Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung / Seite 259

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erster Instanz verurteilt wurde. (Abg. Großruck: Das hat damit überhaupt nichts zu tun!) Das ist dieselbe Materie; es dreht sich um Schlepperei. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe noch ein Beispiel. Solche „Fehlleistungen“, wie das Außenministerium das be­schönigend nennt, kommen nicht nur auf Botschaften vor, sondern haben zum Beispiel auch auf niederösterreichischen Bezirkshauptmannschaften gefunden, wie Sie viel­leicht wissen. Da hat es einen Prozess in St. Pölten gegeben, bei dem der Hauptan­geklagte – zwei waren es, war ein Pärchen aus St. Pölten – beschuldigt wurde, für mehrere Frauen aus der Karibik und aus Osteuropa Visa organisiert zu haben. (Abg. Dr. Mitterlehner: Kommen Sie einmal zur Sache!) Das ist ganz zur Sache, Herr Mitter­lehner!

Bekannterweise mussten die Bezirkshauptmänner – Herr Hofrat, Herr Hofrat, Dienst­wagen und so weiter – aus Lilienfeld und Horn bei diesem Prozess als Entlastungszeu­gen auftreten und aussagen. „Wussten Sie“, sagte die Richterin, „bei der Bewilligung der Visa-Anträge, dass die Damen als Prostituierte arbeiten?“ Sie fragte das den Be­zirkschef von Horn, und nachdem die Richterin den Wortschwall des nervösen Beam­ten gestoppt hatte, sagte er: „ja“. Der zweite Bezirksobmann bestätigte ebenso, dass sieben Visa-Anträge per Post aus Ungarn eingegangen sind, auf denen dann hand­schriftlich „Prostituierte“ vermerkt war. Die logische Folge war ein Freispruch.

Zwei niederösterreichische Bezirkshauptmänner als Entlastungszeugen in einen Schlepperprozess zitiert, die zugeben mussten, dass sie in voller Kenntnis des Um­standes, dass sie ein Visum für Prostituierte erteilen, das auch getan haben.

Ich sage, das hat keine Qualität eines Einzelfalles. Das hat auch nicht die Qualität von bloßer Korruption. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist viel mehr. Das ist hohe Kriminalität, die ist gezielt, die ist vernetzt, und sie reicht in die Politik. Und wenn Sie heute hier nicht zustimmen: Ich kann Ihnen versprechen, es wird zu diesem The­ma – jedenfalls irgendwann einmal – einen Untersuchungsausschuss geben, weil es einen Untersuchungsausschuss zu diesem Thema geben muss! (Beifall bei der FPÖ.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schieder. – Bitte.

 


21.56.41

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der illegale Visa-Handel und auch die gesamte Affäre, die wir nicht nur die letzten Tage verfolgen, sondern die schon seit längerer Zeit bekannt ist, ist aus mehreren Gründen höchst problematisch und in sich natürlich auch ein Skandal. Es bedarf auch des schärfsten Vorgehens gegen diese Machenschaften, und es gibt ja zurzeit auch die Gerichtsverhandlung, die auf juristischer Ebene klärt, wo da die Verantwortung liegt.

Ich möchte auch vor allem dem ehemaligen oberösterreichischen SPÖ-Landtagsabge­ordneten Edelmayer unseren Dank aussprechen, denn durch sein Engagement ist das erst an das Tageslicht gekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Anfangs hat man – das muss man auch ganz offen sagen – an den zuständigen Regie­rungsstellen nicht reagiert, als Edelmayer die ersten Hinweise geliefert hat. Es geht um Amtsmissbrauch, es geht um Betrug, es geht um Geschäftemacherei mit Schicksalen von Menschen, und es wirft das auch ein negatives Licht auf die Arbeit unserer Konsu­larabteilungen. Es gibt nämlich hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kon­sularabteilungen, die gute, ehrliche, richtige und gesetzeskonforme Arbeit leisten.

 


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