194

Zuweisung des Antrages 77/A an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft ...    195

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage .................................................................................................      13

31: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die wechselseitige Vertretung beider Staaten durch ihre Vertretungsbehörden im Verfahren zur Erteilung von Visa

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frauenpoli­tische Maßnahmen: Wo bleiben sie?“ (119/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Hoch­schülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998 (120/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Be­triebsanlagen- und sonstiger Genehmigungsverfahren von Schutzhütten (121/A)(E)

Mag. Melitta Trunk, Franz Hörl, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Ganzjahrestourismus vor dem Hintergrund verstärkten Klimawandels (122/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lebensmittelsicherheit (123/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vernetzung des Bera­tungs- und Hilfsangebots im Bereich Konsumentenschutz (124/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 7

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schenkung der „Federkrone Montezumas“ an Mexiko (125/A)(E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Paaren am Standesamt (126/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichi­sches Programm für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (127/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhebung der Ausgleichs­taxe lt. Behinderteneinstellungsgesetz (128/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Anspruchs­berechtigung auf Alleinverdiener- und Alleinerhalterabsetzbetrag (129/A)(E)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offensive für wirksamen Klimaschutz in Österreich (130/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindestver­sorgung mit Bioprodukten in öffentlichen Einrichtungen des Bundes (131/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindestver­sorgung mit Bioprodukten in öffentlichen Einrichtungen des Bundes (132/A)(E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beseitigung der Miss­stände bei Tiertransporten (133/A)(E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG), BGBl. Nr. 118/2004, geändert wird (134/A)

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der „Grünen Gentechnik“ zum Schutz der Verbraucher, Umwelt und Landwirtschaft (135/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle und verfassungs­rechtliche Absicherung des Pflegeanspruchs (136/A)(E)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausrichtung der Einheit KlAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung (137/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AIVG), BGBl. Nr. 609/1977, geändert wird (138/A)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlende nachhaltige Lösung der Pflegevorsorge (139/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung des Personen­kreises für Ausweise nach § 29b StVO (140/A)(E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet wird (141/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kautionsrückzahlungen im Mietrecht (142/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 8

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begrenzung von Mietzinsen (143/A)(E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von MigrantIn­nen in den Polizeidienst (144/A)(E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der men­schenrechtswidrigen Zwangsernährung für Schubhäftlinge (145/A)(E)

Ridi Steibl, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der im Regierungsprogramm vorgesehenen familienpolitischen Maßnahmen, im Besonde­ren die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes (146/A)(E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuständigkeit zur beding­ten Entlassung aus dem Strafvollzug (147/A)(E)

Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Rücktritts­rechte von KonsumentInnen (148/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer (149/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückforderbarkeit illegaler Ablösen (150/A)(E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Opfer der anti-homosexuellen Sonderstrafgesetze amnestiert, rehabilitiert und entschädigt werden (Amnestie-, Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetz – AREG) (151/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einsetzung eines Klima­schutzbeauftragten (152/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend konkrete Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Energieautonomie (153/A)(E)

Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend europaweit geltende Bruttopreisauszeichnungspflicht für Ticketangebote von Luftverkehrsunter­nehmen (154/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung des Prüfauftra­ges des Biopatent-Monitoring-Komitees (155/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nutzung von Lärmschutz­wänden zur Stromerzeugung mittels Photovoltaik (156/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wertanpassung des Kfz- Pauschbetrags für Körperbehinderte (157/A)(E)

Gerhard Steier, Mag. Gertrude Aubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend freiwil­lige Kennzeichnung von Elektrogeräten zur Minderung des Stromverbrauchs im Stand­by (158/A)(E)

Mag. Johann Maier, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schu­len & Lehrerinnen und Lehrer: Initiativen gegen Doping im Sport“ (159/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der rechtlichen Grund­lagen für eine Muttersprachenerhebung besonderer Art (160/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 9

Karlheinz Kopf, Petra Bayr, Dr. Ruperta Lichtenecker, Veit Schalle, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (161/A)

Anfragen der Abgeordneten

Franz Hörl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Bestand der Bezirksgerichte in Tirol (461/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schaffung einer zentralen Betriebsgroßprüfungsstelle in Wien (462/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Förderung der europäischen Atomenergie seitens der Republik Österreich durch den EURATOM-Vertrag (463/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Lagerung von asbesthaltigem Bauschutt aus Italien in Niederösterreich (464/J)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Problematik mit straffälligen und zum Teil strafmündigen Asylwerbern (465/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend vermeintliche „Todesliste“ im Bundesministe­rium für Verkehr, Innovation und Technologie zur Entfernung von BMVIT-Mitarbeitern (466/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Missstände in der Justizverwaltung rund um die Libro-Causa (467/J)

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Betreibung des Fernheizwerk-Klagenfurt in Übereinstimmung mit den IPPC-Anforderungen (468/J)

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Betreibung des Fernheizwerk-Klagenfurt in Über­einstimmung mit den IPPC(Integrated Pollution Prevention and Control)-Anforderungen (469/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Anbau gentechnisch ver­änderter Nutzpflanzen in der Europäischen Union (470/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Tourismuswerbung in der Ukraine (471/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend: Das Forschungszentrum Seibersdorf (ARC) kommt nicht zur Ruhe (472/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Taxigewerbe in Österreich“ (473/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Vollziehung Preisauszeichnungsgesetz – Marktbeobachtung in


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 10

Österreich – Kontrollprogramm – Situation der Preisauszeichnung in Österreich“ (474/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuerschulden von Unternehmen in Österreich (31.12.2006)“ (475/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend „Hygiene- und Lebensmittelkontrollen in Speise­wägen auf österreichischem Hoheitsgebiet“ (476/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Kontrollen von Schlaf-, Liege-, Büffet- und Speisewagen im Jahr 2006“ (477/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (478/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en, Medien und öffentlichen Dienst betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (479/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Scheintätigkeit der Regie­rungsmitglieder der Retrokoalition (480/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (481/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit, Familie und Jugend betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (482/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (483/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (484/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (485/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Scheintätigkeit der Re­gierungsmitglieder der Retrokoalition (486/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (487/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retro­koalition (488/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (489/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 11

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (490/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend Scheintätigkeit der Regierungsmitglieder der Retrokoalition (491/J)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend „Aktionsplan für Maßnahmen gegen den Menschenhandel“ (492/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Aufhebung des Transsexuellen-Erlasses 1996 durch den VfGH“ (493/J)

Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Tibet (494/J)

*****

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend Kosten der derzeit tagenden Untersuchungsausschüsse betreffend Finanzmarkt­aufsicht, BAWAG, Hypo Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleistern bzw. hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (5/JPR)


13.02.46


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 12

Beginn der Sitzung: 13.02 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich eröffne die 14. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Donabauer, Mandak, Dr. Pilz und Kickl.

13.02.55Einlauf


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Es liegt mir ein Schreiben des Herrn Bundes­kanzlers vom 1. März 2007 mit folgendem Wortlaut vor:

„Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 1. März 2007, GZ S300.000/5-BEV/2007, die Bundesministerin ohne Portefeuille Doris Bures gemäß Artikel 74 Ab­satz 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit Wirksamkeit vom 1. März 2007 vom Amte enthoben und sie gleichzeitig gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit Artikel 77 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz zur Bundesministerin im Bundeskanzleramt ernannt.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident Frau Bundesministerin Doris Bures mit bei­liegender Entschließung, GZ S300.00/5-BEV/07, gemäß Artikel 77 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz die sachliche Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bun­deskanzleramtes gehörender Angelegenheiten übertragen.

Weiters darf ich mitteilen, dass Frau Bundesministerin Doris Bures die Bezeichnung ‚Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst‘ führt. Was die Frage­stunde im Nationalrat betrifft, wäre Frau Bundesministerin Doris Bures in der Reihen­folge nach dem Herrn Bundeskanzler vorzusehen.

Mit den besten Grüßen

Dr. Alfred Gusenbauer

*****

Am 1. März 2007 ist weiters folgende Mitteilung des Herrn Bundeskanzlers eingelangt:

„Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 1. März 2007, GZ S300.000/5-BEV/2007, den Bundesminister ohne Portefeuille Dr. Johannes Hahn gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit Wirksamkeit vom 1. März 2007 vom Amte enthoben und ihn gleichzeitig gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz zum Bundesminister für Wissenschaft und Forschung ernannt.

Mit den besten Grüßen

Dr. Alfred Gusenbauer


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 13

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die wech­selseitige Vertretung beider Staaten durch ihre Vertretungsbehörden im Verfahren zur Erteilung von Visa (31 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Antrag 118/A(E) der Abgeordneten Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lückenlose Gesundheitsuntersuchung für Schü­lerinnen und Schüler“;

Verfassungsausschuss:

Antrag 117/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Dr. Michael Spindelegger, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Peter Fichtenbauer, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Entschädi­gungsfondsgesetz geändert wird.

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Ver­langen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen An­trag 119/A(E) betreffend „Frauenpolitische Maßnahmen: Wo bleiben sie?“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Durchführung des Dringlichen Antrages frühes­tens drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, also um 16.04 Uhr, erfolgen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 201/AB


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfrage­beantwortung 201/AB der Anfrage 213/J der Abgeordneten Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frauen bei den Wiener Philharmonikern“ durch den Herrn Bun­deskanzler durchzuführen.

*****

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 14

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Prä­sidialkonferenz ist eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ in Aussicht genommen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 102 Minuten, Grüne sowie FPÖ je 77 Minuten, BZÖ 63 Minuten.

Hierüber hat der Nationalrat abzustimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

13.06.101. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (24 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2007 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2007) (33 d.B.)


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen jetzt zum 1. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Vizekanzler Mag. Molterer: Eine ist schon für den Verkehr draufgegangen! – Abg. Mag. Rossmann – auf dem Weg zum Rednerpult –: Genau! Na ja, schauen wir einmal!)


13.06.46

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Triumphal wurde vergangenen Donnerstag verkündet, dass die Budgetverhand­lungen in der Rekordzeit von nur einer Woche abgeschlossen werden konnten. (De­monstrativer Beifall der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Zweytick.) Wenn die Regie­rungsverhandlungen ebenfalls in Rekordzeit abgeschlossen worden wären – und ange­sichts der mageren Ergebnisse wäre das locker möglich gewesen –, dann müssten wir heute nicht über ein Budgetprovisorium diskutieren, nein, dann wären wir heute mitten in der Budgetdebatte! (Abg. Prinz: Ihr müsst eh nicht diskutieren ...!) So aber warten wir immer noch auf die konkreten Inhalte des Doppelbudgets 2007/2008.

Was wir heute darüber wissen, verheißt nichts Gutes. (Abg. Großruck: Fangen Sie nicht zu weinen an!) Es ist deutlich erkennbar, dass der Sparkurs von Schwarz-Blau-Orange fortgesetzt werden soll. Wir müssen zwar noch die Details dieses Schüs­sel/Grasser-Kurses abwarten, aber es ist zu befürchten, dass zu wenig Geld in die Zukunftsbereiche Bildung, Forschung und Entwicklung und in den Klimaschutz fließen wird und dass zu wenig Mittel für die Grundsicherung, für die Pflege und für Frauen zur Verfügung stehen werden. Die Verlängerung der Misere an Schulen, Universitäten und in der Pflege zeichnet sich ab. Aber für die Landesverteidigung, so hört und liest man, soll es 2007 ganze 100 Millionen € mehr geben. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja leider nicht!) Das soll zukunftsgerecht sein? (Abg. Scheibner: Es stimmt leider nicht!) – Wir werden uns das sehr genau anschauen, Kollege Scheibner, wenn das Budget vorlie­gen wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Damit wird Österreich seinen Wohlstand nicht sichern können! Und noch einmal: Die­ses Doppelbudget werden wir uns aus genau diesem Grunde sehr, sehr genau an­schauen und die Schwachstellen schonungslos aufzeigen.


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Bitte warten!, so heißt es aber nicht nur in Bezug auf das Doppelbudget, sondern auch in Bezug auf die budgetären Ergebnisse des Jahres 2006, den so genannten vorläufi­gen Gebarungserfolg. Den haben Sie, Herr Vizekanzler, uns bislang vorenthalten. Das ist insofern bemerkenswert – ja ich würde fast sagen, skandalös –, als wir heute ein Budgetprovisorium diskutieren, das genau auf den Ergebnissen des Jahres 2006 aufbauen soll und aufbaut. (Abg. Lentsch: Das ist nicht das erste Mal!) Und warum enthalten Sie uns diese Ergebnisse vor? – Ich kann es Ihnen sagen: Diese Regierung setzt auch in dieser Hinsicht den Kurs von Schwarz-Blau-Orange fort. Wer den Grund­satz der Transparenz im Zusammenhang mit den öffentlichen Angelegenheiten nicht im Mindesten erfüllt, der kann sich nicht der Good Governance rühmen! Ganz im Ge­genteil, ich würde sagen: Das ist schlechtes Regieren!

In vielen Staaten ist es durchaus üblich, dass Gebarungsergebnisse rasch auf die je­weiligen Internetseiten gestellt werden. Es ist an der Zeit, dass diese Regierung dies­bezüglich endlich aus dem Dornröschenschlaf aufwacht und dem Parlament nicht nur den Gebarungserfolg 2006, sondern auch die unterjährigen Daten zur Verfügung stellt. Eine Zeitreise in die Gegenwart wäre durchaus angesagt. Darauf haben wir als Parla­mentarierinnen und Parlamentarier, aber auch als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Recht.

Nun zum Budgetprovisorium im Konkreten. Was lässt sich dazu ohne die Kenntnis der Ergebnisse des Jahres 2006 sagen, und wie ist es zu bewerten? Dreierlei.

Erstens: Es knüpft zunächst an falschen Budgetstrukturen des Jahres 2006 an und verlängert diese bis zum In-Kraft-Treten des Doppelbudgets. Wenn man ein Motto für dieses Budgetprovisorium suchen würde, dann würde das wohl lauten müssen: Sparen und verwalten statt gestalten!

Zweitens: Das Budgetprovisorium 2007 sieht in seinem Kern eine Deckelung der Er­messensausgaben in Höhe von 4 Prozent vor. – Ich weiß nicht, ob sich jemand hier im Saal befindet, der diese Maßnahme als intelligente Maßnahme oder gar als eine inno­vative Maßnahme bezeichnen würde. Ich jedenfalls würde meinen, sie ist einfallslos. Die Einfallslosigkeit gipfelt darin, dass diese Deckelung weitgehend der Rasenmäher­methode folgt.

Haben Sie, Herr Vizekanzler und Finanzminister, schon einmal innegehalten und sich überlegt, welche Konsequenzen damit verbunden sind? – Nicht nur warten viele Initia­tiven auf die Zusagen von nunmehr gekürzten Fördergeldern, für zahlreiche innovative Projekte im Bereich Soziales, Frauen, Kunst und Kultur könnte diese Kürzung sogar das Aus bedeuten. Und für viele Vereine im NGO-Bereich, von denen nicht wenige wichtige öffentliche Aufgaben erfüllen, heißt das einmal mehr, den Gürtel enger zu schnallen. Diese Deckelung ist daher nicht nur einfallslos, sie wird auch dazu führen, dass Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Sie ist damit auch existenzgefähr­dend.

Drittens: Da wir in drei Wochen mit den Beratungen des Doppelbudgets beginnen, stellt sich natürlich auch die Frage: Brauchen wir dieses Budgetprovisorium über­haupt – und das angesichts einer guten konjunkturellen Situation und angesichts üppig sprudelnder Steuereinnahmen?

Ich vermute, die Antwort kann nur die sein: Wenn die Raten für den Eurofighter-Kauf fällig werden – das sind immerhin mehr als 400 Millionen € in diesem Jahr –, dann kann es durchaus sein, dass die Schuldenbremse, die in der Verfassung vorgesehen ist, wirksam und die Zahlungsfähigkeit der Republik in Frage gestellt wird. (Vizekanzler Mag. Molterer: Das ist ganz anders, Herr Rossmann!) – Na, Sie werden uns das ja dann erklären, Herr Vizekanzler. (Vizekanzler Mag. Molterer: Genau!)


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Für diese sinnlosen Eurofighter haben wir Geld – Geld, das diese Regierung zur Be­wältigung der dringendsten Probleme in diesem Land aufzubringen nicht bereit ist. (Abg. Großruck: Wer sagt das, dass sie sinnlos sind?)

Aber eines ist schon heute klar: Der Schwerpunkt des Budgets 2006 liegt in der Landesverteidigung – und das kann wohl nicht zukunftsgerecht sein. (Vizekanzler Mag. Molterer: 2006?) – 2007, pardon. (Beifall bei den Grünen.)

Aus genau diesen Gründen, die ich genannt habe, können wir Grünen dieser Regie­rungsvorlage und damit dem Budgetprovisorium 2007 nicht unsere Zustimmung ertei­len. (Beifall bei den Grünen.)

13.13


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 4 Minuten. – Bitte.


13.13.45

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es ja eigentlich gar nicht anders erwartet und hätte mich gewundert, wenn Kollege Rossmann, der in früheren Zeiten von den Grünen zu den Budgetberatungen als Experte beigezogen wurde und jetzt als Parlamentarier hier ist, sich sozusagen gewandelt hätte. Es ist immer dieselbe Kritik, nämlich: keine Zukunftschancen des Budgets, keine Schwerpunktsetzungen. Man könnte auch sagen: Immer wieder dieselbe Begründung – unabhängig, ob als Experte ... (Abg. Dr. Stummvoll: Die Standardrede!) – Eine Standardrede, das möchte ich ihm nicht unterstellen, das wäre zu viel. So weit, meine Damen und Herren, sollten wir nicht gehen.

Er meinte bei den letzten Budgetberatungen – daran kann ich mich noch erinnern –, die Konjunktur würde lahmen, es könnte wesentlich schwieriger sein als erwartet, die Budgetzahlen würden nicht eintreffen. – Und heute? – Heute hat er erfreulicherweise festgestellt: Wir haben eine boomende Konjunktur und üppig sprießende Steuereinnah­men.

Ja, Herr Kollege, was stimmt jetzt? – Offensichtlich war die Politik der vergangenen Regierung wesentlich besser, als Sie es als Budgetexperte immer prophezeit haben! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Ich gebe aber offen zu – das ist richtig, Kollege Matznetter hat dasselbe behauptet, und daher habe ich mir freundlicherweise eine Unterlage des Kollegen Matznetter mit­genommen. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das hat mich ein bisschen amüsiert. Er hat ja immer wortgewaltig aus der Sicht der Opposition in früheren Zeiten durchaus mit uns den einen oder anderen budgetpolitischen Strauß ausgefochten. Ich weiß, dass sein Blickwinkel jetzt ein ganz anderer ist – das weiß ich! –: Er hat in der letzten Budgetausschusssitzung durchaus profund, wie wir es gewohnt sind, die Dinge erläutert. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.)

Na ja, in diesen Unterlagen hat er noch gemeint, die Konjunktur wäre wesentlich schlechter, die Ziffern würden nicht stimmen. – Herr Kollege Matznetter, wir können uns darauf einigen: Sie hatten nicht recht mit Ihren Prophezeiungen. Gott sei Dank! Unsere profunden Unterlagen der letzten Budgets haben gestimmt. Und diese positi­ven Budgetziffern sollen auch die Grundlage für dieses Budgetprovisorium sein – dar­über sollten wir uns doch freuen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Herr Kollege Rossmann, dieses Budgetprovisorium wäre tatsächlich aus Zeitgründen oder aus anderen Gründen nicht notwendig, etwa dem, dass man deswegen die Maß­nahmen nicht setzen könnte. Es ist aber notwendig, weil, wie zu Recht immer gefordert


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wurde, andere Schwerpunktsetzungen gemacht wurden. Bisher habe ich gerade von der grünen Fraktion immer gehört, es müsste doch in Richtung Frauen, in Richtung Wissenschaft, in Richtung Forschung und so weiter ungleich mehr geschehen als bis­her.

Nun, auf Grund des neuen Ministeriengesetzes gibt es neue Zuständigkeiten, und ge­rade auf Grund dieser Zuständigkeiten wäre es fatal, würden wir dieses Budgetprovi­sorium nicht beschließen, weil damit die neuen Ministerien nicht in der Lage wären, ihre Aufgaben, die sie bereits sehr engagiert begonnen haben, wahrzunehmen. Daher verstehe ich Sie nicht ganz: Sie als Experte müssten wissen, dass es notwendig ist!

Meine Damen und Herren, in wenigen Wochen werden wir uns dem Doppelbudget des Jahres 2007/2008 zuwenden, dieses intensiv beraten. Ich gratuliere der Bundesregie­rung mit Herrn Bundesminister Mag. Molterer und Staatssekretär Dr. Matznetter, die in bewährter Weise profund und kompetent dieses Doppelbudget in politischen Grundsät­zen dargelegt haben.

Da Sie die Transparenz angesprochen haben: Ich finde es äußerst fair, dass ein Bun­desminister der Öffentlichkeit erklärt hat, die genauen Daten und Fakten bekommt zu­erst das Parlament und dann die Öffentlichkeit. – So viel zur Transparenz.

Dieser heutigen Vorlage werden wir gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter The­messl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.


13.18.03

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Meine Damen und Herren! Wir sollten hier heute ein Budgetprovisorium be­schließen. Das ist rein sachlich gesehen ja ohnehin relativ einfach, weil Sie zum Ersten die Zweidrittelmehrheit in diesem Hause haben und das ohnehin selbst machen und weil man zum Zweiten sagen könnte, dass man natürlich auch Budgetmittel braucht, um so weiterarbeiten zu können, wie es bisher der Fall war. – Und hier fängt die ganze Sache zu haken an.

Wenn ich mir das Doppelbudget der letzten zwei Jahre anschaue, das wir heute hier eigentlich fortschreiben wollen, damit Sie so weiterarbeiten können wie in den letzten zwei Jahren, und wenn ich all die Redebeiträge meiner Vorredner von Regierungsseite gehört habe, wo es hieß, wie wirtschaftlich gut man gearbeitet habe und welche wirtschaftlichen Zahlen man aufzuweisen habe, dann muss ich Ihnen schon sagen, dass es mir als Wirtschaftssprecher unserer Fraktion eigentlich wehtut, wenn ich sehe, welche guten Rahmenbedingungen die letzten zwei Jahre vorgeherrscht haben und was man daraus gemacht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Man hat aus optimalen Rahmenbedingungen, die weltweit durch den Konjunkturan­sprung gegeben waren, eigentlich nur ein Minimum oder gerade einmal ein einfaches Mittelmaß gemacht – und das tut mir schon weh. Und wenn ich dann noch daran denke, dass man das heute fortschreiben sollte, dann tut es mir doppelt weh.

Meinem Vorredner, Kollegen Auer, der gesagt hat, das heute wäre nicht nötig, gebe ich vollkommen Recht. Sie hätten nämlich die Wahlen nicht unbedingt im Spätherbst an­setzen müssen – sprich: am 1. Oktober –, Sie hätten das ohne Weiteres zwei Monate vorher machen können. (Abg. Jakob Auer: Im August!) Aber wahrscheinlich aus dem Grund, weil Sie sich so sicher waren, dass Sie ohnehin weiterwursteln können, wie Sie es bisher gemacht haben, haben Sie das so spät angesetzt. Dazu kommt noch, dass Sie danach drei Monate verschlafen und vertrödelt haben und erst Mitte Jänner im-


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stande waren, eine neue Regierung zu präsentieren. (Abg. Jakob Auer: Im Ausschuss habt ihr zugestimmt! Im Ausschuss habt ihr zugestimmt!)

Das jetzt noch zu unterstützen, wäre eine Todsünde unsererseits, und schon über­haupt eine Todsünde von mir als Wirtschaftssprecher, dieses Budget jetzt fortschrei­ben zu wollen. Hätten Sie Ihre Aufgaben gemacht, hätten Sie schneller gearbeitet – ich hoffe, dass das in Zukunft der Fall sein wird –, dann wäre das nicht notwendig. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jakob Auer: Im Ausschuss schon! Ganz etwas Neues!)

Herr Kollege Auer, wissen Sie, Sie müssen die Zahlen schon beim Namen nennen und den Tatsachen ins Auge blicken; dann wissen Sie, wovon wir reden. Wir werden dieser Budgetfortschreibung unsere Zustimmung nicht erteilen, weil wir ganz klar der Meinung sind ... (Abg. Jakob Auer: Aber im Ausschuss schon!) – Wissen Sie, wir haben mit Vorbehalt zugestimmt, um Sie zu beruhigen (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) und dort Ihre Kritik, Ihre ungerechtfertige Kritik, die alle Zahlen vermissen lässt, die Hand und Fuß haben, also aus diesem Grund ... (Abg. Jakob Auer: Keine Wort­meldung!)

Herr Kollege Auer! Reden Sie hier, wenn Sie gefragt sind, geben Sie nicht Zahlen von sich, die nicht stimmen, dann wissen wir, wovon wir reden! Wir werden dem Ganzen nicht zustimmen, weil wir der Wurschtelei der letzten zwei Jahre keine Verlängerung gewähren. Und das war es. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


13.21.17

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Budgetprovi­sorium hat jetzt kein eigenes Motto, wie Kollege Rossmann gemeint hat, sondern es ist einfach technisch notwendig auf Grund des neuen Ministeriengesetzes, und es ist selbstverständlich nicht mehr und nicht weniger als eine Übergangslösung, bis das neue Budget beschlossen wird, das ja in wenigen Wochen hier präsentiert wird. (Abg. Mag. Rossmann: Das wissen wir schon!)

Wenn die Kritik ist, dass es durch die Eurofighter eine Vorbelastung gibt, dann stimmt das natürlich. Die Eurofighter kosten eine Menge Geld, und das vermindert massiv die budgetären Spielräume. (Abg. Großruck: Die kriegt ihr angeblich eh nicht!) Und es vermindert natürlich auch die Spielräume, hier neue Akzente in der Politik zu setzen.

Aber trotzdem: Wenn man sich das Regierungsprogramm und den Budgetpfad und auch die ersten Zahlen des Budgets anschaut, dann zeigt sich hier eines sehr deutlich, dass nämlich jene Politikfelder, die in den letzten sieben Jahren sträflich vernachlässigt wurden, jetzt angegangen werden, und zwar zum Beispiel der Bereich Wachstum und Beschäftigung. Wir hatten in den letzten Jahren steigende Arbeitslosigkeit, Rekordar­beitslosigkeit, wir waren Schlusslicht in Europa, was die öffentlichen Investitionen betrifft. (Abg. Dr. Stummvoll: 1999, jawohl! – Abg. Neugebauer: Gut gearbeitet!) Das wird jetzt natürlich ganz anders durch dieses Budget und auch durch den Budgetpfad, weil es hier zu einem Schwerpunkt in der Beschäftigungspolitik kommt. Da wird ein ernsthafter Kampf gegen die Arbeitslosigkeit geführt, es werden in Forschung und Ent­wicklung Rekordbudgets investiert werden. Im Bereich der Infrastruktur wird es neue Rekordinvestitionen im Laufe dieser Legislaturperiode geben.

Im Bereich Soziales waren wir mit steigender Armut konfrontiert – von Armutsbericht zu Armutsbericht –, wo sich die soziale Schere in der Gesellschaft total auseinander entwickelt hat. Das sieht man auch schon auf Grund der ersten Schritte dieser Regie­rung – und das zeigt sich natürlich auch im Budget –, dass hier in eine ganz andere


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Richtung gegangen wird: die bedarfsorientierte Mindestsicherung, die deutliche Erhö­hung der Mindestpensionen und eine Reihe von anderen Maßnahmen, die auch im Budget absehbar sind. Durch erste Schritte sollen der Pensionsreform die Giftzähne gezogen werden, durch ernsthafte Schritte des zuständigen Ministers in der Pflege soll endlich eine Lösung hervorgebracht werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Das sieht man sehr deutlich, dass das gerade im Budget ablesbar ist, dass hier neue Schwerpunkte gesetzt werden.

In einem dritten wesentlichen Bereich der Zukunft, nämlich im Bereich der Bildung, ist viel zu tun. Das, was wir in den sieben Jahren davor erlebt haben, waren Stundenkür­zungen, die Misere an den Universitäten et cetera. Das kennen wir alle zur Genüge. (Abg. Dr. Graf: Kinder bekommen keinen Schulplatz!) Auch da gibt es im Budget erste Schritte, natürlich mit einem sehr engen Spielraum, mit einem sehr engen budgetären Spielraum. Das hat auch mit den vielen ausgelagerten Schulden, dem Rekordschul­denstand zu tun, aber es sind doch ganz klar die Schwerpunkte unserer Politik vorge­geben: Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, Ausweiten des Stipendienwesens. Da sind die allerersten Schritte zu setzen. – Sicher zu wenig, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. Und auch 2007 sind erste Schritte, 2008 sind erste Schritte zu tun, das Tempo muss nur im Laufe der Legislaturperiode für 2009 und für 2010 erhöht werden. (Abg. Dr. Graf: Speed kills!)

Es ist meiner Meinung nach sehr positiv, dass die Regierung gemeinsam, die SPÖ und die ÖVP, diese neuen Schwerpunkte erkannt hat und auch gemeinsam diese neuen Schwerpunkte setzt und damit Schieflagen, die es in den letzten Jahren gegeben hat, und falsche Entwicklungen einfach in die richtige Richtung entwickelt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Sie reden schon wie der Khol: Speed kills!)

13.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Vizekanzler Mag. Molterer zu Wort gemeldet. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 7 Minuten. – Bitte.


13.24.57

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Frage, warum dieses gesetzliche Budgetprovisorium, ist sehr einfach zu beantworten, Herr Kollege Rossmann, und Sie wissen das ja auch: Dieses gesetz­liche Provisorium ist deswegen notwendig, damit diese neue Struktur der Bundesregie­rung auch im Budget abgebildet wird und damit die Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsverantwortung übernommen haben, etwa Frau Kollegin Bures im Bereich Frauen oder Kollege Hahn im Bereich Wissenschaft und Forschung, diese neue Kom­petenz im Budget abgebildet bekommen haben.

Wenn Sie etwas zu kritisieren haben, dann würde ich es verstehen, dass Sie das kriti­sieren, hätten wir es nicht gemacht. Dann wäre nämlich das automatische Budget­provisorium in Geltung, und zwei Minister dieser Bundesregierung, die angelobt sind, hätten keine solide Arbeitsgrundlage. Daher: Ich verstehe schon, dass man Opposition machen muss, aber man sollte nicht diesen Komplex kritisieren, der in der Sache absolut sinnvoll ist. Und daher stehe ich dazu!

Ich stehe auch dazu, dass wir den vorläufigen Rechnungsabschluss des Jahres 2006 erst dann veröffentlichen, Herr Kollege Rossmann, wenn er fertig ist. Ich lege Wert darauf, dass das Bundesministerium für Finanzen, so wie bisher unter allen meinen Vorgängern, eine völlig transparente Vorgangsweise wählt, die aber auf Fakten beruht. Und gerade ein vorläufiger Rechnungsabschluss – und alle, die davon etwas verste­hen, wissen es – kann erst dann veröffentlicht werden, wenn tatsächlich auch alle Fak­ten am Tisch liegen und die Abgrenzungen zwischen den Rechnungsjahren, was die


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Steuereinnahmen betrifft (Abg. Mag. Rossmann: Sie reden von der Maastricht-...!), umgesetzt sind, Herr Kollege Rossmann.

Wenn Sie das weiter argumentieren, was Sie bisher argumentieren, dann wäre das ein Misstrauensantrag nicht gegen mich, sondern gegen die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter des Finanzressorts. Und da sage ich Ihnen: Hier stehe ich schützend vor meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die, so wie bisher, völlig objektiv und transparent dann informieren, wenn die Informationen fertig sind. Das bleibt so – auch in Zukunft! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Richtig ist, dass wir in wenigen Wochen hier im Parlament, am 29. März, mit meiner Budgetrede die politischen Gespräche, die politischen Verhandlungen über das Dop­pelbudget 2007/2008 aufnehmen werden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei Kolle­gem Matznetter, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ressorts, vor allem aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen in der Regierung bedanken. Nur durch diese gemeinsame Willensbildung und den gemeinsamen Willen dieser Bundesregie­rung, aufgebaut im Regierungsübereinkommen, war es möglich, in wirklich guter Zeit dieses Doppelbudget vorzulegen. Darauf haben die Österreicherinnen und Österrei­cher ein Recht.

Ich denke, dass diese Budgeteinigung auch eine solide Grundlage für die weiteren in­haltlichen Perspektiven dieser Bundesregierung sein wird. Diese Budgeteinigung ist von einem doppelten Geist getragen: auf der einen Seite sparsam mit dem Steuereuro umzugehen. Wissen Sie, wenn Sie sich hier so salopp herausstellen und sagen, dort zu wenig, dort zu wenig, dort zu wenig, dann sagen Sie in Wirklichkeit etwas, was ich absolut nicht unterstütze und nicht unterstreiche. Sie sagen, dass die Frage des sorgsamen Umgangs mit Steuergeld eigentlich eine sekundäre Prioritätenreihung ist. (Abg. Mag. Rossmann: Das ist eine Unterstellung!) – Nein, für mich ist es primär, Herr Kollege Rossmann, dass die Frage des sorgsamen Umgangs mit dem Steuereuro im Interesse der Menschen dieses Landes liegt.

Es ist nicht mein Geld, es ist nicht Ihr Geld. Es ist das Geld der Steuerzahler, um das es hier geht! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Gleichzeitig ist die Budgeteinigung aber – genauso wie der sparsame Umgang – von einem Gedanken geprägt, der uns eint, nämlich die richtige Investition in Zukunftspro­jekte: daher etwa die Frage Bildung, daher etwa die Frage Forschung und Entwicklung, daher etwa die Frage sozialer Zusammenhalt der Gesellschaft, auch die notwendigen Infrastrukturinvestitionen in diesem Budget, ja, und auch die notwendigen Investitionen für die Sicherheit. Dazu stehe ich.

Das ist mein Verständnis von politischer Verantwortung: Sparsam umgehen mit dem Steuereuro auf der einen Seite und richtig investieren, wo es um die Sicherheit und die Zukunft des Landes geht, auf der anderen Seite. Ich denke, dass das eine gute Stra­tegie ist, die auf dieser gemeinsamen Arbeit dieser Bundesregierung beruht. Darauf bauen wir auch auf.

Ein derartiger Bundesvoranschlag ist auch kein Selbstzweck, sondern er ist letztendlich der politische Ausdruck der Schwerpunktsetzung, die ich zusammenfassen möchte mit den Begriffen „Wachstum stärken“ und „Arbeit schaffen“.

Arbeit zu schaffen ist eine der wichtigsten Aufgaben letztendlich der Unternehmen, der Unternehmerinnen und der Unternehmer, aber die Politik muss die Grundlagen dafür geben, dass die Richtung weiterhin stimmt.

Wenn wir heute davon reden können – reden Sie das nicht weg; es wird Ihnen auch nicht gelingen –, dass wir eine der stabilsten Wachstumsperioden haben, die wir seit Jahrzehnten vorfinden, eine Wachstumsrate im vergangenen Jahr von 3,2 Prozent, für


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heuer und auch für nächstes Jahr sagen uns die Wirtschaftsforscher Stabilität mit posi­tiven Wachstumsimpulsen voraus, dann ist das doch ein absolut positives Zeichen für die gute Arbeit, die geleistet wurde und die geleistet werden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Wachstumsperspektive, meine Damen und Herren – ich verstehe nicht, dass darüber nicht allgemeine Zustimmung gegeben ist –, wirkt sich in sinkender Arbeitslo­sigkeit aus. Wir haben etwa 35 000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr, und wir haben 78 000 Jobs mehr als vor einem Jahr. Wenn es etwas zu kritisieren gäbe, dann wäre es, wenn wir ein Minus bei den Beschäftigten hätten – wir haben ein Plus. Und wenn es etwas zu kritisieren gäbe, dann wäre es ein Plus bei der Arbeitslosigkeit – nein, wir haben ein Minus.

Einigen wir uns doch darauf, dass diese Richtung stimmt, genauso wie sie bei der Frage der Steigerung der Realeinkommen stimmt, weil wir durch dieses Wirtschafts­wachstum, die erhöhte Beschäftigung und die sehr gute Geldwertstabilität reale Ein­kommenssteigerungen haben, die sich in positiver Kaufkraft niederschlagen. Daher sind die Wachstumsimpulse diesmal nicht ausschließlich aus dem Export, sondern in ganz hohem Ausmaß aus der Investitionstätigkeit und der steigenden Kaufkraft in Ös­terreich, und das ist das eigentliche Geheimnis des Erfolges: Wachstum aus der Stärke im Export und Wachstum aus der Stärke der eigenen Wirtschaftskraft. Dieser Zielset­zung fühlt sich diese Bundesregierung verpflichtet, auch durch ihre Entscheidungen bei der Regierungsklausur, etwa eine sinnvolle Perspektive in Richtung Qualifikation der Facharbeiter zu schaffen, aber auch dort den Arbeitsmarkt, wo Bedarf signalisiert wird, zu öffnen, wenn Öffnung möglich ist – das halte ich für einen sehr verantwortungsvol­len Vorgang.

Detto werden die Ergebnisse etwa im Bereich Verwaltungsreform umgesetzt werden, in der Klimastrategie, in der Forschung und Entwicklung und im Bereich der Infrastruk­tur.

Ich freue mich daher auf die Diskussion über den wirklich großen Wurf des Budgets der Jahre 2007 und 2008. Wir werden sie mit großem Engagement führen. Ich bin ger­ne bereit, auch diese kritische Diskussion zu führen – unter einer Grundvoraussetzung: dass wir Fakten außer Streit stellen. Und dass die Wirtschaft wächst und die Arbeits­losigkeit sinkt, ist Faktum. Diesen Kurs brauchen wir nicht zu suchen, sondern wir haben ihn! (Beifall bei der ÖVP.)

13.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


13.33.17

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Herr Finanzminister, wenn ich Sie jetzt so ansprechen darf, die Debatte hat bis jetzt nicht den Eindruck erweckt, dass man einen zweiten Redner pro Fraktion braucht, aber Sie haben mich mit Ihren Ausführungen darin bestärkt, diesen Beitrag zu leisten. (Vizekanzler Mag. Molterer: Ich habe Sie munter gemacht!) – Das dürfen Sie am ersten Tag noch sagen.

Es sind ein paar Dinge durcheinander geraten und gehören zurechtgerückt.

Erstens: Man mag darüber streiten – das wird ja die Aufgabe des Parlaments sein –, ob trotz des Kurses im Wesentlichen der vorigen Regierung noch diese Zahlen sind oder wegen des Kurses, darüber kann man einen Disput führen, immerhin haben die Maßnahmen eine gewisse Zeitverzögerung. Mir geht es jedoch um etwas anderes: Wenn Sie schon die Wirtschaftsprognosen heranziehen und damit einen Hinweis auf


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die Wirtschaftsforscher geben, die diese erstellen, dann werden wir uns anschließend kurz darüber unterhalten müssen, was uns die Wirtschaftsforscher noch sagen, was die Strukturschwächen der österreichischen Wirtschaft betrifft, insbesondere was die Einnahmenseite innerhalb des Budgets betrifft, nämlich die Steuerstruktur. Das stelle ich aber noch einmal kurz zur Seite.

Aber eines können Sie nicht so ohne Weiteres machen: dem Kollegen Rossmann hier unterstellen, dass er mir nichts, dir nichts einfach nur die Ausgaben erhöhen möchte, nur weil er darauf hinweist, dass offensichtlich ein paar Positionen auf dieser Ausga­benseite in einem – ich wiederhole beziehungsweise verschärfe das – eklatanten Miss­verhältnis stehen zu dem Kurs, der eigentlich mehrheitsfähig sein müsste in Österreich.

Wir werden noch genügend Gelegenheit haben – leider, muss man sagen –, daher nur so viel zu diesen unseligen Abfangjägern: Diese 400-Millionen-Zahlungen heuer – eigentlich sind es ein bisschen mehr – sind doch einmal mehr der Beweis dafür, dass es sich hier nicht nur, jetzt vergaberechtlich, um die größte Schiebung in der Geschich­te der Republik handelt, sondern mindestens ... (Abg. Hörl: Nachweisen!) – Wir haben noch so viel Gelegenheit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Keine Unter­stellungen!) Wenn Sie im Untersuchungsausschuss ein bisschen mitarbeiten würden, anstatt diesen zu behindern, dann würden Sie jetzt andere Zwischenrufe machen, aber das sei Ihnen vergeben. (Beifall bei den Grünen.)

Apropos vergeben: Herr Finanzminister, wir hatten immer eine sehr hohe Meinung im Zusammenhang mit Ihrer früheren Wirkungsweise und Zeit in der Regierung, dann haben Sie auf die Abgeordneten-Bank gewechselt, waren Klubobmann – bei der ÖVP hat man es sehr mit der Heiligkeit, Sie sollten ein bisschen aufpassen, dass das nicht zu weit in den Schein abdriftet. Auch dafür ist ein Vokabel erfunden worden, aber auch das wollen wir uns am heutigen Tag noch sparen, aber manchmal hat man den Ver­dacht, dass Sie ein paar Grenzen dieser Lichtziehung überschreiten, das wird Ihnen aber gar nicht gut tun.

Kommen Sie heraus aus diesem Lopatka-Jargon, finden Sie zurück zu dem, was man vernünftigerweise im wirtschaftspolitischen Diskurs austauscht. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Im Übrigen haben unsere Fraktion und Ihre Partei da durchaus Über­schneidungspunkte, über die wir uns vielleicht am Abend beim Ökostromgesetz noch einmal unterhalten können, auch wenn es dort differenziert zugeht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Trunk.)

Ich bin ganz überrascht, wie sachte ich heute formuliere. Das muss wirklich an der neuen Regierung liegen (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll) – mal schauen, wohin das noch führt.

Aber so ist es nicht gewesen. Kollege Rossmann weist auf Folgendes hin: Hier gibt es ein eklatantes Missverhältnis in der Ausgabenstruktur. Wir werden schauen, was das neue Budget hergibt, wenn es darum geht, den Pflegenotstand zu beseitigen, die Bil­dungsmisere zu bekämpfen und überhaupt wieder eine Investitionspolitik auf die Beine zu stellen, nämlich möglicherweise auch aus den öffentlichen Budgets heraus, denn mit dieser unsinnigen Maastricht-Jongliererei in irgendwelchen Gesellschaften, die sich selbst in zehn Jahren so „derstessen“, dass uns allen hier herinnen das Budget auf den Schädel fallen wird, mit diesem Unfug muss Schluss gemacht werden! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht eben einmal darum, dass man sich zu öffentlichen Investitionen bekennt. Sie haben schon Recht, man muss schon auf die Ausgabenstruktur aufpassen, denn da kann man etwas verschieben – wir haben andere Schwerpunkte, noch haben wir den Eurofighter, wie Sie uns unterstellen, nicht zehnmal verkauft, es reicht, wenn wir ihn


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einmal verkaufen und das Geld für andere Maßnahmen heranziehen. Jede andere Ver­teidigungslösung würde nur einen Bruchteil davon kosten.

Aber es geht auch, apropos Struktur, um etwas anderes: Es ist schon die Frage, wer von den Fraktionen den Mut hat zu sagen, dass es nicht einfach nur darum gehen kann, die Steuerstruktur, also die Aufkommenssituation völlig gleich zu lassen und für in vier Jahren eine Steuersenkung in Aussicht zu stellen. Die Logik der Politik und der Koalition wird ja dann nichts anderes zulassen, als dort bei einer Klientel noch ein bisschen herunter und da noch ein bisschen. Das Ganze führt doch nur zu einer Fort­setzung der Strukturschwächen unseres Steuereinnahmensystems, und da haben wir enormen Reparaturbedarf.

Halten wir uns an den seli... – jetzt hätte ich mich fast wieder versprochen –, an den Badehosen-Finanzminister, der uns immer Benchmarking vorgeschlagen hat! Jetzt kann er uns zuschauen, und wir werden Benchmarking betreiben.

Wir haben eklatante Schwächen in unserer Steueraufkommensstruktur. Die sind eben genau dort, wo Sie, Herr Bundesminister für Finanzen, heute einen erwartbaren, aber durchaus sonderbaren Vorschlag gemacht haben, nämlich dass man auf die Erb­schafts- und Schenkungssteuer hinkünftig überhaupt gleich verzichten soll. Ich sage nicht, dass wir darauf hinarbeiten sollen, dass die Steuer- und Abgabenquote wieder 45 Prozent beträgt, sondern wir sagen, dass es keinen Sinn hat, herumzurennen und zu sagen, 39 sind so viel besser als 40,9 Prozent, weil es darauf ankommt, was man mit dem Geld macht. Wenn wir nicht klarstellen, wie öffentliche Investitionen dort be­werkstelligt werden, wo der Markt versagt, nämlich etwa im Umweltschutz, aber auch in sozialen Bereichen, dann muss man auch sagen – wir tun das, ich warte auf die Antwort der Sozialdemokratie –, dass das Geld irgendwoher kommen muss, dann geht es um die Struktur.

Es kann nicht sein, dass wir das einzige Land in Europa sind, das sagt: Schnöde Erb­schaftssteuer! Das ist für die kleinen Familien oder sonst wen! – Das kann man schon so machen, das ist auch unser Vorschlag, nämlich bei den Kleinen großzügigere Frei­beträge, bis zu den mittleren Vermögen, die übertragen werden, sei es durch Erbschaft oder sei es auch, wenn man auf den Grundbesitz geht, aber ab einer bestimmten Höhe muss das stärker greifen als jetzt. (Abg. Scheibner: Klassenkampf!) – Da gibt es andere, die das auch fordern, das stimmt, wenn auch nicht Sie.

Ein Letztes in dem Kontext, Herr Staatssekretär: Die Privilegien bei der Stiftungsbe­steuerung sind jetzt nicht schönzureden, und es ist dem Ganzen auch kein sozialer Stempel draufzudrücken, denn die jetzige Besteuerung ist das Gegenteil davon. Wir müssen die Privilegien dort beseitigen, und zwar nur insoweit, als das Kapital halt dann nicht gleich abwandert, das ist schon richtig, aber da ist sehr viel Spielraum drinnen.

Mit diesem Geld können wir dann bei gleicher Steuer- und Abgabenquote sehr viel bei den so genannten Lohnnebenkosten sparen – von denen reden ja Sie immer, Herr Finanzminister – oder anderes damit machen.

Die Hierarchie der Fragestellungen ist also völlig klar: Was soll öffentlich finanziert wer­den? Daraus ergibt sich eine bestimmte Abgabenquote, wenn man das Defizit nicht ex­plodieren lassen will – da haben wir Konsens. Und innerhalb dieser bestimmten Höhe geht es um die Struktur.

Ich erwarte mir hier wirklich klare Beiträge, von allen Fraktionen, und keinen populisti­schen Wettlauf dahin gehend: Jetzt greifen wir keine Steuern an, die schlechte Struktur wird fortgeschrieben, und die verschlechtert man in vier Jahren noch einmal, weil man wieder undifferenziert irgendwem vor der Wahl ein Steuergeschenk nachschmeißt. – So werden Sie nicht weit kommen! (Beifall bei den Grünen.)

13.41



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 24

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 7 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


13.41.26

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf an der Spitze meiner Ausführungen einen Wunsch an den Herrn Vizekanzler deponieren, nämlich dass er seine Ausführungen an uns richtet, nachdem von jeder Fraktion ein Redner seinen Beitrag geleistet hat, weil es ja auch für Sie, Herr Vizekanzler, interessant ist, zu wissen, wie die einzelnen Fraktionen zu diesem Gesetz stehen, um replizieren zu kön­nen – bei einem Klubobmann, bewährten Klubobmann dürfen wir das auch vorausset­zen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Budgetprovisorium, das wurde schon ausgeführt und erläutert, ist natürlich eine sinnvolle Maßnahme, und wir stehen zu dem, was wir im Ausschuss diskutiert haben, dazu gesagt haben, und auch dazu, wie wir abgestimmt haben – eine andere Fraktion dieses Hauses hat ja eine andere Ein­stellung gewählt.

Aber ich verstehe auch die Position der Grünen nicht so wirklich, denn Sie, Herr Kol­lege Rossmann, wissen um die Bedeutung dieses Provisoriums Bescheid und wissen auch, dass das eine zwingende Maßnahme ist, damit dieses Land regierbar ist. Natür­lich kann man ins Treffen führen, dass die Koalitionsparteien über 100 Tage gebraucht haben, um ein Koalitionsübereinkommen zustande zu bringen, aber Faktum ist nun einmal, dass die Behörden und dass vor allem die Ministerien arbeiten müssen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Budgetrahmen verfügen müssen, damit sie ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen können. Daher sind wir nach wie vor bereit, diesem Provisorium zuzustimmen.

Was uns in nächster Zukunft natürlich beschäftigt, wird das Budget 2007/2008 sein. Ich finde es nicht so verwunderlich, ehrlich gesagt, Herr Vizekanzler, dass die SPÖ so rasch zugestimmt hat, denn wie wir im Zusammenhang mit dem Regierungsüberein­kommen wissen, kann es ja durchaus der Fall sein, dass man erst hinterher drauf­kommt, was man noch gerne alles im Budget gehabt hätte, darin gerne untergebracht hätte. Ich wäre da ein bisschen vorsichtiger im Umgang mit dem Koalitionspartner, denn auch wenn Kollege Matznetter als gelernter Oppositioneller jetzt in geistige Unter­miete zu Ihnen gegangen ist, Herr Vizekanzler, ist nicht davon auszugehen, dass er auch künftig hier Wort hält und diesen Kurs mit Ihnen mittragen wird. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben schon sehr, sehr viele Aussagen des Staatssekretärs Matznetter von die­sem Rednerpult aus gehört hinsichtlich Gruppenbesteuerung, etwa: Wenn wir von der SPÖ an die Regierung kommen, gibt es die Gruppenbesteuerung keinen Tag länger! – Das können Sie nicht nur ein- oder zweimal in den Reden des Kollegen Matznetter nachlesen, sondern das ist, glaube ich, Hunderte Male über seine Lippen gekommen, wenn ich die Ausschussberatungen mit einbeziehe.

Ich bin also sehr gespannt, was uns dieses Budget 2007/2008 alles bringen wird. Wir sind voller Erwartung und schon ganz fiebrig darauf, zu erfahren, wie Sie das alles unterbringen wollen, was die Finanzierung Ihrer konkreten Maßnahmen im Hinblick auf Bildung und Infrastruktur et cetera betrifft – sehr, sehr ehrgeizige und gute Maßnah­men. Sie müssen aber schon davon ausgehen, dass wir auch als konstruktive Opposi­tion nicht von unserem Weg abgehen werden, dass wir in erster Linie den Steuerzahler entlasten wollen und nicht belasten! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Das war ein konsensualer Kurs, den wir seit 2000 erfolgreich gegangen sind. Sie ha­ben ja im Rahmen Ihrer Ausführungen bestätigt, dass auch die steuerliche Entlastung mit 3 Milliarden €, das Wachstumspaket und das Konjunkturpaket ganz entscheidende Beiträge dafür waren, dass wir jetzt in unserem Land eine sehr gute Konjunktur mit über 3 Prozent Wachstum haben, eine niedrige Inflationsrate, sinkende Arbeitslosen­zahlen und steigende Beschäftigung. Das waren entscheidende Maßnahmen für diese erfolgreiche Zeit in Österreich, die die Wirtschaft natürlich entsprechend anspornen und motivieren und den Export anheizen. Diesen Kurs wollen wir weiter mittragen, wenn Sie auch die Entlastungen forcieren.

Heute hat der Verfassungsgerichtshof die Erbschaftssteuer aufgehoben und Sie aufge­fordert, diese bis Mitte nächsten Jahres zu reparieren, Maßnahmen zu setzen, damit die Erbschaftssteuer in der gegenwärtigen Fassung entsprechend reformiert wird.

Wir haben immer gesagt, dass wir die Erbschaftssteuer nicht brauchen. 140 Millionen € sind der Ertrag aus der Erbschaftssteuer – der Verwaltungsaufwand ist in etwa gleich hoch. (Abg. Mag. Kogler: Das ist doch ein Unsinn! Rechnen Sie das vor!) Wir sind dafür, dass wir uns in Österreich die Bagatellsteuern genau anschauen, inwieweit sie wirklich relevant sind für den Budgethaushalt. Wir sind dafür, dass wir auch hinsichtlich des Bundeshaushaltsgesetzes – da war ja auch Kollege Matznetter lange in die Vorbe­reitungen mit eingebunden – endlich einmal einiges auf die Reihe bringen zur Verwal­tungsvereinfachung für die Gemeinde-, Städte- und Länderhaushalte sowie den Bun­deshaushalt, und wir sind dafür, dass wir hier künftig eine Unternehmensbesteuerung machen, die über einen Leisten geschlagen ist. Wir sind dafür, dass wir uns auch Ge­danken darüber machen, ob es nicht sinnvoll wäre, die kleinen und Kleinstbetriebe, was die Pauschalierung anlangt, steuerlich zu entlasten, den Verwaltungsaufwand und die Bürokratie zu senken, so wie es sich die Europäische Gemeinschaft vorgenommen hat, 20 Prozent des Bürokratie- und Verwaltungsaufwandes wegzunehmen.

Das sollte unser Auftrag sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, hoffe ich, werden wir auch lesen dürfen in der Budgetvorlage 2007/2008. Ich freue mich auf die Diskussion. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lutz Weinzinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


13.47.53

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Hohe Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Das Budget, wird oft gesagt, ist das in Zahlen gegossene Regie­rungsprogramm. Im gegebenen Fall wird das Budget des Jahres 2005/2006 notwendi­gerweise weitergeführt. Das heißt, wir sollen über ein Budget abstimmen, dass das Re­gierungsprogramm der Regierung 2005/2006 war, einer Regierung, die als ÖVP/FPÖ-Regierung begann und nicht zuletzt wegen der parteiinternen Schwierigkeiten in der FPÖ, weil sie dieses Budget nicht akzeptieren wollte – die Masse der Mitglieder der FPÖ –, als ÖVP/BZÖ-Regierung endete.

Die FPÖ hat sehr früh erkannt, dass mit dieser Regierungspolitik die tatsächlichen Pro­bleme unseres Landes nicht gemeistert werden können. Das haben jene erkannt, von denen einer ihrer Minister einmal gesagt hat, sie wären die Hooligans. Nun, vielleicht gibt es auch denkende Hooligans.

Wenn ich überlege, welch hervorragende budgetäre Sachen Sie nicht geleistet haben, wird die Sache schon problematisch.

Da haben wir zuerst einmal – und das wird weitergeführt – die EU-Zahlungen, wohlge­merkt: Nettozahlungen. Wir haben EU-Nettozahlungen in einem großen Ausmaß, ob-


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wohl wir und vor allem unsere Bevölkerung immer unzufriedener werden mit der EU, denn alles, was wir heute Vormittag bis in den frühen Nachmittag hinein gehört haben, kann doch nicht wahr sein, das können Sie doch nicht ernst meinen, denn tatsächlich gibt es fast niemanden mehr, der die EU in der derzeitigen Entwicklung akzeptiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wir wollten, war eine Vereinigung Europas. Was wir wollten – und noch immer wollen –, ist die Klarstellung: Was will eigentlich Europa? Was wollen die europäischen Staaten und ihre Vertreter? Wollen sie ein Europa als Staatenbund, oder wollen sie ein Europa als Bundesstaat? Klären wir das doch endlich! Und natürlich müssen wir über die EU-Verfassung abstimmen lassen! Das ist doch überhaupt keine Frage. Das ist doch selbstverständlich, Mindeststandard in einer Demokratie. Und dieser Mindest­standard wird eingefordert, er muss eingefordert werden, aber nicht dadurch, dass wir ohne Wenn und Aber an die EU Nettozahlungen in unglaublicher Höhe bezahlen – und das jetzt fortführen!

Also noch einmal: Dieses Budget 2005/2006, das jetzt für mindestens drei, vier, wenn nicht fünf oder sechs Monate fortgeführt wird, ist nichts anderes ... (Abg. Lentsch: Zwei!) – Wovon haben wir denn jetzt gelebt – im Jänner und im Februar? Wovon wer­den wir im März leben? Und wovon werden wir im April leben? Und wann kommt das Budget durch? – Im Mai! (Abg. Jakob Auer: Das hat mit dem nichts zu tun!) – Natürlich hat das etwas damit zu tun! Wir führen das Budget vom Jahre 2005 und 2006 in Zwölftelform weiter. (Abg. Jakob Auer: Da brauchen wir aber keine Änderung! Da bräuchten wir das Gesetz nicht! – Vizekanzler Mag. Molterer: Da bräuchten wir das Gesetz nicht!)

Ich weiß es, aber ich kann dem nicht zustimmen, weil wir dem ursprünglichen Budget nicht zugestimmt haben. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Und sagen möchte ich, dass wir damit, weil das Budget die in Zahlen gegossene Regierungspolitik darstellt, der Weiterführung der Regierungspolitik der Jahre 2005/2006 zustimmen sollten. Wie das die Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei verkraften, die dieses Budget leidenschaftlich bekämpft haben, ist ihre Sache. (Abg. Riepl: Genau!) Wir ver­kraften es so, dass wir nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren! Ich will nicht, dass diese Regierungspolitik des Jahres 2005 und 2006 mit meiner Zustimmung weitergeführt wird, wenn auch nur bis hoffentlich Mai. (Beifall bei der FPÖ. – Vizekanzler Mag. Molterer: Im Ausschuss schon!)

13.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zum Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


13.52.40

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu meinem geschätzten Vorredner genauso wie zu seinem Kollegen Themessl muss man, glaube ich, schon sagen, meine beiden Herren Kollegen: Man kann einmal einen Fehler machen, das kann man durchaus auch zugeben. Sie haben im Budgetausschuss diesem Proviso­rium zugestimmt – nicht mit Vorbehalt! Es hat keine einzige Wortmeldung von Ihnen gegeben. Geben Sie zu, man kann einmal etwas übersehen, man kann etwas ver­schlafen! Wir haben zur Kenntnis genommen: Heute stimmen Sie nicht zu, aber im Ausschuss haben Sie zugestimmt. – Das ist kein Malheur, das kann passieren, aber ich glaube, die Wahrheit sollte Wahrheit bleiben.

Zum eigentlichen Provisorium, das auf der Grundlage des Budgets 2006 beruht, wie einige meiner Vorredner schon gesagt haben: Es beruht damit letztlich auf einer sehr


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erfolgreichen und soliden Budgetpolitik der letzten Jahre, meine Damen und Herren! Darauf legen wir wirklich Wert! Ich sage immer, ich diskutiere gerne auf Grund von Daten und Fakten. Und Faktum ist, dass uns die Finanzpolitik der letzten sieben Jahre aus dem letzten Drittel in das oberste Drittel der EU-Statistik geführt hat. Das heißt, die Finanzpolitik mit dieser Dreifachstrategie – Stabilität im Staatshaushalt, Entlastung der Bürger und der Betriebe, Investieren in die Zukunft – war eine sehr erfolgreiche Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir können heute feststellen – wieder nur Daten und Fakten! –: ein höheres Wirt­schaftswachstum als die EU, ein höheres Wirtschaftswachstum als – immer noch unser wichtigster Handelspartner! – die Bundesrepublik Deutschland. Wir haben un­längst Prognosen für die Jahre 2007 bis 2011 bekommen: Wirtschaftswachstum in der EU 2,3 Prozent, in Deutschland 1,5 Prozent, bei uns 2,5 Prozent erwartet. Im Vorjahr 35 000 Arbeitslose weniger, heuer voraussichtlich 50 000 neue Arbeitsplätze. – Das ist erfolgreiches Wirtschaften, meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich als einer, der aus der Wirtschaft kommt, eines auch sagen: Wir haben erst vor wenigen Tagen die Ergebnisse einer Market-Umfrage bekommen. Was sagt die Wirtschaft eigentlich? – Erfreulich ist, dass 75 Prozent der befragten Betriebe ge­sagt haben: Wir sind zufrieden mit der Entwicklung der letzten zwölf Monate und bli­cken optimistisch in die Zukunft. Bei den Klein- und Mittelbetrieben bis zu 20 Mitarbei­tern, waren es sogar 81 Prozent, die gesagt haben: Mit der Entwicklung der Wirtschaft der letzten zwölf Monate waren wir zufrieden und sind auch optimistisch für die Zu­kunft.

Ein größeres Kompliment als diese Aussage der Betriebe und diese Daten und Fakten, kann auch ein Vertreter der Regierungsfraktion seinem Finanzminister eigentlich gar nicht machen. Ein großes Kompliment!

Letzter Punkt – auch schon angesprochen –: Ich meine, dass der Verfassungsgerichts­hof heute die Erbschaftssteuer gekippt hat, liegt auf unserer Linie. Und ich sage hier ganz deutlich: Für uns von der Volkspartei ist die beste Korrektur der Erbschaftssteuer, sie überhaupt abzuschaffen. Ich sehe nicht ein, warum wir Dinge dreifach besteuern sollen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich mir heute etwas kaufe, muss ich zunächst ein Arbeitseinkommen haben, das bis zu 50 Prozent besteuert wird, dann bezahle ich dafür 20 Prozent Mehrwertsteuer, und wenn ich es meinen Kindern einmal vererbe, bezahlen diese noch einmal Erb­schaftssteuer. Eine Dreifachbesteuerung, meine Damen und Herren, ist wirklich sozial nicht zu verantworten – daher weg mit der Erbschaftssteuer! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

13.55


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


13.56.04

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Es geht bei diesem Budgetprovisorium weniger um eine inhaltliche Debatte und um eine inhaltliche Ausführung. Ich glaube, man kann sa­gen: Das ist natürlich die alte Regierungspolitik, die jetzt gesetzeskonform zur Weiter­finanzierung des Staates in den nächsten Wochen noch notwendig ist. Daher werden wir dem zustimmen, obwohl wir diese Budgets natürlich in den letzten Jahren immer bekämpft und auch dagegen gestimmt haben.


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Ich möchte darauf hinweisen, dass diese neue Bundesregierung jetzt in sehr kurzer Zeit ein neues Budget verhandelt hat. Wir sind alle schon in freudiger Erwartung, was die Diskussionen zu diesem Themenkomplex in den nächsten Wochen angeht. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir hier einen Kurswechsel werden feststellen können.

Ich möchte daran erinnern, dass die letzten Jahre – Kollege Stummvoll hat diese Zeit gerade sehr gelobt – nicht unbedingt immer so toll waren. Wenn man es mit fünf Jah­ren oder sechs Jahren ÖVP/BZÖ und 13 Jahren Alleinregierung der Sozialdemokraten in den siebziger Jahren vergleicht, die von den Konservativen sehr negativ beurteilt wurde, dann stellt man fest, dass die Neuverschuldung im Durchschnitt dieser Regie­rungsepochen gleich hoch war, das Wachstum allerdings in der sozialdemokratischen Alleinregierung doppelt so hoch gewesen ist als in den letzten Jahren. Und dazu sollte man noch ergänzend bemerken: Damals wurden die großen Finanzierungsprobleme der Verstaatlichten finanziert, in dieser letzten Periode wurde die Verstaatlichte, die er­folgreich saniert wurde, verkauft!

Ich glaube, wir haben sehr interessante Debatten vor uns, und ich bin auch sehr neu­gierig und gespannt auf diese Diskussionen in den nächsten Wochen.

Abschließend möchte ich noch feststellen: Steuern sind zum Steuern da. Eine Steuer abzuschaffen, ist immer schlecht. Es ist besser, sie mit einem Nullprozentsatz – wenn man schon will – zu belegen, aber man könnte sie als Werkzeug, als Instrument für die Gestaltung eines Staates, eines Haushaltes weiterhin in Reserve halten. In diesem Sinne sollten wir über die Erbschaftssteuer diskutieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zum Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


13.58.45

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Staatssekretär! Das Budgetprovisorium, das Budget für ein Jahr, für die nächsten beiden Jahre ist notwendig, um den Kuchen, den wir für die einzelnen Maß­nahmen haben, zu verteilen. Aber wenn Sie gestatten: Mich verwundert in diesem Bereich einiges, denn wenn man sich in der Vergangenheit umgehört hat und den Mel­dungen sein Ohr geliehen hat, so waren oft unterschiedliche Aussagen der einzelnen Regierungsfraktionen, der jetzigen Koalition, zu hören: Auf der einen Seite steht eine Mobilitätsprämie des Sozialministers von 10 000 € im Raum, damit Arbeitnehmer auch in ein anderes Bundesland übersiedeln und dort eine Arbeit annehmen, auf der anderen Seite eine des Wirtschaftsministers von 2 000 € – das ist eine Differenz von 8 000 €! (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Da ist einiges im Argen und unsicher – auch bei der Mindestsicherung, wo man sich zwar darauf geeinigt hat, eine solche in Höhe von 726 € einzuführen, was mit der Aus­gleichszulage bereits passiert ist. Diese soziale Mindestsicherung ist für mich lediglich ein festgeschriebenes Wunschdenken – mehr nicht! Das ist noch mit den Ländern über eine Artikel 15a-Vereinbarung zu koordinieren und zu verhandeln. Ohne die Bereit­schaft der Länder ist das ganz einfach nicht umzusetzen.

Zurzeit ist auch noch völlig ungeklärt, welche finanziellen Belastungen dadurch auf die einzelnen Bundesländer zukommen. Es ist meines Erachtens auch sehr wenig durch­dacht, wenn man jetzt 726 € 14 Mal im Jahr ausbezahlt – das ist brutto für netto – und auf der anderen Seite einen Mindestlohn von 1 000 € fordert – das ist brutto. Wenn man jetzt allein den Dienstnehmerbeitrag von 15 Prozent abzieht, dann kommt man auf 850 € – und da ist der Anreiz, eine Arbeit anzunehmen, schon sehr, sehr gering. Die


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ganze Angelegenheit ist sehr, sehr wenig durchdacht, da sollte man sich noch einiges überlegen, meine Damen und Herren!

Was die Belastungen der Pendler betrifft, so geht das ja noch wesentlich weiter. Die mit 1. Jänner 2007 eingeführte Mineralölsteuer, die zurzeit 42 Cent pro Liter Benzin beträgt, soll um 1 Cent erhöht werden, die 30 Cent pro Liter Diesel sollen um 3 Cent erhöht werden. Das ergibt eine prozentuelle Steigerung der Mineralölsteuer allein beim Benzin um 2,4 Prozent, beim Diesel um sage und schreibe 10 Prozent! Und sehr viele österreichischen Pendler fahren halt mit Dieselfahrzeugen!

1,9 Millionen Pendler und deren Familien werden hier massiv benachteiligt und zur Kasse gebeten. Wenn jemand 20 Kilometer – also hin und zurück, vom und zum Ar­beitsplatz – zu fahren hat und ein Fahrzeug fährt, das fünf Liter pro 100 Kilometer verbraucht, so macht das im Jahr 106 € allein bei der Mineralölsteuer aus. Bei einem Dieselfahrzeug, das zehn Liter pro 100 Kilometer verbraucht, und einer Strecke von 40 Kilometern zum Arbeitsplatz und zurück sind es 427 € pro Jahr allein an Belastung. Da kommt dann noch die Mehrwertsteuer dazu, die ja von der Steuer eingehoben wird, und noch plus 20 Prozent ausmacht. – Das ist das eine.

Wenn man bedenkt, dass die Valorisierung des Vignettenpreises ebenfalls im Raume steht und auch die Kfz-Prämie erhöht werden soll, dann frage ich Sie: Wie wollen Sie auf diese Weise eine Mobilität am Arbeitsmarkt herbeiführen? Wollen Sie damit errei­chen, dass jemand auch einen Arbeitsplatz annimmt, der weiter entfernt ist? Das ist ja gegenläufig! Das hat ja mit Mobilität, mit Flexibilität null zu tun, das ist ja ein Hemmnis!

Da haben wir in der Vergangenheit ganz andere Maßnahmen gesetzt, um die Mobilität am Arbeitsmarkt zu erhöhen, wie zum Beispiel die Reform einer Abfertigung, wo heute schon zwei Millionen Dienstnehmer, unselbständig Erwerbstätige in den Genuss der „Abfertigung neu“ kommen, die auf einer Mitarbeitervorsorge, auf einer Pensionskasse beruht.

Diese Maßnahmen, die Sie jetzt planen, sind für eine Mobilität sicherlich nicht förder­lich. Sie schränken die Mobilität ein, ja sie sind geradezu ein Hindernis des Ganzen.

Dann fällt mir noch ein, dass auch die Erhöhung der Krankenversicherung im Raume steht. Das ergibt eine Erhöhung der Lohnnebenkosten, was bedeutet, dass der Arbeit­nehmer mehr kostet. Wir haben gerade eine Rüge von der OECD erhalten, weil in Österreich zu stark auf die Besteuerung der Arbeitskraft abgestellt ist. Das sollten Sie in Angriff nehmen, denn wie soll sonst eine Mitarbeiterbeteiligung in den Betrieben funktionieren? Das sollte man sich doch überlegen, Herr Finanzminister, Herr Vize­kanzler, denn wir waren in den letzten Jahren auf einem guten Weg. Verlassen Sie die­sen Weg nicht! (Beifall beim BZÖ.)

14.03


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Matznetter. – Bitte.


14.04.05

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ich setze gleich dort an, wo Herr Kollege Dolinschek aufgehört hat. Faktum ist, die OECD hat in ihrem Bericht – und das müssen wir mit Bedauern zur Kenntnis nehmen – festgestellt, dass wir gerade im Bereich der Arbeit eine Belastung haben, die gestiegen ist. In diesem Sinne tut es mir auch leid, dass ich in meiner damaligen Pressekonferenz – Unterlagen, die der Kollege Auer gezeigt hat – leider Recht behalten habe, was die Belastungen betrifft, und in einem weiteren Punkt, zum Glück fürs Staatsbudget, in einer anderen Richtung Recht gehabt habe: Wir haben – und das ist erfreulich – auf Grund der hervorragenden


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internationalen Konjunktur bei einem Wachstum von 3,2 Prozent einen deutlich bes­seren Vollzug, als im ursprünglichen Voranschlag vorgesehen war. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.)

Jetzt kommen wir aber zur Hauptproblemstellung, vor der wir heute stehen. Die erste Frage ist leicht beantwortet: Wir brauchen das Provisorium ausschließlich deswegen, damit die nach dem Bundesministeriengesetz neu konfigurierten Ressorts in ihrem Bereich die notwendigen Ausgaben bis zum Inkrafttreten des neuen Budgets bedecken können.

Auch ich hatte als Oppositionsabgeordneter noch die Vermutung, dass die Abfangjäger dazu führen könnten, dass die Schuldenbremse der 50 Prozent früher eintritt. Ich darf Sie informieren: Das ist nicht so. Es würde ohne weitere Maßnahmen bis Mitte des heurigen Jahres, wahrscheinlich bis in die Gegend von Juli ausreichend sein, mit dem Provisorium so, wie es automatisch in Kraft ist, zu haushalten. Daher wäre dieses Pro­visorium so nicht erforderlich.

Ich komme aber zu einem weiteren Punkt, der die gesamte Diskussion jetzt dominiert hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann. – Vizekanzler Mag. Molterer: Nicht erfor­derlich!) – Nicht erforderlich! Herr Kollege Rossmann, es ist wirklich so. Es würde sich bis Mitte des Jahres ausgehen.

Zurückkommend zur Diskussion, die den bisherigen Verlauf bestimmt hat. – Ja, wir brauchen eine Entlastung! Und in dem Fall verstehe ich nicht ganz, dass die Angehö­rigen einer bisherigen Regierungspartei dann beides in einem sagen: einerseits sagen, es tut ihnen leid, dass die Belastung laut OECD gestiegen ist, andererseits aber sagen, man soll es fortsetzen. Wir müssen daher einen anderen Kurs wählen.

Wir, beide Regierungspartner, haben uns darauf verstanden, dass wir durch einen ent­schiedenen Kurs des sorgsamen Haushaltens in den nächsten vier Jahren von zirka 1 Prozent Budgetdefizit bis zu einem Überschuss im Jahr 2010 das Budget entwickeln werden, um dann ohne Gegenfinanzierung für eine entsprechende Entlastung in einem deutlich spürbaren Ausmaß zu sorgen. Ich gebe ganz offen zu, wir Sozialdemokraten hätten uns gewünscht, früher eine Entlastung mit Gegenfinanzierung durchzuführen – unser Regierungspartner wollte das nicht. Daraufhin haben wir uns verständigt, dass wir es auf diesem Wege erarbeiten. Auf Pump, auf Schulden wollen wir keine Steuer­reform machen! (Abg. Bucher: Sehr gescheit!)

Diesen Grundsatz wollen wir hier auch durchhalten. Damit bin ich bei jenem Punkt, den Herr Abgeordneter Kogler und andere angezogen haben: bei der Frage, wie man mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes umgeht. Feststellung Nummer eins: Der Ver­fassungsgerichtshof hat heute ganz klar gesagt, dass das System der Erbschaftssteuer nicht verfassungswidrig ist. Er konnte nur die Ungerechtigkeit der Einheitsbewertung in § 19 nicht dadurch beheben, dass er diesen einfach aufhebt. Warum? – Weil dann Grundvermögen mit dem Verkehrswert besteuert würde, während es in anderen Ver­mögensarten zum Teil großzügige Freibeträge gibt, das heißt, dass zueinander in der Abwägung eine neue Ungleichheit entstünde. Und er hat dem Nationalrat als Gesetz­geber den Auftrag gegeben, bis zum Juli des kommenden Jahres die Erbschaftssteuer zu bereinigen. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Nein, nicht abzuschaffen! Wäre er nämlich der Auffassung gewesen, dass sie abzuschaffen ist, hätte es diese Frist nicht gegeben, Herr Kollege, sondern er hätte sie gleich ohne weitere Frist aufgehoben.

Ich sage an dieser Stelle sehr klar: Wir haben uns auf ein Regierungsprogramm ge­einigt, das uns in einer Konsolidierung von über 1 Prozent Defizit beim Höhepunkt der Konjunktur – 3,2 Prozent – zu einem Überschuss führt. Wir haben zweitens ausge­macht, dass die Entlastungen in diesem Bereich in einer Steuerreform kommen. Sie kommen nicht durch die Hintertür und auf andere Art und Weise, sondern bei einer


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Steuerreform. Dort werden wir die Gesamtstruktur der Besteuerung miteinander verein­baren. Wir werden ein gutes Projekt gemeinsam vortragen, wir werden dieses Projekt in dieser Regierung als ein einheitliches bearbeiten. Wir werden es nicht auf der Ebene machen können, dass man auf der Seite links/rechts bestimmten Gruppen etwas zu­kommen lässt. Da sind wir einer Meinung, und da bin ich froh darüber.

Einen Grundsatz, glaube ich, können beide Regierungsparteien teilen: Der „kleine“ Häuselbauer, der sein Einfamilienhaus vererbt, der eine Eigentumswohnung hat, das Auto von der Mutter erbt, soll möglichst draußen sein, den wollen wir freistellen.

Wer meint, dass die Erbschaftsteuer eine Bagatellsteuer sei, wo die Verwaltung angeb­lich mehr kostet, als der Ertrag ausmacht, sei daran erinnert: Wir liegen bei einem Ertrag von deutlich über 130 Millionen € – in alter Währung fast 2 Milliarden Schilling – und haben insgesamt im Bereich der Gebühren nur 300 öffentlich Bedienstete, die das – wegen guter Leistung eben nur 300 – abwickeln. Unsere Finanzbeamtinnen und -beamten und Vertragsbediensteten sind so gut, dass sie das perfekt machen. Und sie kosten aber alle 300 zusammen maximal 10 Millionen €. Daher zu diesem Punkt noch einmal sehr klar: Es ist keine Bagatellsteuer, und wir werden gemeinsam in der Regie­rung arbeiten, eine vernünftige Lösung zu finden.

Zum Budget eine Anmerkung. Ich kann das nur unterstreichen, was der Herr Vizekanz­ler gesagt hat. Wir haben gemeinsam in sehr kurzer Zeit jenen Teil des Regierungspro­gramms ausgearbeitet, der eine Gesamtausrichtung der Politik bestimmt, nämlich Ös­terreich wettbewerbsfähiger zu machen: durch mehr Wachstum, durch eine deutliche Verringerung der Arbeitslosigkeit mit mehr Beschäftigung für alle, durch deutliche neue Akzente im Bereich der Bildungspolitik, durch eine deutliche Ausweitung der Investi­tionen in die Infrastruktur – eine deutliche, wenn man so will, Gesamtverbesserung der Performance des Landes. Und das wollen wir gleichzeitig machen mit der Reduzierung des Defizits zu einem Überschuss im Jahr 2010.

Das ist keine leichte Aufgabe, weder für den Herrn Vizekanzler und für mich im Finanz­ressort noch für die anderen Kolleginnen und Kollegen in jedem einzelnen Ressort. Die müssen nämlich die Sparmaßnahmen auch umsetzen, die müssen die Effizienzpoten­tiale heben. Und das ist nicht immer eine angenehme Aufgabe. Schöner ist es, man kann austeilen und sagen, wir tun irgendwo weiter. Dieses kollegiale Zusammenarbei­ten funktioniert aber, meine Damen und Herren. Wir sind allerdings erst die ersten zehn Meter des Weges gegangen. Das Provisorium ist ein kleiner Schritt. Wenn wir Ende April das Budget haben werden, werden wir schon einen wesentlichen Schritt ge­setzt haben. Ich freue mich auf diese Zusammenarbeit.

Es hat sich nichts an meiner Position geändert. Ich bin auch der Meinung, dass wir uns die Strukturen sehr genau anschauen müssen, wie die Finanzierung erfolgt. Mir ist es lieber, einer, der ein ganzes Tal in Kärnten besitzt, zahlt Erbschaftssteuer, und wir ent­lasten jene KMUs, jene kleinen Arbeiter und Angestellten, die heute auch nach inter­nationalen Berichten zu viel zahlen. Dafür werde ich weiter kämpfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Frau Abgeord­nete, bitte.


14.12.09

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler und Bundesminister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Auf Grund der Nationalratswahl am 1. Oktober wurde für das


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Jahr 2007 kein Budget erstellt. Und durch die Bundesministeriengesetz-Novelle kam es auch zu Verschiebungen der einzelnen Kompetenzen in den Ministerien. Daher wurde ein gesetzliches Budgetprovisorium notwendig. Das hat der Bundesminister vorhin in seiner Rede schon sehr genau erläutert.

Aber die ersten Aussagen von SPÖ-Ministern zeigen auch, dass man eingesehen hat, was der Staatshaushalt hergibt und was nicht, wie beispielsweise bei den Pensionen. Da wurde ja uns, der ÖVP, nachgesagt, wir wollen uns permanent unbeliebt machen, nur weil wir das tatsächliche Pensionsalter an das gesetzliche Pensionsalter anglei­chen wollten, weil wir uns ausgerechnet haben, dass sich das nicht ausgehen kann, wenn immer weniger Kinder zur Welt kommen, die Jungen immer länger in Ausbildung sind, die, die in Arbeit stehen, immer kürzer arbeiten und unsere Bevölkerung Gott sei Dank immer älter wird. Aber in der Zwischenzeit hat auch der neue Sozialminister von der SPÖ eingesehen, dass das nicht funktionieren kann, und hat von sich aus ein ge­setzliches Pensionsalter von 67 Jahren angesprochen.

Aber auch wir haben einsehen müssen, dass es zum Beispiel im Gesundheitsbereich ohne zusätzliche Beiträge nicht gehen wird. Wir haben in den letzten Jahren zwar sehr viel gespart, aber die Kosten für Spitäler, Pflege und Medikamente sind dennoch ge­stiegen. Deshalb muss auch auf diesem Gebiet etwas geschehen.

Trotz aller Unkenrufe, geschätzte Damen und Herren, geht es uns gut in Österreich. Das Wirtschaftswachstum ist permanent gestiegen und wird auch 2007 weiter steigen. Wir haben zurzeit so viele Menschen in Arbeit wie nie zuvor, und die, die unter der Armutsgrenze leben, werden Gott sei Dank immer weniger. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Doppelbudget steht seit 1. März und wurde innerhalb einer Woche erstellt. Dazu kann man dem zuständigen Finanzminister und seinem Staatssekretär nur gratulieren. Und ich bin überzeugt davon, dass wir das Überziel, nämlich einen Budgetüberschuss im Jahr 2010, mit Hilfe dieser neuen Mannschaft auch erreichen werden.

Wir von der ÖVP werden diesem Budgetprovisorium so wie im Ausschuss auch hier zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Zach. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


14.15.02

Abgeordneter Alexander Zach (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Faktum ist, ein Provisorium braucht, wer nicht rechtzeitig zu arbeiten beginnt. Und diese Regierung hat nicht rechtzeitig zu arbeiten begonnen, weil sich ein Teil – und zwar die ÖVP – einerseits mit seinen persönlichen Befindlichkeiten länger auseinandersetzen musste und andererseits andauernd mit der rechten Karte gewun­ken hat. Das heißt, wir haben wichtige Zeit verloren, zuzüglich zu den letzten sechs Jahren, die wir verloren haben, nämlich hinsichtlich der Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.

Was den Grasser-Schmäh betrifft – der Herr Kollege Stummvoll hat uns heute wieder in farbenfroher Gestalt die Zahlen präsentiert, die zeigen, welche Entlastung die letzten sechs Jahre gebracht haben –, braucht man ja nur die OECD-Studie anzuschauen, die ganz klar offenlegt, dass die Belastungen der Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialbeiträge in Österreich in den vergangenen Jahren entgegen dem Trend anderer OECD-Staaten deutlich gestiegen sind. Das heißt, dem Herrn Finanzminister ist nicht nur das Hemd, sondern auch die besagte Badehose ausgezogen worden.

Wir haben auf der einen Seite also eine Belastung der Bürgerinnen und Bürger und auf der anderen Seite, um ebenfalls wieder in Richtung OECD zu blicken, eine Akademi-


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kerInnenquote, mit der wir nur noch vor der Türkei liegen. Und jetzt frage ich mich: Wo ist das Geld, das auf der einen Seite eingenommen wird und auf der anderen Seite in wesentlichen Bereiche wie Bildung und Forschung investiert werden sollte? (Abg. Großruck: Wen vertreten Sie überhaupt?)

Keine Investitionen in Bildung und Forschung. – Ich hoffe, das wird sich demnächst im neuen Budget ändern. Wir haben es ja noch nicht präsentiert bekommen. Wenn man in das Koalitionsprogramm hineinschaut, dann sieht man, Minister Hahn hat sich hier auch einiges vorgenommen, vor allem Investitionen in den Hochschulbereich. Ich glaube, dass das Schweigen mancher Minister, was die Budgetzahlen betrifft, nicht un­bedingt die Transparenz und die Offenheit gegenüber dem Parlament darstellen soll, sondern einige, glaube ich, haben schon Angst, wenn sie dann die wahren Zahlen präsentieren müssen, wie zum Beispiel im Wissenschaftsbereich, wo ich mich frage: Wird es Investitionen geben? Wir haben nur über die Studiengebühren diskutiert, aber wo ist die Investition in die Universitäten, wo in die Studienbedingungen? Und hier wird Minister Hahn, glaube ich, auch einiges vorzuweisen haben, um zu zeigen, wie es hier aussieht.

Wir waren sehr eifrig beim Beschluss des Ausgleichszulagenrichtsatzes für die Pensio­nen, auch mit meiner Unterstützung als Liberaler, keine Frage. Ich würde mir aber auch wünschen, dass ein Ausgleichszulagenrichtsatz für unsere Jugend in Form einer kulturellen Grundsicherung, die den Zugang zur Bildung ermöglicht, hier ebenfalls so breite Unterstützung findet. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend zu den Themen Forschung und Entwicklung. Wir haben heute über die Kerosinabgabe diskutiert. Hier muss europaweit etwas getan werden! Aus meiner Sicht geht das aber zu wenig weit. Wir müssten insgesamt auf die fossilen Brennstoffe einen einheitlichen Energieeuro setzen – ein Vorschlag, der von den europäischen Liberalen im Europaparlament eingebracht und auch von mir unterstützt wird. Wir sollten versu­chen, das Geld, das hier eingenommen wird, dann auch in Forschung und Entwicklung zu stecken, um alternative Energieträger wettbewerbsfähig zu machen. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

14.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


14.18.39

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Diese Budgetdebatten haben es ja an sich, dass man auch wirtschaftspolitische Entscheidungen, die es da oder dort gibt, ein wenig diskutieren sollte. Und nachdem es vor kurzem im Wiener Landtag eine aufsehenerregende Entscheidung gegeben hat, lassen Sie mich diese kurz einmal hier ansprechen.

Dort hat nämlich die Mehrheit des Wiener Landtages beschlossen, dass ein Megaein­kaufszentrum im Süden Wiens errichtet werden soll, quasi dort, wo sich knapp dane­ben ohnehin schon ein Einkaufszentrum befindet. Wenn man das im Sinne von Klein- und Mittelbetrieben und der Nahversorgung diskutiert, dann, muss ich sagen, ist das eine arge Bedrohung, und wir glauben auch, dass da alles getan werden sollte, um dies zu verhindern. Aus wirtschaftspolitischer Sicht nämlich deshalb, weil die Stadt Wien auf der einen Seite Einkaufsstraßen mit viel Geld fördert, auf der anderen Seite aber auch die Bedrohung unterstützt und fördert.

Interessant daran ist, dass es zwar kein gescheites Gutachten gibt, nämlich eines, das zu diskutieren wäre, aber dass es jedenfalls einen Optionsvertrag gibt, der einen zu


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günstigen Kaufpreis vorsieht. Aber das, was man meiner Meinung nach herausarbeiten sollte, und da hätte ich schon einige Fragen, ist, warum diese Transaktion und dieser Optionsvertrag nicht von allen Oppositionsparteien im Wiener Landtag abgelehnt wur­den und es hier eine Achse gibt zwischen der SPÖ und der FPÖ und die FPÖ da mit­geht und dies begrüßt.

Es gibt da, wie ich meine, ein paar bemerkenswerte Dinge, die man auch hier im Ho­hen Haus wissen sollte. Wenn ich richtig informiert bin, ist Herr Vilimsky einer der drei Generalsekretäre der FPÖ. Ich glaube, Herr Doktor, Sie sollten auch wissen, dass der Herr Vilimsky im Sold des SPÖ-Rathauses steht. Er bekommt dort eine Gage und ar­beitet hier im Presse- und Informationsdienst als Referent, ist aber in irgendeiner Form da partiell freigestellt, weil er ja hier tätig ist; er bekommt also nur 75 Prozent dieser Gage. Dies zeigt natürlich schon eine interessante Achse, die auch in verschiedenen anderen Bereichen möglich ist. Das heißt also, der Generalsekretär der FPÖ wird vom SPÖ-Rathaus in Wien bezahlt!

Sie können sich natürlich jetzt das eine oder andere an Gedanken machen. Schön, Herr Kollege Eder, schaut das nicht aus. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.21


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Trunk. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


14.21.21

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zunächst drei Anmerkungen zu den Ausführungen mei­ner Vorredner.

Punkt eins: Kollege Bucher, zu der von Ihnen strapazierten Formulierung, Matznetter hätte geistige Untermiete bei irgendjemandem bezogen, sage ich jetzt ganz offen: Herr Kollege Bucher! Erstens soll man nicht von sich auf andere schließen, und die Position der SPÖ, der Bundeskanzlerpartei, in dieser Regierungskoalition ist natürlich nicht die Position, die das BZÖ unter der ÖVP-Regierung hatte. Das zur Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Zu den Ausführungen des Kollegen Auer: Diese Bundesregierung, und ganz besonders der Bundeskanzler, haben neben einem Kurswechsel auch so etwas wie eine neue politische Kultur des Umgangs in Aussicht gestellt. Herr Kollege Auer, bei aller Wertschätzung – er ist nicht da, aber Sie werden es ihm sagen; wir kennen uns schon lange aus dem Budgetausschuss, und ich denke, da sind gegenseitiger Re­spekt und Achtung vorhanden –: Es macht wenig Sinn (Abg. Steibl: Auer macht eine gute Arbeit, einer der Besten!), auch Frau Kollegin der ÖVP, wenn die Abgeordneten der jetzigen Koalitionsparteien den jeweils anderen auf der Regierungsbank Sitzenden, in dem Fall halt Auer gegen Matznetter, diskreditieren und dann noch dazu Abgeord­nete der Opposition diffamieren.

Kollege Rossmann ist beispielsweise Experte und auch Nationalratsabgeordneter. Und ich denke, es ist gut, wenn Abgeordnete wissen, wovon sie sprechen. Und ihm da die Kompetenz vis-à-vis dem politischen Mandat in diskriminierender Weise vorzuhalten, das ist nicht die politische Kultur, die sich die neue Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben hat.

Dritter Punkt: Kollege Rossmann, das Landesverteidigungsbudget – ich habe mich bei Norbert Darabos erkundigt – hört sich so hoch an, aber ist nicht mehr und nicht we­niger als die Mindestmittel, um die Reform umzusetzen. Und in dieser Reformkommis­sion und bei dieser Beschlussfassung war auch Kollege Pilz dabei. Das heißt, das ist


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nicht Schwerpunkt, weil wir so lustvoll in Landesverteidigung investieren, sondern das sind die Mindestmittel zur Umsetzung der Reform.

Noch einmal: Es ist richtig, die SPÖ stimmt dem zu – der Herr Staatssekretär hat es ausgeführt –, um für zwei Monate verschiedenen Ministerien die Möglichkeit zu geben, über Geldflüsse zu verfügen. Das ist ein Provisorium für zwei Monate, das ist richtig; aber nicht richtig ist, dass die Zustimmung der SPÖ auch nur irgendetwas zu tun hätte mit der quasi posthumen Zustimmung zu einem BZÖ-ÖVP-Budgetkurs der letzten Jah­re.

Die Position der SPÖ, und ich denke, das ist auch Grundlage der neuen Bundesregie­rung gewesen, ist ein radikaler Kurswechsel. Der Grasser-Finz-Kurs – ich denke, Ab­wesenden oder aufgrund der Wahlen vom Oktober eben nicht mehr Anwesenden soll man nichts nachwerfen – ist auf jeden Fall geprägt gewesen von einem knallharten, kalten Neoliberalismus. Wir kennen sehr viele Schieflagen, nicht nur im sozial- und wirtschaftspolitischen Bereich, sondern auch im Bereich der Chancengerechtigkeit für unsere Jugend.

Ich denke, auch der vormalige Bundeskanzler und jetzige Klubobmann steht zu diesem Budgetkurs, der einen Kurswechsel darstellt, mit – und Jan Krainer hat es ausformu­liert – nicht überbordenden, aber ganz klaren Prioritäten dort, wo die Not am größten ist, im Bildungsbereich, im Wirtschaftsbereich, im Sozialbereich und auch im Bereich der Chancengerechtigkeit.

Kollege Rossmann hat aus seiner Sicht Kritik an diesem Kurs formuliert und hat ge­meint, es wird mehr verwaltet und gestaltet. Kollege Rossmann und andere! Ich habe die Hoffnung und eigentlich das Vertrauen, das Vertrauen insbesondere in die sozial­demokratischen Minister und Ministerinnen, dass es in Zukunft darum gehen wird, effizient und sparsam zu verwalten, um dann Spielräume zu haben, um innovativ und zukunftssicher zu gestalten. Ich baue darauf. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Tomandl. Sie haben sich 3 Minuten vorgenommen. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.25.46

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin, mein Name ist übrigens Tamandl, ich bin nicht neu in diesem Haus, sondern schon seit 2003 hier, und ich glaube, das sollten auch Sie schon wissen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Zu den Ausführungen der Kollegin Trunk. – Herr Rossmann ist natürlich ein Experte – und das hat auch niemand kritisiert, und es hat ihm auch niemand die Kompetenz abgesprochen –, aber Herr Rossmann hat beim Budgethearing das Budget immer sehr schlechtgeredet. Und er hat auch immer falsche Prognosen abgegeben, was das Defi­zit betroffen hat, die Steuerentwicklung und Ähnliches und natürlich auch das Wachs­tum.

Seine Kritik heute, warum jetzt auf einmal in einer Woche das Budget verhandelt ist und auf der anderen Seite monatelang die Regierungsbildung verhandelt worden ist, das hat Kollege Weinzinger eigentlich schon beantwortet, nur halt nicht zu diesem The­ma heute. Er hat gemeint, das Budget sei ein in Zahlen gegossenes Regierungspro­gramm. Und ich denke, das ist genau der Grund, warum eine Woche Budgetverhand­lungen ausgereicht haben. Man hat sich nämlich vorher schon bei den Koalitionsver­handlungen auf Themen und Schwerpunkte geeinigt, die dann in den Budgetverhand­lungen ja nur mehr mit den jeweiligen Ressortministern festgelegt werden mussten.


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Das heißt, ich glaube, wir könnten diese Debatte heute wirklich verkürzen, wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrierten, nämlich auf das, was wir heute beschließen. Wir haben ein gesetzliches Budgetprovisorium zu beschließen, damit eben die Ände­rung des Ministeriengesetzes, das ab 1. März gültig ist, in Kraft treten kann und die neuen Minister beziehungsweise ihre neuen Ressorts über das nötige Geld verfügen und arbeiten können.

Wenn einige Kolleginnen und Kollegen, auch von der roten Reichshälfte, immer wieder die Politik der letzten Jahre und unsere Budgetpolitik kritisieren: Ich darf Sie schon dar­an erinnern, dass die Schulden aus der Zeit vor 1999 stammten, dass wir die Staats­schuldenquote von 66,5 Prozent im Jahr 1999 auf 62,8 Prozent des BIP im Jahr 2000 senken konnten und dass wir auch in den Jahren 1999 bis 2006 20 Milliarden weniger Schulden gemacht haben. Unser Kurs ist der richtige Kurs. In den Regierungsverhand­lungen, in den Koalitionsverhandlungen haben Sie sich von unserem Kurs nicht weit entfernt. Ich habe hier Vertrauen, und ich freue mich schon auf die Budgetverhandlun­gen und auf die Budgetrede unseres Finanzministers, der an meinem Geburtstag die Budgetrede halten wird: ein Geschenk an mich. Ich danke jetzt schon dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

14.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Rinner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


14.28.53

Abgeordnete Sylvia Rinner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Erstellung eines Budgets ist immer eine Gratwanderung. Da spielt es keine Rolle, ob es sich um das Budget einer kleinen Gemeinde oder, wie heute auf der Tagesordnung, das Budgetproviso­rium 2007 des Bundes handelt. Das Geld wird immer knapper. Die vorhandenen Mittel sollen aber so gut wie möglich gerecht verteilt werden.

Ein sehr deutliches Signal hat die neue Bundesregierung unter der Führung von Bun­deskanzler Alfred Gusenbauer gesetzt. Sie hat dieses Doppelbudget nicht nur in einer rekordverdächtigen Zeit erstellt, sondern es ist auch gelungen, für eine ausgewogene Verteilung zu sorgen. Und das, obwohl dabei ein schweres Erbe der vorigen schwarz-blau-orangen Regierung mit allen Belastungen übernommen wurde – ich sage nur Eurofighter.

Die aktuelle OECD-Studie hat auch bestätigt, dass in Österreich in den letzten Jahren die Steuer- und Abgabenquote für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von 48,1 Pro­zent gegenüber dem OECD-Schnitt von nur 37,5 Prozent deutlich höher lag.

Um austeilen zu können, muss man aber zuerst einsparen. – Diese Einsparungen von rund 620 Millionen € für 2007 und 640 Millionen € für 2008 werden durch Kürzungen der Ermessensausgaben in den Ressorts, den Personalabbau von 400 Beamten, mit Liegenschaftsverkäufen und mit Einmaleffekten erreicht.

Die Senkung des Budgetdefizits ist unumgänglich. Die gute Konjunkturlage mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von fast 3 Prozent des BIP sollte es doch möglich machen, dass die einseitigen Belastungen der letzten Jahre für die unteren und mittleren Einkommensbezieher vorbei sind.

Trotz der schwierigen Umstände gelingt es, Budgetmittel für wichtige Investitionen in die Zukunft bereitzustellen: für den Bereich Forschung, für Wachstum und Beschäfti­gung, ebenso endlich wieder im Bereich der Bildung durch die Senkung der Klassen­schülerhöchstzahlen auf 25 Schüler.


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Besonders freut es mich jetzt, dass auch wieder Maßnahmen gesetzt werden können, um den besonders schwachen Bevölkerungsschichten helfen zu können, indem im Budget für die Mindestpensionen und die soziale Mindestsicherung vorgesorgt wurde, denn auf die Schwächsten wurde von der vorhergehenden Regierung vergessen. – Wir denken an diese Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


14.31.56

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Zunächst möchte ich Herrn Bundesminister und Vizekanzler Willi Molterer sehr herzlich zu diesen doch sehr schnellen und zügigen Budgetverhandlungen 2007/2008 gratulieren. Es konnte bereits am 1. März 2007 im allgemeinen Konsens abgeschlossen werden.

Wir haben gehört, dass wir nicht unbedingt ein Provisorium gebraucht hätten. Aufgrund verschiedener Kompetenzverteilungen in den Ressorts ist es allerdings sinnvoll, hier auf Grundlage der Gebarung des Bundesfinanzgesetzes 2006 die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Ich finde es auch sehr wichtig, dass bei den Ermessensaus­gaben eine Ausgabenbindung von 4 Prozent festgeschrieben ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch ausführen, dass es für einen verantwor­tungsvollen Politiker ein gutes Gefühl ist, wenn man weiß, dass über einen Konjunk­turzyklus hinweg endlich ein ausgeglichenes Budget erstellt wird. Und jeder Ökonom, aber auch jeder, der einen gewissen Hausverstand hat, weiß, dass die Grundlage für eine nachhaltige positive volkswirtschaftliche Entwicklung ein ausgeglichener Staats­haushalt und solide Staatsfinanzen sind.

Wäre man in den vergangenen Jahrzehnten auch so solide mit diesen Staatsfinanzen umgegangen, so hätten wir heute sehr, sehr viel mehr Spielraum. Ich denke daran, dass wir uns ohne eine jährliche Zinsbelastung von etwa 7 Milliarden € doch sehr viel mehr leisten könnten. Und wenn heute einige Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei hier gemeint haben, die Eurofighter kosten so viel Geld, so möchte ich dem ent­gegnen: Wir könnten, hätten wir weniger Zinsen zu zahlen, diese Ausgaben noch viel leichter tätigen, als das ja ohnehin der Fall ist.

Abschließend vielleicht auch noch einige Worte zur Vermögenssteuer: Herr Staatssek­retär! Ich bin gerade mit einem Fall der Vermögenssteuervorschreibung befasst. Im Bundesland Salzburg, in der Stadt Salzburg hat einer meiner Verwandten von seinem Stiefvater eine (Staatssekretär Dr. Matznetter: Erbschaftssteuer!) – ja, nicht Vermö­genssteuer, sondern Erbschaftssteuer; ich wollte zur Erbschaftssteuererklärung Stel­lung nehmen – Liegenschaft geschenkt bekommen. Aufgrund des ermittelten Wertes, des Einheitswertes und der Steuerklasse, die, wenn er mit dem Erblasser nicht ver­wandt ist, bei 50 Prozent liegt, ist dann eine Erbschaftssteuer von in etwa 160 000 € vorgeschrieben worden, die er als Alleinverdiener nicht bezahlen kann (Zwischenbe­merkung von Staatssekretär Dr. Matznetter) – in etwa 1 200 Quadratmeter in der Stadt Salzburg, mit einem Altbestand an Gebäuden drauf –, sodass er jetzt gezwungen ist, dieses Gebäude zu verkaufen, um diese Erbschaftssteuer zahlen zu können. – Also, hier ist sicher Handlungsbedarf gegeben.

Ich wäre auch dafür, dass wir nicht Zwei-, Drei- und Vierfachversteuerungen vorneh­men und diese Erbschaftssteuer daher abschaffen.


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Ich glaube, mit gemeinsamen Anstrengungen, kluger Politik und fleißigen Bürgern und Bürgerinnen ist es möglich, den Staatshaushalt wieder absolut in Ordnung zu bringen und die österreichische Volkswirtschaft auf der Erfolgsspur zu halten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.35


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 33 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mehrheitlich angenom­men.

14.36.142. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (25 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hochwasseropfer­entschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 geändert werden (34 d.B.)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. – Bitte.


14.36.59

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Novelle des Katastrophenfondsgesetzes ist, ver­einfacht dargestellt, die Antwort darauf, dass es im Vorjahr zuerst die Dürre, dann das Hochwasser und zu Beginn dieses Jahres den Sturm gegeben hat. Hier kann man sagen: Österreich hilft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden sind.

Meine Damen und Herren! Wer einen derartigen Schadensfall persönlich erlebt oder bei der Hilfe, bei der Sanierung derartiger Vorfälle dabei ist, kann ermessen, wie schwierig es für den Betroffenen/für die Betroffenen ist und wie wichtig es daher ist, dass in solchen Fällen auf Bundesebene aus dem Katastrophenfonds Unterstützung und Abhilfe gesichert werden können.

Meine Damen und Herren! Dieser Katastrophenfonds – eine Einrichtung aus einer ÖVP-Alleinregierungszeit, infolge der problematischen Hochwasser des Jahres 1957 – hat letztlich in den verschiedenen Jahrzehnten ungeheure Mittel aufgebracht und hat daher mitgeholfen, dass hier Entschädigungen ausbezahlt werden können.

Trotzdem sei ganz offen gesagt: Wir müssen uns überlegen, zwischen versicherbaren und nicht versicherbaren Schäden zu unterscheiden. Dort, wo man sich versichern kann, sollte man nachdenken, vielleicht eine ähnliche Regelung zu finden, wie dies bei der Hagelversicherung erfolgt ist: eine Prämienstützung, aber dann die Verpflichtung


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so quasi, sich abzusichern; und wenn man sich nicht selbst versichert, gibt es auch keine Unterstützung aus dem Kat-Fonds. Aber nicht versicherbare Schäden werden auch weiterhin aus dem Kat-Fonds abzusichern sein.

Meine Damen und Herren! Es ist bei dieser Gelegenheit aber auch den Tausenden freiwilligen Helfern zu danken (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ), die immer wieder bereit sind, persönliches Engagement an die vorderste Stelle zu stellen, nicht zu fragen: Was bringt mir das?, sondern: Wo kann ich helfen? – Es ist aber auch hier bereits feststellbar, dass die Verfügbarkeit der freiwilligen Mannschaften im Be­reich der Freiwilligen Feuerwehren schwieriger wird.

Es gibt jetzt die positiven Voraussetzungen in vielen Gemeinden, dass bei der Auf­nahme von Personal natürlich diese Zusicherung oder diese Bereitschaft, zu helfen und zur Verfügung zu stehen, berücksichtigt wird. Es ist positiv zu vermerken, dass das Land Oberösterreich eine neue Novelle gemacht hat, wo in solchen Fällen auch als Abgeltung für Firmen, wenn derartige Beschäftigte längere Zeit unterwegs sind, Unter­stützung gewährt werden kann. Trotzdem wird es zusätzlicher Mittel und gesetzlicher Voraussetzungen bedürfen, damit diese Problematik auch tatsächlich behoben werden kann.

Meine Damen und Herren! Es ist weiters gerade im Zusammenhang mit dem Hoch­wasser auch festzuhalten, dass die Frage der Raumordnung wesentlich stärker als bis­her zu beachten ist. Es kann nicht sein, dass man auf den Bildern immer wieder sieht, dass in Überschwemmungsgebieten, die wiederkehrend überschwemmt werden, neue Rohbauten errichtet werden! Auch hier hat man Vorsorge zu treffen. (Beifall und Bravo­rufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Raumordnung heißt auch, Verantwortung zu übernehmen, und nicht sozusagen der Raumunordnung das Wort zu reden oder einfach ja zu sagen, weil das halt einfacher ist, als nein zu sagen. Es ist wichtig, um diese Punkte zu wissen und sie umzusetzen.

Die heutige Novelle sichert gerade auch betroffenen Landwirten in vielen Bereichen, die von der Dürre geschädigt wurden, eine entsprechende Möglichkeit der Hilfe. Es ist ja interessant: In dem einen Bundesland, in der einen Region gibt es eine Dürre, in dem anderen Bundesland, in der anderen Region gibt es Erdrutsche, Hochwasser, Überschwemmungen, und letztlich wurden auch verschiedenste Regionen vom Sturm Kyrill massiv betroffen, mit zum Teil dramatischen Schäden für unsere Waldbesitzer.

Daher: Danke dafür, dass es möglich ist, diese Novelle des Katastrophenfonds partei­übergreifend zu fixieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.41


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. Er hat sich eine Redezeit von 4 Minuten vorgenommen. – Bitte sehr, Sie sind am Wort.


14.41.32

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Mein Vorredner hat sehr wesentlich zu den Aufgaben der Raumordnung Stellung genommen. Ich weiß als jemand, der auch sehr lange in der Kommunalpolitik tätig war, dass diese Frage eine der schwierigsten ist, mit denen sich der Gemeinderat, aber letztlich auch die Bürgerinnen und Bürger auseinanderzusetzen haben, und ich glaube, dass – leider! – noch immer in sogenannten Roten Zonen Bauten errichtet wer­den, die dort einfach nicht hingehören. Wir sollten, im Gegenteil, sogar Absiedlungen aus den „Roten Zonen“ vornehmen, weil ich einfach glaube, dass man in Abflussberei­chen nicht nur die Errichtung neuer Bauten, die letztlich zu diesen Schäden und zu den


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menschlichen Katastrophen führt, nicht zulassen soll, sondern auch begangene Fehler beheben soll.

Der zweite Punkt, der mir ebenfalls wichtig ist und den ich noch verstärken möchte: die Frage und die Rolle der Freiwilligen – nicht nur der Feuerwehren, denn es sind ja auch Rettungsorganisationen und andere Freiwilligenorganisationen im Einsatz gewesen. Ich glaube, dass wir uns dessen bewusst sein müssen, dass es tatsächlich immer schwieriger wird, jene Leistungen für die Gesellschaft zu erbringen, die für die Gesell­schaft einfach unverzichtbar sind – die aber im Hinblick auf die ökonomischen Ge­gebenheiten von vielen nicht mehr erbracht werden können. Es kann schließlich nicht jeder, der in einem Dienstverhältnis steht, so einfach über einige Tage – auch wenn er sich Urlaub nehmen würde – seinen Dienst als freiwilliger Helfer versehen, so gerne er das auch machen möchte.

Daher halte ich es für unbedingt notwendig, hier wirklich zusätzliches Geld zur Verfü­gung zu stellen und vor allem Maßnahmen zu setzen, die die Arbeit der Freiwilligen ermöglichen. Letztlich ist es die Verantwortung von uns allen, versicherungsmäßig und aufgabenmäßig den Bereich so zu ordnen, dass wir sicher sein können, dass diese Menschen auch ihre Leistung erbringen können, wo und wann sie benötigt wird! (De­monstrativer Beifall des Abg. Scheibner.) Das ist eine wesentliche Voraussetzung.

Noch etwas, geschätzte Damen und Herren: Wir haben von Raumordnung gespro­chen. Ich möchte sagen, nicht nur die Raumordnung, sondern auch die Vorsorge und die Präventionsmaßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes müssen stärker in die Überlegungen einbezogen werden. Vor allem aber – ich sage das wirklich als einer, der das ganz gut beurteilen kann – der Zeitraum, der hier oft gegeben ist, zum Beispiel bei manchen Projekten von 10 bis 15 Jahren, ist einfach zu lang. Es müssen Entschei­dungen für Maßnahmen im Hinblick auf drohende Gefahren einfach rascher erfolgen.

Ich meine daher, geschätzte Damen und Herren, dass man vom Verfahren her einiges zu tun hat, dass aber vor allem die Prävention noch immer das Beste ist, um mensch­liche Tragödien, wie wir sie in Niederösterreich und in anderen Bundesländern erlebt haben, hintanzuhalten. Ich glaube, dass wir heute mit dieser Verlängerung sicherstel­len, dass die Schäden für die Landwirtschaft, aber auch für die Hochwasseropfer heuer wieder abgegolten werden können. Die Prävention, und das ist unsere Verpflichtung, muss rasch organisiert werden, auch was die Verfahren mit den Grundeigentümern betrifft – ich spreche das hier offen an –, denn es kann nicht so sein, dass einzelne Grundeigentümer Verfahren über viele Jahre verschleppen können, während die an­deren in Angst und Schrecken leben müssen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenecker zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


14.45.51

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dieser Novellierung, dem vorlie­genden Gesetzentwurf betreffend den Katastrophenfonds und das Hochwasseropfer­entschädigungsgesetz gerne zustimmen. Wir finden es notwendig, dass in sehr schwierigen Situationen, in Extremsituationen den Menschen geholfen, aktiv geholfen wird. Für uns ist es natürlich auch ein Thema, wie viele Menschen hier beteiligt sind.

Ich kann mich den Ausführungen von Herrn Auer anschließen, dass wir in Oberöster­reich einen Schritt vorwärts gekommen sind, hier Regelungen und Verbesserungen einzuführen.


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Aber die Frage ist: Warum ist das überhaupt notwendig? – Und wenn wir uns das an­schauen, dann können wir feststellen, dass all das Umweltgründe und ökologische Gründe hat.

Was das Hochwasser betrifft: Das Hochwasser entsteht natürlich durch Wetterextreme, aber natürlich entsteht Hochwasser in hohem Ausmaß auch als Folge des Verbaues und der Begradigung von Flüssen, die bei extremen Regenfällen das alles nicht mehr fassen können. Es ist der Verlust der Räume für die Gewässer und es ist die zuneh­mende Versiegelung der Versickerungsflächen, die hier eine wesentliche Rolle spielen.

Summa summarum ist über die Jahrzehnte hinweg den Flüssen ihr Lebensraum ge­nommen worden – und jetzt hat man mit enormen Folgekosten zu kämpfen.

Wenn man nun die Leistungen aus dem Katastrophenfonds, die Abdeckung von Ernte­ausfällen und so weiter betrachtet, dann muss man feststellen, dass ja auch diese auf Wetterextreme – auf Dürre, heftigen Regen – zurückzuführen sind, und da muss man auch fragen: Woher kommt denn das? – Da ist einer der Faktoren mit Sicherheit der Klimawandel. Beides zusammen, der Klimawandel und das Nichtachten auf Naturge­setze, hat Kosten zur Folge, sowohl für die privaten Haushalte als auch für die Unter­nehmen, als auch für die öffentlichen Haushalte, die dann, so wie jetzt zum Beispiel, die Schadenshöhen ausgleichen, begradigen wollen. Aber das sind Kosten, die alle zu tragen haben – und hier muss man auch ansetzen.

Die Mittel, die zur Abdeckung der hier anfallenden Kosten aufgewendet werden, sollen und müssen in die Prävention gesteckt werden, damit genau all das nicht passiert! Jetzt weiß ich schon, dass das dauern wird, aber man muss aktiv diesen Schritt gehen und in die richtigen Dinge investieren. Und das heißt auch, auf die Natur und die Natur­belassenheit zu achten, das heißt auch, ökologisch nachhaltige Tourismusprojekte durchzuführen.

Wenn wir schon beim Stichwort Tourismus sind, sei darauf hingewiesen, dass all das, was der Klimawandel mit sich bringt, auch in diesem Bereich enorme Auswirkungen haben wird. Die ersten Anzeichen waren schon da. Das wird sich weiter verschärfen, und die Kosten werden wieder von der Allgemeinheit zu tragen sein.

Selbstverständlich brauchen wir daher eine Raumplanung, die die Regeln der Natur respektiert und genau in diesem Sinne auch handelt. Das ist natürlich schon ein Punkt – Herr Bauer hat vorhin von Absiedelungsprojekten aus den „Roten Zonen“ und Übernahme der Kosten durch die öffentliche Hand gesprochen –: Leute kaufen billig Baugrund, Bürgermeister missachten teilweise diese Zonen, widmen um (Abg. Prinz: Vorsicht! Vorsicht!), und dann haben sie das Problem, dass sie Leute haben, die von den Schäden betroffen sind. Auch hier muss man fragen und schauen: Wer trägt denn dann wirklich die Kosten? – Solche Dinge muss man sich genauer anschauen, nicht nur so auf den ersten Blick hin sagen: Machen wir, und tun wir! (Abg. Rädler: Keine Unterstellungen!), und das Blaue vom Himmel versprechen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Keine Unterstellungen!)

Der Klima- und der Naturschutz sind nicht nur eine umweltpolitische Herausforderung, sondern eine zutiefst wirtschafts- und sozialpolitische Herausforderung, und dem muss man auch gerecht werden. Bei den Budgetverhandlungen in den nächsten Wochen werden wir ja die Gelegenheit haben, auf Prävention zu achten und auf die Vermei­dung von Kosten, die in der Folge dann alle zu tragen hätten. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Rädler: Ahnungslos!)

14.49


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Gradauer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.



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14.50.33

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin, danke für die Worterteilung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Weil die Frau Lichten­ecker jetzt von der Umwelt gesprochen hat, eine Information, die ganz aktuell ist: Es hat in Temelín einen weiteren Störfall gegeben. Vor wenigen Stunden ist wieder radio­aktives Material ausgetreten. – Ich denke, die Regierung ist dringend gefordert, sich dieses Problems anzunehmen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Dringendst!)

Nun aber zur vorliegenden Regierungsvorlage. – Die FPÖ stimmt dieser Regierungs­vorlage zu. Sinngemäß ist darin vorgesehen, dass es auch für das Jahr 2007 zu­sätzliche Mittel aus dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Ge­setz 2005 gibt, welche die Bedeckung der Schäden und Beschwerden aus 2005 und danach aus den Mitteln des Katastrophenfonds sichern sollen.

Das ist so in Ordnung, und es ist sicherlich auch höchste Zeit, dass die Betroffenen, die zum Teil Hab und Gut verloren haben, nun schnellstens zu ihrer Entschädigung kommen. Bis die Verfahren wieder in Schwung kommen, wird es ohnedies Juni dieses Jahres sein. Die bedauernswerten Geschädigten können ja wirklich nichts dafür, dass sie durch die Verzögerung der Regierungsverhandlungen und der Koalitionsverhand­lungen in den vergangenen Monaten so lange auf ihre Entschädigung warten müssen.

Mit diesen zusätzlichen Mitteln können nicht nur die Hochwasserschäden Vorarlbergs, sondern auch die Sturmschäden, die „Kyrill“ angerichtet hat, behoben werden.

Ich möchte nun ganz kurz auf die Ausmaße des Hochwassers in Vorarlberg eingehen; Landesrat Egger hat vor Kurzem darüber berichtet. Das Hochwasser hat in Vorarlberg im August 2005 folgende Schäden angerichtet: 1 698 Hilfsansuchen wurden bearbei­tet; davon erhielten 642 Private, 131 Firmen und 77 Gemeinden Beihilfen aus dem Katastrophenfonds. Die gesamte erhobene Schadenssumme aufgrund des Hochwas­sers in Vorarlberg betrug 2005 geschätzte 180 Millionen €. Die erwähnten 850 positiv behandelten Schadensfälle machten 50,6 Millionen € aus, wofür Beihilfen in der Höhe von 26,6 Millionen € ausbezahlt wurden. Der damit verbleibende Rest von fast 50 Pro­zent der Schäden muss von den Betroffenen in anderer Form getragen werden.

Da stellt sich schon die Frage, ob nicht, wie dies in der Schweiz schon erfolgreich prak­tiziert wird, ein Modell einer Solidargemeinschaft zur Versicherungsdeckung von Ele­mentarrisken entwickelt werden sollte. Ich glaube, Österreich sollte sich dieses Modell einmal anschauen. Eine Studie dazu besagt, dass jeder Euro, der vorbeugend in den Hochwasser- und in den Katastrophenschutz investiert wird, 4 € an Reparaturkosten erspart.

Zurück zu Vorarlberg. – Die Behörden haben dort hervorragend gearbeitet, schnell ge­holfen. Ihnen ist dafür zu danken, aber ebenso zu danken ist, wie schon erwähnt, den vielen Helfern, die dazu beigetragen haben, das Ärgste zu vermeiden.

Keinesfalls aber wünschen sich die Vorarlberger eine zentral agierende Agentur, die zum Schutz vor Naturgefahren errichtet werden soll, wie dies im Umweltministerium offenbar beabsichtigt ist. Auch wir von der FPÖ sind in dieser Frage der Ansicht, dass man die Aufgabe der Behebung von Naturkatastrophen getrost im Bereich der Länder belassen sollte.

Wir wissen alle, dass die Ursachen dieser vermehrten Umweltkatastrophen im langsam fortschreitenden Klimawandel liegen. Allein in Österreich hat es in den letzten Jahren viele Naturkatastrophen gegeben. Ich denke nur an die Überschwemmungen 2002, das Hochwasser in Vorarlberg 2005, das March-Hochwasser im Jahre 2006, die Schneedruckkatastrophe 2006 und zuletzt an den Orkan „Kyrill“.


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Ein Aspekt dabei ist die Erwärmung des Meeres durch die wachsenden CO2-Emis­sionen. Diese bewirken immer mehr Unwetter mit den schrecklichsten Folgen. Allein im Jahre 2005 lag der Gesamtschaden durch Umweltkatastrophen weltweit bei 160 Mil­liarden €. Das muss man sich einmal vorstellen! Die Zahl der Schadensereignisse hat sich seit 1960 verdoppelt, wobei sich die Gesamtschäden versechsfachten.

Angesichts dieser äußerst besorgniserregenden Entwicklung für die Bevölkerung halte ich es schlichtweg für ein Verbrechen, dass es noch immer Länder gibt, die sich wei­gern, das Kyoto-Protokoll zu unterschreiben, geschweige denn, wirtschaftlich danach zu handeln. Aber auch die Doppelbödigkeit in der österreichischen Regierung, speziell in der Österreichischen Volkspartei (Abg. Murauer: Hö! Wieso das?), ist anzupran­gern. Umweltminister Pröll fordert einerseits die Bevölkerung auf, wegen der CO2-Be­lastung Fernreisen zu unterlassen, andererseits stimmt die ÖVP einer Rückdatierung des Ökostromgesetzes zu, was bewirkt, dass das Gaskraftwerk Simmering, welches natürlich CO2 ausstößt, zu einer Sonderförderung aus dem Öko-Topf kommt. (Beifall bei der FPÖ.)

14.57


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.


14.57.20

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Herr Staatssekretär! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die welt­klimatischen Veränderungen stellen uns vor völlig neue Herausforderungen. Es ist, glaube ich, mittlerweile jedem klar und unbestritten, dass diese Veränderungen auch unser Mikroklima enorm beeinflussen. Daher gebe ich allen meinen Vorrednern recht, dass es die politische Herausforderung und Aufgabe dieser Generation ist, die Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, was die Einflussnahme auf die Natur be­trifft, zu korrigieren.

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dabei eines zu berücksichtigen: Skandalisierung bringt uns nicht weiter, sondern weiter bringt uns eine sehr objektive, eine sehr seriöse und vernünftige Bewusstseinsbildung, auch was den Konsumenten betrifft, auch was die Gäste betrifft, was Österreich als Tourismusland, als Tourismusweltmeister betrifft, denn die Natur ist eines unserer größten Kapitale, die wir zu vermarkten haben und die wir auch zu bewahren haben für die Zukunft. Deshalb sollen wir sehr sorgsam damit umgehen, sollen wir auch mit diesem Thema sehr sorgsam umgehen. Ich halte nichts davon, den Klimawandel so zu skandalisieren, dass wir hier abdriften in eine Argumen­tation, die unserem Wirtschaftsstandort nicht immer guttut.

Deshalb bin ich sehr, sehr vorsichtig mit diesem Thema. Wir haben ja auch eine Tourismus-Enquete in Aussicht gestellt, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen wird, mit einer Reihe von Experten, die uns hier auch mit Rat und Tat zur Seite stehen, um auch die tourismuspolitischen Zielsetzungen in Zukunft mehr auf diese veränderten Verhältnisse abzustimmen.

Ein weiterer Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist ein Dank an die Behör­den, die sehr schnell und unbürokratisch zur Tat schreiten, wenn Klimakatastrophen die Menschen bedrohen. Sie geben den Menschen in unserem Land ein Gefühl der Sicherheit, und die Bürger wissen das zu schätzen, dass bei Katastrophen in diesem Land die öffentliche Verwaltung hilft, dass eine Vielzahl von ehrenamtlich tätigen Men­schen in unserem Land, ob das jetzt das Bundesheer, die Feuerwehr, das Rote Kreuz, welche Organisationen auch immer sind, gerne und immer zur Stelle sind, wenn solche Katastrophen über uns hereinbrechen. All diesen Organisationen gebührt unsere Aner-


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kennung und unser Dank. Daher ist dieses Gesetz ein sehr wichtiges Gesetz, dem wir gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Matznetter. – Bitte.


15.01.00

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nun zu der Diskussion einen Nachtrag liefern, den ich im Ausschuss noch nicht in der Form beantworten konnte. Ich habe mir erlaubt, ihn schriftlich am 6. März zu beantworten. Ich möchte aber hier kurz das Wesentliche daraus ergänzen.

Die Frage des Abgeordneten Mag. Rossmann war, inwieweit die Futtermittelbeiträge im Volumen von 1,25 Millionen € einen Beitrag für den Wirtschaftsstandort Österreich liefern und wie die Auswirkungen sind.

Ich habe die Frage dergestalt beantwortet, dass im Gesamtausmaß mit Schäden in Höhe von 4 Millionen aus der Dürre zu rechnen ist. Das klingt zwar nicht nach viel, ist aber im Einzelfall viel, denn es bedeutet für den jeweiligen Landwirt, der nicht über die notwendige Fütterungsmasse verfügt, dass ihm nur zwei Möglichkeiten blieben: das Vieh zu verkaufen und die Haltung dieser Tiere entweder ganz einzustellen oder dann neu mit der Aufzucht zu beginnen. Im Sinne dieser Maßnahme ist die Auswirkung für den Wirtschaftsstandort in Höhe der gesamten Futtermittelzukäufe für zirka 2 700 bis 3 000 Antragsteller relevant, in der wirtschaftlichen Auswirkung die Aufrechterhaltung dieser Viehbestände und damit der folgenden Gesamtbewirtschaftung in diesen Regio­nen. – Das ist der Teil eins.

Der Teil zwei betraf eine Fülle von Fragestellungen, die insbesondere darauf verwiesen haben, dass wir im Zuge der durchaus durch den Menschen verursachten Veränderun­gen des Klimas zunehmend mit Katastrophen zu rechnen haben. Wenn Sie mir ge­statten: Wir müssen schon froh sein über ein Jahr, in dem wir keine entsprechenden Katastrophenschäden haben. Wir sind daher seitens der Politik gezwungen, dafür in verstärktem Ausmaß Vorsorge zu treffen.

Ja, es ist richtig, dass die Vorsorge nicht darin bestehen kann, dass man nachher Schäden bedeckt, die die Menschen erlitten haben, sondern dass im Vorfeld ein wich­tiger und wesentlicher Teil der Mittel in die Vorbeugung zu investieren ist.

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang davon informieren, meine Damen und Herren, dass heuer bei einem Gesamtvolumen für den Katastrophenfonds von 300,7 Millio­nen € allein ein Betrag von 220,3 Millionen € in Vorbeugungsmaßnahmen und 26,7 Mil­lionen € in Einsatzgeräte der Feuerwehren fließen. Man sieht daran, dass ein wesent­licher Schwerpunkt auch im heurigen Jahr darin liegen wird, entsprechende Vorbeu­gungsmaßnahmen zu treffen.

Bei aller Kritik, die vielerorts daran geübt wird, dass seitens der Raumordnung zu we­nig geschehen ist: Meine Damen und Herren! Österreich ist im internationalen Ver­gleich immer noch ein Land, das man in diesem Bereich als Vorzeigeland bezeichnen kann. Wir haben, was die technischen Standards betrifft, was die Vorsichtsmaßnah­men betrifft, in Österreich eine durchaus herzeigbare Infrastruktur.

Ich möchte Sie an dieser Stelle daran erinnern: Die Topographie Österreichs ist keine einfache, weder für die Siedlungswirtschaft noch für die angesiedelten Betriebe. Und dennoch schaffen wir es, als Land, in dem sich der Alpenhauptkamm befindet, mit unserer Infrastruktur, mit unseren Vorbeugemaßnahmen im Vergleich mit anderen Län­dern noch relativ glimpflich davonzukommen. Da können sich alle Beteiligten – Ge-


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meinden, Länder, Bund – auch eine „Scheibe“ abschneiden, da können sie rückbli­ckend sagen: Da haben wir etwas gemacht!

Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir in diesem Bereich die notwendigen Mittel weiter aufstellen. Und ich darf Ihnen dazu sagen: Wie diese 300 Millionen zei­gen, tun wir das auch in diesem Jahr.

In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.04


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mikesch. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.04.35

Abgeordnete Adolfine Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren haben uns schmerzlich gezeigt, dass auch wir hier in Öster­reich nicht auf einer „Insel der Seligen“ leben.

Gerade in Niederösterreich waren sehr viele Menschen und auch viele Gemeinden besonders schwer betroffen. Wir hatten mit den extremen Hochwasser-Ereignissen der Jahre 2002, 2005, mit der Dürre im Jahr 2006, mit dem Sturm im heurigen Jahr und auch mit dem Schneemangel sehr zu kämpfen.

Gleichzeitig haben wir aber auch gesehen, wie die Menschen in diesem Land durch diese großen Herausforderungen zusammengewachsen sind. Eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft wurde ausgelöst.

Aber auch die Politik hat rasch reagiert und ihre Verantwortung wahrgenommen. Mit dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 wurde sicher­gestellt, dass der Katastrophenfonds über ausreichende Mittel verfügt. Mit der Verlän­gerung der Geltungsdauer um ein Jahr stellen wir jetzt sicher, dass auch noch im Jahr 2007 Zahlungen aus dem Katastrophenfonds möglich sind. Damit können die noch offenen Anträge auf finanzielle Hilfe positiv erledigt werden.

Es muss unser Ziel sein, dort Vorsorge zu treffen, wo es möglich ist, und Hilfe zu leis­ten, wo es notwendig ist. Projekte, die einen dauerhaften Hochwasserschutz gewähr­leisten und gleichzeitig den ökologischen Zustand der Flüsse verbessern, müssen auch weiterhin konsequent umgesetzt werden. Nur so können so enorme Schadens­summen, wie sie die Überflutungen in den Jahren 2002 und 2005 mit sich gebracht haben – wir sprechen hier von 3,5 Milliarden €! –, verhindert werden.

Ich bin sehr froh darüber, dass in Niederösterreich wichtige Projekte zum Hochwasser­schutz auf Schiene sind und die Finanzierung für die nächsten zehn Jahre durch Bund, Land und den enormen Einsatz unserer Gemeinden gesichert ist. Mit der 15a-Verein­barung, die mit unserem Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll und unserem Staatssekre­tär Mag. Kukacka im vergangenen Dezember getroffen wurde, haben die drei Bundes­länder Oberösterreich, Niederösterreich und Wien den gemeinsamen Hochwasser­schutz umzusetzen. Insgesamt 34 Hochwasserschutzprojekte stehen derzeit an. In Niederösterreich werden dafür mehr als 170 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Ich möchte aber heute auch noch ein Problem ansprechen, das für viele Tourismusbe­triebe in unseren Tagesskigebieten ein großes Problem war: der wenige Schnee, der heuer gefallen ist. Das hat ernorme Auswirkungen, ist für diese Gebiete genauso eine Naturkatastrophe und entzieht vielen Menschen ihre Lebensgrundlage.

Auch den Medien kommt da eine große Verantwortung zu. Durch zum Teil überzeich­nete Berichterstattungen haben viele Winterurlauber den Eindruck vermittelt bekom-


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men, dass in unseren Skigebieten sehr wenig Schnee liegt. Es wurde eine Stimmung erzeugt, mit der bei den Menschen die Lust auf Skifahren nicht wirklich geweckt wurde, wodurch auch Gebiete, wo genug Schnee vorhanden war, zum Teil starke Einbußen hinnehmen mussten. Ich würde mir für die Zukunft eine Berichterstattung wünschen, die eine so angespannte Situation nicht weiter verschärft, sondern, wie in diesem Fall, die Freude am Skilauf weckt und in diesen Skigebieten auch Urlauberzuwächse zu­lässt.

Mit der heute beschlossenen Maßnahme geben wir den Menschen die notwendige Si­cherheit, auch in schwierigen Zeiten Hilfe und Unterstützung zu erfahren. (Beifall bei der ÖVP.)

15.08


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Steier. Ihre Uhr ist auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte.


15.08.37

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Hilfe für landwirtschaft­liche Betriebe nach dem Eintritt von außergewöhnlichen Belastungen – so lautet die Kurzfassung der vorliegenden Änderung des Katastrophenfondsgesetzes, der wir un­sere Zustimmung geben. Damit soll ein Ausgleich für Schäden erfolgen, die durch ex­treme Witterungsverhältnisse im Jahr 2006 hervorgerufen wurden und wo der jeweilige Kostenfaktor für Land und Bund 1,25 Millionen € beträgt.

Seit 1991 wurden auf Basis von Sonderbestimmungen bei mehreren Anlässen Aus­gleichszahlungen für Wetterschäden aus dem Katastrophenfonds gewährt. Diese Fondsmittel sind nicht als permanenter Ausgabeposten eingerichtet, weil widrige Witte­rungsverhältnisse, wie zum Beispiel Hagel oder Nässe, nur unter bestimmten Voraus­setzungen als Naturkatastrophen im Sinne des EG-Vertrages gelten.

Grundsätzlich ist gegen die vorliegende Novelle zum Katastrophenfondsgesetz nichts einzuwenden, aber es müssen doch auch mehrere Fragen erlaubt sein:

Kann das jetzt wirklich alles gewesen sein? Können wir mit Ausgleichszahlungen ge­gen die Folgen des Klimawandels antreten? Sollten wir nicht mehr auf Prävention statt auf Reparatur setzen?

Meine geschätzten Damen und Herren, der Klimawandel ist keine abstrakte Gefahr mehr, wir stecken schon mitten drinnen. Vor allem die Landwirtschaft leidet unter sei­nen Folgen und unter den Wetterextremen. Was wir daher dringend benötigen, ist ein Paradigmenwechsel, der schon mehrmals angesprochen wurde, in der Klimaschutz­politik, der Ausgleichszahlungen entbehrlich macht.

Was wir brauchen, ist ein Umdenken sowohl in der Widmungs- und Siedlungspolitik als auch in der Energie- und Umweltpolitik. Dazu gehört auch die Konzentration der Klima­politik auf innerösterreichische Maßnahmen, weil damit positive Effekte für Wertschöp­fung, Arbeitsplätze und Luftreinhaltung in Österreich verbunden sind. Dazu gehört aber auch zum Beispiel eine ganz konkrete, koordinierte Strategie zwischen Bund, Ländern und unseren Gemeinden, zum Beispiel im Kampf gegen Feinstaub. Im Verkehrssektor brauchen wir eine Kennzeichnung der Fahrzeuge nach Schadstoffgruppen. Fahrzeuge aus dem Offroad-Sektor müssen flächendeckend einer periodischen Überprüfung ihrer Abgase und gegebenenfalls einer Nachrüstung mit Filtern unterzogen werden.

Und nicht zuletzt sollten Politik und Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehen, mit um­weltfreundlichen Fuhrparks und klimaneutralen Dienstreisen.


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Geschätzte Damen und Herren! Klima- und Energiepolitik sind kommunizierende Ge­fäße, denn ein hoher Prozentsatz an CO2-Emissionen entsteht bei der Erzeugung und Umwandlung von Energie. Die Steigerung der Energieeffizienz stellt daher einen ganz wesentlichen Ansatz für einen wirksamen Klimaschutz dar.

Zur Anpassung der Klimastrategie darf ich gleich einen konkreten Vorschlag unterbrei­ten: Lassen Sie uns gemeinsam Vorschriften für die Kennzeichnung der Effizienz aller elektrischen Geräte erarbeiten, damit die KonsumentInnen auch wissen, was sie den Vorzug geben sollen.

Also ein Ja zur Novelle des Katastrophenfondsgesetzes, gleichzeitig aber auch ein ganz deutliches Ja zu effizienten Maßnahmen für den Klimaschutz statt medialer Scheindebatten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


15.12.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Steier, Ihr Plädoyer für effiziente Klimaschutzmaßnahmen teile ich natürlich. Aber da muss ich Sie schon fragen: Wo bleiben Ihre Anmerkungen zum völlig ungeeigneten Ökostromgesetz? Wenn man wirk­lich ernsthaft umsteuern will, dann muss man auch dem Ökostrom eine Chance geben. Also da können Sie sich sozusagen selbst am Kragen packen und in Ihrer Fraktion entsprechend Arbeit leisten, damit die Herausforderungen der Zukunft auch mit den wirklich effizienten Konzepten angegangen werden. Das ist ein weltweites Konzept von inzwischen über 40 Ländern. Als Vorbild wurde das Energieeinspeisungsgesetz, das deutsche Modell genommen, und dieses Modell würden wir auch für Österreich brau­chen. Aber das nur vorneweg, sonst bin ich bei vielen Ihrer Vorschläge durchaus ähnli­cher Meinung.

Ich glaube auch, dass gerade die Landwirtschaft weltweit am deutlichsten vom Klima­wandel betroffen ist. Es sind immer noch mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung direkt in der Landwirtschaft tätig und leben auch von der Lebensmittelproduktion. Die Veränderung des Klimas, die Wüstenbildung, Sahelzone, um ein Stichwort zu nennen, aber auch die Abholzung von produktiven Regionen des Regenwaldes und die ent­sprechenden ökologischen Folgewirkungen in diesen Bereichen haben enorme Aus­wirkungen in diesen Ländern, aber schlussendlich auch auf uns selbst und auf unsere Lebensqualität.

Darum: Selbstverständlich, wir sind auch für die entsprechende Novelle des Katastro­phenfondsgesetzes, weil einzelne Regionen stark von Dürre betroffen sind; das ist ja in den letzten Jahren immer wieder passiert. Vor allem die südlichen Bundesländer Kärn­ten und Steiermark haben Jahre gehabt mit sehr starken Niederschlagsrückgängen und sehr wesentlichen Einbußen beim Futterertrag, sodass hier Ausgleichsmaßnah­men unbedingt richtig und sinnvoll sind. Insofern danke, Herr Staatssekretär, für die klärende Antwort, wie viele Betriebe in etwa hier betroffen sind. Wie man sieht, ist die Abgeltung nur partiell möglich, aber das ist notwendig, und wir von den Grünen begrü­ßen das auch.

Ein zweiter Punkt, den man aber dabei nicht vergessen sollte: Wir sind in der Land- und Forstwirtschaft auch gefordert, uns aktiv auf den Klimawandel einzustellen. Das bedeutet, verstärkt Bodenaufbau zu betreiben. Das bedeutet, verstärkt in die Humus­wirtschaft zu gehen, auch entsprechende Anpassungen den Wald betreffend zu disku­tieren, weil hier Veränderungen nur in 50-, 60-Jahres-Zeiträumen möglich sind. Das


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heißt zum Beispiel, auf Trockenresistenz zu selektieren. Das bedeutet, die Wasserhal­tefähigkeit der Böden durch Humusaufbau zu steigern. Das wären zwei konkrete Maß­nahmen. Es wäre wichtig, in Zukunft in der Beratung, Information in der Landwirtschaft stärker auf diese Dinge Rücksicht zu nehmen.

Zum Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005: Auch hier, keine Frage, ist es richtig und notwendig, die Bereitstellung der entsprechenden Mittel sicherzustellen. Eine Kollegin hat ja schon die 3,5 Milliarden € Gesamtschaden ange­führt, die entstanden sind. Das sind ja keine kleinen Beträge mehr.

Und hier muss man auch eines sagen: Es ist zwingend notwendig, die innovativen Pro­jekte, die in einigen Bundesländern vorangetrieben werden, zu unterstützen. Stichwort Oberösterreich: Hier liegt ein umfassender Hochwasserschutzplan vor, und es wäre absolut notwendig, diesen auch auf Bundesebene zu heben. Ein bundesweites Hoch­wasservorsorgeprogramm wäre jetzt sozusagen des Pudels Kern. Diesen Ansatz brauchen wir, weil uns sonst die Dinge überrollen. Diese Ereignisse kommen plötzlich, von heute auf morgen – wir haben das ja in den Jahren, in denen es passiert ist, gesehen –, und dann ist es zu spät, dann können wir nur mehr mit dem Notgroschen sozusagen aushelfen. Die Vorsorgemaßnahmen sind die Herausforderung.

Ich möchte den Fokus auf die Möglichkeiten legen, die hier gegeben sind. Einerseits sollten wir technisch dort alles machen, wo es notwendig ist, und andererseits ökolo­gisch so viel machen, wie möglich ist. Ich glaube, das ist ein Fokus, den man in der Hochwasservorsorgepolitik unbedingt einschlagen sollte. Eine wesentliche Chance be­steht in der Flächenfreihaltung.

Es ist die Raumordnung mehrfach angesprochen worden, aber das ist Landesgesetz­gebung, jedoch das Wasserrecht ist Bundesgesetzgebung. Ich habe schon in der letzten GP dazu einen Antrag eingebracht. Ich würde mir hier einen Impuls von der Bundesregierung erwarten, nämlich in die Richtung, dass in den Gebieten, die im Be­reich des 30-jährigen Hochwassers ausgewiesen sind, ganz einfach keine Baumöglich­keiten mehr gegeben sind und das über das Wasserrecht geregelt wird.

Das Zweite, wofür ich auch plädieren würde, ist, den Vertragshochwasserschutz bei Retentionsflächen entsprechend auszubauen und auch dafür ein Konzept zu entwi­ckeln. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

15.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Klement, und zwar für 6 Minuten. – Bitte.


15.18.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zur Dimensionsklarlegung zu diesem Katastrophenfondsgesetz ein paar Zahlen vorweg: Wir sprechen von einem Gesamtumfang von 1,25 Millionen, um den Bauern die Dürre abzugelten, die durch die ausgebliebenen Regenfälle entstanden ist. Allein in Kärnten haben die Schäden durch den Hagel im vorigen Jahr 2,5 Millionen € betragen, und die Prognosen für Kärnten, wie es Kollege Pirklhuber schon gesagt hat, für die südlichen Bundesländer Österreichs sehen dramatisch aus. Das heißt, wir sprechen nicht nur von Einbrüchen durch die Ernteausfälle, sondern auch von Problemen bei der Wasserversorgung und in der Folge auch von Problemen im Tourismus.

Zweiter Punkt: In Österreich haben wir ungefähr 2,4 Millionen Hektar Gründland, 30 Prozent davon waren im vorigen Jahr von Dürre und Hitzeschäden betroffen. Wenn wir das umlegen, kommen wir auf ungefähr 720 000 Hektar, und bei einer Annahme von 20 Prozent Ernteausfall auf ungefähr 72 Millionen € Gesamtschaden allein im Be­reich des Grünlandes.


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Der EU-Klimareport zeichnet ebenfalls eine sehr düstere Zukunft: Bei Fortschreiten der jetzigen Entwicklung würden ab dem Jahr 2070 jährlich allein in Europa 90 000 Men­schen auf Grund von klimawandelbedingten Dürren, Hochwasserkatastrophen und so weiter sterben. 90 000 Menschen in Europa – das sind Szenarien, die wir uns nicht vorstellen konnten, die aber heute bereits Platz greifen.

Jetzt drehen wir die Sicht etwas um und schauen uns den Durchschnitt der in Öster­reich betroffenen Bauern an. Wir gehen davon aus, dass ein durchschnittlicher Betrieb ungefähr 25 Hektar hat, und bei einer Annahme des halben Ernteausfalles ergäbe das bei einem Bauern schon 6 500 € Ernteausfall. Mit diesen 1,25 Millionen €, die Sie, Herr Matznetter, angeschnitten haben, könnten wir gerade einmal 200 Bauern in Österreich gewisse Hilfen angedeihen lassen. Das heißt, in der Praxis wird nur ein ganz kleiner und unerheblicher Teil Hilfe bekommen. Es ist im Prinzip eine Augenauswischerei, den Bauern ist mit diesen 1,25 Millionen € sicher nicht geholfen.

Das heißt, wir bräuchten, um den Bauern auf Grund der entstandenen Schäden allein im Jahre 2006 nur annähernd zu helfen, ungefähr 25 Millionen, um eine gewisse Hilfe geben zu können.

Wir sprechen bei diesem Gesetz aber nicht nur von Bauern, wir sprechen auch von viel größeren auf uns zukommenden Aufgaben. Auch Universitäten und Forschungsein­richtungen, Versicherungsgesellschaften haben schon längst erkannt, dass diese Pro­bleme auf uns zukommen werden. Das US-Militär stellt sich bereits auf gewaltsame Konflikte um Nahrung, Wasser und Energie ein.

Das heißt, wir als Staat Österreich haben die Aufgabe, nicht nur in Zukunft als Krisen­manager einzutreten, sondern wir müssen vorausschauend alle Hebel in Bewegung setzen, um die prognostizierten Folgen des Klimawandels hintanhalten zu können.

Warum? – Es geht nicht nur um die CO2-Emissionen, die bekannt sind. Dazu vielleicht auch noch eine Klarlegung der Dimension: Unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen wurde 1988 ein zwischenstaatliches Gremium eingerichtet, um Klimafragen zu behandeln. Damals sprach man schon davon, dass eine Drosselung von mindes­tens 60 Prozent notwendig wäre, um irgendetwas Positives in diesem Bereich zu er­reichen. Und heute streiten wir im Kyoto-Protokoll um eine Senkung um 5 Prozent. Das heißt, das ist auch eine Augenauswischerei, und damit wird sicher nichts erreicht wer­den.

Noch einmal zu dem zweiten Punkt, der überhaupt nie bedacht wird: Das ist das so­genannte Global Dimming, das heißt die globale Verdunkelung. Allein in Russland und den USA wird durch Verbrennungsrückstände in der Atmosphäre die Sonneneinstrah­lung reduziert. Was das bedeutet, ist klar: Dadurch wird auch die Fotosynthese beein­trächtigt, wodurch sich der ganze Teufelskreis beschleunigt. Nicht nur eine Erwärmung, sondern auch eine Abnahme der Fotosynthese sind die Folge. Das sind katastrophale Folgen, die sich in dem Teufelskreis vermehren.

Wir in Österreich können einiges dazu beitragen, das zu ändern. Wir sind ein Land, das sehr gut mit Biolandbau ausgestattet ist. Biolandbau ist aktiver Klimaschutz, und mit Biolandbau, mit Verstärkung im biolandwirtschaftlichen Bereich könnten wir nach Berechnungen der Uni Graz bereits in 100 Jahren das in Österreich ausgestoßene CO2  wieder zurückführen. Ein weiterer Vorschlag ist, auf ein klimafreundliches Kaufverhal­ten zu achten, das heißt, danach zu trachten, mehr heimische Lebensmittel zu ver­kaufen und auch zu kaufen. Eine Forschungseinrichtung, nämlich die Kepler Universi­tät in Linz, hat gesagt, dass wir, wenn wir nur um 30 Prozent mehr heimische Lebens­mittel hier in Österreich verbrauchen, eine BIP-Steigerung um 6 Milliarden € erreichen könnten und gleichzeitig 50 000 neue Arbeitsplätze schaffen könnten.


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So gesehen sind also diese 1,25 Millionen € eine kosmetische Korrektur. Es wäre drin­gend notwendig, diesen Bereich sehr schnell und intensiv in Angriff zu nehmen, um wirklich effiziente Maßnahmen in Österreich zu erreichen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.23


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Eßl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


15.23.20

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Die Änderung des Katastrophenfondsgesetzes 1996 ist heute Thema, und es hat in den vergangenen Redebeiträgen durchaus einige beachtens­werte Sachen gegeben, wozu ich etwas sagen möchte.

Herr Abgeordneter Bauer hat davon gesprochen, dass die Prävention eigentlich das Wichtige ist. Jetzt könnten wir natürlich diskutieren über Klimaschutz, über die Besteu­erung von Flugbenzin und Treibstoff für die Schifffahrt, so wie sie Umweltminister Pröll vorgeschlagen hat, was ich sehr gerne unterstütze. Abgeordneter Bauer hat natürlich auch die Bauern angesprochen, und da möchte ich schon anmerken, dass es bei Schutzmaßnahmen auch jemanden gibt, der negativ davon betroffen ist.

Ja, meine geschätzten Damen und Herren, die Bauern bekennen sich zu Prävention und bekennen sich zu Vorsorgemaßnahmen. Es muss aber möglich sein, dass es einen Interessenausgleich gibt, einen Wertausgleich zwischen den Begünstigten und den Benachteiligten. Und da könnte ich mir durchaus vorstellen, dass wir darüber diskutieren, den § 44 im Wasserrechtsgesetz insofern abzuändern, als der Unterlieger, der geschützt wird, zu Leistungen verpflichtet wird, damit man dem Oberlieger, der in der Zukunft beeinträchtigt ist, einen entsprechenden Ausgleich geben kann.

Aber zurück zum Katastrophenfondsgesetz. Es sind diese Schäden, die wir jetzt aus­gleichen wollen, vor allem in den Bundesländern Kärnten, Niederösterreich, Vorarlberg, aber auch in Salzburg aufgetreten; insgesamt betrifft es 2 500 bis 3 000 Bauern, im Bundesland Salzburg sind es 330. Jeder wird verstehen, dass es der Huber-Bauer nicht so ohne Weiteres verkraften kann, dass ihm 30 oder sogar 40 Prozent der Ernte durch Unwetter ausfallen. Der Huber-Bauer wäre vermutlich in seiner Existenz gefähr­det. Und da ist es durchaus vernünftiger, dass wir ihn beim Ankauf von Ersatzfutter­mitteln unterstützen. Damit können wir verhindern, dass Notverkäufe getätigt werden müssen und dass noch größere Einkommensverluste auftreten.

Es geht also darum, die Not einzelner Menschen zu lindern, und deshalb verstehe ich auch die Anfrage des Abgeordneten Rossmann nicht ganz, in welcher Höhe sich die Zahlungen aus dem Katastrophenfonds auf den Wirtschaftsstandort auswirken. Da geht es nicht darum, wirtschaftspolitische Zielsetzungen zu dokumentieren, sondern da geht es darum, entstandene Schäden teilweise abzumildern. Da geht es darum, in Not geratenen Menschen entsprechend zu helfen.

Es ist sowieso keine 100-prozentige Schadensabdeckung möglich, aber eine Linde­rung des Schadens sollte gelingen. Das gilt auch für die Schäden nach den jüngsten Windwurfkatastrophen. Es geht mir auch darum, dass diese Schäden entsprechend abgegolten werden, dass wir hiefür Geld zur Verfügung stellen.

Stimmen Sie also der Gesetzesänderung zu, damit wir den betroffenen Menschen helfen können und Existenzen gesichert werden! Die Betroffenen, die großen Schaden erlitten haben, brauchen die Hilfe der Republik! (Beifall bei der ÖVP.)

15.26



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 51

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.


15.26.57

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Bundes­gesetz bringt eine Verlängerung des Geltungsbereiches des Hochwasseropferent­schädigungs- und Wiederaufbau-Gesetzes.

Ich habe gestern beim Land Oberösterreich angerufen und nachgefragt, und das be­stätigt sehr, dass diese Verlängerung notwendig war: Es sind beim Land Oberöster­reich noch 25 Fälle aus dem Jahr 2005 offen. Wie Sie wissen, hat auch Oberösterreich so außergewöhnliche Überflutungen im Donauraum gehabt. Wir haben sie aber auch im Bezirk Schärding, in Steyr und im Aisttal im Mühlviertel gehabt.

Auf meine Frage, warum die Abwicklung dieser Fälle so lange dauert, war die Antwort, dass es oft sehr schwierig ist, die Eigenleistung einzuschätzen, also jene Leistung, die die betroffenen Menschen selbst erbringen, und dass es oft große Widerstände bei der Anerkennung dieser Eigenleistung gibt. Daher ist es mehr als notwendig und mehr als gerecht, die Geltung dieses Gesetzes um ein weiteres Jahr zu verlängern.

Ein großes Problem gibt es auch immer wieder in Bezug auf die Zuerkennungshöhe grundsätzlich. Das heißt, die Vergütung wird oft beeinsprucht, und das Ganze wird von vorne wieder aufgerollt, bis die Menschen endlich dann zu ihrer Entschädigungsleis­tung kommen.

Sehr positiv habe ich vom Land Oberösterreich – das möchte ich hier auch sagen – empfunden, dass nach zweieinhalb Jahren die Betroffenen automatisch verständigt werden: Von Ihnen liegen zu dem Schadensfall, der der Gemeinde bekannt gegeben wurde, noch keine Unterlagen vor. Wir brauchen diese dringend zur Abrechnung. – Auch dafür sei einmal Dank ausgesprochen.

Ich möchte noch etwas anmerken, weil es hier ja auch um den vorbeugenden Gewäs­serschutz geht: Unsere Staatssekretärin Christa Kranzl war vor zirka 14 Tagen in Oberösterreich und hat Projekte im Ausmaß von 171,9 Millionen € bereits ins Bud­get 2007 und 2008 aufgenommen. Und dafür, Herr Staatssekretär, möchte ich dir, aber auch der Staatssekretärin sehr, sehr danken, denn gerade diese Projekte dienen zur Sicherheit der Menschen in diesen Regionen, dienen aber auch der Wirtschaft in Form von Aufträgen, bringen Arbeitsplätze, bringen eine Wertschöpfung in die Region. Vor allem ist es eine Investition in die Zukunft und in die Sicherheit. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.29


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.


15.30.14

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Verehrte Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Über diese Änderungen und Vorlagen wurde von meinen Vorrednern schon sehr viel gesagt, es sind Sicherungen der finan­ziellen Mittel, wichtige Maßnahmen für die betroffenen Menschen in unserem Land.

Erlauben Sie mir aber, noch zwei weitere Punkte anzuführen, und zwar zwei Punkte aus der Sicht einer Tiroler Abgeordneten, von Regionen, die einen sehr kleinen und geringen Lebensraum haben.


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Bei der Neuplanung von „Roten Zonen“ bitte ich auch zu bedenken, dass der Lebens­raum dort gering und sehr klein ist und dass die Menschen dort seit Generationen mit der Natur leben, und es wird da und dort immer ein Restrisiko geben.

Frau Kollegin Lichtenecker von den Grünen hat eine schöne Rede gehalten, wissend, wie man Hochwasserkatastrophen verhindern könnte. Zum Tiroler Lech im Tiroler Lechtal, einem Vorzeigeprojekt der Grünen – es wurden dort zig Pressekonferenzen von den Grünen abgehalten –, muss ich aber sagen: Heute wissen wir alle, dass diese Maßnahmen dort übermäßig waren für Tiere und Pflanzen. (Abg. Dr. Pirklhuber: ... „übermäßig“!) Und heute wissen wir auch, dass man bei diesen Maßnahmen auf die Menschen und auf ihren Lebensraum dort vergessen hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Auch das sollten wir aus diesen Katastrophen lernen: dass höchste Priorität die Men­schen und deren Lebensraum haben müssen. Und ich wünsche mir oder würde mir wünschen, dass auch die grüne Partei erkennt, dass nicht jede Maßnahme, die man unter dem Deckmantel Naturschutz setzt, eine gute Maßnahme im Sinne der Men­schen ist.

Ich darf appellieren an alle, die sich im Bereich Naturschutz engagieren, keinen billigen Populismus auf Kosten der Natur zu betreiben, aus der Erkenntnis, aus der Vergan­genheit auch zu lernen. Man könnte ohne Weiteres einmal im Tiroler Lechtal eine Pressekonferenz machen, wo man zugibt, dass Szenarien, die man gemalt hat, und Voraussagen, die man getroffen hat, ganz falsch waren. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört zum Alltag von Politikern! (Beifall bei der ÖVP.)

Das würde ich mir wünschen. Und ich bin froh, dass ich in einer Partei bin, wo man da und dort auch Mut zur Ehrlichkeit hat. (Beifall bei der ÖVP.)

15.32


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


15.32.55

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen in diesem Hohen Haus! Wenn wir heute über die Änderung des Katastrophenschutzgesetzes sprechen, so denke ich, dass das eine Gesetzesmaterie ist, die mehr oder weniger unumstritten ist.

Ich habe den Vorrednern aufmerksam zugehört und muss sagen: Ein großes Plus zu dem und ein Unterstreichen dessen, was von Bürgermeister Auer gesagt wurde, der gemeint hat, man möge sich auch mit der Raumordnung auseinander setzen. Und wenn das ein Bürgermeister sagt, dann hat das natürlich sein Gewicht, denn von all den Gründen, warum mitunter Katastrophen passieren, ist auch die Raumordnung mit ein Grund.

Weil heute schon so viel davon gesprochen wurde, wie sehr Landwirte betroffen sind: Landwirte sind betroffen, Tiere sind betroffen, österreichische Natur ist betroffen, aber es sind auch sehr, sehr viele Menschen mit betroffen. Es waren auch in den letzten Jahren wieder sehr viele Menschen betroffen, ob das jetzt in Tirol, in Vorarlberg oder in Niederösterreich gewesen ist.

Ich bin ein Niederösterreicher, und ich habe vor knapp einem Jahr eine Katastrophe in einem Gebiet erleben müssen, wo ich nie gedacht habe, dass es zu dieser Katastro­phe kommen wird, und ich muss sagen: Ich bin froh darüber, dass es eine Entschädi­gung im Bereich Katastrophenschutz gibt. Aber die 30 Prozent sind viel zu wenig hoch gegriffen. Und vor allem kommt es auf eines an – und da möchte ich jetzt nicht eine Versicherungswerbung übernehmen –: Nur wer schnell hilft, hilft doppelt!


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Wir haben in all diesen Bereichen ein sehr hohes Bürokratievolumen zu bewältigen, damit diese Menschen zu ihren Förderungen kommen. Da geht es darum, dass diese Maßnahmen sehr schnell greifen. Darüber hinaus sind ganz wesentlich Präventivmaß­nahmen, und da sind wir in vielen Bereichen etwas hintennach.

Wenn es darum geht, die Natur zu schützen, so muss ich sagen: Ich habe sicherlich nichts gegen irgendwelche seltenen Vögel, ob die vielleicht Trill oder anders heißen, oder auch nichts gegen irgendwelche Orchideenarten, die an gewissen Schutzdäm­men wachsen. Die sind wichtig und notwendig, aber davon abgesehen: Wir können jetzt die Präventivmaßnahmen nicht setzen, weil wir die Dämme nicht verstärken kön­nen, weil dort eben gerade ein seltener Vogel nistet oder dort eine bestimmte Orchi­deenart blüht. – So kann es wirklich nicht sein! Die Menschen und die Landwirtschaft müssen hier den Vorrang haben. Diese Maßnahmen müssen durchgeführt werden können.

Wie schon Herr Abgeordneter Bauer gesagt hat, dürfen wir in dieser Diskussion eines zu erwähnen nicht vergessen: die vielen, vielen Freiwilligen, die bei all den Hochwas­serschäden, bei allen Naturkatastrophen im Einsatz sind. Für diese ist noch sehr wenig in der Prävention und in der nachhaltigen Sicherung getan worden. Ich begrüße zwar dieses Gesetz, es ist aber in weiterer Diskussion auch notwendig, alle anderen Begleit­maßnahmen mit zu überlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Vorletzter zu Wort gelangt in dieser Debatte Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minu­ten. – Bitte.


15.36.16

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es geht um die Verlängerung der Geltungsdauer des Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetzes und um die Schaffung der rechtlichen Grundlage für den Kauf von Futterersatzmitteln. Das gibt Gelegenheit, Dank zu sagen – Dank zu sagen an die Feuerwehren, an die Hilfs- und Rettungsorga­nisationen, an die Polizei, an die Verwaltung, an zahlreiche Privatpersonen, an Helfe­rinnen und Helfer, die im Zuge der Katastrophen im Einsatz waren.

Österreich ist, beginnend mit 2002, vor große Aufgaben der Katastrophenbewältigung gestellt worden. Alle Beteiligten leisteten in den Wochen der Katastrophen hervor­ragende Arbeit. Dieses sichtbare und spürbare Zusammenrücken der Menschen in Ös­terreich, diese gelebte Solidarität ist ein schönes Zeichen.

Naturkatastrophen sind aber auch Anlass, Krisen- und Katastrophenmanagement zu hinterfragen und zu verbessern. Wichtig ist vor allem die rasche und unbürokratische Abwicklung der Schäden. Wer schnell hilft – und das wurde ja schon gesagt –, hilft doppelt! Hier verdienen die Länder und Gemeinden höchstes Lob.

Ich kann das jedenfalls für Oberösterreich sagen: Beim ersten Hochwasser 2002 wurden 23 000 Fälle innerhalb kürzester Zeit positiv erledigt und Akonto-Zahlungen innerhalb von Tagen überwiesen. Auch 2005/06 klappte es mit der Schadensabwick­lung ausgezeichnet. Die Regierungsverhandlungen waren überhaupt kein Grund, dass Zahlungen verzögert worden sind. Das geht nämlich von den Ländern aus und wird später dann vom Bund refundiert.

Es gibt in Oberösterreich auch ein ausgezeichnetes Hochwasserschutzkonzept. Ent­sprechende Schutzkonzepte sparen Folgekosten, nämlich Katastrophenmittel, wenn sie sinnvoll eingesetzt sind. Oberösterreich hat auch im Bereich der Bau- und Raum­ordnung Konsequenzen gezogen. Das war keine einfache Diskussion, der sich da


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Landeshauptmann-Stellvertreter Hiesl in den Regionen mit der Bevölkerung gestellt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Positiv erwähnen möchte ich auch noch, dass ab 1. Juli in Oberösterreich Firmen einen Teil der Lohnkosten vom Land ersetzt bekommen, wenn ihre Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter im Katastropheneinsatz tätig sind, nämlich genau ab dem vierten Tag die Hälfte der Lohnkosten. – Auch ein positiver Ansatz. (Beifall der Abg. Hagenhofer.)

Dieses Gesetz sichert, dass den Betroffenen auch in Zukunft wirksam geholfen werden kann. Daher ersuche ich um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.38


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Wimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


15.38.47

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr viel ist zu der vorliegenden Gesetzesmaterie schon gesagt worden, von mir nur noch ein paar zusätzliche Bemerkungen.

Besonders verrückte Wetterkapriolen haben im vergangenen Jahr wieder große Schä­den angerichtet. Gerade die Diskussionen in den letzten Tagen zum Thema Klima­schutz haben ja gezeigt, wie unterschiedlich dieses Thema oftmals gesehen wird, oft nach dem Motto: Klimaschutz ja, aber nicht bei mir! – so ungefähr habe ich es den Medien entnommen. Aber Tatsache ist jedenfalls – egal, ob der Vorschlag des Bun­desministers Pröll gescheit oder nicht gescheit war –, dass die bis jetzt vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, unseren Klimaschutz nachhaltig zu sichern. Und Tat­sache ist auch, dass bei uns noch enormer Handlungsbedarf gegeben ist.

Gerade die extreme Wettersituation im vergangenen Jahr hat vor allem wieder die Landwirtschaft besonders getroffen. So wie schon in den vergangenen Jahren gab es wieder enorme Ernteausfälle, vor allem bei den Futtermitteln. Es ist daher notwendig und wichtig, dass aus dem Kat-Fonds, wie schon angesprochen, die 1,25 Millionen € für verschiedene Futtermittelzukäufe bereitgestellt werden.

Ebenfalls ändern wir heute das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz, weil noch nicht alle Schäden aus den Jahren 2005 und 2006 abgewickelt sind.

Lassen Sie mich noch ganz kurz ein Problem ansprechen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wovon die Gemeinden oftmals sehr negativ betroffen sind.

Es werden zurzeit auch in Oberösterreich verschiedene Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser projektiert und verhandelt, und da sitzt ein Bürgermeister, der mit dieser Materie leider sehr viel zu tun hat – Bürgermeister Gaßner kann ein Lied davon sin­gen –, und es ist für die Gemeinden oft sehr mühsam, diese Verfahren abzuwickeln.

Am Beispiel des Machland-Dammes sieht man, wie kompliziert und wie lange solche Verfahren dauern können: Seit zehn Jahren mittlerweile läuft die Planung beziehungs­weise dieses Projekt. Sehr viele Verhandlungen sind zwar schon abgeschlossen, aber zurzeit befindet sich dieses Projekt in der UVP. – Zehn Jahre oder schon etwas länger als zehn Jahre dauert dieses Projekt, und es ist nicht abzusehen, wann es endlich realisiert werden kann.

Daher meinen wir, dass die Bereiche Wasserrecht und Baurecht sowie Raumordnung, dass die diesbezüglichen Agenden bei der Projektabwicklung zusammengefasst ge­hören. Wir brauchen wirklich eine zentrale Stelle, wo diese wichtigen und notwendigen Schutzprojekte koordiniert werden und wo die Gemeinde auch vom Projektteam bis


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zum Schluss begleitet wird. Es geht einfach darum, dass diese Maßnahmen schneller und mit unkomplizierteren Behördenverfahren realisiert werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.41


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Letzter in dieser Debatte hat sich Herr Abgeordneter Mag. Hauser zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.


15.41.59

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Gott sei Dank gibt es dieses Gesetz, und die Vorredner haben schon ange­merkt: Wichtig ist die schnelle Hilfe!

Ich trage hier bewusst heute noch einen Fall vor, und zwar aus dem Tiroler Oberland, der Gemeinde Bach, wo seit einem Jahr 13 Häuser bei jedem Unwetter, bei jedem Regenfall unter Wasser stehen. Die Keller sind bis zu einem Meter unter Wasser. Die Menschen wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Ich habe versucht – sogar mittels einer parlamentarischen Anfrage –, hier auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Es ist leider Gottes nichts passiert.

Ich bitte Sie wirklich, auch in all jenen Fällen, die nicht sehr viele Menschen betreffen, dafür Sorge zu tragen, dass man den betroffenen Menschen hilft. Hier sind – noch ein­mal – ganz konkret 13 Einfamilienhäuser betroffen, in einem 200 Jahre alten Sied­lungsgebiet. Diese Leute, die dort leben und wohnen, haben Angst vor der Schnee­schmelze, haben immer Angst davor, dass Regen fällt. Aber es passiert nichts, und das seit einem Jahr!

Also es ist nicht nur dafür zu sorgen, dass all jenen geholfen wird, die nachweislich einen Schaden erlitten haben, sondern auch dafür, dass präventiv viel rascher etwas geschieht, damit nicht noch weiterer Schaden entsteht. Dafür trete ich ein und darum bitte ich. (Beifall bei der FPÖ.)

15.43


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 25 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

15.44.213. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 97/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsge­setz 1998 geändert wird (26 d.B.)



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 56

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Ta­gesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Nun erteile ich Herrn Abgeordnetem Dr. Grünewald als erstem Redner das Wort.

Zur Geschäftsbehandlung eine Wortmeldung? – Bitte, Herr Kollege Öllinger.


15.44.59

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Es wurde uns soeben mitgeteilt, dass der Herr Minister zu dieser Debatte nicht kommen kann, weil er heute einen Termin hat.

Jetzt denke ich, die Debatte ist kein Naturereignis ... (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Präsidentin! Das ist keine Geschäftsordnungswortmeldung! Das kann er bei der De­batte sagen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, das ist eine andere Ministerin. Es ist eine andere Ministerin! Bei der Debatte über diesen Punkt: Änderung des Hochschüler­schaftsgesetzes sollte eigentlich der zuständige Minister anwesend sein, nicht irgend­ein Minister.

Ich ersuche daher um Anwesenheit des Ministers und stelle den Antrag, dass der Herr Minister für Wissenschaft anwesend ist bei der Debatte zu einem Tagesordnungs­punkt, der ausdrücklich ihn als zuständigen Minister sieht. (Beifall bei den Grünen.)

15.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Frau Bundesministerin Kdolsky ist, glaube ich, offiziell als Vertreterin gemeldet.

Wollten Sie einen Antrag auf Herbeiziehung des Ministers stellen? – Dann bringe ich diesen Antrag hiermit zur Abstimmung. – Das ist ein Geschäftsordnungsantrag, der sofort abzustimmen ist.

Wer stimmt dem Antrag auf Herbeiziehung des zuständigen Ministers zu? – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir setzen in der Debatte fort.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Steibl: Das ist kein Geschäftsord­nungsantrag, Frau Präsident! Unglaublich! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Klubobmann Schüssel, Sie haben sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.46.49

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass das an sich ein Präjudiz ist, das wir irgendwann einmal in der Präsidiale besprechen sollten, denn der Minister ist ordnungsgemäß vertreten, er ist entschuldigt, er ist durch eine Ministerin vertreten, und daher ist eigentlich ein solcher Antrag geschäftsordnungsmäßig gar nicht zulässig.

Nur dann, wenn ein Minister nicht ordnungsgemäß vertreten ist, wäre ein solcher An­trag zulässig. – Also schon die Abstimmung darüber war nicht in Ordnung; eigentlich noch weniger die Art und Weise, dass man einen ordnungsgemäß vertretenen Minister dann quasi herzitieren will.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 57

Das ist nicht in Ordnung, und ich glaube, wir sollten das einmal in der Präsidiale be­sprechen, Frau Präsidentin. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steibl: Sie hat es ihm ja in den Mund gelegt!)

15.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Es hat sich weiters zu Wort gemeldet Herr Klubobmann Cap. – Bitte.


15.47.40

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube, dass das richtig ist, nämlich die Anmerkung zur Geschäftsordnung, die Klubobmann Schüssel zuvor hier gemacht hat.

Ich bin auch dafür, dass man das in der Präsidiale erwähnen sollte, bin aber trotzdem politisch der Meinung, dass Herr Bundesminister Hahn hier sein sollte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Klubobmann Westenthaler, bitte.


15.48.02

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Schön, dass Sie uns Ihre politische Meinung von diesem Mikrophon aus sagen, nur: Das ist eine Geschäftsordnungsdebatte – und da geht es nicht um Ihre politische Meinung!

Frau Präsidentin, ich halte fest: Was Sie zuvor mit dieser Abstimmung und mit dem seltsam formulierten Nicht-Antrag des Herrn Öllinger getan haben, ist ein neues Instru­ment des Hohen Hauses: Sie haben nämlich das Instrument des so genannten Sug­gestiv-Antrages eingeführt, den Sie gestellt haben. (Ironische Heiterkeit beim BZÖ und bei der ÖVP.) Sie haben nämlich Herrn Öllinger einen Antrag in den Mund gelegt, den er gar nicht gestellt hat!

Das kann nicht geschäftsordnungsmäßig konform sein, das wäre keine objektive Vor­sitzführung. Und das muss man wirklich kritisieren und bei der nächsten Präsidiale be­handeln. (Beifall beim BZÖ und der ÖVP.)

15.48


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Klubobmann. Wir können das gerne in der nächsten Präsidiale nachbesprechen.

Mein Eindruck war, dass ein Antrag gestellt wurde. – Ich habe das jetzt am Rande er­fahren, dass die ordnungsgemäße Vertretung angemeldet ist. Es hätte auch die Mög­lichkeit bestanden, das noch zu sagen – aber wir können das gerne nachbesprechen, jederzeit. (Anhaltende heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich werde versuchen, mich jedenfalls in aller Striktheit an die Geschäftsordnung zu halten.

Ich bitte nun trotzdem um Ruhe! – Das wird nachbesprochen. (Abg. Steibl: Schwacher Vorsitz!)

Ich erteile nun Herrn Abgeordnetem Grünewald das Wort zur aktuellen Diskussion um das Hochschülerschaftsgesetz. – Bitte.


15.49.18

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Vielen Dank für die Gelegenheit, hier einige Schweigeminuten am Pult zu verbringen. Was aber sicher ordnungsgemäß und mit der Geschäftsordnung übereinstimmt: dass ich Ihnen jetzt etwas erzählen darf. – Möglicherweise kann Frau Bundesministerin Kdolsky als ehemalige ÖH-Chefin meinen Argumenten auch etwas abgewinnen.


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Ich erinnere an die vergangenen Jahre, als die Sozialdemokratie, unterstützt auch von uns, beim Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz aus unterschiedlichsten Gründen an­gefochten hat, weil das österreichische Hochschülerschaftsgesetz de facto ein An­schlag war auf eine sehr gute Tradition der Einbindung der Studierenden in ihre eige­nen Belange an der Universität. – Ganz Europa hat österreichische Studierende um diese Vorteile, um diese Möglichkeiten beneidet.

Das wird nun korrigiert, aber nur in jenen Punkten, die der Verfassungsgerichtshof auf­gehoben hat. – Der Vorwand dieser Schmalspur-, minimalistischen Korrektur war, dass Eile geboten ist, weil im Mai gewählt werden muss. Das kann ich irgendwo verstehen, trotzdem: Dabei nicht zu sehen, was kritisiert wurde, nicht zu sehen, was Studierende trifft, nicht zu hören, was die Opposition an Einwänden gehabt hat, und das einfach durchzuziehen macht es uns unmöglich, diesem Gesetz beziehungsweise dieser Novelle zuzustimmen. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn ein Angebot gekommen wäre, zumindest über konstruktive Verhandlungen sozusagen eines Zwei-Stufen-Pro­zesses in Änderungen einzutreten.

Jetzt nur ein Beispiel, was dieses Gesetz gemacht hat: Stellen Sie sich vor, in neun Bundesländern gibt es Landtagswahlen. Nach den Wahlen kommt jemand zu Ihnen und sagt: Hurra, die Landtage sind gewählt, wir brauchen jetzt keine Nationalratswahl mehr. Die Landtage schicken jetzt nach Stärke ihrer Parteien ihre Abgeordneten in den Nationalrat. (Abg. Dr. Brinek: Der Vergleich hinkt!) – Das macht einiges billiger, macht einiges etwas einfacher, aber Demokratie ist das keine, Frau Kollegin Brinek, Demo­kratie ist das bei Gott nicht!

Sie haben Motive gehabt. (Abg. Dr. Brinek: Nein!) Sie haben Motive gehabt, Sie ha­ben Ihr Universitätsgesetz so geschildert: Alle Autonomie gehört den lokalen Universi­täten, daher müssen die lokalen StudentInnenschaften gestärkt werden (Abg. Dr. Bri­nek: Ja!), und die Bundes-ÖH braucht es de facto in dieser früheren Konstellation nicht mehr. – Aber, Frau Brinek, Studierende und vor allem ÖH-Mitglieder verfügen über eine sehr aktiv arbeitende Großhirnrinde und durchschauen diese Spielchen, denn Stu­dierende wissen, was sie lokal machen können. Sie können Skripten drucken, sie können ein Service anbieten, sie können Kunden bedienen, sie können bei schlechten Professoren, bei schlechten Professorinnen, bei strengen und ungerechten PrüferIn­nen intervenieren, mehr aber nicht.

Frau Brinek, Sie wissen genau, dass die Gesetze, die die Studierenden massivst be­treffen, Gebühren, Beiträge, Betreuungsverhältnisse, Budgets der Universitäten, nicht in den Landtagen und erst recht nicht an den lokalen Universitäten beschlossen wer­den, sondern in Wien. – Und die ÖH, die dafür zuständig ist, zu schwächen ist durch­sichtig!

Zweitens haben Sie Steigbügelhalter-Dienste für den sehr kränkelnden RFS geleistet, um diesem noch zu Wahlchancen zu verhelfen. Sie haben so viel gemacht, dass man es den Leuten sagen muss: Die Direktwahl wurde abgeschafft, wie beim Nationalrat, wie ich es gesagt habe, keine Wahl an der Donau-Universität Krems (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek) – bitte, lassen Sie mich ausreden! –, keine Wahl an Privatuniversitä­ten, Halbierung der Budgets für die Bundesvertretung, kein gleiches Stimmrecht. Uni­versitäten, die knapp über 1 000 Studierende haben, verfügen über gleich viele Man­date wie Universitäten mit bis zu 7 400 Studierenden. Ist das normal? – Ich finde nicht!

Sie haben die Einführung des passiven Wahlrechtes für Ausländer und Auslände­rinnen, die hier studieren, nicht durchgeführt. – Welche Ängste plagen Sie da? Es gibt 17 Prozent ausländische Studierende in Österreich, und dass am Ende vielleicht ir­gendein Ajatollah ÖH-Vorsitzender werden könnte oder Ihnen in Vollmondnächten ein


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Ausländer als ÖH-Vorsitzender als Alptraum erscheint, das ist doch alles sehr dürr und windig argumentiert. Er kann es nur werden, wenn ihn die Mehrheit der ÖsterreicherIn­nen auch wählt – und dann ist das gut so und richtig so! Das ist eine sehr provinzia­listische Politik, die in massivem Kontrast zu dem steht, was Sie sagen, nämlich: Öster­reichische Universitäten müssen international werden. – Powidl, nichts werden sie da­durch! Das ist engstirnig, ängstlich und letztlich feig. (Beifall bei den Grünen.)

Sehen Sie die Studierenden doch mehr als Partner von uns, von der Politik, als Partner der Universität und nicht nur als Konsumenten und Kunden, als aktive politisch interes­sierte Leute, die sozusagen mitreden wollen, mitgestalten und auch mitbestimmen wol­len! Sie müssen das auch tun, denn dadurch werden sie motiviert, damit üben sie sich ein in demokratische Verhältnisse, in eine Streitkultur – zum Besseren der Universität. Sie da rauszuhalten und zu bevormunden empfinde ich als eine massive Zumutung und ein Misstrauen gegenüber den Studierenden.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hochschüler­schaftsgesetz (HSG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Hochschü­lerschaftsgesetzes vorzulegen, die

die Wiederherstellung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung gewährleistet,

den ursprünglichen budgetären Verteilungsschlüssel von 70 zu 30 zu Gunsten der Uni-Vertretungen wiederherstellt,

das passive Wahlrecht für ausländische Studierende einführt,

die ÖH in HochschülerInnenschaft umbenennt und

die Möglichkeit einer Brief-Wahl für Nicht-Präsenz-Studierende vorsieht.“

*****

Wenn Sie das machen, braucht es dazu Studierende als politische Kraft – und warum sollten sie das nicht sein als mündige Bürger, die bald einen akademischen Grad er­werben! Dazu braucht es einen zukunftsweisenden Gesetzesgebrauch und nicht solch eine Schmalspurkonstruktion, dass man nur mehr lokale Aktivitäten setzen darf, aber auf Bundesebene, wo alle maßgeblichen Entscheidungen gefällt werden, zu bloßen Zuschauern in Logen, deren Sitzplätze ohnehin nicht bequem sind, degradiert wird.

Ich glaube, dass autonome Studierende – Sie sagen immer, wie mutig die Regierung ist – mit politischer Kraft und Macht keine Gefahr, sondern eine Chance sind. Um das zu begreifen, sollte man eigentlich nur denken und so mutig sein, wie Sie immer vor­geben, mutig sein zu wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 60

15.57


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Brinek. – Bitte, Sie sind am Wort.


15.57.12

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin Kdolsky! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf zunächst mit einer Auf­klärung beginnen.

Erstens: Wir haben in der Vertretung durch Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky eine sach- und fachkundige Vertreterin zu diesem Thema. Das ist, glaube ich, schon apo­strophiert worden.

Zweitens: Bundesminister Hahn ist in einer sehr wichtigen EU-Angelegenheit in Brüs­sel unterwegs, um dort zum 7. Rahmenprogramm Verhandlungen mit Potocnik und Schavan zu führen. Es geht immerhin um 57 Milliarden € für die Jahre 2007 bis 2013. – Ich glaube, seine Abwesenheit ist somit gerechtfertigt, und ich bitte, die Aufregung abklingen zu lassen.

Noch etwas zu den Ausführungen des Kollegen Grünewald: Ich verwahre mich dage­gen, den Regierungsparteien oder meiner Fraktion zu unterstellen, dass wir jemals ÖH-Vertreter und Studierende zu Kunden, Konsumenten oder wie auch immer Sie sie bezeichnet haben, degradiert haben – sie waren immer Partner! Sie finden in dem von uns verabschiedeten und jetzt auch noch um den Antrag Broukal, Brinek erweiterten ÖH-Gesetz kein einziges Mal das Wort „Kunde“, „Konsument“ oder sonst eine andere Art von herabwürdigender Formulierung. Das möchte ich unbedingt festhalten.

Auch ist die Struktur – Herr Kollege Grünewald, nicht alles, was hinkt, ist ein Ver­gleich – nicht mit Landtagen und dem Nationalrat zu vergleichen. Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer – diese Interessenvertretungen entsprechen in Parallelität der HochschülerInnenschaft als Interessenvertretung, als Körperschaft öffentlichen Rechts und sind genauso strukturiert. Die einzelnen Landes-, Regionalorganisationen entsen­den in die Bundesvertretung. – Malen Sie nicht den Teufel an die Wand, um es auf Wienerisch zu sagen, sondern bleiben Sie als Hochschullehrer bei der Wahrheit!

Meine Damen und Herren, die Qualität einer Regierung bemisst sich in der Fähigkeit, Schwerpunkte zu setzen – und diese Regierung hat mit den Schwerpunkten Bildung, Wissenschaft, Forschung die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Weil ich vorhin das 7. Rahmenprogramm und die dort diskutierte Geldsumme erwähnt habe, möchte ich in Erinnerung bringen, dass mit 3 Prozent Forschungsquote mittelfristig 30 000 Arbeits­plätze geschaffen werden und damit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Weiter­entwicklung ein bestmöglicher Dienst erwiesen wird. Der Rat für Wissenschaft, For­schung und Technologieentwicklung sagt das Gleiche (Abg. Dr. Grünewald: Das reicht nicht aus, sagt er!), unterstützt die Bestrebungen der Bundesregierung. – Der Rat kann noch nicht sagen, das reicht nicht aus, weil wir die Budgetdetailverhandlun­gen noch gar nicht hatten, Herr Kollege Grünewald! Ich hoffe, Sie wirken in den Ge­sprächen auch aufklärend gegenüber dem Rat.

Noch einmal: Der Schwerpunkt passt, das Basis-Gesetz UG 2002 ist ein absolut mo­dernes, in Europa als vorbildlich gehandeltes Gesetz, und mit dem ÖH-Gesetz, das wir jetzt durch den Antrag Broukal, Brinek auch noch entsprechend dem verfassungsge­mäßen Determinierungsgebot adaptieren, schließt sich der Bogen. In keinem anderen Punkt ist diese Bestimmung, ist das Gesetz aufgehoben worden; es ist geprüft worden, es ist vom Verfassungsgerichtshof für rechtstauglich und rechtskonform erklärt worden. Damit wird jetzt noch dieses kleine Stückchen, dieses kleine Element an Rechts­sicherheit geschaffen, damit wir im Mai eine ordnungsgemäße ÖH-Wahl abführen und abwickeln können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, lassen wir die Kirche im Dorf! Mit der notwendigen Bestim­mung betreffend die Wahlgemeinschaften wandert gewissermaßen eine Bestimmung


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von der Verordnung ins Gesetz. Damit wird Klarheit geschaffen, und das moderne, durchaus mit anderen Interessenvertretungen vergleichbare ÖH-Gesetz ist um dieses kleine Stückchen noch verbessert und sicher gemacht. Ich lade Sie ein, zuzustim­men. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Graf. – Ich werde um 16.04 Uhr die Verhandlungen zum Aufruf des Dring­lichen Antrages unterbrechen. – 2 Minuten. Bitte, Herr Abgeordneter.


16.01.40

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte dieses Thema heute in Wirklichkeit für ganz wichtig, aber bei allem Verlaub – und das wollte ich noch vor 16 Uhr anbringen –: Es gibt an sich ein paar wichtigere Themen, die wir hochschul­politisch zu behandeln haben, und das ist der freie Hochschulzugang, der massiv in Gefahr ist. Normalerweise müsste es einen Aufschrei dieses Hauses geben!

Wir basteln ein bisschen herum am Hochschülerschaftswahlrecht – und das ist das Thema, das im März 2007 diskutiert wird! So gesehen sind Sie, Frau Kdolsky, als Ge­sundheitsministerin die richtige Ansprechpartnerin: Uns, gerade aus dieser Ecke kom­mend, ist ein Problem aufs Auge gedrückt worden, das mehr oder weniger von vielen Abgeordneten akzeptiert wird. – Ich glaube, dass wir uns damit massiv auseinander setzen müssen.

Wir Freiheitliche bekennen uns zur forschungsgeleiteten Lehre in Österreich und zum freien Hochschulzugang, und zwar ohne Wenn und Aber für alle Studienrichtungen; mit Ausnahme jener Studienrichtungen, wo körperliche oder kreative Fähigkeiten Vor­aussetzung sind, so zum Beispiel beim Sport oder auch auf der Kunstuniversität, wenn man ein Instrument lernt. Dort etwas in die andere Richtung zu machen sehen wir durchaus als sachgerecht ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe, damit es nicht in Vergessenheit gerät, folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzulei­ten, der den Erfordernissen und Bedürfnissen der Studierenden auf den österreichi­schen Universitäten unter gleichzeitiger Berücksichtigung des geheimen, gleichen, un­mittelbaren und direkten Wahlrechts zu den Vertretungskörpern sowie der Stärkung der direktdemokratischen Instrumente entspricht.

*****

Es darf nämlich nicht vergessen werden, dass mit den letzten Hochschülerschaftsge­setz-Novellen auch die direkte Demokratie an den Hochschulen beseitigt worden ist. Ich glaube, es tut Not, sich wirklich einmal eingehender darüber zu unterhalten, was für ein Hochschülerschaftswahlrecht wir in Zeiten der autonomen Universitäten, des zu-


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rückgehenden Einflusses vom Wissenschaftsministerium wollen; der Herr Minister fin­det es nicht mehr der Mühe wert, Rede und Antwort im Ministerium zu stehen.

Ich denke, wir haben viele dringende Themen, die wir behandeln müssen, und ich lade alle ein, in einen Diskurs einzutreten. Ich werde nach der Debatte über den Dringlichen Antrag inhaltlich auch noch etwas zu diesem Thema beitragen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zunächst gebe ich bekannt, dass der Entschlie­ßungsantrag des Herrn Abgeordneten Grünewald ordnungsgemäß eingebracht wurde und mit in Debatte steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Hochschüler­schaftsgesetz (HSG)

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 97/A der Abgeordneten Dr.Brinek, Broukal betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (26 d.B.)

Seit ihrer Gründung vor über 60 Jahren wurde die bundesweite Vertretung österreichi­schen Studierenden direkt gewählt, selbst zu Zeiten von Ordinarienuniversitäten, als Hochschuldemokratie noch ein Fremdwort war. Erst die schwarzblaue Regierung hat diesen demokratischen Standard abgeschafft, um eine kritische Interessensvertretung zu schwächen. Mit dem Beschluss der Novelle des Hochschülerschaftsgesetzes (HSG) hat die letzte Bundesregierung die Abschaffung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertre­tung besiegelt.

Bis zum Eintritt in die Regierung war auch die SPÖ der Meinung, dass eine Wieder­einführung der Direktwahl unbedingt nötig ist, und hat im letzten Jahr das HSG vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten. Inzwischen hat sie ihre Meinung, wie in vie­len anderen Bereichen auch, geändert – wieder einmal zum Nachteil der Studierenden.

Zwar wurden in der Zwischenzeit die vom Verfassungsgerichtshof beanstandeten Punkte im Rahmen eines Abänderungsantrags, der im Wissenschaftsausschuss am 1.2.2007 mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ beschlossen wurde, repariert. Die wesentlichen Themen wurden dabei aber nicht berücksichtigt.

Dabei ist klar, dass es - so lange es einheitliche Bundesgesetze gibt, die alle Studie­rende und alle österreichischen Universitäten betreffen - eine direkt gewählte bundes­weite StudentInnenvertretung mit einem entsprechend dem gesetzlichen Auftrag ange­messenen Budgetspielraum geben muss.

Die Einführung eines passiven Wahlrechts für ausländische Studierende ist eine wei­tere langjährige Forderung. Ausländische Studierende sind nicht nur im Studium durch doppelte Studiengebühren, sondern in ihrem Alltag auch durch die rigiden Fremden­gesetze in Österreich betroffen. Diese Gruppe von Studierenden hat also besonderen Bedarf, selbst in ihrer Interessensvertretung repräsentiert zu sein.

Nachdem über die Hälfte aller Studierenden in Österreich Frauen sind, ist auch die Umbenennung der ÖH in HochschülerInnenschaft lange überfällig. Ebenso sollte die Möglichkeit einer Brief-Wahl für Nicht-Präsenz-Studierende geprüft werden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 63

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Hochschü­lerschaftsgesetzes vorzulegen, die

die Wiederherstellung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung gewährleistet,

den ursprünglichen budgetären Verteilungsschlüssel von 70 zu 30 zu Gunsten der Uni-Vertretungen wiederherstellt,

das passive Wahlrecht für ausländische Studierende einführt,

die ÖH in HochschülerInnenschaft umbenennt und

die Möglichkeit einer Brief-Wahl für Nicht-Präsenz-Studierende vorsieht.“

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der jetzt eingebrachte Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Graf ist ebenfalls ausreichend unterstützt, ordnungsge­mäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Graf und anderer Abgeordneter betreffend Novellierung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998, eingebracht im Zuge der Debatte

Das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 (HSG) in der geltenden Fassung weist nicht nur zahlreiche Mängel auf, die mit der aktuellen Novellierung nicht nur nicht behoben, sondern im Gegenteil noch verstärkt werden. Es entspricht auch keinesfalls den Erfordernissen und Bedürfnissen der Studierenden.

Genau vor 100 Jahren wurde in Österreich das allgemeine, geheime, gleiche und di­rekte Wahlrecht eingeführt.

Besonders bedenklich erscheint es daher, dass das derzeit geltende HSG nicht mit diesem, in der Verfassung verankerten Grundprinzip des geheimen, gleichen, unmittel­baren und direkten Wahlrechts vereinbar ist.

Ein echtes Mitspracherecht der Studierenden in ihren eigenen Belangen auf ihrer Uni­versität wird durch das HSG nicht gewährleistet. Durch die Vielfalt von Universitäten an den verschiedenen Standorten und deren Spezialisierungen muss eine Stärkung der Universitätsvertretungen erfolgen.

Die Universitätsvertretung der jeweiligen Universität kennt am Besten die Bedürfnisse der Studenten auf der eigenen Universität und kann am effektivsten und schnellsten die Anliegen der Studierenden umsetzen. Die Wiedereinsetzung eines der vormaligen Hörerversammlung entsprechenden direktdemokratischen Instruments ist ebenfalls Gebot der Stunde.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 64

Die Notwendigkeit einer ÖH - Bundesvertretung erscheint in Anbetracht der weitrei­chenden Autonomie der Universitäten insbesondere nach einer Verbesserung der Kompetenzen und Möglichkeiten der Universitätsvertretung nicht mehr als gegeben.

Ein Zusammenschluss von Vertretern der einzelnen Universitäten auf freiwilliger Basis soll nach dem Vorbild der freiwilligen Rektorenkonferenz dieser ein studentisches Ge­genüber bilden. Eine Pflichtmitgliedschaft der Studierenden zur ÖH ist dadurch ent­behrlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzu­leiten, der den Erfordernissen und Bedürfnissen der Studierenden auf den österreichi­schen Universitäten unter gleichzeitiger Berücksichtigung des geheimen, gleichen, un­mittelbaren und direkten Wahlrechts zu den Vertretungskörpern sowie der Stärkung der direktdemokratischen Instrumente entspricht.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 3 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen An­trages gemäß der Geschäftsordnung stattfinden kann.

16.05.12Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend „Frauenpolitische Maßnahmen: Wo bleiben sie?“ (119/A)(E)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 119/A(E).

Alle Abgeordneten haben den Dringlichen Antrag in der Zwischenzeit übermittelt be­kommen, sodass wir von der Verlesung Abstand nehmen können.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Das Regierungsprogramm bleibt im Kapitel „Frauenpolitische Maßnahmen“ gerade die Maßnahmen selber schuldig und erschöpft sich in größtenteils unkonkreten Ansagen ohne budgetäre Bedeckung. Eine Konkretisierung der Maßnahmen, die Ausarbeitung von Aktionsprogrammen oder die Dotierung von frauenpolitischen Anliegen im Zuge der Budgetverhandlungen unterblieben bisher, obwohl die Zeit drängt und sich viele Frauen in zentralen Lebensbereichen mit Ungerechtigkeiten und Hindernissen konfron­tiert sehen:

Einkommensgerechtigkeit

Die Einkommensschere in Österreich geht weiter auf, wie der aktuelle Einkommensbe­richt des Rechnungshofes zeigt. Von 1998 auf 2005 ist der Einkommensunterschied von Frauen und Männern um 0,8% (von 39,6% auf 40,4% gestiegen). 


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 65

Quelle: aktueller Einkommensbericht des Rechnungshofes

Je nach Branche und Beschäftigung variieren die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern bei den unselbständig Erwerbstätigen von 20% bis 50%. Die größ­ten Unterschiede entfallen dabei auf die Bereiche Energie- und Wasserversorgung, Nahrungsmittelindustrie, Handel, Kredit- und Versicherungswirtschaft sowie die Textil- und Bekleidungsindustrie.

Im Konkreten heißt das, dass Frauen für jeden Euro, den ein Mann im Schnitt verdient, im Schnitt nur 60 oder 70 Cent bekommt.

Enorm sind die Einkommensunterschiede in manchen Bereichen bei den Selbständi­gen, wo Männer nicht selten das doppelte verdienen wie Frauen. Krasses Beispiel ist das Gesundheits-, Veterinär und Sozialwesen: Frauen verdienten hier im Jahr 2003 im Schnitt nur 22% (!) des mittleren Einkommens der Männer. Knapp zwei Drittel aller weiblichen Selbständigen arbeiten in Branchen, in denen das mittlere Einkommen der Frauen weniger als 70% von dem der Männer ausmacht.

Auffällig ist, dass sich die schlechtere Einkommenssituation von Frauen nicht auf die Phase von Kinderkarenzen und nachfolgenden Teilzeitbeschäftigungen beschränkt. Schon beim Berufseinstieg verdienen Frauen – trotz besserer Ausbildung – um rund 20% weniger als Männer. Der unterschiedliche Verdienst bleibt auch dann bestehen, wenn eine Frauenkarriere ungebrochen fortgesetzt wird und bis in die Vorstandsetage führt (27,% % weniger Verdienst für Frauen).

Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei der Einkommensgerechtigkeit zwi­schen den Geschlechtern weit abgeschlagen: Im Global Competitiveness Report des Worl Economic Forum landet Österreich bei der Einschätzung der Einkommensgerech­tigkeit auf dem letzten Platz unter 102 Ländern. Und im Europavergleich zählt Öster­reich zu den Ländern mit den größten Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen und erreicht gerade mal den 20. Platz von 25 Staaten (gleichauf mit der Slowa­kei).

Im Regierungsprogramm ist zwar die Rede vom „Weiteren (!) Schließen der Einkom­mensschere“, Maßnahmen fehlen aber.

Arbeitsmarkt

Die hohe Arbeitslosigkeit von Frauen und die spezifisch weibliche Atypisierung der Be­schäftigung sind prägende Elemente der Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 66

Aktionsprogramme oder Initiativen zur Verbesserung der Lage sucht man im Regie­rungsprogramm allerdings vergeblich.

Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist derzeit zwar rückläufig, allerdings bei den Männern deutlich stärker als bei den Frauen. Im Februar waren 100.955 Frauen (ohne Schu­lungsteilnehmerinnen) beim AMS vorgemerkt. Das sind um 5,8% weniger als im Vor­jahr. Die Zahl der arbeitslosen Männer hat sich jedoch im gleichen Zeitraum um 14,1% verringert. War in den letzten Jahren der Zuwachs der Frauenarbeitslosigkeit höher als jener der Männerarbeitslosigkeit, so fällt nun auf, dass die Reduktion der Frauenar­beitslosigkeit nicht einmal halb so schnell erfolgt wie der Rückgang der arbeitslos ge­meldeten Männer.

Eine reale Steigerung der Frauenbeschäftigungsquote wird unter diesen Umständen schwierig zu erreichen sein. Die Ziele des Regierungsprogramms sind bescheiden ge­nug: Auf 65% wollte man ursprünglich steigern. Als bekannt wurde, dass die Frauener­werbsquote in Österreich 2006 bereits bei 64,7% lag, wurde zumindest von Ministerin Bures auf 68% angepeilter Steigerung korrigiert. Allerdings hinkt auch dies hinter den Zielsetzungen früherer Regierungen hinterher: Im Jahr 2003 hatte der damalige Kanz­ler Schüssel von einer Erhöhung der Frauenerwerbsquote auf 70% bis zum Jahr 2010 gesprochen. Zum Vergleich: Die Männererwerbsquote lag in Österreich zuletzt bei rund 77%. Die Steigerungen der letzten Jahre bei der Frauenerwerbsquote kamen in erster Linie durch den hohen Anteil der geringfügig- und teilzeitbeschäftigten Frauen zu­stande. Für die Darstellung der realen Arbeitsmarktintegration von Frauen eignet sich daher die Beschäftigungsquote besser als die Erwerbsquote (bei deren Berechnung auch Arbeitslose mit einbezogen werden). Die Beschäftigungsquote, umgerechnet in Vollzeitäquivalent, lag 2005 nur bei 50%, während sie 10 Jahre davor, 1995, noch bei 53,4% lag (Quelle: EU, Employment in Europe 2006). Die Situation hat sich für Frauen also eindeutig verschärft.  Der Trend zu Teilzeitbeschäftigungen hält dementsprechend ungebrochen an: Im Jahr 2000 lag die Teilzeitquote der Frauen bei 33%, inzwischen ist sie auf 39,3% im Jahr 2005 gestiegen. In der Gruppe der 35-39jährigen Frauen liegt die Teilzeitquote sogar bei 50,5%, das heißt, dass jede zweite Frau in dieser Alters­gruppe nur das Einkommen aus einem Teilzeitjob hat! (Quelle: Arbeitskräfteerhe­bung 2005, Statistik Austria).

Das Angebot des AMS für Frauen und insbesondere für Wiedereinsteigerinnen sieht im Vergleich dazu wenig konkrete Hilfestellungen vor. Generell lässt sich feststellen, dass Frauen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik tendenziell die weniger zukunftsorientierten und weniger qualifizierten Maßnahmen erhalten. Während beispielsweise betriebliche Wiedereingliederungsmaßnahmen mit Zertifikatsabschluss mehrheitlich männlichen Ar­beitslosen zugute kommen, entfällt ein überproportional hoher Anteil von Zuschüssen für Kinderbetreuung auf Frauen, das Angebot für WiedereinsteigerInnen beschränkt sich auf häufig wenig effektive Beratungen und „Berufsorientierungskurse“. Spezielle Aktionsprogramme der Regierung für eine bessere Arbeitsmarktintegration von Frauen und für die Steigerung der Beschäftigungsquote sind nicht bekannt.

Führungspositionen

Frauen sind in den Chefetagen in Österreich in allen Bereichen mit der Lupe zu su­chen. In den Spitzenpositionen der größten Kapitalgesellschaften beträgt der Frauen­anteil gerade einmal 5%. Eine Studie des European Women’s Management Develop­ment International Network hat aufgezeigt, dass sich die Situation weiter verschlech­tert. Waren im Jahr 2004 39% der Führungsetagen der 207 börsennotierten und um­satzstärksten Unternehmen Österreichs rein in Männerhand, so waren es 2006 bereits 48% rein männlich geführte Unternehmen!


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Das Regierungsprogramm betont besonders, dass der Anteil von Frauen an Führungs­positionen in Wissenschaft und Forschung erhöht werden soll. Dort besteht auch tat­sächlich besonderer Handlungsbedarf. An den Universitäten sind die Frauen bei den Studienanfängerinnen und Absolventinnen im Vormarsch. Den rund 57% Studienan­fängerinnen und rund 53% Absolventinnen stehen aber nur 11% Professorinnen ge­genüber. Die Rektorate der österreichischen Universitäten sind mit einem 0% Frauen­anteil fest in Männerhand! Der Bereich Forschung sieht um nichts besser aus: Mit einer Forscherinnenquote von 18,7% (Eurostat 6/2004) liegt Österreich auch im internationa­len Vergleich schlecht.

Im öffentlichen Dienst – üblicherweise als Vorreiter in Sachen Frauengleichstellung ge­handelt – sieht die Lage wenig besser aus. Mit 10,8% Frauenanteil bei den Sektionslei­tungen liegt die öffentliche Verwaltung genauso schlecht wie die Universitäten, obwohl auch in den Ministerien der Frauenanteil bei den Beschäftigten mit 40-60% hoch liegt und dem Bevölkerungsschnitt entspricht (Ausnahmen sind lediglich das Verteidigungs­ministerium mit 13% Frauenanteil und das Innenressort mit 18% Frauenanteil). Wenig besser präsentiert sich das Bild bei den GruppenleiterInnen (1 Frau von 31) und den AbteilungsleiterInnen (182 Frauen von 707), wie der Kurier vom 5.3.2007 berichtet.

Laut Regierunsprogramm sollen mehr Frauen in Österreich Führungspositionen beklei­den, der Anteil von Frauen in „Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Sozialpartner­schaft“ (Zitat Regierungsprogramm) erhöht werden. Das Wie ist allerdings unklar.

Frauenförderung durch Beratungsstellen

Die wichtige Arbeit von unabhängigen Frauenberatungsstellen und frauen- bzw. mäd­chenspezifischen Projekten ist nicht nur häufig unbedankt, sondern vor allem unterdo­tiert. Viele erfolgreiche Projekte mussten in den letzten Jahren aus Geldmangel gekürzt oder eingestellt werden, bewährte EQUAL-Projekte konnten nicht fortgeführt werden. Besonders dramatisch ist die Finanzsituation der Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie. In der Wiener Interventionsstelle sah man sich genötigt, die Betreuung von Gewaltopfern in 8 Wiener Bezirken einzustellen, weil schlicht keine Finanzmittel vorhanden waren. Die Arbeit der Interventionsstellen, die einen gesetzlichen Auftrag erfüllen, hat sich aufgrund der steigenden Fallzahlen in den letzten Jahren vervielfacht (2006: Anstieg bei den Wegweisungen um 28%), die finanzielle Ausstattung allerdings nicht. Es ist daher nicht nur erfreulich, sondern vor allem dringend notwendig und über­fällig, wenn die Finanzmittel für die Interventionsstellen erhöht werden!

Die Betreuung von Opfern (meist männlicher) Gewalt kann jedoch nicht als „Frauen­förderung“ bezeichnet werden. Diese erfolgt im zivilgesellschaftlichen Bereich in erster Linie über zahlreiche engagierte Projekte von Frauenberatungsstellen, frauen- und mädchenpolitischen Initiativen, Frauenhäuser und frauenrelevante NGO-Tätigkeit. Wer etwa Mädchen bei der atypischen Berufswahl, Migrantinnen oder Betroffene von Frau­enhandel unterstützen will, findet in den unabhängigen Initiativen eine wichtige Stütze. Ein österreichweit flächendeckender Ausbau solcher Beratungsstellen ist dringend ge­boten und erfordert eine substantielle Aufstockung der Mittel.

Kinderbetreuungsplätze

An der Schnittstelle der Rahmenbedingungen für weibliche Erwerbstätigkeit und Fami­lienpolitik nimmt der Ausbau der Infrastruktur für Kinderbetreuung eine wichtige Stel­lung ein. Das sogenannte Barcelona-Ziel der EU sieht eine Betreuungsquote von 33% bei den unter 3-jährigen bis zum Jahr 2010 vor. Derzeit liegt die Betreuungsquote in Österreich für diese Altersgruppe erst bei 11%. Es fehlen allein für die Kleinstkinder


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52.000 Betreuungsplätze. Dazu kommen noch weitere 16.000 für die Gruppe der 3-5 Jährigen. Bei der Nachmittagbetreuung der Schulkinder gibt es ebenfalls einen enor­men Aufholbedarf. Es kann also davon ausgegangen werden, dass österreichweit ins­gesamt rund 90.000 Kinderbetreuungsplätze fehlen. Die derzeit in Diskussion befind­lichen zusätzlichen 50.000 Betreuungsplätze können daher nur der erste Schritt sein. Ein solcher Schritt wäre unbedingt zu begrüßen – vorausgesetzt, die Finanzierung ist gesichert und es gibt rasche und konkrete Ausbaupläne, nicht bloß Absichtserklärun­gen. In jedem Fall müssen die Unterstützung der Aufteilung der Betreuungsarbeit auf beide Elternteile und die Bereitstellung von ausreichender Infrastruktur für die Kinder­betreuung vorrangige Ziele eine modernen und gleichstellungsorientierten Familienpoli­tik sein.

Die Vertretung und Durchsetzung von Frauenanliegen, ein Abbau der bestehenden Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen braucht rasch konkrete (erste) Maßnahmen und ausreichende budgetäre Bedeckung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Die Bundesministerin im Bundeskanzleramt, zuständig für Frauen, Medien und öffentli­chen Dienst, wird aufgefordert,

1) ein Aktionsprogramm gegen die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen vorzulegen;

2) ein Modell für die Bindung der Wirtschaftsförderung an die betriebliche Gleichstel­lung zu entwickeln, bei dem Frauenbeschäftigung, der Führungsanteil von Frauen im Unternehmen und die Einkommensgerechtigkeit im Betrieb als Kriterien herangezogen werden;

3) im Sinn der Antragsbegründung ein Maßnahmenpaket „Arbeitsmarkt für Frauen“ zu initiieren;

4) für verpflichtende Frauenquoten und verbindliche Frauenförderpläne zu ihrer Errei­chung im öffentlichen Dienst und an den Universitäten zu sorgen;

5) sich für eine Besetzung der von der Regierung zu bestellenden Spitzenpositionen mit mindestens zur Hälfte Frauen einzusetzen;

6) sich für eine Verdoppelung des für Frauenförderung (Beratungsstellen, Frauenhäu­ser, Mädchen- und Frauenprojekte u.ä.) zur Verfügung stehenden Budgets einzuset­zen;

7) sich in der Bundesregierung mit aller Vehemenz für einen Sonderfonds aus Bundes­mitteln ähnlich den früheren „Kindergarten-Milliarden“ (in öS) einzusetzen, mit dem eine Verwirklichung der angekündigten 50.000 zusätzlichen Kinderbetreuungsplätze möglich wird.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 1 GOG verlangt.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek er­hält zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Ge­schäftsordnung darf diese eine Redezeit von 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Sie sind am Wort.



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16.05.55

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ge­sundheitsministerin! Frau Frauenministerin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Am 8. März ist der Internationale Frauentag, und ich glaube, es geht vielen von uns und vor allem vielen Österreicherinnen und Österreichern so, dass man sich fühlt wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Ich weiß nicht, wer diesen Film kennt. Bill Murray spielt mit, er ist dazu verdammt, in einer Zeitschleife jeden Tag um 6 Uhr Früh am selben Tag wieder zu erwachen und dasselbe wieder zu erleben. – So geht es vielen Frauenpolitikerinnen und vor allem vielen Österreicherinnen und Österreichern immer am 8. März, am Frauentag. Wir haben immer dieselbe Situation: Es wird etwas Schlechtes beklagt, eben dass in wesentlichen Bereichen nichts weitergeht, und auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Wünschen, Empfehlungen und Vorschlägen, die meistens im darauffolgenden Jahr wiederholt werden. Eine der wichtigsten Fragen, die immer wiederholt werden, ist das Auseinanderklaffen der Einkommensschere, die große Ungerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt, dass Frauen nach wie vor deutlich weni­ger verdienen als Männer.

Diese „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Geschichte ist allerdings schon sehr, sehr alt. Ich weiß nicht, ob das allen bewusst ist, aber es war im Jahr 1919, als die ersten weib­lichen Abgeordneten, sieben Sozialdemokratinnen und eine christlich-soziale Abgeord­nete, in diesem Hause vertreten waren. Adelheid Popp hat damals eine sehr bemer­kenswerte Rede gehalten. Ihre zentrale frauenpolitische Forderung war: gleicher Lohn für gleiche Arbeit und Kinderbetreuungsplätze. (Beifall bei den Grünen.) – Also schon eine sehr lange Wiederholung! Übrigens eine bemerkenswerte Rede von Adelheid Popp damals.

Gestern hat die ehemalige Frauenministerin Maria Rauch-Kallat, nun Frauensprecherin der ÖVP, stolz verkündet, dass der Kurswechsel, der nun von Seiten der Regierung, von Seiten der Frauenpolitikerinnen in der Regierung angekündigt wurde, das Weiter­führen der Arbeit der alten Bundesregierung ist. – Ich glaube, es gibt wenig Zweifel daran, vor allem in den Reihen der SPÖ, dass die alte Frauenpolitik im Wesentlichen nicht daran gemessen werden kann, was sie tatsächlich für Frauen politisch getan hat, sondern nur dadurch beschrieben werden kann, was sie für Frauen politisch nicht getan hat. Ich erinnere an Frauenminister Haupt oder auch an die letzten drei, vier Jahre, in denen sich alle Parameter im Wesentlichen verschlechtert haben. In einem Punkt allerdings hat Maria Rauch-Kallat durchaus Recht: Das, was jetzt da ist und was jetzt im Regierungsprogramm festgeschrieben steht, ist im Wesentlichen, mit kleinen Ausnahmen, eine Fortführung der alten schwarz-blauen frauenpolitischen Ausrichtung. Leider!

Was ist aus all diesen Wünschen, aus all diesen Versprechen und aus all diesen An­kündigungen der letzten Jahre vor allem von SPÖ-PolitikerInnen geworden? – Das klafft jetzt dramatisch auseinander, was an Wünschen und Vorstellungen vorgetragen und jetzt in der Regierungsarbeit Wirklichkeit geworden ist. Ich möchte ein paar Dinge erwähnen, die gute Ideen waren, die offensichtlich auf dem Weg von der Opposition ins Regierungsamt abgegeben worden sind.

Zum Beispiel Alfred Gusenbauer: 100-Millionen-€-Frauen-Förderfonds. – Da ging es vor allem um den Arbeitsmarkt, Aufstockung. Es ging auch um eine bessere Ausrich­tung des AMS.

Oder: Kinderbetreuungsplätze; ich habe noch die Worte von Barbara Prammer
als Bundesfrauenvorsitzende im Ohr: Über 100 000 Kinderbetreuungsplätze fehlen, 180 000 Betreuungsplätze für Schülerinnen und Schüler fehlen. – Was blieb davon übrig? Der übliche Streit, den wir seit Jahren beobachten. Es wird diskutiert: Braucht man eine Bestandsaufnahme? Braucht man keine Bestandsaufnahme? Tatsache ist,


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dass es keinen einzigen Euro im Regierungsübereinkommen für die jetzt diskutierten nur 50 000 Kinderbetreuungsplätze gibt.

Und: Barbara Prammer, Bundesfrauenvorsitzende, vor wenigen Tagen: Ich glaube, wir brauchen wieder Quoten. – Sie spricht sich definitiv für eine Bindung von Frauenför­derung und Quoten im Wirtschaftsleben aus, sie spricht von Quoten im öffentlichen Dienst.

Allerdings hat dem die Frauenministerin schon eine deutliche Absage erteilt. Obwohl es international sehr gute, wirklich funktionierende Beispiele gibt, in Schweden, in Finn­land, in der Provinz Quebec in Kanada, wo gesetzliche Vorgaben für die Wirtschaft ver­ankert sind, spricht sich Frauenministerin Bures definitiv gegen gesetzliche Vorgaben im Wirtschaftsbereich aus. Sie setzt das fort, was Maria Rauch-Kallat immer gesagt hat: Sie möchte überzeugen, sie möchte die Privatwirtschaft nicht durch Vorschriften, sondern durch gute Beispiele überzeugen.

Das ist, glaube ich, ein dramatisches Auseinanderklaffen zwischen Wunsch und Wirk­lichkeit: auf der einen Seite eine Latte an Forderungen, von denen viele sehr vernünftig sind, und auf der anderen Seite dieses magere Regierungskapitel, in dem sich keine konkreten Maßnahmen finden – leider!

Ich möchte die vier wesentlichen Bereiche, die den Frauen in Österreich wichtig sind, noch einmal beschreiben. Das ist nach wie vor die Einkommensgerechtigkeit, das ist der Arbeitsmarkt, das ist die Frage der Kinderbetreuung, und das ist auch die Frage, welche Chancen Frauen in Führungsjobs haben. Was hat sich hier in den letzten Jah­ren verändert? Und was wird sich mit dem Regierungsprogramm verändern?

Bei der Einkommensschere haben wir ja Gott sei Dank den Rechnungshof. 2005 wäre das Jahr gewesen, in dem nach zehn Jahren wieder ein frauenpolitischer Bericht auf der Tagesordnung gestanden wäre; die Ex-Frauenministerin hat damals darauf ver­zichtet. Allerdings hat der Rechnungshof – und an dieser Stelle: danke an den Rech­nungshof! – in seinem aktuellen Einkommensbericht das Auseinanderklaffen der Sche­re, die immer noch steigende Ungerechtigkeit zwischen Männern und Frauen in Zahlen noch einmal vor Augen geführt: allen, die es wissen wollen, und vor allem allen, die es wissen müssen, und zwar Ende Dezember des letzten Jahres.

Das bedauerliche Ergebnis ist, dass die Schere nicht zusammengegangen ist, sondern sich weiter geöffnet hat. Wir sind mittlerweile auf einem Prozentsatz von über 40 Pro­zent, was den Unterschied bei den Einkommen, Löhnen und Gehältern zwischen Frau­en und Männern betrifft, das ist seit 1998 weiter auseinander gegangen. Der „Frauen-Euro“ ist im Vergleich zum „Männer-Euro“ kein Euro, sondern nur 60, 70 Cent, und in manchen Branchen ist es wirklich verheerend, vor allem bei den Selbständigen. In manchen Bereichen, im Gesundheitsbereich zum Beispiel, verdienen laut Rechnungs­hofbericht Frauen nur 20 Prozent des mittleren Einkommens der Männer – nur 20 Pro­zent des mittleren Einkommens der Männer!

Ich glaube, dass das nach Handlungen schreit, und ich glaube, die Debatte sollte eigentlich beendet sein. Ich möchte nicht wieder – und ich glaube, viele Österreicherin­nen wollen das nicht – einen Frauentag erleben, an dem alle beschwören, die Einkom­mensschere möge geschlossen werden, und wir gehen hier heute aus der Sitzung heraus und haben kein Maßnahmenpaket dazu beschlossen.

Ein paar Aspekte noch zur Einkommensgerechtigkeit: Es ist nicht nur die viel beschrie­bene Frage der Familienbetreuung und der Kinderbetreuung, die hier die Frauen zu­rückschlägt. Es ist selbst beim Berufseinstieg eine klassische Diskriminierung! Hätten Frauen eine andere Hautfarbe, dann wären sie klassisch diskriminiert wie seinerzeit Schwarzafrikaner beim Apartheid-Regime in Südafrika.


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20 Prozent beträgt der Unterschied, wenn man tatsächlich Nettolöhne, Teilzeit et cete­ra bereinigt! Beim Berufseinstieg – die Frauen sind mittlerweile besser ausgebildet als die Männer –, ohne jegliche Unterschiede, ohne jegliche Betreuungspflicht, Teilzeit oder sonstige Ausnahmesituation, bekommen Frauen einfach weniger: 20 Prozent we­niger!

Das zieht sich fort. Selbst Frauen, die es in die höchsten Etagen, in die Führungseta­gen der Top-Unternehmen schaffen, die ihre Karriere nicht unterbrechen, die gar nichts machen, außer zu arbeiten, verdienen am Ende des Tages in den Vorstandsetagen – es sind ohnehin nur ganz wenige – immer noch um sage und schreibe 27 Prozent we­niger!

Jetzt versetzen Sie sich einmal in die Situation einer solchen Frau! Sie hat nur gearbei­tet, um genau das zu erreichen; ihre männlichen Kollegen verdienen mehr, deutlich mehr! Die männlichen Kollegen haben – wahrscheinlich fast alle – eine Familie und ha­ben auch jemanden zu Hause, der ihnen den Alltag organisiert, die Kinder betreut und die Hausarbeit macht. Ist das nicht extrem ungerecht? (Abg. Scheibner: ... aber nicht die Realität!) Schreit das nicht auch nach gesetzlichen Vorgaben in der Wirtschaft? (Beifall bei den Grünen.)

Es ist dies kein Naturgesetz. In anderen Ländern wird das Problem auch gelöst; bei uns wird es seit über 90 Jahren verschleppt. Aber in anderen Ländern wird das Pro­blem gelöst, und wir sind mittlerweile eines der letzten Länder, was die Einkommens­gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen betrifft. Selbst im EU-Vergleich schneiden wir schlecht ab: Im Vergleich der 25, als noch ohne Rumänien und Bulgarien, ist Öster­reich an 20. Stelle, ex aequo mit der Slowakei!

Woran also liegt es tatsächlich? Woran liegt es, dass uns immer wieder die Beschwö­rungsformeln – wie jetzt wieder am Frauentag – begleiten und dann nichts getan wird? Woran liegt es tatsächlich, dass es nach wie vor eine klassische Geschlechterdiskri­minierung gibt? – Und die ist nicht nur mit Betreuungspflichten und Teilzeit zu erklären, sondern echte Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes!

Ich glaube, dass wir heute aus diesem Saal nicht hinausgehen sollten, ohne für den Frauentag ein ordentliches Maßnahmenpaket vorzulegen, das das Schließen der Ein­kommensschere als vordringlichstes Ziel hat, inklusive einer Finanzierung. Frau Frau­enministerin Bures, wo bleibt Ihr Maßnahmenpaket? – Im Regierungsübereinkommen finden wir leider nur vage Ankündigungen.

Ich möchte zum zweiten Bereich kommen, dem Arbeitsmarkt, und ein klassisches Bei­spiel einer Frau zitieren. Sie ist 33 Jahre alt – solche Briefe bekommen Sie wahr­scheinlich auch sehr oft –, sie ist Juristin, hat die letzten sechs, sieben Jahre vorwie­gend in Teilzeit, in Projekten, in Werkverträgen gearbeitet und wird dann bei vielen Bewerbungsgesprächen als überqualifiziert zurückgewiesen. Sie schreibt: Derzeit bin ich darauf angewiesen, in mehreren Jobs gleichzeitig zu arbeiten, um meine Lebens­haltungskosten zu decken.

Wie ist das möglich? – Eine gut qualifizierte Frau! Das ist ein klassisches Schicksal einer jungen Generation, die im Moment – in Deutschland wird sie als „Generation Praktika“ bezeichnet – in einer ganz anderen Lebensrealität arbeiten muss. Ein klassi­sches Arbeitsverhältnis ist die Ausnahme, viele arbeiten Teilzeit, obwohl sie keine Be­treuungspflichten haben und gerne Vollzeit arbeiten würden. Sie arbeiten in atypischen Beschäftigungsverhältnissen ohne soziale Absicherung, sie arbeiten auf Werkvertrags­basis und sind dazwischen immer wieder auch ohne Beschäftigung und ohne Einkom­men.


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Ich bin darauf angewiesen, in mehreren Jobs zu arbeiten, um meine Lebenshaltungs­kosten zu decken. – Was machen Sie für diese Frauen im Regierungsübereinkom­men? Was ist von diesem Sonderfonds geblieben, zusätzlich zu den AMS-Mitteln, ge­nau gegen die Arbeitslosigkeit und diese Problematik, dass spezifisch Frauen in atypi­scher Beschäftigung gefangen sind, nicht herauskommen und Hilfe und Unterstützung brauchen? Was machen Sie mit einem Regierungsprogramm, in dem jegliches Projekt unter einem Finanzierungsvorbehalt steht und wo wir heute gehört haben, es wird jetzt einmal Sparbudgets und am Ende dann eine Steuerreform geben? Was sagen Sie so einer Frau mit 33 Jahren – sieben Jahre Teilzeit, kein fixes Einkommen, kein fixer Ar­beitsplatz?

Ich glaube, dass wir auch hier vor dem Frauentag nicht ohne ein echtes Aktionspro­gramm aus diesem Saal hinausgehen sollten, um den Wiedereinstieg zu fördern für Frauen, die nicht mehr den Einstieg schaffen, aber auch für diese Frauen, die am Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können. Und das werden immer mehr!

Die Arbeitslosigkeit ist zwar derzeit rückläufig – das werden Sie sicher auch noch er­wähnen –, allerdings sinkt die Arbeitslosigkeit bei den Männern sehr viel schneller als bei den Frauen. Sehr viel schneller – auch hier wieder eine klassische Diskriminierung! Hier reicht es nicht, nur Lippenbekenntnisse und Ansagen zu machen, sondern hier braucht es ein umfassendes Maßnahmenpaket mit einem ordentlichen Batzen Geld. Ich zitiere hier SPÖ-Politikerinnen: Geld ist Macht! (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zum dritten wesentlichen Bereich: Führungspositionen, die Chancen von Frauen in Top-Jobs. Da geht es um die Wirtschaft, da geht es um die Verwaltung und um die Universitäten. Das sind die größten Problembereiche, die wir haben.

Was die Spitzenpositionen bei den größten Kapitalgesellschaften in Österreich betrifft, den größten, börsenotierten, umsatzstärksten Unternehmen Österreichs, waren 2004 die Führungsetagen zu 39 Prozent mit Frauen ausgestattet. Ein paar Jahre später, nämlich 2006, haben wir bereits fast 50 Prozent ausschließlich Männer-geführte Unter­nehmen. Das heißt, in der Hälfte der Betriebe gibt es in den Spitzenpositionen keine einzige Frau! Das hat sich in den letzten Jahren auch verschlechtert.

Was werden Sie dagegen unternehmen? – Im Regierungsprogramm steht sehr vage, der Anteil soll irgendwie erhöht werden. Bitte, wie, wenn Sie sich gegen Quoten aus­sprechen, gegen gesetzliche Vorgaben aussprechen, gegen alles aussprechen, was bindende Wirkung hat? – Vor allem haben wir so gute Beispiele wie Skandinavien, Finnland et cetera, wo das sehr gut funktioniert, mit einem 40-Prozent-Quotenanteil in den Vorständen, und die Unternehmen schaffen es ohne Klagen, dass tatsächlich auch bei diesen Top-Jobs schön langsam Gleichheit hergestellt wird.

Bei den Universitäten ist es ähnlich: Wir haben kein einziges weibliches Rektorat – das ist, denke ich, für ein Land wie Österreich beschämend –, obwohl wir immer mehr Ab­solventinnen haben. Es kommt nun vor allem an Wiener Universitäten eine Pensionie­rungswelle, das wäre eine gute Gelegenheit, vorwiegend weiblich zu besetzen. Auch da frage ich mich: Werden Sie das tun? Werden Sie hier auch dem öffentlichen Dienst, Frau Ministerin Bures, ein bisschen mehr auf die Finger schauen?

Ich erzähle Ihnen noch ein Beispiel; vielleicht können Sie sich auch in diese Frau hin­einversetzen. Im Umweltministerium gab es letzten Sommer eine einzigartige Situation: auf der Sektionschef-Ebene, wieder die Top-Jobs, nur Männer. Im Umweltministerium gab es neun Sektionen, deren Leitung ausschließlich mit Männern besetzt war: 9 : 0. Zwei gingen in Pension. – Was passierte?

Es gab Bewerberinnen. Jetzt versetzen Sie sich in die Rolle einer Bewerberin: qualifi­ziert, lange Dienstjahre, mit der Hoffnung, dass dieses Missverhältnis ausgeglichen


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wird, denn es steht ja in jedem Gesetz und überall: Gender Mainstreaming, Frauen gehören im öffentlichen Dienst gleichgestellt und bevorzugt, bis bestimmte Quoten er­reicht werden.

Was passierte dann? – Der Umweltminister besetzt tatsächlich diese beiden frei ge­wordenen Positionen wiederum mit zwei Männern. Wiederum 9 : 0!

Das Beste: Sie haben jetzt eine Chance. Es geht einer dieser Sektionschefs nach Brüssel, und ich wette mit Ihnen um eine Kiste Schnaps, dass diese Position wieder mit einem Mann besetzt wird, Frau Frauenministerin! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sollte sie mit einer Frau besetzt werden, schicke ich Ihnen mit Freude eine große Kiste Schnaps. Sollte sie mit einem Mann besetzt werden, schicken Sie mir lieber eine Kiste Prosecco, weil ich Schnaps noch nicht trinken darf.

Das ist jetzt ironisiert dargestellt, es schildert aber das Problem. Versetzen Sie sich in die Position von Frauen im öffentlichen Dienst, die mit solchen Situationen konfrontiert sind! (Abg. Steibl: Das ist so inhaltslos ...!) Männer werden systematisch bevorzugt: 9 : 0! Ein Vergleich aus dem Fußball: Bei einem 9 : 0 gab es einen österreichischen Trainer, der dann zurückgetreten ist. Das möchte ich dem Umweltminister ausrichten. (Beifall bei den Grünen.)

Der vierte und letzte Bereich ist die Familienpolitik. Frau Steibl, da werden Sie in der Debatte sicher noch einiges beizutragen haben. (Abg. Steibl: Wir haben auch viel dazu beigetragen ...!) Sie haben viel dazu beigetragen, sagen Sie gerade. Ich zitiere jetzt nur Ihren Regierungspartner, der noch vor wenigen Wochen in Opposition war: Es fehlen 100 000 Kinderbetreuungsplätze, und es fehlen 180 000 ganztägige Schulplätze für Schülerinnen und Schüler in Österreich. (Abg. Scheibner: Das sieht man jetzt ganz anders!) Bei den Unter-Dreijährigen ist es, glaube ich, aktenkundig, da haben wir eine Betreuungsquote von 12 Prozent und einen Aufholbedarf bis zum Jahr 2010, EU-Vorgabe, auf 30 Prozent.

Ich frage mich, wie Sie das tun wollen, wenn Sie schon in den ersten Wochen Ihrer Regierungstätigkeit jetzt genau das tun, was die alte Koalition bis 1999 auch getan hat, nämlich um die Kinderbetreuungsplätze ausschließlich zu streiten und dann solche „wunderbaren“ Vorschläge zu machen wie den: Da machen wir zuerst einmal eine Be­darfserhebung und schauen wir einmal, ob wir da überhaupt etwas brauchen. (Abg. Steibl: ... Tagesmütterbetreuung ...!)

Ich komme wieder mit einem Beispiel, dem einer jungen Ärztin in einem Landesspital in einer Landeshauptstadt. Nach eineinhalb Jahren Elternkarenz kommt sie zurück, sie möchte arbeiten. In dieser Stadt gibt es erst Monate später für ihr Kind eine Tagesmut­ter beziehungsweise einen Krabbelstubenplatz. Sie hofft auf einen Betriebskindergar­ten; es gibt keinen Betriebskindergarten. Außerdem beginnt ihr Arbeitstag um sieben. Es gibt keine Krabbelstube und keinen Kinderbetreuungsplatz, selbst in wenigen Mo­naten nicht, der ihre Arbeitszeit abdecken kann, der um sieben Uhr beginnt oder zum Beispiel auch Nachtdienste anbietet.

Was schreiben Sie so einer Frau zurück? Wir haben in der letzten Zeit alles getan, wir haben alles versucht? Wir erheben einmal den Bedarf für Kinderbetreuungsplätze? Wir schauen einmal, wo es überhaupt ein Problem gibt? – Ich kann Ihnen Kisten mit Brie­fen von Frauen geben, die Probleme mit Kinderbetreuungsplätzen haben. Daher bitte ich Sie – an die ÖVP gerichtet, an die ÖVP-Regierung in dieser Regierung –, überle­gen Sie sich dieses Argument, und verwenden Sie es nie wieder: Wir müssen erst den Bedarf erheben! – Danke! (Beifall bei den Grünen.)

Allerdings gibt es in dieser Debatte auch Unerfreuliches. Wir haben bei dieser familien­politischen Diskussion leider Kommentare gehört, die aus meiner Sicht noch sehr viel


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weiter als bis 1919 zurückgehen, sehr viel weiter! Es geht dabei um dieses Bild – von Kirchenmännern formuliert –, dass Frauen eben dazu da sind und dass es dem Nachwuchs besser geht, wenn er ausschließlich von den Müttern betreut wird. Das wird dann noch von einer politischen Begleitmusik begleitet, die wiederum von einem ÖVP-Minister kommt – der angeblich als Zukunftshoffnung bezeichnet wird –, der im Jahr 2007 tatsächlich die Idee eines Müttergehaltes ausspricht und formuliert: ein Min­destgehalt, eine Mindestsicherung für eine Person, die mehrere Jahre zu Hause bleibt.

Was passiert so einer Person, die mehrere Jahre zu Hause bleibt? – Ich habe hier wie­der einen Fall: Ich habe sehr gut verdient, bis ich verheiratet war, zwei Kinder bekam. Ich habe meinen Mann dann in der Karriere unterstützt. Nun bin ich 50 und verdiene so viel wie eine 18-Jährige auf dem Arbeitsmarkt! – Das ist genau das Problem! Das ist genau das Problem, das Sie den Frauen bereiten, wenn Sie ihnen sagen: Das ist euer Platz, und das ist euer Weg.

Ich würde mir auch wünschen, dass in so einer familienpolitisch und gesellschaftspoli­tisch wichtigen Diskussion nicht nur die Frauenministerin etwas sagt, sondern vielleicht auch einmal der Herr Bundeskanzler oder der Herr Vizekanzler klare Worte findet, dass wir in Österreich ein familienpolitisches Modell wollen und brauchen, das beide Elternteile dazu befähigt und es ihnen ermöglicht, Zeit mit den Kindern zu verbringen, aber auch berufstätig zu sein. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Ich habe leider nur noch 2 Minuten Zeit und möchte – nicht angekündigt – noch einen letzten Bereich ansprechen. Das waren jetzt die vier großen Problembereiche; ich wür­de mir wünschen, dass Sie das ernst nehmen und wir uns am Donnerstag nicht wieder die allgemeinen Lippenbekenntnisse gegenseitig vortragen, sondern dass tatsächlich Nägel mit Köpfen gemacht werden und heute tatsächlich auch Maßnahmenpakete mit Finanzierung, mit echten Chancen für Frauen für die nächsten drei, vier Jahre be­schlossen werden.

Frau Ministerin Bures! Sie haben gesagt: Meine wichtigste Aufgabe ist, es Frauen zu ermöglichen, Beruf und Familie zu vereinbaren. – Eine ganz große Gruppe von Frauen haben Sie vergessen und, glaube ich, auch verdrängt, weil es eine Achillesferse in der SPÖ ist! Das sind nämlich Frauen, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben oder mit Männern verheiratet sind, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben, die durch das Fremdenrechtspaket in ihrem ureigensten Recht, nämlich ihrem Recht auf ein Familienleben, ihrem Recht auf eine Familienunterstützung, extrem schwer be­einträchtigt sind.

Ich habe auch hier wieder einen Fall. Das ist allerdings eine Deutsche, die schreibt, dass sie am Ende das Kindergeld doch bekommen hat. Es wurden ja kosmetische Korrekturen vorgenommen, aber für viele Menschen gilt das noch immer nicht, dass ein Kind, wenn es auf die Welt kommt, und eine Familie, wenn sie Kinder bekommt, unterstützt wird. Das gilt noch immer nicht!

Sie sagt: Gott sei Dank, für mich war es nur ein zeitlicher Aufwand. Sie beschreibt, wie sie stundenlang mit ihrem drei Monate alten Säugling das erste Mal in ihrem Leben bei der Fremdenpolizei war, dort kopieren musste und zwei Stunden warten musste, bis der Säugling, der vorher gut gelaunt war, dann weniger gut gelaunt war; aber das nur am Rande. Diese Frau hat die Kinderbetreuungsleistungen erhalten, aber es gibt viele Mütter in Österreich, die sie nach wie vor nicht erhalten. Hätten wir die Kinderrechts­konvention ratifiziert, wäre das alles kein Thema mehr.

Ich würde Sie bitten, bei allen machtpolitischen Überlegungen eine Gruppe von Men­schen in Österreich nicht zu vergessen – das sind diejenigen, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben, die von Armut viel mehr bedroht sind als andere Öster­reicherinnen, nämlich gerade Migrantinnen, Frauen in diesem Bereich (Präsidentin


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Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – und das nicht zu verdrängen, nur um in der Regierung mit der ÖVP gemeinsam ein schönes Fest zu haben. (Beifall bei den Grü­nen.)

16.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin, Sie sind am Wort.


16.26.23

Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herzlichen Dank für die Gelegenheit, am Vor­tag des Internationalen Frauentages die frauenpolitischen Vorhaben der Bundesregie­rung und daher meines Ressorts hier im Hohen Haus, in dem ich ja viele Jahre poli­tisch gearbeitet habe, auch erörtern zu können!

Wir haben uns in dem gemeinsamen Arbeitsübereinkommen im Frauenbereich sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. Wir haben ein eigenständiges Frauenministerium geschaffen, worum wir viele Jahre gekämpft haben, und wir haben den höchsten Frauenanteil, den es je in einer Regierung gab, erreicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist meiner An­sicht nach ein deutliches Signal; das ist zwar noch kein Programm, aber ich denke, allemal ein guter Anfang.

Verbunden mit den frauenpolitischen Maßnahmen bin ich doch davon überzeugt, dass das, was wir im Regierungsübereinkommen für die nächsten vier Jahre vereinbart ha­ben, viel für die Frauen bringen wird und dass wir die Möglichkeit haben, die Lebens­situation der Frauen in vielen Bereichen tatsächlich zu verbessern.

Mein Ziel ist es nämlich, nicht zu jammern, sondern genau hinzuschauen, wo die Pro­bleme der Frauen liegen, und mich darum zu kümmern, dass wir für das, was sie möchten – nämlich ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben führen zu können –, die Rahmenbedingungen schaffen, sodass dies auch möglich ist. Daher geht es darum, dass wir in den nächsten vier Jahren die Lebenssituation der Frauen spürbar verbes­sern, dass wir ihre Chancen erweitern, dass wir mehr Wahlfreiheiten geben, damit sie eben dieses selbstbestimmte und unabhängige Leben auch führen können.

Zu der Kritik, Frau Abgeordnete Glawischnig, was das frauenpolitische Kapitel im Re­gierungsübereinkommen betrifft: Mir ist es wichtig, hier festzuhalten, dass es sich um ein frauenpolitisches Missverständnis Ihrerseits handeln muss, wenn Sie Frauenpoli­tik auf das Kapitel Frauen reduzieren. Mir ist es ganz wichtig, Frauenpolitik immer als Querschnittsmaterie zu verstehen. Frauenpolitik ist nämlich Finanzpolitik, Frauenpolitik ist Sozialpolitik, Frauenpolitik ist Justizpolitik, Frauenpolitik ist Bildungspolitik. Daher würde ich Sie ersuchen, die frauenpolitischen Aspekte in der Gesamtheit zu sehen und daher auch wirklich die Gesamtheit des Regierungsübereinkommens, was frauenpoli­tische Maßnahmen betrifft, zu studieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber in der Analyse der Situation vieler Frauen treffen wir uns in einigen Punkten. Was die Frage der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen betrifft, ist es so, dass im EU-Vergleich in Österreich die Einkommen überdurchschnittlich hoch ausein­anderklaffen. (Abg. Steibl: Wo bleibt die Sozialpartnerschaft? Die Gewerkschaft ...!) Weil ich diese Analyse auch gesehen habe und weil wir das auch gemeinsam im Regierungsübereinkommen festgelegt haben, haben wir ganz konkrete Maßnahmen – nicht „einen Aktionsplan und sonst nichts“! Wir haben im Regierungsübereinkommen ganz konkrete Maßnahmen, die zu einem Beitrag dazu führen (neuerlicher Zwischenruf


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der Abg. Steibl), dass die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen nicht mehr weiter auseinanderklafft.

Ein Beispiel, wenn wir als Einkommen auch das Einkommen der Pensionistinnen neh­men: Mit 1. Februar ist es uns gelungen, mit 726 € Mindestpension 150 000 Frauen mit einer Pension über die Armutsschwelle zu heben! Das ist eine ganz konkrete Maß­nahme (Abg. Öllinger: Das war nicht eine Maßnahme dieser Regierung!) und eine der ersten, die wir sofort in Angriff genommen haben, weil sie eine ganz wichtige Maß­nahme zur Bekämpfung der Frauenarmut ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit das nicht oberflächlich bleibt, wird auch eine zweite konkrete Maßnahme ge­setzt: Wir haben mit den Sozialpartnern vereinbart, dass es zu einem Generalkollektiv­vertrag mit einem Mindestlohn von 1 000 € kommen muss, und auch da gibt es erste Erfolge. Die Ärztekammer hat diesen bereits abgeschlossen. Das heißt, Arzthelferin­nen, die in der Vergangenheit Bezüge nach einem Kollektivvertrag hatten, der noch unter 1 000 € gelegen ist, werden in Zukunft einen Sprung nach vorne machen. Damit wird ein Beitrag zum Schließen der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen geleistet, weil wir einen Generalkollektivvertrag mit 1 000 € Mindestlohn umgesetzt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zentrale Punkt ist die Armutsbekämpfung. Ich nehme mich dessen auch deshalb besonders an, weil Armut weiblich ist. Ich bin daher sehr froh darüber, dass im Sozial­ministerium sofort Initiativen betreffend Einführung der bedarfsorientierten Mindestsi­cherung gesetzt wurden, denn das ist ein ganz entscheidendes Instrument und gleich­sam ein Sprungbrett, um wieder in Beschäftigung zu kommen. Das beste Mittel zur Be­kämpfung der Armut ist natürlich Beschäftigung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung steht im Mittelpunkt unseres politischen Han­delns, und wir sehen Beschäftigung in der weiteren Folge als eine Voraussetzung für ein unabhängiges und eigenständiges Leben.

Ich bin nicht nur in der Frage der Verteilung des Einkommens, sondern auch in der Frage der Verteilung der Arbeitszeit Ihrer Auffassung. Es werden natürlich nicht überall vollzeitäquivalente Einkommensunterschiede aufgerechnet, und natürlich ist ein Teil der Auseinanderentwicklung der Einkommen darauf zurückzuführen, dass wir verstärkt von Vollzeitbeschäftigung in Teilzeitbeschäftigung drängen, wenn auch in vielen Berei­chen unfreiwillig. In vielen Bereichen, etwa im Handel und im Dienstleistungsbereich, sind Frauen, die älter sind, teilzeitbeschäftigt, und diesfalls geht es nicht um die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern in vielen Bereichen finden Frauen keine Vollzeitbeschäftigung. Außerdem ist es unter vielen Aspekten für Arbeitgeber wirtschaftlich noch immer günstiger, Teilzeitbeschäftigte zu haben.

Diesbezüglich haben wir eine klare Maßnahme vereinbart: Es kann nicht sein, dass bei Teilzeitbeschäftigung Mehrdienstleistungen gleich abgegolten werden, sondern es muss auch da einen Zuschlag genau wie bei der Vollzeitbeschäftigung geben. Ich glau­be, dass das auch eine ganz konkrete Maßnahme ist, mit der wir die Einkommens­situation gerade der Frauen, die teilzeitbeschäftigt sind, verbessern werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Mittelpunkt steht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Dafür sind wir angetreten und haben immer gesagt, dass das unser Schwerpunkt sein wird. Ein weiterer Schwerpunkt ist auch die Erhöhung der Frauenerwerbsquote. Wir wollen die Frauenerwerbsquote in dieser Legislaturperiode um 3 Prozent erhöhen. Darauf haben wir uns geeinigt. Ich halte es nicht nur aus gleichstellungspolitischen Gründen für ganz wesentlich, dass es uns gelingt, die Frauenerwerbsquote zu erhöhen, sondern etwa aus dem Wifo-Weiß­buch und von der Industriellenvereinigung wissen wir auch, dass es wirtschaftspolitisch


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und ökonomisch unklug wäre, auf das große Potential der Frauen im Erwerbsleben zu verzichten.

Ganz wichtig ist mir, dass es hier nicht nur um die Quantität der Arbeit, sondern auch um die Qualität geht, das heißt, es muss Vollzeitarbeit mit einem Einkommen möglich sein, von dem frau in Zukunft wirklich leben kann.

Frau Abgeordnete Glawischnig, Sie haben davon gesprochen, dass es Ziel war, für die Frauenförderung auf dem Arbeitsmarkt zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. – Ich sehe das auch so, und deshalb haben wir das auch gemacht: Wir haben vereinbart, dass 200 Millionen € zusätzlich in die aktive Arbeitsmarktförderung fließen müssen, und davon werden 100 Millionen € gerade für diesen so wichtigen Bereich, nämlich für Frauen auf dem Arbeitsmarkt und Wiedereinsteigerinnen in den Beruf investiert. Es geht genau darum, Frauen mehr Qualität zu bieten, und zwar auch betreffend die Zur­verfügungstellung von Arbeitsmarktmitteln. Es geht darum, vor allem die qualitativen Ziele der Frauen stärker zu definieren und dafür zu sorgen, dass höherwertige Quali­fizierungsmaßnahmen letztlich zu nachhaltiger Langzeitbeschäftigung führen. Auch die Bildungskarenz werden wir erleichtern und attraktiver machen.

Die Ursachen, dass es immer noch Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, liegen weit zurück und beginnen sehr früh. Die sozialdemokratische Frau­enministerin Johanna Dohnal hat das schon früh gewusst und hat die Aktion „Töchter können mehr“ gestartet, um jungen Frauen Mut zu machen, auch andere Möglichkeiten der Berufswahl und Berufsausbildung wahrzunehmen, und ich meine, das müssen wir jetzt ganz ambitioniert wieder angehen!

Leider ist noch immer die Hälfte der erwerbstätigen Mädchen und jungen Frauen in nur drei Dienstleistungsbranchen, nämlich in den Branchen Handel, Gesundheit und Sozi­ales und Gastronomie, beschäftigt; dem gegenüber haben wir jedoch ein Defizit im Bereich Handwerk und Technik. In der Wirtschaft besteht Bedarf nach Arbeitskräften in technischen und handwerklichen Berufen, und im Hinblick darauf ist es meiner Mei­nung nach ganz wichtig, dass entsprechende Initiativen wieder anlaufen und massiv darauf gedrängt wird, dass Mädchen und jungen Frauen Mut gemacht wird, eine atypi­sche Berufswahl zu treffen. Einerseits muss es Ermutigung geben, andererseits aber auch ganz konkrete Maßnahmen. Es darf nicht nur Arbeitskreise und Aktionspläne ge­ben, sondern es müssen auch konkrete Maßnahmen gesetzt werden.

Konkrete Maßnahmen können wir mit Förderungen steuern. Wir haben die sogenannte Blum-Förderung für Lehrlinge verlängert, was wichtig und richtig ist, es geht aber mei­ner Meinung nach auch darum, dass diese sinnvoll eingesetzt wird. Die „Blum-Förde­rung“ soll nicht in Lehrberufe fließen, bei denen sich die jungen Frauen nach Beendi­gung der Lehre wieder ans AMS wenden müssen und ohne Job dastehen, sondern die „Blum-Förderung“ soll vor allem für zukunftsorientierte Lehrberufe eingesetzt werden, damit die Mädchen ermutigt und unterstützt werden, in atypische Lehrberufe zu gehen. Wir halten es nämlich für wichtig, dass nicht nur mit der Gießkanne Geld ausgeschüttet wird, sondern dass unser Ziel klar definiert wird, und unser Ziel ist es, mehr Mädchen und Frauen dort in Beschäftigung zu bringen, wo sie auch Zukunft und, wie gesagt, ein Einkommen haben, von dem sie leben können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz wichtig ist mir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das ist für mich vor allem auch deshalb ganz entscheidend, weil wir aus allen EU-Vergleichen genau wissen, dass überall dort, wo es eine hohe Frauenbeschäftigungsquote und auch eine hohe Betreuungsquote gibt, gleichzeitig auch die Geburtenrate hoch ist. Das bedeutet, dass sich die Familien leichter für Kinder entscheiden können, wenn die Rahmenbedingun­gen stimmen. In Anbetracht dessen glaube ich, dass es notwendig ist, dass wir im Be­reich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Maßnahmen setzen.


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Die erste Maßnahme ist die Flexibilisierung des Kindergeldes. Wir wissen, dass 97 Prozent der Frauen nach 30 Monaten Kindergeldbezug sagen, dass sie Probleme beim Wiedereinstieg haben. Wir wissen, dass die Hälfte mit einem geringeren Gehalt und schlechteren Karrierechancen wieder in den Beruf zurückkehrt. Daher sollten wir anbieten, dass man, wenn man nur halb so lange Kindergeld bezieht, fast das Dop­pelte bekommt, nämlich 800 €. Das wird dann vielleicht dazu beitragen, dass der eine oder andere junge Vater nicht aus finanziellen Gründen davor zurückschreckt, sich der Betreuung des eigenen Kindes zu widmen. Bei 800 € haben wir die Möglichkeit, dass sich auch mehr Männer dieser meiner Auffassung nach so wichtigen Beziehungsarbeit stellen. So können wir wahrscheinlich mehr Väter dazu gewinnen, diese gemeinsame schöne Aufgabe der Kindererziehung tatsächlich zu übernehmen.

Der zweite wichtige Punkt betreffend Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist natürlich die Kinderbetreuung. Frau Abgeordnete Glawischnig! Ich bin sehr froh darüber, dass Sie heute hier einen Schwerpunkt auf den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen gelegt haben. Nach Ihren letzten Interviews habe ich schon geglaubt, dass Sie eher für steuerliche Regelungen sind, die in der Regel Frauen mit geringen Einkommen nicht zugute kommen. Daher bin ich heute sehr froh, dass Sie gesagt haben, dass wir ein Defizit bei Kinderbetreuungseinrichtungen haben, und dass Sie mich dabei unterstüt­zen werden, dass diese tatsächlich ausgebaut werden. Gerade bei den unter Dreijähri­gen müssen wir den Ausbau massiver vorantreiben, aber auch bei den Sechs‑ bis Neunjährigen, und zwar angefangen von Ganztagsschulmodellen bis zur Nachmittags­betreuung. Ich glaube, das ist ein gemeinsames Anliegen, und wir werden eine ge­meinsame Kraftanstrengung mit den Ländern unternehmen, damit wir rasch das leider vorhandene Defizit an Kinderbetreuungseinrichtungen im Interesse der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und im Interesse der Familien tatsächlich beseitigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zuletzt auch noch zu einem mir sehr wichtigen Thema Stellung neh­men, nämlich zum Thema Gewalt an Frauen. Es ist ein großes gemeinsames Anlie­gen der gesamten Bundesregierung, den Kampf gegen Gewalt an Frauen zu führen. Der beste Kampf gegen Gewalt an Frauen ist, Frauen aus Abhängigkeitsverhältnissen zu holen. Daher muss auch Frauenarmut bekämpft werden.

Unabhängig davon gibt es eine Reihe von Einrichtungen, die sehr gute Arbeit leisten und die unser verstärktes Augenmerk verdienen. Sie können mir glauben: Ich verstehe etwas von Zahlen, und daher habe ich bei den Budgetverhandlungen sehr darauf ge­achtet, dass die Interessen der Frauen gewahrt werden, und zwar insbesondere im Kampf gegen Gewalt an Frauen.

Ich bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, für die Interventionsstellen für das Jahr 2007 eine Erhöhung um über 60 Prozent zu erreichen. Das werden wir in den Budgetverhandlungen noch besprechen. Eine solche 60-prozentige Erhöhung hat kein anderes Ressort! (Beifall bei der SPÖ.)

An dieser Erhöhung wird auch das Innenministerium teilnehmen, und damit werden wir nicht nur die Möglichkeit haben, vor allem die prekäre Situation der Wiener Interventi­onsstellen zu bereinigen, sondern wir können auch einen weiteren Ausbau dieser wich­tigen Anlaufstellen gerade für Frauen und Kinder, die Opfer von Gewalt sind, finan­zieren.

Im Übrigen glaube ich, dass man am Frauenbudget sehr wohl den Kurswechsel gegen­über der Politik der letzten Jahre sieht. Noch einmal zur Information: Wir werden das gesamte Frauenbudget um 35 Prozent erhöhen, um diese wichtige politische Arbeit mit den notwendigen finanziellen Mitteln durchführen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe gelesen, dass Sie für das Frauenbudget knapp über 7 Millionen € fordern. – Ich habe über 8 Millionen € erreicht! Ich hoffe, das entspricht Ihrer Zielsetzung! Das ist um 1 Million € mehr, und ich bin überzeugt, dass das Geld in diesem Bereich wirklich gut investiert ist, denn es wird hinsichtlich Beratungseinrichtungen, Kampf gegen Ge­walt, Servicestellen ohnedies noch viel zu tun geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin, wie gesagt, wirklich sehr froh dar­über, dass wir diesem zentralen Thema heute im Hohen Haus entsprechenden Raum bieten. Ich glaube – und habe das auch klargemacht –, dass es um ganz konkrete Maßnahmen geht. Es geht nicht darum, politisches Kleingeld aus einer Situation zu holen. Mein Ziel ist vielmehr, die Lebenssituation der Frauen zu verbessern und Rah­menbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen so leben können, wie sie wollen, selbstbestimmt und unabhängig.

Daher möchte ich Sie alle abschließend recht herzlich einladen, über alle Parteigren­zen hinweg mit mir einer fortschrittlichen und zukunftsorientierten Frauenpolitik im In­teresse der Frauen in Österreich tatsächlich zum Durchbruch zu verhelfen und diese zu verwirklichen. Im Übrigen lade ich Sie alle, auch die männlichen Kollegen, vor allem aber die weiblichen Abgeordneten, recht herzlich zum morgigen Open House aus An­lass des Internationalen Frauentages ins Frauenministerium ein. Bitte merken Sie vor: 16.30 Uhr, Minoritenplatz 3, Open House, Internationaler Frauentag.

Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Einsatz im Interesse der Frauen und hoffe, dass wir das gemeinsam tragen werden! Ich lade Sie ein, in den nächsten vier Jahren mit uns gemeinsam einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Lebenssituation der Frauen spürbar verbessert! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner und keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamt­redezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 10 Minuten Rede­zeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.


16.44.38

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Frau Ministerin! Sie sagen, dass Sie fort­schrittliche, zukunftsorientierte Frauenpolitik mit uns machen wollen, und ich wäre so gern dabei. Mein Problem ist nur: Wie bekomme ich Sie dazu?

Sie haben heute hier gerade behauptet, dass es ein ehrgeiziges Regierungsprogramm in Sachen Frauenpolitik gibt. – Da frage ich Sie: Haben Sie zusätzlich noch ein Ge­heimabkommen mit der ÖVP, das mir nicht vorliegt? Das Regierungsprogramm, das mir vorliegt und das ich analysiert habe, ist nämlich alles andere als ehrgeizig! Es lässt sich nur als zahm und zögerlich in Sachen Frauenpolitik beschreiben! Das einzig Neue daran ist, dass sich der Name der Ministerin geändert hat. – Und ich werde meine Be­hauptung auch gerne belegen.

Sie haben gerade vorher gesagt, dass die Frauen nicht jammern sollen, wenn eine Op­positionspolitikerin oder auch andere frauenpolitisch Interessierte Missstände benen­nen. Das kennen wir! Das haben Sie selber ja immer wieder am eigenen Leib erlebt, wenn Ihnen Ministerin Rauch-Kallat oder ihre Vorgänger gesagt haben: Liebe Kollegin­nen von der SPÖ, jammern Sie nicht! – Jetzt machen Sie aber ganz genau dasselbe!


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Sie reden vom „Mut-Machen“. – Auch das kennen wir schon! Sie reden davon, dass Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie ist. – Klar ist sie das! Sie haben die Finanz­politik genannt. Darauf erwidere ich: Wo findet sich denn im Regierungsprogramm ein finanzpolitischer Ansatz, der Frauen zu einer Verbesserung ihrer Lebenssituation ver­hilft? Wo ist denn zumindest ein Minimum an Gender Budgeting geblieben? Dieses Wort kommt in Ihrem Regierungsprogramm nicht einmal vor! Sie haben als Ministerin nichts anderes zu tun gewusst als das, was Ihre Vorgängerin auch schon getan hat, nämlich einen hilflosen, lieben Brief an den Finanzminister zu schreiben und zu sagen: Könnten wir nicht einmal Gender Budgeting machen? – Das ist kein Prozess, mit dem man Fraueninteressen schlagkräftig zum Durchbruch verhilft! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen wir uns auch das Bildungskapitel an. Sie haben im Zusammenhang mit dem Begriff Querschnittsmaterie auch den Bereich Bildung genannt, und ich habe das Bil­dungskapitel sehr gründlich durchstudiert. Darin findet sich tatsächlich eine halbe Zeile, die sozusagen einen frauenpolitischen Ansatz mittransportiert, und diese lautet: „Bu­ben fördern, Mädchen stärken.“ – Das war es! Das ist alles, was Sie im bildungspoli­tischen Kapitel zu mädchen- und frauenpolitischen Anliegen zu bieten haben. Das nen­nen Sie ehrgeizig, Frau Ministerin? – Entschuldigung! Ich meine, das ist es nicht wirk­lich!

Wenn Sie schon das Sozialkapitel mit ansprechen, dann hätten Sie doch – um nur ein kleines Beispiel zu nennen – wenigstens im eigenen Ressort eine entsprechende Handhabe gehabt. Was hindert Sie denn daran, endlich die Notstandshilfe vom Part­ner‑ und Partnerinneneinkommen zu entkoppeln? Das wäre ein Minimum gerade für armutsgefährdete Frauen und ein riesiger Schritt. Das würde Sie nicht viel kosten. Warum tun Sie es nicht einfach, statt immer nur die Querschnittmaterie zu verkünden?

Gehen wir noch zu ein paar konkreten Punkten, die Sie genannt haben und die ja nicht unlustig sind: Sie rühmen sich damit, dass Sie in Sachen Pensionsregelung eine Ver­besserung für die Frauen herbeigeführt haben. – Nicht böse sein, wenn ich Ihnen jetzt sage: Es war die letzte Regierung, die das gemacht hat! Ebenso haben Sie die Aufsto­ckung des AMS um 200 Millionen jetzt gerade angekündigt. – Seien Sie bitte wiederum nicht böse, aber auch das war im vergangenen Jahr vor der Wahl schon beschlossen! Und die Halbe-halbe-Regelung im AMS gibt es schon lange.

Was es nicht gibt, ist das, was Sie beziehungsweise Ihre Partei – Kollegin Prammer und Kollegin Stadlbauer waren jedenfalls dabei – vor einem Jahr noch gefordert haben, nämlich einen eigenen Bundesfrauenförderungsfonds außerhalb des AMS mit einer Dotierung von 100 Millionen. Wo ist dieser denn? – Er ist nicht da, den gibt es nicht!

Etwas muss ich jetzt noch bringen, weil das eine so plakative Forderung war: Beim letzten Frauentag haben die SPÖ-Politikerinnen gefordert: Frauen sollen zu dem kom­men, was ihnen gehört, nämlich die Hälfte der Welt! – Liebe Frau Ministerin Bures! Liebe Kolleginnen! Sie schaffen es doch nicht einmal, die Hälfte Ihres eigenen Klubs zu bekommen! Wie wollen Sie da die Hälfte der Welt für die Frauen erreichen? (Beifall bei den Grünen. )

Immerhin hat unser Klubobmann eine Schnapswette gewonnen, denn Sie schaffen es ja nicht einmal, 40-Prozent-Quoten zu erreichen! (Abg. Steibl: Ihr habt es mit dem Schnaps!)

Ich denke, das Problem ist damit angesprochen: Der Kernpunkt der Kritik ist, dass man die Glaubwürdigkeit dieser Regierung in frauenpolitischen Anliegen nicht sehr hoch einstufen kann. Was ist von einer Partei zu halten, die den Frauen im Regierungspro­gramm und in den Reden zum Frauentag mehr Führungspositionen für Frauen und einen höheren Anteil von Frauen in der Wirtschaft, in der Politik und bei den Sozialpart­nerinnen und -partnern verspricht, wenn sie es nicht einmal schafft, in den eigenen


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Reihen einen höheren Frauenanteil durchzusetzen, wenn sie es nicht schafft, im öffent­lichen Dienst verbindliche Frauenquoten und Frauenförderpläne zu verankern, und wenn sie es nicht schafft, im öffentlichen Dienst tatsächlich einmal Frauen in Sektions­leiterpositionen zu bringen? Von Hälfte-Hälfte sind wir da nämlich weit entfernt! Daher ist das leider nicht sehr glaubwürdig!

Wenn jetzt die ÖVP kommt und all diese Forderungen erhebt, dann ist das für mich, wenn ich gerade gut aufgelegt bin, erheiternd. Fragen möchte ich Sie aber schon: Was hat Sie daran gehindert, all das in den letzten Jahren, in denen Sie praktisch in der Alleinregierung waren, umzusetzen, was heute von Ihnen in Sonntagsreden mitunter­stützt wird?

Kommen wir auch noch zu einem Ziel, das Sie sich im Regierungsprogramm gesetzt haben, das im Übrigen nicht gerade vor Maßnahmen strotzt. – Es ist ja ganz witzig, wenn ein Kapitel „frauenpolitische Maßnahmen“ heißt, wenn das, was nicht drinnen steht, Maßnahmen sind. Das, was drinnen steht, sind allgemeine, unverbindlich formu­lierte Zielsetzungen, ja keine konkreten Budgetansätze, und sicher keine konkreten Maßnahmen.

Und noch nicht einmal bei diesen unverbindlichen Absichtserklärungen schaffen Sie es, die Realität mit einzubeziehen! Wenn Ihre Kapitelüberschrift „Weitere Schließung der Einkommensschere“ lautet, während der Rechnungshof vorlegt, dass die Einkom­mensschere in den letzten sechs, sieben Jahren wieder deutlich auseinandergegan­gen ist, dann leben Sie in einer anderen Realität als die österreichischen Frauen. (Bei­fall bei den Grünen.)

Schauen wir uns die Maßnahmen an, die dort aufgeführt sind. Was davon ist neu? „Un­terstützung von Mädchen bei der (atypischen) Berufswahl“? – Da man in den letzten Jahren gerade all die Beratungsprojekte, erfolgreichen EQUAL-Projekte oder Ähnli­ches zurückgefahren hat und Sie aber wieder kein Geld vorsehen, um das irgendwie aufzustocken, frage ich mich, was davon wirklich kommen wird. (Abg. Heinisch-Ho­sek: Woher wollen Sie das wissen? Abg. Mag. Wurm: HTL-Schulplätze bringen den Frauen ...!)

Warum machen Sie nicht tatsächlich einmal Nägel mit Köpfen? Es ist ja nicht so schwer. Es gibt ja internationale Beispiele; es gibt Ideen, die man übernehmen kann. Was hindert Sie daran, zu bestimmen: Wer in Österreich Wirtschaftsförderung haben möchte und eine gewisse Betriebsgröße hat, der soll – unter vielen anderen Kriterien, die so ein Betrieb ohnehin erfüllen muss, um als Förderwerber oder Förderwerberin durchzukommen – auch Gender Mainstreaming – das heißt betriebliche Gleichstel­lungsziele – erfüllen!?

Sie könnten ganz simpel sagen: Einkommensgerechtigkeit ist uns wichtig, der Anteil von Frauen an den jeweiligen Stundenzahlen ist uns wichtig, der Anteil von Frauen in den Führungspositionen ist wichtig. – Das kostet Sie kaum Geld. Sie müssten lediglich ein Modell ausarbeiten und es umsetzen. Es wäre jederzeit umsetzbar, und es wäre eine konkrete Maßnahme.

Was hindert Sie denn daran, Frau Ministerin, Herr Bundeskanzler, werte Regierungs­mitglieder?

Sie machen Folgendes, Frau Ministerin – und das verstehe ich beim besten Willen nicht –: Bevor Sie noch darüber nachdenken und mit Wirtschaftstreibenden und Unter­nehmen darüber verhandeln, was man frauenpolitisch weiterbringen könnte, sagen Sie in den Antrittsinterviews – sinngemäß –, keine Sorge, Sie halten nichts von gesetz­lichen Verpflichtungen, es werde keine verbindlichen Vorschriften geben, es solle alles


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freiwillig passieren. – So freiwillig, wie eben der Frauenanteil in den Parlamentsklubs steigt!

Warum tun Sie das? Warum geben Sie die Möglichkeiten, die Sie haben, bei Amts­antritt gratis aus der Hand – zum Nachteil der Frauen in Österreich?

Ich könnte jetzt – leider erlaubt mir das die Redezeit nicht (Abg. Steibl: Gott sei Dank!) – noch viele Beispiele aus Ihrer eigenen Rede und aus dem Regierungspro­gramm bringen, die belegen, dass leider die Frau Exministerin Rauch-Kallat recht hat: Es gibt keinen Kurswechsel. Der „Kurswechsel“ besteht in der Fortführung der schwarz-blauen Frauenpolitik.

Mit anderen Worten: Es wird auch nicht besser, wenn man zum Frauentag dann ein paar Begriffe mit einstreut wie die Quote, wenn dem keinerlei Realität gegenübersteht. Sie betreiben eine Frauenpolitik im Querschnitt – quer durch das ganze Regierungs­programm –, die zahm, zögerlich und zaudernd ist. Und das haben sich die Frauen in Österreich nicht verdient! (Beifall bei den Grünen.)

16.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Hei­nisch-Hosek zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.


16.54.08

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Frau Frauenministerin! Frau Staatssekretärin! Warum machen Sie das, Frau Kolle­gin Weinzinger, Frau Kollegin Glawischnig? – Die Glaubwürdigkeit der Grünen in Sa­chen Frauenpolitik bröckelt mit jeder Rednerin mehr und mehr ab. Wieso kommen Sie nicht zu uns ins Boot? (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Warum gilt nicht das, was vorher gegolten hat, jetzt auch für Sie? Der Weg, den wir doch gemeinsam begonnen haben, wurde jetzt von Ihnen abgeschnitten; doch nicht von uns! Seien Sie doch ein bisschen glaubwürdiger! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Sburny: Sie sind schon lange abgebogen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Die Kollegen von der ÖVP sind – ich weiß es nicht – vielleicht ein Bier trinken. Sie könnten, denke ich, auch mehr Interesse an Frauenpolitik haben. Wir sind gut vertreten, sehr geehrte Damen und Herren.

Ich freue mich, dass Frauenpolitik heute im Zentrum steht. Dass Sie das aufs Tapet gebracht haben, ist gut, einen Tag vor dem Internationalen Frauentag. Dafür bedanke ich mich. Es besteht die Möglichkeit, in der Debatte zu einem Dringlichen Antrag die Themen, die uns am Herzen liegen und die wir jetzt endlich – der Aufwind ist ja spür­bar – umsetzen werden, zu diskutieren. (Abg. Brosz: Die Anwesenheit ... mehr als die Frauenquote!)

Da morgen Internationaler Frauentag ist, Kollege Brosz: Bundeskanzler Gusenbauer nimmt das schon sehr ernst. Heute früh fand die Eröffnung einer Ausstellung zum The­ma „Gewalt in der Familie“, Gewalt gegen Frauen und Kinder, statt, bei der ich leider Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Kolleginnen und Kollegen der ÖVP und Kolle­ginnen und Kollegen der übrigen Parlamentsfraktionen vermisst habe. (Abg. Brosz: Welche Uhrzeit? Abg. Mag. Wurm: 9 Uhr!)

Es waren einzig und allein nur sozialdemokratische Abgeordnete da – und natürlich der Innenminister, der zum Glück auch das Budget für die Interventionsstellen mit erhöht hat. Das war ja wohl auch das Mindeste, was er hätte machen können. (Beifall bei der SPÖ.)

So viele Aktivitäten rund um diesen Frauentag lassen diesen Aufwind in der Frauen­politik auch spüren. Ich habe zum Beispiel heute einen Sticker von der Kollegin Bayr


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mit. Sie haben heute alle einen Brief bekommen: FGM ist ein Thema geworden. Es gibt einen von der UNO ausgerufenen internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung. Wir alle können mit dem Kauf dieses Buttons unterstützen, dass Genitalverstümmelung erstens thematisiert und zweitens reduziert wird.

Auch das sind Beiträge zum Internationalen Frauentag, wo ich mich bei Kollegin Bayr, aber auch bei allen anderen Kolleginnen und Kollegen – vor allem Kolleginnen – be­danken möchte, die morgen teilnehmen werden – zum Beispiel am Speakers’ Corner im Parlament.

Es wird ja morgen im Parlament eine große Veranstaltung zum Frauentag stattfinden. Frau Kollegin Glawischnig: Und ewig grüßt das Murmeltier – oder wie der Film heißt. Ich kenne ihn nicht; ich darf Sie nur daran erinnern: 430 Anmeldungen für morgen zei­gen wirklich kein Desinteresse an Frauenpolitik von Frauen. Die werden morgen da sein, und wir werden morgen für eine gute Veranstaltung sorgen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber der Aufwind interessiert Sie anscheinend nicht, denn wirklich nicht im Aufwind liegt dieser Dringliche Antrag, Kollegin Weinzinger von den Grünen, sowohl was den Inhalt als auch was den Umfang betrifft. Es ist immerhin der 56. Tag nach Angelobung dieser Regierung, also wir haben noch nicht einmal die 100 Tage erreicht, wo man sagen könnte, da kann man schon erste messbare Dinge feststellen.

Wir haben noch kein Budget beschlossen, wobei die Bundesministerin – vorausge­setzt, wir beschließen das im Parlament – schon verraten hat, dass das Budget mehr als gut aussehen wird, was die Frauen betrifft.

Sie reduzieren in dem Antrag alle frauenpolitischen Maßnahmen, die zum Teil schon sehr klar ausgeführt wurden und auf die ich dann noch eingehen werde, auf sieben Punkte. – Es sind wichtige Punkte, eindeutig, da bin ich bei Ihnen, aber zum Teil ste­hen diese Dinge schon viel konkreter im Regierungsübereinkommen! (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: ... diese sieben Punkte, dann bin ich vollauf zufrieden!) – Ich werde es Ihnen ja gleich referieren, Kollegin Weinzinger. Die sind viel konkreter formuliert als in Ihrem Antrag, und zum Teil sind sie schon erledigt. Darauf wird Kollegin Stadlbauer ohnehin noch eingehen. (Abg. Dr. Graf: Dann haben Sie das Übereinkommen nicht gelesen! Dann gibt es ein zweites Papier!)

Also der Zeitpunkt ist völlig falsch, und ich sage Ihnen Folgendes – das schmerzt Sie natürlich: Fordern und Umsetzen gehören meiner Meinung nach zusammen – natürlich auch für diese Bundesregierung. Das ist nicht immer leicht. Das ist mit dem Koalitions­partner nicht immer leicht, das ist für einen selbst nicht immer leicht, aber zu fordern ohne umzusetzen, das ist leicht – und das tun Sie permanent!

Das einzige Land, wo Sie Verantwortung tragen, ist Oberösterreich, wo Sie ja an der Regierung beteiligt sind. Können Sie mir eine frauenpolitische Maßnahme im Land Oberösterreich nennen, die die grüne Handschrift trägt? (Abg. Sburny: Ja! Ein Gen­der-Budget!) Ich habe heute im Internet gesucht und habe – leider! – keine einzige ge­funden. (Beifall bei der SPÖ.)

Die einzigen Frauen, die in Oberösterreich etwas bewegen, sind die Sozialdemokratin­nen, denn die Arbeitsstiftungen für Frauen gehen auf unsere Initiative zurück, und gar nicht auf die Initiative der Grünen. Und das finde ich besonders schade, dass Sie diese eingeschränkte Sicht der Dinge da heute mit hereinholen, einen Tag vor dem Frauen­tag, wo wir doch alle froh sein könnten, dass wir eine Frauenministerin haben, die Gas geben wird, meine Damen und Herren!

Es finden sich in diesem Übereinkommen so viele frauen- und gleichstellungspoliti­schen Maßnahmen wie noch nie. Schließlich werden wir alle – Sie und wir alle – daran gemessen, wie erfolgreich unsere Arbeit für die Frauen in diesem Lande ist, und nicht


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daran, was vielleicht an Maßnahmen aus Ihrer Sicht fehlt. (Abg. Dr. Graf: Surfen Sie nicht im Internet, da müssen Sie in die Dörfer gehen! Rufe bei den Grünen: Peinlich!)

Ich möchte ganz kurz noch auf einzelne Kapitel eingehen, weil ich der Meinung bin, dass die Frauenministerin gar nicht die Zeit gehabt hatte, alles zu nennen, worin Frau­enpolitik enthalten ist, Herr Kollege Öllinger, denn in 20 Minuten geht sich das nämlich nicht aus. Auf diesen 167 Seiten ... (Abg. Sburny: Das ist peinlich, was Sie da von sich geben!) – Das ist weder peinlich noch sonst irgendetwas, das ist die Wahrheit, das hat es noch nie gegeben, und das schmerzt Sie. Sie haben es ja nicht einmal in die Regie­rung geschafft. – Sie haben ja heute schon erwähnt, dass Sie es gerne dorthin schaf­fen würden. Wären Sie in der Regierung, könnten Sie das umsetzen. In Oberösterreich haben Sie es leider auch nicht gemacht. (Abg. Sburny: Sie haben das Programm nicht gelesen! Sie wissen nicht einmal, was in Ihrem Programm steht!)

Wenn man den „Blum-Bonus“ verlängert, muss man ihn sich sehr kritisch anschauen, keine Frage. Aber dass dieses Bekenntnis vorhanden ist, dass Mädchenförderung großgeschrieben wird, das ist nicht etwas, das nur auf dem Papier steht, sondern das ist etwas, das auch umgesetzt werden wird.

Weiters ist es auch sehr wichtig, dass die vielen freien Dienstnehmerinnen – mit klei­nem „i“, denn es sind fast nur Frauen, die in diesem Bereich tätig sind – jetzt auch sozi­alrechtlich abgesichert sein werden; das heißt, volle Versicherungsleistungen, wenn sie in die Mitarbeitervorsorge eintreten, gleicher Sozialversicherungsschutz wie für echte Dienstnehmer. – Das ist auch ein Meilenstein im Sinne der Frauen, damit es da zu Verbesserungen kommt.

Das Arbeitsmarktservice ist erwähnt worden: 100 Millionen zusätzlich für Frauen! Und was das Wichtige daran ist: Es sind qualitative Ziele, die eingeführt werden. Nicht allein die quantitativen Ziele – ein Kurs, und noch einer, und noch einer – sind wichtig, sondern es ist wichtig, wie viele Frauen wieder ins Erwerbsleben zurückkommen.

Hätten Sie es genau gelesen, wüssten Sie es und würden nicht in zwei Redebeiträgen so schwammig daherreden. – Ich bin schon gespannt, was noch an Unkonkretem von Ihnen kommt.

Kapitel Gesundheit, Kapitel Justiz, Kapitel Staatsreform: überall ist eine frauenpoli­tische Handschrift enthalten. – Und ich darf Ihnen nur sagen: Zum Lachen finde ich es nicht, dass eine Obergrenze bei chronischen Erkrankungen festgesetzt wird und dass Menschen für Rezeptgebühren nur bis zu einem gewissen Maß zahlen müssen, denn das trifft auch vor allem Frauen, die mit niedrigen Pensionen – zum Glück wurde die Mindestpension von uns jetzt angehoben –, mit dem wenigen Geld, das sie haben, nicht gut auskommen können. (Abg. Öllinger: Da kann ich Ihnen was erzählen!)

Bedarfsorientierte Mindestsicherung, Mindestlohn – von Ihnen immer so kritisiert: Herr Kollege Öllinger, wir haben es, es wird kommen! Es war nicht umgesetzt, und wir gehö­ren zu drei Staaten in Europa, die das in dieser Höhe einführen. – Das müssen Sie sich doch auch einmal überlegen, dass das keine Kleinigkeit ist. Dass wir bei den Pen­sionen einiges geschafft haben – 150 000 Frauen werden davon profitieren –, das ist doch, bitte, auch nicht von der Hand zu weisen.

Frauen in der Wissenschaft, Karrierechancen erhöhen: Wir werden eine Initiative – „Frauen in der Wissenschaft“ – setzen. Wir werden Programme zur Verbesserung an­gehen. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Das ist „ganz“ konkret!)

Seien wir doch froh, dass nicht alles in diesem Regierungsübereinkommen so genau formuliert ist (ironische Heiterkeit bei den Grünen), denn jetzt haben wir doch erst die Möglichkeit, und ich lade genau Sie ein, mitzuhelfen, diese Dinge auch umzusetzen.


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Wo sind die konstruktiven Vorschläge? (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Unser An­trag!) – Das sind sieben Punkte, die völlig allgemein formuliert sind, zum Teil erledigt sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Also, wenn Ihnen da nicht mehr einfällt, dann haben Sie frauen- und gleichstellungspolitisch heute wirklich versagt.

Ich sage Ihnen nur: Die Zeit der Bremser-Fraktionen ist längst vorbei, und in diesem Ihrem Dringlichen Antrag ist längst nicht das enthalten, was unsere Frauenministerin „draufhat“. – Daher wird er von uns auch nicht unterstützt. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Dr. Graf: Das ist eine ÖVP-Kampfrhetorik! Jetzt haben Sie am falschen Flügel Platz genommen, habe ich mir gedacht!)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


17.03.17

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Danke für die Aufmerksamkeit. (Abg. Dr. Graf: Ich bin wenigstens da!)

Engagiert über Frauenpolitik zu diskutieren ist wichtig – nicht nur am Internationalen Frauentag. Es ist auch wichtig und sehr willkommen, Kritik einzubringen. Aber noch wichtiger ist es, für Frauen zu arbeiten. – Und das wollen wir tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Da ist in den vergangenen Jahren schon vieles geschehen. – Ja, die Situation der Frauen ist in fast allen Bereichen besser geworden.

Fakten – Beispiel Arbeitsmarkt: Ende Februar gab es 6 200 arbeitslose Frauen weniger als im Februar des Vorjahres. – Ein Minus von 5,8 Prozent – ein Erfolg!

Wir haben Rekordbeschäftigung bei Frauen: Derzeit sind mehr als 1,5 Millionen Frauen in Beschäftigung. – Das ist mehr als je zuvor – ein Erfolg!

Das Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 436 € im Monat – das stärkt das Familien­einkommen –, die Erhöhung der Zuverdienstgrenze, die Erhöhung der Berechnungs­grundlage für die Pension, die Erleichterung des Wiedereinstiegs in den Job und vie­les, vieles mehr – Erfolge der Regierung Wolfgang Schüssel und der Frauenministerin Maria Rauch-Kallat.

Es ist aber auch wichtig, sehr klar zu sagen: Wir sind noch nicht am Ende des Weges angelangt. – Frauen haben zwar de jure die gleichen Rechte, aber in der Praxis haben sie in vielen Bereichen nicht die gleichen Chancen.

Ich schätze Ihr hohes Engagement, werte Kolleginnen von den Grünen, Frau Abgeord­nete Weinzinger, doch Ihre Kritik, es gäbe im Regierungsübereinkommen wenig kon­krete Maßnahmen, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, denn wie ein schwarz-roter Faden ziehen sich Maßnahmen für Frauen durch das gesamte Regierungspro­gramm – durch Arbeitswelt, Bildung und durch Familie.

Wo wollen wir ansetzen? – Zum Beispiel: Sie alle haben von der Einkommensschere gesprochen. – Jawohl: Frauen verdienen weniger als Männer – leider! Das hat seinen Grund aber auch darin, dass viele teilzeitbeschäftigt sind, und zwar in nicht gut bezahl­ten Teilzeitbereichen.

Also, wo ist unsere Stoßrichtung? – Wir wollen Teilzeit, weil sie gefragt wird, aber bitte in höher qualifizierten Bereichen, nicht nur in diesen Billig-Jobs.

Zweitens zur Bildung: Schön, dass mehr als die Hälfte der Hochschulabsolventen weiblich ist. – Das ist ein Erfolg. Aber schauen wir genauer hin: Erreichen diese Akade-


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mikerinnen dann die Führungsetagen, die Top-Jobs mit den guten Gehältern? – Sel­ten.

Warum? – Was studieren viele Frauen? – Sie profilieren sich vor allem dort, wo es dann nicht diese Top-Gagen geben wird. Sie studieren vor allem Geisteswissenschaf­ten. – Da sind mehr als 70 Prozent der Studenten Frauen. Da gilt es, Bewusstsein zu schaffen. Die Initiative „Frauen in die Technik“ hat auch schon Erfolge gezeitigt.

Drittens zu einer Kernfrage der Politik: Familie und Beruf, wie geht das zusammen? – Es muss gehen! Wir wollen Kind und Karriere. Die ÖVP hat dazu entscheidende Wei­chen gestellt. Kinder und Karriere, das muss möglich sein. Ich sehe das sehr positiv.

Ja, aber wie soll das in der Praxis besser funktionieren? – Ein Modell lehne ich ab: Der Begriff „Müttergehalt“ ist für mich jetzt schon das Unwort des Jahres. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Broukal: Ja, aber das ist ja vom Pröll, das Wort!)

Warum? – Weil der Begriff „Müttergehalt“ die Väter völlig aus der Kinderbetreuung her­auslässt. Mir ist besonders wichtig, dass die Betreuung der Kinder zwischen Mann und Frau partnerschaftlich aufgeteilt wird. – Kinder brauchen eben nicht nur die Mütter, sondern auch die Väter. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mag. Wurm: Billig machen sie es! Wie hoch ist ein Müttergehalt?)

Einen guten Weg zeichnet da das Regierungsprogramm: Das Kindergeld soll flexibler werden. Die Eltern sollen zwischen zwei Varianten wählen können – Sie wissen es: entweder 36 Monate 436 € oder 18 Monate 800 €, aufgeteilt.

Interessant ist auch der Vorschlag von Umweltminister Josef Pröll. – Es ist eine Art Mindestsicherung für Familien, aber auch da – und das ist besonders wichtig – geht es um eine partnerschaftliche Lösung. (Beifall bei der ÖVP.)

Also, was brauchen wir? – Wir brauchen praktische Kinderbetreuungseinrichtungen, steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung und – ganz wichtig! – ein partnerschaft­liches Betreuungsmodell. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mag. Wurm: Nein! Die Männer machen es nicht um so wenig Geld!)

Ich bin zuversichtlich, dass uns weitere Verbesserungen für Frauen gelingen werden. Ich möchte Sie dazu alle ins Boot holen und bitte Sie mitzumachen – Frauen und Män­ner. Wir werden uns jedenfalls engagieren – mit Leidenschaft und mit Begeisterung.

Und einen Satz noch zu Frau Abgeordneter Weinzinger, weil sie die Zahl der Abgeord­neten angesprochen hat: Es geht nicht immer nur um Quantität, es geht um Qualität, um Kompetenz, um Leidenschaft und um Begeisterung. – Und die haben wir. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rosen­kranz zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.


17.09.43

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Frauenministerin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Grundsätzlich ist die Sache der Frauen – weil sie eben die Sache der Frauen ist – zu wichtig, als dass man sie ideologischen Dogmen überlässt. Es geht hier immerhin um die Lebenswirklichkeit von mehr als der Hälfte der Bevölkerung.

Darüber hinaus sagt die Stellung der Frau in einer Gesellschaft auch viel über die Gesellschaft selbst aus – und nicht nur über den aktuellen Zustand der Gesellschaft, wie frei sie nämlich ist, wie sehr sie auf verschiedene Möglichkeiten, auf verschiedene


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Vorlieben Rücksicht nimmt, sondern auch darüber, wie ihre Zukunft sein wird. Daher ist es ein freiheitliches Credo, gleichberechtigte Teilnahme an allen Bereichen der Gesell­schaft, gleiche und gerechte Chancen zu schaffen. Frauen sind vor allem auch Bür­gerinnen, und wir haben ein großes Interesse als Bürgerinnen, dass bei der gleichbe­rechtigten Stellung in der Gesellschaft, die wir einfordern, die Gesellschaft selbst eine starke bleibt und eine Zukunft hat. Das interessiert uns mindestens ebenso. (Beifall bei der FPÖ.)

Das führt uns auch dazu, dass wir uns ganz klar – und ich spreche das auch immer wieder aus – von feministischer Gleichstellungspolitik distanzieren. Erstens ist es ein Widerspruch: Chancengerechtigkeit heißt, ich muss das Ergebnis offenlassen. Sollte sich herausstellen, dass es – es ist überhaupt nichts Schlimmes passiert; Ausnahmen bestätigen die Regel – Begabungsschwerpunkte gibt, dann muss ich akzeptieren, dass es eventuell mehr männliche Techniker und mehr weibliche Journalisten gibt, ansons­ten gewähre ich ja nicht Chancengleichheit, sondern mache eine an und für sich der freien Persönlichkeitsentwicklung entgegengesetzte Gleichstellungspolitik. Und warum soll ich aus einer potentiellen Star-Journalistin eine Mittelklassetechnikerin machen? Darin sehen wir auch im Sinne der Frauen überhaupt keinen positiven Effekt.

Vor allem wenn man die Gleichstellungspolitik und das Gender Mainstreaming, zu dem uns ja auch Brüssel verhält, so betrachtet – da gibt es eine gute Formulierung, die Sache wirklich polemisch übersteigernd –, muss ich sagen, wenn das die Leute so hören, dann kann man sich ein richtiges Bild machen, das es auf den Punkt bringt. Es gab übrigens eine Veranstaltung an der Uni Graz betreffend Geschlechterforschung in den Wirtschaftswissenschaften. Diese stand unter dem Titel „Gleichheit, Recht, Quote, Gleichstellungspolitik“.

Da war ein Zitat als Titel, ein Zitat der norwegischen Familienministerin Laila Dåvøy, die sagte: „Gleichheit wird es erst“ dann „geben, wenn in den Vorständen auch unfähige Frauen sitzen.“

Und das ist es genau nicht! Genau diesen Aspekt haben wir nicht im Auge. Genau das wollen wir nicht haben. (Beifall bei der FPÖ.) Wir wollen Gleichberechtigung und glei­che Chancen.

Ich erwähne, weil auf der Rednerliste so wenige männliche Redner stehen, Folgendes: Mittlerweile haben ja die Buben schwere Nachteile, die Buben gelten als die sozial weniger Adaptierten – das sagen zumindest alle Entwicklungspsychologen. Auch ich konnte gelegentlich die Beobachtung machen, dass in der Regel Mädchen sozial eher adaptiert sind als Buben bestimmten Alters. Ich weiß nur, dass Buben in der Schule enorme Schwierigkeiten haben und dass die Schule mittlerweile gerade für das, was man einen „lebhaften, wilden Buben“ nennt, eine große Schwierigkeit darstellt. Es gibt weniger Abschlüsse bei der Matura. Das ist auch ein Problem, das man einmal über­denken muss, vor allem bei männlichen Jugendlichen. Die sind für die Gesellschaft ein großes Problem – auch weibliche Jugendliche, aber männliche Jugendliche sind mehr betroffen.

Also: ein Herz auch für Buben und junge Männer! Das darf ich hier auch einmal aus meiner Erfahrung als Mutter deponiert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen Gleichberechtigung und gleiche Chancen. Der zweite Punkt ist: Dort, wo die Frauen aufgrund der wichtigen Aufgabe, die sie für die Gesellschaft erfüllen, indem sie nämlich Kinder zur Welt bringen, von dieser Aufgabe betroffen und mit dieser Aufgabe befasst sind – natürlich rund um die Geburt, und wenn sie es wollen, auch länger noch –, sollen sie daraus keine Nachteile erleiden. Jetzt ist das anders.


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Das ist nicht so sehr ein Anliegen der Feministinnen, wenn ich hier den Kernsatz des Feminismus wieder einmal zur Kenntnis bringen darf. Die „Urmutter“ verbietet sich zu sagen, also: die Urheberin des Feminismus, Simone de Beauvoir hat das ja ganz deut­lich gesagt und damit auch das Dilemma ausgedrückt. Sie sagt: Die Frau ist die Skla­vin der Mutterschaft. – Das sehen wir nicht so: Wir sagen, Mutterschaft ist ein Privileg der Frauen.

Grundsätzlich darf daher dort, wo die Frauen besondere Lebenswirklichkeiten haben, dort, wo sich ihre Biographie aufgrund der Mutterschaft von jener der Männer unter­scheidet, der Frau kein Nachteil erwachsen. Erstens trifft das natürlich auf die Fami­lienphase zu. Es kann nicht sein, dass, wenn sich jemand, übrigens auch ein Vater, dafür entscheidet, eine Zeit lang – und seien es mehrere Jahre – für Kindererziehung vom Beruf fernzubleiben, das ein großes Problem ist. Da muss es Wahlfreiheit geben. Und Wahlfreiheit heißt, Freiheit zu entscheiden: Ich verzichte auf ein Berufseinkommen und bleibe zu Hause, oder ich tue das nicht, gebe mein Kind in eine außerhäusliche Betreuung, ohne ökonomische Zwänge. – Und die bestehen. Jeder weiß es. Jeder kann es nachrechnen. Es ist kaum möglich – und das beschränkt die Wahlfreiheit auf das Äußerste –, mit einem Gehalt eine Familie mit zwei oder drei Kindern zu erhalten. Es besteht vielmehr ein Zwang, sich möglichst früh von den Kindern zu trennen.

Wenn Sie Studien hernehmen und nachfragen, wie sich Eltern entscheiden würden, könnten sie es ohne Zwang tun, dann kommt ganz etwas anderes heraus als das, was hier immer als vorbildliche Biographie postuliert wird. Auf die Frage dieser Studie von der Akademie der Wissenschaften: Welche Art der Berufstätigkeit würden Sie vorzie­hen, wenn Sie ohne ökonomischen Zwang entscheiden könnten, solange Ihr Kind noch nicht in der Schule ist?, sagen nur 9 Prozent der Frauen, sie wären gerne voll berufstä­tig. Da unterscheidet sich übrigens das Antwortverhalten der Männer kaum. Nur 9 Pro­zent wären gerne voll berufstätig. 49 Prozent hätten gerne einen Teilzeitjob und immer­hin 42 Prozent würden bis zum Schuleintritt ihres Kindes gerne zu Hause bleiben. – Auch wenn es Sie ärgert, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Warum machen wir das nicht möglich?

Zum Zweiten würde es übrigens auch nicht schaden, wenn man das Kindeswohl ein bisschen mehr in den Mittelpunkt der Debatte rückt. Das Kind gilt in diesen Debatten immer lediglich als Karriere- oder Erwerbshindernis. Das kann es nicht sein. Die Frage der Kinderbetreuung hat sich natürlich nicht nur an der Frage zu orientieren, wie schnell jemand wieder in den Beruf zurückkehrt – das kann man auch anders lösen, das ist eine andere Debatte –, sondern die Frage der Kinderbetreuung hat sich auch ganz zentral daran zu orientieren, was dem Kind guttut. Und das ist doch wirklich auch zu berücksichtigen! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Ursula Haubner.)

Dritter Punkt. In der Familienphase trifft es eben nicht nur den Elternteil, der zu Hause ist, sondern die Familien im Gesamten. Es kommt zu einer relativen Armut. Das hat auch ein Bischof gesagt, da hatte er aber vollkommen recht. In Österreich sind Kinder der sicherste Weg in die Armut. – Ist so: Wenn Sie – sehr banal – das Einkommen auf mehrere Köpfe aufteilen, wird es immer weniger. Das heißt, die freiheitliche Forderung nach einer Besteuerung, die der Anzahl der Köpfe, die von einem Einkommen leben müssen, Rechnung trägt, das ist keine Familienförderung, sondern eine gerechte Art der Besteuerung und eigentlich ein Abbau der bestehenden Diskriminierung. Wir for­dern also eine Besteuerung, die auf die Anzahl der Köpfe Rücksicht nimmt, das so ge­nannte Familien-Splitting. (Beifall bei der FPÖ.)

Nächster Punkt: Frauen werden natürlich auch beim Wiedereinstieg in den Beruf in Schwierigkeiten kommen. Das ist richtig. Dass man aber deswegen sagt, dann bleibt erst gar nicht bei euren Kindern zu Hause, denn dann wird es irgendwie kompliziert werden, ist nicht die einzige Lösung. Wie wäre es, wenn man sich darum kümmern


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würde, den Wiedereinstieg vernünftiger zu gestalten? Frauen haben mittlerweile eine Lebenserwartung von 80 Jahren. Könnten wir uns vielleicht einmal überlegen, dass wir die Lebensphasen, so wie es auch biologisch am sinnvollsten ist, hintereinander schal­ten? – Nicht in der Zeit, wo man aus biologischen Gründen am besten die Kinder be­kommt, vollkommen in die Erwerbswelt eingebunden zu sein und dann, wenn die Kin­der aus dem Gröbsten draußen sind, zu alt zu sein, jetzt geht es leider nicht mehr. Das muss eine moderne Gesellschaft zusammenbringen!

Sie sind ja immer wieder auch für Steuerungseffekte zu haben. Wie wäre es, wenn man sich überlegen könnte, bei gleicher Qualifikation gewinnt jener den Arbeitsplatz, der zurückkehrt, weil er vorher einige Jahre lang Kinder erzogen hat? Das wäre auch einmal eine Lösung. (Beifall bei der FPÖ.)

Weiters: die Pension. Es ist eigentlich ein Skandalon, dass genau jene, nämlich die Mütter von Kindern, die dafür sorgen, dass die Pensionen aller gesichert sind, indivi­duell dadurch in ihrer Pension Schaden erleiden. Das muss abgeschafft werden. Das muss sich ändern. Das Erziehen von Kindern muss in der Pension einen weitaus grö­ßeren Anrechungsfaktor darstellen, als es jetzt der Fall ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das werden meine Nachredner vermutlich kritisieren, ich mache das jetzt sozusagen präventiv: Ganz bewusst gehen für uns Frauenpolitik und Familienpolitik Hand in Hand. Ganz bewusst sehen wir das zusammen. Wir wollen auch ganz klar herausstellen, dass der vom Feminismus konstruierte Gegensatz zwischen selbstbewusster Weiblich­keit und Mutterschaft nicht nur den Frauen Abbruch tut, sondern die Gesellschaft im Gesamten gefährdet. Eine Gesellschaft, die diesen Widerspruch, der hier aufgebaut worden ist, nicht überwindet, hat ein Ablaufdatum. Sie besteht schlicht und einfach eine Generation und wird von einer Gesellschaft abgelöst, die dieses Problem nicht hat. Wir arbeiten an der Zukunft unserer Gesellschaft, deswegen arbeiten wir auch an einer vernünftigen Frauen- und Familienpolitik und an der Überwindung dieses Gegensat­zes. (Beifall bei der FPÖ.)

17.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


17.20.08

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Internationale Frauentag ist alljährlich ein Tag, an dem es gilt, einerseits Bilanz zu ziehen über das, was in den letzten Monaten, im letzten Jahr ge­schehen ist, und, was vielleicht noch wichtiger ist, andererseits an die Zukunft zu den­ken und wie die Zukunft dementsprechend gestaltet wird.

Erlauben Sie mir, Folgendes zu sagen: Bilanz ziehen kann diese Regierung nicht, denn das, was uns als Opposition als offizielles Regierungsprogramm vorliegt, ist eines, das keinerlei erfolgreiche Handschrift trägt. Es sind Allgemeinplätze, es ist ideenlos und es sind sehr viele Phrasen enthalten, die hier niedergeschrieben sind.

Wir können nur das beurteilen, was hier vorliegt. Sehr geehrte Frau Ministerin, wenn Sie in Ihrer Beantwortung gesagt haben, was schon alles geschehen sei oder gesche­hen soll, dann ist das schön und begrüßenswert, aber hier im Parlament wissen wir noch nichts davon. Was gesetzlich beschlossen werden muss, das muss natürlich auch hier durch das Parlament.

Für mich zeigt sich bei diesem Frauenprogramm, dass wie bei allem anderen sehr vie­les vor der Wahl versprochen und nachher gebrochen wurde. Ich erinnere mich daran, dass es gerade seitens der SPÖ immer geheißen hat, wenn wir in der Regierung sind,


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dann gibt es wieder eine Kindergarten-Milliarde. Mit diesem Antrag wurde ich als ehe­malige Familienministerin auch immer wieder konfrontiert und mir wurde vorgeworfen, warum wir keine Kindergarten-Milliarde einführen. Ich weiß nicht, vielleicht ist diese Kindergarten-Milliarde im Doppelbudget versteckt, gehört haben wir heute noch nichts.

Oder dass es zum Beispiel ein einkommensabhängiges Kindergeld geben soll. Ich per­sönlich bin sehr froh darüber, dass es dieses einkommensabhängige Kindergeld nicht gibt, denn das würde die Leistung vollkommen verdrehen, für die es eigentlich gedacht ist.

Hier sehen wir an zwei Beispielen: Etwas wurde versprochen und nicht gehalten, und es gibt nur Allgemeinplätze. Das, was konkret ist aus meiner Sicht – und Sie erlauben, dass man natürlich alles ein bisschen subjektiv sieht –, ist, dass das, was weitergeführt wird aus der ehemaligen Regierung, konkret ist. Da ist zum Beispiel konkret, dass das Mentoring-Programm weitergeführt und ausgebaut wird, dass die Frauenberatungs- und Familienberatungsstellen ausgebaut werden. Das Kindergeld haben Sie schon er­wähnt, die Stärkung der Elternbildung. Das sind alles wichtige Maßnahmen, die in den letzten Jahren gesetzt wurden und die fortgeführt werden. Damit kann man etwas an­fangen, da weiß man, wohin es geht.

Daher sage ich, ist es für uns vom BZÖ natürlich auch wichtig, was ist in den letzten Jahren für die Frauen geschehen ist. Sie müssen schon akzeptieren, dass gerade im Bereich der Pensionen sehr viel für die Frauen geschehen ist. Wir haben erstmals die Kindererziehungszeiten und auch die Pflegezeiten verbessert, damit Familienarbeit gleichwertig mit Erwerbsarbeit ist. Das kommt Frauen natürlich zugute – aber nicht der Generation, die jetzt in Pension ist, denn die haben Sie sträflich vernachlässigt, son­dern jenen, die in zehn und 20 Jahren in Pension gehen können.

Wir haben es geschafft, dass Frauen in Zukunft nur mehr sieben Jahre erwerbstätig sein müssen und den Rest auf 15 Jahre durch Familienarbeit auffüllen können. Das ist doch eine große Leistung und Errungenschaft und Verbesserung für die Frauen, das kann nicht unter den Teppich gekehrt werden. (Beifall beim BZÖ.)

Oder: weil Sie sagen, die Ausgleichszulage für die Frauen wurde von dieser Regierung auf 724 € erhöht. – Sehr schön, wir sind dabei gewesen und ich durfte es auch mit mei­ner Unterstützung noch in der Legislaturperiode, als ich Ministerin gewesen bin, ein­bringen.

Ich möchte aber sagen – weil heute der ehemalige Frauenminister Herbert Haupt zitiert wurde –: Herbert Haupt war der Erste, der diese Ausgleichszulage um den Familien­richtsatz außertourlich erhöht hat, weil er gewusst hat, wie wichtig es ist, dass Frauen im Alter eine Pension haben, von der sie leben können. Also lassen wir die Kirche im Dorf!

Aber ich freue mich, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich habe Sie hier heraußen jetzt wirklich bewundert, mit welchem Elan Sie in diese neue Rolle der Regierungsverant­wortung geschlüpft sind. Und ich sehe, Sie haben rasch gelernt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Steuerentlastung in der letzten Regierung gerade für Alleinverdienerinnen und Alleinerzieher, das Anti-Stalking-Gesetz, ein Ge­setz, mit dem wir erstmals gegen psychische Gewalt gesetzlich vorgehen können, oder die Gründung der Familienallianz, zwar auf freiwilliger Basis, aber gemeinsam mit Wirt­schaft und Wissenschaft, sind anzuführen.

Daher sage ich: Viel ist geschehen, aber es ist natürlich noch viel zu tun, das ist über­haupt keine Frage. Wir vom BZÖ sind überall dort, wo wir das unterstützen können, was Frauen wirklich brauchen und wollen. Hier sind wir auch verlässliche Partner – ganz gleich, welche Regierung es ist.


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Was wollen Frauen vor allem? – Frauen wollen freie Entscheidung für ihr Lebensmo­dell, und hier hat die Politik nicht vorzuschreiben, ob eine Frau Kinder hat oder keine Kinder hat, ob eine Frau, ganz gleich in welcher Gemeinschaft leben will, ob sie zu Hause ist und ausschließlich ihre Kinder betreut, ob sie berufstätig ist oder ob sie bei­des vereinbart. Frauen wollen vor allem – das ist heute schon mehrmals angesprochen worden – eine Unterstützung bei der Bewältigung, damit sie Beruf und Familie auch vereinbaren können. Da braucht es den Staat, da braucht es die Politik, da braucht es aber auch die eigenen Partner und da braucht es die Wirtschaft.

Daher sind wir vom BZÖ auch Mitstreiter dafür, wenn es darum geht, dass Familie und Haushaltsaufgaben Elternsache sind, dass es nicht ausschließlich Frauensache und Muttersache ist, und dass Väter vermehrt diese Chance wahrnehmen können. Ich ver­misse auch die verstärkte Väterbeteiligung, die im Programm steht, was hier geplant ist, denn das allein kann es nicht sein mit der Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgel­des, dass Sie sagen, dadurch werden mehr Väter die Kinderbetreuung übernehmen. Also, die Verstärkung der Väterbeteiligung vermisse ich. Ich kann mich erinnern, in der letzten Legislaturperiode war der große Hit der SPÖ das verpflichtende Vater-Monat; das scheint jetzt nicht mehr auf.

Wir sind Mitstreiter und Unterstützer, wenn es darum geht, Familienleistungen weiter auszubauen, aber nicht bei einem Kinderbetreuungsgeld, wo man den Frauen, den Müttern und Vätern weismacht, ihr geht kürzer in die Karenzzeit, ihr nehmt kürzere Zeit für die Kinderbetreuung in Anspruch und bekommt dafür das Doppelte, denn das stimmt nicht. Diejenigen, die kürze in Karenz gehen, bekommen weniger Geld. Das sollte ihnen auch bewusst sein.

Wir sind auch dabei, wenn es darum geht, die Familien steuerlich zu entlasten, vor allem bei den Kinderkosten. Hier sehe ich, sehr erfreulich, seitens der ÖVP, dass es schon Bewegung gibt, was wir in der letzten Legislaturperiode nicht geschafft haben. (Abg. Steibl: Wir fordern die steuerliche Absetzbarkeit schon seit Jahren!) – Aber ge­schehen ist nichts, liebe Kollegin Steibl. Daher sage ich: Umsetzung ist wichtig und nicht nur Forderungen.

Was vor allem auch wichtig ist, ist, dass Pflegezeiten so wie Kindererziehungszeiten angerechnet werden und nicht, wie der Herr Sozialminister in seinem Begutachtungs­entwurf vorschlägt, erst ab der Pflegestufe 5. Das wäre ungerecht.

Weiters sind wir dabei, wenn es um den Ausbau von Dienstleistungen für Kinderbe­treuung geht – Ausbau in dem Sinn, dass wir uns nicht ständig festmachen an Zahlen, 50 000, 80 000, 100 000, sondern dass wir die Erfahrungen der Vergangenheit berück­sichtigen – und hier gibt es ja verschiedene Studien –, dass wir fragen: Wo sind regio­nale Notwendigkeiten? Wo wird was gebraucht? Kinderbetreuungsangebote müssen arbeitsnah sein, flexibel sein und vor allem auch kindgerecht. Da vermisse ich auch die finanziellen Mittel, so wie in der letzten Legislaturperiode, zumindest für innovative Kin­derbetreuungsprojekte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf dem Arbeitsmarkt ist die Chancengleich­heit für Frauen eine große Herausforderung. Da, denke ich, muss man zuerst einmal ansetzen – ansetzen in dem Sinn, dass Tausende Frauen nach wie vor in Arbeitsberei­chen arbeiten, in denen sie eine sehr geringe Entlohnung haben. Hier erwarte ich mir schon, dass die Sozialpartner und die Gewerkschaft ihren Aufgaben dementsprechend nachkommen, dass sie auf kollektivvertraglicher Basis einen Mindestlohn verhandeln.

Ich möchte nur Folgendes wissen, Frau Ministerin: Wenn es immer heißt, Mindestlohn von 1 000 € – sind das dann 1 000 € brutto oder 1 000 € netto? Denn wenn es 1 000 € brutto sind, dann sind wir wieder unter 1 000 € und dann ist das ein relativ geringes Einkommen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist auch wichtig, gerade bei diesen frauentypischen ...


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende. Ich lasse Sie einen Halbsatz noch sprechen, aber mehr ist nicht zulässig. – Bitte.


Abgeordnete Ursula Haubner (fortsetzend): Wichtig ist, dass es gerade bei diesen frauentypischen Arbeitsverhältnissen im Bereich der Bereitschaftszeiten Überlegungen geben muss, diese Bereitschaftszeiten entsprechend abzugelten, denn das ist auch ein großer Nachteil für die Frauen.

Wie gesagt, wir vom BZÖ ...

17.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende!

(Beifall beim BZÖ für die das Rednerpult verlassende Abg. Ursula Haubner.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Zwerschitz. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


17.31.02

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Abge­ordnete Heinisch-Hosek, ich darf Ihnen ein Angebot machen, nämlich einen kurzen Ex­kurs in die oberösterreichische Regierungspolitik, wo bekanntlich die Grünen mitregie­ren. (Abg. Heinisch-Hosek: Ohne Rechtsanspruch diese Kinderbetreuung, das ist ja ...!) Bei der schwarz-grünen Regierung in Oberösterreich ... – Würden Sie mich bitte ausreden lassen, ich habe mir Ihren impulshaften Bericht auch angehört!

In Oberösterreich gibt es ein neues Kindergartengesetz – Öffnung für Kinder unter dem zweiten Lebensjahr, das heißt, Frauen haben eine Chance, ihre Kinder unterzubringen, wenn sie früher arbeiten gehen wollen oder müssen. (Abg. Heinisch-Hosek: Der Rechtsanspruch ...!)

Außerdem gibt es in Oberösterreich eine Verdoppelung an Interventionsstellen gegen Gewalt an Frauen. Ein Regionalisierungskonzept ist bisher bundespolitisch wahrlich nicht gelungen.

Zwei Drittel des Budgets funktionieren nach Gender Budgeting – dass Sie das nicht wissen, finde ich besonders erstaunlich, ich habe nämlich in meinem Mail-Verteiler eine Einladung von Ihnen gefunden, wo Sie dieses Gender-Budgeting-Prinzip, das die grüne Abgeordnete Ruperta Lichtenecker mit erarbeitet hat und das vorbildhaft in ganz Europa ist, vorstellen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Also eigentlich sollten Sie wissen, dass die Grünen weiter sind, wesentlich weiter! (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann mir natürlich gut vorstellen, dass Sie ziemlich großen Frust haben. Sie sind als Frauenpolitikerin bekannt, die Leute wissen das. Frauenpolitik kostet aber auch Geld, das wissen Sie, und genau das ist momentan nicht vorhanden.

Im Regierungsprogramm stehen wunderschön irgendwelche hehren Ziele, aber es gibt keine budgetäre Bedeckung! (Abg. Heinisch-Hosek: 8 Millionen!) Wir wissen über­haupt noch nicht, wie wir all diese wunderschönen Seifenblasen finanzieren werden. 8 Millionen € sind wunderschön, aber die möchte ich zuerst einmal sehen! (Abg. Stadlbauer: Das ist ja das Problem, weil Sie es noch nicht gesehen haben!) Bis dato kennen wir nur Versprechungen, Berichte darüber, was geschehen wird, und so wie überall im Regierungsprogramm: Evaluierung des Bedarfs, Statistiken wälzen, Arbeits­kreise et cetera.


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Freilich, es tut irrsinnig weh, wenn man dann in der Regierung sitzt und sich offensicht­lich bei den eigenen Leuten nicht durchsetzt. Das kann ich mir gut vorstellen, das würde mich auch schmerzen. Da wundert es mich nicht, dass Sie derart emotional die Diskussion führen. (Beifall bei den Grünen.)

Uns vorzuwerfen, dass wir bei Ihrer Frauenpolitik nicht mitmachen, nur deswegen, weil Sie die Seite gewechselt haben, dass finde ich wirklich ein starkes Stück! Wir sind nämlich noch immer diejenigen, die etwas fordern, die etwas wollen, die wissen, dass es nicht reicht, irgendwelche Transparente auszuteilen, Kundgebungen vor dem Parla­ment zu machen, wunderschöne Fotos für den 8. März zu schießen. Wir sind in der Opposition, es ist unsere Rolle, Forderungen zu stellen, es ist unsere Rolle, Anträge zu stellen. Ihre Rolle in der Regierung ist es, etwas zu tun, etwas zu investieren und etwas zu ändern! Ich habe bis dato nicht irgendwie den Eindruck, dass Sie sich auch nur andeutungsweise überlegt haben, wie denn das eigentlich gehen könnte.

Es wird nicht reichen, in ein Regierungsprogramm hineinzuschreiben: Wir wollen mehr Kinderbetreuungsplätze!, wenn wir wissen, dass das zur finanziellen Belastung der Gemeinden beiträgt. Da wird der Bund schon selbst Geld in die Hand nehmen müssen (Abg. Steibl: Die Gemeinden wollen ja bei der nächsten ...!), sonst wird nichts gesche­hen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Das ist ja Landessache!)

Wollen Sie wirklich, dass Ihre eigene Frauenministerin bei den Landeschefs und bei den Bürgermeistern sagt: Bitte, bitte, könnten Sie nicht vielleicht eine Kinderbetreu­ungseinrichtung machen (Abg. Steibl: Worum geht es? Es geht um die Einwohner pro Gemeinde!), denn die würden wir brauchen, aber wir vom Bund haben kein Geld dafür, denn wir kaufen stattdessen lieber irgendwelche Flieger oder sonst irgendeinen Kram?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Das ist aber eine gescheite Aussage!)

Ich weiß schon, dass sich die ÖVP unheimlich viel darauf einbildet, wie toll nicht die letzte Regierung für die Mütter gearbeitet hätte. – Wunderbar! Ich kenne auch genug Mütter, die nach zweieinhalb Jahren gerne einen Job hätten, den Sie leider nicht mehr haben, denn wir haben zwar das Kindergeld, aber kein Rückkehrrecht auf den Arbeits­platz. Wenn sie dann Arbeit gefunden haben, meistens ja ohnehin nur Teilzeitarbeit – daher ist es auch immer so schön, wenn Sie sagen, wie toll die Beschäftigungsquote der Frauen gewachsen ist; rechnen Sie das einmal in Vollzeitäquivalente um: Traurig im europäischen Vergleich, mehr kann ich dazu nicht sagen! –, suchen sie einen Kin­derbetreuungsplatz.

Suchen Sie einmal einen Kinderbetreuungsplatz, der zu einer Zeit öffnet, dass Sie, nachdem Sie das Kind hingebracht haben, in die Arbeit gehen können, der zu einer Zeit schließt, dass Sie nach der Arbeit ohne hechelnde Zunge das Kind wieder abholen können, einen Kinderbetreuungsplatz, wo die Quote von Betreuerin zu Kind so ist, dass es sich wirklich um eine Bildungseinrichtung handeln kann, einen Kinderbetreu­ungsplatz, der qualitativ so ausgestattet ist, dass die Kinder alle Möglichkeiten ha­ben! – Aber wir haben ja ein tolles Rezept: Die Muttis sollen zu Hause bleiben. (Zwi­schenruf der Abg. Steibl.)

Wir hatten ja schon einmal Politikerinnen, die behauptet haben, man brauche ja nur reich zu heiraten, dann sei man ohnehin versorgt. (Beifall bei den Grünen.)

Das noch dazu anlässlich der heutigen Scheidungsrate – na wunderbar, jenseits des letzten Jahrhunderts, würde ich einmal sagen, denn damals haben die Frauen schon gezahlt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Ich weiß, dass es unheimlich schwierig ist, einmal eine andere Meinung zu hören. Sie tun sich anscheinend irrsinnig schwer damit. Es tut mir leid, dass ich Sie so empöre.


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(Abg. Steibl: Entschuldigung, so viel Blödsinn, wie Sie da erzählen, das ist ja haar­sträubend! Das ist ja schon eine Frechheit!)

Wenn das haarsträubend ist, dann reden Sie einmal mit Müttern, die verzweifelt versu­chen, gleichzeitig Mutter und berufstätig zu sein.

Apropos Hort Familie, das wunderbare Leben in der Familie: Wahrscheinlich ist des­wegen die Gewaltrate in der Familie so hoch (Abg. Steibl: Entschuldigung, haben Sie eine Familie?), weil Kinder dort sicher die allerbeste Betreuungsmöglichkeit haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Das ist eine Beschimpfung der Familie! Das ist eine Frechheit! – Weitere Zwischenrufe. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Zum Schluss noch ein Satz: Wir haben als Opposition die Chance (Abg. Steibl: Wis­sen Sie nicht, was Familie heißt?), die Möglichkeit und die Verpflichtung, zu kontrollie­ren und zu fordern. Ich fordere jetzt von der Regierung, dass sie endlich einmal etwas tut außer Luftblasen ausstoßen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Und Sie schrei­ben sich einmal eine bessere Rede!)

17.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Steibl – in Richtung der Abg. Zwerschitz –: Ich glaube, die hat Probleme mit der Familie! Ich glau­be, die hat keinen Mann, der ihr helfen kann! So viel Blödsinn, was sie da erzählt! – Gegenrufe der Abg. Sburny.)


17.38.16

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kol­legin Zwerschitz, kommen wir doch nach Ihrer Rede wieder auf den Boden zurück, kehren wir zu den Fakten zurück!

Das oberösterreichische Kindergartengesetz, das Sie angesprochen haben, würde ich nicht so sehr als grünes Musterbeispiel hervorheben, weil es der Programmatik, die Sie vertreten und die ich durchaus sympathisch finde, in vielen Punkten überhaupt nicht entspricht, Frau Kollegin. Dieses oberösterreichische Kindergartengesetz ist nämlich eine reine Festschreibung des Status quo – das wissen Sie vermutlich sehr gut. Es geht dabei nicht im Geringsten um einen Ausbau an Kinderbetreuungsplätzen in Ober­österreich. Die Förderung wurde in Oberösterreich durch dieses Gesetz für diese Kin­derbetreuungseinrichtungen nicht ausgebaut. (Abg. Brosz: Ab wie viel Kinder muss es ein Angebot geben?) Und genau dieser Mechanismus, den Sie gerade beschrieben haben, mit der zunehmenden Belastung der Gemeinden, ist das, was in Oberösterreich durch dieses Gesetz passiert, weil das Land eben keine zusätzlichen Mittel zur Verfü­gung stellt. (Abg. Brosz: Wissen Sie, ab wie viel Kinder es ein Angebot geben muss in Oberösterreich?)

Was Sie auch nicht festgeschrieben haben, was SPÖ-Landesrat Ackerl sehr gerne wollte und worum er sich sehr bemüht hat, war ein Rechtsanspruch auf einen Kinder­betreuungsplatz (Abg. Brosz: Den haben Sie im Parlament abgelehnt! Können Sie sich daran erinnern?) – findet sich auch nicht in diesem Gesetz. – Ich antworte der Kol­legin, die dieses Gesetz als vorbildlich hingestellt hat, Herr Kollege Brosz. (Abg. Brosz: Sie haben es im Parlament abgelehnt!)

Was auch sehr bedauerlich ist: Es ist zwar eine Staffelung der Beiträge in diesem Ge­setz festgehalten, aber diese geht nicht bis zu einer Nullstaffelung hinunter, was auch ein verteilungspolitischer schwerer Schönheitsfehler dieses Gesetzes ist, der eigentlich Ihren grünen Vorstellungen bei weitem nicht entspricht, Frau Kollegin.


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Aber zum Thema Kinderbetreuung, das in der Debatte vorher im Antrag der Grünen, in der Debatte der letzten Wochen und, wie ich glaube, auch mit Recht im Vorfeld des Frauentages ein zentrales Thema war: Kinderbetreuung ist im Zusammenhang mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr wichtig zu diskutieren, aber gleichzeitig auch im Zusammenhang mit besseren Chancen für die Kinder. Es ist gut und wichtig, dass sich das in diesem Punkt so trifft.

Wir haben auch heute wieder das Stichwort „Müttergeld“ gehört, wir haben „Wertschät­zung gegenüber der Familienleistung“ gehört – zum Beispiel von Bundesminister Pröll, vom Vorsitzenden der Perspektivenkommission der ÖVP, der zwar formal von Wert­schätzung gegenüber Müttern und Vätern oder Familienarbeit spricht, aber im Klartext heißt das natürlich nichts anderes als Wertschätzung der Familienarbeit gegenüber jenen Müttern, die bei den Kindern zu Hause bleiben, und keine Wertschätzung gegen­über jenen Müttern, die arbeiten gehen, verdienen, eine eigenständige Existenz auf­bauen, zum Familienwohl materiell und immateriell beitragen und sich um die Kinder kümmern – unter sehr viel schwierigeren Bedingungen.

Und Sie arbeiten da wieder vereint – Kirche, konservative Kräfte in Österreich –, den Frauen ein schlechtes Gewissen zu machen, Berufstätige und Nichtberufstätige gegen­einander auszuspielen: Nur die nichtberufstätige Frau ist die gute Mutter. Aber ich sage Ihnen von dieser Stelle auch – richten Sie es dem Kollegen Pröll aus! –: Auch die be­rufstätigen Mütter sind gute Mütter! (Beifall bei der SPÖ.) Und auch berufstätige Eltern leisten Erziehungsarbeit, und zwar unter sehr schwierigen Bedingungen.

Vor Kurzem ist die UNICEF-Studie über das Wohl der Kinder in den verschiedenen In­dustriestaaten erschienen: Wir liegen an 21. Stelle von 21 Staaten, und wieder einmal liegen die skandinavischen Staaten im Spitzenfeld, wo die Kinderbetreuung, wo die Frühkindförderung, wo die Ganztagsschulen einen wichtigen Stellenwert haben. Und natürlich finden sich Festschreibungen sowohl im Regierungsprogramm als auch in den Ergebnissen der neulich stattgefundenen Regierungsklausur, wo es um den Aus­bau von Kinderbetreuungseinrichtungen geht.

Ich denke, was wir dringend brauchen, ist tatsächlich, dass wir die Mittel mit vereinten Kräften zur Verfügung stellen. Wir brauchen nicht die zigste Bedarfserhebung. Ich denke, die Fakten liegen seit vielen, vielen Jahren auf dem Tisch. (Abg. Broukal: So­gar die Industriellenvereinigung weiß es schon!) Die 50 000 Kinderbetreuungsplätze, die derzeit in der Diskussion sind, sind dringend notwendig. Das bestätigen alle Stu­dien – internationale, österreichische! Das heißt, mein Appell auch an die Kolleginnen der ÖVP, des Regierungspartners: Es hat von Ihrer Seite auch schon wesentlich zeit­genössischere Meldungen gegeben als in letzter Zeit von Minister Pröll. Setzen wir uns bitte zusammen und schauen wir, dass wir in Kürze einen Umsetzungsplan erarbeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

17.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Riener. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.


17.43.38

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Frau Kollegin Glawischnig ist zurzeit nicht im Plenum. „Und täglich grüßt das Murmeltier“, ich kenne den Film. Es ist eine stete Verbesserung dort, und letztendlich hat das ein sehr gutes Ende, weil alles perfekt läuft. – Nur so viel zu diesem Film. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ein bisschen enttäuscht bin ich über die Wette, die geschlossen wurde. Ich hätte mir von den Grünen erwartet, dass sie, wenn sie das Thema wirklich ernst nehmen, nicht eine Schnapswette machen, sondern vielleicht eine Förderung für eine Frauenbera­tungsstelle als Wetteinsatz nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich aber den Dringlichen Antrag der Grünen lese, stelle ich mir die Frage: Haben die Grünen eigentlich am Regierungsprogramm mitgearbeitet? – Eigentlich klingt alles sehr, sehr ähnlich. Was genau im Regierungsprogramm steht, was die ÖVP in ihrer Regierungsverantwortung bereits in den letzten Jahren umgesetzt hat, hat meine Kollegin Gertrude Aubauer Ihnen schon ausführlich zur Kenntnis gebracht, und ich möchte darauf nicht noch mehr eingehen. Es sind viele ambitionierte Ziele im Regie­rungsprogramm enthalten. Ich möchte zwei Bereiche, die mir sehr am Herzen liegen, herausgreifen. Ein Teil ist aus der Arbeitswelt und ein weiterer Teil ist eben zum The­ma Kinderbetreuung – wie Sie wissen, ist mir das ein großes Anliegen.

Als Gewerkschafterin und Personalvertreterin komme ich mit vielen Frauen ins Ge­spräch, die in der Arbeit tätig sind und mir von ihren Nöten erzählen, die sie dort ha­ben. Da zum Beispiel vermisse ich bei den Grünen den – unter Anführungszeichen – „Klimaschutz“. Es geht um das Betriebsklima. Gerade Frauen leiden sehr, wenn das Betriebsklima nicht stimmt. Ich muss mich leider mit Mobbingsituationen, mit Burn-out auseinandersetzen, um Frauen auch da zu unterstützen. Natürlich trifft das auch Män­ner, aber vorrangig sind es Frauen. Vor allem gehen Frauen damit auch anders um, sie nehmen sich vieles sehr, sehr zu Herzen. Wir vom ÖAAB werden nicht müde werden, auch diesen Weg weiterzugehen, auch in diesem Bereich „Betriebsklima“ weiterzu­arbeiten.

Eines möchte ich Ihnen auch noch näherbringen. Ich habe ein bisschen im Internet ge­schaut, was Frauen sich in Frauenforen gegenseitig mitteilen, welche Probleme sie haben. Und ein Beispiel möchte ich Ihnen vorlesen:

Klar können wir Frauen alles: Schön sein, schlau sein, toll im Job, toll im Bett, Super­mama, Ehefrau und Organisatorin. Wir können kochen, backen, trösten, basteln, heim­werken, dekorieren. Wir sind einfühlsam, verständnisvoll, geduldig, spenden Trost, sind topfit, gut informiert, hervorragende Gastgeberinnen und immer gut gelaunt. Alles kein Problem für die Frau von heute, nur: Ob wir das alles gleichzeitig können und wollen, ist die Frage. Das moderne Frauenwunder – mag es gehen? Aber ob wir dazu gehö­ren? Wir versuchen, den Höchstanforderungen zu genügen und machen es doch kei­nem recht. Die Gesellschaft erwartet viel von uns, und wir erwarten von uns selber noch mehr. Schon in der Schule sind die Mädchen die braven und strebsameren Schüler – haben wir bereits heute schon gehört! –, wir absolvieren unsere Ausbildung, erfüllen unseren Job mit Engagement und müssen zusehen, wie wir in einem relativ engen Zeitfenster unsere Gebärfunktion erfüllen. Dabei ist das gar nicht so leicht, den richtigen Partner zum richtigen Zeitpunkt zu finden. Problemloses Kinderkriegen ist nicht jedem vergönnt, und während der Schwangerschaft und auch danach wieder im Job unsere Pflicht zu erfüllen, ist nicht für jeden machbar. Es klappt nicht immer alles so nach Plan. Lebenswege verlaufen individuell, und nicht jeder hat die gleichen Mög­lichkeiten und Fähigkeiten, nicht jeder bekommt problemlos perfekte Kinder. Nicht jeder findet den idealen Partner. Nicht jeder Beruf wirft genug Geld ab und nicht jeder kann alles gleichzeitig schaffen. Vielleicht sollte man nachdenken, dass auch bei den Alleskönnern etwas auf der Strecke bleibt und dass im Leben alles seine Zeit hat. Wenn wir und die Gesellschaft das akzeptieren, wird unsere Welt vielleicht etwas angstfreier, freudvoller und toleranter. – Zitatende. – Etwas zum Nachdenken. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen aber auch nicht vorenthalten, dass in Graz eine große Veranstaltung stattgefunden hat. Ich würde es nennen: „Was Frauen bewegt“, tatsächlich hat die


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Veranstaltung „Chancengleichheit für Frauen“ geheißen. 400 Frauen waren dort anwe­send, Referentinnen waren Christa Meves und Eva Herman. Und Sie können sich leb­haft vorstellen, wie die Diskussion verlaufen ist, wie polarisierend diese Veranstaltung letztendlich war, wie diese Aussagen der beiden Referentinnen polarisierten. (Abg. Öllinger: Das darf ja nicht wahr sein! Da ist nichts mehr polarisierend!)

Mir ist es wichtig, dass wir auf die Bedürfnisse der Frauen in ihrer gesamten Band­breite eingehen. Letztendlich ist es auch unsere Pflicht als PolitikerInnen, darauf einzu­gehen: Ob das nun in der Kinderbetreuung bedeutet – ich würde es „Möglichkeiten“ und nicht „Plätze“ nennen –, dass es eben die Förderung geben soll, zu Hause die Kin­der zu betreuen, wie die Antwort von Bundesminister Pröll war, oder ob ich die Kinder zu Hause durch Kinderbetreuung, durch eine Tagesmutter, wie das in Niederösterreich der Fall ist, oder durch ein Kindermädchen betreuen lasse – Absetzbarkeit der Kinder­betreuung wäre hier wichtig! –, oder ob ich eben die Kinder bei einer Tagesmutter unterbringe oder in einer Kinderbetreuungseinrichtung. Letztendlich auch das – Ihr Vorschlag ist wichtig! Die Bandbreite ist es, die Wahlfreiheit ist es. Dafür ist die ÖVP immer eingetreten.

Ich bitte Sie, die ideologische Brille abzunehmen und die Bedürfnisse der Frauen zu sehen. Das ist auch in der Frauenpolitik wichtig. Das Einzige, was ich zulassen würde, ist eine Frauenbrille für Männer letztendlich, wenn wir sehen, dass man bei Balustra­den, die oben angebracht und durchsichtig sind, den Frauen unter die Röcke sehen kann, oder wenn Wohnungen mit Fenstern installiert werden, wo die Fenster bis ganz hinunter gehen und es viele Fenster gibt, die zu putzen sind – das ist alles architekto­nisch von Männern konzipiert.

Ich glaube und ich bin davon überzeugt, dass die ÖVP gute Arbeit geleistet hat. Wir werden diesen Weg weitergehen, und die Breite der Bedürfnisse der Bevölkerung der Frauen werden wir auch weiterhin ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


17.50.19

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Grünen zielt meiner Ansicht nach ganz eindeutig darauf ab, das Auseinanderdividieren der Geschlechter wieder einmal zu forcieren. Und das ist ein Bild und ein Weg, den wir Freiheitlichen sicher nicht mitgehen werden.

Unserer Überzeugung nach kann es nur ein Miteinander von Männern und Frauen ge­ben. Wenn Sie sich, meine Damen und Herren von den Grünen, schon so wichtig mit der Frauenförderung auseinandersetzen, dann gebe ich Ihnen in einem Punkt Recht, dass natürlich Frauenförderung und Familienförderung zusammengehören. Sie haben es nicht dezidiert gesagt, aber Sie haben einen wichtigen Punkt hineingebracht: Das ist die Kinderbetreuung. Die Frage der Kinderbetreuung ist mit Sicherheit eine sehr aktu­elle. Immerhin beeinflusst es ja auch die Zukunftsperspektiven der Österreicher. Kin­derbetreuung an und für sich greift in die Privatsphäre ein. Die Art der Kinderbetreuung ist aber auch immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. Ich möchte nicht, dass in Öster­reich Kleinstkinder nur in Kinderkrippen abgeschoben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Erlauben Sie mir, einen Blick über die Staatsgrenzen hinaus nach Frankreich – ein EU-Staat, der mit ungefähr zwei Kindern pro Frau sicherlich die höchste Geburtenrate in der alten EU hat – und einen Vergleich mit den Kinderbetreuungseinrichtungen in Frankreich anzustellen. In Frankreich ist es so, dass es auch fern dieser so genannten


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Kinderkrippenplätze Tagesmütter gibt, die auch für eine einkommensschwache Familie leistbar sind. Daneben aber – und das ist gerade in Frankreich wirklich ein wichtiger Punkt und das ist der, der gerade von der linken Reichshälfte sehr oft übersehen wird – gibt es in Frankreich eine sehr große Unterstützung für Mütter, nämlich für Mütter, die aus dem Beruf ausscheiden, und das über mehrere Jahre. In Österreich liegt es da eher im Argen. In Österreich haben wir das Kindergeld, das ist zwar schön und gut, aber dann ist es schon wieder aus. Wenn ich mir das neue Regierungsübereinkommen durchlese, dann sehe ich, dass da schon wieder von einer Flexibilisierung, von einer Verkürzung des Kindergeldes geredet wird. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, das wird auch kommen!)

Ja, es ist schlimm genug, dass es kommen wird, denn letztendlich – und das hat eine meiner Vorrednerinnen, die Frau Abgeordnete Rosenkranz, schon gesagt –: 42 Pro­zent der Mütter möchten bei ihren Kindern bleiben! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stra­che – in Richtung SPÖ –: Auf die vergessen Sie!)

Und wenn Sie es verkürzen, dann haben diese Frauen noch viel weniger Chancen, bei ihren Kindern zu bleiben und müssen die Kinder wieder irgendwo unterbringen. Und genau das ist der Weg, den wir nicht gehen wollen. Wir wollen, dass die Mütter unter­stützt werden. (Beifall bei der FPÖ. )

Wir wollen, dass die Mütter ein eigenes Gehalt bekommen. Wir wollen, dass die Mütter abgesichert sind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Wurm: Was ist mit den Vätern in Ihrem Konzept?)

Sie haben heute die Ausgleichszulage mit 724 € hier gelobt. Es gibt immer noch Mütter in Österreich, die drei, vier Kinder aufgezogen haben und mit nicht einmal 300 € in Pension gegangen sind. Das ist das Sittenbild, das ist Ihnen Kindererziehung wert in diesem Land! Und das ist eine Schande für Österreich. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Aber ein wichtiges Thema der Frauenpolitik – und das lassen gerade die Grünen gerne unter den Tisch fallen, weil es ihrem heilen Multikulti-Weltbild widerspricht – ist die Zu­wanderung. Gerade diese schrankenlose Zuwanderung in den letzten Jahrzehnten hat dazu geführt, dass in Österreich wieder ein Frauenbild Einzug gehalten hat, das wir im 21. Jahrhundert eigentlich nicht mehr brauchen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Was ist das für eines?) Und das ist das Klischeebild des Heimchens am Herd, das dem Mann bedingungslos zu gehorchen hat. Und wo wird das gelebt? – Das wird in Ihren Zuwandererfamilien mit dem islamischen Hintergrund gelebt! Und das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Passen Sie auf! – Abg. Stadlbauer: Das ist ja unglaublich!)

Ich weiß, Sie sind alle auf diesem Auge blind. Für Sie ist es eine Bereicherung, wenn es aus dem Ausland kommt. Aber ein Beispiel: das Kopftuch, der Kopftuchzwang. (Zwischenruf der Abg. Stadlbauer.) Den Damen und Herren der linken Reichshälfte kommen vor lauter Rührung die Tränen! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Ich weiß, ich verstehe das. Sie empfinden das als multikulturelle Bereicherung. Für uns ist das ein Symbol der Unterdrückung der Frau. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Ein Symbol der Unterdrückung, das in einem Europa des 21. Jahrhunderts nichts mehr verloren hat. (Abg. Heinisch-Hosek: Menschenrechtlich schwer bedenklich, was Sie da tun!) Und in Frankreich beispielsweise ist das Kopftuchverbot bereits Realität. Und laut einer Studie des französischen Bildungsministeriums empfinden sogar die Schüle­rinnen aus Familien mit nordafrikanischem Hintergrund – also muslimische Schülerin­nen – das Verbot des islamischen Kopftuches in der Schule als Befreiung. Das ist auch eine Tatsache, die müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf der Abg. Mag. Wurm.)


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Und daher sollte auch in Österreich dieses Kopftuchverbot endlich umgesetzt werden. (Beifall bei der FPÖ.) Und solange Sie nichts gegen diese Art der Frauenunterdrü­ckung unternehmen, ist die Glaubwürdigkeit auf der linken Reichshälfte für mich nicht gegeben. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen die Leute ohnehin nicht dahaben! Warum reden Sie dann vom Kopftuchverbot?) – Sie fordern die Gleichberechtigung der Frau­en, vergessen dabei aber, dass hier eine ganz große Anzahl von Frauen unterdrückt wird!

Ich sage Ihnen jetzt noch etwas, es gibt noch ein ganz großes Problem, gerade bei Zuwandererfrauen. Das ist das Problem der Zwangsehe. Es gab eine Studie im Auftrag der Frauenbeauftragten der Stadt Wien – also bestimmt nicht uns zuzurechnen! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, dann machen wir was dagegen! – Abg. Strache: Sie machen nichts dagegen!) Und diese hat festgestellt, dass vor allem Frauen aus albanischen, bosnischen, indischen, kurdischen, tamilischen, türkischen Familien und Roma-Fami­lien zur Zwangsheirat gezwungen werden. – Wo ist da Ihr Ansatz? Wo ist da Ihre Lö­sungskompetenz? Das vermisse ich! Das vermisse ich in Wien, aber ich vermisse es auch hier im Hohen Haus.

Wenn Sie diese Studie weiterlesen, dann sehen Sie, dass da steht: Das Ehemündig­keitsalter in Österreich liegt bei 18 Jahren – mit Einwilligung der Eltern kann es darun­ter liegen. (Abg. Mag. Wurm: LEFÖ! Schauen Sie einmal das LEFÖ an!)

Aber dann geht es weiter: Das Heimatrecht der Ehewilligen hat im österreichischen Rechtssystem Vorzug, solange es nicht den österreichischen Grundwerten wider­spricht. Mindestaltersgrenzen können jedoch umgangen werden. – Das bedeutet im Klartext, dass 14-jährige Mädchen in Österreich zwangsverheiratet werden können. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein! In der Türkei, nicht in Österreich!) – Nein, in Österreich! Das geht aus dieser Studie klar hervor.

Wenn Sie diese Studie weiterlesen, dann sehen Sie, dass da steht: Die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts, das Geburtsortsprinzip soll anstelle des jetzt gültigen Rech­tes des Blutes kommen. – Und genau das sagt es aus: das ius soli statt dem ius san­guinis. Das bedeutet, dass das Recht des Heimatstaates hier in Österreich durchge­führt werden kann, und damit können Kinder ab dem 14. Lebensjahr zwangsverheiratet werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das machen Sie möglich! – Abg. Mag. Wurm: Das wollte immer die Partik-Pablé!)

Und Sie, meine Damen und Herren von der linken Reichshälfte, sind auf diesem Auge nicht nur blind, Sie lassen es geschehen, Sie lassen es zu, damit Sie weiterhin in Ihrer Multikulti-Romantik auf den Naschmarkt gehen und in exotischer Umgebung Pistazien kaufen können. So kommt mir das vor! Und es ist gerade die Wiener SPÖ, die nichts tut, und da brauchen Sie sich hier nicht zu alterieren, Frau Kollegin Heinisch-Hosek! Es ist Ihre Partei, die in Wien nichts tut!

Aber ich komme natürlich zurück auf die Grünen – immerhin handelt es sich ja um einen Antrag der Grünen –: Da ist es auch so, dass ich, wenn ich mir diesen Antrag durchlese, sagen muss, dass das eine Aneinanderreihung von irgendwelchen Wort­kreaturen ist. Der Arbeitsmarkt für Frauen – das ist alles recht lieb und schön, und ich habe schon gesagt, Kinderbetreuung ist auch ganz wichtig. Aber die wesentlichen Frauenprobleme, die wesentlichen Frauenthemen, die ich jetzt hier auch angeführt habe, wo es um die Unterdrückung der Frau geht, werden nicht angesprochen.

Ein weiterer Punkt, der überhaupt nicht in irgendeiner Art und Weise vorkommt, ist die Gewalt an Frauen. Gewalt an Frauen scheint bei Ihnen nicht zu existieren oder Sie ha­ben sie vergessen, dann reichen Sie es bitte nach in diesem Antrag!


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Was uns auch noch wichtig ist – um hier nochmals auf die Problematik in Österreich zurückzukommen –: Wir Freiheitliche stehen dazu, dass es auch eine Männerberatung geben muss. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Strache: Die ihre Kinder nicht sehen!) Denn viele Probleme, die Frauen haben, sind die Probleme der Männer. Frauen, die von gewalttätigen Männern misshandelt werden, sind in der Regel in den Beratungsstellen. Hier gehört am Kern des Problems angesetzt, und hier gehören die Männer zu den Beratungsstellen gebracht. Alkoholproblem, Gewalt in der Familie – das alles wirkt sich aus. (Abg. Mag. Wurm: Gibt es!) – Nein, das gibt es nicht! Und Sie fordern es auch nicht und Sie haben – ich kann mich erinnern! – früher schon gelacht, dass es eine Männerberatungsstelle geben soll, die sich genau mit diesen Problemen auseinandersetzt. Und genau da gilt es anzusetzen. Frauenpolitik kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie kann nur im Rahmen einer Familienpolitik betrachtet werden (Abg. Mag. Wurm: Ah!) und da gehören auch Männer dazu und natürlich auch Kin­der. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.


17.59.16

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Ich glaube, das würde Abende füllen, um auf meine Vorrednerin einzugehen, aber nur ein Satz: Es ist wirklich unglaublich, dass Sie über Frauenpolitik und über Gleichstellung von Frauen nur in dem Zusammenhang reden, dass Sie Ihre ausländerfeindlichen Hasstiraden hier abgeben können. Das ist unglaublich und menschenrechtlich total bedenklich. Sie sollten sich dafür schämen, das hat in diesem Haus hier nichts verloren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Ganz im Gegenteil: Sie lassen diese Frauen im Stich!)

Jetzt zum eigentlichen Thema des Antrages: Die Grünen erklären uns in diesem An­trag wieder einmal die Welt, was ja ganz gut ist, wenn sich die grüne Fraktion damit beschäftigt, weil es auch wirklich wichtig ist.

Nur: Das wissen wir ja alles, was in der Präambel steht, und der springende Punkt ist, wir arbeiten daran, diese Situation zu verbessern.

Der Antrag, der heute vorliegt, ist leider zu wenig, denn Sie fordern ausschließlich die Frauenministerin auf, aktiv zu werden, während wir die gesamte Regierung in die Pflicht nehmen möchten, frauenpolitisch aktiv zu werden.

Sie erheben zwar sehr laut Ihre frauenpolitische Stimme – was auch sehr gut ist –, nur das Problem, das ich immer wieder sehe und habe, ist, dass dann keine Konzepte fol­gen. Es kommen keine Ideen, es kommen keine Vorschläge, und auch hier im Antrag delegieren Sie wieder alles nur an die Frauenministerin. Etwas Eigenes ist leider nicht dabei.

Frau Glawischnig hat uns vor einigen Tagen über die Presse ausrichten lassen, dass die SPÖ-Frauen keine eigenen Ideen zur Frauenpolitik mehr haben. Jetzt frage ich mich: Wo sind die Ideen von der Frau Glawischnig? Die einzige Idee, die ich vor kur­zem von ihr gehört habe, ist die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuung. (Präsi­dent Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist eine konservative Umverteilungsidee von der Frau Glawischnig, und es ist sehr gut, dass das jetzt nicht im Regierungsprogramm drinnen steht, denn ich frage mich: Wem nützt diese Maßnahme? – Ihr selber, aber nicht dem Großteil der Frauen, die es wirklich notwendig haben und die wir unterstüt­zen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Die Erwartungen, die ich an die grüne Fraktion hätte, speziell auch an die Frauen, auch bezüglich der Frauenpolitik, ist nicht dieser oppositionelle Reflex, jetzt ist halt die SPÖ an der Regierung und jetzt hauen wir wieder die SPÖ, sondern eine Unterstützung für die Politik, die wir für Frauen machen wollen – wir unterscheiden uns da ja nicht im Wesentlichen –, und vor allem für die Frauenministerin, damit sie in der Regierung auch entsprechend etwas weiterbringt. Ich lade Sie dazu herzlich ein für die Frauen in Österreich.

Kollegin Heinisch-Hosek hat es schon gesagt. Ich gehe jetzt auf die Punkte ein, was in diesem Antrag drinnen steht, ich mache es ganz kurz.

Punkte 1, 3 und 5 sind in Arbeit, beziehungsweise gibt es ein Bekenntnis dazu von der Frauenministerin.

Der Forderungspunkt 4 ist seit 1993 umgesetzt.

Bei Forderungspunkt 6 hat die Frauenministerin mehr Geld herausverhandelt, als Sie im Antrag fordern.

Einzig der Punkt 7: Es wäre auch uns lieber gewesen, wenn es vom Bund Gelder für die Kinderbetreuungseinrichtungen gäbe. Das haben wir auch in unserem Forderungs­programm für die Regierungsverhandlungen drinnen gehabt. Also das ist sicher nicht die Schuld der Frauenministerin, dass das jetzt nicht drinnen steht.

Zu Punkt 2 möchte ich einiges sagen. Hier geht es um die Bindung der Wirtschaftsför­derung an die betriebliche Gleichstellung, dass da etwas entwickelt wird. Also, auch hier ausschließlich die Frauenministerin dafür verantwortlich zu machen, greift einfach zu kurz, denn das will die Frauenministerin und das will auch die SPÖ. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Frauenvolksbegehren Ende der neunziger Jahre, wo einer der Forderungspunkte war, öffentliche Aufträge an Frauenförderung im Betrieb zu koppeln.

Ich erinnere daran, dass damals die SPÖ-geführten Ressorts das sehr wohl gemacht haben. Es gab eine interne Richtlinie des damaligen SPÖ-Bundeskanzlers. Es gab einen Fragebogen der damaligen Frauenministerin Barbara Prammer an die Unterneh­men, wie sie es denn mit Frauenförderung halten. Und viele Unternehmen haben sich damals das erste Mal überhaupt damit beschäftigt. Das heißt, wir wollen das; das war auch Teil unseres Forderungsprogramms. Das wollte nur die ÖVP nicht. Und der Kom­promiss sind jetzt finanzielle Anreize für Frauenförderpläne in den Unternehmen. Das ist gestaltbar, und ich denke, wir werden zumindest alle Kraft dafür einsetzen, das auch so in diesem Sinne umzusetzen. Ich hoffe da wirklich sehr auf die Unterstützung zum einen vom Koalitionspartner, weil das eine vernünftige Maßnahme ist, und zum ande­ren auch von den Grünen.

Die SPÖ ist die Garantie für einen Kurswechsel in der Frauenpolitik. Doris Bures ist eine wirksame Stimme für die Frauen. Bundeskanzler Gusenbauer sind frauenpoli­tische Forderungen wichtig. Das heißt, an uns, an der SPÖ soll es nicht liegen. Wir haben die umfassenden Konzepte und wir werden das jetzt in einer bundesweiten Kampagne auch umsetzen. Wir haben heute und morgen einen bundesweiten Aktions­tag in allen Bezirken, wo wir den Frauen auch sagen, was wir machen wollen, denn wir haben jetzt das Glück, dass SozialdemokratInnen gestalten können. Sie werden es sehen, wir sind dazu bereit. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Was machen Sie dagegen, dass Frauen zu Hause eingesperrt werden und nicht Deutsch lernen dürfen? Wie helfen Sie diesen Frauen?)

18.04


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 102

18.04.43

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Bundesministerin für Frauen, Medien und öf­fentlicher Dienst! Werte Staatssekretärinnen! Ich habe jetzt versucht, zwei Stunden diese Debatte zu verfolgen. Ich habe das Glück, schon einige Zeit hier im Parlament zu sein und hier Frauen- und Familienpolitik zu machen. Ich hatte das Pech, mich auch aufzuregen, maßlos aufzuregen über die Rede der Abgeordneten Zwerschitz, wo ich denke, dass das eine Beleidigung war Männern und Frauen, Müttern und Vätern ge­genüber, die den Mut und die Kraft haben, Familie zu leben – und Familie ist noch immer das Beste für unsere Kinder. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich rege mich auch maßlos auf oder ich lächle – das weiß ich noch nicht ganz genau, was ich wirklich tun soll – über die Situation, die sich jetzt hier im Parlament durch die Frauendiskussion ergeben hat, nämlich gerade bei den Grünen. Ich bin mir nicht sicher, wenn es eine Männerdiskussion wäre, ob das auch so zustande gekommen wäre. Frau Präsidentin Glawischnig danke ich übrigens trotzdem für die Forderung nach steuerlicher Absetzbarkeit, das ist ein wichtiges Thema und auch eine Forderung seitens des ÖAAB schon seit Jahren.

Ich bin aber entsetzt über Sie, Frau Abgeordnete Weinzinger, und auch Sie, Frau Ab­geordnete Zwerschitz, wie ich es schon gesagt habe, und zwar darüber, dass ihr bei euren Reden immer aggressiver werdet. Ich sage euch etwas, ich gebe euch etwas mit auf den Weg: Ich bin dankbar und glücklich, in diesem Land Österreich leben zu dür­fen. Und wir haben in den letzten Jahren und auch davor sehr, sehr viel erreicht, dass es uns Menschen hier in Österreich gut geht, wissend, dass es nicht jedem so gut geht wie uns. Und ich brauche nicht alles schlechtzumachen und madig zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Manchmal kommt es mir so vor wie bei der Fernsehserie „Reich und schön“; da geht es auch nur um Zank und Hader. Früher waren die Grünen bei den Roten, jetzt sind die Grünen gegen die Roten. Wir in der ÖVP unterstützen sehr wohl Regierungsarbeit, weil wir Jahre hindurch auch gezeigt haben, wie wichtig und wie notwendig Regie­rungsarbeit für die Frauenpolitik, für die Familienpolitik ist.

Ich möchte Ihnen nur noch ein paar Punkte dazu sagen. Zum Beispiel: Kindergarten-Milliarde. Erstens war das eine Kindergarten-Milliarde in Schilling, zweitens sind wir alle, ob ÖVP oder sonst irgendwer, für die Ausweitung von Kinderbetreuung im öffentli­chen Bereich, aber auch innerhalb der Familie, zum Beispiel über Tagesmütter. Und ich sage Ihnen schon eines: Die Länder sind auch aufgerufen, da ihren Beitrag zu leis­ten, denn seitdem es das Kinderbetreuungsgeld gibt, zahlen in den Ländern die Lan­desbediensteten und die Gemeindebediensteten keinen Cent mehr dafür, weil sie das aus dem Familienlastenausgleichsfonds bekommen. Und da bleiben einige Millionen übrig. Und außerdem richte ich den Kindergartenerhaltern aus: Die nächste Volkszäh­lung kommt ganz bestimmt. Und dann schauen die Bürgermeister oder die Verantwort­lichen in den größeren Städten, wie sie zu höheren Einwohnerzahlen kommen. Ich denke mir, man könnte ja auch über den Finanzausgleich einiges hier regeln. Dass wir seitens der Regierung hier einiges tun werden, ist sicher klar.

Nächster Punkt: Erwerbsquote der Frauen auf 65 Prozent erhöhen. Ja, 3 Prozent, wir sind jetzt schon bei 62,3 Prozent, und der EU-Durchschnitt liegt jetzt bei 60 Prozent. Und da muss man auch dazusagen, dass es eine gute Arbeit gegeben hat. Und ich sage noch einmal – ich glaube, eine Kollegin von unserer Fraktion hat das schon er­wähnt –, dass Teilzeitarbeit auch von Vorteil sein kann. Und viele Frauen und auch Männer, Gott sei Dank, sagen, in einer gewissen Phase wollen sie Teilzeit arbeiten, sei es, wenn die Kinder klein sind, sei es auch, wenn es Betreuungspflichten für ältere Menschen innerhalb der Familie gibt.


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Zu den Frauenförderplänen, dem Wunsch der Grünen nach Verankerung: Ich glaube, dass Sie nicht wissen, dass es seit 1992 den § 97 im Arbeitsverfassungsgesetz gibt, wo es über Betriebsvereinbarungen sehr wohl, bitte, die Möglichkeit gibt, Frauenförder­pläne einzuführen. Das war ein Thema im Zuge der Behandlung des Frauenvolksbe­gehrens, was auch umgesetzt wurde.

Zu der Forderung nach einer verpflichtenden Bindung, wenn öffentliche Gelder in Be­triebe fließen, sage ich Ihnen: Mir ist es wichtiger, dass man zuerst, wenn öffentliche Gelder in Betriebe, in Unternehmen fließen, schaut, dass es arbeitsplatzerhaltende und arbeitsplatzschaffende Maßnahmen für Frauen und für Männer gibt, denn nur so kommen wir auch im Bereich der Wirtschaft weiter.

Ich meine – abschließend noch einmal –, es würde uns gut tun, wenn wir nicht öffent­lich in diesem Raum so ein Hickhack zum Thema Frauenpolitik machten. Frauenpolitik ist tatsächlich Querschnittspolitik, geht in die Familienpolitik hinein, geht in die Wirt­schaftspolitik hinein. Und mehr Sinn für die Zukunft wäre angebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

18.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zanger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.10.21

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Kollegin Steibl, Sie haben gerade in Richtung der Grünen gesagt: Ihr werdet so aggressiv beim Reden. – Sehen Sie, das ist genau der Grund, warum wir Männer es oft in weiser Voraussicht vermeiden, uns in Debatten über Frauengeschichten einzumischen.

Vielleicht wundern Sie sich, dass ich als Mann heute zu einem Frauenthema Stellung beziehen, aber ich sehe es als reizvolle, aber auch notwendige Kontroverse, denn selbst vor Gericht wird dem Angeklagten die Möglichkeit der Verteidigung geboten.

Aber selbstverständlich liegen die Gründe woanders. Da ist zum einen natürlich der höchste Respekt, den wir Männer – vor allem auch ich – der Damenwelt im Allgemei­nen untertänigst entgegenbringen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Zweiten scheue ich die Höhle des Löwen nicht. Und drittens: Ich bin glücklich ver­heiratet. Und – Gott sei gelobt! – auch meine Gattin ist mit mir anscheinend glücklich verheiratet, hat sie mir doch schon in jungen Jahren zwei wundervolle Söhne ge­schenkt. Und stellen Sie sich vor, sie hat noch etwas ganz anderes gemacht: Entgegen dem damals schon vorherrschenden Zeitgeist der Emanzipation hat sie sowohl auf Karriere als auch auf Freizeit verzichtet, denn ihr unbedingter Wille war es, unsere bei­den Kinder selbst zu erziehen, sie nicht in irgendwelche Betreuungseinheiten oder Sonstiges abzuschieben und ihnen alle nur mögliche Zeit, die ihr zur Verfügung stand, zu widmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Selbstverständlich hat das Entbehrungen für uns bedeutet. Wir konnten uns nicht alles leisten. Aber glauben Sie mir: Das, was wir damals bei unseren Kindern gesät haben, das können wir heute hundertfach ernten. Und kein Geld der Welt könnte mir das ersetzen, was ich erlebt habe! (Beifall bei der FPÖ.)

Glauben Sie mir, sie hat von mir die höchste Wertschätzung erfahren hinsichtlich ihres Engagements im Haushaltsmanagement und vor allem hinsichtlich ihres großen Zeit­aufwandes bei der Kindererziehung. Und da sollte man auch einmal die Frage stellen: Ist dies dem Staat etwas wert – und wenn ja, wie viel?


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Leider ist dies heute nicht mehr als selbstverständlich anzusehen. Es ist erschreckend: Für viele junge Mädchen sind Kinder nicht nur bloß ein Hindernis beim Erklimmen der beruflichen Karriereleiter, Kinder werden sogar schon als Einschränkung bei der Frei­zeitgestaltung gesehen. Die Abtreibungszahlen erreichen furchtbare Dimensionen.

Die Ehe, also die lebenslange Partnerschaft, verliert ihre Bedeutung zu Lasten der so­genannten Lebensabschnittspartnerschaften – eine für mich äußerst bedenkliche Ent­wicklung. Denn: Tatsächlich ist die Fortpflanzung ein Grundbedürfnis des Menschen. Das hat der Wissenschafter Abraham Maslow schon in seiner Bedürfnispyramide fest­gestellt. (Beifall bei der FPÖ.) Essen, Trinken und Sex im Sinne der Fortpflanzung, hat er geschrieben; das ist überall nachzulesen. – Ich weiß, manche reduzieren das und klammern das Fortpflanzen aus.

Die Familie, meine Damen und Herren, ist die Basis dieser Republik. Sie ist wieder in das Zentrum unserer Politik zu rücken. Und zu einer Familie gehören nun einmal Kin­der. Das stellt keine Belastung dar, sondern einen Staatsauftrag!

In diesem Sinne haben Frauen, die auf Kinder in der Familie und auf Zeit für die eige­nen Kinder setzen, die nicht Karriere und hohe Gehälter als das Wichtigste in ihrem Leben betrachten, die allerhöchste Wertschätzung von uns allen zu erfahren.

Viele Frauen sehen sich als emanzipierte Feministinnen oder feministische Emanzen – je nachdem. Natürlich sei auch diesen Respekt entgegengebracht. Es ist für einen Mann ein durchaus reizvolles Risiko, sich mit dieser Gruppe auseinanderzusetzen.

Viele sind schon so emanzipiert, dass ich mir manchmal denke, es wird Zeit für uns Männer, uns schön langsam zu „efrauzipieren“. – Aber natürlich gibt es auch da einen ernsten Hintergrund. Mit Schaudern denke ich an die hohen Scheidungsraten in unse­rem Land, und ich weiß, dass viele Männer von den Frauen an den Rand ihrer Exis­tenz gedrängt werden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)

Aber noch viel schlimmer ist es, wenn Richter ohne Familienhintergrund und Frauen mit unwahren Anschuldigungen das Besuchsrecht der Männer so weit hinauszögern, dass diese ihre Kinder oft monate-, ja jahrelang nicht sehen. – Bei allem Verständnis für die Anliegen der Frauen: Ein solches Verhalten ist weniger frauenhaft denn grauen­haft! (Beifall bei der FPÖ.)

18.15


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Einem. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; 6 Minuten Restredezeit der Fraktion. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.15.36

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Staats­sekretärinnen! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, es wäre natürlich verlockend, auch auf die Ausführungen des Vorredners einzugehen, aber ich denke, es reicht, sich dazu zu bekennen, dass jeder sagen dürfen soll, was er sich denkt – es war schlimm genug. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Bundesministerin hat mit Recht gesagt, dass es unser Interesse sein muss, eine moderne Frauenpolitik zu unterstüt­zen, und zwar im Interesse der Frauen. – Liebe Frau Bundesministerin! Ich möchte zart ergänzend widersprechen und sagen: Ich denke, auch der Männer – zumindest jener, die in einer einigermaßen gerechten Welt leben wollen. Es ist nicht nur Sache der Frauen, um ihre Rechte und darum zu kämpfen, endlich gleichberechtigt zu sein, son­dern das geht uns auch etwas an! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich denke, das hätte auch mein Vorredner vielleicht erkennen und sagen können, wenn er hätte können.

Lassen Sie mich aber auch ein Zweites sagen: Ich denke, dass es zum Beispiel ganz wichtig ist, deutlich zu sehen, dass die Frage, welche Freiheiten Männer und Frauen in aufrechter Ehe bei der Kindererziehung haben, sehr wesentlich davon abhängt, wel­chen ökonomischen Spielraum sie haben. Wir haben heute eine Situation – das ist mehrfach gesagt worden –, wo das Einkommen von Frauen auch bei Vollzeitberufs­tätigkeit einfach so viel niedriger ist als das von Männern, dass es im Allgemeinen aus wirtschaftlichen Gründen nicht geht, dass der Mann zu Hause bleibt.

Das ist auch der Grund dafür gewesen, warum wir beispielsweise eine Flexibilisierung des Karenzgeldes verlangt haben, und zwar nicht nur in dieser relativ starren Form, die jetzt möglich war, sondern darüber hinaus. Und eine von diesen bekannten „linken Organisationen“ wie das Rote Kreuz hat heute die Forderung aufgestellt, dass ein ein­kommensbezogenes Karenzgeld eingeführt werden sollte, weil das das Einzige ist, was eine freie Entscheidung der Eltern zuließe, sich ohne wirtschaftlichen Druck für das Zu-Hause-Bleiben oder für das Arbeiten zu entscheiden (Beifall bei der SPÖ) – eine Entscheidung, die heute normalerweise so getroffen werden muss, dass die Frau zu Hause bleibt, wenn jemand zu Hause bleibt, weil es wirtschaftlich anders nicht geht.

Wir haben auch die Beweise dafür, dass das stimmt. Wenn wir uns ansehen, wie viele Männer im öffentlichen Dienst in Karenz gehen – insbesondere dann, wenn sie mit Frauen verheiratet sind, die auch im öffentlichen Dienst sind –, dann können wir fest­stellen, dass dort der Karenzanteil der Männer viel höher ist – einfach deshalb, weil die Einkommensfrage dort egalisiert ist.

Also wir sollten endlich auch dort anerkennen, dass es weiterer Schritte bedarf und dass man auch weiter gehen kann, als es diesmal bei den Koalitionsverhandlungen möglich war.

Lassen Sie mich noch ein anderes sagen – und dabei auch auf meine europäische Funktion zu sprechen kommen –: Es ist vor wenigen Tagen eine Untersuchung des EUROSTAT, des Statistischen Amtes der Europäischen Union, zur Frage „Europäi­sche Unternehmen im Spiegel der Statistik“ erschienen. Und bei dieser Gelegenheit ist untersucht worden, welche jene Branchen in Europa sind, in denen die meisten Frauen beschäftigt sind, und welche jene Branchen in Europa sind, in denen die meisten Män­ner beschäftigt sind. Und ich darf Ihnen das Ergebnis sagen: Die ersten drei Plätze der Branchen in Europa, in denen Frauen den höchsten Anteil stellen, sind: Textilwaren, Bekleidung, Leder und Schuhe – dort stellen Frauen einen Anteil von 65 Prozent –; zweiter Platz: Einzelhandel – dort stellen Frauen einen Anteil von 61 Prozent –; dritter Platz: Hotel- und Gaststättengewerbe mit einem Frauenanteil von 55 Prozent.

Was sagt uns das? (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sie Witzbold! – Was sagt uns das? – Das sagt uns, dass das genau die Branchen sind, in denen am wenigsten gezahlt wird. Und ich denke, wir müssten darüber nachdenken, warum das die Branchen sind, wo Frauen am stärksten beschäftigt sind.

Wenn wir uns die Branchen ansehen, wo Männer am stärksten beschäftigt sind, dann ist es nicht besonders überraschend, dass dort das Baugewerbe und Realitätenwesen mit 92 Prozent führt – das ist vor allem der Bau: Klar, dort arbeiten üblicherweise Män­ner. Das Zweite ist die Gewinnung nichtenergetischer Mineralien, Erzbergbau, Gewin­nung von Steinen und Erden – also Bergwerksunternehmen: No na, auch ein hoher Männeranteil. Und der dritte Platz ist Metalle und Metallerzeugnisse.

Aber lassen Sie mich noch etwas Zweites ansprechen, nämlich die Frage, wo die höchsten Löhne gezahlt werden, und dann wird der Zufall es zeigen, dass das wieder keine Frauenbranchen sind. Die höchsten Löhne werden nämlich gezahlt: Erster Platz:


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Fahrzeugbau mit durchschnittlich 49 000 € im Jahr; zweiter Platz: Energie mit 42 000 €; dritter Platz: Chemie, Gummi- und Kunststoffindustrie. – Alle drei keine „Frauen-Branchen“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir uns schon klarmachen müssen und was auch Sie von den Grünen sich klarmachen müssen, ist, dass die Frage, ob das so ist oder anders, nicht ausschließlich von der österreichischen Frauenministerin ab­hängt. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.) Das, was notwendig ist, ist, dass wir alle – auf der Ebene der Bundespolitik, auf der Ebene der Landespolitik, auf der Ebene der Gemeindepolitik – uns dafür engagieren und dass sich dafür Frauen und Männer en­gagieren, und zwar im Kleinen wie im Großen. Die Frage, ob es gelingt, hier Gerech­tigkeit herzustellen, ist eine Frage des alltäglichen Engagements von uns allen, und dafür werbe ich um Unterstützung, auch für die Arbeit dieser Bundesregierung und der Frauenministerin! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf – zu dem auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Dr. Einem –: Ich hätte mir erwartet, dass Sie ein bisschen euro­papolitisch kritisch sind in diesem Bereich! Aber dort wollen Sie ...!)

18.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllin­ger. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.21.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung hier im Haus, im Plenarsaal! Danke, lieber Caspar Einem, es war wohltuend, was hier gesagt wurde, aber dennoch, eine Anmerkung sei mir schon gestattet. Es ist natürlich völlig legitim für einen SPÖ-Abgeordneten, hier den Appell an uns zu richten und zu sagen, er wirbt für Unterstützung für das Frauenministerium. – Ja, ist okay, nur sei uns auch gestattet, darauf hinzuweisen: Wir sind nicht ein Verein oder eine Fraktion zur Unterstützung einer Frauenministerin, sondern wir sind eine Par­tei, die der Meinung ist, frauenpolitische Anliegen sind wichtig für Männer und Frau­en! – Und ich hoffe, wir treffen uns in diesem Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin eher, muss ich ganz ehrlich sagen, bestürzt über den Verlauf der Debatte, dar­über, dass wir uns in den Haaren liegen, wer weiter gehende Forderungen in der Frau­enpolitik hat. Ja Gott sei Dank gibt es weiter gehende Forderungen in der Frauen­politik, und wenn die Frauenministerin das als Angriff auf sich empfinden würde, dann wäre sie fehl am Platz, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich hoffe, dass wir auch noch Unterschiede haben in der Frauenpolitik, die hier einigermaßen solidarisch ausgetragen werden können. Aber diese Punkte müssen auf den Tisch!

Selbstverständlich erwarten wir von einer Frauenministerin, dass sie sich für Frauenan­gelegenheiten in der Bundesregierung einsetzt, und nicht, dass wir als Antwort bekom­men: Eine Frauenministerin ist ja gar nicht dafür da, Frauenpolitik zu machen, sondern das ist ohnedies eine Querschnittmaterie, quer durch alle Ministerien! – Ja, natürlich wissen wir das auch, dass die einzelnen Ressorts, ganz egal, ob sie von Männern oder von Frauen besetzt werden, auch die Anforderung an sich haben sollten, Frauenpolitik zu machen, um Politik für Frauen zu machen. Nur tun sie es halt nicht, egal, ob es Männer oder Frauen sind, in den meisten aller Fälle!

Der nächste Punkt auf der Tagesordnung, eine Anfragebesprechung, wird zeigen, wie erbärmlich das in bestimmten Bereichen, etwa bei den Wiener Philharmonikern, noch aussieht und wie sehr die öffentliche Hand nach wie vor Förderungen beispielsweise an die Wiener Philharmoniker vergibt und es ihr wurscht ist, dass Frauenförderung zwar mit diesem Verein vereinbart ist, dass sie aber nicht stattfindet. – Und ich denke, darüber muss gesprochen werden! Und darüber muss nicht nur gesprochen werden, sondern es müssen Initiativen gesetzt werden!


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Frau Kollegin Heinisch-Hosek, wenn Sie uns erklären: Wir sind doch schon viel weiter als ihr Grünen mit eurem Sieben-Punkte-Programm!, und uns im nächsten Satz sa­gen – ich habe es mir aufgeschrieben –: Seien wir doch froh, dass nicht alles so kon­kret ist im Regierungsprogramm! (Abg. Heinisch-Hosek: Na eh!), dann frage ich mich schon, ob dieser Widerspruch nicht etwas zu eklatant ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, das ist kein Widerspruch!) Diese sieben Punkte, die wir fordern, sind nicht das Letzt­mögliche aller Dinge. Das sind Forderungen (Abg. Heinisch-Hosek: Zielvorgaben!), von denen Sie – ich habe es zumindest nicht anders gehört – genauso überzeugt sind wie wir, dass sie erfüllt werden sollen, von denen wir allerdings wissen, dass wenig im Regierungsprogramm darüber vereinbart ist. – Das soll Sie möglicherweise nicht daran hindern, das trotzdem zu machen.

Ich kann mich noch gut erinnern – das ist ungefähr zwei Wochen her –, dass bei einer Veranstaltung, wo einige von Ihnen anwesend waren, Frau Kollegin Dohnal in einer Ansprache gesagt hat: Na ja, vergesst das Regierungsprogramm! Wenn ich nur das gemacht hätte, was da drinnen vereinbart gewesen wäre, dann wäre ich nicht weiter­gekommen! Ich habe die Sachen gemacht, auch ohne dass sie vereinbart waren, und das war schwierig genug! – Ich spare mir die Nebenbemerkungen, die sie noch ge­macht hat, wo es schwierig war, in der jeweiligen Partei (Zwischenruf der Abg. Stadl­bauer), in diesem Fall in Ihrer Partei. Das tut nichts zur Sache.

Wissen Sie, ich bin eher bestürzt darüber, dass wir beziehungsweise dass ich als Mann in dieser Debatte erleben musste, dass die Frauenpolitikerinnen der verschiede­nen Parteien nicht an einem Strang ziehen. Ich habe hier im Parlament noch die Zeiten erlebt, in denen sich die Frauenpolitikerinnen quer durch die Parteien auf Anliegen ver­ständigt haben, wenn sie ihnen wichtig waren, und das hat nicht geheißen, dass die eine die andere über den Tisch gezogen hat. Aber diese Situation kann ich derzeit überhaupt nicht erkennen.

Was hier dominiert, ist entweder: Hoch die Familie!, Hoch die Familie!, und noch ein­mal: Hoch die Familie!, und die Last, wenn Sie so wollen, sollen die Frauen tragen – oder eine Debatte zwischen Frauen von verschiedenen Parteien, die sich gegenseitig an den Kopf werfen – und das soll es nicht sein –, welche besser in der Frauenpolitik ist.

In diesem Sinn ist es auch nicht hilfreich, finde ich, die Debatte so zu führen. – Ich möchte sie in der Substanz noch einmal führen! (Abg. Dr. Graf: Tun Sie die Frauen nicht schon wieder bevormunden, als Mann!)

Zurück zu konkreten Punkten. Ich hätte mir Folgendes gewünscht – und Sie wissen, das war ein Anliegen des Frauen-Volksbegehrens, das bekanntlich im Jahr 1997, so­fern mich nicht alles täuscht, stattgefunden hat –: 15 000 S als Mindestlohn. Das haben damals die Frauen als Mindestlohn für Frauen gefordert, schon im Jahr 1997. – Zehn Jahre später erklären Sie und auch die Regierungspartei ÖVP: Wir sind so stolz, dass wir 1 000 € – was umgerechnet 13 700 S betragen würde, brutto! – möglicherweise in diesem Jahr vereinbaren!

Das erklären Sie uns jetzt, im Jahr 2007 – obwohl Sie genauso gut wie wir wissen, dass 2003 diese ÖVP mit der damaligen FPÖ auch schon die 1 000 € in ihrem Pro­gramm drinnen gehabt hat! Und wir sollten eigentlich darüber debattieren, warum in Jahren des gemeinsamen Bemühens in dieser Sache überhaupt nichts zustande und zuwege gebracht wurde. Das ist ja erbärmlich, wenn wir im Jahr 2007 noch immer dar­über diskutieren müssen, dass eine Forderung des Frauen-Volksbegehrens aus dem Jahr 1997, wo Sie genauso wie wir dahinter gestanden sind, noch immer nicht umge­setzt ist! Welche Umstände sind es, die es verhinderten, dass in Österreich – in erster Linie für die Frauen; davon bin ich überzeugt – 1 000 € erreicht werden konnten?


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Schauen Sie sich in zweiter Linie einmal an: Warum kleben Sie an diesen 1 000 €? – Ich sage: Das ist falsch, die Perspektive mit den 1 000 €! – Erstens einmal müsste es mehr sein, und zweitens müssten Sie das auf den Stundenlohn herunterbrechen. Nur so ist es einigermaßen messbar, und nur so würde man zum Beispiel auch jene Be­reiche erfassen, in denen kurzfristige Beschäftigung – in erster Linie wird diese wieder­um von Frauen geleistet – stattfindet, die deutlich niedriger bezahlt wird, teilweise im öffentlichen oder halböffentlichen Bereich! Das sind gar nicht so viele Betriebe der Pri­vatwirtschaft, die so wenig zahlen. – Das ist das eine.

Als Zweites, jenseits des Mindestlohns und einer Vorgehensweise, von der ich glaube, dass man mit Sich-immer-weiter-Herausreden nicht weiterkommt – da sind dringend Maßnahmen notwendig! –, greife ich die Frauenquotenpolitik heraus. Dieser Antrag, den wir vorstellen, enthält in vielen Punkten eine Bindung an Quoten. Und Sie, Frau Bundesministerin, erklären uns in einer Ihrer ersten Wortmeldungen hier, dass Quoten gar nicht so wichtig sind! Und da frage ich mich: Was bedeutet das? Haben wir jetzt wirklich noch, im Sinne dieser sieben Punkte und dessen, was auch Sie für richtig und wichtig halten, gemeinsame Anliegen in der Frauenpolitik – wo wir uns vielleicht dar­über streiten können, ob die einen weiter vorne und die anderen weiter hinten sind oder irgendwo im Feld stehen, damit wir das nicht werten und ordnen müssen –, oder findet hier ein Wechsel statt?

Wir sagen hier klar – auch aus der Erfahrung als Grüne Partei –: Wir halten Quoten für richtig und wichtig! Ja, sie können etwas bewegen! Sie sind nicht das Allheilmittel, aber sie sind richtig und wichtig. – Warum weigern Sie sich, dem, was in diesen sieben Punkten an Quotenpolitik vorgeschlagen wird, Rechnung zu tragen? – Das sind ent­scheidende Fragen, die uns einen Tag vor dem Frauentag, wenn hier Antworten ge­kommen wären, ein Stück hätten weiterbringen können!

Auch das ist die Tragik dieser Debatte und nicht nur der Umstand, dass wir den Bier­zipf des Herrn Zanger hier ertragen mussten, der – was weiß ich, wo – in einer Bude hätte stattfinden können und dort wahrscheinlich auf Zuspruch gestoßen wäre. Aber, Entschuldigung, Herr Zanger, hier herinnen? (Ruf bei der FPÖ: So ist der Parlamenta­rismus eben!) – Ja, wir halten es aus, aber ich schäme mich als Mann dafür, dass ich auf dieser Ebene diskutieren muss – denn da fühle ich mich als Mann missverstanden, auch von den Frauen. Und ich fühle mich nicht in derselben Position wie Sie, Herr Kol­lege Zanger. (Beifall bei den Grünen.)

18.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte alle Damen und Herren, Platz zu nehmen, denn wir kommen nun zur Abstim­mung.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 119/A(E) der Abgeord­neten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frauenpolitische Maßnahmen: Wo bleiben sie?“

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

18.32.01Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 201/AB


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers mit der Ordnungszahl 201/AB. Die er-


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wähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung und zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Ich ersuche nunmehr Herrn Abgeordneten Zinggl als Antragsteller des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.32.50

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Im Dezember des letzten Jahres habe ich eine parlamentarische Anfrage bezüg­lich des Frauenanteils bei den Wiener Philharmonikern an den damaligen Bundeskanz­ler Schüssel gerichtet, die in der Zwischenzeit vom jetzigen Bundeskanzler Gusen­bauer beantwortet wurde – eine Beantwortung, mit der ich nicht so recht zufrieden bin. Mich wundert auch ein wenig, dass die jetzt zuständige Ministerin nicht da ist. Meine Anfrage betrifft ja schließlich auch eine Art von Änderung – wenn das überhaupt er­wünscht ist –, aber ich nehme an, Frau Staatssekretärin Silhavy, dass Sie ihr meine Wünsche und Beschwerden in der Richtung ausrichten werden, und hoffe, dass sich da einiges ändern wird.

Ich habe bei meinen ersten drei Fragen Bezug genommen auf die Leitung des Staats­opernorchesters, auf den neu bestellten – das ist ja eine Funktion, die vom jetzigen Operndirektor erst eingerichtet wurde – Direktor des Staatsopernorchesters, und Sie werden sich jetzt fragen: Was hat das mit den Philharmonikern zu tun?

Eine kurze Erklärung: Wer immer Philharmoniker oder Philharmonikerin werden will, muss drei Jahre lang im Staatsopernorchester angestellt sein. Und meine Überlegung war die – und das wurde auch in der Frage ausgedrückt –: Wieso kann ein Orchester­direktor bestellt werden, der ganz offensichtlich frauenfeindlich ist, eine Person, die sich wiederholt gegen die Aufnahme von Frauen bei den Philharmonikern ausgespro­chen hat?

Es geht um Herrn Werner Resel. Werner Resel hat bis 1997 die Wiener Philharmoniker geleitet und ist dann zurückgetreten, nachdem sich die Philharmoniker dafür ausge­sprochen haben, doch Frauen zuzulassen. Es ist dies auch jener Werner Resel, der wiederholt frauenfeindliche Äußerungen gemacht hat. Ich erinnere nur an eine: Auf die Frage von Schulkindern bei einer Führung, warum denn keine Frauen bei den Philhar­monikern spielen, hat er geantwortet: Weil das ein Orchester von weißen Männern ist, die Musik von weißen Männern für weiße Männer spielen.

Die ersten beiden kann man ja noch verstehen, denn die Philharmoniker waren zu die­sem Zeitpunkt tatsächlich lauter weiße Männer, und dass die Komponisten auch zu­mindest in der Mehrzahl weiße Männer sind, ist historisch ebenfalls belegt. Aber „für weiße Männer“, das schließt ja praktisch auch alle Zuhörerinnen aus! – Und das hätte er sich sozusagen gewünscht, das wäre ihm am liebsten gewesen.

Dieser Herr ist jetzt Leiter und Direktor des Staatsopernorchesters! – Und als Antwort auf meine Anfrage erhalte ich dann, dass ich von einer falschen Annahme ausgehe und dass dieser Orchesterdirektor nur interne, administrative Funktionen hat.

Gut, das stimmt – er hat auch andere Funktionen, aber er hat auch interne, administra­tive Funktionen. Und eine dieser Funktionen ist zum Beispiel die Mitbestimmung, wer


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zum Probespiel überhaupt zugelassen wird. Das heißt, das Staatsopernorchester als Nadelöhr ist praktisch dafür verantwortlich, ob man Philharmoniker oder Philharmoni­kerin werden kann. Und ich kann nur sagen, wie in der Bibel: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass eine Frau über das Staatsopernorchester unter Werner Resel Philharmonikerin werden kann.

Bei der Frage 5 habe ich dann direkt gefragt: „Wie hoch ist der Anteil an Frauen ... im Staatsopernorchester und bei den Wiener Philharmonikern?“ – Beim Staatsopernor­chester ist die Antwort korrekt mit ein bisschen mehr als 4 Prozent ausgefallen. Dazu muss ich sagen: Das ist ein Anteil, der international ganz weit hinten, also an letzter Stelle rangiert. Es gibt kein international reputiertes Orchester, das einen so geringen Anteil hat! Das danach folgende Orchester wäre die Philharmonie in Prag mit 8 Pro­zent.

Und auf die Frage, wie viele Frauen denn bei den Wiener Philharmonikern angestellt sind, erhalte ich nun tatsächlich eine wirklich lachhafte Antwort, nämlich: mehr als 4,3 Prozent – weil nämlich fünf Frauen dort dabei wären: eine Aktive und vier Bewerbe­rinnen, Anwärterinnen.

Also das ist ja wirklich eine Lachnummer! Das ist ungefähr so, wie wenn ich fragen würde: Wie viele katholische Päpste gibt es?, und die Antwort lautet: 70 – nämlich einen aktiven und 69, die es gerne werden wollen. – Also das geht wirklich nicht! – Und es wird dann auch noch, und das steht auch schön in der Anfragebeantwortung drin­nen, mit den aktiven Mitgliedern verglichen, und dann kommt man auf einen Prozent­satz von 4 Prozent.

Wenn man tatsächlich die 116 aktiven Mitglieder der Wiener Philharmoniker zu der ein­zigen Frau ins Verhältnis setzt, kommt man auf einen Prozentsatz von 0,86 – und das kann man nicht einmal mehr als Frauenanteil bezeichnen, denn da gibt es ja auch so etwas wie einen Mindestwert.

Ich habe dann gefragt, wie sich das in den letzten zehn Jahren verschoben hat, also was sich da verbessert hat, und bekomme auf die Frage nur zum Staatsopernorchester eine Antwort; die Philharmoniker werden hier völlig ausgespart. – Na ja, ganz klar: Der Anteil hat sich nämlich überhaupt nicht verändert! Vor zehn Jahren hatten die Wiener Philharmoniker eine Harfenistin – und jetzt, also zehn Jahre danach, haben sie noch immer eine Harfenistin. Der Anteil ist also konstant geblieben, es gibt überhaupt keine Entwicklung.

Dann habe ich auch noch gefragt, was die Wiener Philharmoniker an Subventionen be­kommen. Das deshalb, weil nämlich in einigen Zeitungen gestanden ist, dass das ein privater Verein ist und dass sich die Grünen um die privaten Vereine nicht kümmern sollen – ein privater Verein, der noch dazu, ist gestanden, keine Subvention erhält.

Die Antwort ist korrekt ausgefallen: Die Wiener Philharmoniker bekommen jährlich 2,2 Millionen €, noch dazu wertgesichert. Und das ist natürlich ein Betrag, der mit einem Vertrag über zehn Jahre fixiert worden ist. Das ist eine echte Seltenheit in der Kunst! Das ist ja ein Betrag, der fast 3 Prozent des Kunstbudgets ausmacht und noch dazu auf zehn Jahre gesichert, also immer wiederkehrend – was für andere Kunstinsti­tutionen mit einem wesentlich höheren Frauenanteil überhaupt nicht gilt.

Meine Überlegung ist jetzt eigentlich die: Können wir als Parlamentarier und Parlamen­tarierinnen dem zuschauen? Können wir zuschauen, dass sich da überhaupt nichts abspielt, dass es hier keine Entwicklung gibt, noch dazu, wo in dem Vertrag zwischen den Wiener Philharmonikern und der Republik Österreich definitiv steht – und das ist auch aus der Beantwortung meiner Anfrage abzulesen –, dass die Wiener Philharmoni-


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ker es als Auflage haben, eine absolute Chancengleichheit von Männern und Frauen im Orchester herzustellen?

Diese Chancengleichheit, meine Damen und Herren, ist ganz offensichtlich nicht gege­ben, und es gibt auch überhaupt keine Entwicklung, was das betrifft. Daher muss man sich langsam fragen, ob diese Subventionen vertragsmäßig überhaupt gerechtfertigt sind.

Jetzt könnte man sagen, die Chancengleichheit ist hergestellt – es gibt halt keine Frau­en, die so gut spielen wie diese mehr als 100 Männer! Dem kann man aber entgegen­halten, dass Jahr für Jahr an den Universitäten, an den Kunstuniversitäten, die für Musik zuständig sind, mehr Frauen abschließen als Männer, und zwar mit einem bes­seren Notendurchschnitt. Das heißt, es ist das Potential also durchaus gegeben.

Und jetzt bleibt nur mehr eine Frage: Wieso ändert sich da nichts? Wieso steigt der Anteil der Frauen bei den Philharmonikern nicht? Und: Wieso zahlen wir diesen Phil­harmonikern 2,2 Millionen € jährlich? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.40


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Staatssekretärin Silhavy zu Wort gemeldet. Frau Staatssekretärin, ich stelle Ihnen die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.


18.40.59

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Heidrun Silhavy: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Zinggl, ich verstehe, dass Sie mit dieser Anfragebeantwor­tung nicht zufrieden sind, denn der Anteil der Frauen ist tatsächlich nicht zufriedenstel­lend; da braucht man nicht zu schönen und nicht herumzureden. Dennoch darf ich Sie darauf hinweisen, dass die Wiener Philharmoniker ein Verein sind, dass es sich hier um eine Mitgliedschaft handelt, dass, wie Sie selbst wissen, die Aufnahme in diesen Verein erst nach dreijähriger Zugehörigkeit zum Orchester der Wiener Staatsoper erfol­gen kann, und dass ein schriftliches Aufnahmeersuchen an das Komitee zu richten ist. Dieses holt dann Stellungnahmen ein und legt der Hauptversammlung das Gesuch zur Abstimmung vor. Und dann bleibt man Mitglied bei den Wiener Philharmonikern mit so­fortiger Wirkung bis zum freiwilligen Austritt, sozusagen bis zum Ausschluss, oder bis man letztendlich in Pension geht als Mitglied des Staatsopernorchesters.

Ich glaube – und Sie haben das selbst angesprochen –, dass der erste Weg derjenige ist, wo man arbeitsrechtlich ansetzen kann, und das ist beim Staatsopernorchester. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Beim Staatsopernorchester hat man nun endlich einen Plan vorgelegt, wo man endlich einmal Gleichbehandlung sozusagen auch – aber das gilt für den Bereich der gesamten Bundestheater – für das Staats­opernorchester einführt. Dieser Plan ist mit 1. September 2006 in Kraft getreten, und dass man da heute noch keine weiß Gott wie großen Fortschritte feststellen kann, werden Sie wahrscheinlich auch verstehen. Er hat eine Gültigkeitsdauer bis 31. August 2012 und soll das erste Mal im Jahr 2008 angepasst werden. – So viel zur Information. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Gleichstellungsplan oder Gleichbehandlungsplan?) Gleichbehandlungsplan.

Der zweite Punkt, der mir wichtig erscheint, ist der Punkt, den Sie angesprochen haben den Herrn Resel betreffend. Sie wissen ja, dass er seinerzeit nicht zuletzt auf Grund der Äußerungen, die er getätigt hat, als Vorstand der Wiener Philharmoniker abgewählt worden ist. Sie haben in der Anfragebeantwortung die Antwort bekommen, dass er koordinierende Funktionen hat, das heißt, er hat keinerlei Personalentscheidungen zu treffen und daher auch keine Einwirkungen auf die Personalentscheidungen.


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Ich glaube, ein wesentlicher Punkt ist, dass wir alle gemeinsam – und das trifft natürlich nicht nur das Haus, sondern vor allem auch die Regierung und die zuständigen Regie­rungspolitikerinnen und -politiker – darauf achten müssen, dass Diskriminierungen nicht erfolgen, dass wir darauf einwirken müssen, dass auch für die Staatsoper und für andere Bereiche natürlich gilt, dass man die Geschlechterbenachteiligung eliminiert und endlich zu einer echten Gleichbehandlung und einer echten Gleichstellung kommt.

Dass ich die Anfrage jetzt beantworte, ergibt sich aus diesem Zeitfenster, wo Sie die Anfrage gestellt haben, nämlich dass die Anfragebeantwortung durch den Herrn Bun­deskanzler erfolgt ist, weil damals das Bundesministeriengesetz noch nicht neu be­schlossen war, und in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers bin ich heute da. Das ist keine Missachtung der zuständigen Bundesministerin, sondern das ergibt sich aus der Geschäftsordnung, nach der wir letzten Endes vorzugehen haben.

Ich bin überzeugt davon – und die vorherige Debatte hat ja gezeigt, wie die Frauenmi­nisterin auch selbst versucht, in der Frauenpolitik neue Impulse zu setzen, einen Schritt vorwärts zu gehen in der Frauenpolitik –, dass uns das auch in diesen Bereichen ge­lingen wird, wo wir bisher zugegebenermaßen auf den Erfolg gewartet haben. Ich kann das offen hier sagen: Ich war ja selbst langjährige Abgeordnete dieses Hauses, und es ist eine gewisse Ironie der Geschichte, dass ich selbst einmal als Abgeordnete genau diesbezüglich eine Anfrage an die Regierungsmitglieder gerichtet habe.

Wie gesagt, ich hoffe, dass wir mit dem Gleichbehandlungsplan doch einen ordentli­chen Schritt vorwärtsgehen. Das ist auch der Punkt, wo man ansetzen kann, nämlich im arbeitsrechtlichen Bereich, und ich glaube, dass wir alle miteinander sehr interes­siert daran sind, dass auch im Kunst- und Kulturbereich Gleichbehandlung nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, sondern dass an dem Reservoir, das Österreich hat, an die­sem Reichtum, den Österreich hat – und nicht nur Österreich, sondern der international vorhanden ist –, nämlich an talentierten und bedeutenden Künstlerinnen, auch die Wie­ner Philharmoniker nicht weiter vorbeigehen werden können. – Danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.45


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß der Geschäftsordnung 5 Minuten.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.


18.45.46

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Die Initiative des Herrn Kollegen Zinggl passt sehr gut zu dieser Zeit, zum morgigen Internationalen Frauentag, und sie hätte eigentlich in die letzte Gesetzgebungsperiode gehört und von der schwarz-blau/orangen Regierung be­antwortet gehört. Und sie ist auch nicht wirklich neu, wie wir gehört haben. Staatssek­retärin Silhavy hat schon vor vielen Jahren eine Anfrage dazu gestellt, und auch ich habe im Jahr 2001 eine Anfrage gestellt. Allein die Tatsache, dass ich es gewagt habe, dies zu tun, hat eine unwahrscheinliche Erregung bewirkt bei den überwiegend männ­lichen Verantwortlichen im Bereich der Oper, aber auch bei einem großen bunten Blatt.

Es ist nicht wegzudiskutieren, wie wir jetzt schon gehört haben, dass der Frauenanteil bei den Wiener Philharmonikern schon seit Jahren äußerst gering ist. Diese 4,31 Pro­zent sind sehr wenig, und sie sind besonders wenig, wenn man weiß, dass es dort nur eine aktive Frau, eine aktive Musikerin gibt und eben vier Anwärterinnen von 116 akti­ven Mitgliedern. In Relation zu anderen großen Orchestern ist das sehr gering, und es ist auch sehr bedauerlich. Wenn man sich zum Beispiel die Berliner Philharmoniker


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anschaut: Die haben einen Prozentsatz von 12 Prozent an weiblichen Mitgliedern. Das Orchester der Oper Zürich hat sogar einen Prozentsatz von 40 Prozent.

Zu diesem immer noch sehr unterdurchschnittlichen Frauenanteil hat sicherlich auch das historische Selbstverständnis der Wiener Philharmoniker beigetragen. Es ist offen­sichtlich ein sehr schwieriger Prozess, ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen und gläserne Decken zu verhindern.

Zusätzlich haben die vorhergehende Regierung und die gleichgültige Haltung der letzten Bundesregierung den Prozess der Veränderung in Frauenfragen nicht gerade beschleunigt. Ich habe da eine recht patzige Antwort des früheren Bundeskanzlers be­kommen, der auf die Frage, wie er sich den verschwindend geringen Frauenanteil bei den Philharmonikern und im Staatsopernorchester erkläre, wörtlich geantwortet hat: Diese Frage stellt keinen Gegenstand der Vollziehung dar.

Die Frage mehr Frauen ins Orchester wollte man offensichtlich auch ganz bewusst nicht aufgreifen, denn beim Abschluss des Vertrages von 2001, in dem die Republik sich zu Zahlungen von 2,2 Millionen € pro Jahr an die Wiener Philharmoniker verpflich­tet hat, hat man einen Kündigungsverzicht auf zehn Jahre vereinbart und somit die Frage der Frauen ausgeklammert.

Aber, meine Damen und Herren, es ist Tatsache, dass es zweifelsohne sehr gute, sehr viele ausgezeichnete Musikerinnen gibt, und diese Musikerinnen werden über kurz oder lang Einzug in das Orchester der Wiener Philharmoniker finden, weil sich Qualität langfristig durchsetzen wird. Es ist also nur eine Frage der Zeit. – Vorausgesetzt, meine Damen und Herren, man nimmt das Qualitätskriterium ernst und hält sich nicht nur während des anonymen Aufnahmeverfahrens daran, sondern auch in den darauf­folgenden Zeiträumen.

Hier kann man die Ähnlichkeit der Problemlage zu ganz anderen Bereichen deutlich erkennen, nämlich wie schnell in Organisationen die so genannte gläserne Decke ein­gezogen wird, wenn es gilt, Frauen abzuwehren oder auszugrenzen. Daher ist es so wichtig, dass wir wieder eine Frauenministerin haben und auch ein Bundeskanzleramt, das sich vehement für Frauenanliegen einsetzt.

Nun gibt es seit Herbst 2006 endlich einen Gleichbehandlungsplan für den gesamten Bundestheaterkonzern, der mittelfristig das Seine dazu beitragen wird, Frauen aktiv zu fördern. Ich teile daher die Einschätzung von Bundeskanzler Gusenbauer, der, wie er es in seiner Anfragebeantwortung geschrieben hat, eine weitere Erhöhung des Frauen­anteils im Kunst- und Kulturbereich im Generellen und im Besonderen bei den Wiener Philharmonikern erwartet.

Meine Damen und Herren, ich zitiere aus der Homepage der Wiener Philharmoniker:

„Im Laufe ihres nunmehr über 160-jährigen Bestehens erlebten und prägten die Musi­ker ... das musikalische Geschehen durch eine Zeitepoche hindurch, die aufgrund der Vielzahl an genialen Komponisten und Interpreten in ihrer künstlerischen Bedeutung einmalig erscheint.“

Perfekt wäre es, wenn dieses einzigartige Orchester in zehn Jahren nicht nur als musi­kalischer Botschafter Österreichs gesehen würde, sondern auch als jenes Orchester, das in den eigenen Reihen Frauen wie Männern tatsächlich und selbstverständlich den gleichen Platz einräumt und auf der Homepage stolz von seinem hohen Frauenanteil spricht! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. Ebenfalls eine Redezeit von maximal 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.



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18.51.18

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Vorneweg: Das ist eine Anfrage an den Herrn Bundeskanzler. – Schön, dass Sie da sind. Ich weiß, in welcher Situation Sie sind – ich war selber kurzfristig dabei. Das heißt, Sie sind mir willkommen! Das wollte ich damit sagen. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordne­ten von ÖVP und SPÖ.)

Ich weiß, meine Damen und Herren: Immer dann, wenn den Grünen gar nichts mehr einfällt, sagen sie: Wiener Philharmoniker – Frauenanteil! Ich weiß nicht, zum wieviel­ten Mal diese Anfrage schon eingebracht wurde, seit ich im Parlament bin – sicher zehnmal (Heiterkeit bei der ÖVP) –, aber es ist immer wieder ein Hinweis darauf, dass es hier etwas gibt, was es noch aufzuholen gibt auf der einen Seite.

Auf der anderen Seite sage ich aber auch: Was sind die Facts? – Die Facts sind, dass es ein Vorspielen hinter dem Vorhang gibt, dass gelost wird, dass keiner weiß, wer hin­ter dem Vorhang spielt. Wahr ist auch, dass der Frauenanteil noch beklagenswert nied­rig ist, aber auch – und das muss man auch sagen –, dass es sich um eines der welt­besten Orchester handelt. Und einige, die von Musik einiges verstehen, sagen, es ist das beste Orchester der Welt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass zu einer Zeit, als die Grünen noch dachten, dass es sich bei Kulturpolitik um Töpfern, Teppichknüpfen und Batiken handelt (Hei­terkeit bei der ÖVP – Abg. Dr. Grünewald: Geh, bitte!) – na ja, so lange ist das noch nicht her! –, eine Staatssekretärin im Sozialministerium, Franziska Fast, am Rande des Orchestergrabens in der Wiener Staatsoper gesagt hat: Da sind aber keine Frauen darunter, da werden wir die Subventionen einstellen. – Und unten sagte einer: G’halten’S Ihna die Million! – Ich will damit sagen, das ist eine sehr selbstbewusste Riege von Männern gewesen, bei denen sich in letzter Zeit auch ein anderer Geist durchgesetzt hat. Es war ursprünglich quasi eine Männer-Combo, und langsam, aber sicher kommt auch in dieses Ensemble ein neuer Geist. Ich muss sagen, viele Junge, mit denen ich rede, sagen: Es ist sehr notwendig, dass dieser Wechsel vollzogen wird, aber natürlich auch auf Basis der Qualität, die Anspruch dieses Orchesters ist.

Meine Damen und Herren! Selbst ich glaube – und mit mir meine Partei –, dass wir dazu nicht so viel Zeit haben sollten, wie die Schweizer für das Wahlrecht der Frauen gebraucht haben. Ich meine nicht, dass wir sagen sollten „Kommt Zeit, kommt Frau“, aber möglicherweise hat der eine oder andere Philharmoniker dem Cap zu oft zuge­hört, der gesagt hat: Speed kills. – In diesem Sinne: Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

18.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte sehr. (Abg. Scheibner: Das war halt noch ein Staatssekretär! Der hat sich noch etwas getraut! – Heiterkeit.)


18.54.34

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Man kann wirklich sagen: Zum Glück war das ein Staatssekretär.

Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Abgeordneter Morak, ich glaube, so ganz wissen Sie nicht, wie es Kollegin Silhavy geht, denn die hat nämlich frei gesprochen und mit eigener Meinung sich hier eingebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich verwende jetzt ein bisschen etwas von meiner Redezeit für etwas, was eigentlich eine tatsächliche Berechtigung ist. Herr Abgeordneter Morak, Sie sollten eigentlich wis­sen, bevor der Schwarze Vorhang kommt, gibt es das Zulassungsverfahren zum Pro­bespiel. Das ist die erste Hürde, das ist gar nicht so leicht. Da wissen wir aus verschie-


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densten Fällen – Sie sollten das eigentlich auch wissen –, wo die Frauendiskriminie­rung schon anfängt. Dann gibt es den berühmten Schwarzen Vorhang, aber der regelt nicht die Aufnahme zu den Philharmonikern, sondern nur ins Staatsopernorchester. Die eigentliche Crux – und darum ging es ja – ist: Wer schafft es vom Staatsopernor­chester, dann bei den Wiener Philharmonikern aufgenommen zu werden? Und das geht erstaunlicherweise bei den Männern in den meisten Fällen recht reibungslos, bei den Frauen gibt es überraschend immer wieder Probleme. So viel Seriosität in der Debatte sollte man schon haben. (Beifall bei den Grünen.)

Was ich ein bisschen merkwürdig finde, sind diese Nebenbemerkungen über den Qua­litätsanspruch. (Abg. Dr. Haimbuchner: Lösungsvorschläge? Nicht Polemik!) Wollen Sie allen Ernstes sagen, dass die Frauen, die sich als Künstlerinnen im Staatsopernor­chester bewährt haben, dann nicht gut genug wären für die Philharmonie, jene Frauen, die dann bei anderen Orchestern, zum Beispiel in der Schweiz, absolut in Topqualität mitspielen? Also da wäre ich ein bisschen vorsichtig, wenn Sie so ex cathedra den Künstlerinnen mitteilen, weil sie Frauen sind, sind sie vermutlich nicht gut genug. Oder es gab auch schon das Argument, die Klangfärbung des Orchesters würde leiden, wenn Frauen mitspielen.

Da gibt es Argumente, die sind haarsträubend! Und ich zitiere aus dem „profil“ aus dem Jahr 2003; das ist jetzt nicht so ewig lange her und Ur- und Frühgeschichte. 2003 hat noch ein Geiger des Philharmonieorchesters dem „profil“ gegenüber gesagt: „,Drei Frauen sind schon zu viel’,... ,Wenn wir einmal zwanzig Frauen haben, wird das Or­chester ruiniert sein. Wir haben einen großen Fehler gemacht und werden ihn noch bitter bereuen.’“ – Was immer der Mann bereut, das weiß ich nicht, aber die Berliner Philharmonie hat 20 Prozent Frauenanteil und ist ein brillantes Orchester. – Das nur zum Qualitätsargument.

Zu dem, was Abgeordnete Muttonen und die Frau Staatssekretärin gesagt haben: Das war ja noch in der Ära von Schwarz-Blau, Schwarz-Blau/Orange! – Ja, stimmt schon. Allerdings hat den Vertrag, der jetzt beklagt wurde, der auf zehn Jahre die Kündigung nicht leicht macht, schon noch Kanzler Klima unterschrieben – das nur der Vollständig­keit halber.

Das Zweite ist die Frage: Was tun Sie jetzt mit der Situation? So sehr ich Klarheit und Fakten schätze: Die Anfragebeantwortung von Kanzler Gusenbauer lässt eine eigene Meinung sehr augenscheinlich vermissen. Es gibt einen einzigen Satz in seiner Anfra­gebeantwortung, wo er feststellt: Grundsätzlich lehne ich jede Diskriminierung ab. – Na hoffentlich! Wäre noch schöner, wenn das nicht der Fall wäre! Aber darüber hinaus wäre ihm auch nur der Ausdruck des Bedauerns, dass da nicht mehr getan wurde, glaube ich, ganz gut angestanden und hätte ja auch nichts gekostet; könnte man ja sa­gen. (Abg. Parnigoni: Seien Sie nicht so streng!) – Herr Abgeordneter Parnigoni findet Kritik am SP-Kanzler offenbar nicht zulässig – oder ich weiß nicht was. (Abg. Parni­goni: Gusenbauer ist ein Kämpfer für Frauenrechte! Er hat ein eigenes Frauenministe­rium geschaffen!) Ach, das ist richtig! Ein SP-Kanzler darf nicht kritisiert werden. (Abg. Parnigoni: Das ist ungerechtfertigt!) Es tut mir leid, wir sind in der Opposition und wer­den das weiter tun! Und gerade Frauenfeindlichkeit oder Mängel in der Gleichstellungs­politik werde ich immer sehr vehement kritisieren.

Daher auch ein ganz konkreter Vorschlag – und ich verstehe nicht, Frau Staatssekretä­rin, warum Sie darauf gar nicht eingegangen sind, weil es mein Kollege Zinggl ja auch angesprochen hatte –: Es gibt einen Vertragspassus, der lautet, dass die absolute Chancengleichheit von Männern und Frauen im Orchester zu wahren ist. Normaler­weise – siehe Diskussion um den Eurofighter! – ist, wenn ein Vertragsbruch vorliegt, wenn die Nichterfüllung oder Nichteinhaltung von Vertragsbestandteilen nachgewie­sen ist, der Ausstieg aus einem Vertrag auch vorzeitig jederzeit möglich. Was hindert


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Sie daher daran, eine objektive Überprüfung vorzunehmen, ob die Chancengleichheit bei den Philharmonikern zwischen Männern und Frauen gewahrt ist, denn die absolute Chancengleichheit ist es ganz offenkundig nicht bei der Geschichte, wie wir sie haben?

Man kann sich zwar zurücklehnen und sagen: Das ist eine Vereinsangelegenheit, ob die Frauen aufnehmen oder nicht!, aber es ist keine Vereinsangelegenheit, ob die Re­publik Österreich den Philharmonikern 2,2 Millionen € an Förderung pro Jahr über­weist. Das ist eine Entscheidung der Regierung und damit der Politik, und ich lade Sie ein, das dringlich zu überprüfen.

Ich würde gerne auch noch darüber nachdenken, ob man nicht die künftigen Besetzun­gen, die ja gerade bei Spitzenpositionen in den nächsten Jahren anstehen – Staats­operndirektion, Kunsthistorisches Museum und so weiter –, dafür nutzen sollte, ver­stärkt Frauen in diese Spitzenpositionen zu bringen, um ein klares Signal zu setzen. – Und über die Spanische Hofreitschule und die Frauen dort unterhalten wir uns das nächste Mal. (Beifall bei den Grünen.)

18.59


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lutz Weinzinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.00.02

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Meine Damen Staatssekretärinnen! Herr Präsident! Eigentlich fast ein Zufall, dass ich „Herr Präsident“ sagen kann, denn die meiste Zeit haben wir eine Dame am Präsidium: drei Präsidenten, davon zwei Damen.

Meine Damen und Herren! Diese Diskussion seit mehr als eineinhalb Stunden war hochinteressant. Unglaublich engagierte Damen und einige ganz wenige Herren haben sich daran beteiligt, besonders engagiert meine Vorsprecherin und „Namensbase“, sa­ge ich jetzt ganz bewusst, denn „Namensgenossin“ will ich nicht sagen und „Namens­vetterin“ schon gar nicht, weil der Vetter ist wieder etwas Männliches.

Sie haben natürlich recht mit allem, was Sie sagen in Richtung Frauenpolitik. Sie haben natürlich recht, überall war etwas Richtiges dabei: dass der Zusammenhang von Frau und Familie nicht vergessen werden darf, dass Frau, Mann und Kinder einen Teil bilden, dass Frauenpolitik auch Familienpolitik sein kann und sein muss, dass Frauen­politik selbstverständlich auch für die Einzelfrau gemacht werden muss, wie genauso Männerpolitik gemacht werden muss. Tatsächlich muss Politik für alle unsere Bürger gemacht werden, weiblich oder männlich, für alle! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wollen wir davon ausgehen, dass durch jahrzehntelange, jahrhundertelange, ja meinetwegen sogar jahrtausendelange Entwicklungen die Situation der Frau in unserer modernen Welt nicht ganz gleich ist. Ich bin immer der Meinung gewesen und lebe danach: Mann und Frau sind gleichwertig, aber Gott sei Dank nicht gleichartig.

Vor vielen, vielen Jahren, als meine charmante Vorrednerin noch gar nicht auf der Welt war, hat der damalige Bundesparteiobmann der FPÖ über mich gesagt: Ja, der stammt aus dem Innviertel, und im Innviertel ist es so, da reden sie so über die Frauen: Die Frau und der Hund gehören zum Herd und zum Hof! – Das war nie meine Meinung, ganz im Gegenteil. Ich will jetzt nicht meine Lebensgeschichte und meine Familien­geschichte erzählen, das ist heute schon von jemand anderem erzählt worden.

Aber ich möchte Ihnen eines sagen: dass Sie mit dieser Philharmoniker-Geschichte und mit ähnlichen Aktionen der Sache der Frauen keinen guten Dienst erweisen. Bitte, die Philharmoniker haben Planposten, und auf diesen Planposten sitzen natürlich diese Herren, und das war eben bis zum Jahr 1997 ein Männerverein. So etwas gibt es! Es


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gab Männergesangsvereine und es gab Frauengesangsvereine. Und es gab Männer-Turnvereine und es gab Frauen-Turnvereine. Und es gibt bitte natürlich auch Männer­orchester und Frauenorchester. Heute darf das nicht mehr sein.

Aber der Frauensache schaden Sie damit, wenn Sie einer hoch angesehenen Institu­tion in Österreich Dinge vorwerfen, welche diese gar nicht so schnell ändern kann und wo eben andere Dinge mit hineinspielen. Die Frage stellt sich: Was wollen Sie als Re­sultat dieser Debatte? Was wollen Sie als Resultat dessen, was Sie hier reden? – Wol­len Sie die Philharmoniker auflösen? Wollen Sie sie verbieten? Oder wollen Sie, wie Sie ja auch hier gesagt haben, dass Sie das fordern, ihnen die wirtschaftliche Grund­lage zerstören?

Meine Damen und Herren, das dient der Frauenpolitik, der gerechten Sache der Frau­enpolitik sicher nicht! Unterlassen Sie solche Dinge! (Beifall bei der FPÖ.)

19.04


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schalle. Ebenso 5 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.


19.04.31

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Staats­sekretärinnen! Hohes Haus! Die Wiener Philharmoniker zählen zweifellos zu den re­nommiertesten Orchestern der Welt und sehr wohl, ich würde sagen, zu den besten, wenn es nicht überhaupt das beste ist. Seit 48 Jahren ist das Neujahrskonzert der Wie­ner Philharmoniker ein Fixpunkt im ORF und wurde über die Jahre zum spektakulären Fernsehereignis. Weltweit sehen über 45 Millionen Zuschauer dieses wohl berühm­teste Konzert der Welt. Die Philharmoniker sind eines der größten Aushängeschilder Österreichs, ein unbezahlbarer Werbeträger für unser Land. Sie spielen wirklich in der Champions League, würde ich sagen.

Aber nun zu Ihrer Anfrage, Herr Abgeordneter Zinggl. Als Kultursprecher des BZÖ kann ich nur sagen, dass die Wiener Philharmoniker mit ihrer gut 160 Jahre alten Tra­dition als Männerverein im Jahre 1997 gebrochen haben. Und seit diesem Jahr werden Frauen als Philharmonikerinnen aufgenommen. (Abg. Öllinger: Wie viele?)

Wenn man einen Blick auf die Frauenquoten anderer renommierter internationaler Or­chester wirft, dann sieht man, dass bereits ein Viertel bis ein Drittel aller angestellten Musiker weibliche Mitglieder sind. Das Philharmonische Orchester in New York zählt über 30 Prozent Musikerinnen. Bei der Züricher Oper in der Schweiz liegt der Anteil der Musikerinnen bei 42 Prozent. Und sogar das iranische Symphonieorchester in Teheran hat bei 90 Mitgliedern 30 Prozent Frauen.

Da gebe ich aber nur eines zu bedenken: dass die Philharmoniker eben mit diesem noch geringen Frauenanteil neuerlich von internationalen Kritikern zum besten Orches­ter der Welt gewählt wurden, auf Grund ihrer Perfektion und weil sie sich eben ihren unverwechselbaren Wiener Klang, der tief im 19. Jahrhundert verwurzelt ist, bewahrt haben. Ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass sich die Philharmoniker diesen hohen Zuspruch in der Welt auch mit einer höheren Frauenquote erhalten werden kön­nen. Ich denke, der Zeitraum ist trotzdem zu kurz, um das fair beurteilen zu können. Ich weiß, die Frauenquote ist relativ niedrig, aber der Zeitraum ist auch zu kurz. In sechs bis sieben Jahren schaffen sie nicht eine Frauenquote von 20 Prozent.

Zusätzlich sind etliche Maßnahmen eingeleitet worden wie die Einrichtung eines Gleichbehandlungsbeauftragten für den ganzen Konzern, der fair beurteilen wird, ob die Frauenquote erhöht wird. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus meinem ehemaligen Kon­zern erzählen. Wir haben dort das gleiche Problem gehabt. In der Zwischenzeit ist es so, dass eine Männerquote eingeführt worden ist, weil alle Frauen, die kommen, bes-


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ser ausgebildet sind und ich immer das Problem gehabt und gesagt habe, wir können nicht lauter Frauen haben, wir brauchen auch Männer. – Also: Es wird sich ändern. Haben Sie Geduld! Die Frauen setzen sich schon durch. Nur Qualität setzt sich durch. (Beifall beim BZÖ.)

19.08


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

19.08.11Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme die Verhandlungen über den 3. Punkt der Tagesordnung wieder auf. (Abg. Öllinger: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.


19.08.28

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Präsi­dent! – In der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt habe ich mich bereits einmal zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet und die Beiziehung des Ministers gefor­dert. Über diesen Antrag wurde abgestimmt, und er wurde verworfen. In der anschlie­ßenden Debatte hat sich dann Klubobmann Schüssel zu Wort gemeldet und hier er­klärt, dass Minister Hahn sich zu Recht vertreten hat lassen und dies auch dem Parla­ment gemeldet habe. Das mag richtig sein, Herr Klubobmann, aber ... (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Er muss einen Antrag stellen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Kollege Öllinger, darf ich Sie jetzt bitten, einen Antrag zu stellen.


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Selbstverständlich. Aber darf ich den An­trag auch erklären?

Ich halte fest: Die Vertretung für Herrn Minister Hahn ist den Klubs nicht gemeldet worden, und sie wurde heute auch nicht evoziert, Herr Klubobmann! (Abg. Dr. Schüs­sel: Stimmt nicht!) Sie können hier nicht erklären, da kann ich nichts dafür, es wurde nicht evoziert. (Abg. Dr. Fekter: Antrag! Antrag! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Herr Klubobmann, es wurde nicht evoziert!

Es hat sich anschließend an Klubobmann Schüssel auch Klubobmann Westenthaler zu Wort gemeldet und hier behauptet, die Vorsitzführung wäre falsch. (Abg. Grillitsch: Den Antrag hat Glawischnig gestellt, sonst niemand!)

Ich halte nach wie vor fest, Herr Präsident: Es ist das gute Recht eines Klubs, die Beiziehung eines Ministers zu verlangen, selbst dann, wenn er verhindert ist. (Abg. Dr. Schüssel: Nein!) – Na selbstverständlich! Eine Präsenz in Europa gilt nicht als Verhinderung! Das ist das Erste; das steht auch in der Bundesverfassung.

Ich halte fest, dass dem Haus die Anwesenheit der Frau Bundesministerin nicht evo­ziert wurde. – Frau Bundesministerin Kdolsky, es ehrt Sie, dass Sie hier sitzen, aber es wurde uns das nicht verkündet. Und daher haben wir als Abgeordnete selbstverständ­lich das Recht, anzunehmen, dass der zuständige Bundesminister hier sein sollte. (Rufe bei der ÖVP: Antrag! Antrag! – Abg. Ing. Westenthaler: Wollen Sie nicht einmal einen Antrag stellen? Das ist ja keine Geschäftsordnungsdebatte! – Abg. Dr. Fekter: Das ist alles grüne Redezeit!)


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Herr Präsident, ich ersuche Sie deshalb, dass Sie die Vertretung des Herrn Bundesmi­nisters Hahn durch Frau Bundesministerin Kdolsky hier auch evozieren, denn bislang hat das nicht stattgefunden.

19.10


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Öllinger, in dieser Frage wurde bereits diskutiert. Es haben sich auch alle anderen Klubs zur Geschäftsordnung in dieser Sache zu Wort gemeldet, und die den Vorsitz führende Präsidentin Glawisch­nig hat darauf verwiesen, dass diese Frage auch Gegenstand der nächsten Präsidiale sein wird.

Fest steht, dass das dem Parlament gemeldet wurde; das wurde bereits festgehalten. (Abg. Öllinger: Nein!)

Wir treten in die Debatte ein.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. – Herr Kollege, Sie sind am Wort. (Abg. Broukal weist auf Abg. Dr. Graf.) – Oder verzichten Sie darauf? (Abg. Dr. Graf: Herr Präsident! Ich bin in meiner Wortmeldung unterbrochen worden. Aber ich wollte ...!)

Kollege Graf, wollen Sie sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort melden? (Abg. Dr. Graf: Ja!) – Bitte.


19.11.47

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! An sich ist meine Wortmeldung durch den Aufruf des Dringlichen Antrages unter­brochen worden. Ich werde aber in Anbetracht dessen, dass der zuständige Minister nicht anwesend ist und wir ja grundsätzlich über Hochschulpolitik diskutieren wollen, auf eine weitere Wortmeldung verzichten, da ich den Antrag, den ich einzubringen be­absichtigt habe, schon eingebracht habe. – Danke.

19.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter, in meiner Liste sind Sie nicht gemeldet, darum habe ich Herrn Kollegen Broukal als nächsten Redner gebeten, zum Rednerpult zu kommen.

Herr Kollege Broukal, möchten Sie, dass eine Redezeit eingestellt wird? (Abg. Brou­kal: 5 Minuten!) – 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.12.27

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Minister...! – Herr Präsident! Frau Ministe­rin! Frau Staatssekretärin! – Das „Hofzeremoniell“ ist mir noch nicht ganz geläufig, aber es wird schon werden. – Kollege Graf, Sie hätten mir auch Ihre 4 Minuten schenken können, aber es wird so auch gehen.

Mir tut es auch leid, dass Herr Bundesminister Hahn nicht da ist. Das ist kein Miss­trauen Ihnen gegenüber, Frau Gesundheitsministerin, aber es gibt doch einiges zu dis­kutieren, was ein bisschen ins Spezielle geht.

Diese Reparatur des Hochschülerschaftsgesetzes ist eine Notreparatur. Wir müssen sie jetzt durchführen, damit die Wahlen wie vom Gesetz vorgesehen im Mai stattfinden können. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben daher darauf verzichtet, da lange herumzustreiten und unsere Forderungen jetzt mit einzubringen. Diese Repara­tur entspricht nicht dem, was wir wollen. Wir gehen weitgehend konform mit dem, was Kollege Grünewald als Entschließungsantrag eingebracht hat. Ich sage aber gleich zwei Dinge dazu: Wir werden dem – Koalition, mitgefangen, mitgehangen – nicht zu­stimmen, Kollege Grünewald. Aber es gibt in einigen Wochen eine weitere Notwendig-


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keit, über eine Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes zu sprechen, wenn nämlich dann ... (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Legen Sie nicht jedes meiner Worte auf die Goldwaage, sie verdienen es oft gar nicht. (Heiterkeit.)

Wir werden in ein paar Wochen noch einmal über das Hochschülerschaftsgesetz zu sprechen haben, weil die Pädagogischen Hochschulen aufgenommen werden müssen, und da wird es dann – diese unsere Ankündigung kann vielleicht die Frau Ministerin Kdolsky dem Herrn Minister Hahn schon mitnehmen – nicht so billig gehen, was un­sere gemeinsamen Forderungen von noch vor nicht allzu langer Zeit betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Graf, Ihren Entschließungsantrag habe ich mit Verwunderung gelesen. In der Begründung ziehen Sie her über ein Gesetz, das die FPÖ – die FPÖ! – im De­zember 2004 mit beschlossen hat. Jetzt ist wieder alles ganz anders, und es gilt nicht. Sie haben damals gegen unseren Rat und unseren Willen jene undemokratischen Zustände zugelassen, die Sie jetzt mit diesem Entschließungsantrag wieder abstellen wollen. (Abg. Dr. Graf: Nicht ich! Nicht ich!) Sie haben das.

Weil Sie immer sagen, eigentlich brauchen wir keine Bundesvertretung der Österreichi­schen Hochschülerschaften mehr, denn das hat sich alles erübrigt. Es gibt 21 Universi­täten. – Sie irren, Herr Kollege, und Sie wissen das! Wenn Sie zum Beispiel diesen neuen Bericht hernehmen: „Evaluierung der Auswirkungen des § 124b des Universi­tätsgesetzes 2002“, also der Zugangsbeschränkungen, die vor zwei Jahren auf Zeit beschlossen wurden: Natürlich ist die Bundes-ÖH da drinnen! Wenn es um Begutach­tungen geht: Natürlich ist das die Bundes-ÖH!

Und Sie wissen auch, dass, solange es getrennte Wahlen für die Universitäten und die Bundes-ÖH gab, an die 10 000 Studierende von der Möglichkeit, unterschiedlich abzu­stimmen, Gebrauch gemacht haben. Sie haben an den Universitäten typischerweise betriebsratsorientierte Leute gewählt, Fachschaftslisten gewählt (Abg. Dr. Graf: Dann unterstützen Sie unseren Antrag – und die Sache ist erledigt!), aber Sie haben auf der Bundesebene die politischen Fraktionen gewählt – mit einer Ausnahme: Den Ring Frei­heitlicher Studenten hat kaum jemand mehr gewählt, das stimmt. Aber die Aktionsge­meinschaft der ÖVP, die grünen StudentInnen und der VSStÖ wurden auf Bundes­ebene als Vertretungen gewählt.

Diese Möglichkeit wollten Sie ihnen damals 2004 wegnehmen, aber siehe da, die Ge­schichte war schlauer als Ihre Pläne: Es hat sich herausgestellt, dass Tausende Stu­dierende, wenn sie nicht mehr die Wahl haben, betriebsrätlich und politisch zu wählen, dann auch an den Unis politisch wählen, und der VSStÖ und die GRAS haben eine größere Mehrheit gehabt als zuvor: begossene Begießer.

Übrigens, Bundesvertretung: Bei den Fachhochschulen gibt es so etwas nicht. Und es war interessant zu sehen, dass es jetzt von der Fachhochschule Joanneum in Graz aus eine Initiative gibt, sozusagen eine Bundeskonferenz der Fachhochschulstudieren­den einzurichten, weil man sagt, es gibt zwar 40 verschiedene Fachhochschulen und Fachhochschul-Studiengänge, aber es gibt gemeinsame Anliegen aller Fachhochschü­ler, und die sollen auch gemeinsam vertreten werden.

Wie ich gut weiß, haben Sie auch ein Mail bekommen, in dem Sie diese Gruppe, weil es sie eben per Gesetz nicht gibt und weil sie kein Geld hat, gebeten hat, 200 € beizu­tragen. – Ihre Antwort und Ihr Scheck stehen bis heute aus, Herr Graf! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Meine Antwort steht nicht aus!)


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19.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


19.17.02

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Änderung des Wahlrechtes im Jahre 2004 im Wesentlichen nicht dem Gleichheitsgrundsatz wi­derspricht, und wir anerkennen dieses Erkenntnis natürlich. Aber ganz einzusehen ist es nicht, denn wenn man sich überlegt, dass weiterhin Studierende an mehreren Uni­versitäten inskribiert sein können und dann auch dementsprechend mehrfach über das Wahlrecht verfügen, also mehrere Stimmen abgeben können, dann ist das schon ein bisschen eigenartig.

Die ÖH hat sich ausgerechnet, dass 180 Studierende, wenn sie an sechs Universitäten gleichzeitig inskribieren, ein Mandat schaffen. Da kann irgendetwas nicht ganz stim­men mit dem Gleichheitsgrundsatz. Auf die Nationalratswahlen übertragen würde das bedeuten, dass man nicht nur dort seine Stimme abgeben kann, wo man hauptwohn­sitzgemeldet ist, sondern auch bei seinem Zweitwohnsitz, und das würde natürlich das Wahlergebnis in eine ganz andere Richtung verschieben, als wir es jetzt vorliegen haben.

Aber, wie gesagt, wir anerkennen dieses Erkenntnis. Was der Verfassungsgerichtshof allerdings nicht gesagt hat, ist, dass diese Reform überhaupt notwendig war, und er sagt auch nicht, dass dieses neue Wahlrecht besser wäre oder irgendwie begründet. Was war überhaupt der Grund? Warum hat die Volkspartei damals mit den Freiheit­lichen Ende des Jahres 2004 dieses Wahlrecht überhaupt geändert? – Ganz eindeutig war es so, dass eine Angst bestanden hat, dass die ÖH-Wahlergebnisse vielleicht nicht so ausfallen könnten, wie man sich das gerne erhofft hätte. Und warum war das da­mals der Fall? –  Weil natürlich eine Hochschulpolitik, eine katastrophale Hochschul­politik abzuwählen war, zu bewerten war. Und da wusste die zuständige Ministerin, da wussten Sie von der ÖVP und von der FPÖ, dass das nur schlecht ausgehen kann.

Was war der zweite Grund? – Die Studenten und Studentinnen haben natürlich die Studiengebühren nicht wirklich positiv bewertet – auch ein Grund, irgendetwas zu tun, damit sich das nicht auswirkt. Und das Dritte war dann tatsächlich eben die Wahl­rechtsreform.

Jetzt stehen wir wieder vor einer ÖH-Wahl – und was hat sich jetzt im Vergleich zum Jahr 2004 verändert? Noch immer ist die Hochschulpolitik genau die, die es gab, und im Budgetpfad lässt sich überhaupt nicht abschätzen, dass jemals irgendetwas anders werden kann auf dem Sektor, zumindest nicht in den kommenden Jahren. Wir haben noch immer die Studiengebühren, und wir haben noch immer im Wesentlichen das gleiche Wahlrecht.

Herr Kollege Broukal, ganz nachvollziehen kann ich das nicht. Man hätte da schon bei den Koalitionsverhandlungen bereits durchaus etwas herausholen können.

Ich erinnere Sie an Ihr Zitat hier im Parlament – ich habe mir das aufgeschrieben; es gibt viele Zitate seitens der SPÖ zu diesem Thema, aber das ist besonders markant –, da haben Sie am 16.11.2004 hier gesagt:

„Den Studierenden aber sagen wir heute schon, wir führen die Direktwahl der Bundes-ÖH wieder ein, weil wir an einem starken Gegenüber in der Universitätspolitik interes­siert sind.“ – Zitatende.

Wir sind sehr gespannt, ob das wirklich kommen wird, und wir werden Sie dann daran messen. Bei den Koalitionsverhandlungen haben Sie es allerdings noch nicht ge­schafft.

Ich wäre überhaupt für folgende Lösung: Wenn man schon so für die direkte Demokra­tie ist, dann sollte man doch die Studierenden selbst bestimmen lassen, mit einer


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Urabstimmung, welches Wahlrecht sie haben wollen. Erwachsen genug wären sie. Und dann könnte man das alles sehr schön beleuchten und beobachten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.20


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.


19.20.49

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir, das BZÖ, haben zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass sich unser Verständnis von Oppositionsarbeit nicht im strikten und unbegründeten Nein-Sagen erschöpfen wird, sondern dass es uns um Sachpolitik gehen wird und dass wir Entscheidungen im Sinne der österreichischen Bevölkerung verfolgen werden. Daher ist es für uns ein klares Anliegen, bei dem eingebrachten Antrag auf Reparatur des vom Verfassungsgerichtshof im Oktober 2006 aufgehobenen § 35a Abs. 4 des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998 mitzugehen – dies, weil die kleinsten Bildungseinrichtungen, nämlich jene mit weniger als 1 000 Studierenden, ge­genwärtig auf Grund der Aufhebung dieses Paragraphen keine Studierendenvertreter in die Bundesvertretung der Studierenden wählen könnten und die nächste ÖH-Wahl, wie wir wissen, schon bald bevorsteht.

Wie man bei dem vorliegenden Antrag ein Argument gegen ein zu gewährleistendes Wahlrecht finden kann, habe ich schon im Ausschuss nicht verstanden. Die Grünen und die FPÖ brauchen es zwar nicht mir zu erklären, aber werden es ihren Studentin­nen und Studenten erklären müssen, wieso sie ihnen ein solches Wahlrecht nehmen wollten.

Wir im BZÖ machen aber auch kein Hehl daraus, dass wir bezüglich der derzeit gelten­den Strukturen der Österreichischen Hochschülerschaft, die wir als unzeitgemäß ein­schätzen, einen dringenden Reformbedarf sehen. Nicht zuletzt zeigt die stets niedrige Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen, dass der Großteil der österreichischen Studenten ebenso dieser Meinung sein dürfte.

Aber bei all diesem langfristigen Reformbedarf ist es nun unverzüglich notwendig, die rechtlichen Voraussetzungen für die im Frühjahr 2007 ins Haus stehenden ÖH-Wahlen zu schaffen. Um eine Vertretung dieser kleinsten Bildungseinrichtungen in der Bundes­vertretung zu gewährleisten, ist es notwendig, wieder eine entsprechende Bestimmung in das Hochschülerschaftsgesetz 1998 aufzunehmen. Aus diesen angeführten Grün­den werden wir den vorliegenden Antrag auch unterstützen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.23


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.


19.23.16

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Dass das Hochschülerschaftsgesetz dringend geändert werden muss und mit direkt-demokratischen Elementen versehen werden muss, das beweist ja schon der aktuelle Zustand an den Universitäten. Es ist ja wirklich bedenklich, dass die Hoch­schülerschaft an einer Diskussion über Quoten mitwirkt, dass die Hochschülerschaft nicht die Interessen der Studenten an den Universitäten vertritt, sondern im Grunde ge­nommen parteipolitisch argumentiert und eher die Interessen ihrer Partei vertritt, statt die Interessen der Studierenden. Das ist aus meiner Sicht bedenklich, und deswegen


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muss man das Hochschülerschaftsgesetz reformieren: Man muss in dieses wieder basisdemokratische Elemente einbauen. Man muss zum Beispiel auch Hörerversamm­lungen wieder zulassen.

Ich vermisse zum Beispiel den Aufschrei der Hochschülerschaft in folgenden Situatio­nen: Wie kann es denn sein, dass wir indirekt wieder einen Numerus clausus an den Universitäten haben?

Ich denke zum Beispiel an die Wirtschaftsstudien in Innsbruck. Da ist es doch so, dass jeder Student pro Semester de facto 1 000 Punkte bekommt, um mit diesen 1 000 Punkten zu spekulieren. Das heißt: Ein Student muss Seminare, Kurse, Vorle­sungen besuchen und muss dann diese 1 000 Punkte, die er fiktiv zur Verfügung hat, auf unterschiedliche Kurse setzen, und zwar mit dem Resultat – und da gibt es viele Studenten, die dieses System überhaupt nicht verstehen –, dass man Punkte setzt, sich im wahrsten Sinne verspekuliert, mit der Folge, dass man die Studiengebühr be­zahlt hat, aber unter dem Strich keine einzige Prüfung machen kann, weil man durch­gefallen ist, weil man zu wenig Punkte auf die Kurse und auf die Seminare gesetzt hat. Das ist doch, bitte, keine Hochschulpolitik! (Beifall bei der FPÖ.)

Und wo ist da der Aufschrei der Hochschülerschaft, die endlich aufgerufen wäre, die­ses System einmal dringend zu reformieren und zu verändern?

Es kann doch nicht sein, dass ein Student seinen Studienbeitrag bezahlt und nicht ein­mal ansatzweise in der Lage ist, sein Studium in einer normalen Studienzeit abzu­schließen. Viele von uns hier herinnen haben selber ein Studium gemacht, und man denkt an diese tolle Zeit zurück, wo man einfach Kurse belegt hat, so viele, wie man belegen wollte, und selber die Entscheidung darüber hatte, wann, in welchem Zeitraum man sein Studium abschließen wollte. Diese Entscheidung haben ja mittlerweile die Studenten leider nicht mehr, weil es einfach an Kapazitäten, an universitären Mindest­standards und an Ausstattung sowie an Personal wirklich fehlt.

Deswegen verstehe ich den Nicht-Aufschrei der Hochschülerschaft überhaupt nicht! Denn: Es ist tatsächlich notwendig, hier basisdemokratische Elemente einzuführen.

Viele von uns haben jetzt auch ein Schreiben von Studierenden an der Medizinischen Universität Innsbruck bekommen. Die beklagen sich zu Recht. Sie haben den ersten Studienabschnitt abgeschlossen und warten zum Teil seit dem Wintersemester 2005 auf Praktikumsplätze. Das heißt, sie sind seit zwei Jahren nicht in der Lage, ihr Re­gelstudium fortzusetzen. Auf der anderen Seite haben wir die Diskussion über Quoten und diskutieren darüber, wie viel Prozent ausländischer Studenten wir in unseren Uni­versitäten studieren lassen wollen.

Unsere Aufgabe ist es, für unsere Studenten auch weiterhin einen freien Zugang an Österreichs Universitäten zu gewähren und die Voraussetzungen dafür zu schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


19.26.59

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Werte Frau Staatssekretärin! Ich kann meinen Vorredner insofern beruhigen: Sie werfen heute ein Problem auf, das unser Wissenschaftsminister schon vor Wochen gelöst hat. (Abg. Mag. Hauser: Wir haben das Schreiben vor drei Wochen bekom­men!) Es hat sich auch die Vorsitzende der HochschülerInnenschaft an der Medizin-Uni Innsbruck ausdrücklich dafür bedankt, dass der Wissenschaftsminister Gio Hahn zusätzliche Praktikumsplätze zur Verfügung gestellt hat und damit das Problem, das


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Sie hier zu Recht aufgeworfen haben, in Wahrheit schon gelöst hat. Sie sehen, wie schnell diese Bundesregierung in der Lage ist, Probleme zu lösen – und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf das ÖH-Gesetz, das heute hier zum Beschluss ansteht, möchte ich nur ganz kurz eingehen, da schon viel darüber gesagt worden ist.

Es ist ganz wichtig, festzuhalten – und wir alle können uns sicher noch an die vielen Unkenrufe anlässlich der Beschlussfassung dieses ÖH-Gesetzes erinnern, wo von ver­schiedensten Seiten kritisiert worden ist, das alles sei verfassungswidrig, antidemokra­tisch, und wo prognostiziert worden ist, das werde nicht halten –: Der Verfassungsge­richtshof hat das ÖH-Gesetz geprüft, und – frohe Botschaft! – es ist alles in Ordnung! Das Gesetz ist inhaltlich hundertprozentig verfassungskonform und damit auch demo­kratisch, sonst hätte der Verfassungsgerichtshof es nicht bestätigen können. Es ist nur in einem kleinen Teilbereich aus formalen Gründen aufgehoben worden, und das wer­den wir heute mit dieser Beschlussfassung Gott sei Dank reparieren.

Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch noch ganz kurz auf die allgemeine Situation der österreichischen Hochschulen, insbesondere in der Pro­blematik des Zustroms aus angrenzenden EU-Ländern, insbesondere aus Deutsch­land, eingehen.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, festzuhalten – und ich hoffe, dass wir uns da einig sind –, dass der freie Zugang zu den österreichischen Universitäten, zu den österrei­chischen Hochschulen ein großer Wert ist, eine wichtige Tradition des österreichischen Universitätssystems, dass er aber keine Selbstverständlichkeit ist, denn es gibt einige Länder in der EU rund um uns, zum Beispiel unser Nachbarland Deutschland, wo es eben keinen freien Hochschulzugang, sondern einen Numerus clausus gibt.

Auf der anderen Seite – und auch das, bitte, sei bedacht – ist es, so wichtig der freie Hochschulzugang auch ist, dann, wenn es einen Zustrom zu einzelnen Studienrichtun­gen gibt, ein Gebot der Stunde, dass man da faire, angemessene Zulassungsverfahren schafft. Denn was wäre dazu die Alternative, meine sehr geehrten Damen und Her­ren? – Die Alternative wäre, zusätzliche Tausende und Abertausende Studierende bei gleich vielen Studienplätzen, denn Studienplätze lassen sich ja nicht in kurzer Zeit be­liebig stark vermehren – weder finanziell noch organisatorisch ist das möglich –, und das bei gleichbleibend hohem Niveau. Daher war es wichtig, dass für einzelne Studien­richtungen, wo es solche Probleme gegeben hat, Zulassungsverfahren eingeführt worden sind. Das war die richtige, adäquate Antwort.

Die Herausforderung, vor der wir jetzt stehen, ist natürlich, das auch in Brüssel, das auch in der Europäischen Union entsprechend zu argumentieren, diese zu überzeu­gen, dass das für das österreichische Universitätssystem notwendig ist, dass es aber auch deshalb notwendig ist, um die ärztliche Versorgung in Österreich auch in Zukunft zu gewährleisten.

Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Ich freue mich schon auf diese gemeinsame Aufgabe mit unserem Wissenschaftsminister Gio Hahn, und ich glaube, dass es gute Chancen gibt, auch die Europäische Union, auch Brüssel davon zu überzeugen. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.30


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


19.30.44

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegen mittlerweile mehrere Anträge vor: der Basis-Antrag von den Regierungspar-


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teien, der formalistisch auf die Kritik des VfGH eingeht, und unter anderem einer von uns Grünen, der Studierende als demokratische Mitgestalter wieder ernst genommen haben will.

Meine Damen und Herren! Wir alle bedauern die Politikverdrossenheit von jungen Menschen. Renommierte Jugend-Studien, wie etwa die Shell-Studie, sagen uns, dass nur mehr 30 Prozent aller jungen Leute unter 25 überhaupt noch an Politik Interesse zeigen! Und gemeint ist damit ... (Ruf bei der ÖVP:  ... die Grünen!) Nein, an der Politik generell, da wird überhaupt nicht differenziert. – Gemeint ist damit die etablierte Politik, die institutionale Politik, so wie wir sie hier darstellen.

Ganz anders schaut es aber aus, wenn es um die prinzipielle Bereitschaft von jungen Menschen geht, sich politisch zu engagieren, sich zu artikulieren, sich für etwas einzu­setzen, was ihnen wichtig ist. Ich erinnere da zum Beispiel an den Walfang, an die Pelzproduktion oder auch an den Protest gegen die Beibehaltung der Studiengebühren durch diese Regierung. (Abg. Dr. Brinek: Die ÖH-Beteiligung war aber auch nicht sehr hoch!) Dafür gehen die jungen Menschen auf die Straße, dafür investieren sie Zeit, dafür zeigen sie auch Engagement.

Unmittelbare Betroffenheit weckt einfach Interesse an ganz konkreter politischer Arbeit. Und wir Politiker und Politikerinnen sollten uns darüber freuen, wir sollten das unter­stützen, denn wir brauchen Menschen in diesem Land, die bereit sind, die Möglichkeit zur Partizipation zu nützen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sollten das Entstehen von demokratischem Bewusstsein, die Existenz von demo­kratischen Räumen fördern, wo immer wir können! – Das sollte unser eigenes Inter­esse sein!

Die neoliberale Wirtschaft versucht uns zu entmündigen, uns auf unser KonsumentIn­nentum zu reduzieren. Und wenn es da junge Leute gibt, die dagegen ein Zeichen setzen wollen, die sich beteiligen, die partizipieren, die demokratisch gestalten wollen, dann sollten wir sie unterstützen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, bitte überlegen Sie, welches Signal gesetzt worden ist mit der Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes 2004, davor schon mit der Änderung des Universitätsgesetzes 2002! (Abg. Dr. Brinek: Da wurde ein richtiges Signal ge­setzt!)

Die damalige Entscheidung knallte den Studierenden ihre Nicht-Achtung – und ich muss es leider so nennen – vor die Füße. Ihre Machtinteressen zu stützen, war Ihnen wichtiger. Sie „pfiffen“ auf die demokratischen Rechte der Studierenden. – Das war lei­der die Message dieser Gesetzesänderungen! (Abg. Dr. Brinek: Wo leben Sie denn?)

Ich lebe in Österreich, und ich habe Kontakt zu Studierenden – Sie vertreten offensicht­lich das Establishment. (Beifall bei den Grünen.)

Überhaupt, Frau Abgeordnete Brinek: Eine ganz besonders humoreske Anmerkung von Ihnen, nämlich jene über die Struktur der Wirtschaftskammer, also uns diese in diesem Zusammenhang irgendwie als demokratisches Vorbild zu nennen. – Das war wirklich ein humoresker Beitrag in dieser Debatte. (Abg. Dr. Brinek: Ist die Arbeiter­kammer ein autoritäres Haus? Haben die auch die direkte Wahl?)

Aber jetzt gibt es eine Chance, etwas zu reparieren, und in diesem Zusammenhang muss ich den Abgeordneten Broukal kurz ansprechen, der sagte: Das hätten wir ja eigentlich wollen, aber leider wird es jetzt noch nichts! – Das ist mir, das ist uns Grünen nicht genug.

Tun Sie es, bitte, endlich! (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Tun Sie es jetzt, denn ver­trauen auf Ihre Ankündigungen, das tun wirklich nur mehr Narren – und wir Grüne sind


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sicher keine Narren, und die Studierenden in diesem Land auch nicht! (Abg. Parni­goni: Tun Sie sich nicht so verbeißen! Bleiben Sie freundlich! Seien Sie nicht so aufge­regt!)

Bekennen Sie sich jetzt zur Demokratie, unterstützen Sie unseren Antrag – jetzt! – zur Wiederherstellung und zum Ausbau der Demokratie an den Universitäten und setzen Sie ein Signal!

Jeder hier im Saal, der heute Ihren Antrag unterstützt und unseren ablehnt – bitte, jeder und jede hier! –, soll nie wieder über Politikverdrossenheit von jungen Menschen lamentieren (Abg. Dr. Brinek: Das ist doch solch ein Kurzschluss! Das darf doch nicht sein!), denn mit solchen Entscheidungen tragen Sie dafür die Verantwortung.

Die Demokratie muss endlich wieder zurück an die Universitäten! Die Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes wäre da eine erste Möglichkeit. Nützen Sie sie, stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das ist nicht ein­mal naiv!)

19.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


19.35.37

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nisterin! Frau Staatssekretärin! Ganz verstehe ich die Aufregung um die Abwesenheit des Ministers nicht, denn was kann einem Besseres passieren, als in Fragen von Inter­essenpolitik mit zwei aus der Interessenpolitik kommenden Frauen dieses Thema hier zu verhandeln? – Also, ich denke, wir werden hier mit unserem Antrag auf durchaus verständnisvolle Ohren stoßen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bin hier durchaus mit meinem Kollegen Broukal einer Meinung und denke, dass wir das, was wir jetzt machen – entschuldigen Sie, ich komme aus der Medizin –, ungefähr mit der Akuttherapie des Herzinfarktes vergleichen können. Das heißt, wir hängen jetzt die akute Lyse an – das, was danach folgen muss, nämlich die Änderung der Lebens­gewohnheiten, um die Verkalkung der Arterien irgendwie zu beseitigen, wird ein langer und harter Weg.

Für die Sozialdemokratische Partei kann ich sagen, dass wir es noch nicht ganz aufge­geben haben, die Lebensbedingungen unseres Koalitionspartners ein bisschen zu ver­ändern, sodass wir vielleicht doch noch über die Fragen des passiven Ausländerwahl­rechtes oder auch über die Fragen der Direktwahl der ÖH-Vertretung in der Zukunft noch äußerst hart verhandeln werden, denn, wie wir wissen, die Änderung von Lebens­gewohnheiten bedarf manchmal auch harter Therapien und drohender Konsequenzen.

Ich komme aus der Interessenpolitik, ich komme aus der Ärztekammer, ich war eine durchaus leidenschaftliche Interessenpolitikerin und habe auch gelernt, dass im Zuge der Ärztegesetz-Novelle – und zwar der Novellierung der Wahlordnung des Ärztegeset­zes – durchaus die Legislative darauf Rücksicht genommen hat, was die Kammer denn auch gerne hätte. – Keine Frage, dass das rechtlich überprüft wurde, dass geschaut wurde, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen, aber es wurde schon auch darauf eingegangen, wie denn die Interessenvertretung ihren Wahlgang haben möch­te.

Da bin ich beim Vorschlag des Kollegen Zinggl: Es stellt sich durchaus die Frage, ob wir die Studierenden nicht auch anhören sollten und ihnen nicht auch die Entscheidung überlassen sollten, ob sie denn und wie sie denn möchten, dass sie ihre Wahlen abhalten können. Das heißt, noch sind wir in der Diskussion, und ich denke, das, was


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für die Ärztekammerwahl gilt, sollte für die Wahl der Studentinnen und Studenten auch gelten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Außerdem stellt sich für mich auch die Frage, was die Ärztekammer gemacht hätte, wenn sie draufgekommen wäre, dass sie als Interessenvertretung in solch einer wichti­gen Frage, wie es derzeit gerade die Frage, was zum Erlass der Studiengebühren herangezogen werden kann, ist, nicht eingebunden worden wäre.

Soweit mir bekannt ist – und wir haben heute noch extra nachfragen lassen –, ist es noch immer nicht gelungen, dass die ÖH trotz massiver Nachfragen und Urgenzen in die von Minister Hahn einberufene Arbeitsgruppe miteinbezogen wurde. Derzeit noch nicht! Denn: Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben und hoffe, dass wir bald sagen können, dass die Interessenvertretung der Studierenden auch in dieser Arbeits­gruppe mit dabei sein wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass die Studentenvertretungen, die wir haben, durchaus schlagkräftig sind, das ha­ben sie, denke ich, in der letzten Zeit bewiesen. Die auch schon angesprochene Ände­rung der Praktikumsplätze an der Medizinischen Universität Innsbruck, die von Minister Hahn in wirklich rasant schneller Zeit nach einer Anfrage der ÖH-Vertretung der Medizin-Uni Innsbruck erledigt wurde, zeigt, dass wir es wirklich brauchen, dass vor Ort eine schlagkräftige ÖH-Vertretung dran ist.

Dass wir genau wissen, dass das Problem kein Innsbrucker Problem ist, sondern auch ein Wiener Problem, das haben die Uni-Vertreter in ihrem sozusagen Dankesschreiben an uns auch bestätigt. Und wir hoffen – und geben das hiermit auch weiter –, dass Minister Hahn versuchen wird, auch in Wien das gleiche Problem – nämlich, dass nach bestandener SIP 1, das heißt Teilprüfung nach dem ersten Abschnitt, Kollegen und Kolleginnen bis zu zwei Jahre lang warten müssen, um ihr Studium fortsetzen zu kön­nen – zu lösen, dass er diesen Missstand genauso schnell beheben wird, wie er das in Innsbruck getan hat.

Ich denke: Das ist wieder ein Beweis dafür, dass eine schlagkräftige, starke ÖH-Vertre­tung durchaus notwendig ist.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es handelt sich, wie gesagt, um eine formale Ab­stimmung, um einen formalen Abänderungsantrag. Wir hoffen, dass er Ihre Zustim­mung finden wird. Und – frei nach Josef Broukal –: Im April reden wir weiter! Und ich denke mir, wir werden eine Lösung finden, die der ÖH-Vertretung das zukommen lassen wird, was sie sich verdient, nämlich eine starke, legitimierte Vertretung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

19.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Fuhr­mann zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


19.40.23

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn Herr Zinggl, der Herr Kollege von den Grünen, vorschlägt, man solle doch die Studierenden befragen, welche Vertretung sie gerne hätten beziehungsweise wie sie das gerne anlegen würden und inwiefern sie auch wirklich zur Wahl gehen wollen, dann kostet mich das nur ein Lächeln und erinnert mich sehr stark an die Debatte „Wählen mit 16“ – machen wir das oder machen wir das nicht? Sie wissen, in der ÖVP war das eine lang diskutierte Frage, und ich bin sehr froh, dass wir uns darauf einigen konnten, das Wahlalter herabzusenken. Aber auch da haben wir als Argument immer vorgetragen, wir könnten doch die 16-Jährigen – und es gab ja im Endeffekt auch Um­fragen dazu – befragen, inwiefern sie denn Interesse hätten, wählen zu gehen oder nicht. Das Argument Ihrerseits war immer: Wenn wir bei der Einführung des Wahl-


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rechts für Frauen damals die Frauen gefragt hätten, ob sie denn wählen gehen wollen oder nicht, dann wären sie auch dagegen gewesen. Die Betroffenen zu befragen, bringt doch überhaupt nichts. – Dass gerade Sie jetzt mit diesem Argument daherkom­men, ist wirklich aberwitzig und zeigt eigentlich nur, dass Ihnen sonst nichts mehr ein­fällt. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Ich glaube, Frau Kollegin Schatz, ebenfalls von den Grünen, hat sehr umfassend darüber berichtet, inwiefern Jugendliche generell politisch interessiert oder eben politikverdrossen sind. Um Sie zu zitieren, Sie haben gesagt: Dort, wo eine unmit­telbare Betroffenheit gegeben ist, dort kann auch Interesse geweckt werden. – Wenn man sich die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen anschaut, dann muss man sagen, genau das war der Grund dafür, dass wir die direkte Demokratie an den Universitäten geschaffen haben. Wir gehen genau von diesem Ansatz aus: Wenn mich an der Uni­versität etwas selbst, persönlich betrifft, dann habe ich Interesse daran, auch mitzuge­stalten. Das war Sinn und Zweck dessen, dass wir das durchgeführt haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube nach wie vor, dass das eine sehr gute Regelung ist und war, dass diese für eine optimale Vertretung der Studierenden sorgen wird. Ich glaube auch, dass die di­rekte Uni-Vertretung im Endeffekt für mehr Kompetenz sorgt. Dahin gehend haben wir ja auch das Budget umgeschichtet. Also ich glaube, die Maßnahmen sind in die rich­tige Richtung gesetzt worden.

Die ÖH sollte sich meiner Meinung nach auch für eine Maßnahme stärker einsetzen, die wir mit dem Gesetz mitbeschlossen haben, nämlich: zu evaluieren und zu kontrol­lieren, wofür die Studiengebühren, die bezahlt werden, eigentlich eingesetzt werden. Diese Möglichkeit hätte die ÖH jetzt; mir als Studierender ist noch nie aufgefallen, dass sich die ÖH hier wirklich lautstark zu Wort gemeldet hätte. Ich meine, die ÖH sollte sich stärker auf jene Kompetenzen zurückbesinnen, die sie hat, nämlich die Studierenden zu vertreten, und nicht dafür Sorge tragen, dass sich der Studierende überlegt: Wozu brauche ich die ÖH eigentlich – abgesehen davon, dass ein Pflichtbeitrag abgezogen wird, merkt man davon ohnehin nichts?

Ich denke, dass die direkte Demokratie ein Mittel ist, der Politikverdrossenheit vorzu­beugen und gerade jungen Menschen, intellektuellen Menschen eine Möglichkeit zu geben, direkt zu partizipieren. (Beifall bei der ÖVP.)

19.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Graf. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.43.56

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich habe mich jetzt doch noch zu Wort gemeldet, weil ich zwei Dinge nicht auf mir sitzen lassen möchte; zwei Dinge, die ganz einfach berichtigt gehören, damit sie nicht so in einem öffentli­chen Protokoll stehen.

Das eine ist der Vorwurf, ich hätte vor drei Wochen ein Schreiben vom Verein zum Auf­bau und zur Förderung einer bundesweiten Studierendenvertretung der Fachhoch­schulen und Fachhochschul-Studiengänge von Herrn Philipp Hense bekommen und diesbezüglich nicht geantwortet; und das andere, ich habe die Spendenbitte nicht be­antwortet.

Ich habe das jetzt zwischenzeitlich abgeklärt: Ich habe dieses Schreiben am 7. März, also heute, um 17.29 Uhr erhalten, und es ist denkunmöglich, in so kurzer Zeit eine


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Überweisung durchzuführen. Sie haben mir gesagt, dass Sie vorher extra mit Herrn Hense telefoniert haben und er Ihnen gesagt hat, er hätte mir das vor drei Wochen ge­schickt und noch nichts von mir gehört und auch noch nichts gesehen. Ich sage Ihnen an dieser Stelle, dass ich solch einem Menschen sicher kein Geld überweisen werde, und zwar aus dem Grund: Wenn dieser falsche Tatsachen verbreitet, dann ist das schlichtweg nicht in Ordnung, dann kann er nicht mit meiner Unterstützung, nämlich der finanziellen Unterstützung in diesem Punkt rechnen. – Ganz einfach. Sie würden, glaube ich, nicht anders handeln, Herr Kollege Broukal. – Punkt eins.

Ich will mich aber nun auch zum Thema selbst nicht verschweigen. Wir haben immer eine klare, pointierte Richtung und Linie zu Zwangsmitgliedschaften und Zwangsver­einen gehabt. Sie werden niemals erleben, dass die Freiheitliche Partei eine Körper­schaft öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft auf den Fachhochschulen errich­tet. Das ist nicht unsere Sache! Das ist eine politische Haltung, die wir seit mehr als 50 Jahren einnehmen und die wir nicht aufgeben werden. Freiwillige Zusammenschlüs­se sind in Ordnung, sind auch unterstützenswert, keine Frage – aber keine Zwangsmit­gliedschaft! Nicht mit uns, dafür werden Sie mit uns keine Mehrheit finden.

Eines noch dazu: Die Fachhochschulen funktionieren ausgezeichnet. Die Studierenden studieren ausgezeichnet, wir haben nur beste Beschreibungen, beste Benotungen. Es funktioniert dort im Wesentlichen alles so, wie man es sich vorstellt; im Gegensatz zu anderen Bildungseinrichtungen. Haben Sie sich schon einmal überlegt, dass das viel­leicht auch deswegen gut funktioniert, weil es dort keine Zwangsmitgliedschaften, keine allgemeinpolitischen Mandate und Ähnliches gibt? (Beifall bei der FPÖ.) Viel­leicht sollten sich die Studierenden auf das Studium konzentrieren. – Das tun sie näm­lich dort.

Ich möchte nicht der Möglichkeit Vorschub leisten, dass das anders aufgefasst wird: Das Anliegen ist legitim, aber man muss sich dazu Mehrheiten suchen – die für eine neue Körperschaft öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft nicht bei der Freiheit­lichen Partei zu finden sind, sage ich dazu.

Punkt zwei: Sie haben gesagt, ich hätte im Jahr 2002 an dieser Gesetzgebung mitge­wirkt. (Abg. Broukal: Ich habe das gesagt?) Das haben Sie gesagt. Ich sage Ihnen: Das, was heute auf dem Tisch liegt, ist die Novelle 2005 zum Hochschülerschaftsge­setz, und daran habe ich nicht mitgewirkt, auch nicht die Freiheitliche Partei, wie Sie wissen. Unter meiner Ägide, wäre ich im Parlament gewesen, hätte es solch ein Ge­setz in Koalition mit der ÖVP nie gegeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin konsistent in meiner politischen Ausrichtung und in den Dingen, die ich auch vertrete. Ich war nicht im Parlament. Es hat sich eine Wendung vollzogen, die nieman­dem verborgen geblieben ist; heute sitzt eine von uns abgespaltene Partei da, die diese Forderung mitvertreten hat, und die wird jetzt auch wieder mitstimmen, keine Frage. Das alles waren auch die Gründe dafür, dass wir uns getrennt haben. Ich lasse mir diese politischen Meinungen, die ich nie vertreten habe, auch nicht aufoktroyieren, sei es von einem politischen Freund oder politischen Mitbewerber, vollkommen egal. Meine politische Gesinnung und Meinung lasse ich mir von niemandem nehmen und werde sie artikulieren. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.48.14

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, mich etwas kürzer zu fassen, da ich überzeugt bin,


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dass Kollege Broukal noch einiges zu dem sagen will, was Kollege Graf vorhin gesagt hat. Ich möchte aber gleich zu Beginn meiner Ausführungen festhalten, dass wir So­zialdemokratinnen und Sozialdemokraten durchaus bereit gewesen wären, das zur Beschlussfassung vorliegende Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 weitergehend zu ändern, als wir das heute tun.

Kollege Broukal hat zu Recht darauf hingewiesen, es war die FPÖ, die damals genau das, was wir heute kritisieren und längerfristig wieder ändern wollen, verbockt hat. Die­se Erbsünde können Sie nicht ablegen, Herr Kollege Graf! Wenn Sie auch nicht selbst dabei waren, Herr Kollege Graf, es war Ihre FPÖ (Abg. Strache: Das heutige BZÖ war es!), dann BZÖ. (Abg. Strache: Bleiben wir bei der Wahrheit!) Heute ist Ihnen Ihr frü­herer Klubobmann wieder abhanden gekommen, also man tut sich schwer, genau zu­zuweisen, wer gerade zu Ihrer Fraktion gehört, aber Sie können diese Erbsünde nicht ganz weglegen. Dafür, dass die Situation so ist, tragen Sie wesentliche Verantwor­tung – als FPÖ; nicht Sie als Person, aber als FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz offen, ich persönlich sehe keinen Grund dafür, weshalb die Hoch­schülerschaft nicht selbst bestimmen können soll, wie ihre Vertreterinnen und Vertreter gewählt werden: Arbeitnehmervertreter, Arbeitgebervertreter, Vertreter der Landwirt­schaft, Ärztekammervertreter – wir haben es vorhin gehört –, sie alle können selbstbe­stimmt entscheiden, wie ihre Vertretungen und VertreterInnen gewählt werden. Warum sollten das ausgerechnet unsere StudentInnen nicht tun können?

Ich muss eingestehen, mit unserem Koalitionspartner war in der Kürze der Zeit nicht mehr zu erreichen. Wir alle wissen, was es bedeutet hätte, würde das Hochschüler­schaftsgesetz heute nicht geändert: Es könnten schlicht und einfach keine Hochschü­lerschaftswahlen stattfinden. Ohne Hochschülerschaftswahlen gäbe es die offiziellen Anwälte, die wir an den Unis so dringend brauchen, die die Sorgen und Anliegen der StudentInnen wahrnehmen, nicht. Die Sorgen und Wünsche, die die Hochschülerschaft hat, sind in den letzten Jahren massiv angestiegen und nicht weniger geworden.

Ich erinnere an die Problemfelder Studiengebühren, an Stipendien beziehungsweise das Studienförderungsgesetz. Es freut mich, nebenbei gesagt, dass die Vorschläge und Initiativen unseres Wissenschaftssprechers Josef Broukal von der Österreichi­schen Hochschülerschaft ausdrücklich begrüßt werden. Ich erinnere auch an den Kampf um Kursplätze und Defizite beim Anmeldemodus.

Der „Standard“ beispielsweise schrieb in seiner gestrigen Ausgabe unter der Über­schrift „Warteschlange vor dem Kursplatz-Lotto“: „Semesterstart: die härteste Zeit bis zu den ersten Prüfungen. Den Kampf um die Kursplätze entscheidet das flottere Mo­dem, Glück oder Zufall. Die Fairness bleibt auf der Strecke.“

Von dem 1 000-Punkte-Modell haben wir heute bereits gehört, auch in anderen Berei­chen.

In der Tat, meine Damen und Herren, versuchen zu Spitzenzeiten an der Wirtschafts­uni 4 000 Studierende gleichzeitig, sich anzumelden. Es kommt immer wieder zu Ser­ver-Zusammenbrüchen, auf der Strecke bleiben die Studierenden. Computer-Zufalls­entscheidungen lassen StudentInnen immer häufiger verzweifeln. Es kommt immer wieder vor, dass sie durch dieses Kursplatz-Lotto ein bis zwei Semester verlieren.

Die Problemliste unserer StudentInnen ließe sich fast endlos fortsetzen. Die veralteten Bibliotheken an manchen Unis, die fehlenden Lernplätze für Studierende und so weiter und so fort.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, unsere StudentInnen brauchen mehr denn je eine funktionierende Vertretung. Daher beschließen wir heute die vorliegenden Än­derungen zum Hochschülerschaftsgesetz, damit die Hochschülerschaftswahlen termin-


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gerecht stattfinden können und unsere Studierenden ihre demokratisch gewählten VertreterInnen haben.

Ich bin guter Dinge, dass nach einer gewissen Einarbeitungszeit auch der neue Wis­senschaftsminister davon überzeugt werden kann – wir hoffen, dass es schneller geht, als viele hier vermuten –, dass unsere StudentInnen durchaus in der Lage sind, selbst zu bestimmen, wie sie ihre VertreterInnen gewählt haben möchten.

Ich meine – abschließend –, auch bei unseren Studierenden müssen wir das Recht der Selbstverwaltung respektieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.53


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.53.24

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Die Kollegen Grünewald, Zinggl und Schatz sollten jetzt endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass die von ihnen heute wieder vorgebrachten Vorwürfe vom Ver­fassungsgerichtshof bereits ausführlich geprüft worden sind.

Was war das Ergebnis dieses Erkenntnisses vom 4. Oktober 2006? – Von den sieben Absätzen des § 35a des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes wurden sechs Absätze für verfassungskonform erkannt und lediglich Absatz 4 wurde wegen Verstoßes des Bestimmtheitsgebotes aufgehoben.

Zur Kritik an der indirekten Wahl hat der Verfassungsgerichtshof etwa ausgeführt, dass dem Gesetzgeber in der Frage, in welcher Weise die demokratische Legitimation jener Selbstverwaltungsorgane, denen entscheidungswichtige Aufgaben übertragen sind, si­chergestellt werden kann, ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt. Es bestehen daher gegen die in § 35a HSG vorgesehene indirekte Organbestellung weder unter dem Aspekt des demokratischen Prinzips noch im Hinblick auf den Gleich­heitsgrundsatz irgendwelche verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch die von Ihnen, Frau Kollegin Schatz, heraufbeschworene Beschneidung der demokratischen Rechte konnte der Verfassungsgerichtshof nicht sehen.

Kritisiert wurde auch die mögliche Abweichung von einer exakt proportionalen Vertei­lung der Mandate in der Bundesvertretung. Bevor man hier Kritik übt, muss man sich genau ansehen, worauf diese Abweichungen zurückzuführen sind. Sie sind nämlich darauf zurückzuführen, dass jeder Bildungseinrichtung, der mehr als 1 000 Studie­rende angehören, mindestens ein Mandat in der Bundesvertretung zukommen soll. Das heißt, diese Abweichungen sind darauf zurückzuführen, dass möglichst viele Uni­versitäten und Akademien in der Bundesvertretung vertreten sein sollen. Der Verfas­sungsgerichtshof hat daher die angefochtenen Regelungen für sachlich gerechtfertigt erkannt.

Auch die von Kollegem Zinggl attestierte Gleichheitswidrigkeit wurde vom Verfassungs­gerichtshof ganz anders gesehen. Es ist nämlich aus der Sicht des Gleichheitssatzes unbedenklich, dass auf Ebene der Universitäten Studierende gegebenenfalls an meh­reren Universitäten zur Wahl der Universitätsvertretungen berechtigt sind. Ebenso we­nig bestehen Bedenken dagegen, dass auf der Ebene der Bundesvertretung, der ÖH, die Interessen solcher Studierender je Universität, der sie angehören, also mehrfach repräsentiert werden. Das heißt, hier bestehen keine verfassungsrechtlichen Beden­ken.

Ich möchte abschließend noch ganz kurz auf den hier vorliegenden Antrag auf Neufas­sung des § 35a eingehen. Wie bereits von Kollegem Darmann dargelegt worden ist, ist


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diese Änderung deshalb wichtig, weil es dadurch auch den kleinen Vertretungskörpern beziehungsweise den Studierenden, die an einer kleinen Universität oder Akademie studieren, ermöglicht wird, indirekt auch an der Wahl der Bundesvertretung der Studie­renden teilzunehmen.

Wenn Ihnen also die Repräsentation nicht nur möglichst vieler, sondern auch kleiner Universitäten und Akademien in der Bundesvertretung der Studierenden ein Anliegen ist, dann sollten Sie für diesen Antrag stimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.57


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Ebenfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.57.19

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eine notwendige Anpassung des Gesetzes an die Vorgaben der obersten Ge­richte wird vorgenommen, das ist gut so – tatsächlich sind die Anliegen, die Interessen und die Notwendigkeiten der Studierenden völlig andere.

Zum einen haben wir noch immer keine langfristig tragfähige Regelung, was die Regu­lierung beim Zuzug deutscher Studenten zum Medizinstudium betrifft. Ich darf in die­sem Zusammenhang unserem Wissenschaftsminister ganz, ganz herzlich danken; er hat nämlich über den Wunsch einiger Studenten einen Missstand an der Innsbrucker Universität abgeschafft. Dort war es sehr, sehr schwierig, Praktikumsplätze zu bekom­men, es gab lange Wartezeiten – etwas, das sich niemand wünschen kann. Leute, die mitten im Studium sind, müssen ein oder zwei Jahre auf ein weiteres Praktikum war­ten.

Wir müssen uns bewusst sein über die Ursache, dass es dazu überhaupt gekommen ist. Das waren die ersten Anstürme, auf die man nicht vorbereitet sein konnte, Herr Dr. Grünewald, weil Sie immer sagen, man hätte das doch früher regeln können. Unge­regelt war der Ansturm im ersten Jahr, und diesen Sack schleppen wir heute noch mit. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Es ist auch viel zu kurz gegriffen, einfach zu sagen – wie das auch Herr Kollege Brou­kal in der Vergangenheit schon mehrfach getan hat –: Machen wir doch die Unis mehr auf, mehr Ausbildner, öffnen wir sie für alle! – Das Medizinstudium hat gegenüber an­deren Studien gewisse Besonderheiten. Es geht nicht nur ums Personal, und unbe­grenzt steht auch nicht Personal in der immer gleich bleibenden Qualität zur Verfü­gung, es geht auch darum, dass Universitätslehrer gleichzeitig meistens in den klini­schen Fächern auch noch ärztlich tätig sind, tätig sein wollen und tätig sein müssen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald.) Immer, in den klinischen Fächern; es gibt auch nicht klinische Fächer, Herr Professor. In den klinischen Fächern ist das so.

Dazu braucht man auch Patientenzahlen, um gute Forschungsergebnisse zu haben, die entsprechend hoch sind. Man kann das auch nicht beliebig aufteilen, auf beliebig viele Lehrende, auf beliebig viele Forschende. Schon viel früher, in den vorklinischen Fächern, ergeben sich Engpässe. Beispiel Sezierkurse. Bereits heute ist es notwendig, dass jemand seinen Körper nach seinem Ableben der Wissenschaft vermacht, damit eine Leiche seziert werden kann.

Es gibt heute schon Engpässe: Es gibt keine unbegrenzte Anzahl an Sezierplätzen für die Studierenden. Wir sind kein so großes Land, und wir können unsere Patientenzah­len für mehr Universitäten nicht aufstocken.

Ich möchte noch ganz kurz auf ein Thema zu sprechen kommen, das mich sehr be­schäftigt: Ein Missverhältnis, das eigentlich schon besteht – das betrifft auch die Frau


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Bundesminister Kdolsky –, ist, dass wir zum Beispiel an der Innsbrucker Universität fast nur noch deutsche Professoren haben.

Das liegt nicht daran, dass diese deutschen Professoren so viel besser wären als die österreichischen, sondern daran, dass die an riesigen Kliniken mit selbstverständlich sehr viel mehr Patienten und sehr viel mehr Kollegen sehr viel mehr Impact-Punkte zu­sammenbekommen, weil sie gemeinsam forschen – oder auch nicht – und sich gegen­seitig an den Forschungen beteiligen und das natürlich in großen Einheiten wesentlich leichter ist als in unseren notwendigerweise wesentlich kleineren.

Dadurch bekommen wir zwar nicht immer unbedingt die allerbesten, aber natürlich verstärkt deutsche Ärzte an Universitäten, und ich glaube, dass zumindest in Innsbruck auch schon ein Missverhältnis eingetreten ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Graf: Was ist das für eine Ausländerfeindlichkeit?)

20.01


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als letzter Redner in dieser Debatte zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.


20.01.42

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Mag. Hakl, es ist ganz einfach: Es gibt Dinge, die vor zwei Monaten im Wissenschaftsausschuss noch nicht möglich waren, weil die Vorgängerin des Herrn Ministers Hahn immer gesagt hätte, die haben ihr Geld, die müssen damit auskommen, das sind nur Managementfehler. – Wie viele Jahre ha­ben wir das gehört! Zum Glück haben wir jetzt einen ÖVP-Minister, der sagt: Manage­mentfehler? – Gar nicht. Ich fahre hin, ich regle das, ich erledige es.

Also es geht weder um Leichen noch um Sezierplätze, es geht um den guten Willen, der bis vor zwei Monaten gefehlt hat und jetzt Gott sei Dank in der Person des Minis­ters Hahn vorhanden ist.

Herr Abgeordneter Graf, ich muss zugestehen – und will das auch öffentlich sagen: Ich habe meinen Mitarbeiter gebeten, diesen Menschen anzurufen, der den Kongress der Fachhochschulen organisiert, ihn zu fragen, ob er Ihnen geschrieben hat und ob er von Ihnen schon eine Antwort oder eine Geldspende bekommen hat.

Er hat erstens gesagt, er hat Ihnen geschrieben, und zweitens, er hat keine Geld­spende bekommen. Sie legen mir jetzt vor – und das will ich Ihnen glauben –, dass das ein schlaues Bürschchen ist, der mit meinem Mitarbeiter gesprochen hat und dann erst das Mail geschickt hat. Dennoch sollten Sie mittels Telebanking imstande sein, in drei Stunden finanziell zu antworten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.02


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Frau Bundesministerin Kdolsky hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


20.02.59

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlichen Dank für die interessante Diskussion. Der vorliegende Antrag, der eine Reparatur dieses Gesetzes bedeutet, war kurzfristig notwendig, um letztendlich die demokratische Möglichkeit einer ÖH-Wahl nicht zu gefährden.

Die Punkte, die heute hier diskutiert wurden, das Ausländerwahlrecht, die Briefwahl, e-Voting – Sie wissen, dass es da ja schon eine technische Prüfung der Situation gibt und die Grundlage im geltenden Gesetz schon gegeben ist –, aber auch mehr Rechte für die ÖH werden im Rahmen einer bereits angedachten Novelle gemeinsam bespro-


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chen werden. – Es ist heute auch schon andiskutiert worden, dass wir da ja die Einbe­ziehung der pädagogischen Hochschulen mitbesprechen müssen. (Abg. Broukal: Hört, hört!)

Eine Beschlussfassung wird aller Voraussicht nach ja noch vor dem Sommer 2007 stattfinden.

Ich glaube, dass ich Ihnen hiermit auch einiges an Information in Vertretung des Herrn Bundesministers Gio Hahn geben konnte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.04


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in Ziffer 26 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hochschülerschafts­gesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Hochschüle­rinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

20.05.504. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (11 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (32 d.B.)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen mit der Debatte.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.


20.06.19

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es geht bei dieser Novelle des Konsulargebührengesetzes


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um die Umsetzung einer Entscheidung des Europäischen Rates vom 1. Juni 2006, wo­nach die Visagebühren für Reisen in Staaten der Europäischen Union von außerhalb von 35 € auf 60 € erhöht werden – auf fast das Doppelte, um 70 Prozent.

Das gilt nicht für alle Staaten. Ursprünglich war vorgesehen für alle, aber es gab dann einige Verhandlungen. Russland und die Ukraine sind von dieser Erhöhung ausgenom­men, da es mit diesen beiden Staaten Sichtvermerksabkommen gibt.

Für die Staaten des so genannten Westbalkans, Südosteuropa – also Albanien, Bos­nien-Herzegowina, Mazedonien, mittlerweile auch Montenegro und Serbien – gibt es eine Übergangsregelung bis Ende 2007. Bis dahin zahlen sie nur die 35 €. Was ge­schieht, wenn die diversen Assoziierungsabkommen bis dahin nicht abgeschlossen sind, ist völlig unklar. Wahrscheinlich müssen sie dann sowieso die 60 € zahlen.

Was bedeutet das? – Dass Personen, die zum Beispiel Verwandte in Österreich be­suchen wollen – das betrifft vor allem oder sehr stark Personen aus der Türkei, denn 20 Prozent aller in Österreich lebenden Ausländerinnen und Ausländer sind Menschen aus der Türkei –, für den Besuch bei Verwandten in Österreich 60 € zahlen müssen, wenn sie das Visum überhaupt bekommen. Stellen Sie sich einmal vor, wie viel das ist! Stellen Sie sich vor, Sie sind finanziell nicht gut gestellt und haben nicht genügend Geld! (Abg. Scheibner: Was kostet denn das Flugticket?)

Herr Kollege Scheibner, genau darum geht es! Da sind schon die Verwandten da, die gemeinsam sparen, damit sich die den Besuch leisten können, und dann kostet es noch einen Betrag, den manche nicht einmal in einem Monat verdienen.

Ich denke, das ist eine Variante, wie die damalige Bundesregierung – und mit der jetzi­gen Entscheidung die derzeitige Bundesregierung – sagt – und FPÖ und BZÖ werden dem sicher gerne zustimmen –, man wolle so wenig Ausländerinnen und Ausländer in Österreich haben wie möglich, und wenn, dann sollen sie noch teuer dafür zahlen – wenn sie es dann überhaupt schaffen, denn auch die Situation in den Konsulaten und den Botschaften, wo das Visum zu bekommen ist, ist alles andere als einfach. (Abg. Scheibner: Wegen 30 € kommen jetzt keine Ausländer? – Geh bitte!)

Wir wissen aus Berichten von langen Wartezeiten, von Menschen, die einmal hinfahren müssen, dann wird ihnen gesagt, sie müssen mit neuen Unterlagen wiederkommen, und das ein paar Mal. All das kostet – kostet auch Zeit –, all das macht die Lust darauf oder auch die Möglichkeit, tatsächlich ein Land der Europäischen Union zu besuchen, nicht wirklich größer. Das ist also ein Schritt in die Richtung, nur die, die es sich leisten können, sollen Österreich besuchen.

Aber auch für Touristen und Touristinnen wird es schwieriger. Natürlich kann man sa­gen, wenn jemand einen Skiurlaub in Österreich bucht, dann muss derjenige oder die­jenige sowieso Geld haben.

Aber dennoch: Es hat den Eindruck – und so ist es auch damals im Rahmen der EU verhandelt worden –, es soll mehr kosten, denn wir haben hohen Aufwand im Zuge der Verwaltung. – Das stimmt schon, aber die Leute müssen einfach sehr viel mehr dafür zahlen. Das halte ich schon für sehr problematisch. Das ist einer der Gründe, warum wir dem nicht zustimmen.

Ein zweiter ist, dass es jetzt in dieser Vorlage zwar um einzelne Gruppen mehr sind, die von der Bezahlung dieser Gebühr befreit werden können, aber es sind weniger Gruppen, die automatisch befreit sind.

Zum Beispiel waren früher automatisch befreit: Teilnehmer – wahrscheinlich auch Teil­nehmerinnen, aber das steht nicht im Gesetz – an in Österreich stattfindenden religiö­sen, wissenschaftlichen, künstlerischen, kulturellen, politischen und sportlichen Veran-


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staltungen, wenn Gegenseitigkeit gewährleistet ist. – Ab der Novellierung kann ent­schieden werden, ob sie befreit werden oder nicht. – All das schafft Unsicherheiten.

Ein zweiter Bereich ist, dass zum Beispiel bisher Kinder bis zwölf Jahre von diesen Gebühren befreit waren – jetzt nur mehr Kinder bis sechs Jahre. Das erhöht die Wahr­scheinlichkeit, dass Kinder nach Österreich reisen können, auch nicht wirklich. Das sind also alles Maßnahmen, die durchaus dazu beitragen, dass es einfach weniger Be­suche in Österreich und auch in anderen Staaten der EU gibt.

Ich kann mich erinnern, dass letztes Jahr – das war noch während der österreichischen Präsidentschaft – vonseiten der Grünen und auch von zahlreichen Zivilgesellschafts­organisationen die massive Kritik kam, dass Österreich zwar einen Schwerpunkt für den Westbalkan, für die Staaten Südosteuropas gesetzt hat, dass aber auch diese ur­sprünglich sehr wohl darunter gefallen wären, diese 60 € zahlen zu müssen.

Es ist dann gelungen, dass die jetzt nicht dabei sind – wie gesagt, bis Jahresende müssen sie nur diese 35 € zahlen –, aber auch die 35 € sind für Menschen, für arme Personen gerade aus diesen Gebieten etwas, das ganz schwer zu leisten ist. Noch dazu sind Umstände – wie zuerst schon gesagt – wie lange Wartezeiten, immer wieder hinfahren zu müssen und nicht zu wissen, ob man das Visum bekommt, nicht gerade etwas, das dazu beiträgt, dass man seine Verwandten oder Bekannten tatsächlich in Österreich besuchen kann. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Noch etwas, das gerade für die Staaten Südosteuropas, die Staaten des früheren Jugoslawien gilt: Bis 1990 konnten die Bürgerinnen und Bürger dieser Staaten fast die ganze Welt bereisen, ohne dass sie ein Visum gebraucht haben, und ganz Europa so­wieso.

Seit 1990 können sie das nicht mehr. Können Sie sich vorstellen, was das gerade für junge Leute heißt, die sich das vielleicht anschauen wollen, was dieses Europa, von dem ihnen immer vorgeschwärmt wird, denn wirklich bedeutet? Die haben kaum eine Chance, dieses Europa zu besuchen, und wenn es dann vielleicht Maßnahmen gibt, wie die Außenministerin im Ausschuss erklärt hat, für Studierende etwas zu erleichtern, dann ist das gut und schön, aber wissen Sie, worum es im Grunde ginge? – Für alle Staaten des Westbalkan die Visapflicht aufzuheben!

Und warum? – Gerade unter den jungen Leuten gibt es viele, bei denen einfach die Gefahr vorhanden ist, dass sie sich in der Stimmung, die es in diesen Ländern gibt, na­tionalistischen Bewegungen anschließen – nicht etwas, was wir als Europäische Union tatsächlich fördern sollten. (Abg. Scheibner: Und das nur wegen der Visagebühren!?)

Etwas, das dagegen hilft, ist tatsächlich zu reisen und andere Staaten kennenzulernen. Das sollten wir ermöglichen und nicht über solche Maßnahmen wie diese Gebührener­höhung verhindern oder erschweren, dass Menschen überhaupt reisen können. – Das darf es in einem breiteren Europa, als diese Europäische Union es ist, nicht sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.13


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Großruck zu Wort, und zwar für 3 Minuten. – Bitte.


20.13.36

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Lunacek, Sie haben nichts Neues gebracht, was Sie nicht auch im Ausschuss schon gesagt hätten, und Sie gehen einfach auf die Argumente, die gebracht wurden, überhaupt nicht ein. Sie igno­rieren diese. (Abg. Scheibner: Leider, leider!)


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Sie betreiben eine Politik der Ignoranz, denn wir können uns noch so sehr bemühen zu erklären, warum es notwendig ist, das Konsulargebührengesetz zu ändern – Sie sehen das einfach nicht. Sie sehen das aus Ihrer Sicht, kritisieren alles und entwerfen Horrorszenarien, wer aller hereinkommen könnte oder nicht hereinkommen kann, wen wir aller verhindern wollen. – Das ist ja grundlegend falsch!

Lassen Sie die Kirche im Dorf! Sie wissen genau, dass wir eine Entscheidung des Rates beschließen müssen. Eigentlich hätte das Gesetz schon mit 1. Jänner 2007 in Kraft treten müssen. Wir sind ein bisschen später dran und tun nichts anderes als alle anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch, nämlich eine einheitliche Rege­lung für Konsulargebühren zu treffen.

Jetzt wissen Sie aber auch genau, dass es natürlich Ausnahmen gibt. Wenn Sie den Gesetzentwurf nicht gelesen haben, dann bringe ich es Ihnen zur Kenntnis: Es gibt Ausnahmen für Kinder unter 6 Jahren, Schüler, Studenten, postgraduierte Studenten und begleitende Lehrer im Rahmen einer Reise zu Studien- oder Ausbildungszwecken, Forscher aus Drittstaaten im Sinne der Empfehlung und so weiter, begünstigte Dritt­staatsangehörige.

Von der Gebühr für Antrag auf und Erteilung von Visa kann im Einzelfall Abstand ge­nommen werden bei Beantragung eines Visums für Studenten und Stipendiaten an ös­terreichischen Universitäten und Hochschulen sowie an der Diplomatischen Akademie, für Ausländer hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre, für Teilnehmer an in Österreich stattfindenden religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, kulturellen, politischen und sportlichen Veranstaltungen, wenn Gegen­seitigkeit gewährleistet ist, für Teilnehmer an Austauschaktionen für Kinder einschließ­lich der Begleitpersonen, für Teilnehmer an Veranstaltungen zur Förderung der wirt­schaftlichen Beziehungen mit dem Ausland, für Angehörige von in Österreich beerdig­ten Kriegsopfern und so weiter.

Es gibt also eine Fülle von Ausnahmen, die genau das widerlegen, was Sie sagen: dass sich einer die Reise nach Österreich nicht leisten kann. Wenn er begründet kommt, dann kann er es sich leisten, dann gibt es viele Ausnahmen, aber wenn Sie jetzt unterstellen, es kann einer deshalb nicht nach Österreich kommen, weil er die 60 € Konsulargebühren nicht zahlen kann, dann mache ich Sie darauf aufmerksam, dass immer geprüft wird, ob überhaupt die finanzielle Basis gegeben ist, wenn jemand nach Österreich kommt.

Es soll nämlich nicht so sein, dass jemand ins Land kommt und kein Geld hat. Dann kommt er zu den Gemeinden oder wohin auch immer und ersucht um Unterstützung, wie es oft passiert, und wir geben sie auch, weil wir glauben, dass wir helfen müssen, aber das kann doch bitte nicht der Zugang zu diesem Konsulargebührengesetz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich darf aber schon daran erinnern, dass derzeit in Europa ein einheitliches Visaregime ausgearbeitet wird, das es ermöglichen soll, dass gerade Jugendliche aus Serbien und aus ähnlichen Staaten ungehindert und auch ohne Visum nach Österreich kommen können. Das ist gut so, dass sie auch Europa kennenlernen.

Wenn wir verlangen, sie sollen europareif werden, dann müssen sie das auch kennen­lernen. Ich darf Herrn Staatssekretär Dr. Winkler ersuchen, auch in diesem Bereich aktiv zu sein, damit möglichst bald auch eine Lösung in diesem Sinne kommt.

Lassen wir die Kirche im Dorf! Frau Lunacek, dramatisieren Sie nicht, sondern nehmen wir das so, wie wir viele andere Gesetze beschließen, als Nachvollzug dessen, was europäische Standards sind!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 138

Zum Schluss kommend: Frau Präsidentin, ich hätte einen Vierzeiler vorbereitet, den sage ich aber aus Respekt vor Ihrem Vorsitz nicht, den bringe ich dann einmal, wenn Sie nicht den Vorsitz haben.

Einen Vierzeiler, den hätte ich – der Respekt vor dem Vorsitz hindert mich. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

20.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Schade, Herr Abgeordneter! – Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.


20.18.13

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Erhöhung der Visagebühren ist wirklich durchaus beträchtlich, und ich möchte der Frau Abgeordneten Lunacek hinsichtlich ihrer diesbezüglichen Kritik durchaus recht geben.

Allerdings – und das wurde auch schon betont – geht diese Neuregelung auf eine Ent­scheidung des Rates der EU vom Juni 2006 zurück, und diese Entscheidung des EU-Rates ist daher von Österreich – wie auch von allen anderen Mitgliedstaaten der EU – einfach umzusetzen.

Ich möchte aber trotzdem noch positiv die Ausnahmen von der Entrichtung der Visa­gebühr hervorheben, die in dieser Novelle geschaffen werden, und zwar der Antrag auf die Erteilung eines Visums für Kinder unter 6 Jahren, für Schüler, Studenten, postgra­duierte Studenten, begleitende Lehrer im Rahmen einer Reise zu Studien- und Ausbil­dungszwecken – unter all diesen Umständen erhält man ein Visum gebührenfrei.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Noch dazu kann der Betrag der zu erhebenden Gebühr in Einzelfällen nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechtes erlassen werden oder ermäßigt werden, wenn dies der Förderung kultureller, außenpolitischer, entwicklungspolitischer oder sonstiger erheblicher öffentlicher Inter­essen dient oder – was auch ganz wichtig ist – humanitäre Gründe hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich die Novellierung des Konsulargebührengesetzes auch zum Anlass nehmen, um einige damit in Zusammen­hang stehende Fragen betreffend das Regierungsübereinkommen an Sie zu richten.

Das Regierungsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP sieht eine Aufwertung der Konsulararbeit als Konsequenz aus dem Visaskandal vor und gibt weiters die Zielvor­gabe, das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten zu einem Dienstleistungsunternehmen für Bürger, Wirtschaft und Politik zu machen. – Diese Zielvorgabe ist durchaus sehr begrüßenswert.

Ich hoffe, dass diese Aufgaben rasch in Angriff genommen werden und dass beispiels­weise die Öffnungszeiten der Konsulate serviceorientierter gestaltet werden. Die Ein­richtung einer eigenen Anlaufstelle bei Missbrauchsverdacht und für Beschwerden er­scheint mir ebenfalls sinnvoll. Ein weiterer Punkt wäre die Umsetzung des schon lange im Gespräch befindlichen Ausbaus der Zusammenarbeit der Schengen-Partnerstaaten, etwa in Form einer gemeinsamen Visastelle.

Sehr geehrte Damen und Herren, die sozialdemokratische Fraktion wird dieser Regie­rungsvorlage die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 139

20.21


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort, und zwar für 8 Minuten. – Bitte.


20.21.24

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser Vorlage sollen die Gebühren für bestimm­te Kategorien von Visa angehoben werden. Der Grund sind die gestiegenen Verwal­tungskosten, denen einfach Rechnung zu tragen ist.

Diese Neuregelung – auch das wurde erwähnt – geht zurück auf eine Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 1. Juni 2006. Die Gebühren für die Visa der Kategorie A, B und C sollen von 35 € auf 60 € angehoben werden. Das ist unserer Meinung nach durchaus vertretbar und nicht jemandem nicht zumutbar.

Für die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland ist die rasche Umsetzung dieser Maßnahme wichtig. Es ist nämlich zu erwarten, dass die Beibehaltung der alten, niedrigeren Visagebühren zu einer erhöhten Antragstellung bei den Vertretungsbehör­den jener Staaten führen würde, die die Umsetzung der Ratsentscheidung spät oder gar zu spät vollziehen.

Das könnte zu einer Überlastung unserer Botschaften und Außenvertretungen führen, die wir als Freiheitliche nicht wollen. Deshalb werden wir als freiheitliche Fraktion die­ser Vorlage auch zustimmen.

Ich komme aber auch noch auf ein Thema zu sprechen, das auch die Vertretung öster­reichischer Interessen im Ausland – konkret in Slowenien – betrifft, und ich spreche ganz konkret das österreichisch-slowenische Kulturabkommen an, das auch in der Sit­zung des Außenpolitischen Ausschusses ein Thema war.

Dieses bilaterale Abkommen ist von Frau Bundesminister Dr. Ferrero-Waldner noch hier im Haus eingebracht worden, und es hat dann etwa noch ein Dreivierteljahr ge­braucht, bis die slowenische Seite dieses Abkommen ratifiziert hat.

Dieses bilaterale Abkommen, meine Damen und Herren, sollte die Diskriminierung der österreichischen Minderheit in Slowenien beenden, und es war auch als ein erster Schritt zur Gleichbehandlung der ehemaligen Deutsch-Untersteirer mit der ungarischen und auch mit der italienischen Minderheit im slowenischen Staat gemeint.

Die Vorgeschichte ist Ihnen allen bekannt: 1919 ist nach dem Friedensdiktat von Saint Germain die Untersteiermark von Österreich abgetrennt worden. In dem Staat, zu dem sie zugeschlagen wurde – nämlich dem SHS-Staat – ist es dann gleich in den zwanzi­ger Jahren des 20. Jahrhunderts zu einer eklatanten Benachteiligung der deutschen Volksgruppe gekommen. Diese hat damals noch immer eine Stärke von etwa 100 000 Menschen aufgewiesen.

Im und nach dem Zweiten Weltkrieg kam es dann zu dem, was der Österreichische Rundfunk vor Kurzem unter dem Titel „Flucht und Vertreibung“ sehr wirkungsvoll ins Bild gesetzt hat. Es wurde der tausendfache Mord dargestellt, der sich auch in der Untersteiermark im heutigen Slowenien abgespielt hat – in den Todeslagern von Tüchern, aber auch in Sternthal.

Die rechtliche Grundlage für diesen Genozid waren die kommunistisch-titoistischen AVNOJ-Gesetze. – Das war die Partisanengesetzgebung, die nicht nur zur Liquidie­rung ihrer ideologischen Gegner – der Tschetniks, der Ustaschi, der Domobranzen – gedient hat, sondern natürlich auch nicht nur gegen den Klassenfeind, sondern auch gegen die „Volksfeinde“ – und dazu hat die deutsche Volksgruppe nach der Einschät­zung der Titopartisanen gezählt – gerichtet war.

Diese AVNOJ-Gesetze waren das Gegenstück zu den tschechischen Beneš-Dekre­ten. Während sich der tschechische Staatspräsident Václav Havel anlässlich eines Besuches in Wien wenigstens einmal für diese Massenverbrechen entschuldigt hat,


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während er sein Bedauern ausgedrückt hat, hat es solche Erklärungen gegenüber der österreichischen Politik von slowenischer Seite bisher nicht gegeben.

Eine solche Erklärung ist weder von den früheren tito-kommunistischen Machthabern, noch später von den demokratisch gewandelten slowenischen Politikern gekommen.

Ich halte also fest: Durch das österreichisch-slowenische Kulturabkommen ist keine Verbesserung der Lage der österreichischen Volksgruppe in Slowenien erreicht wor­den. Diese Reste einer Volksgruppe haben heute nur mehr die Stärke von offiziell 2 000 bis 2 500 Menschen, inoffiziellen Schätzungen zufolge werden es im sloweni­schen Staatsgebiet etwa 3 600 Menschen sein, denen man die völkerrechtliche Aner­kennung als nationale Minderheit sozusagen verweigert.

Die projektbezogene Förderung in der Höhe von einigen 10 000 €, die Frau Bundes­minister Dr. Plassnik in der Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses erwähnt hat und die an Vereine wie „Brücken“ geflossen sind, ist keineswegs vergleichbar mit der großzügigen Förderung, die die nationalen Minderheiten, etwa die Kärntner Slowenen, aber auch die burgenländischen Kroaten in Österreich erfahren.

Ich habe ein Zitat einer Betroffenen – man kann nicht sagen, einer Altösterreicherin, denn sie wurde bereits in Slowenien geboren, aber das ist die Vorsitzende des „Kultur­vereins deutschsprachiger Frauen – Brücken“ – zur Lage der Deutschen in Slowenien mitgebracht. – Da wurde sie gefragt:

„Die Italiener und die Madjaren sind ja in der Verfassung als Minderheit anerkannt. Ist das für die deutsche Volksgruppe auch so?“

Frau Haring hat darauf wörtlich gesagt:

„Nein, wir sind die einzige deutsche Minderheitsgruppe in Südosteuropa, die nicht an­erkannt ist. Für Slowenien bedeutet das, dass ‚es uns nicht gibt’. Wir sind nicht da, und wenn wir etwas sagen, dann sagen sie: ‚Ihr lebt nicht in einem geschlossenen Sied­lungsgebiet, ihr lebt verstreut in Slowenien.’ Das ist eine Folge davon, dass die Deut­schen nach 1945 ermordet, vertrieben und assimiliert wurden. Es ist ein wirklicher Zynismus, wenn die Slowenen jetzt sagen, dass es uns nicht gibt oder uns vorwerfen, dass wir in Slowenien verstreut leben.“

Meine Damen und Herren, das beweist sehr nachdrücklich, dass das Kulturabkommen bei Weitem nicht das gebracht hat, als was es angekündigt war. Ich frage die österrei­chische Bundesregierung – und das ist der Schlusssatz –: Wann werden Sie, Herr Staatssekretär, wann werden Sie, Frau Bundesministerin, die Vertretung unserer natio­nalen Minderheiten im Ausland genauso dynamisch angehen, wie das etwa die unga­rische Regierung seit Jahrzehnten im Falle von Rumänien, aber auch im Falle der Slowakei tut? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Sie möchten gerne 5 Minuten sprechen. – Bitte.


20.28.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Wenn Sie wollen, auch etwas kürzer, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage wurde ja noch von der Regierung Schüssel-Gorbach eingebracht. Das allein wäre ja schon ein Indiz, dass es sich hier um eine gute Vorlage handelt.

Aber nicht das allein ist Grund für unsere Zustimmung – auch nicht, dass in diesem Fall ausnahmsweise eine EU-Vorlage oder ein Beschluss der Europäischen Union nichts Negatives ist, das man als Ausrede gebrauchen sollte, sondern eine sinnvolle


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Maßnahme, um gestiegene Verwaltungskosten in diesem Konsularbereich abzude­cken.

Das Argument der Grünen – das haben wir im Ausschuss schon diskutiert, Frau Kolle­gin Lunacek – ist Folgendes: Ich höre Ihnen nämlich immer sehr genau zu, und wenn Sie etwas Vernünftiges sagen – das kommt auch vor –, dann nehme ich diese Argu­mente natürlich wahr und verwende das auch. Aber in diesem Fall ist es doch etwas merkwürdig, zu argumentieren, dass wegen dieser zirka 30 € Mehraufwand jetzt plötz­lich Hunderte, Tausende Leute nicht mehr nach Österreich kommen können.

Frau Abgeordnete Lunacek, Sie haben dann das alles noch ein bisschen vermengt und haben gesagt, diese Menschen müssen sich anstellen. – Die müssen sich auch anstel­len, wenn das 30 € kostet! (Abg. Mag. Lunacek: Das macht es noch schwieriger!) – Da gebe ich Ihnen recht, dass man gerade beim Westbalkan ein bisschen großzügiger mit der Visapflicht sein könnte. Sie wissen aber ganz genau, dass das in dem Fall wirklich eine EU-Materie ist. Denn umgekehrt hätten wir uns manchmal schon gewünscht, dass man bei manchen Ländern mit der Visapflicht restriktiver ist.

Aber – und das sage ich Ihnen ganz deutlich – wenn jemand sich diese 30 €, einmal zusätzlich für das Visum, nicht leisten kann, dann stellt sich wirklich die Frage: Wie kommt denn der oder die nach Österreich? – Denn das Flugzeug kostet etwas, die Bahn kostet etwas, das Auto kostet etwas; zu Fuß werden die alle ja nicht gehen. (Zwi­schenruf des Abg. Parnigoni.)

Wie verpflegt sich der oder die hier in Österreich? 30 €: Kollege Parnigoni, weißt du, ob das jetzt ein Hotel ist, ob das das Essen ist? – Da kommt er vielleicht einen Tag oder zwei Tage aus. Wovon lebt der oder die hier? – Und wenn der oder die keine 30 € hat, um sich hier zu verpflegen, dann ist die Frage: Wie denn dann?

Frau Kollegin Lunacek, das alles sollte genug sein, um zu sagen: Das kann kein Argu­ment sein, diese Vorlage abzulehnen, sondern im Gegenteil, es ist vernünftig, dass erhöhter Verwaltungsaufwand auch entsprechend abgegolten werden soll. Deshalb werden wir dieser Vorlage selbstverständlich unsere Zustimmung geben. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

20.31


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staats­sekretär Dr. Winkler. – Bitte.


20.32.01

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde von allen Rednern darauf hingewiesen, dass mit dieser Novelle zum Konsulargebührengesetz europäisches Gemeinschaftsrecht vollzogen wird. Dazu sind wir verpflichtet! Wir haben gar keine andere Wahl, und wir sind – wie bereits erwähnt worden ist – auch schon etwas zu spät dran. Wir haben ein Interesse daran, dass die anderen nicht säumig sind, und daher sollten auch wir nicht weiter säu­mig sein.

Aber ich glaube, man sollte sich schon überlegen, was als Hintergrund in diesem Be­schluss des Rates Allgemeine Angelegenheiten über die Visagebührenerhöhung steckt und wie die Debatte im Rat abgelaufen ist.

Es war die überwiegende Mehrheit im Rat der Auffassung, dass die zweifellos einge­tretenen Erhöhungen des Verwaltungsaufwandes auch finanziell abgegolten werden sollen. Dagegen hat es relativ wenig Widerstand gegeben. Es war Österreich – mit einigen wenigen anderen Staaten –, das darauf hingewiesen hat, dass es gerade jene Staaten treffen würde, mit denen wir als Europäische Union und mit denen Österreich


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ein privilegiertes Verhältnis hat, und die auch zum Gegenstand einer Priorität in der ös­terreichischen Außenpolitik gemacht wurden.

Es hat eines relativ langen Überzeugungsprozesses bedurft, bis sich die anderen Staa­ten damit einverstanden erklärt haben, gewisse Ausnahmen zu machen, und zwar nicht nur Ausnahmen für die Staaten, mit denen bereits Abkommen unterzeichnet oder paraphiert worden sind, sondern auch mit jenen, mit denen Visa-Erleichterungs-Ab­kommen erst abgeschlossen werden sollen. Das sind genau die Staaten des Westbal­kans, also jene Staaten, die auch einen Schwerpunkt in der österreichischen Außen­politik der vorigen Regierung, dieser Regierung und – ich glaube, unbestritten – auch in diesem Hohen Haus darstellen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Daher ist es, glaube ich, zu begrüßen, dass gerade jene Staaten, mit denen wir beson­ders enge Beziehungen haben, von dieser Erhöhung ausgeschlossen sind. Ich kann Frau Abgeordneter Lunacek versichern, dass es das Ziel ist – ich bin kein Prophet, ich kann nicht sagen, ob das sicher der Fall sein wird, aber es ist das Ziel, und Österreich wird sich dafür einsetzen –, dass diese Nicht-Erhöhung, dieser Betrag von 35 €, auch in Zukunft, über das Ende dieses Jahres hinaus, erhalten bleibt.

Österreich hat ja – und da kann ich Herrn Abgeordnetem Großruck gerne versichern, dass sich Österreich selbstverständlich dafür einsetzen wird – jedes Interesse daran, dass gerade mit den Staaten des Westbalkans konkrete Visa-Erleichterungen verein­bart werden. Da geht es schon darum, dass die Verfahren, dass die bürokratischen Voraussetzungen so sind, dass es den Menschen, vor allem den jungen Menschen, einfacher gemacht wird, zu Sichtvermerken zu kommen, damit sie in Europa reisen können. Es ist – da gebe ich Frau Abgeordneter Lunacek sehr recht – erschütternd, dass 70 Prozent etwa der serbischen Bevölkerung noch nie in ihrem Leben im westli­chen Ausland waren.

Ich sage auch eines – die Frau Außenministerin hat das schon bei mehreren Gelegen­heiten gesagt, ich habe das schon öffentlich gesagt –: Zur europäischen Perspektive gehört am Ende des Tages auch die Vision einer allgemeinen Reisefreiheit in diesem größeren europäischen Raum! Das ist derzeit noch nicht realistisch, ich glaube, das müssen wir einfach auch einsehen, das müssen wir uns eingestehen.

Frau Abgeordnete Lunacek, es wurde auch kritisiert, dass die bisher nicht im Gesetz verankerte Einzelprüfung nunmehr weiterhin die Verfahren erschweren wird. Frau Ab­geordnete, das ist nicht der Fall! Es ist zwar richtig, dass es nicht im bisherigen Gesetz enthalten war, aber der bisherige Rechtsbestand der Europäischen Union hat die Visa-Annahmestellen schon bisher veranlasst, hier Einzelprüfungen vorzunehmen. Es wird sich also – das kann ich Ihnen versichern, ich habe mich sehr genau erkundigt – an dieser Praxis überhaupt nichts ändern, was die privilegierten Personengruppen betrifft.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass Österreich auch sehr initiativ und sehr tätig ist, wenn es um die zukünftigen Vereinfachungen, Erleichterungen und auch den Schutz gegen Visa-Missbrauch geht: Dazu gehören auch die – in der Debatte auch schon erwähnten – gemeinsamen Visa-Annahmestellen. Es ist völlig richtig, dass es absurd ist, dass, etwa in Kiew, jede einzelne Botschaft lange Schlangen hat. Manchmal sind die Schlangen ein bisschen kürzer, manchmal ein bisschen länger, je nachdem, wie es sich herumspricht, wer gerade ein Visum etwas schneller erteilt oder wo ein Visum etwas einfacher zu bekommen ist.

Das ist auch im Interesse des Kampfes gegen den Visa-Missbrauch, Herr Abgeordne­ter Heinzl, und ich kann Ihnen versichern, dass viele der Maßnahmen, die im Regie­rungsabkommen angesprochen worden sind, nicht nur in Angriff genommen werden, sondern zum Teil auch schon verwirklicht worden sind. Wir arbeiten sehr ernst daran. Wir haben auch mit dem Vizepräsidenten der Kommission Frattini vereinbart, dass die


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Idee einer allgemeinen Visa-Annahmestelle, einer gemeinsamen Annahmestelle, wei­ter vorangetrieben wird.

Wir verfolgen in der Zwischenzeit diese Idee gemeinsam mit unseren Partnern. Wir machen das mit Ungarn, wir machen das mit Deutschland, wir machen das mit einer Reihe von anderen Staaten. Da versuchen wir jedenfalls, bilateral gemeinsame Visa-Annahmestellen zu organisieren, letztlich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Europas, die mit vollem Recht auch innerhalb Europas reisen wollen.

Ich danke daher für die große Zustimmung in diesem Hohen Haus zur Novelle zum Konsulargebührengesetz. Es ist notwendig. Aber es werden sich für die Reisenden oder die, die willig sind, die sich bemühen, die in Europa reisen wollen, keine Ver­schlechterungen ergeben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

20.37


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abge­ordnete Mag. Hakl. Sie möchte 3 Minuten sprechen. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.37.55

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich fühle mich dazu berufen, ganz kurz noch einmal auf Frau Kollegin Lunacek zu replizieren, da sie dieses Konsulargebührengesetz ein bisschen in das Eck gerückt hat: Na ja, das tun wir jetzt zu Fleiß. De böse Regierung erteilt einfach so Visa für Kin­der nicht mehr bis zwölf Jahre gratis, sondern bis sechs.

Ich möchte schon festhalten, dass Gebühren erstens immer einen Aufwand des Staa­tes decken. Das ist legitim. Diesen Aufwand hatten wir früher nicht, weil die Kinder bis zwölf in die Pässe der Eltern eingetragen werden konnten! Deswegen hatten sie kei­nen eigenen Pass, es war auch kein eigener Visum-Sichtvermerk nötig. Das ist jetzt in der EU nicht mehr zulässig, auch jüngere Kinder müssen einen Pass haben. Das hat zur Folge, dass die Sichtvermerke entsprechend anzubringen sind.

In fast allen der von Ihnen genannten Beispiele sind ja im Wege der Gegenseitigkeit, im Wege der Begünstigung für die Drittstaatsangehörigen, entweder bereits Abkom­men abgeschlossen oder in ganz kurzfristiger Vorbereitung, jeweils auf EU-Ebene und selbstverständlich jeweils von uns unterstützt.

Ich kann also die negativen Auswirkungen nicht sehen, halte es auch für legitim, dass eine Verwaltung mit Gebühren einen Teil des ihr entstandenen Aufwandes deckt – mehr ist es nicht – und freue mich im Besonderen über die Erleichterungen für For­scher, Studierende und die gesamte Wissenschaft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.39


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als vorletzter Redner in der Debatte hat sich Herr Abgeordneter Gahr, auch mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten, zu Wort gemeldet. – Bitte.


20.39.44

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es geht bei dieser An­passung nicht darum, dass wir Ausländer nicht zu uns hereinlassen wollen. Es geht auch nicht darum, dass uns Gäste besuchen – wie Kollegin Lunacek behauptet hat –, und es geht außerdem nicht darum, dass wir das Reisen der Menschen unterbinden wollen, sondern es geht ganz einfach darum, dass wir eine EU-Legislative umsetzen.

Die Verwaltungskosten steigen ja in allen Bereichen, und damit ist es, glaube ich, auch berechtigt und gerechtfertigt, dass es da eine gewisse Anpassung gibt. Die erwarteten


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Geldmittel von 4,7 Millionen € werden natürlich in der Verwaltung eingesetzt und nicht für andere Zwecke verwendet. Es ist daher nicht logisch, dass die Grünen dieser No­velle nicht zustimmen.

Es gibt Ausnahmen im Einzelfall und auch im generellen Fall. Es ist so, dass es meiner Ansicht nach vor allem auch die Gruppen betrifft, die es brauchen: Schüleraustausch-Gruppen, Angehörige von Kriegsopfern in Österreich, Teilnehmer an Sportveranstal­tungen und auch Studierende und Auszubildende.

Diese Gesetzesinitiative muss in allen Schengen-Staaten umgesetzt werden. Öster­reich ist im Verzug, und ich glaube, es geht darum, dass wir heute handeln und uns hier in den europäischen Kontext einklinken. Kostenwahrheit, Kostentransparenz, Kos­tenzumutbarkeit sind auch für uns in der Politik ein Gebot der Stunde. Daher lade ich die Grünen abschließend noch einmal dazu ein, ebenfalls zuzustimmen. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)

20.41


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Murauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


20.41.23

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Präsi­dentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wurde zum Konsulargebührengesetz das meiste gesagt (Abg. Mag. Kogler: Noch nicht von Ihnen!): dass es eine EU-Entschei­dung ist, dass es eine Reihe von Ausnahmen gibt, die sehr, sehr vernünftig sind, dass es nicht nur eine Automatik gibt, sondern dass man schon darüber einen Nachweis er­bringen muss, wer eine entsprechende Ausnahme bekommt.

Interessant ist, dass wir über jährlich 400 000 Visa-Anträge reden: 400 000, meine Damen und Herren, bewältigen unsere Beamten in den Außenministerien, Konsulaten oder Visa-Behörden! Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch ihnen ein Dankeschön sagen.

Dass diese Visa-Ausstellungen, diese Visa-Erteilungen nicht ganz ohne Kontrolle vor sich gehen, dem möchte ich schon das Wort reden: Es ist wichtig, dass kontrolliert wird! Zwar muss man sich dann und wann anstellen, um ein Visum zu bekommen, aber wir hatten durchaus auch Diskussionen in diesem Haus, in denen man bemängelt hat, dass vielleicht zu wenig kontrolliert worden wäre und dass man leichtfertig Visa erteilt hätte. Wir können sicher sein – und wir sollten sicher sein –, dass diese Kontrolle funktioniert und dass man den Missbrauch weitgehend hintanhält.

Ich möchte erwähnen, dass hier die Westbalkan-Länder besonders berücksichtigt wurden. Es war durchaus ein Verdienst unserer beiden Ministerinnen – nämlich der Außenministerin und der damaligen Innenministerin, die leider Gottes so plötzlich verstorben ist –, dass die Sicherheitspartnerschaft mit diesen Länden vereinbart wurde. Diese Sicherheitspartnerschaft hat selbstverständlich auch eine Gegenseite. Wenn wir nämlich besondere Bedingungen haben – und ein Ziel ist die Befreiung von Gebühren, die Befreiung von Visa, die Gewährung von Reisefreiheit für die Europäer –, so bedeutet dies auch ein Rückübernahme-Abkommen betreffend Illegale, Kriminelle, Schlepper und Menschenhändler als Gegenseite, sodass wir in dieser Sicherheitspart­nerschaft auch eine Gegenleistung bekommen.

Noch einmal: Die Visa-Gebühren sind sicher zu Recht erhöht worden. Es ist das Ziel, dass man für die Balkanländer baldigst die Reisefreiheit einführen kann. Österreich wird sich selbstverständlich darum bemühen. Dieser Gesetzesvorlage wollen wir die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.44



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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 11 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dies geschieht wiederum mehr­heitlich. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

20.44.585. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (35 d.B.)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir gehen direkt in die Debatte ein.

Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Lichtenecker das Wort. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.45.28

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist keine zehn Stunden her: Heute haben viele der Rednerinnen und Redner betont, wie wichtig der Klimaschutz ist. Klimaschutz zu realisieren bedeutet immer, zwei Säulen ganz wesentlich zu stär­ken: Das eine sind Energieeffizienz und Energiesparen, das andere ist, den Ökostrom, die erneuerbaren Energien zu forcieren.

Im Jahr 2006 hat eine Novellierung des Ökostromgesetzes stattgefunden, die Riesen-Nachteile genau für diesen wichtigen Zweig mit sich gebracht hat. Die Novellierung, die jetzt anliegt, hat einerseits eine Anpassung in sich, und das andere ist de facto ein Zu­schieben an Geldern, ein Zurücklegen einer Frist, damit eine Kraft-Wärme-Kopplungs­anlage noch hineinkommt, die auf fossilen Energien basiert – was wir prinzipiell nicht für den richtigen energiepolitischen Zugang halten! Das heißt, diese Novellierung wird in dieser Konsequenz selbstverständlich nicht unsere Zustimmung erhalten.

Aber es ist bei diesem Punkt generell zu diskutieren, wie denn Energieversorgung aus­schauen soll. Energieversorgung ist ein wichtiger Bereich für die Wirtschaft – Herr Eder wird das mit Sicherheit auch bestätigen können –, es ist wichtig, versorgt zu sein, si­cher versorgt zu sein, dezentral versorgt zu sein und möglichst autark zu sein. Da spielen natürlich die erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle. Zu investieren in die erneuerbaren Energien bedeutet auch, große Chancen in der Wirtschaft wahrzuneh­men und Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall bei den Grünen.)

Es heißt aber auch, sich von Anbietern unabhängig zu machen, seien es Anbieter von Gas, seien es solche von Öl. Wir haben schon öfters erlebt, was das für die Wirtschaft auch heißen kann. Wenn Sie die Wirtschaftsgeschichte betrachten, insbesondere den Zeitraum der siebziger Jahre, als es eine Ölknappheit und einen unglaublichen Preis-


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anstieg gab, dann sehen Sie, dass das sehr, sehr negative Auswirkungen für die Volkswirtschaft gehabt hat: Preistreiber, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen; das alles ist etwas, was wir nicht wollen.

Daher muss man darauf schauen, im Land versorgt zu sein und die Energieversorgung möglichst auf diese neuen Beine zu stellen, nämlich einerseits die Energieeffizienz voranzutreiben und das Energiesparen zu forcieren, andererseits die erneuerbaren Energien auszubauen. Dazu müssen jedoch die Rahmenbedingungen stimmen.

Eines der wichtigsten Dinge in diesem Bereich ist das Ökostromgesetz. Wir glauben, dass es eine Totalreform braucht, und wir bedauern es sehr, dass es nicht möglich ist, ein Modell nach deutschem Vorbild in Österreich zu realisieren. Das deutsche Erneuer­bare-Energie-Gesetz war sehr erfolgreich, so erfolgreich, dass es bereits 42 Länder kopiert haben, zuletzt zum Beispiel Länder wie Indien und China. Besonders positiv ist, dass damit auch 200 000 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das ist eine hervorragende Geschichte, womit ganz klar ist, dass man mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreibt! (Beifall bei den Grünen.)

Eine Totalreform des Ökostromgesetzes braucht unserer Meinung nach eine Pla­nungs- und Investitionssicherheit für diese Unternehmungen. Das bedeutet Abnahme­sicherheit, das heißt eine Verlängerung der Förderdauer, das heißt, Einspeisetarife zu erhöhen und natürlich auch entsprechend dem technologischen Fortschritt anzupas­sen. Das sind viele Punkte, die wir leider vermissen, aber die wir nicht müde werden, weiter voranzutreiben und zu fordern.

Es ist auch bedauerlich, dass weder die ÖVP noch die SPÖ die großen Chancen sieht, die in den erneuerbaren Energien liegen. Im Gegenteil, es wird eine Klimaanpassungs­strategie erarbeitet, die vorsieht, dass man die Auslandsprojekte, diese JI/CDM-Pro­jekte, massiv ausdehnt und da auch die Ressourcen bindet.

Wenn Sie sich die Projekte anschauen, was denn das ist, dann sind das etwa Wind­parks in China oder Wasserkraftanlagen in Neuseeland. Da stellt sich schon die Frage, wenn immer wieder auch vom Thema internationale Solidarität gesprochen wird – China ist auf dem besten Wege, die Wirtschaftsmacht zu werden, Neuseeland hat europäischen Standard –: Warum das Engagement dort? Warum nicht hergehen und hier investieren?

Inzwischen sind es über 280 Millionen €, die in diesen Bereich fließen. Wir glauben, dass es gescheit ist, diese Wertschöpfung in Österreich zu belassen und hier Arbeits­plätze zu schaffen. Dieser Meinung sind auch Mandatare der SPÖ in dieser Form gewesen, etwa Ulli Sima, Wiener SPÖ-Umweltstadträtin, im „Standard“: „Allerdings hat die österreichische Wirtschaft viel mehr davon, wenn man für den Klimaschutz im In­land investiert“, kann man sie zitieren. Oder Petra Bayr in einer APA-Aussendung vom 19. Februar: „‚Klimastrategie muss Zähne haben‘ – bei Klima-Initiativen Wertschöpfung im Inland im Vordergrund“.

Hier stellt sich die Frage: Warum die eine Meinung haben und dann anders handeln? – Deswegen machen wir Ihnen eine Option auf und stellen heute folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend einer wirksamen neuen österreichischen Klimastrategie

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, den vorliegenden Entwurf für eine österreichische Klimastrategie dahin-


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gehend zu überarbeiten, dass neben dem vollen Einsatz für weitreichende Ziele auf EU-Ebene Klimaschutzmaßnahmen im Inland weiter ausgebaut werden und der Zu­kauf von CO2-Zertifikaten aus dem Ausland nicht, wie im Entwurf vorgesehen, weiter ausgeweitet wird. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die großen Chancen von Klimaschutzmaßnahmen für den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Österreich optimal genutzt werden.

*****

Meine Damen und Herren, im Sinne des Klimaschutzes, der Wirtschaft und des Schaf­fens von Arbeitsplätzen ersuche ich Sie, diesem Antrag in dieser Form zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.52


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Antrag der Abgeordneten Dr. Ru­perta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen ist ordnungsgemäß eingebracht, ausrei­chend unterstützt und steht daher mit zur Behandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Drin Ruperta Lichtenecker, Drin Eva Glawischnig-Piesczek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend einer wirksamen neuen österreichischen Klimastrategie, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (35 d.B.)

„Wer jetzt nicht handelt, geht als verantwortungslos in die Geschichtsbücher ein.“(Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms; Kurier, 17.2.2007)

Der Entwurf für eine neue österreichische Klimastrategie sieht vor, den Zukauf von CO2-Zertifikaten aus dem Ausland deutlich zu erhöhen und gleichzeitig die Treibhaus­gasemissionen in Österreich im Vergleich zur Klimastrategie aus dem Jahr 2002 deut­lich weniger zu reduzieren. Konkret soll nun zugelassen werden, dass in Österreich 5,4 Millionen Tonnen Treibhausgase mehr in die Luft geblasen werden, als dies noch in der Klimastrategie aus 2002 vorgesehen war. Der Betrag, der über die flexiblen Mechanismen Joint Implementation/Clean Development Mechanism (JI/CDM) aus dem Ausland zugekauft werden soll, wird im Entwurf für eine neue Klimastrategie des BMLFUW auf neun Millionen Tonnen erhöht. In der bisherigen Klimastrategie aus dem Jahr 2002 waren es noch 3,6 Millionen Tonnen gewesen.

Obwohl der Zukauf von CO2-Zertifikaten aus Auslandsprojekten zur Reduktion der glo­balen Treibhausgasemissionen beiträgt, hat diese Strategie doch entscheidende Nach­teile: Die bisherigen Erfahrungen belegen, dass österreichische Firmen bei Auslands­projekten kaum zum Zug kommen. Im Gegensatz zu Klimaschutzmaßnahmen im In­land werden durch das Zukaufen von CO2-Zertifikaten aus dem Ausland im Ausmaß von geplanten 280 Mio. Euro keine Arbeitsplätze im Inland und keine heimische Wert­schöpfung geschaffen.

Die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in Inland hat zudem den Vorteil, dass dadurch ein starker Heim-Markt für Klimaschutztechnologie „Made in Austria“ geschaf­fen werden kann, der die Voraussetzung für Exporterfolge österreichischer Unterneh-


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men ist. Fließt das Geld ins Ausland, können die dafür notwendigen Innovationen nicht Platz greifen.

Weiterer Pluspunkt  beim Erledigen der Klimaschutz-Hausaufgaben im Inland ist die Reduktion der Abhängigkeit von Energieimporten: Der Schlüssel für erfolgreichen Kli­maschutz liegt im Umbau unseres Energieversorgungssystems. Fossile Energieträger werden schrittweise durch erneuerbare Energien ersetzt, die vorhandenen großen Energiesparpotenziale durch Effizienztechnologien genutzt. An diesem Weg führt – auch auf Grund der knapper und teurer werdenden Öl- und Gasvorräte mittelfristig kein Weg vorbei. Jene Gelder, die in ausländische Klimaschutzmaßmaßnahmen investiert werden, fehlen daher für den Umbau unseres Energiesystems im Inland. Da der Klima­schutz zudem nicht mit dem Ende der Kyoto-Phase im Jahr 2012 enden wird, sondern ein Nachfolgeabkommen vereinbart werden muss, stellt sich die Frage, ob Österreich bis zum St. Nimmerleinstag hunderte Millionen für den Zukauf von CO2-Zertifikaten ausgeben will. Eine konsequente Klimaschutzpolitik im Inland würde einen Zukauf nach 2012 nicht erforderlich machen.

Die Strategie des Umweltminister, den Zukauf von CO2-Zertifikaten aus dem Ausland deutlich zu erhöhen, ist daher auch energie- und wirtschaftspolitisch grundfalsch.

Richtigerweise haben das auch VertreterInnen der SPÖ erkannt:

„Für die SPÖ ist Klimaschutz tatsächlich ein wesentliches Anliegen." (SPÖ-Bundesge­schäftsführer Josef Kalina, APA-OTS, 20.2.2007)

„280 Millionen Euro, was man da alles machen könnte!“ (Ulli Sima, Wiener SPÖ-Um­weltstadträtin, Der Standard, 20.2.2007).

Allerdings hat die österreichische Wirtschaft viel mehr davon, wenn man für den Klima­schutz im Inland investiert.“ (Ulli Sima, Wiener SPÖ-Umweltstadträtin, Der Standard, 20.2.2007)

„Ohne massiven Ausbau der erneuerbaren Energien werden die Klimaziele weder bis 2012 noch danach erreichbar sein.“ (SPÖ-Umweltsprecherin Petra Bayr, APA-OTS, 19.2.2007)

„Klimastrategie muss Zähne haben. Bei Klima-Initiativen Wertschöpfung im Inland im Vordergrund“ (SPÖ-Umweltsprecherin Petra Bayr, APA-OTS, 19.2.2007)

Der vorliegende Entwurf für eine neue Klimastrategie ist zahnlos und setzt die falschen Prioritäten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, den vorliegenden Entwurf für eine österreichische Klimastrategie dahin­gehend zu überarbeiten, dass neben dem vollen Einsatz für weitreichende Ziele auf EU-Ebene Klimaschutzmaßnahmen im Inland weiter ausgebaut werden und der Zu­kauf von CO2-Zertifikaten aus dem Ausland nicht, wie im Entwurf vorgesehen, weiter ausgeweitet wird. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die großen Chancen von Klimaschutzmaßnahmen für den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Österreich optimal genutzt werden.

*****



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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. Er möchte gerne 4 Minuten zum Thema Ökostrom sprechen. – Bitte.


20.52.49

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Ökostromförderung in Österreich, die wir vor über fünf Jahren auf Bundesebene vereinheitlicht haben, ist eine einzige Erfolgsgeschichte! Wir haben mit dem Ökostromgesetz 2002, mit dem wir uns das – aus heutiger Sicht – beschei­dene Ziel gesteckt haben, 4 Prozent des Stroms – natürlich abgesehen von der Was­serkraft (Abg. Mag. Kogler: Wie erklären Sie, dass in Vorarlberg ...?) – aus erneuer­baren Energieträgern zu produzieren, bereits damals dieses Ziel weit übertroffen und sind bei 7 Prozent Ökostrom gelandet. Dafür haben wir auch einiges Geld in die Hand genommen, nämlich konkret Förderzusagen über die gesamte Laufzeit von 3 Milliar­den € gemacht.

Wir haben durch dieses frühzeitige Ausschöpfen oder Erreichen des Zieles im Jah­re 2006 eine Novellierung vorgenommen – vornehmen müssen! –, weil das frühzeitige Erreichen des Zieles die Zuschlagsverordnung für den Herrn Minister nicht verlänger­bar gemacht hat. Wir haben ihm mit der Novelle 2006 die Grundlage für eine neuer­liche Förderung gegeben.

Mit diesem Gesetz werden wir 10 Prozent Ökostrom erreichen und diesen 3 Milliar­den € an Fördervolumen zusätzlich 1 Milliarde € hinzufügen. Wir kommen also in Sum­me auf ein Fördervolumen von über 4 Milliarden €!

Frau Kollegin Lichtenecker, wenn Sie das mit den 280 Millionen für Maßnahmen im Ausland, die Sie erwähnt haben, vergleichen: Ich spreche hier von 4 Milliarden, die wir für den Ökostrom schon fixiert und zugesagt haben! (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist auch gut so!) Ich denke, um unsere Klimaziele zu erreichen, werden wir beides tun müssen: Wir werden sinnvolle Projekte im Ausland genauso unterstützen müssen, wie wir über die Umweltförderung – die kommt ja noch dazu, die ist hier noch gar nicht dabei! – Projekte im Inland und auch Ökostrom fördern. Wenn Sie den Betrag, den wir bisher für das JI/CDM-Programm verwendet haben, und das, was wir hier, in diesem großzügigen Volumen, bereits zugesagt haben, in Relation setzen, dann steht das, denke ich, in einer äußerst vernünftigen Relation zueinander.

Aber es sei hier eines dazugesagt, liebe Frau Lichtenecker: Sie haben damals zu den 3 Milliarden für die Ökostromförderung nein gesagt. (Abg. Dr. Lichtenecker: Ich noch nicht!) Sie sind inzwischen so weit, dass Sie das Ökostromgesetz 2002 sehr loben, obwohl Sie es damals abgelehnt haben. (Zwischenruf der Abg. Sburny.) Sie haben zu der 1 Milliarde zusätzlich im letzten Jahr wieder nein gesagt (Abg. Mag. Kogler: Da können Sie ermessen, wie schlecht das jetzige ist!); da haben Sie wieder nein gesagt. Wenn man dem folgt, wie Ihre Lernkurve ist, dann nehme ich an, dass Sie in zwei, drei Jahren die Novelle 2006 im Nachhinein wieder besonders loben werden; das ist eine zulässige Schlussfolgerung. (Abg. Dr. Lichtenecker: Wenn Sie es weiter verschlech­tern, kann das schon sein!)

Was wir heute tun, ist, zwei Fehler in der Rechtskonstruktion zu korrigieren. Würden wir das nicht tun, dann wäre die Ökostrom AG nicht in der Lage, ihre Förderungen aus­zuzahlen. Sie sagen wieder nein dazu! Sie sagen nein zu den 3 Milliarden, Sie sagen nein zu der 1 Milliarde, Sie sagen jetzt nein zur Reparatur, ohne die wir an die Förder­werber gar nicht auszahlen könnten. Ich kann Sie also wirklich nicht verstehen! Eine Erfolgsgeschichte der Ökostromförderung, und Ihnen fällt dazu nichts anderes ein als: nein. – Schade! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kurt Eder. – Abg. Dr. Lichten­ecker: Das ist ja keine Erfolgsgeschichte!)

20.56



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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Themessl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.


20.56.57

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Dem Kollegen Karlheinz Kopf möchte ich sagen: Wenn das Ökostromgesetz aus dem Jahre 2002 so gut war, dass Sie bereits ein Jahr vor Ihrer selbstgesetzten Frist diese Ziele erreicht hatten, dann frage ich mich, warum Sie es letztes Jahr mit der neuen Gesetzesnovelle dras­tisch verschlechtert haben.

Jetzt ist es zu einem Gesetz geworden, über das einer Ihrer honorigen Parteikollegen – niemand anderer als der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler, in der Zwischenzeit Präsident des Ökosozialen Forums – in einer Aussendung der „Tiroler Tageszeitung“ auf die Frage, ob er das österreichische Ökostromgesetz für eine intelligente Lösung gehalten habe, ganz klar geantwortet hat: Das ist die „Perversion“ dessen, was es eigentlich erreichen sollte.

Das sagt ja sehr viel aus, weil es ein Mann wie Dr. Franz Fischler sagt, der fünf Jahre Landwirtschaftsminister und zehn Jahre EU-Kommissar war und sich unter anderem auch mit solchen Themen sehr intensiv beschäftigt hat. Das ist ja wohl aussagekräftig, und ich glaube, das sagt genug!

Franz Fischler geht aber noch viel weiter: Er sagt nämlich nicht nur, dass es eine „Per­version dessen ist, worum es geht“, sondern er sagt auch dazu: Im Rahmen des Öko­stromgesetzes „werden Wärmekraft-Kupplungen gefördert, die mit Erdgas betrieben werden“. Wenn man das Ökostromgesetz ändern will, dann muss man auch hier die Hebel ansetzen.

Das ist genau der Kritikpunkt, den wir Freiheitliche haben. Denn in einem Ökostromge­setz – die Betonung liegt auf „Ökostrom“! – kann es nicht sein, dass wir Gaskraftwerke fördern! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Schauen Sie, Herr Kollege Kopf, das ist ja genau der Punkt: Es handelt sich hier ganz klar um eine Anlassgesetzgebung. Zu der Ansicht kommt übrigens auch Ihr Parteikol­lege Franz Fischler, da er in einer APA-Aussendung vom 27. Feber ganz klar festhält: „Es geht nicht, dass ein Gesetz nur deswegen geändert wird, da ein Gaskraftwerk zu früh gebaut wurde und daher nicht in das Förderregime fällt.“

Fischler wendet sich ganz klar gegen eine so genannte Anlassgesetzgebung.

Und nichts anderes war es auch, wenn Sie sich erinnern: Im Jahr 2006, als Sie dieses Gesetz mit einer Novelle berichtigt haben, war es ein Deal zwischen Ihnen und der SPÖ, dass man dem Wiener Bürgermeister Millionen an Förderung für dieses Gas­kraftwerk Simmering zukommen lassen wollte. Sie haben ja damals die SPÖ ge­braucht, um eine Zweidrittelmehrheit für diese Gesetzesnovelle im Parlament zu be­kommen. Genau das war der Anlass, und das ist mit ein Grund, warum wir hier heute Ihren Antrag ablehnen. Ich habe Ihnen das auch schon im Ausschuss dementspre­chend gesagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Interessanterweise ist es ja so, dass eigentlich nur die ÖVP – und vor allem der Kol­lege und Energiesprecher Karlheinz Kopf – das vorliegende Ökostromgesetz für gut hält. Im Unterausschuss war klar, dass die Grünen, aus ähnlichen Gründen wie wir, das Ökostromgesetz ablehnen, weil es einer grundlegenden Änderung bedarf. Das heißt, das Ökostromgesetz muss grundlegend geändert werden.

Auch die SPÖ vertrat, wie ich mich erinnern kann, diese Auffassung. Herr Kollege Bauer hat gesagt: Wir müssen das Ökostromgesetz ändern, der Zeitpunkt ist aber der


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falsche. – Mir ist schon klar, dass jetzt der Zeitpunkt falsch ist. Man könnte das Kraft­werk Wien-Simmering nicht fördern, wenn man jetzt keine Änderung vornimmt, aber für eine grundlegende Änderung – da gebe ich ihm auch Recht – ist der Zeitpunkt tatsäch­lich falsch, denn jeder Tag, den wir verstreichen lassen, um eine grundsätzliche Ände­rung dieses Gesetzes anzugehen, ist ein verlorener Tag. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich mir das Verhalten der Kollegen aus der SPÖ ansehe, dann fällt mir ein Spruch von Karl Valentin ein, der einmal gesagt hat: „Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.“ (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Herr Kollege Krainer, Sie haben erwähnt, dass das Gaskraftwerk Simmering eines der effizientesten ist. – Da gebe ich Ihnen Recht, aber bei einem Ökostromgesetz hat das nichts verloren!

Wir haben europaweit eines der schlechtesten Ökostromgesetze. Das wird uns im na­hen und fernen Ausland immer wieder bestätigt. Das ist ein klarer Fall. Und wenn Sie schon der Meinung sind, dass man das Ökostromgesetz grundlegend ändern sollte, dann hätten Sie ja die Möglichkeit gehabt, mit den Grünen und mit den Freiheitlichen eine Änderung herbeizuführen! Das hätten wir uns gewünscht!

Klar ist, dass es sich bei der Änderung des bestehenden Ökostromgesetzes um eine reine Anlassgesetzgebung handelt. Das bestätigen viele Aussagen von Fachleuten. Abgesehen davon sind zwei formale Änderungen enthalten, damit das der Bundesmi­nister auch dementsprechend verfügen kann. – Es gibt also zwei kleine formale Ände­rungen. Grundsätzlich ist aber klipp und klar, dass es sich hier um Anlassgesetzge­bung handelt, und diese ist in diesem Hause abzulehnen.

Ich sage Ihnen: Der Parlamentarismus hier in diesem Hause wird schwer darunter lei­den, wenn in Zukunft die ÖVP mit der SPÖ bei jedem Anlass mit einer satten Zweidrit­telmehrheit Gesetzesänderungen beschließt, nur weil eben ein Anlass gegeben ist. Soll das der lebendige Parlamentarismus im Hohen Hause sein, wenn ihr uns gar nicht mehr braucht und die Tatsache, dass irgendwo in einem Gesetz etwas nicht passt, stets als Anlass genommen wird, hier eine Gesetzesänderung mit Zweidrittelmehrheit vorzunehmen? Auf diese Weise ist jede Novelle durchsetzbar. – Zu diesem lebendigen Parlamentarismus sage ich nur: Nein danke! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Da hätten Sie die Koalition verbieten müssen!) – Nein! Ich muss keine Koalition verbieten. Aber Sie könnten ja einmal nachdenken!

Herr Minister, das ist ein Ökostromgesetz, das absolut nichts hergibt, wenn damit Gas­kraftwerke gefördert werden und gefördert wird, dass weiterhin fossile Rohstoffe ver­brannt werden. Dieses Ökostromgesetz wird aber in Millionenhöhe gefördert, um einen Wiener Bürgermeister und in der Zwischenzeit SPÖ-ÖVP-Koalitionsfreund zu beglü­cken. Das kann es ja wohl nicht sein! Ich sehe schwarz für die Gesetzgebung in die­sem Haus, wenn aus gegebenen Anlässen immer wieder Gesetze geändert werden. Das ist schade! Dafür stehen wir nicht! Dafür sind wir nicht zu haben, und aus diesem Grund werden wir die heutige Änderung ganz vehement ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

21.03


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurt Eder. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


21.03.59

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Themessl, wenn Sie den Begriff „Anlass“ hier so sehr betonen, dann müssten Sie, glaube ich, wissen, dass


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es in diesem Haus schon sehr oft Anlässe gegeben hat. (Abg. Mag. Kogler: Es gibt aber immer nur schlechte Anlässe!) Viele Jahre zurück, als es immer wieder auf Grund gewisser Anlässe gesetzliche Korrekturen gab, war das auch von der Freiheitlichen Partei oder auch von anderen Fraktionen sehr häufig verlangt worden.

Wenn man jetzt gar so darauf herumreitet, dass hier ein Gaskraftwerk gefördert wer­den soll, dann sage ich: Das ist blanker Unsinn! Es wird nämlich kein Gaskraftwerk ge­fördert, sondern es wird Fernwärme gefördert. Es werden alle Energien, die man nutzen kann – und das muss man in der heutigen Situation ganz einfach tun –, insofern gefördert, als das wirtschaftlich mit Fernwärmeleitungen möglich ist. Wenn man diese Dinge nämlich nicht fördert, dann wird die Wärme nicht verwendet und verpufft in die Luft und dann hat man überhaupt einen ganz schlechten Wirkungsgrad. Daher halte ich diese Sache gerade in einem Ballungszentrum wie Wien, wo Tausende und Hun­derttausende Menschen mittlerweile durch Fernwärme versorgt werden, für ausge­zeichnet. Wir sparen uns Ölöfen und Kohleöfen und somit viele Tonnen Emissionen. Wenn man das tut, geht es, wie ich meine, gar nicht um eine grundsätzliche Frage.

Konkret geht es hier darum, dass in den langen Verhandlungen zu diesem Gesetz, die zwischen allen Fraktionen hier im Haus stattgefunden haben, immer vorgesehen war, dass Fernwärme auch in Auskopplungsform mit gefördert werden soll. Allerdings ist dann ein Fehler bei der Gesetzesschreibung unterlaufen, weshalb dieses Datum nun­mehr korrigiert wird.

Ich war vergangenen Montag bei einer Veranstaltung in Ybbs, bei der eine Reihe von Interessenten und aktiven Leuten, die im gesamten alternativen Energiebereich zu tun haben – Vertreter von Windenergie, Voltaik, Hackschnitzel-Projekten, Kleinwasserkraft et cetera –, anwesend war. Als ich mir die Meinungen angehört hatte, bin ich nach etwa einer Stunde des Zuhörens draufgekommen, dass es bei vielem gar nicht so sehr um die Umwelt geht. Vielmehr gewann ich den Eindruck, dass jeder möglichst viel Geld aus irgendwelchen Fördertöpfen, die irgendwo aufgemacht werden, haben möchte; und die Begehrlichkeit nach dem 500 Millionen-Topf, der nicht einmal noch gegründet wurde und von dem man noch nicht einmal weiß, wie das funktionieren soll, war dort schon sehr groß!

Wenn man hier – wie auch Frau Kollegin Dr. Lichtenecker – kritisiert, dass es hier nur um Zuschieben von Geld in die eine oder andere Richtung geht, dann möchte ich fest­halten, dass man in diesem Zusammenhang auch von einer gewissen Wirtschaftlich­keit und Effizienz sprechen muss. Wenn man weiß, dass all diese alternativen Ener­gien – vor allem Hackschnitzel, Verstromung und ähnliche Techniken – sich überhaupt erst dann vielleicht rechnen würden, wenn der Preis für eine Tonne Rohöl bei 120 oder 130 Dollar liegt, und die Differenz zwischen 60 Dollar und dem Betrag, der heute auf dem Weltmarkt vorhanden ist, gefördert werden muss, dann muss man sich doch überlegen, wie wirtschaftlich diese Alternativen sind und ob man nicht mehr Geld in Forschung stecken sollte, um mehr Effizienz aus diesen alternativen erneuerbaren Energien herauszuholen, als das derzeit der Fall ist.

Ich glaube, dass man jetzt, ohne diese Technologien weiterzuentwickeln und in die Breite zu fördern, möglichst viele Bevölkerungskreise, die auf diesem Gebiet momen­tan Geld verdienen wollen, mitfördern will. Gerade die Windenergie war ein typisches Beispiel für den Fall, dass die Novelle nicht gekommen wäre. Natürlich ist es der Wunsch aller Investoren in der Windenergie, möglichst 20 bis 25 Jahre lang einen bestimmten verzinsten Anteil des eingesetzten Kapitals möglichst in einer Größenord­nung von 12 bis 13 Prozent zu erhalten. Wenn das dann gekürzt wird, weil es einfach zu viel ist, dann kommen der große Aufschrei und die große Ökologiedebatte.


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Ich meine daher, dass wir dem heute von den Abgeordneten Kopf und Eder gestellten Antrag die Zustimmung geben sollen, allein schon aus dem Grund, damit die OeMAG wieder ihre Gelder auszahlen kann. Es gab diesbezüglich eine Verfassungsgerichts­hofsbeschwerde, die dazu geführt hat, dass nunmehr eine Korrektur formaler Art vor­genommen wird. Ich glaube, dass man dem ohne weiteres die Zustimmung geben soll, stehe aber nicht an, auch zu sagen, dass man den Antrag, den die Grünen heute hier eingebracht haben, ebenfalls ernst nehmen und diskutieren muss. Auch wir werden in weiterer Folge im Hinblick auf diese Thematik weiterhin gesprächsbereit sein. Ich meine aber, man sollte ein Gesetz, das drei Monate alt ist, etwas länger anschauen und evaluieren, dann aber sehr wohl noch einmal darüber reden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.08


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich erteile nun Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Zwischen­ruf des Abg. Murauer.)


21.09.08

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Ich bitte darum, keine Zustände wie im Ausschuss einreißen zu lassen! (Abg. Murauer: Dort sind Sie uns eh nicht abgegangen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen von der ÖVP: Wenn Sie überall so fuhrwerken und wirtschaften wie bei der „Eurofighterei“, dann könnte man unter Abstrich aller sonstigen Taxen hier noch von einer verhältnismäßigen Erfolgsgeschichte sprechen! (Heiterkeit bei den Grü­nen.) Herr Kollege Kopf, in diesem Punkt könnten Sie wirklich einmal kurz Recht ge­habt haben! So viel Schaden ist nämlich mit diesem Gesetz nun tatsächlich nicht ange­richtet worden wie mit dem, womit sich Herr Murauer mit seinem seltsamen Zwischen­ruf gerade selbst wieder aufgeweckt hat.

Gehen wir jetzt aber einmal ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Man will mich an einer ernsthaften Behandlung dieses Themas hindern. Herr Bundesminister, Sie haben wirklich ein Gfrett mit der Fraktion! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Sie werden das auch noch im Eurofighter-Ausschuss erleben, wenn wir über die Ge­gengeschäfte sprechen werden. Dort ist Ihnen das Lachen aber ohnehin schon wieder dreimal vergangen, und Sie werden wieder den Millionen nachplärren, von denen wir nachgewiesen haben, dass Sie sie sich von der Eurofighter GmbH unter dem Hintern wegklauen lassen haben! (Zwischenruf des Abg. Gahr.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Wirtschaftskompetenz der ÖVP gibt möglicherweise wirklich zur Erheiterung An­lass. Trotzdem ist das aber eine ernste Sache, denn immerhin schaffen Sie es mit Ihrer Propaganda, dass Ihnen noch genug Leute auf den Leim gehen. Das muss man auch eingestehen: Sie haben immer noch 35 Prozent, das ist nicht zu leugnen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir werden uns bemühen! Wenn noch mehr Leute wie Herr Missethon in der Partei­zentrale Hand anlegen, dann werden wir uns immer weiter annähern. Das ist ja ein net­ter Zug von Ihnen. Wir werden es gemeinsam von der Steiermark aus betreiben, dass wir das nächste Mal jeweils 20 Prozent der Stimmen haben. Weiter so, ich ermutige Sie auf diesem Weg! (Abg. Dr. Brinek: Was hat das mit dem Ökostrom zu tun?)

Das Ökostromgesetz hat insofern mit dieser Sache zu tun, als jenen Gruppen, denen es wirklich ein Anliegen ist, etwas zu ändern – gemessen durchaus auch an der globa­len Gefahrenlage und an den Handlungsmöglichkeiten in Österreich –, diese Schein­heiligkeit Ihrer Fraktion auch in der Wirtschafts- und Energiepolitik schon längst auf die


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Nerven geht! Dafür gibt es genug Zeugen. Das ist ein Markenzeichen der ÖVP auch in der Wirtschaftspolitik. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Herr Kollege Kopf, hier gilt genau das Gleiche! (Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Ich habe eh nicht Sie angeschaut! Das hat nichts mit der Brauerei Grieskirchen zu tun. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Herr Kollege, kommen Sie heraus! Bringen Sie Ihren Vierzeiler! Die Präsidentin hat Sie darum gebeten. Sie wollten einen „uncharakterhaften“ Vierzeiler vorbringen. (Abg. Großruck: Das tue ich nicht, denn ich habe Charakter!)

Herr Kollege Kopf! Ich sage Ihnen jedenfalls: Bevor Sie Ihr Loblied auf diese Erfolgsge­schichte singen, hätte ein nüchterner Blick in die Statistik genügt: 1997 war der Anteil erneuerbarer Energien an Stromumwandlung, -erzeugung und -gewinnung wesentlich höherer als 2005. (Abg. Kopf: Und warum?) Allein das müsste in einem Land, in dem Wasserkraft von vornherein einen derart hohen Anteil hat, schon zu denken geben! Aber davor verschließen Sie die Augen. Das ist Ihnen Wurscht! Sie predigen Wirt­schaftskompetenz, fahren dann aber eine Wirtschaftspolitik in der Energiefrage, die einfach nicht hält. So haben Sie sich das Problem eingebrockt, das sie dann gemein­sam mit der SPÖ mit dieser Anlassgesetzgebung betreffend Simmering ausgeschnapst haben. – Ich greife nur mehr ein paar einzelne Punkte heraus.

Natürlich ist Kraft-Wärme-Kopplung besser als keine, aber der Rohstoff, den Sie hin­einfüttern, ist nun eben einmal ein fossiler. Das können Sie nicht leugnen! Und diese ganze Gassache hat eine Dramatik, die Sie nicht erkennen wollen. Herr Bundesminis­ter! Das beginnt bei der völlig überzogenen Bewertung des Projektes Nabucco. Das beginnt dort, wo Sie das letzte Mal gescheitert sind. Ich bin nur gespannt, wie sich die Kollegen von den Sozialdemokraten bei diesem Anlauf zur Verbundfusionierung mit der OMV verhalten werden. Es soll nun das überständige Geld, das in der Energiewirt­schaft durchaus vorhanden ist, für Großprojekte verwendet werden, um einen Schnitt zu machen. Okay! Das ist betriebswirtschaftlich rentabel. Aber es muss uns doch längst darum gehen, dass wir die erneuerbaren Energieträger und die diesbezüglichen heimischen Ressourcen wirklich so weit nutzen, dass die Wirtschaftskreisläufe auch im Finanziellen geschlossen bleiben. Jeder Euro, der in diesem Bereich ausgegeben wird, ist eben nun einmal von der Multiplikatorwirkung her besser investiert, als wenn er in den Export geht.

Erklären Sie uns doch einmal, wo Sie jetzt in Österreich noch die großartigen Gas­quellen gefunden haben und was daran erneuerbar sein soll! Sie sagen – wenn Sie überhaupt etwas dazu gesagt haben –, dass das mit dem Ökostromgesetz nichts zu tun hat. Wir meinen, dass es sehr viel damit zu tun hat.

Herr Minister, wenn jetzt in eine 800-MW-Anlage in einem Gaskraftwerk ausgerechnet in der Umgebung von Graz investiert werden soll, wo eine minimale Kraft-Wärme-Kopplung möglich ist, weil die Abwärme, die dort produziert wird, gar nicht an die Haushalte gebracht werden kann, für diesen Teil aber immer noch Ökostrom kassiert wird, dann sieht man, wie absurd das Ganze ist! Bei 800-MW-Gas benötigt man überall Gasleitungen quer durch die Länder. Wissen Sie, was Sie damit machen? – Damit zer­stören Sie die Chancen für diejenigen, die jetzt privat in den Haushalten, aber auch in den Firmen in die Nutzung erneuerbarer Energie mit der entsprechenden Kesseltech­nologie investieren wollen! (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Herr Kollege Grillitsch, Sie können sich jetzt ruhig hier herstellen und witzeln, aber: Sie wissen ganz genau, welche Wirtschaftsquelle die Ökowirtschaft in der Steiermark ist. (Abg. Grillitsch: Die Ökoenergie!) Sie plakatieren ja mittlerweile schon damit! Argu­mentieren Sie doch nicht immer so doppelbödig! – Aber ich weiß: Das ist eine Spezia­lität von euch.


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Ein Letztes: Es ist offensichtlich nicht bis zur ÖVP vorgedrungen, dass Marktwirtschaft etwas mit Kostenwahrheit zu tun hat. Nur dann kann dieses System überhaupt ver­nünftige Ergebnisse bringen. Dazu bekennen wir uns im Wesentlichen gemeinsam. Die Nutzung von Ökostrom-Energie bietet eine Möglichkeit, um eklatante Kostenverzerrun­gen zu korrigieren. Das gilt insbesondere natürlich auch für das Instrument einer Öko­steuer. Da wir Letztere jedoch nicht haben, ist das zumindest ein sinnvolles Instrument. Sie drücken das aber auf ein Niveau, das den Namen nicht mehr wert ist! Deshalb ist das keine Erfolgsgeschichte, und wenn es jemals eine war, dann schicken Sie sich jetzt an, diesen kleinen Teilerfolg im Nachhinein noch umzubringen. Das ist keine be­sondere Leistung, entspricht aber Ihrer Philosophie. (Beifall bei den Grünen.)

21.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schalle. Sie möchten die Uhr auf 5 Minuten eingestellt haben. – Bitte.


21.17.07

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte vorausschicken, dass wir den im Antrag der Kollegen Kopf und Eder angeführten Abänderungspunkten zustimmen werden. Wir vom BZÖ sind sehr stolz darauf, dass wir als damalige Regierungspartei zum Zustandekommen des Öko­stromgesetzes in seiner jetzigen Form maßgeblich beigetragen haben. Es ist uns aber auch klar, dass es bei allen textlichen Formulierungen wahrscheinlich immer noch eine exaktere Textierung geben kann und geben müssen wird. Es soll niemand durch unge­naue Formulierungen benachteiligt werden.

Ich komme selbst aus der Wirtschaft und weiß, dass man sich auf Gesetze verlassen können muss. Gerade das Ökostromgesetz, das mit so heiklen Materien wie dem Kli­mawandel und dem Klimaschutz im Zusammenhang steht und somit gleichsam Basis­charakter hat, braucht wahrscheinlich noch viele Novellierungen. – Wir stehen für wei­tere eventuell geplante Novellierungen des Gesetzes nur dann zur Verfügung, wenn sie der Erreichung des Kyoto-Zieles entsprechen. Unsere Prämisse dabei lautet: För­dern von erneuerbarer Energie und Eindämmen von fossilen Brenn- und Energiestof­fen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit der letzten Kampagne im Fernsehen zum Thema Klimawandel sind die Menschen in diesem Land besonders hellhörig ge­worden. An mich wird öfters die Frage herangetragen: Was wird nun geschehen? Lei­der ist Herr Minister Pröll heute nicht da, dass ich ihn fragen kann! (Abg. Dr. Fekter: Der Wirtschaftsminister ist hier!) – Der Herr Wirtschaftsminister ist nicht ganz zuständig dafür. (Abg. Dr. Lichtenecker: Der Wirtschaftsminister hat viel mehr damit zu tun! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich kann ihm nichts sagen, denn was sollte ich zu einer Sache sagen, die von Ihnen überhaupt noch nicht aufgegriffen, geschweige denn in Angriff genommen wurde!

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Diskussionen über Klima­schutzbeauftragte, die Empfehlung zur Gewissenserforschung, ob längere Flugreisen unternommen werden sollen oder nicht, und Debatten darüber, ob die Kerosinbesteue­rung eingeführt wird oder dafür gesorgt werden soll, dass die EU eine Direkteinnahme bekommt, sind keine Maßnahmen im Sinne des Umweltschutzes. Zudem hatte der Herr Minister in den letzten 55 Tagen genügend Zeit, um hier irgendetwas zu machen. Es gibt jedoch kein einziges verbindliches Ziel hinsichtlich neuer Energie.

Herr Bundesminister! Meine Herren Bereichssprecher von den Regierungsparteien! Wir vom BZÖ haben bei der letzten Sitzung am 30. Jänner einen Entschließungsantrag eingebracht, der Ihnen im Sinne des Klimaschutzes ein 20-Punkte-Paket für ein le­benswertes Österreich aufzeigt. Ich werde mich hier jetzt nicht damit aufhalten, Ihnen


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die 20 Punkte vorzulesen, sondern ich werde Ihnen aufzeigen, wie man Ziele und Maß­nahmen ganz leicht umsetzen kann.

In Österreich gibt es keine länderübergreifende Bauordnung, die genau festlegt, was getan werden muss, um bei Neubauten und Sanierungen den geringst möglichen CO2-Ausstoß zu erzielen. Es gibt keine bundeseinheitlichen Normen für Wärmedämmung, Heizung, Solarenergie oder sonstige erneuerbare Energiegewinnung.

Natürlich gehört auch eine einheitliche Regelung des Förderungsaufkommens dazu. Ein zusätzlicher Effekt des Klimaschutzes wäre auch eine immense Ankurbelung etwa der Tätigkeit von Installationsfirmen im Bauwesen und dergleichen. Von einem solchen Gesetz würden nicht nur private Haushalte profitieren, sonder vor allem auch Klein- und Mittelbetriebe.

Ein ganz besonderes Anliegen ist mir, dass wir heuer schon die diesbezügliche Do­tierung von Forschung und Entwicklung auf 3 Prozent anheben, und nicht erst im Jahr 2010. Damit würden Sie jede Menge neue Arbeitsplätze schaffen, und zwar ganz hoch qualifizierte!

Herr Minister, etwas stört mich ganz besonders: Ihrem Weg des Zukaufs von Emis­sionszertifikaten steht unser vollstes Misstrauen gegenüber, denn es ist nirgends fest­gelegt, welche Verwendung diese jeweils lukrierten Gelder finden. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Sollte es so sein, wie ich es höre, dann werden damit wieder Atom­kraftwerke gefördert, und dazu kann ich nur sagen: nein danke! (Beifall beim BZÖ.)

21.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Jetzt hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.


21.22.33

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich komme ganz kurz zu einigen Anmerkungen des Kollegen Schalle. 3 Prozent F&E-Ziel ist wichtig. Wir sollen das und werden das im Jahr 2010 erreichen. Es wäre aber fast denkunmöglich, das innerhalb eines Jahres zu erreichen. Eine Stei­gerung von 2,4 auf 3 Prozent würde ein Plus von mehreren Milliarden € bedeuten. Das ist weder vom öffentlichen noch vom privaten Sektor her machbar. Aber wir werden im Jahr 2010 in Sachen Forschung und Entwicklung zu den europäischen Spitzenreitern gehören, wie es im Übrigen auch heute schon der Fall ist.

Ich betrachte den Emissionszertifikatehandel in Sachen Klimaschutz als eine der wich­tigsten Innovationen, die Europa zu bieten hat. Wir diskutieren eine Ausweitung auf Airlines. Noch wichtiger wäre eine Ausweitung auf die USA, China und weitere Staaten in dieser Welt, denn damit würden wir schneller als sonst zu einer Kostenwahrheit in Sachen CO2-Emission kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit komme ich zu dem Thema, das uns primär motiviert, in Sachen Ökostrom noch mehr zu tun als bisher, nämlich zum Thema Klimaschutz. Dieses Anliegen hat oberste Priorität, und es ist nicht richtig, dass Öster­reich sich nicht für verbindliche Ziele einsetzen würde! Wir setzen uns für 20 Prozent erneuerbarer Energieträger per 2020 als verbindliches Ziel auf EU-Ebene ein. Wir selbst stehen heute schon bei rund 23 Prozent, und unser internes Ziel, das in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben ist, lautet bereits auf 45 Prozent.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns gemeinsam ja zum Öko­strom sagen, und lassen Sie uns auch gemeinsam sagen, dass das eine Erfolgsge­schichte ist! Ich bin da bei Karlheinz Kopf, dass das eine fast einzigartige Geschichte des Erfolges ist.


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Herr Abgeordneter Themessl, es stimmt nicht, dass das eines der schlechtesten Öko­stromgesetze Europas ist! Vielmehr ist es offensichtlich eines der besten, denn wir lie­gen mit unserem Ökostromanteil zurzeit bei rund 8 Prozent der Gesamtstromerzeu­gung, und das ist in Anbetracht dessen, dass der europäische Durchschnitt heute bei 4 bis 4,5 Prozent liegt, nicht schlecht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Anteil ist doppelt so hoch wie der europäische Schnitt. Und wenn man Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen inklusive Wasserkraft rechnet, liegen wir in Öster­reich bei 60 Prozent oder darüber, während der europäische Schnitt bei 14 Prozent liegt; wir sind also etwa um einen Faktor 4 besser als der europäische Schnitt.

In Bezug auf Ökostrom muss man sich aber natürlich auch mit der Frage auseinander­setzen, was dieser als Beitrag zum Thema CO2-Minderung leistet. Ich halte es da ganz mit Abgeordnetem Kogler, der formuliert hat, dass Marktwirtschaft auch etwas mit Kos­tenwahrheit zu tun hat. Das ist richtig! Dann reden wir aber auch darüber! Reden wir zum Beispiel darüber, dass wir in Österreich zurzeit mit Ökostrom zirka drei Millio­nen Tonnen an Kohlendioxidemissionen zu Kosten von etwa 300 Millionen €, also pro Tonne 100 €, einsparen. Das ist ein Wert, über den man zumindest nachdenken muss! Ohne diesen Aspekt kann man die Ökostromdiskussion nicht führen.

Wenn Abgeordneter Kopf von 3 Milliarden €, die heute für Ökostrom auf Basis des alten Gesetzes insgesamt aufgewendet werden, und von einer Milliarde € zusätzlich spricht, dann muss man auch fragen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wer zahlt das denn? – Das ist ja nicht irgendeine anonyme Größe! Das nimmt Finanzminis­ter Molterer nicht aus einer unerschöpflichen Schatulle, sondern das zahlen die Strom­zahler mit einem Zuschlag zum Strompreis. Das ist Bestandteil des Strompreises in Österreich! Wir liegen heute – wie gesagt – bei Gesamtkosten von etwa 300 Millio­nen € beziehungsweise bei Kosten von zirka 32 € bis 34 € pro Haushalt, und 32 € bis 34 € pro Haushalt Ökostrom und sonstigen Strom ist nicht wenig!

Natürlich handelt es sich hiebei um Anlassgesetzgebung, und der Anlass ist ein sehr naheliegender, nämlich ein VfGH-Erkenntnis, das uns zwingt, hier tätig zu werden – nicht mehr und nicht weniger.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wenn Sie sich jetzt darüber ereifern, dass man auch Wärmeauskopplung aus einem Gaskraftwerk mitfördert, dann sage ich: Lassen wir doch die Kirche im Dorf! Ob man das jetzt unter diesem Titel oder unter einem anderen tut, ist nicht so wichtig wie die Tatsache, dass das Thema Energieeffizienz natürlich ein sehr vorrangiges ist. Mir geht es vor allem um die eingesparte Tonne CO2, und die Kraft-Wärme-Kopplung aus einem Gaskraftwerk trägt natürlich dazu bei, die Energie­effizienz zu erhöhen und die CO2-Emissionen zu mindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Anlassgesetzgebung per definitionem etwas Kritisches ist, dann meine ich nicht nur als alt gedienter Minister, sondern auch als langjähriger Parlamentarier, dass wir uns sehr genau überlegen sollten, wann wir eine große Novelle einer weiteren großen Novellierung unterziehen wollen. Lieber Kurt Eder! Die Novelle, die mit 1. Oktober letzten Jahres in Kraft getreten ist, war nämlich tatsächlich eine große Novelle! Ich nehme zur Kenntnis, dass die Abgeordneten des Hohen Hauses eine Diskussion schon recht bald, bis zum Sommer, unterstützen wer­den, und ich werde selbstverständlich das tun, was das Parlament insgesamt wünscht.

Halten wir uns aber im Bewusstsein, dass die jetzige Ökostromnovelle gerade erst etwa ein halbes Jahr in Kraft ist und die Zeitspanne, Erfahrungen zu sammeln, noch sehr eingeschränkt ist.

Wir wissen, dass das Zählpunktpauschale, die Frage der kleinen Anbieter und vielleicht auch das eine oder andere mehr zu diskutieren ist. Es liegt aber auch in der Tradition


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der parlamentarischen Gesetzgebung, dass man mit großen Gesetzen und deren No­vellen haushält, und so gesehen ist das Ökostromgesetz wahrhaftig groß.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stimme völlig zu, auf diesem eingeschla­genen Weg voranzugehen, und zwar mit dem stolzen Bewusstsein, dass Österreich in­nerhalb der Europäischen Union betreffend den Einsatz erneuerbarer Energieträger im Allgemeinen und den Einsatz erneuerbarer Energieträger zur Erzeugung von Ökostrom im Besonderen absolut vorbildhaft ist. In dieser Hinsicht sind wir absolut vorbildhaft und werden es auch in Zukunft bleiben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Sie möchten gerne 7 Minuten sprechen. – Bitte.


21.29.11

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Geschätzte Präsidentin! Meine Herren Bun­desminister! Wir haben heute gehört, dass der Einsatz erneuerbarer Energie sich erst dann rentiert, wenn das Fass Rohöl 120 US-Dollar kostet. Jetzt müssen wir aber auch wissen, dass der Umstieg auf erneuerbare Energie und die Nutzung erneuerbarer Quellen natürlich nicht von heute auf morgen vor sich gehen kann und dass wir uns jetzt in einer Phase befinden, in der wir Geld in die Hand nehmen müssen, um die Nutzung erneuerbarer Energiequellen voranzutreiben.

Unbestritten ist auch, dass wir es uns nicht leisten können, auf diese erneuerbaren Quellen zu verzichten, denn es wird in Zukunft teurer sein, wenn wir in einer energie­politischen Abhängigkeit stecken, als wenn wir heute beginnen, die erforderlichen Mittel für den Umstieg in die Hand zu nehmen.

Es hat einmal, vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert, ein sehr großer ÖVP-Politiker gesagt: „Österreich ist frei!“ Wir müssen darüber nachdenken: Wie frei sind wir denn heute? – Ein anderer Außenminister, Henry Kissinger, hat einmal gemeint: „Wer das Öl kontrolliert, kontrolliert ein Land.“ Wenn wir heute das Problem hätten, dass Russland kein Gas mehr liefern will oder kann, dann wären davon 60 Prozent der Haushalte in Österreich betroffen!

Das heißt, es ist natürlich sinnvoll, alles zu unternehmen, um die heimischen erneuer­baren Quellen und Ressourcen zu nutzen, auch für die Landwirtschaft, weil ja der Landwirt immer mehr zu einem Energiewirt wird. Ich glaube, dass das eine riesige Chance für den ländlichen Raum werden wird, eine Chance, die auch wieder mehr Wohlstand in den ländlichen Raum bringen kann. Sie wissen aus Studien, dass gerade der ländliche Raum von der versteckten Armut sehr stark betroffen ist.

Wir alle müssen dankbar und froh sein, wenn der Landwirt auch aus seiner Abhängig­keit wieder herauskommt. Denn: Derzeit ist es so, dass der Landwirt für seine Produkte keinen fairen Preis bekommt und in hohem Ausmaß auf Subventionen angewiesen ist. Mit dem Umstieg auf die Energiewirtschaft bieten sich enorme Chancen für die Land­wirtschaft in Österreich, und wir müssen jetzt überlegen, was wir konkret tun können, um diesen Weg zu unterstützen.

Wir sind der Meinung, dass dieses Ökostromgesetz kein taugliches Mittel ist, um Ös­terreich in der erforderlichen Zeit und mit dem erforderlichen Nachdruck auf den rich­tigen Weg zu bringen. Es soll dieses Kraftwerk in Simmering gebaut werden, das ist in Ordnung, aber wir glauben, dass es keinen Sinn hat, das Verbrauchen von fossilen Energieträgern zu fördern. (Ruf bei der ÖVP: Tun wir auch nicht!) Denn ich glaube, dass die Konzerne ganz gute Gewinne machen, gerade jene Konzerne, die fossile Energieträger verwenden. Das ist Ihnen allen bekannt.


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Wir müssen uns überlegen: Was können wir tun, um auf dem richtigen Weg, den man eingeschlagen hat, auch weiterzukommen? – Es ist schade, dass keine Windkraft­werke mehr errichtet werden, weil es sich nicht mehr rentiert. Das Burgenland hat das Glück, dass es durch die Windkraft alle Privathaushalte mit erneuerbarer Energie ver­sorgen kann – theoretisch, denn man braucht ja auch ein Speichermedium. Das ist doch eine gute Sache!

Meine Damen und Herren! Ich habe heute auch gehört, man muss mehr in den Bereich Forschung und Entwicklung für erneuerbare Energien investieren. Das ist richtig!

Daher bringe ich einen Entschließungsantrag betreffend den Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag ein. Wir sind der Ansicht, dass diese Mittel, die wir in EURATOM investieren, besser in Österreich aufgehoben wären, nämlich im Bereich Forschung und Entwicklung für erneuerbare Energien. Der Beschlusstext lautet:

„Die Bundesregierung wird ersucht, alle erforderlichen Schritte zu setzen, die einen Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag ermöglichen. Die für Euratom vorge­sehenen finanziellen Mittel sind zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energie in Österreich sicherzustellen.“

*****

Wir haben ja heute von Klubobmann Dr. Cap schon gehört, dass „wir“ – ich weiß nicht, wen er mit „wir“ gemeint hat, er hat wahrscheinlich Österreich gemeint, nicht die SPÖ – sehr gekämpft haben, dass Zwentendorf nicht in Betrieb geht. Wir können stolz darauf sein, dass Österreich auf den Betrieb eines Atomkraftwerkes verzichtet hat. Wir müs­sen aber auch wissen, dass wir heute mehr Atomstrom importieren, als Zwentendorf jemals produziert hätte.

Meine Damen und Herren, auch ein Vorschlag, der in den letzten Wochen eingebracht worden ist, der für mich sehr interessant und auch unterstützenswert ist, ist der Vor­schlag, einen Klimaschutzbeauftragten der Bundesregierung einzusetzen. Ich weiß, diesbezüglich gehen die Meinungen doch sehr auseinander. Ich glaube aber, dass sich auch das Einsetzen eines Behindertenanwaltes letztendlich für die Behinderten rentiert hat, weil es eine Materie ist, die viele Bereiche betrifft. Und ich glaube auch, dass ein unabhängiger Experte als Klimaschutzbeauftragter sehr wohl eine wesentliche Unter­stützung für die Bundesregierung und für die Ziele des Klimaschutzes wäre.

Der Vorschlag kam ja vom Bundeskanzler selbst, daher gehe ich davon aus, dass seine Fraktion auch diesen Entschließungsantrag unterstützen wird. Der Beschluss­text lautet:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen anerkannten, unabhängigen Experten als österreichischen Klimaschutzbeauftragten einzusetzen.“

(Beifall bei der FPÖ.)

*****

Ich ersuche die SPÖ, ihren Bundeskanzler, dessen Idee wir hier aufgegriffen haben, bei dieser Forderung zu unterstützen.

Eines möchte ich noch sagen, weil mir das sehr wichtig ist; das betrifft die Ziele der Bundesregierung im Bereich Klimaschutz, Ökoenergie, erneuerbare Energie. Die Ziele sind sehr hoch gesteckt, auch unterstützenswert, aber es fehlt in vielen Bereichen der konkrete Weg zur Zielerreichung.


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Daher bringe ich auch dazu einen Entschließungsantrag ein, der einige Meilensteine auf diesem Weg zur Zielerreichung abstecken soll. Der Antrag ist sehr umfangreich, deswegen werde ich auf dessen Verlesung verzichten. Er betrifft konkrete Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Energieautonomie.

Dazu gehört zum Beispiel das Bekenntnis zur thermischen Gebäudesanierung. Profes­sor Van der Bellen hat es heute schon gesagt: Das Jahr 2015 als Ziel zur Umsetzung des Passivenergiehaus-Standards flächendeckend in Österreich ist uns zu wenig!

Denn: In Wirklichkeit können wir heute den Umstieg schaffen – bei Neubauten, auch bei Sanierungen –, indem man ganz einfach sagt, man ändert die Vergaberichtlinien bei der Wohnbauförderung so, dass eben bei Neubauten nur noch Passivenergiehäu­ser gefördert werden – wenn es technisch möglich ist, denn es gibt ja im verbauten Ge­biet, im Ortskern, durchaus Rahmenbedingungen, unter denen das nicht möglich ist – oder dass der Einbau einer Ölheizung bei einem Neubau nicht mehr möglich ist, da dann keine Wohnbauförderung vergeben werden kann. Dazu brauchen wir aber auch die nötigen finanziellen Mittel, denn ein Passivenergiehaus ist etwas teurer – nicht viel teurer, aber etwas teurer, 5 bis 10 Prozent –, und daher wäre es notwendig, dass die Wohnbauförderung wieder zweckgewidmet wird.

Wohnbauförderungsmittel werden vom Bund an die Länder überwiesen, und einige Länder verwenden diese Gelder, um Budgetlöcher zu stopfen. Das Burgenland – und da bin ich ein Betroffener – verwendet Teile dieser Gelder, um einen Schaden aus einem Bankenskandal abzudecken. Wir brauchen dieses Geld für eine thermische Sa­nierungsoffensive, und es wird letztendlich auch der Bauwirtschaft zugute kommen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen, diese Anträge zu unter­stützen, und darf auch gleich mitteilen, dass wir den Abänderungsantrag der Grünen unterstützen werden. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der FPÖ.)

21.37


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Die beiden kurzen Entschließungsan­träge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen daher mit zur Verhandlung.

Der lange Entschließungsantrag wurde in seinen Grundzügen erläutert, ist schon ko­piert und wird gleich ausgeteilt; er steht damit auch mit zur Verhandlung.

Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Hofer und weiterer Abgeordneter betreffend Ausstieg Ös­terreichs aus dem Euratom-Vertrag.

Eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 5 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit Ökostromgesetz geändert wird (35 d.B.) in der 14. Sitzung des Nationalrates am 07. März 2007.

Vor 50 Jahren, im Jahr 1956, wurde die Österreichische Studiengesellschaft für Kern­energie gegründet. Die Aktivitäten dieser Gesellschaft führten zum Beschluss der Bun­desregierung über einen Energieplan, der drei Kernkraftwerke in Österreich vorsah. Das erste davon sollte in Zwentendorf gebaut werden.

Am 5. November 1978 haben sich die Österreicher im Rahmen einer Volksabstimmung klar gegen die Nutzung von Kernkraft ausgesprochen. Zwentendorf wurde nicht in Be­trieb genommen.


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Unabhängig davon fließen beträchtliche finanzielle Mittel aus dem österreichischen Staatshaushalt an Euratom. Damit finanziert Österreich die europäische Atomenergie. Seit dem EU-Beitritt sind von Österreich bereits mehr als 200 Millionen Euro an Euratom bezahlt worden.

Jedwede Subvention für Atomenergie, auch wenn sie unter dem Vorwand der Sicher­heit erfolgt, verbilligt die Produktion von Atomstrom und fördert den Bau neuer Kern­kraftwerke in Europa. Die durch die Nutzung von Kernkraft entstehenden Kosten inklu­sive Sicherheitsmaßnahmen und Entsorgungskosten für Atommüll sind ausschließlich von den Betreibern von Atomkraftwerken zu begleichen haben sich daher auf den Preis für Atomstrom auszuwirken.

Ein Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag und die Verwendung der dafür bis­her gebundenen finanziellen Mittel für die Förderung der Nutzung Erneuerbarer Ener­gie aus heimischen Quellen ist daher ein Gebot der Stunde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, alle erforderlichen Schritte zu setzen, die einen Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag ermöglichen. Die für Euratom vorge­sehenen finanziellen Mittel sind zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energie in Österreich sicherzustellen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, DI Karlheinz Klement und weiterer Abgeordneter betreffend die Einsetzung eines Klimaschutzbeauftragten.

Eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 5 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit Ökostromgesetz geändert wird (35 d.B.) in der 14. Sitzung des Nationalrates am 07. März 2007.

Die CO2-Emissionen Österreichs sind entgegen allen Beteuerungen, Plänen und Ver­sprechen der Politik in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Klimaschutz ist eine Querschnittmaterie, die viele Bereiche betrifft und ressortübergreifend wirksam wird.

Deshalb ist die Einsetzung eines unabhängigen Experten als Klimaschutzbeauftragten eine kluge und sinnvolle Maßnahme. Dieser Klimaschutzbeauftragte soll ressortüber­greifend die notwendigen Maßnahmen in Sachen Klimaschutz koordinieren und frei von parteipolitischen Zwängen auch öffentlich auf Missstände und Korrekturbedarf bei der Zielerreichung in Sachen Klimaschutz aufmerksam machen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 162

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen anerkannten, unabhängigen Experten als österreichischen Klimaschutzbeauftragten einzusetzen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, DI Karlheinz Klement und weiterer Abgeordneter betreffend konkreter Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Energieauto­nomie.

Eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 5 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 114/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit Ökostromgesetz geändert wird (35 d.B.) in der 14. Sitzung des Nationalrates am 07. März 2007.

Die Bundesregierung bekennt sich in ihrem Regierungsprogramm zwar zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien und zum Abbau der Energieabhängigkeiten vom Aus­land, konkrete Pläne sucht man aber vergebens. Es gibt aber eine Vielzahl konkreter Möglichkeiten, Energie zu sparen, erneuerbare Energien zu fördern und die Belastun­gen unserer Umwelt zu reduzieren.

Ziel muss es sein, mit den vorhandenen heimischen Ressourcen Österreichs Energie­versorgung autonom zu machen. Bei Klimapolitik und Energiepolitik handelt es sich um zwei Seiten der gleichen Medaille, denn die Belastungen unserer Umwelt können nur durch den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien verringert werden. Außerdem müssen sich die konkreten Maßnahmen zur Förderung von Klimaschutz und Energie­autonomie an der Politik des Energiesparens orientieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf nationaler und europäischer Ebene sowie bei den Landesgesetzgebern für die Umsetzung folgender Forderungen im Sinne des Klimaschutzes und der Energieautonomie einsetzen:

Neue Elektrogeräte dürfen im Stand-By Betrieb nicht mehr als 1 Watt verbrauchen: EU-weit könnte damit soviel Energie eingespart werden, wie mehrere Kernkraftwerke zusammen produzieren.

Wohnraumlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung für alle öffentlichen Gebäude. Die zulässigen CO2-Werte, insbesondere in Schulklassen, werden regelmäßig über­schritten. Gesunde Luft bei Fort- und Weiterbildungs-Einrichtungen aber auch allen an­deren öffentlichen Gebäuden führt zu weniger Krankenständen und höherer Leistungs­fähigkeit der Mitarbeiter. Durch die Wärmerückgewinnung werden nebenbei die Heiz­kosten reduziert.

Energieberatung – vor allem für Häuselbauer und Wohnungssuchende – per kosten­losen Beratungsscheck! Unbürokratische Abwicklung und direkte Abrechnung über die Länder. Die Beratung muss unverbindlich und firmenneutral sein und darf deshalb ins­besondere nicht durch Energieversorgungsunternehmen erfolgen.

Beendigung des behördlich verordneten Anschlusszwanges von fossil betriebenen Kraftwerken.


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Pendlerpauschale: Umtauschmöglichkeit für Pendler auf ÖBB-Jahreskarte.

Bei Kraftwerken im Bereich der erneuerbaren Energie, z.B. Wasserkraftwerke, sollen Bürgerbeteiligungsmodelle stärker gefördert werden. Damit wird eine hohe Identifizie­rung mit der eigenen Heimat und der eigenen Landschaft erreicht und Unabhängigkeit zum Ausdruck gebracht.

Beim Neubau von öffentlichen Einrichtungen: Beachtung der physikalischen Grundprin­zipien am Bau, sodass eine sommerliche Überhitzung von vornherein vermieden – und eine Klimaanlage damit überflüssig wird. Durch Strom sparende Büromaschinen, außen liegende Abschattungen, geschickte Lüftungsstrategien und ausreichende Spei­chermassen („dicke Mauern“) werden „Strom fressende“ Klimageräte bei Neubauten und Sanierungsfällen völlig überflüssig. Gleichzeitig steigt das Wohlbefinden der Mitar­beiter aufgrund des besseren Raumklimas.

Solare Kühlung in öffentlichen Verwaltungsgebäuden, die sich ohne Klimaanlage im Sommer überhitzen: Wo sich Anlagen zur Raumklimatisierung nicht durch bauliche Maßnahmen verhindern lassen, ist diese über Sonnenenergie bereitzustellen. Dabei soll der Staat mit gutem Beispiel vorangehen! Gleichzeitig soll in künftigen Bauordnun­gen neben einem maximal zulässigen Heizwärmebedarf [kWh/(m²*a)] auch ein maxi­mal zulässiger Wert für die Kühlleistung im Sommer (bzw. den Kühlenergiebedarf über das ganze Jahr) festgelegt werden, der auch für Restaurants, Büros, Einkaufszentren etc. gelten muss. Eine gesetzliche Vorschrift, die bei Überschreiten eines bestimmten Kühlenergiebedarfs (im Falle der Errichtung einer Klimaanlage) nur noch solare Klimatisierung zulässt, ist zu prüfen.

Verpflichtender Einbau von Solaranlagen in mehrgeschossigen Familienwohnhäusern: Je größer eine Solaranlage ist, desto effizienter arbeitet sie und desto günstiger ist sie in ihrer Errichtung. Deshalb ist grundsätzlich in jedem Gebäude mit mehr als zwei Wohneinheiten eine Solaranlage zur Heizungsunterstützung zu verordnen. Derzeit wird im Gegensatz dazu aufgrund der Deckelung der Errichtungskosten für Gebäude im so­zialen Wohnbau (ein bestimmter Betrag pro m² Wohnnutzfläche darf dabei nicht über­schritten werden) der Einbau von Solaranlagen, Dämmfassaden oder Biomasseheizun­gen oft verhindert. So werden gerade den sozial Schwachen in diesem Land langfristig hohe Betriebskosten aufgebürdet. Die Kosten, die durch die Errichtung von Systemen zur Energieeinsparung aller Art verursacht werden, dürfen deshalb in Zukunft nicht mehr in die Errichtungskosten mit eingerechnet werden.

Sofortiger Austritt aus dem Euratom-Vertrag: Das Geld soll zweckgebunden für For­schung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energie in Österreich Verwen­dung finden.

Aufhebung des „Anti-Ökostromgesetzes“ und Vorlage eines Gesetzesentwurfes für ein Erneuerbare Energien Gesetz für Österreich.

Ein generelles Verbot von Öl-, Erdgas-, und Elektrodirektheizungen im Neubau, nach umfassenden Sanierungen und im Falle von Heizungstausch: Wer heute eine derartige Heizung einbaut, präjudiziert die Abhängigkeit Österreichs von ausländischen Energie­trägern für die nächsten drei Jahrzehnte. Ein Verbot des Einbaus derartiger Anlagen schränkt die Freiheit des einzelnen Bürger also weniger ein, als es sie erhöht.

Erweiterung des Energie-Aufklebers im Elektrogerätebereich: Einführung eines reprä­sentativen „Lebensbelastungszyklus“ für alle Elektrogeräte (Leuchtmittel, Geschirrspü­ler, Waschmaschinen, Kühlschränke usw.). Über diesen Zyklus sollen für jedes Gerät die Stromkosten errechnet werden, die der Kunde bei durchschnittlicher Verwendung über die Lebensdauer der Maschine erwarten darf. Sie müssen neben dem „Energie­label“ auf jedes Gerät deutlich sichtbar angebracht werden. So kann der Käufer auf


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einen Blick entscheiden, ob er lieber ein qualitativ hochwertiges Gerät (das noch dazu eine längere Nutzungsdauer haben wird) erwirbt, oder ein Gerät, dessen niedrigerer Kaufpreis nach wenigen Jahren von den höheren Stromkosten eingeholt werden wird.

Beschleunigte Einführung des Gebäudeenergieausweises: Nur so kann ein Häusel­bauer, Mieter oder Wohnungseigentümer sich ein Bild über ein Wohnobjekt machen. In einem solchen Ausweis müssen neben Heizkosten auch vorausberechnete Kosten zur Klimatisierung ausgewiesen werden. Ein Kunde, der nicht über künftige Betriebskosten informiert wird, kauft die Katze im Sack! Durch einen solchen Ausweis steigt der Anreiz für die Bauwirtschaft, Energie-, und Kosten sparend zu bauen.

Waschmaschinen nur noch mit zwei Anschlüssen! Dadurch muss einerseits ermöglicht werden, dass Eigentümer von umweltfreundlichen Warmwasserbereitungssystemen das Warmwasser nicht in der Waschmaschine mit teurem Strom aufwärmen müssen. Außerdem soll durch ein druckloses Zusammenmischen von Heiß-, und Kaltwasser auch der Anschluss einer Regenwassernutzungsanlage (Hauswasserwerk) – sofern vorhanden – möglich sein. Dadurch wird das Trinkwassernetz entlastet und der Bedarf an Weichmachern reduziert, was Geldbörsen und Umwelt schont. Für die Geräteher­steller soll es eine Umstellungsfrist von zwei Jahren geben, danach sollen andere Ge­räte nicht mehr installiert werden dürfen! Bei Waschmaschinen ist die Stromeinsparung durch diese Maßnahme enorm, aber auch bei Geschirrspülern sollte sie in Erwägung gezogen werden.

Die jeweilige Landes-Bauordnung muss festlegen, dass bei allen Wohnungen mit Warm- und Kaltwasseranschluss eine Anschlussmöglichkeit für Waschmaschinen und Geschirrspüler bestehen muss. Die Errichtung von Anlagen zur Regenwassernutzung (Hauswasserwerke) ist bei Neubauten und Sanierungen von Bauten öffentlicher Wohn­bauträger ernsthaft zu prüfen. Im Falle einer solchen Errichtung ist auch ein Anschluss der Waschmaschinen an diese Anlagen zu ermöglichen.

Einweisung der Beamten von Bundesdenkmalamt und anderen Instanzen in Fassa­dentechniken, die eine energetische Sanierung bei gleichzeitiger Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes gewährleisten: In sehr vielen Fällen werden vom Bun­desdenkmalamt Objekte genehmigt, die Zweifel an der Geschmackssicherheit der ent­scheidungsbefugten Beamten aufkommen lassen. In Bezug auf Dämmfassaden oder Solaranlagen werden hingegen in der Praxis oftmals nicht nachvollziehbare Hürden aufgestellt. Und das, obwohl Dämmfassaden mit den heute verfügbaren Dekorelemen­ten genauso aussehen können wie ihre historischen Vorbilder. Bei denkmalgeschütz­ten Bauwerken ist es auch möglich, farbige Photovoltaikanlagen bzw. farbige thermi­sche Kollektoren zu verwenden.

Steuerliche Entlastung für alle Fahrzeuge, die weniger als 4 Liter Treibstoff auf 100 km verbrauchen.

*****


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


21.38.01

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen im Hohen Haus! Sehr geehrte Her­ren hier im Hohen Haus! Wir diskutieren an sich eine sehr interessante Materie, und ich bin fast überrascht davon, wie hoch das Niveau der Diskussion ist. – Entschuldi­gung, Kogler habe ich nicht gemeint. Aber sonst war es wirklich gut. (Heiterkeit bei der


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ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Das hätte mich ja ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Grü­nen.)

Wir haben heute ein Thema zu besprechen, bei dem es um etwas geht, an das wir uns eigentlich schon lange nicht mehr gewöhnen wollten, nämlich Fragen der Wirtschafts­lenkung. Es geht schlichtweg darum, einen Wirtschaftszweig zu entwickeln, der im freien Wettbewerb keine Chance hat, und zwar deswegen, weil fossile Energieträger eben viel zu billig angeboten werden, weil auch viele Kosten gar nicht im Preis wider­gespiegelt werden.

Trotzdem gelingt es der OMV, mit diesem nicht nachhaltigen, nicht zukunftsfähigen Energieträger horrende Gewinne zu machen – die beste Bilanz aller Zeiten! Es sei ihnen ja vergönnt, zur Freude der Aktionäre, nur, ehrlich gesagt: Es wäre schön, wenn wir in der Frage der Bioenergien, der Ökoenergien, der Wind- und Wasserkraft den Be­treibern ihre Gewinne genauso gönnen würden. Da brauchen wir uns nicht darüber zu ärgern, dass die Investoren auch Geld damit verdienen dürfen.

Natürlich muss man daraus lernen! Natürlich war die erste Boomphase vielleicht ein bisschen zu „boomig“, und es war notwendig, darüber nachzudenken und das Gesetz zu justieren. Wir haben justiert: Am 26. Mai 2006 wurde ein Gesetz beschlossen, das mit 1. Oktober in Kraft getreten ist – und „blöderweise“ haben es die Wiener nicht er­warten können und ihr Gaskraftwerk ein paar Wochen zu früh zu bauen begonnen. Das haben wir heute mit repariert, einfach deswegen, weil wir paktfähig und pakttreu sind. Wenn es damals ausgemacht war, dann muss es auch heute noch halten, ob wir Freude damit haben oder nicht; das ist keine Frage unserer Befindlichkeit, sondern eine Frage unserer politischen Haltbarkeit.

Wir haben in dem Ökostromgesetz – so, wie es nun gilt – einige Punkte, die sich jetzt schon als reformbedürftig zeigen und über die man diskutieren muss. Ich danke dem Herrn Bundesminister dafür, dass er Diskussionsbereitschaft bis zum Sommer ange­kündigt hat. Wir werden auch Punkte zusammentragen.

Es zeigt sich, dass wir hinsichtlich der Valorisierung der Preise durchaus offene Fragen haben. Die Substratskosten verändern sich laufend. In der Frage der Zählpunktpau­schale gibt es einige Definitionsfragen. Fragen der Betriebssicherheit nach Ablauf der Vereinbarung sind wichtig. Aber in Summe muss man sagen: Das Gesetz ist gut, es er­füllt seinen Zweck, und vor allem bringt es uns in einem zukunftsfähigen Energiezweig gut weiter.

Wichtig ist, dass der Zeitfaktor zusammenpasst, dass wir nicht hudeln und dass wir es nicht verzögern. Es muss zur richtigen Zeit das Richtige geschehen. Wir sind für die Windräder, ja, aber auch die Frage „Wo?“ muss diskutiert werden; wir sind für die Bio­masse, ja, aber nur mit nachhaltiger Nutzung; wir sind für die Wasserkraft, ja, aber unter ökologisch haltbaren Kriterien!

Deshalb: Wir sind für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung dieser Rechtsmaterie. Wir sollten die Diskussion auch rasch weiterführen. Der 26. Mai 2006 war der Beschluss­tag; jetzt wäre auch ein guter Tag, um wieder darüber zu reden, wie wir es weiterführen wollen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.41


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. Auch Sie möchten 3 Minuten sprechen. – Bitte, Herr Abgeord­neter.


21.41.44

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Mi­nister! Wir alle wissen, wie das Spannungsfeld Energie bestimmt ist: Es geht einerseits


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um die Versorgungssicherheit und andererseits um die Versorgungsethik, das heißt, dass alle Menschen Anteil an der Energie haben können und dass durch immer mehr Alternativen aus erneuerbarer Energie dies auch langfristig ökologisch gesichert ist. Da ich jetzt zwei Mal aus der Ausschusssitzung zitiert worden bin, möchte ich hinzufügen: Ich meinte natürlich, dass man eine Gesetzesanpassung unterscheiden soll von einer notwendigen Grundsatzdiskussion.

Ich habe mich sehr intensiv mit der Frage der Energie beschäftigt – die Ergebnisse lie­gen auch in Buchform vor, wobei sich der erste Band sozusagen mehr mit konventio­neller Energie beschäftigt und der zweite Band mehr mit den erneuerbaren Energien. Wir haben die Ergebnisse der Fachleute unter dem Titel „Energieautonomes Öster­reich – Utopie oder Notwendigkeit“ auch publiziert.

Wir alle wissen, dass wir viel zu viel CO2 emittieren: immerhin 93 Millionen Tonnen. Wenn nun der Herr Bundesminister auf die Reduktion von 3 Millionen Tonnen weniger verweist, so muss ich sagen: Diese Reduktion ist durchaus anzuerkennen. Aber errei­chen müssen wir bis 2012 eine Absenkung auf rund 70 Millionen Tonnen! Das bedeu­tet, dass gewaltige Mehranstrengungen zu unternehmen sind gegenüber dem, was derzeit stattfindet.

Aber man soll sich auch nicht schlechter machen, als man ist: Österreich ist ein Spit­zenreiter in der Frage der erneuerbaren Energie! Das ist ganz unbestritten, daher wol­len wir in Anbetracht dieser Tatsache weiter auf einem festen Boden stehen und das zügig weiter ausbauen. Ich glaube auch, dass die Zeit der Liberalisierungs-Euphorie hinter uns liegt und jetzt eine Zukunftsstrategie zu entwickeln ist.

Geschätzte Damen und Herren! Wir wissen natürlich, dass wir mehr Autonomie auch dadurch erreichen können, dass dezentrale Versorgungssysteme mit einem unter­schiedlichem Mix von Energie aufgebaut werden. Es kann nicht ein einzelner Energie­träger den Erfolg bringen! Daher bin ich überzeugt davon, dass wir in dieser Diskussion nur gewinnen können, und zwar alle gewinnen können, vor allem die Österreicherinnen und Österreicher.

Wir wissen, dass an erster Stelle nach wie vor die Hebung der Energieeffizienz steht; das ist ja ein Stichwort. Hinsichtlich dieser Energieeffizienz, deren Steigerung um min­destens 20 Prozent angestrebt wird, haben wir meiner Ansicht nach eine große Re­serve, da Fachleute sogar bis 40 Prozent für möglich halten. Genauso wichtig sind das Energiesparen – mit einem Potential von 8 bis 12 Prozent – und eben der Ausbau der erneuerbaren Energien, die unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Sicherung abso­lut notwendig sind.

Geschätzte Damen und Herren, Österreich steht bei der Nutzung erneuerbarer Ener­gien auf einem guten Boden, der weiter aufgebaut werden soll. Die Österreicherinnen und Österreicher akzeptieren nämlich die alternative Energie in sehr hohem Maße und streben auch einen besseren Energie-Mix an. Daher glaube ich persönlich, dass zu dieser Problemstellung ein wesentlicher Beitrag zum Beispiel aus dem Energie- und Klimafonds kommen wird, dem wir in den nächsten vier Jahren immerhin 500 Millionen zur Verfügung stellen werden, Herr Bundesminister.

Wenn wir das machen, dann bin ich überzeugt davon, dass viele Technologien entwi­ckelt werden, die zu marktfähigen Produkten führen und die die langfristige Energie­sicherung werden gewährleisten können. In diesem Sinne sind wir auf einem guten Wege. (Beifall bei der SPÖ.)

21.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steindl. Auch Sie möchten 3 Minuten sprechen. – Bitte.



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 167

21.45.41

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Es sind eigentlich alle Fakten, Daten und Argumente zu diesem Ökostromgesetz schon ausgetauscht worden. Ich möchte nur in aller Kürze noch einmal einige Fakten zusammenfassen und wiederho­len.

Die Vorgeschichte kennen wir alle: Am 6. Oktober 2006 hat der Verfassungsgerichts­hof eine entsprechende Ermächtigung der weisungsfreien Kollegialbehörden, wie zum Beispiel der E-Control, als verfassungswidrig befunden. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, ist es dann zu dieser Gesetzesanpassung gekommen, die wir heute be­schließen.

Ich möchte ausführen, dass die Fakten wirklich dafür sprechen, dass das ein ganz erfolgreiches Ökostromgesetz in Österreich ist. Wir haben im Jahr 2002 das Ziel mit in etwa 4 Prozent angepeilt und haben mittlerweile 8 Prozent erreicht. Wir haben insge­samt 3 Milliarden – und dazu 1 Milliarde – an Fördervolumen bereits ausgeschüttet. Es ist auch so, dass der Anteil der erneuerbaren Energie in der Stromgewinnung über 60 Prozent liegt. Damit haben wir einen Spitzenwert, den es in der Welt kaum noch gibt.

Meine Damen und Herren! Es ist auch dazuzusagen – wie der Herr Bundesminister schon ausgeführt hat –, dass das sehr viel Geld kostet, nämlich 4 Milliarden an Förder­beiträgen. Das hat letztlich auch der Konsument mitzutragen. Wir wissen, dass ein Haushalt in der Monatsrechnung dafür etwas über 30 € zu berappen hat.

Wir wissen auch, dass wir – international verglichen – unserer Wirtschaft, der Industrie und den Unternehmen einen sehr hohen Strompreis zumuten und diese natürlich ent­sprechende Wettbewerbsverzerrungen hinnehmen müssen. Deswegen war die Decke­lung mit diesen 70 Millionen an Mehrförderung absolut und dringend notwendig.

Ich glaube, Österreich ist mit dieser Novellierung auf dem besten Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

21.48


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Nächste auf der Rednerliste ist Herr Abgeordneter Muchitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.


21.48.16

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wie heute schon mehrfach gehört, erfolgt die Ände­rung des Ökostromgesetzes aus rechtlichen Gründen, auf Grund eines Einspruches des Verfassungsgerichtshofes.

Tatsache und wichtig dabei ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, es muss und wird klargestellt, dass durch diese Korrektur die Bedeutung der erneuerbaren Energien und damit auch des Ökostroms gerade in einem Land wie Österreich nicht verringert oder zurückgefahren wird. Im Gegenteil: Die intensive Diskussion über den Klima­schutz fordert die Wissenschaft und vor allem auch unsere Politik gleichermaßen zu Anstrengungen für die Zukunft auf, wobei die Förderung mit den wirtschaftlichen Per­spektiven in eine bestmögliche Abstimmung gebracht werden muss.

Österreich ist in der Ökostromgewinnung in Europa führend – das ist sehr positiv –, einerseits durch die intensive Nutzung der Wasserkraft und andererseits durch den Verzicht auf Atomenergie. Damit hat unser Land das Recht und auch die Pflicht, den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und damit des Ökostroms im europäischen Umfeld voranzutreiben.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, ganz wichtig für uns alle ist ein klares Bekenntnis gegen die Kernenergie, ein klares Bekenntnis gegen die nicht zweckmäßige Verwendung von Wohnbauförderungsmitteln – leider gibt es in Österreich sehr viele Bundesländer, die derzeit die Wohnbauförderungsmittel anders einsetzen –, stattdessen ein klares Bekenntnis für das Einsetzen und zweckmäßige Verwenden von Wohnbauförderungsmitteln für eine ökosoziale Wohnpolitik. Hier be­steht wirklich sehr großer Handlungsbedarf.

Wichtig ist überdies ein klares Bekenntnis zum Ausbau der erneuerbaren Energien und somit – abschließend – ein klares Bekenntnis zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung in unserem Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.50


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Marizzi. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.


21.50.46

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gleich anschließend: Wir bekennen uns natürlich – wie immer – gegen den Atomstrom, und wir bekennen uns zur ökologischen Energiegewinnung. Wir haben ein frühes, aber trotzdem ein sehr gutes Gesetz. Selbstverständlich ändern sich laufend die Indikatoren, besonders jetzt im Zuge der gesamten Klimadebatte, aber man muss auch sagen, wir haben heute hier eine Anlassgesetzgebung, weil das VfGH-Urteil ge­fallen ist. Natürlich bekennen wir uns auch dazu, dass die Fernwärme gefördert werden soll.

Wir haben in Österreich ungefähr 641 Windkrafträder, 166 Biomasseanlagen, 315 Bio­gasanlagen und 3 417 Photovoltaikanlagen. Es wurde schon erwähnt, dass wir mit die­ser Ökostromgesetzgebung federführend und sehr gut in Europa positioniert sind, und wir können auch stolz darauf sein. Ich glaube, die Energiegewinnung aus Ökostrom hat in Österreich große Bedeutung und ist auch beispielgebend für Europa.

Wenn ich die Bilanz von morgen betrachte, und weil Herr Abgeordneter Hofer gemeint hat, dass es mit der Windenergie aus ist, muss ich sagen: Nein, es werden sogar 200 Windräder dazukommen, auch 250 Biogasanlagen und 35 Biomasseanlagen. Man muss allerdings auch sagen, dass wahrscheinlich die Akzeptanz der Windkrafträder endlich ist: Man kann nicht auf jeden Platz ein Windkraftwerk hinbauen. Außerdem muss man auch wissen – und das wissen die Energieexperten –, dass man für jedes Windkraftwerk entweder ein kalorisches oder ein anderes Kraftwerk hinstellen muss.

Summa summarum kann man sagen: Die bisherige Lösung von 3 Milliarden an Förde­rungen für ökologische Energie und von einer 1 Milliarde für die Zukunft ist ein bedeu­tender Schritt. Natürlich muss man in Zukunft auf Grund der Rahmenbedingungen, die wir jetzt haben – Energieknappheit, Energieverbrauch, CO2-Ausstoß und alles, was heute schon gesagt wurde –, die Sache überdenken. Aber wir beschließen heute gern dieses Gesetz, weil es notwendig ist. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

21.53


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.53.19

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kollegen und Kolleginnen! Wie schon mehrmals festgestellt, handelt es sich auch bei dieser Novelle um eine Reparaturmaßnahme. Aus meiner Sicht ist es aller-


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dings eine sehr notwendige Reparaturmaßnahme, zu der sich die gesamte SPÖ-Frak­tion bekennt.

Aber wenn wir uns die heutige Tagesordnung anschauen, dann wird augenfällig, dass wir bei allen Novellen insgesamt drei Reparaturfälle haben. Ich denke, eine neue Bun­desregierung, auch eine neue Koalition und ein neuer Nationalrat, hat die Aufgabe und muss sich der Herausforderung stellen, neue Qualitätsstandards bei der Erlassung und Erarbeitung von Gesetzen zu beachten. Wir sollten in Zukunft jedenfalls weniger repa­raturanfällig werden. Ich orte nicht nur bei der SPÖ, sondern auch in anderen Fraktio­nen Offenheit und Bereitschaft dafür, sich neuen Diskussionen – und, wie Kollege Bauer gesagt hat, auch Grundsatzdiskussionen – in dieser Frage zu stellen.

Herr Bundesminister! Ich muss Sie nicht daran erinnern, aber ich denke, wir sind darin eins, dass die Frage des Umweltschutzes, des Klimawandels und der ökologischen Si­cherheit eine Existenzfrage ist und dass das auch eine Schwerpunktfrage Ihrer zukünf­tigen Arbeit sein sollte, denn Sie sind Wirtschafts- und Arbeitsminister, und beides hat mit Klima- und Menschenschutz zu tun. Wir wissen, dass Sie auch Tourismusminister sind. Da erwarte ich mir in der zukünftigen Zusammenarbeit, dass wir uns den Fragen des Klimawandels sehr offensiv und sehr lösungsorientiert für eine gute Zukunft nicht nur der Wirtschaft, sondern auch des österreichischen Tourismus widmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

21.55


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als vorläufig letzter Redner hiezu hat sich Herr Abgeordneter Riepl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.55.14

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass die Versorgungssicherheit hinsichtlich elektrischer Ener­gie in Österreich wichtig ist. Dazu gehört die Stromerzeugung, aber auch der Strom­transport. Warum ich auf den Stromtransport in unserem Land eingehe, werden Sie gleich merken.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben ein Hoch- und Höchstspannungsnetz, das einen Engpass hat. Wir haben zu viel Strom im Norden und zu wenig im Süden, und wir haben nicht die ausreichenden Kapazitäten, die wir brauchen würden, um einen ausgeglichenen Verbrauch und eine Zuleitung sicherzustellen.

Das Problem dabei ist, dass der verstärkte Ausbau von Windkraft- und Biomasseer­zeugung das Problem noch verschärft. Ich spreche jetzt nicht gegen den Ausbau, sondern ich weise nur darauf hin, dass wir im Norden insgesamt 1 200 Megawatt an Windkraft- und Biomasseerzeugung haben, im Süden nur 200 Megawatt. Mit anderen Worten, dort, wo wir Strom brauchen, haben wir weniger davon, und dort, wo wir zu viel haben, brauchen wir ihn eigentlich nicht ausreichend.

Die 380-Kilovolt-Leitung ist kein Ring, aber sie sollte ein Ring sein. Wir haben Lücken in der Steiermark und in Salzburg, und das ist in Wirklichkeit das Problem. Es ist eigentlich ein Glück, dass noch nichts passiert ist. Wir haben heute erlebt, wie hilflos man ist, wenn der Strom ausgeht.

Ich schaue Herrn Kopf und Herrn Mitterlehner an: Was würden wir tun, wenn wir in der Industrie plötzlich ohne Strom dastehen würden, auch wenn es nur eine Stunde oder zwei dauert oder möglicherweise sogar länger? – Es wäre eine Katastrophe für alle Beteiligten. Vom Haushalt und von anderen Bereichen rede ich gar nicht. Dank den Mitarbeitern und Technikern der Elektroversorgungsunternehmen ist es, Gott sei Dank, noch nicht dazu gekommen.


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Stromtransport, meine ich, darf nie zum Glückspiel werden. Wir sind auf dem Weg da­zu. Die Umweltverträglichkeitsprüfungen, die es beispielsweise in der Steiermark gibt, füllen mittlerweile 2 000 Ordner mit Papier. Es dauert bereits 38 Monate, dass dort ge­prüft wird; normalerweise sollte das alles – so steht es im Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetz –15 Monate dauern. Es besteht hier also, glaube ich, Handlungsbedarf. Wenn wir nicht politische Fahrlässigkeit entstehen lassen wollen, sollte und müsste hier beschleunigt werden.

Ich denke, im Zuge der kommenden Diskussionen zum Budget und auch bei anderen Gelegenheiten werden wir, Herr Bundesminister – das ist auch die Bitte und das Ersu­chen an Sie und an die ÖVP –, uns mit dem Thema Versorgungssicherheit im Sinne der Transportkapazitäten unserer Stromleitungen auseinandersetzen müssen. Ich bitte Sie jedenfalls darum. Heute ist dafür leider nicht mehr die Zeit gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.58


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 35 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich auch die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Ich stelle auch hier ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine wirk­same neue österreichische Klimastrategie.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen möchten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsetzung eines Klima­schutzbeauftragten.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend konkrete Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Energieautonomie.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

22.00.436. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 115/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Harald Vilimsky, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpa­ket gegen Internet-Kriminalität sowie gegen unseriöse und rechtswidrige Inter­netdienste“ (30 d.B.)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Ta­gesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 4 Minuten. – Bitte.


22.01.25

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf aus einer aktuellen Pres­semeldung zitieren: „Wegen systematischer Irreführung von Internetkunden müssen sich seit Freitag zwei Geschäftsleute aus Essen und Solingen vor dem Essener Land­gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, falsche Virenwarnungen verschickt und die ahnungslosen Adressaten anschließend zur Dialer-Installierung ver­führt zu haben. War der Vorgang abgeschlossen, wurde die Internet-Verbindung über teure 0190-Nummern hergestellt. Ihr Gewinn soll sich auf knapp 2 Millionen € belaufen. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft tauchte auf den Computerbildschirmen der Internetkunden zum Beispiel folgender Text auf: ‚Nachricht von Systemsteuerung. Achtung! Ihr Computer ist möglicherweise von einem Virus befallen.‘ Anschließend wurde eine Internetadresse genannt, auf der das vermeintliche Problem gelöst werden könne. War der Dialer schließlich installiert, entstanden sofort Kosten von 1,89 € pro Minute.“ (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein Aspekt im Bereich der Internet-Kriminalität. Ich bin daher sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen Fünf-Parteien-Antrag zu diesem Problem im Konsumentenschutz-Ausschuss zu beschlie­ßen, den wir heute hier im Plenum beschließen werden.

Mit diesem Antrag wird ein Teil des Regierungsübereinkommens konkretisiert, und es wird ein gesamtes Maßnahmenpaket eingefordert, denn ein Ministerium allein kann diese Probleme nicht lösen.

Wir haben uns mit unserem Koalitionspartner bereits auch dahin gehend verständigt, dass wir – und das haben wir auch im Konsumentenschutz-Ausschuss ausgeführt – im Herbst dieses Jahres eine große parlamentarische Enquete zu dem Thema „Internet-Kriminalität und notwendige Maßnahmen“ hier in diesem Hause abhalten wollen. Ent­scheidend ist dabei, dass alle Ministerien, die mit dieser Problematik befasst sind, mit einbezogen werden, und dazu gehören das Bundeskanzleramt genauso wie das


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Innenministerium, das Justizministerium und natürlich das Konsumentenschutz-Minis­terium.

Es geht dabei nicht nur um strafrechtliche Aspekte, sondern ebenso um zivilrechtliche Aspekte, um Fragen des E-Commerce-Gesetzes beziehungsweise des Fernabsatz-Gesetzes. Aber es geht auch um Wettbewerbsregeln. Es geht darum, im Internet auf nationaler und internationaler Ebene lauteren Wettbewerb durchzusetzen und gegen die Internet-Abzocke gegenüber KonsumentInnen, aber auch gegenüber Unternehmen mit entsprechender Deutlichkeit vorzugehen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wachstumsrate im Bereich der Internet-Kriminalität beträgt nach Schätzungen rund 9 Prozent pro Jahr. Allein das Schadenspotenzial durch Identitätsdiebstahl wurde 2006 in den USA auf mehr als 6 Milliarden Dollar geschätzt. Das FBI veranschlagt die durch Computer-Kriminalität im Unternehmensbereich in den USA verursachten Schäden mit jährlich 67 Milliarden Dol­lar.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben national und inter­national Handlungsbedarf, und es freut mich und uns, dass es bei der ersten Sitzung des Konsumentenschutz-Ausschusses gelungen ist, zu dieser zentralen Frage der Informationsgesellschaft einen Fünf-Parteien-Antrag zu beschließen. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen für diese konstruktive Zusammenarbeit und die gemeinsame Zu­stimmung zu diesem Antrag! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Rädler. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


22.05.57

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Rechtzeitig zum morgigen Frauentag ist in der morgigen Ausgabe der „Presse“ zu lesen, dass Frauen die intelligenteren Internet-Benützer sind. (Beifall der Abg. Mag. Muttonen.) Das ist eine gute Meldung. Aber 54 Prozent der Benützer sind trotz­dem Männer des Internets!

Von meinem Vorredner wurde bereits auf den heutigen Fünf-Parteien-Antrag hingewie­sen. Ich darf in diesem Zusammenhang natürlich meiner Freude Ausdruck verleihen, dass es zur Einsetzung eines Konsumentenschutz-Ausschusses in dieser Bundesre­gierung gekommen ist. Das war eine langjährige Forderung. Wir haben uns schon vor den Nationalratswahlen in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer in einem Positi­onspapier zu einem Forderungskatalog entschlossen, der die Einsetzung eines Konsu­mentenschutz-Ausschusses in der nächsten Legislaturperiode zum Ziel hatte.

Zur Internet-Kriminalität ist festzustellen, dass das eine Branche mit einem im negati­ven Sinn steigenden Wachstum ist: In diesem Bereich ist eine Zunahme der Vergehen um 10 Prozent jährlich zu verzeichnen. Die Beschwerden beim diesbezüglichen Om­budsmann haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt. Allein bei der Arbeiterkammer werden in allen Dienstleistungsbereichen alljährlich rund 2 000 Be­schwerdefälle vorgetragen.

Das Spektrum der kriminellen Vorgänge reicht von der Kinderpornographie bis zum so genannten Phishing, bei dem unerlaubterweise Daten erschlichen und weitergegeben werden und es dann zu Situationen kommt, in Anbetracht welcher wir einfach handeln müssen. 381 Fälle mit einer Schadenssumme von rund einer Million € hat es bis dato in ganz Österreich gegeben.

Wir müssen auf europäischer Ebene handeln. Es gibt einen Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2005, in dem die Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, entsprechende Maß-


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nahmen zu ergreifen, und gemäß welchem die Zusammenarbeit mit Interpol und Euro­pol auf europäischer Ebene eingerichtet wurde, um diese Vorgänge aufmerksam zu beobachten.

Auf Grund einer Initiative der leider zu früh verstorbenen Innenministerin Liese Prokop ist im Bundesministerium für Inneres bereits die Vorarbeit für die Einrichtung einer Plattform geleistet worden, und es wurde auf interministerieller Ebene zwischen dem Justizministerium und allen anderen befassten Ministerien eine gemeinsame Vor­gangsweise mit den Bundes- und Landeskriminalämtern vereinbart. Man will zunächst auch im Schulungsbereich und in vielen anderen Bereichen Maßnahmen setzen, um all diese kriminellen Vorgänge hintanzuhalten.

Zum Schluss kommend darf ich festhalten: Der Konsumentenschutz-Ausschuss ist ein parlamentarisches Gremium, in dessen Rahmen wir gerade solche Dinge, die für unsere rund 8 Millionen Konsumenten unerfreulich sind, nicht nur der breiten Öffent­lichkeit präsent machen, sondern auch dagegen ankämpfen können. Im Hinblick darauf darf ich ersuchen, nachdem sich die fünf Parteien auf diesen Antrag geeinigt haben, diesem Antrag ebenfalls nachzukommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hradecsni. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.


22.09.41

Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Nur schnell zur Korrektur: Mein Name liest sich sehr kompliziert, spricht sich aber ganz einfach aus, nämlich „Radeschni“. – Danke.

Die moderne Kommunikationsgesellschaft bietet nie dagewesene Chancen und Mög­lichkeiten, schnell und unbürokratisch zu Informationen, Wissen, aber auch Unter­haltung zu kommen. Ein weiterer Vorteil ist die Abwicklung von Geschäften über das Internet, sei es in Form von Online-Banking oder Online-Shopping, und zunehmend ist auch die Erledigung von Behördenwegen möglich, und das rund um die Uhr. Das sind Vorteile, die wir alle sicherlich nicht mehr missen wollen!

Wir wissen aber genau, dass diese Vorteile auch einen erheblichen Nachteil bezie­hungsweise eine erhebliche Gefahr in sich bergen. Dabei müssen wir unterscheiden zwischen betrügerischen Machenschaften, denen Internet-User zum Opfer fallen kön­nen, einerseits und der aktiven Nutzung des Internet für eine der grausigsten und wi­derwärtigsten Formen aller Verbrechen andererseits, nämlich die Kinder-Pornographie, die durch die Anonymität des World-Wide-Web in nie dagewesenem Ausmaß zuge­nommen hat. – Dagegen gilt es durch effizienteste internationale Zusammenarbeit ent­schieden vorzugehen, um Erfolge wie die vor einigen Wochen erzielten zu ermögli­chen.

Im Bereich des Internet-Betruges ist es vorerst wichtig, durch eine öffentliche Debatte und durch breite Informationen das Bewusstsein der AnwenderInnen zu schärfen und dafür zu sorgen, dass Präventivmaßnahmen gesetzt werden und jeder User seinen PC möglichst optimal gegen Angriffe schützt. Um sich selbst gegen Internet-Kriminalität oder auch nur gegen unseriöse Anbieter zu schützen, bedarf es jedoch eines erheb­lichen Zeit- und Kostenaufwandes. – Internet-Security-Software wie Firewalls, Anti-Spy- und Anti-Virus-Instrumente oder auch Spam-Filter müssen erst einmal erworben und dann ständig aktualisiert werden.

Es gibt internationale Datenbanken, die schwarze Schafe auf ihren Listen führen. Einerseits kann bereits der Provider einen Spam-Filter anhand der angeführten Listen vorschalten, andererseits besteht auch die Möglichkeit, in einer Black-and-White-List


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selbst einzutragen, welche E-Mails auf dem eigenen PC durchgelassen werden und welche nicht. Einen hundertprozentigen Schutz vor Spamming gibt es dadurch leider nicht, und das birgt durchaus auch den Nachteil in sich, dass man erwünschte Informa­tionen nicht mehr erhält.

Besonders fatal wirkt sich das so genannte Phishing aus, mit dem Bankkundinnen und ‑kunden unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bis hin zu exakt gleich aussehenden Homepages wichtige Informationen entlockt und diese dann missbräuchlich verwendet werden. Auch hier gilt es, durch die Weitergabe und die Veröffentlichung allgemeiner Richtlinien zu informieren und zu verhindern, dass leichtgläubig – und auch weniger leichtgläubig auf Grund der Raffinesse des Betrugs – Daten weitergegeben werden.

Zurzeit bietet allein die digitale Signatur den besten Schutz gegen Phishing. Die digi­tale Signatur ist ein komplexes Verschlüsselungssystem, das die Unveränderbarkeit von Daten bis hin zur Rechtsverbindlichkeit und zum Ersatz der eigenhändigen Unter­schrift gewährleistet, um Konsumenten und Konsumentinnen den größtmöglichen Schutz bei der Abwicklung ihrer Online-Geschäfte zu bieten.

Die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten bie­ten die EU-weit und national gültige Fernabsatz- sowie E-Commerce-Richtlinie, und auch wir sehen die Notwendigkeit – wie im Ausschuss beschlossen –, diese zu evalu­ieren und in weiterer Folge ein umfassendes Maßnahmenpaket zu erarbeiten, das auch die Gewinnabschöpfung, das heißt die Möglichkeit des Zugriffs auf die Gewinne, die aus den Straftaten lukriert wurden, verhindern sollte.

Ebenso bedarf es unbedingt einer Novelle des Wettbewerbsgesetzes durch den Bun­desminister für Wirtschaft und Arbeit, mit welcher der Verein für Konsumenteninforma­tion mit anderen zur Verbandsklage berechtigten Einrichtungen gleichstellt wird und wonach der Anspruch auf Unterlassung in den Fällen der §§ 1, 2, 6a, 9a und 9c gestellt werden kann.

Da es gerade im Bereich der Verhinderung beziehungsweise Aufdeckung von Cyber-Crime sehr leicht zur Verletzung des Datenschutzes kommen kann und uns die Ein­haltung der Grundrechte ein Anliegen ist, verlangen wir auch die Hinzuziehung der Arge Daten zu diesem dringend notwendigen Vorhaben. (Beifall bei den Grünen.)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Vilimsky. Die Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte.


22.15.22

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte erstens festhalten, dass es gut ist, dass wir auf unserer Ebene einen parlamentarischen Konsumentenschutz-Aus­schuss eingerichtet haben. – Wir leben in einer Zeit der Globalisierung und Liberalisie­rung. Der freie Warenverkehr ist kein reines Schlagwort mehr, sondern er ist heute zur Wirklichkeit geworden, und daher ist es notwendig, Missbräuchen auch auf österreichi­scher Ebene mit wirksamen Konsumentenschutzbestimmungen entgegenzuwirken.

Die vorige Regierung hat diesbezüglich einiges im Argen gelassen. – Umso besser ist es, dass jetzt mit einer neuen Bundesregierung ein Versuch unternommen wird – vor allem auch in einem Ausschuss, wo die Parteipolitik nicht im Vordergrund steht –, Maß­nahmen in Gang zu setzen, die für den österreichischen Bürger und Konsumenten ein erhöhtes Maß an Sicherheit bieten können. Ein Bereich, der besonders wichtig ist, ist jener der digitalen Sicherheit.

Bevor ich aber auf die digitale Sicherheit eingehe, möchte ich, sofern mir das die Frau Präsidentin erlaubt, Bezug nehmen auf eine Unterstellung gegenüber meiner Person,


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die völlig abseits der Wirklichkeit gelegen ist: Es geht um eine Behauptung des Herrn ÖVP-Mandatars Ferry Maier, den ich jetzt hier nicht sehe und den ich auch nicht kenne, von dem ich nur weiß, dass er über die ÖVP gesagt hat, dass das die Partei ist, in der die Philosophie „Gosche halten, Hände falten“ herrscht. Besagter Herr Maier hat von mir behauptet, ich stünde im Sold der Rathaus-SPÖ. Er hat behauptet, ich hätte eine 75 Prozent-Arbeitsverpflichtung mit der Rathaus-SPÖ. – Es ist absurd, etwas Der­artiges zu behaupten!

Faktum ist: Ich habe einen Dienstvertrag mit der Stadt Wien und bin dem freiheitlichen Rathaus-Klub zugeteilt im Ausmaß von 25 Prozent, die ich auch erfülle. Dem Steuer­zahler erwachsen dadurch keinerlei Kosten, das ist rein eine Rückzahlung unseres Klubs. – Und ich verwahre mich dagegen, wenn mit derart miserablen Untergriffen hier im Plenum Politik gemacht wird! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steibl: Was hat das mit Konsumentenschutz zu tun?)

Das ist aber auch ein Sittenbild Ihrer Partei, Ihrer Philosophie und auch Ihrer politi­schen charakterlichen Fähigkeiten! (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Schreiben Sie das in Ihr Stammbuch und hören Sie auf, mit miesen Unterstellungen, noch dazu mit Daten, die der Vertraulichkeit unterliegen, eine miserable Politik zu betreiben! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, hier nur einige Schlagzeilen: „Internet-Kriminalität in rasan­tem Ausmaß im Anwachsen begriffen“. „Angriffe werden immer raffinierter“. „Millionen­betrug mit illegalen Auto-Dialern“. „Ein deutlicher Anstieg an Internetkriminalität.“ „Laut­lose Angriffe spionieren vertrauliche Daten aus.“ „Modularer Code: Bedrohung nach dem Baukasten-Prinzip“. „Die EU sagt Web-Ganoven den Kampf an“. „Achtung vor Phishern“. Und so weiter und so fort.

Jeder von uns ist vertraut mit verschiedenen Formen der Internet-Kriminalität. Daraus ergibt sich aber auch die Verpflichtung, nicht nur auf europäischer, sondern vor allem auch auf österreichischer Ebene zu versuchen, einerseits mit gesetzlichen Maßnah­men dagegen anzukämpfen und andererseits die heimische Konsumenten-Öffentlich­keit mit Aufklärungskampagnen bestmöglich davor zu schützen.

Ich möchte, nachdem von den Vorrednern bereits sehr viel zum Thema Internet-Krimi­nalität gesagt worden ist, etwas aufs Tapet bringen, was meiner Ansicht nach nicht den klassischen Fällen von Internet-Kriminalität zuzuordnen ist, in seinen Auswirkungen aber nahe daran kommt. Darüber wird bereits eine sehr intensive Diskussion nicht nur in Österreich, sondern in Europa und in der gesamten westlichen Welt geführt. Worum geht es? – Wir haben jetzt mit Microsoft Vista ein Betriebssystem, das in seinen Be­dingungen über die Lizenznutzung bereits dermaßen viele Löcher hat und dermaßen viel an Kommunikation unerlaubter Art und Weise ermöglicht, dass man da nicht ein­fach zur Tagesordnung übergehen kann.

Ich darf Ihnen beispielsweise aus dem Endbenutzer-Vertrag EULA den Punkt 7 zitie­ren: „Der Benutzer stimmt zu, dass sich Vista regelmäßig mit Microsoft verbindet, ohne im Einzelfall den Benutzer auch nur davon zu unterrichten.“

Ferner geht es darum, dass man mit der Benutzung von Windows Vista ebenfalls zu­stimmt, dass ohne Nachfrage potenziell unerwünschte Software vom Rechner entfernt wird, und dass es ebenso möglich ist, dass die Firma in Redmond – nämlich Micro­soft – ohne Wissen des jeweiligen Nutzers auf Daten und auf Programme zugreifen kann.

Das heißt, dass zum Beispiel im Falle eines Arztes ein Programm, das er installiert hat, stillgelegt werden kann, weil es Microsoft vielleicht nicht gefällt. Oder es könnten auch, was noch viel schlimmer ist, medizinisch sensibles Material und Daten des Patienten


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auf einmal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wie es nie der Fall sein dürfte.

Wir haben das im Ausschuss besprochen: Als Österreicher kann man natürlich nicht von heute auf morgen gegen einen Monopolisten und Giganten wie Microsoft Maßnah­men ergreifen, die wirklich wirken, es kann aber etwa der Konsumentenschutzminister zumindest auf österreichischer Ebene versuchen, die Bevölkerung aufzuklären, was hier möglich ist. Man könnte auf rechtlicher Basis zu sondieren versuchen, welche Möglichkeiten es gibt, damit dieser Datenfluss in Österreich nicht möglich wird. All das beschäftigt uns und wird uns in Zukunft noch viel mehr zu beschäftigen haben. Der Konsumentenschutz-Ausschuss ist ein geeignetes Gremium, dass all das einmal durchdiskutiert wird.

Ich möchte hier auch dem Vorsitzenden Lob zollen, der mit sehr viel Objektivität und Elan an die Sache herangeht. Ich freue mich auf die Diskussionen in dem Ausschuss, und ich freue mich, dass heute ein Fünf-Parteien-Antrag die Zustimmung haben wird. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dolinschek. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.


22.21.48

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Über das neuen Medium Internet gibt es sehr viele positive, aber auch negative Nachrichten, wie wir gerade gehört haben.

Die Zahl und auch die Bedeutung der neuen Medien nimmt ständig zu, und diese prä­gen zunehmend unseren allgemeinen Alltag. Internet-Kriminalität ist mit der Entwick­lung des Internets entstanden, anders wäre es auch gar nicht möglich gewesen. Heute kann der Kauf sämtlicher Produkte vom pharmazeutischen Produkt bis zum Auto via Internet abgewickelt werden.

Das birgt natürlich gewisse Risken: Man schaut sich die Kaufangebote durch, die kom­muniziert werden, kauft und bezahlt, und die Ernüchterung kommt oft schon, wenn es Lieferungsverzögerungen gibt oder wenn man bezahlt hat und auf einmal kein Ver­käufer mehr da ist. Es kann vorkommen, dass der Verkäufer plötzlich verschwunden ist. Dann gibt es Schwierigkeiten. Man wird darauf verwiesen, dass man privatrechtlich klagen muss. Das gilt nicht nur für Endverbraucher, sondern auch für Unternehmen.

Dieser Kriminalität muss das Handwerk gelegt werden. Wir müssen daran arbeiten und Maßnahmen ergreifen, um das zu unterbinden. Der so genannte E-Commerce unter­liegt einem ständigen, rasanten Wachstum. Mit Hilfe des Internetzugangs können auch zahlreiche Bankgeschäfte abgewickelt werden, für die es bisher immer erforderlich war, persönlich beim jeweiligen Geldinstitut vor Ort zu erscheinen, und es war gerade für Erwerbstätige natürlich nicht immer ganz einfach, zu den Schalterzeiten dort zu sein. Online-Banking ist im Allgemeinen eine echte Erleichterung im Alltag. Bei allen Vorteilen birgt das Online-Banking aber natürlich auch sehr viele Risken. So wird mit Phishing immer wieder versucht, Passwörter und Codes von Verbrauchern auszu­spionieren, oder es wird mit Trojanern versucht, an sensible Daten von Verbrauchern zu gelangen. Das ist auch Bekannten von mir schon passiert.

Das Phänomen Phishing wird sehr oft als bloß technisches Sicherheitsproblem abge­handelt, während die kommunikationspolitische Perspektive völlig aus dem Blickfeld gerät. Phishing ist aber gerade deswegen möglich, weil Online-Banking nicht als Ge­samtprozess gesehen wird. Von gewissen Geldinstituten wird die Verantwortung für viele Abläufe unzulässigerweise auf den Konsumenten abgewälzt.


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Als ich als Staatssekretär für den Konsumentenschutz zuständig war, habe ich eine Studie in Auftrag gegeben. Beauftragt war die Österreichische Gesellschaft für Daten­schutz, von welcher auf wissenschaftlicher Ebene erhoben wurde, wie Online-Banking praktisch funktioniert, wo Mängel zu orten sind und welche Verbesserungen in diesem Bereich in Zukunft möglich und auch wünschenswert sein werden.

Mit rund drei Millionen Konten ist Online-Banking der bisher erfolgreichste E-Commerce-Dienst. Analysiert wurden die Angebote von 19 exemplarisch ausgewählten Geldinstituten. Dabei wurden zehn technisch verschiedene Systeme, die von sieben verschiedenen Unternehmen entwickelt und betrieben wurden, berücksichtigt.

Neben der Prüfung der sicherheitsrelevanten Aspekte wurden auch Vertragsbedingun­gen des Online-Banking überprüft. Neben mangelhafter Transparenz werden die Ver­braucher auch durch zum Teil bedenkliche Haftungsausschlüsse, die hier festgestellt werden mussten, schwer benachteiligt. So versuchen einige Banken, die Verantwor­tung für Fehler der Internet-Service-Betreiber völlig auf die Kunden abzuwälzen.

Die aus dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse sollten meiner Meinung nach auch genutzt werden, um unsere Aufmerksamkeit künftig verstärkt auf die allgemeinen Ge­schäftsbedingungen der Geldinstitute für das Online-Banking zu richten. Wir sind auf­gerufen, Maßnahmen auch dahin gehend zu ergreifen, dass diese bestehenden nicht transparenten oder benachteiligenden Klauseln beseitigt werden. (Beifall beim BZÖ.)

Voraussetzung dafür ist aber meiner Meinung nach auch, dass wir hier im Nationalrat, wenn es schon einen Fünf-Parteien-Antrag gibt, wirklich eine einhellige Meinung haben und auch eine entsprechende Frist setzen. Ich denke, eine Umsetzung muss bis zum Ende des Jahres 2007 möglich sein.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Ursula Haubner und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz (30 d. B.) über den Antrag 115/A(E) der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradescni, Harald Vilimsky, Ur­sula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen Internet-Kriminalität sowie gegen unseriöse und rechtswidrige Internetdienste“. 

Der Nationalrat wolle beschließen

„Die dem Ausschussbericht beigedruckte Entschließung wird wie folgt geändert: Nach dem Wort ‚Nationalrat’ wird die Wortfolge ‚bis Ende 2007‘ eingefügt.

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen, denn dann haben wir auch einen Zeithori­zont, damit wir das bis zum Ende des Jahres 2007 zu einem raschen Ende bringen. (Beifall beim BZÖ.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dolinschek ist ordnungsgemäß eingebracht und steht damit ebenfalls mit in Verhandlung.


Als Nächste ist Frau Abgeordnete Anita Fleckl am Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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22.28.41

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ein Fünf-Parteien-Antrag, der in der ersten Konsumentenschutzausschusssitzung zustan­de gekommen ist, ist ein wunderschönes Signal und unterstreicht auch die Wichtigkeit des Konsumentenschutzausschusses.

Es ist dies aber nicht nur ein schönes und sehr wichtiges Signal für die Bürgerinnen und Bürger. Vielmehr zeigt uns die Forderung nach einem Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Internet-Kriminalität, wie sehr sich die Konsumenten von gestern von den Konsumenten von heute und morgen unterscheiden.

Wir haben in diesem Ausschuss auch gesehen, dass es wirklich sehr viel Arbeit gibt. Es wird viel zu tun geben. Konsument sein heißt nämlich heute nicht mehr ausschließ­lich, zum Händler zu marschieren, sich für ein Produkt zu entscheiden, es zu bezahlen und wieder nach Hause zu gehen. Heute Konsument zu sein bedeutet auch Cyber­space, Logins, Mausklick und Anonymität auf beiden Seiten. Der Konsument von heute holt sich die Geschäftswelt direkt in sein Wohnzimmer.

Das kann praktisch sein, das birgt aber auch Gefahren, gerade für unsere Jugend, doch nicht nur für sie. Die Jugend, die ein positives Umgehen mit den neuen Medien hat, droht per Mausklick ganz leicht in die Betrügerfalle zu rutschen. Zu verlockend sind Gratisangebote wie Führerscheintests, Lebensprognosen oder Ahnenforschung, die sich ganz schnell als Kostenfalle entpuppen, oder jene Logins, bei denen die Al­tersangabe „über 18“ viel zu einfach gemacht wird: Ruck, zuck ist heutzutage ein Vier­zehnjähriger geschäftsfähig! Oder das Verschweigen von Kosten. All das sind typische Fallen für Jugendliche – aber nicht nur für sie, und das möchte ich auch betonen –, deren Neugier da schamlos ausgenutzt wird.

Der Phantasie der Trickbetrüger sind keine Grenzen gesetzt. Den Satz „Mir kann das nicht passieren“ kennen Sie sicher; ich behaupte, dass niemand davor gefeit ist, der im Cyberspace unterwegs ist. Bewusstseinsbildung, Information, Zusammenarbeit mit Schulen sind dringend notwendig.

Lassen Sie es mich an einem Beispiel veranschaulichen. Schülerinnen und Schüler einer AHS in meinem Bezirk wurden wider besseres Wissen ihrer Lehrerinnen und Lehrer darauf aufmerksam gemacht, Informationen von einer Site zu ziehen, die sich „Gebrüder Schmidtlein“ nennt. Der Login allein hatte zur Folge, dass eine Rechnung von 85 €, dann Mahnungen, Forderungen eines Inkassobüros und schließlich auch noch Drohungen eines Rechtsanwalts in die Haushalte dieser jungen Menschen ge­schickt wurden. Verunsicherte Eltern, verunsicherte Schüler – und trotzdem haben die Lehrer gesagt, sie brauchen auf diese Schreiben nicht zu reagieren, obwohl die Be­schwerden zur Thematik Gebrüder Schmidtlein sich auf den Schreibtischen der Arbei­terkammer schon gestapelt haben.

Sie sehen, Information tut nicht nur für Schülerinnen und Schüler not, sondern auch für Erwachsene, für Lehrerinnen und Lehrer. Hier wäre die Zusammenarbeit von Arbeiter­kammer wie auch Konsumentenschutzeinrichtungen und Schulen dringend notwendig.

Die Welt wird immer kleiner, die Gefahren für User immer größer. Im Sinne der Konsu­menten freue ich mich über diesen neuen Ausschuss, zum Schutz unserer Bürgerin­nen und Bürger, aber vor allem unserer Jugend. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Wunschredezeit: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.


22.32.32

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Im Mittelpunkt steht jetzt ein Maßnahmenpaket gegen die Inter-


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net-Kriminalität und gegen unseriöse, rechtswidrige Dienste im Internet, einem Netz, das ständig in Bewegung ist, sich unaufhörlich verändert, zugegeben auch vieles er­leichtert.

Was mir aber ein besonderes Anliegen ist – und ich möchte es wirklich unterstreichen als das Thema des Konsumentenschutzes –, ist die so brisante Kombination von Ge­walt und Medien. Das Internet bietet, ich möchte fast sagen, unendliche Möglichkeiten, sich zu bedienen. Ich möchte nur auf eines hinweisen: Zum Beispiel „fröhliches Drein­schlagen“, „Happy Slapping“, ist da nur ein problematisches Stichwort.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Umso mehr hat es mich verwundert, dass dieses gefährliche Gebiet im Ausschuss so behandelt wurde, dass es geheißen hat: Es gehört eher in den Familienbereich, in die Zuständigkeit des Familienbereiches. – Es gehört natürlich in die Zuständigkeit des Familienbereiches, auch in die Zuständigkeit des Ju­gendschutzes, aber es ist nach wie vor das Thema des Konsumentenschutzes! Denn hier geht es, glaube ich, um eine Schutzfunktion, die von allen Seiten und auf allen Gebieten angepackt werden muss.

Ich denke auch, dass gerade unsere Jungen von uns geschützt werden müssen vor Videos, die Gewaltattacken zeigen und aus dem Internet herunterzuladen sind – zum Beispiel aufs Handy, das ja jeder Jugendliche besitzt –, und dass das nicht nur mit dem Jugendschutz abgetan werden kann.

Ich glaube, mit dem Konsumentenschutzausschuss ist jetzt ein entscheidender Schritt gesetzt, wodurch es eine Plattform gibt, auf der wir verhandeln und weiterentwickeln können. Entscheidend wird es aber sein, wie wir mit diesen neuen Problemen in den Neuen Medien umgehen und wie wir auch mit Gewalt in diesen Medien umgehen. Ich bitte Sie, Herr Minister, dass Sie gemeinsam mit der Familienministerin und für die Ju­gend zuständig diese Thematik auch aufgreifen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

22.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Buchinger gemeldet. – Bitte.


22.35.02

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe diese Diskussion mit Interesse verfolgt, weil ich auch schon im Konsumentenschutzausschuss gesehen habe, mit welchem Engage­ment und welchem Sachverstand dort die Erörterung geführt wurde. Ich melde mich jetzt zu Wort, weniger, um mich allgemein zur Frage Ihres Antrages zu äußern – weil dies hier tatsächlich bereits sehr umfassend dargelegt wurde –, sondern weil die letzte Rednerin wieder ein Thema aufgebracht hat, das ich auch schon im Konsumenten­schutzausschuss relativieren konnte. Offensichtlich ist meine Argumentation nicht deut­lich bei Ihnen angekommen; ich wiederhole sie gerne.

Wenn es darum geht, Gewaltvideos oder Gewaltsendungen, Filme, iPods oder Pod­casts, glaube ich, nennt man das, auf Handys oder auf Videos kritisch zu sehen und einzudämmen, dann, Frau Kollegin, sind Sie beim Konsumentenschutzminister an der falschen Adresse! Dafür gibt es eine Spezialnorm im Jugendschutzgesetz, und fürs Jugendschutzgesetz ist in der Grundsatzgesetzgebung im Bund seit 1. März 2007 Frau Bundesministerin Kdolsky zuständig.

Ich gebe aber gerne – wenn der direkte Weg schwer ist – diese Bitte an sie weiter, dass sie sich um dieses Anliegen kümmert. In der Vollziehung – Sie werden das als Landesbedienstete wissen (Abg. Steibl: Aber Sie wissen schon, dass Jugendschutz­gesetze Landesgesetze sind?) – sind die Ämter der Landesregierung und die entspre-


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chenden Landesräte und Landesrätinnen zuständig. (Abg. Steibl: ... kein gemeinsa­mes Bundes-Jugendschutzgesetz!) Auch das kann ich dann gerne weitergeben. Aber es wäre eigentlich vernünftiger, wenn Sie den direkten Weg suchen würden, Frau Kol­legin. (Abg. Steibl: Entschuldigung, was soll das?)

Es ist so – ich sage es Ihnen gerne auch noch einmal hier von der Regierungsbank aus –: Jugendschutz als Spezialmaterie geht vor der generellen Materie Konsumen­tenschutz! (Abg. Steibl: Sie wollen sich abputzen bei diesem wichtigen Thema?) Das ist einfach so. Ich war in Salzburg auch zuständig für den Jugendschutz, da habe ich mich dieser Fragen angenommen. (Abg. Steibl: Also Sie wissen nicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Frau Kollegin, Sie sollten das vielleicht einmal bedenken, bevor Sie emotional reagieren, und diese Information annehmen, aufarbeiten und dann vielleicht umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich nütze aber die Chance dazu, hier im Parlament darauf hinzuweisen, dass tatsäch­lich die Frage ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wollen Sie dann noch einmal herausge­hen? – Ich höre Sie sonst so schlecht, Frau Kollegin. (Abg. Mag. Hakl: Sind Sie für et­was auch zuständig beim Konsumentenschutz ...? – Abg. Murauer: Sie haben gesagt, dass Sie in Salzburg auch ...! – Abg. Steibl: Weil Sie sagen, Sie sind dafür nicht zu­ständig, und Sie wissen wohl, dass das ein Landesgesetz ist! – Abg. Heinisch-Hosek: Melden Sie sich doch zu Wort! – Weitere Zwischenrufe. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Frau Kollegin, es gibt dazu neun Landes-Jugendschutzgesetze, und es gibt eine Zu­ständige im Bund. (Rufe und Gegenrufe zwischen der Abg. Heinisch-Hosek und Abgeordneten der ÖVP.) Das ist Frau Bundesministerin Kdolsky, die, wenn es auf der Landesebene Mängel gibt, das abstellen kann, die hier in Gespräche eintreten kann, die allenfalls auch einen gesetzlichen Vorstoß machen kann. – Aber ich mache es gerne für Sie, Frau Kollegin, das weiterzugeben, wenn hier der längere Weg für Sie der bessere als der kürzere Weg ist.

Aber, bitte, darf ich – das ist vielleicht auch für Sie von Interesse – darstellen, dass im Bereich der Internet-Kriminalität die entsprechenden Aktivitäten auch auf unterschied­liche Ministerien verteilt sind – das Innenministerium, das Justizministerium –, dass dem Bundeskanzleramt dabei eine Koordinationskompetenz zukommt und dass natür­lich auch der Konsumentenschutzminister hier seine Aufgaben hat, insbesondere im Aufzeigen, im Anregen, im Informieren, im Zur-Verfügung-Stellen von Informationen.

Ich darf Sie davon unterrichten, Frau Kollegin, dass wir derzeit eng mit dem Internet-Ombudsmann zusammenarbeiten, den wir vonseiten des Konsumentenschutzministe­riums auch fördern, und dass wir auch im Bereich Schulunterrichtsmaterialien Aktivitä­ten setzen. Eine kennen Sie vielleicht – sonst nenne ich sie Ihnen –: „Erst denken, dann klicken.“ Das ist ein gutes Motto, denke ich.

Auch im Bereich der EU-Fernabsatzrichtlinie gibt es Aktivitäten des Konsumenten­schutzministeriums; dabei versuchen wir, das Rücktrittsrecht der Konsumenten auszu­weiten, damit es besser genützt werden kann. Eine besonders wichtige Initiative – Frau Kollegin, Sie könnten das unterstützen – erfolgt im Rahmen des UWG beim Herrn Bun­desminister für Wirtschaft und Arbeit, mit dem ich auch hier auf der Regierungsbank kurz sprechen konnte und das avisieren konnte, dass im UWG eine Möglichkeit ge­schaffen wird, um die Gewinnabschöpfung zu ermöglichen. Eine Kollegin von den Grü­nen hat das auch vorgebracht.

Eine Besonderheit dieser Internet-Kriminalität ist es ja, dass durch die weite Verbrei­tung des Internets in bereits relativ kurzer Zeit sehr viel an zwar kleinen Geldbeträgen, aber in der Masse an großen Beträgen abgeschöpft werden kann, die nach der derzei­tigen Rechtslage, mit Unterlassung, nicht rückwirkend in Form einer Gewinnabschöp-


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fung dieser unlauter erzielten Gewinne dann wieder zurückgenommen werden können. Das wäre etwas, wo Sie Ihre Energien, Ihre Emotionen, Frau Kollegin, für eine gute Initiative sinnvoll bündeln könnten. (Abg. Steibl: Herr Minister! – Abg. Rädler: Es ist Frauentag! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir vom Konsumentenschutzministerium unterstützen laufend Verbandsklagen durch den VKI und durch andere Einrichtungen. Die Internet-Kriminalität ist eine große Her­ausforderung, der gegenüber wir all unsere Kräfte brauchen, um ihr erfolgreich begeg­nen zu können. Das Konsumentenschutzministerium wird gemeinsam mit den Initiati­ven des Konsumentenschutzausschusses seine Verantwortung wahrnehmen und hierzu einen Beitrag leisten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: So viel Unwissenheit! So schwach!)

22.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


22.41.06

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir erleben heute eine Premiere: Wir behandeln einen Antrag, der zum ersten Mal in der Geschichte des Parlaments aus einem Ausschuss kommt, der neu installiert wurde, um die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten zu behan­deln und zu schützen, was wir – und ich glaube, auch Sie alle – als sehr, sehr wichtig erachten.

Meine Damen und Herren! Das Einkaufsverhalten unserer Bevölkerung hat sich verän­dert, die Käufe im Internet sind massiv gestiegen. Leider haben sich auch die Betrüge­reien in diesem Bereich erhöht, im Jahr 2005 um exakt 12 Prozent. Wie sehen diese Betrügereien aus, meine Damen und Herren? Kennen Sie nicht auch die zahlreichen Popups, die auf vielen Internetseiten das Blaue vom Himmel versprechen? – Gewinn­spiele, bei denen Autos, Häuser und Fernreisen verlost werden; und neuerdings wird sogar angeboten, die Lebenserwartung zu errechnen oder den Intelligenzquotienten zu bestimmen.

Meine Damen und Herren, wer lässt sich nicht gerne schnell seine Lebenserwartung errechnen! Die persönlichen Daten, die da einzutragen sind, sind auch sehr schnell eingetragen, und den Hinweis darauf, dass der Dienst etwas kostet, findet man oft erst im siebten Anhang oder auf der langen Website ganz unten – wenn überhaupt ein Hin­weis vorhanden ist.

Da gibt es den konkreten Fall eines Grazer Studenten, der zeigt, dass es auch noch anders geht. Scheinbare Gratisproben aus dem Internet erweisen sich für ihn als 80 € teures Vergnügen, das sich durch Inkassokosten sogar noch auf fast 160 € verteuert hätte! Dass es sich hier um keine so genannten Mickymausbeträge handelt, meine Damen und Herren, zeigt eine einfache Rechnung: Fallen auch nur 1 000 Menschen auf den vorhin skizzierten Betrug mit den Gratisproben herein, so erwirtschaften diese Gauner 80 000 € oder, in alter Währung, mehr als 1 Million Schilling!

Meine Damen und Herren! Wir müssen etwas tun, wir müssen auch unsere Kinder schützen. Schon jetzt sind unsere Kinder in einem sehr hohen Maß im Internet aktiv. 81 Prozent der Kinder zwischen dem sechsten und dreizehnten Jahr sind Computer­nutzer, und sogar 67 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen haben Computer-Erfah­rung. Wenn man dann weiß, dass ein Fünftel aller Haushalte, in denen diese Kinder sind, über einen Internet-Anschluss verfügen und mehr als die Hälfte der Sechs- bis Dreizehnjährigen Online-Erfahrung haben, sieht man, wie groß der Handlungsbedarf ist, der hier besteht.


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Dieser Fünf-Parteien-Antrag, der heute gestellt wird, dient zum Schutz der Menschen, er dient zum Schutz der Kinder vor den Gefahren des Internets. Er ist nicht nur notwen­dig, sondern wir setzen hier auch ein politisches Signal für die Konsumentinnen und Konsumenten. Und wir setzen ein politisches Signal gegen diese Betrüger, damit sie erfahren, dass wir gewillt sind, gegen diese Maßnahmen loszugehen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


22.44.17

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben einen Konsumentenausschuss und bereits die erste Sitzung erlebt, wir haben auch einen Ausschussvorsitzenden, der mit großem Engagement und mit großer Kompetenz diesen ersten Ausschuss geleitet hat. Es gab großes Einvernehmen und vor allem auch einen Blick in die Zukunft, wobei es darum gegangen ist, dass wir die Themen sachbezogen aufgreifen wollen. Das hat uns eigentlich mit großer Zuver­sicht erfüllt, dass es hier einen Ausschuss gibt, in dem wirklich im Sinne des Konsu­mentenschutzes gearbeitet wird.

Umso mehr bin ich jetzt enttäuscht, Herr Bundesminister, über Ihre Beantwortung oder besser Ihr Eingehen auf den Debattenbeitrag meiner Kollegin! Wir sind auch im Aus­schuss übereingekommen, dass Konsumententhemen keine Querschnittsthemen in dem Sinn sind, dass sie einfach den Ministerien zuzuweisen sind, sondern dass Kon­sumentenschutz eine zentrale Stelle beim Konsumentenschutzminister haben soll und selbstverständlich alle Themen, die in den Konsumentenschutz hineinpassen, auch vom Konsumentenschutzminister behandelt werden sollten. Sie haben uns jetzt inhalt­lich überhaupt nichts zum Thema Konsumentenschutz geboten. Daher muss ich auch sagen, dass Ihr Part heute hier in diesem Parlament unangebracht war. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch – und möchte das an dieser Stelle erwähnen – sehr froh darüber, dass der Jugendschutz in die Kompetenz der Frau Bundesministerin Kdolsky fällt. Wir sind aber trotzdem zuversichtlich, dass – auch im Sinne des Konsumentenschutzes – weiter gut im Konsumentenschutzausschuss gearbeitet wird, und ich denke, dass das auch im Sinne aller Mitglieder dieses Ausschusses ist.

Wir befassen uns heute aber mit einem sehr interessanten Thema, der Internet-Krimi­nalität, und wir wissen, dass alle Internet-User auch diesen Angriffen über Internet aus­gesetzt sind. Es gibt mittlerweile 60 Prozent der Gesamtbevölkerung, die online sind, die sich dieser Dienste bedienen. Diese Tendenz ist steigend, da ja die Breitbandtech­nologie mittlerweile auch die weißen Flecken im ländlichen Raum aufarbeitet. Selbst­verständlich ist es wichtig, dass alle Menschen Zugang zu dieser modernen Techno­logie haben. Aber es muss uns auch bewusst sein, dass hier ein gewaltiges Gefahren­potential lauert.

Es sind heute schon viele Aspekte dieser Gefahren aufgezeigt worden. Es geht uns auch darum, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass hier Gefahren dro­hen, die vielleicht nicht erkannt werden, die aber insbesondere bei den Jugendlichen und bei den Kindern gewaltige Probleme auslösen können. Es geht darum, eine gute Informationskampagne auf die Füße zu stellen, um damit Problembewusstsein bei der Bevölkerung hervorzurufen.

Wichtig ist uns aber auch, dass alle Ministerien, die davon betroffen sind, hier zusam­menarbeiten und dass selbstverständlich diese Problematik – so wie es auch im Fünf-


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Parteien-Antrag formuliert ist – an die europäische Ebene herangetragen wird. Damit soll erreicht werden, dass man sich damit auseinandersetzt, um vor allem zu einem internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität beitragen zu können.

Es ist ein hervorragender Antrag, der hier gestellt wird, im Sinne des Schutzes für un­sere Kinder, für unsere Jugendlichen, für die Konsumenten, aber auch für die Wirt­schaft. (Beifall bei der ÖVP.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Ablinger zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


22.48.27

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Rädler, Sie waren heute wahrscheinlich auch in Bezug auf den morgigen Frauentag so selbstkritisch, was die Benützung des Internets durch Männer betrifft. Aber lassen Sie mich als Frau sagen, vielleicht als kleines Geschenk für morgen: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und seien Sie im Sinne der männlichen Bevöl­kerung hoffnungsfroh: Auch Männer sind zur intelligenten Benützung des Internets in der Lage. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Stummvoll. – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Das nur vorweg; aber jetzt zum wirklich ernsthaften Teil, zu diesem Fünf-Parteien-Antrag.

Das Internet ist wahrscheinlich auch ein Beispiel, an dem man dies erkennt: Die Märkte haben sich globalisiert, aber die Politik wahrscheinlich noch nicht in demselben Aus­maß. Insofern ist dieser Fünf-Parteien-Antrag eine sehr ambitionierte Antwort darauf, eine sehr ambitionierte Reaktion darauf, eine gemeinsame Entscheidung, eine gemein­same Aufforderung, hier national, aber vor allem auch europäisch tätig zu werden und darauf zu reagieren.

Eine aktuelle Umfrage in Großbritannien, durchgeführt von Get Safe Online, sagt – und das habe ich als sehr überraschend empfunden –, dass 16 Prozent der Briten und Britinnen sich vor Einbrüchen fürchten, aber 21 Prozent fürchten, Opfer von Internet-Kriminalität zu werden. Das ist, denke ich mir, eine klare Aufforderung, hier entspre­chend tätig zu werden. Die Politik muss aktiv werden, die Politik muss in dieser Hin­sicht den Menschen zu Hilfe kommen, und in diesem Sinn müssen wir der Verpflich­tung nachkommen.

Ein Gedanke noch: Das Internet erfindet in dem Sinn ja nicht Kriminalität, sondern das, was sich im Internet widerspiegelt, spiegelt sich auch in der wirklichen Welt wider, ob es jetzt Diebstahl ist, Abzocke, Rechtsextremismus, Betrügereien. Das gibt es auch in der realen Welt. Der einzige Unterschied ist wahrscheinlich der, dass es im Internet schneller geht und verdeckter ist, dass es schwieriger ist, es zu verhindern, und dass man in der Politik wahrscheinlich immer das Gefühl hat, dass man hintennach ist. Dar­auf muss man reagieren, um ein Gesetz zu haben, dass man nicht mehr das Gefühl hat, hintennach zu sein. – Es beginnt schon zu leuchten, ich muss mich tummeln.

Herr Bundesminister, wir ersuchen Sie in diesem Sinne um die Vorlage eines wirksa­men Maßnahmenpakets, was diese Sache betrifft. (Abg. Steibl: Er ist nicht zuständig!) Noch zu einem Punkt: Wir müssen auch ... (Abg. Steibl: Frau Kdolsky ist zuständig! Die Frau Ministerin ist zuständig!)

Dann darf ich, bitte, darauf eingehen, Frau Abgeordnete Steibl, auch wenn er sich si­cherlich selbst verteidigen kann. (Abg. Steibl: ... der Minister damit nicht einverstan­den!) Aber der Punkt ist folgender, was „Happy Slapping“ betrifft; lassen Sie mich dazu ein Beispiel nennen. Wenn jemand im Internet Flüge verkauft, die es real nicht gibt –


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wir kennen das –, dann ist einer nicht geschädigt, wenn er das nicht tut. Was „Happy Slapping“ betrifft, ist das der entscheidende Punkt: Da ist etwas passiert, da ist schon jemand zum Opfer geworden! (Abg. Steibl: Aber es wurde heruntergeladen!)

Das heißt, in diesem Zusammenhang geht es um etwas anderes. Da geht es tatsäch­lich um Jugendschutz, und da geht es darum – damit komme ich vielleicht auch ele­gant zu dem letzten Punkt, den ich anschneiden möchte –, sich in der Schule mit dem sinnvollen, aufklärerischen, bildungsbewussten Umgang mit dem Internet auseinander­zusetzen. Deswegen geht es darum, VerbraucherInnenbildung in der Schule zu instal­lieren. Ich würde schon sagen, es ist ein Unterschied, ob ich Opfer von Phishing oder Opfer von „Happy Slapping“ werde.

Insofern noch einmal die Aufforderung, VerbraucherInnenbildung im Sinne der Präven­tion zu verankern: Auch das erwarten wir uns von dieser Vorlage. Herr Minister, wir setzen große Hoffnungen in die Vorlage, und ich habe begründete Hoffnung, dass Sie uns nicht enttäuschen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Fuhr­mann zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


22.52.22

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich gebe meiner Vorrednerin recht: Natürlich erfindet das Inter­net nicht die Kriminalität. Vielmehr ist das Internet eine Plattform, auf der sich in der letzten Zeit gezeigt hat, dass unseriöse und rechtswidrige Angebote nicht nur angebo­ten werden, sondern durch diese Art und Weise natürlich auch sehr schnell ihre Ver­breitung finden, sodass es dadurch sogar zur Ausübung von Straftaten kommen kann und es dazu verwendet wird.

Ich möchte auf einen Teil eingehen, der insbesondere für Kinder ein Thema ist. Ich glaube, dass in Bezug auf Internet-Kriminalität vor allem die Kinderpornographie einen sehr drastischen Fall darstellt, der nicht nur verwerflich ist, sondern dem man jedenfalls auch seitens des Gesetzgebers entgegenwirken muss. Ich glaube, dass diese Krimi­nalitätsform, nämlich Kinderpornographie, nicht nur gegen die wehrlosesten Mitglieder unserer Gesellschaft gerichtet ist, sondern dass wir dabei umso mehr den Auftrag haben, Kinder, diese wehrlosen Mitglieder unserer Gesellschaft, bestmöglich zu unter­stützen.

Ich glaube, dass deshalb auch der Bekämpfung der Kinderpornographie eindeutig Prio­rität beigemessen werden muss. Das Ziel muss es meiner Meinung nach sein, den Kin­derschutz in dem Zusammenhang zu verstärken und der Kinderpornographie definitiv den Kampf anzusagen. Ich erinnere in dem Zusammenhang auch an den bisher größ­ten Fall, daran, dass es Anfang Feber Gott sei Dank gelungen ist, die Verbreitung von Kinderpornographie in Österreich aufzudecken.

Wessen es hier auch bedarf – und dazu ist es höchste Zeit –, ist, grenzüberschreitende Vernetzung in die Wege zu leiten. Es müssen Spezialisten grenzübergreifend vernetzt werden. Ich glaube, dass es ohne internationale polizeiliche Kooperation gar nicht möglich ist, den Tätern im Internet beizukommen. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt – er ist heute schon mehrfach angesprochen worden – sind die so genannten dubiosen Internet-Dienste. Ich glaube, es stellt gerade für junge Menschen eine große Gefahr dar, dass unseriöse und rechtswidrig agierende Anbieter jungen Menschen durch scheinbar interessante Angebote von Downloads, Gratis-Klingeltönen oder anderen Dingen, die heute schon genannt worden sind, einen Anreiz bieten, sich da auch zu betätigen, und im Endeffekt stellt sich heraus, dass das eine tückische


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Kostenfalle ist. Ich glaube, gerade auch unter dem Deckmantel beziehungsweise in Anbetracht der Tatsache, dass Jugendverschuldung ein Thema in Österreich ist, müs­sen hier gezielt auch Informationsmaßnahmen gesetzt werden.

Erfreulich ist, dass gerade in dem thematischen Zusammenhang hier alle Parteien an einem Strang ziehen. Unser Ziel muss es sein, möglichst rasch der Verbreitung dieser Kriminalitätsform Grenzen zu setzen und auch im Internet Schutz anzubieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Füller zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


22.55.47

Abgeordneter Christian Füller (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Kapitel Justiz des aktuellen Regierungspro­gramms werden Maßnahmen zur Bekämpfung von Internet-Kriminalität zum Schutze der Bevölkerung, aber auch der heimischen Wirtschaft gesetzt. Damit soll auch der Kampf gegen neue Kriminalitätsformen, wie zum Beispiel Angriffe auf die Informations- und Kommunikationssysteme, verstärkt werden.

Insofern bin ich glücklich darüber, dass alle Abgeordneten im Ausschuss für Konsu­mentenschutz, der bereits in seiner ersten Sitzung dieses Thema ganz oben auf die Tagesordnung gestellt hat, die Priorität, auf diesem Gebiet tätig zu werden, parteiüber­greifend erkannt haben.

Aufgrund der Anonymität, aber auch der Möglichkeiten des weltweiten Netzes wurde ein neuer Markt für kriminelle, aber auch unseriöse und unlautere Machenschaften ge­schaffen. Jeder Internet-Benutzer ist mittlerweile mit einer Masse von Spam-Mails kon­frontiert, die einem so ziemlich alles versprechen, was es zu versprechen gibt. Mit so genannten Gewinnspielen, Tests, Gutscheinen und so weiter wird von einigen ein gu­tes Geschäft gemacht.

Immer öfter werden die Nutzerinnen und Nutzer des Internets von so genannten Phishing-Mails heimgesucht, die nur auf der Suche nach Kontonummern oder Pass­wörtern sind und damit in zunehmendem Maße die Nutzerinnen und Nutzer dieses Mediums schädigen. Mittlerweile sind die Zeitungen, aber auch das Internet voll von Berichten über Betrügereien, die sich auf dieser Ebene abspielen.

Die Fälle, die der österreichische Internet-Ombudsmann bearbeitet hat, haben sich von 2004 auf 2005 beinahe verdoppelt, und im Jahr 2006 waren es schon in den ersten fünf Monaten mehr Fälle, als es im Jahr 2005 insgesamt waren. Nach Inanspruch­nahme von diversen Angeboten erhielten die Benutzerinnen und Benutzer oft genug hohe Rechnungen und anschließend Post von den Inkassobüros. Die mangelnde In­formation beziehungsweise die häufig undurchsichtigen und nicht nachvollziehbaren Informationen auf diversen Homepages tragen sehr oft dazu bei, in die Falle zu tappen.

Auf ein anderes Gebiet bezieht sich ein interessanter Artikel aus der Zeitschrift „Spie­gel“ vom 11. Jänner 2007, der sich mit dem neuen Microsoft-Betriebssystem Windows Vista beschäftigt. Dort stellt sich nämlich die Frage nach der Mitarbeit des US-Nach­richtendienstes NSA bei der Ausarbeitung und Entwicklung des neuen Programms. Offiziell heißt es, der Nachrichtendienst habe an der Verbesserung der Sicherheitssys­teme mitgearbeitet, aber es gibt genügend Berichte, die davon sprechen, dass die US-Nachrichtendienste ein nicht unerhebliches Interesse am Zugriff auf Datenbanken von Privatpersonen, aber auch Unternehmungen haben. Diese und ähnliche Praktiken fügen der Wirtschaft in Europa – geschätzt – 12 Milliarden € an Schaden jährlich zu.


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Im Interesse der Menschen sind die Abgeordneten aktiv geworden und versuchen, dem entgegenzuwirken. Der heutige Beschluss und dessen Umsetzung in einem kom­menden umfangreichen Maßnahmenpaket ist ein großer Schritt zu noch mehr Konsu­mentenfreundlichkeit und wird auch hier Rechtssicherheit herstellen. Im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten danke ich Ihnen für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hofin­ger zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


22.59.27

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht nur ganz kurz, weil ich das erste Mal hier stehe: Mein Name ist Höfinger, Frau Präsidentin, nicht Hofinger. Ich weiß, es sind zwar nur zwei Stricherl; aber bei der Wahl möchte jeder diese zwei Stricherl, ich möchte sie also auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht heute um Internet-Kriminalität. Es ist keine Frage: Ja, es haben sich auch neue Möglichkeiten im Internet aufgetan, um kriminelle Machenschaften abzuhandeln und um auch so manche seriöse Geschäfte abzuhandeln. Es ist eine große, bunte virtuelle Welt, die uns heute zur Verfügung steht, und die Verlockungen sind sehr groß.

Außerdem ist auch Anonymität gegeben, und zwar sowohl auf der Seite des Benutzers als auch auf der Seite des Anbieters von Waren oder Dienstleistungen, der vielleicht Böses damit vorhat. Und wirklich davor gefeit, dass man irgendwo hineintappt, ist niemand, ob man nun ein einfacher Nutzer ist, der beispielsweise jemandem mit einer Grußkarte eine Freude machen will und dann sehr teuer dafür bezahlt, oder wenn man seine Geld- oder Warengeschäfte über das Internet regelt und dann bemerken muss, dass sich irgendwo jemand dazwischen eingeschlichen hat.

Es können wirklich viele Möglichkeiten ausgenutzt werden, damit ahnungslose Men­schen hineinfallen. Wenn jemand nur aus Neugierde irgendwo ein Kreuzchen oder einen falschen Klick macht, dann hat es ihn schon erwischt! Und das Leidige daran ist, dass es momentan keine gesetzlichen Möglichkeiten dafür gibt, von einem Kauf, wie es bei Haustürverkäufen üblich ist, innerhalb einer gewissen Zeit zurückzutreten. Auch dafür müssten wir einen gesetzlichen Rahmen schaffen.

Ich unterstreiche voll und ganz die Argumente meiner Vorredner. Sie haben sehr viel angesprochen, und ich bin sehr froh, dass es bei diesem Antrag zu einer Fünf-Par­teien-Einigung gekommen ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hinweisen, dass wir diesen Antrag im Konsumentenschutzausschuss gestellt haben, und ich möchte im Hinblick darauf nicht verabsäumen, daran zu erinnern, dass wir auch darüber nachdenken müssen, wie wir den Konsumenten schützen können, dass wir also auch die präventive Seite betrachten müssen. Das heißt, wir müssen vor allem auch darauf Wert legen, dass der Konsument informiert und aufgeklärt wird, damit er in Zukunft einiges schon von sich selbst aus vermeiden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe es schon angesprochen: Es ist dies heute meine erste Rede hier in der ersten Kammer des Hohen Hauses. Und ich möch­te nicht vom Rednerpult weggehen, ohne dieser ersten Kammer meinen Respekt vor der Geschichte dieses Hauses und vor jenen Personen, die in diesem Hause gewirkt haben, zu bekunden. Diese haben unser Land durch schwierige und schwierigste Zeiten begleitet und aus Schutt und Asche heraus zu dauerndem Frieden, Freiheit und Wohlstand geführt. Wir können heute stolz darauf sein, dass wir uns in Sicherheit durch dieses Land bewegen können und dass unsere jungen Menschen Ausbildungs-


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möglichkeiten in diesem Land vorfinden, mit denen sie sich für die Zukunft optimal rüs­ten und entwickeln können, um Spitzenpositionen in der ganzen Welt einzunehmen. Wir können stolz darauf sein können, in einem Land zu leben, indem wir eine intakte Umwelt und eine gepflegte Landschaft vorfinden.

Für uns ist es selbstverständlich, den Wasserhahn aufzudrehen und ein Glas klares, sauberes Wasser trinken zu können. Wir leben in einem Land, das gepflegt ist vom Neusiedler See bis zum Bodensee und bis hinauf in die höchsten alpinen Regionen, weil sich die Menschen in Idealismus und Selbstlosigkeit über Jahrzehnte dafür einge­setzt haben, dass dieses Land in Wirklichkeit einem gepflegten Garten gleicht. Wir können stolz darauf sein, dass es viele Menschen in diesem Land gibt, die ihre berufli­chen Verpflichtungen mit Fleiß und Einsatz wahrnehmen, sodass dieses Land in vielen Branchenbereichen führend in der ganzen Welt ist.

Viele dieser Menschen sind darüber hinaus auch in ihrer Freizeit bereit, ihre Talente und Fähigkeiten in diversen Vereinen und Organisationen einzusetzen und damit einen wesentlichen Beitrag zu unserem täglichen Leben zu leisten, sei es in Rettungsdiens­ten, in Sport- oder Kulturvereinen oder in Vereinen zur Pflege von Tradition und Brauchtum. Sie tragen damit dazu bei, dass dieses Land nicht nur lebenswert, sondern auch dementsprechend liebenswert ist.

Ich möchte hier betonen, dass ich alles in meinem Rahmen Mögliche dazu leisten werde, dass dieser Wohlstand erhalten und in den nächsten Jahren auch dementspre­chend gesichert und weiterentwickelt werden kann, damit wir dieses wunderschöne Land Österreich in Zukunft unseren Kindern und der nächsten Generation vollgepackt mit Innovationsideen und Zukunftsperspektiven übergeben können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Spin­delberger zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.


23.05.21

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Eingangs möchte ich sagen, auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen: Es gibt es ein Bundesministeriengesetz, in dem genau geregelt ist, welche Mitglieder der Bundesregierung welche Aufgaben haben. Nachdem sich das anscheinend bis zu einigen ÖVP-Abgeordneten noch nicht durchge­sprochen hat, schlage ich vor: Macht vielleicht einmal eine Klubklausur, in der das dar­gelegt wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, ich habe bei Ihren Ausführungen ganz genau zugehört, und ich bin froh, dass Sie die Brisanz dieser Thematik betreffend die unseriösen, rechtswidri­gen Internetdienste erkannt haben. Sie haben das nicht nur erkannt, sondern mit Ihrer Offensive „Umsonst gibt’s nix“ auch dazu beigetragen, dass künftig an Lösungsansät­zen gearbeitet wird, damit die Konsumentinnen und Konsumenten einen besseren Schutz haben.

Grund dafür, dass uns diese Materie, die einer legistischen Umsetzung bedarf, so sehr unter den Nägeln brennt, ist auch der Umstand, dass immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten in diese unzähligen Internetfallen tappen. Wir alle kennen das: Wenn man den Computer einschaltet, findet man schon jede Menge vermeintlicher Gratisangebote. Es wird einem mitgeteilt, dass man zum Beispiel zu den großen Ge­winnern gehört und gratis SMS versenden kann. Tatsächlich wird man dann einige Wochen danach auch mit enormen Rechnungen konfrontiert.

Es ist uns auch deswegen wichtig, rasch etwas zu tun, weil nicht, wie Kollege Rädler gesagt hat, 2 000 Konsumentinnen im Jahr zur Arbeiterkammer kommen, sondern be-


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reits monatlich 2 000 Menschen Rat und Hilfe bei der Arbeiterkammer in solchen Fäl­len suchen.

Das heißt, die Konsumenten brauchen mehr Rechte, sie brauchen aber auch mehr Schutz, und es ist es schwierig, diese Materie insgesamt zu bewältigen, da das Inter­net niemandem gehört und von niemandem kontrolliert und gesteuert wird. Daher kann ein Täter von vielen Staaten beziehungsweise eigentlich von jedem Punkt der Erde aus eine unbeschränkte Anzahl von Straftaten begehen, und laut den mir vorliegenden Informationen haben wir es mit 7,5 Millionen Tätern zu tun.

Daher müssen wir diesen Antrag rasch umsetzen, um für die Konsumentinnen und Konsumenten ein Rücktrittsrecht sowie insgesamt eine bessere Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen und um dazu beitragen zu können, dass den kriminellen Machenschaf­ten im Internet überhaupt ein Ende gesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

23.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Grander zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


23.07.54

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben bereits viele Problematiken in diesem Zusammenhang aufgezeigt.

Ich möchte kurz auf das vom letzten Redner Angerissene eingehen: Die Zahl der vom Ombudsmann bearbeiteten Fälle betreffend das österreichische Internet betrug Anfang 2004 750 im Jahr. Im Jahr darauf ist sie auf 1 460 gestiegen, und bis Ende Mai 2006 waren es bereits über 1 900 Fälle. – Der Internet-Ombudsmann ist bestrebt, unabhängige Schlichtungs- und Beratungsstelle zu sein. Er gibt Tipps für sicheres Online-Shopping und erarbeitet Qualitätsstandards für sicheren E-Commerce. Er soll dazu beitragen, den Konsumentenschutz im Internet zu verbessern und dadurch das Vertrauen in den E-Commerce zu steigern.

Es wurde angesprochen, dass es in diesem Zusammenhang bei der Konsumenten­schutzberatung der Arbeiterkammer in Österreich im Monat bis zu 2 000 Beschwerden gibt. Diese betreffen auch unseriöse Internetanbieter, und manche Internetseiten wer­den als ausgesprochen unsauber bezeichnet. Die Bekämpfung unseriöser und rechts­widriger Angebote möchte ich ergänzend im Hinblick auf dieses Maßnahmenpaket hin­sichtlich Internetkriminalität erwähnen.

Neben klaren rechtlichen Regelungen muss es auch entsprechende Informationsmaß­nahmen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen geben. Das ist bereits angesprochen worden. Bei uns läuft in der Hauptschule in Rum für Jugendliche in der vierten Klasse jetzt das Projekt „Selbstbewusst ins Leben“. – Ich meine, etwas Ähnliches könnten wir für alle Altersschichten auch im Bereich des Internets betreiben, damit die Menschen, die Jugendlichen und auch die Erwachsenen, lernen, verantwortungsbewusst und auch im Hinblick auf ihren eigenen Schutz und den Schutz der anderen damit umzugehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Wimmer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.


23.10.22

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben heute schon vernommen, dass die Betrügereien im Internet enorm zunehmen. Betrüger, Abzocker und Scharlatane haben


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freie Hand im Netz, und darum ist es so wichtig, dass sich der neu geschaffene Konsu­mentenschutz-Ausschuss dieses Problems annimmt. Und wer unseren Vorsitzenden Jacky Maier kennt, der weiß, dass dieser Ausschuss etwas weiterbringen wird! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Internet-Kriminalität tritt deshalb verstärkt auf, weil sich das Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten in den letzten Jahren ganz stark verändert hat. 24 Stunden, also rund um die Uhr, werden Waren und Dienstleistungen aller Art angeboten, und immer mehr Menschen nehmen diese Angebote auch in Anspruch. In diesem Bereich hat sich aber auch eine neue Art von Kriminalität etabliert, und sie entwickelt sich buchstäblich täglich weiter.

Betrüger und Gauner waren immer schon sehr erfinderisch. Heute sind hier schon einige Praktiken dezidiert angeführt worden. Diesem kriminellen Treiben gehört ein Riegel vorgeschoben. Ich bin froh, dass dieser Fünf-Parteien-Antrag zustande gekom­men ist, und ich bin überzeugt davon, wenn alle Parteien – und auch in großen Teilen der Ausführungen des Koalitionspartners wurde das bestätigt – dahinterstehen, dann kann dieses Problem wirklich einer guten Lösung zugeführt werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 30 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Hiezu haben die Abgeordneten Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzan­trag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen und danach über die dem Ausschussbericht ange­schlossene Entschließung abstimmen lassen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dolin­schek, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 30 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 11.)

23.13.157. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz geändert wird (77/A)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.


Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Mag. Johann Maier. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


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23.13.38

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Initiativantrag, mit dem das Pflanzenschutz­mittelgesetz geändert wird, wird versucht, ein Problem der mittelbaren Bundesverwal­tung zu lösen. Wir stehen nämlich vor dem Problem, dass auf Bundesebene einzelne Bundesminister für Sachmaterien zuständig sind, aber überhaupt keine Informationen darüber bekommen, in welcher Form Bundesgesetze auf Landesebene vollzogen wer­den. Daher gibt es im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz bereits in der derzeit geltenden Fassung die Möglichkeit, dass die für Lebensmittelangelegenhei­ten zuständige Bundesministerin ein Rechtsmittel ergreift, wenn ein UVS einen Be­scheid aufhebt, mit dem sie nicht einverstanden ist. Bis zum Inkrafttreten des LMSVG befand man sich aber jedenfalls in der Situation, dass die zuständigen Bundesminister, die für ein Materiengesetz verantwortlich waren, keine entsprechenden Informationen bekommen haben.

Mit dem LMSVG ist es nun möglich, dass sowohl der Landeshauptmann auf der einen Seite als auch der zuständige Bundesminister auf der anderen Seite ein Rechtsmittel ergreifen kann.

Im Pflanzenschutzmittelbereich haben wir eine derartige Regelung nicht. Ich möchte auf die Debatte in der letzten Legislaturperiode verweisen, in der es darum ging, herauszufinden, wo in der Steiermark 53 Tonnen Pflanzenschutzmittel verschwunden sind. Ich erinnere: Es gab Bescheide, diese wurden allerdings vom UVS in der Steier­mark aufgehoben, und Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll hat nichts davon gewusst. Er wurde von mir im Dezember über diese Entwicklung verständigt, und in dieser Zeit wurde auch die Idee geboren, eine entsprechende analoge Regelung im Pflanzen­schutzmittelgesetz vorzusehen. Das gibt dem Landeshauptmann die Möglichkeit, ein­zuschreiten, und es gibt auch Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll die Möglichkeit, dann gegen ein UVS-Erkenntnis ein Rechtsmittel zu ergreifen, wenn er mit der Entscheidung nicht einverstanden ist. Diese Regelung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre unser rechtspolitisches Anliegen. Ich darf Sie ersuchen, diese Fragen sehr offen zu diskutieren! (Beifall bei der SPÖ.)

23.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Freund zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Herr Abgeordneter, ich weise Sie nur darauf hin, dass die ÖVP noch eine Gesamtrestredezeit von 8 Minuten hat. – Bitte.


23.16.41

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPÖ regt im vorliegenden Antrag die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes an.

Ich möchte vorausschicken, dass sich in Österreich grundsätzlich niemand über die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel Sorgen machen muss. Kein Bauer verwendet unnötig Pflanzenschutzmittel. Leider sind sie notwendig, damit die Frucht gedeihen und zu einem qualitätsvollen Lebensmittel heranwachsen kann.

Die österreichische Agentur für Ernährung und Lebensmittelsicherheit, die ARGES, prüft Pflanzenschutzmittel vor der Zulassung sehr genau. Sie dürfen keine unmittelbare oder mittelbare schädliche Auswirkung auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder Grundwasser haben.

Ganz besonders hervorheben möchte ich aber, weil das für mich ein wesentlicher Punkt ist, dass unsere Bauern verantwortungsvoll mit Pflanzenschutzmitteln umgehen. Es darf keine unsachgemäße Anwendung und auch Lagerung geben. Zuwiderhandlun­gen werden ohnehin streng bestraft. 80 Prozent unserer Bauern sind beim so genann-


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ten Umweltprogramm, gemäß welchem nur eingeschränkt Düngemittel und Pflanzen­schutzmittel verwendet werden dürfen, und diese Einschränkungen werden auch streng kontrolliert. Unsere Bauern stehen in einem starken Wettbewerb und sind darauf angewiesen, qualitativ hochwertige und einwandfreie Produkte zu erzeugen.

Die SPÖ regt mit dem vorliegenden Antrag nun an, eine Berichtspflicht über die Erledi­gung beziehungsweise den Ausgang von Strafverfahren auf Grund von Verstößen gegen das Pflanzenschutzmittelgesetz gegenüber dem Landeshauptmann und dem zuständigen Bundesminister einzuführen. Weiters soll der Landeshauptmann die Mög­lichkeit erhalten, gegen Bescheide der Unabhängigen Verwaltungssenate der Länder Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Hauptmotivation ist es, Informa­tionsdefizite – Kollege Maier hat das vorhin erklärt – gegenüber Landeshauptmann und Bundesminister zu beseitigen.

Wenn die Landeshauptleute das so haben wollen, kann man natürlich darüber reden. Wir müssen aber aufpassen, dass nicht wieder unnötiger bürokratischer Aufwand ent­steht.

Wir von Seiten der ÖVP sind für eine Zuweisung zum Landwirtschaftsausschuss, wo dieser Antrag noch ausführlich zu diskutieren sein wird. Uns ist es wichtig, dass die Bauern die Rahmenbedingungen haben, um umweltnah und wirtschaftlich arbeiten zu können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Wunschredezeit; 10 Minuten Gesamtrestredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


23.19.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz zum Initiativantrag des Kollegen Maier: Klarerweise geht es hier um eine notwendige Harmonisierung, damit das Pflanzenschutzmittelgesetz die Informationspflichten ebenso regelt wie jetzt schon im Lebensmittel- und Verbraucher­schutzgesetz. Das ist eine richtige Vorgangsweise.

Kollege Maier, anmerken möchte ich aber: Es gibt eine Reihe von sonstigen Defiziten im Pflanzenschutzmittelgesetz. Wir haben diese hier im Haus auch anlässlich des da­maligen Pestizidskandals in der Steiermark bereits erläutert. Ich verweise auf einige dieser Punkte:

Die Verfolgungsverjährung gemäß Pflanzenschutzmittelgesetz § 34 Abs. 2 beträgt ein Jahr. – Auch das ist nach wie vor ein großes Problem, weil es ganz einfach lange dauert, bis bestimmte Tatbestände entsprechend recherchiert sind.

Die Anzeigen wegen illegaler In-Verkehr-Bringung kosten derzeit nach der Gebühren­ordnung des Bundesamts für Ernährungssicherheit 390 €. Der Strafrahmen ist zwar größer, er liegt bei knapp über 14 000 € ; das wurde aber bisher nie ausgeschöpft.

Auch die Kontrolle der Pestizid-Einsätze in Österreich wurde nicht wirklich ausreichend geregelt und harmonisiert, und zwar hinsichtlich der Unabhängigkeit der Kontrolle, der mittelbaren Bundesverwaltung, der Kontrolle der Handelsimporte und der In-Verkehr-Bringung der Direktimporte. Vor allem sagen Experten, die Firmen vertreten – von die­sen habe ich es zumindest erfahren –, dass ein Landwirt, wenn er direkt importiert, sehr wohl alles machen kann, was in der EU zugelassen ist, unabhängig von dem, was in Österreich angewendet werden darf. – Wenn es hart auf hart geht, sitzt hier der Bund auf dem kürzeren Ast. Das ist die Aussage von Juristen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 192

Auch da gäbe es dringenden Handlungsbedarf, abgesehen davon, dass in Österreich als einzigem Land der Europäischen Union derzeit pauschal alle Pestizide aus Holland und Deutschland zugelassen sind. Das hat zur Ausweitung der hier vorhandenen An­zahl an Pestiziden zwischen dem Jahr 2000 und 2005 um das Dreifache geführt: 2000 waren es noch 800 Pestizide, jetzt sind es etwa 2 500 Pflanzenschutzmittel, die in Österreich eingesetzt werden können. – Wie gesagt: Da besteht Handlungsbedarf.

Herr Kollege Maier, im Regierungsübereinkommen steht, dass die SPÖ für eine EU-weite Zulassung von Betriebsmitteln eintritt. – Auch das ist äußerst bedenklich, und zwar gerade unter dem Gesichtspunkt, dass man bei der Anwendung klimatisch unter­schiedliche Bedingungen vorfindet und dass man das berücksichtigen muss und die Zulassungsbedingungen natürlich auch auf regionale Gegebenheiten eingehen sollten.

Zudem legen Sie im Regierungsübereinkommen keinerlei Zielbegriff fest, wie diese Betriebsmittel europaeinheitlich zugelassen werden sollen – nämlich zum Beispiel nach dem Vorsorge-Prinzip – beziehungsweise dass besonders schädliche Mittel von der Liste der zugelassenen Mittel entfernt werden.

Kollege Maier, allgemein möchte ich noch etwas sagen, was mir in diesem Zusammen­hang wichtig ist: Im Rahmen der ländlichen Entwicklung, die derzeit mit der Kommis­sion in Brüssel verhandelt wird, ist es auch ein Problem, dass es keinen effizienten Pestizid-Reduktionsplan in Österreich gibt. Auch das wäre ein ganz zentrales Anliegen, das ich bei dieser Gelegenheit aufs Tapet bringen möchte. Wir werden im Ausschuss noch ausführlich über Ihren Antrag diskutieren und bis dorthin auch unsere Vorschläge vorlegen.

Das ist nämlich ein Gebot der Stunde: Wenn wir hier wirklich vorankommen wollen, dann brauchen wir einen effizienten Pestizid-Reduktionsplan, der gleichzeitig auch mit einem entsprechend stringenten Pflanzenschutzmittelgesetz kombiniert sein muss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

23.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Klement. Sie haben genug Restredezeit. Die Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte.


23.23.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Geschätzte Präsidentin! Vorweg eine Frage an die Antragsteller: Sind Sie sicher, dass Sie mit der geplanten Änderung das Bundesgesetzblatt II Nummer 110/2005 meinen? Meiner Meinung nach geht es da um eine Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über versicherungs­mathematische Grundlagen. Ich bitte also Kollegen Maier & Co., zu überprüfen, ob sie wirklich die richtigen Unterlagen verwendet haben!

Zur Argumentation, die der ehemalige Landwirtschaftsminister Molterer im Jahre 2005 in der Begründung zur Agrarrechts-Änderung eingebracht hat, möchte ich ein paar An­merkungen machen: Es geht nämlich darum, dass Molterer damals sagte, dass diese Gesetzesnovelle den österreichischen Markt liberalisieren müsse und wir die Zulas­sung von Pflanzenschutzmitteln aus EU-Ländern beschleunigen müssen.

Zur Beruhigung der Kritiker sagte er damals, das Gesetz stelle sicher, dass die hohen österreichischen Standards aufrechterhalten blieben. Gleichzeitig würde es möglich sein, Pflanzenschutzmittel aus Deutschland, wo es vergleichbare Standards gebe, zu importieren, und die Regelung für andere Länder betreffe nur jene Länder, mit denen Österreich über bilaterale Vereinbarungen verfüge.


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Das ist nicht der Fall: Wir können aus diesem Pflanzenschutzmittelgesetz eindeutig herauslesen, dass ein Pflanzenschutzmittel, das bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, auch in Österreich zuzulassen ist, und es findet sich kein Wort darüber, dass bilaterale Beziehungen eine Voraussetzung dafür sein müssen. – Wir stellen also fest, dass mit diesem Gesetz einzig und allein die Absicht verbunden war, den Markt für Pflanzenschutzmittel anzukurbeln und die hohen Standards der österreichischen Prüfverfahren mit einem Schlag zu erledigen.

Wenn wir also über Änderungen dieses Pflanzenschutzmittelgesetzes diskutieren, soll­ten wir das zum Anlass nehmen, zugleich auch die rein wirtschaftlichen Überlegungen des damaligen Ministers zu überprüfen und eine Neuausrichtung der österreichischen Landwirtschaft in Richtung Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft ins Auge zu fassen. Das ist nämlich ganz wichtig! Wir wissen, dass derzeit 90 Prozent der Agrarförderungen ohne Bindung an ökologische Standards vergeben werden, und in der Regel heißt das: Wir fördern die industrielle Landwirtschaft!

Im Vergleich mit der Landwirtschaft anderer EU-Länder fällt Österreich aber vor allem dadurch auf, dass wir eine hohe Anzahl von Bio-Betrieben und vor allem kleine Struk­turen haben, und es gilt, diese Strukturen nicht nur zu erhalten, sondern auch auszu­bauen. Ein vernünftiges Pflanzenschutzmittelgesetz sollte auch dem Rechnung tragen und den massiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verteuern und somit auch brem­sen.

Das könnte auch zu einer gewissen Kostenwahrheit bei der Produktion von landwirt­schaftlichen Erzeugnissen und somit zum Aufbau eines gerechteren Marktes bei­tragen. Wenn ich von Kostenwahrheit spreche, dann meine ich die vielen negativen Auswirkungen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln überhaupt, zum Beispiel die Verseuchung des Grundwassers und die damit verbundenen kostenintensiven Sanie­rungsmaßnahmen, langfristige ökologische Auswirkungen, die Gesundheitsgefährdung der Bauern, die diese Mittel ausbringen, die Gesundheitsgefährdung der Bürger, die in der Natur Erholung suchen, jedoch von Giftwolken von Pflanzenschutzmitteln einge­hüllt werden. Wir wissen, dass 40 Prozent von Obst und Gemüse durch Pflanzen­schutzmittel so stark kontaminiert sind, dass deren Genuss zu Allergien führt und ver­schiedene Krebsraten insbesondere darauf zurückzuführen sind.

Das heißt, wir sollten überprüfen, ob wir bei dieser Änderung des Pflanzenschutzmittel­gesetzes nicht auch diese Punkte einbringen, um eine langfristige Verbesserung im Hinblick auf eine Ökologisierung der Landwirtschaft zu erreichen.

Ich möchte nun noch kurz auf einen interessanten Punkt eingehen, der mir im Pflan­zenschutzgesetz aufgefallen ist, der die Schutzgebiete in europäischen Ländern be­trifft. – In diesem Pflanzenschutzgesetz ist vermerkt: Ein Schutzgebiet ist ein in der Europäischen Gemeinschaft gelegenes Gebiet, in dem auf Grund günstiger ökologi­scher Bedingungen bei einzelnen Kulturen die Gefahr der Ansiedlung bestimmter Schadorganismen besteht, obwohl diese Schadorganismen in der Europäischen Ge­meinschaft weder endemisch noch angesiedelt sind.

Sehen wir uns nun die Definition von Schadorganismen an: Damit sind alle Arten, Stämme, Biotypen von Pflanzen, Tieren oder Krankheitserregern, die Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse schädigen können, gemeint. Meine Frage: Was anderes sind gentechnisch veränderte Organismen mit Terminatorgenen, die gewachsene ende­mische Kulturen aufs Massivste gefährden? – Ich entnehme auch daraus, dass die be­stehende österreichische Gesetzeslage gut ist und bereits gegen die grüne Gentechnik aufgestellt ist.

Die Freiheitliche Partei bringt somit folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 194

Entschließungsantrag

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein ...


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, es ist nicht möglich, in einer ersten Lesung einen Entschließungsantrag einzubringen.


Abgeordneter Dipl.-Ing., MAS Karlheinz Klement (fortsetzend): Dann nehme ich die­sen Formalfehler zur Kenntnis! Wir werden das bei der nächsten Gelegenheit nach­holen. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

23.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dolinschek. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.


23.29.14

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Klubobmann! Hohes Haus! In aller Kürze möchte ich sagen: Im Pflanzenschutzmittel­gesetz ist keine Berichtspflicht über die Erledigung beziehungsweise den Ausgang von Strafverfahren gegenüber einem Landeshauptmann und dem zuständigen Bundesmi­nister vorgesehen. Der Landeshauptmann hat auch keine Möglichkeit, gegen Beschei­de des Unabhängigen Verwaltungssenates der Länder Beschwerde beim Verwaltungs­gerichtshof zu erheben.

Damit ist der für das Pflanzenschutzmittelwesen zuständige Bundesminister in Vollzie­hung des Pflanzenschutzmittelgesetzes im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwal­tung, nämlich über die Art der Erledigung der Verwaltungsstrafanzeigen, überhaupt nicht informiert. Er hat auch keine Möglichkeit, ein Rechtsmittel dagegen zu ergreifen, im Gegensatz zum Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz.

Um dieses Informationsdefizit zu beseitigen, sollten wir, glaube ich, diesen Antrag im zuständigen Ausschuss behandeln und auch einer Erledigung zuführen. Ich kann dem Antrag einiges abgewinnen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

23.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hradecsni. – Ich hoffe, ich habe Ihren Namen endlich richtig ausgesprochen. Wunsch­redezeit: 3 Minuten; die Gesamtrestredezeit Ihres Klubs beträgt 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.


23.30.47

Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Ja, danke, das war ganz perfekt mit meinem Namen. – Wie bereits mein Kollege Wolfgang Pirklhuber ausgeführt hat, be­grüßen wir die Harmonisierung des Pflanzenschutzmittelgesetzes mit dem Lebensmit­telsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, nur greift sie unserer Ansicht nach leider zu kurz. Es gilt nämlich vielmehr, auch die Vorsorgemechanismen zu stärken, und ganz besonders gilt es, den § 12 Abs. 10 des Pflanzenschutzmittelgesetzes – wie von uns bereits in der letzten Gesetzgebungsperiode gefordert – ersatzlos zu streichen.

Ein Großteil der niederländischen und deutschen Pflanzenschutzmittel beziehungs­weise -wirkstoffe war in Österreich vor dem Inkrafttreten des besagten Paragraphen nicht oder nur unter anderen Anwendungsbestimmungen zugelassen. Für uns gilt es, im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten die Belastung durch Pestizide so gering wie möglich zu halten, statt wie in den letzten Jahren ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Pestizide! Oder haben Sie irgendetwas daran auszusetzen? – Sie brauchen sich jetzt nicht hinter Ihrem Laptop zu verstecken. Pestizide meines Wissens, oder? – Für uns


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 195

gilt es, im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten die Belastung durch Pesti­zide so gering wie möglich zu halten, statt wie in den letzten Jahren Pflanzenschutz­mittel weiter zu liberalisieren.

Wenn er auch zu kurz greift, stehen wir dennoch dem vorliegenden Antrag durchaus positiv gegenüber und werden ihn im Ausschuss entsprechend diskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 77/A dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.32.50Einlauf


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 119/A bis 161/A eingebracht worden sind.

Ferner sind die Anfragen 461/J bis 494/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage des Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.34 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.33.30Schluss der Sitzung: 23.33 Uhr

 

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