Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll10. Sitzung / Seite 187

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Präsident Fritz Neugebauer: Auch dieser Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und wird mit verhandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anti-Atom-Paket ein­gebracht im Zuge der Debatte zur dringlichen Anfrage betreffend Versagen und Orien­tierungslosigkeit der Bundesregierung in der Energiepolitik

Im Zuge des Lieferstopps von russischem Erdgas über die Ukraine hat die slowakische Regierung die Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerks Bohunice angekündigt. Europaweit droht eine Renaissance der Atomkraft. In Finnland wird an einem neuen Atomkraftwerk gebaut, bis zu 3 weitere sind in Planung. In zahlreichen europäischen Ländern werden neue Kraftwerksblöcke diskutiert oder geplant, in der Nähe Öster­reichs u.a. neue Reaktoren in Mochovce, Temelin und Krsko. Italien hat angekündigt, wieder in die Atomkraftnutzung einzusteigen. Auch Polen will Atomkraftwerke bauen.

Das Ziel des europaweiten Atomkraftausstiegs ist im Gegensatz zu früheren Regierun­gen nicht mehr im aktuellen SPÖ-ÖVP-Regierungsprogramm enthalten und offenbar kein Ziel dieser Bundesregierung. Dabei ist Österreich nicht allein: 12 EU-Mitgliedstaa­ten betreiben derzeit keine Atomkraftwerke. Österreich hat sich zwar nach der Volksab­stimmung 1978 eindeutig gegen die Nutzung der Atomkraft ausgesprochen und dies gesetzlich verankert. Trotzdem stammt ein steigender Anteil des Stroms in Österreich aus Atomkraftwerken.

Laut Angaben der E-Control wurden 2006 rund 16 Prozent des in Österreich an End­kunden abgesetzten Stroms als sog. „Strom unbekannter Herkunft“ bezeichnet. Dieser Strom wird mit dem durchschnittlichen europäischen Strommix („UCTE-Mix“) bewertet, dieser besteht lt. E-Conrol zu 31 Prozent aus Atomstrom. Entsprechend stammen da­mit rd. 5 Prozent des Stroms in Österreich aus Atomkraftwerken. Nach Angaben von BM Berlakovich liegt diese Zahl aktuell bereits bei 7 Prozent. Dabei wird in dieser Sta­tistik nicht auf die tatsächlichen Strom-Lieferverträge Bezug genommen und auch der Stromhandel der österreichischen Stromanbieter nicht mit berücksichtigt. Studien von NGOs weisen einen Atomstromanteil in Österreich von bis zu 20 Prozent nach. Mit dem Kauf dieses Stroms werden Atomkraftwerke in Europa von den StromkundInnen in Österreich mitfinanziert. Die Aktivitäten der Bundesregierung gegen grenznahe AKW werden unglaubwürdig bleiben, solange Österreich weiter Atomstrom importiert. StromkonsumentInnen sind durch die derzeitige Ausweisung von „Strom unbekannter Herkunft“ verwirrt. Eine konsumentInnenfreundlichere Stromkennzeichnung fehlt.

Der Stromverbrauch in Österreich wächst seit Jahren ungebremst. Durchschnittlich stieg er in den letzten 20 Jahren um über 2 Prozent pro Jahr. Werden keine Maßnah­men ergriffen, gehen Studien davon aus, dass er auch in Zukunft ähnlich weiter wach­sen wird. Ein Mittel dagegen ist die Erhöhung der Energieeffizienz, hier ist sind die Re­gierungen aber seit Jahren säumig. So wurde etwa die Energieeffizienz-Richtlinie der EU nicht bis zum vorgesehenen Zeitpunkt 17. Mai 2008 umgesetzt. Durch das stetige Verbrauchswachstum wurde Österreich seit 2001 auch zum Strom-Nettoimporteur und importierte im Jahr 2007 physikalisch über 11 Prozent seines Strombedarfs, das sind 6,6 TWh.

Gleichzeitig besteht ein de-facto-Ausbaustopp beim Ökostrom: In den vergangenen Jahren wurde ein gut funktionierendes Ökostromgesetz zerschlagen, derzeit herrscht Stillstand beim Ökostromausbau.

 


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