Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 66

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sehr beklagt wird – leistbare öffentliche Verkehrsmittel so auszubauen, dass sie in den nächsten 15, 20 Jahren auch wirklich zu benutzen sind?

Öffentliche Verkehrsmittel und ländlicher Raum – das ist nicht etwas, das gottgegeben ist. Wir wollen auch keine leeren Räume, sondern wir wollen selbstverständlich kon­zentrierte Ortszentren. Aber es muss öffentliche Angebote geben. Es hat nicht jeder, nicht jede ein Auto, und es kann auch nicht jeder ein Auto haben. Deshalb ist es auch so unfassbar kurzsichtig, zu sagen: Okay, es gibt keinen öffentlichen Verkehr, aber was soll man machen!, und fertig. Das ist nicht der Punkt! Hier setzt politische Gestaltungskraft an. Hier muss gearbeitet und ausgebaut werden. 10 Millionen € sind eine Frechheit. Wenn man das in den nächsten zehn, 15 Jahren nicht ordentlich in die Hand nimmt, dann werden wir die Menschen vor allem im ländlichen Raum vor unlösbare Probleme stellen. Es beginnt bereits jetzt eine Landflucht, die Mietpreise steigen bereits, die Wohnungspreise steigen – all das ist auch eine Folge von falscher Energiepolitik. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Energieminister, zur Novelle, die Sie uns heute zumuten – und ich sage wirklich: zumuten! –, ist zu sagen: Wir haben im Jahr 2004 ein funktionierendes Ökostrom­regime gehabt. Die Anlagen haben begonnen zu wachsen, der Markt hat geboomt, die Firmen haben sich sehr, sehr gut entwickelt, haben nicht nur exportiert, sondern auch in Österreich Anlagen gebaut. Es ist eine kleine feine Industrie entstanden. Das Gesetz war dann ÖVP und SPÖ zu erfolgreich, und es wurde gekillt. Seit 2006 werden kaum neue Anlagen errichtet. 17 Millionen € Fördervolumen, vorher über 100 Millionen € Fördervolumen.

Sie legen uns nun ein Gesetz vor, wo Sie von 17 auf 21 Millionen € erhöhen, wohl wissend, dass es im Bereich Biomasse und Biogas, vor allem Biomasse, massive Probleme mit den Rohstoffpreisen gibt. Die Anhebung der Rohstoffpreise wird jetzt mit eingerechnet, und die 4 Millionen, die Sie zusätzlich zur Verfügung stellen, werden gewiss ausschließlich von den erhöhten Rohstoffpreisen im Biomassebereich aufgefressen. Das heißt, es wird keine einzige zusätzliche Anlage in Österreich möglich.

Sie verbleiben in dieser wichtigen Zukunftsbranche auf einem Gartenzwerg-Niveau und zerstören damit nicht nur Arbeitsplätze, sondern zwingen uns, weiter Atomstrom zu importieren, zwingen uns, weiterhin CO2 zu emittieren. Sie wollen nebenbei – was Ihre energiepolitische Strategie ist – fünf neue große Gaskraftwerke bauen. Das bedeutet fünf Millionen Tonnen zusätzliches CO2, und das wiederum bedeutet zusätzliche Kos­ten­belastungen aus dem Kyoto-Vertrag. – Das in Summe ist Energiepolitik unver­nünftig pur! (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen nur sagen, wir haben lange zugesehen. Für diese heikle Zeit, in der wir uns jetzt befinden, für diese sensible Phase, in der unsere Industriegesellschaften einen Sprung in ein neues Zeitalter schaffen müssen, sitzen Sie in einer sehr, sehr wichtigen Position. Ich glaube, unsere Kinder und Kindeskinder werden einmal fragen, warum wir das in diesen Jahren, in diesem Jahrzehnt nicht gemacht haben, und wir werden dann antworten müssen: Ja, da gab es einen Energieminister, Bartenstein, der die Zeichen der Zeit einfach nicht erkannt, sondern konsequent auf Öl-, auf Gas- und auf Atomstromimporte gesetzt und die Chancen, die wir gehabt hätten, nicht genutzt hat.

Deswegen stelle ich den Antrag an den Nationalrat, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Sinne des Artikel 74 B-VG das Vertrauen zu versagen.

Ein Punkt noch zum Abschluss. Wir erwarten uns von Ihnen – und wir haben uns das von Ihnen erwartet –, dass Sie auf europäischer Ebene konsequent ein Arbeiter, ein Unterstützer der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes sind. Sie haben sich


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