Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 210

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beim Einkommen. Wenig qualifizierte Arbeitskräfte sind davon besonders betroffen. Diese haben in den letzten Jahren eigentlich einen Reallohnverlust erlitten. Trotz Voll­zeitbeschäftigung leben so manche an der Armutsschwelle. Vor allem sind die Be­schäftigten in den Branchen Handel, Textil, Reinigung, Tourismus und so weiter stark betroffen, die zwar – im Gegensatz zu vielen Berufen im freien Gewerbe, wie bei Nota­ren, Rechtsanwälten oder Ärzten, wo das nicht der Fall ist – minder bezahlt werden, obwohl die Chefs ganz tüchtig abkassieren.

Herr Kollege Katzian, Sie sagen, in Österreich sind 95 Prozent der Beschäftigten über Kollektivverträge abgedeckt. Mir geht es aber auch um die 5 Prozent, die dort nicht abgedeckt sind. (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Katzian.) – Ja, Ihnen auch, aber, Herr Kollege Katzian, das ist eben die Problematik, wo die Sozialpartnerschaft sozusagen säumig ist, wo sie nichts zustande gebracht hat. (Abg. Ursula Haubner: Genau!) Es gibt zwar die Sozialpartnerschaft, die zuständig ist, aber damit nicht zu­rechtkommt.

Herr Kollege Katzian, Sie haben zum Beispiel bezüglich der Mindestlöhne Warnungen ausgesprochen. Von 27 EU-Staaten haben mittlerweile 20 Staaten den Mindestlohn eingeführt. Wenn Sie davon sprechen, dass die Anpassung der Mindestlöhne in Eng­land aufgrund der schlechten Wirtschaftslage ausgesetzt worden ist: Wer sagt denn, dass man sie aussetzen muss? Das ist eine Frage des Gesetzgebers, der muss sie ja nicht aussetzen! Es sollte eigentlich jedes Jahr eine reale Steigerung geben.

Zum Branchenkollektivvertrag, der angeblich so flexibel ist: Wo ist er denn flexibel? Flexibel nach unten, denn die Leute haben in den letzten Jahren einen Reallohnverlust erlitten, und die Armutsgefährdung schreitet massiv voran, Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ.)

Deswegen ist es wichtig, in diesen Bereichen zu handeln. (Zwischenruf des Abg. Räd­ler.) Der Antrag mit 7,25 € pro Stunde, der uns hier vorliegt, entspricht bei Vollbe­schäftigung einem Gehalt von 1 276 € brutto pro Monat. Wir haben ein Modell mit 1 300 €. Von einer Vollzeitbeschäftigung heruntergerechnet kommen wir ungefähr auf das Gleiche.

Es ist auch wichtig, dass die Differenz zwischen einem erwerbslosen Einkommen und einem Arbeitseinkommen auch groß genug ist, sodass der Anreiz da ist, eine angebo­tene Stelle auch anzunehmen. Wenn wir heute über eine bedarfsorientierte Mindest­sicherung sprechen, so beinhaltet das Bundesmodell 772 € brutto, 14 Mal im Jahr, mit einem Kinderzuschlag von15 bis 18 Prozent. In Kärnten haben wir ein Modell mit 612 €, aber mit 30 bis 40 Prozent Kinderzuschlag. (Beifall beim BZÖ.)

Meiner Meinung nach sollten wir ein Jahr lang beobachten, was besser ist, denn die Familien werden natürlich mehr unterstützt, wenn der Kinderzuschlag höher ist. Das einmal dazu.

Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir in Anbetracht dieser Tatsachen auch in Österreich einen gesetzlichen Mindestlohn einführen, denn damit verhindern wir eine weitere Verarmung. Die Armut in Österreich wird immer ärger, und auch der Armutsbe­richt sagt, dass das Auseinanderdriften von Einkommen von Leuten, die unqualifiziert oder wenig qualifiziert sind, und von Managergehältern dramatische Formen annimmt. Auch die Freiberufler sollten wir stärker berücksichtigen. (Beifall beim BZÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 34/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

 


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