Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 260

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19.12.41

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Aubauer, ich komme am Anfang meiner Rede gleich zu Ihren Ausführungen und sage Ihnen: Sie haben jetzt noch die Chance, mit uns dahin gehend mitzustimmen, dass die Amnestie verlängert wird. Tun Sie doch nicht so, als könnte Sie Ihr „böser“ Koalitionspartner daran hindern, denn ob der „böse“ ist oder nicht, das haben Sie auch schon vor drei Wochen gewusst, haben da aber noch den Antrag eingebracht, diese Amnestie zu verlängern! – Jetzt aber trauen Sie sich nicht mehr; die ÖVP ist wieder in Deckung gegangen! Und das finde ich deshalb so schlimm, Frau Aubauer, weil Sie nämlich so den Leuten, den behinderten Men­schen, den alten Menschen etwas vorgaukeln, was Sie dann aber nicht tun, weil Sie diesen Menschen Hoffnungen machen, die Sie niemals erfüllen – und noch dazu glau­ben, diese Menschen seien so dumm, das nicht zu kapieren. Das ist das Aller­schlimmste daran!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu dieser angeblichen Legalisierung. Herr Mi­nister Buchinger, Sie wissen ganz genau: Bei Ihrem Ziel, das Sie sich gesetzt haben, dass 2000 sogenannte illegale Arbeitskräfte bis August 2008 legalisiert werden sollen, fehlen dann aber noch immer 38 000 dieser Arbeitskräfte, denn im Sommer 2006 ha­ben Sie sogar von 40 000 gesprochen. Wo sind denn dann diese 38 000? Werden dann diese 19 000 Personen, die so gepflegt werden, ins Heim gehen müssen – oder, Herr Minister, diese Menschen werden sich einen anderen Weg der Illegalität suchen müssen, und zwar dann, wenn sie eben nicht in ein Heim gehen wollen.

Herr Minister, das wollen sehr viele nicht. Und die Menschen sind schlau, wenn es um ihr nacktes Überleben geht, wenn es darum geht, ob sie zu Hause bleiben können oder nicht. Ich habe Ihnen das, Herr Minister, schon in einem anderen Gremium gesagt: Ich finde es super, wie gut alte Leute noch drauf sind, wenn es darauf ankommt, denn die­se Idee ist grandios. So werden jetzt beispielsweise sogenannte neue Familien ge­schaffen. Ich weiß nicht, ob Sie das schon wissen. Ein typisches Beispiel: Die Frau Mayer braucht eine Assistenzleistung. Die Frau Mayer hat einen Sohn und einen En­kel. Beide sind nicht verheiratet. Jetzt machen sie es so, dass von den zwei illegalen Betreuerinnen, die immer da waren, aber ab 1. Jänner 2008 nicht mehr unter diesem Titel kommen dürfen, eine die Lebensgefährtin vom Sohn und die andere die Lebens­gefährtin vom Enkel ist. Diese beiden Betreuerinnen kommen jetzt im 14-Tage-Rhyth­mus mit einem Besuchervisum, bleiben da – und wenn sie schon da sind, können sie ja die Oma beziehungsweise die Mutter auch gleich mitpflegen.

Das, Herr Minister, sind die neuen Systeme, die jetzt Platz greifen müssen, damit die Leute da irgendwie durchkommen.

Ich darf Ihnen sagen: Es gibt ein neues Ehepaar in Österreich, wobei die Altersdiffe­renz dieser Eheleute 47 Jahre ausmacht. Natürlich ist die Frau die jüngere, denn der ältere Herr ist nämlich der, der die Pflege braucht – und der hat eben einfach seine Be­treuerin geheiratet. Damit ist sie ein Familienmitglied – und aus ist der Tanz mit dieser Illegalität, und alle zwei haben etwas davon, denn sonst hätten sie das ja nicht ge­macht.

Ich habe diese Beispiele – ich könnte Ihnen noch einige aufzählen – auch im Bundes­behinderten-Beirat „vorgestellt“, unter Anführungszeichen. Und hiezu hat Frau Lapp gesagt – und da ist mir wirklich nichts mehr eingefallen –, diese neue Lösung sei jetzt gut, denn jetzt würden endlich Familienbande, die immer schon vorhanden waren, nämlich Liebesbande, sozusagen umgesetzt, indem die Leute sagen: Aber jetzt mach’ ma des schon! Dass das wirtschaftliche Notwendigkeiten sind, die zu solchen Kon­strukten führen, das, Frau Lapp, haben Sie bis heute entweder nicht kapiert – oder wol­len es gar nicht wissen. So ist es aber, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 


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