Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 277

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

19.59.21

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Das Arbeitslosenversicherungsgesetz, wie es jetzt geän­dert werden soll, hat wenige Punkte, die positiv sind. Positiv ist, dass die Freien Dienst­nehmer in der Arbeitslosenversicherung jetzt eine Gleichstellung erfahren, so wie eben die echten Dienstnehmer hinsichtlich des Sozialversicherungsschutzes. Das gilt auch für die Insolvenzentgeltsicherung.

Was für mich sehr unverständlich ist – ich habe zwar großes Verständnis dafür, dass natürlich auch Selbständige, wenn sie in die Situation kommen, dass sie keine Arbeit haben, unter Umständen eine Arbeitslosenunterstützung bekommen; das ist okay –, was ich aber weniger verstehe, ist, wenn bei der Einführung der Arbeitslosenversiche­rung für Selbständige sozusagen die Rosinen herausgepickt werden und das über die Solidargemeinschaft der unselbständig Erwerbstätigen subventioniert wird. Also dafür habe ich relativ wenig Verständnis.

Im Entwurf fehlen wichtige Maßnahmen für die bessere soziale Absicherung und für die Weiterbildung der arbeitsuchenden Menschen, deren Ziel es sein soll, dass sie wie­der auf den Arbeitsmarkt zurückgeführt werden sollen, also eine aktive Arbeitsmarktpo­litik betrieben wird. Es hat ja auch die Arbeiterkammer in ihrer Stellungnahme dazu doch einiges beanstandet.

Da verstehe ich gerade die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialistischen Partei nicht, dass sie da nicht auf die Barrikaden steigen, wenn es darum geht, dass selbstän­dig erwerbstätige Personen jetzt praktisch beschäftigungslos werden – was für mich ohnehin schon ziemlich unverständlich ist, wie man da beschäftigungslos werden kann. Aber im Großen und Ganzen: Okay, wenn es so passiert, müsste das eigentlich aus einem Topf finanziert werden, der auch von den selbständig Erwerbstätigen gespeist wird – und nicht aus dem großen Topf der unselbständig Erwerbstätigen. Da muss ich schon wieder fragen, Herr Bundesminister: Wird dann das Arbeitslosengeld für jene, die unselbständig erwerbstätig sind, in Zukunft weniger werden, oder wie? Wie schaut das eigentlich aus? – Das ist ja noch nicht beantwortet worden.

Dass jetzt praktisch die Arbeitslosenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen da­mit belastet wird, das ist nicht einzusehen. Das wird auch in der Stellungnahme der Ar­beiterkammer kritisiert. Eine sinnvolle Einbeziehung in die bestehende Arbeitslosenver­sicherung setzt natürlich auch voraus, dass es keine spekulative Teilnahme an der Versicherung geben darf. Und das ist schon ein Unterschied, denn auf der einen Seite gibt es ein Opting-in für die selbständig Erwerbstätigen, auf der anderen Seite gibt es das für die unselbständig Erwerbstätigen jedoch nicht. Und es ist so, dass man bei den selbständig Erwerbstätigen die Wahl einer höheren Beitragsgrundlage hat, bei den un­selbständigen Erwerbstätigen aber nicht.

Das ist einfach keine Gleichheit, Herr Klubobmann Cap! Wie können Sie dem zustim­men?! – Das verstehe ich überhaupt nicht, das ist ja unmöglich! Na gut, Sie haben nie gearbeitet, Sie haben immer studiert, sind direkt in die Politik gegangen. Also kein Wunder! Sie verstehen das nicht. Aber es gibt ja genügend ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.– Frau Kollegin Trunk, das ist nun einmal so. Diejenigen, die in der Pri­vatwirtschaft tätig sind und jeden Tag von Kündigung bedroht sein können, denken noch ein bisschen anders darüber. Das ist halt der Unterschied. Fragt einmal eure Ge­werkschafter, wie sie darüber denken! Die können darüber nicht glücklich sein.

Außerdem kann es bei selbständiger Erwerbstätigkeit zu mehr Sozialmissbrauch kom­men. Sie haben wesentlich mehr Möglichkeiten dazu. – Das ist daher für mich nicht verständlich.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite