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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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191. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 27., und Donnerstag, 28. Februar 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

191. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 27., und Donnerstag, 28. Februar 2013

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 27. Februar 2013: 9.02 – 24.00 Uhr

                                      Donnerstag, 28. Februar 2013: 0.00  –  0.45 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2189/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Qualitätsdatenbank für Pflichtpraktika

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2205/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung von Qualitätsstandards für Pflicht­praktika in Studienplänen

5. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2010 und 2011

6. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2012/13

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Unter­nehmensgesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Verbraucherkreditgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zahlungsverzugsgesetz – ZVG)

8. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979 über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG) sowie das Bundesgesetz, mit dem im Zivilrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen werden, geändert werden

9. Punkt: Bericht über das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kommission/Jahreswachstumsbericht 2013 (99652/EU XXIV. GP)

10. Punkt: Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits


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11. Punkt: Bericht über den Antrag 2207/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten Führer der PKK, Abdullah Öcalan

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2028/A(E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1952/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Universal Periodic Review Prozess der Vereinten Nationen

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2007/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei

16. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (32/BI): „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2147/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis

18. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber

19. Punkt: Ersuchen der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirt­schaftsstrafsachen und Korruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Strutz

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kolle­gen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung ............................................................................... 23

Wortmeldungen im Zusammenhang mit den Einwendungen:

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 24

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 24

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 25

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 25

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 26

Durchführung einer Debatte über die Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 56

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 56

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 58


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 3

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 59

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 61

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 62

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 64

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 65

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 67

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 68

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 69

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 71

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 73

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 74

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ..... 75

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 76

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 77

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 78

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 12979/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 79

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 177

Redner/Rednerinnen:

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 177

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .........................................................  180, 187

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 181

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 182

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 183

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 185

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 187

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 188

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 2172 und 2173 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ......................................................... 79

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 80

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 115

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  116, 134

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2142 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (2180 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Wissenschaftsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung .................................  197, 198

Aktuelle Stunde (50.)

Thema: „Fleischskandal: Es ist uns nicht ,Wurst‘, was wir essen!“ ...................... 27

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ................................................................................................................. 27

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..............................................................  30, 53

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ..... 34

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ..... 35

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 37

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 39


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Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 40

Erich Tadler ............................................................................................................. ..... 42

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ..... 43

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ..... 45

Harald Jannach ....................................................................................................... ..... 46

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 48

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 50

Stefan Markowitz .................................................................................................... ..... 51

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 55

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Gerhard Köfer und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Korruptionsverdacht im Netzwerk von ÖVP-Landespolitik, der niederösterreichischen Ver­mögens­ver­waltung fibeg, Raiffeisenlandesbanken, Hypo Banken und den Bundesagenturen OeBFA und FMA (14090/J) ............................................................. 134

Begründung: Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ..................................................... 138

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 142

Debatte:

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 146

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 148

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 149

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 152

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 154

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 157

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 157

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 158

Ing. Christian Höbart .............................................................................................. ... 161

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 163

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 164

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 168

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 169

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 171

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 172

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 173

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 175

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ... 176

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2113 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (2177 d.B.) ..................................... 80

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 80

August Wöginger ......................................................................................................... 83

Ing. Peter Westenthaler ......................................................................................  85, 112

Mag. Laura Rudas ........................................................................................................ 88

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 89

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 91


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Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 92

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 94

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ..... 96

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 97

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ..... 99

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 100

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 101

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 104

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 105

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 107

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 108

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 109

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 110

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 111

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend rasche Reform der Pendlerpauschale und Umsetzung einer kilometerabhängigen Abrechnung mit Negativsteuerwirkung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler – Ablehnung  95, 115

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Agrardiesels – Ablehnung (nament­liche Abstimmung) ..  106, 115

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 114

2. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2142 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (2180 d.B.) ................................ 117

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 117

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 120

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 121

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 123

Kurt List ................................................................................................................... ... 124

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 126

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 127

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................. ... 128

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 131

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 132

Anna Franz .............................................................................................................. ... 133

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 190

Harry Rudolf Buchmayr ......................................................................................... ... 192

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 192

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kol­legen betreffend „Sicherstellung einer transparenten europäischen Forschungs­förderung“ – Ablehnung  130, 198

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 198

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2189/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Qualitätsdatenbank für Pflichtpraktika (2181 d.B.)        ............................................................................................................................. 198


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4. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2205/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veran­kerung von Qualitätsstandards für Pflichtpraktika in Studienplänen (2182 d.B.) ............................................................................................ 198

Redner/Rednerinnen:

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 198

Anna Franz .................................................................................................................. 200

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 200

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 202

Kurt List ................................................................................................................... ... 203

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 204

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2181 und 2182 d.B. .......................... 205

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2010 und 2011 (III-371/2153 d.B.) ........ 205

6. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2012/13 (III-372/2154 d.B.) .................................................................................. 205

Redner/Rednerinnen:

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 205

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 206

Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................................................................ ... 207

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 208

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 211

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 212

Johann Hell .............................................................................................................. ... 214

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 215

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 216

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 217

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 218

Johann Singer ......................................................................................................... ... 219

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 220

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 221

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 222

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ........................................................... ... 223

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erich Tadler, Kollegin und Kollegen betreffend „Falschaussagen gegenüber dem Rechnungshof“ – Ablehnung ....................................................  213, 224

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-371 und III-372 d.B. ..................................... ... 224

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2111 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Unternehmensgesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Verbraucherkreditgesetz und das Konsumentenschutz­gesetz geändert werden (Zahlungsverzugsgesetz – ZVG) (2178 d.B.) ...................... 225

8. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979 über die Ge­meinnützigkeit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG)


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sowie das Bundesgesetz, mit dem im Zivilrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen werden, geändert werden (2179 d.B.)                            225

Redner/Rednerinnen:

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 225

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 226

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 227

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 228

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 229

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 230

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 231

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 232

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 232

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 233

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 233

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 234

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 235

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2178 und 2179 d.B. ..................................... 236

9. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union über das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kommission/Jahres­wachstums­bericht 2013 (99652/EU XXIV. GP) (2165 d.B.) ........ 236

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 236

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 238

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 239

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 240

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 244

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 245

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 246

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 247

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 248

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kommission/Jahreswachstums­be­richt 2013 (99652/EU XXIV. GP) – Ablehnung  243, 249

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2165 d.B. ................................................... 249

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (2133 d.B.): Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (2174 d.B.)             ............................................................................................................................. 250

Redner/Rednerinnen:

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 250

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 251

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 252

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 252

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 253

Genehmigung des Staatsvertrages in 2174 d.B. ......................................................... 253

Gemeinsame Beratung über


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11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2207/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten Führer der PKK, Abdullah Öcalan (2175 d.B.)                   254

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2028/A(E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (2176 d.B.) .................................................................................................................... 254

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 254

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 255

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 255

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 256

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 258

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 259

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 259

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 261

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2175 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten Führer der PKK, Abdullah Öcalan (E 292) .......................................................................................................................... 262

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2176 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (E 293) .................................................................. 262

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1952/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Universal Periodic Review Prozess der Vereinten Nationen (2155 d.B.) ............................................................... 262

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2007/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (2157 d.B.) ........................................................... 262

Redner/Rednerinnen:

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 262

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 263

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 263

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 264

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 265

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 266

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 267

Harry Rudolf Buchmayr ............................................................................................ 267

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2155 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend den Universal Periodic Review Prozess der Vereinten Nationen (E 294) .......................... 268

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2157 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschen­rechte (E 295) .................................. 268

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolle-


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ginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unter­stützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei (2156 d.B.) ......... 268

Redner/Rednerinnen:

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 268

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 269

Josef A. Riemer ...................................................................................................... ... 269

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 272

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 272

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 273

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 274

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 275

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weltkulturerbe Kloster Mor Gabriel – Ablehnung ................................................  271, 276

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2156 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei (E 296)          ............................................................................................................................. 276

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Bürger­initiative (32/BI): „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“ (2158 d.B.) ..................................................................... 276

Redner/Rednerinnen:

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 276

Christine Marek .......................................................................................................... 277

Josef A. Riemer ...................................................................................................... ... 277

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 279

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 280

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 281

Thomas Einwallner ................................................................................................. ... 281

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 282

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 283

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2158 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Berichte zur Bekämpfung des Menschenhandels und des Kinderhandels (E 297) .................. 284

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2147/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Schutz der Arktis (2171 d.B.)                         284

Redner/Rednerinnen:

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 284

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 285

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 285

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 286

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 289

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 290

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 291

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 291

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 291

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 292

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 293

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis II – Ablehnung ..........................................................................  287, 293


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 10

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2171 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Schutz der Arktis (E 298) .......................................................................................................... 293

18. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (151 BAZ 1837/11i) um Zustimmung zur behördlichen Ver­folgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (2172 d.B.) .................................................................................................................... 293

Redner/Rednerinnen:

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 294

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 296

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 298

19. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (15 St 28/12m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Strutz (2173 d.B.) ............. 298

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 298

Eingebracht wurden

Bürgerinitiativen .......................................................................................................... 55

Bürgerinitiative betreffend „Einführung eines eigenständigen Unterrichtsfaches ,Politische Bildung‘ an allen Schulen ab der 7. Schulstufe (3. Hauptschule, Neue Mittelschule oder Gymnasium)“ (Ordnungsnummer 58)

Bürgerinitiative betreffend „Alle ICE-Züge sollen am Bahnhof 4780 Schärding halten“ (Ordnungsnummer 59)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 54

2161: Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird

2162: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfür­sorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden

2163: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden

2164: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung

2166: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit

2167: 2. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit

2168: Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novelle 2014)

2169: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteiengesetz und das Volksgruppengesetz geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 11

2170: Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundes­vergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden (BVergG und BVergGVS Novelle 2013)

2188: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen

2189: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur

2190: Bundesgesetz, mit dem das Familienberatungsförderungsgesetz geändert wird

2191: Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013

2192: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geän­dert wird

2193: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

2194: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

2195: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung

2196: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Finanzen

Berichte ......................................................................................................................... 55

III-395: Bericht betreffend Jahresvorschau auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2013 und der irischen EU-Präsidentschaft; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-397: Bericht zum EU-Arbeitsprogramm 2013 auf der Grundlage des Acht­zehnmonatsprogramms des irischen, litauischen und griechischen Ratsvorsitzes sowie des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für das Jahr 2013; BM f. europäische und internationale Angelegenheiten

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 56

Aufnahme der Verhandlungen mit Albanien zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 14. Dezember 2007 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Albanien zur Vermeidung der Doppel­besteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerumgehung samt Protokoll, BGBl. Nr. 107/2008

Aufnahme der Verhandlungen mit Belarus zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 16. Mai 2001 unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 69/2002

Anträge der Abgeordneten

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Agrardiesels – Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert wird (2212/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 12

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung eines Straftat­bestands des illegalen Campierens (2213/A)(E)

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einrichtung einer Beobach­tungs- und Meldestelle für Inländerdiskriminierung (2214/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend integrative Führung der Grundstufe 1 (2215/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schularchitektur für das 21. Jahrhundert (2216/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) und das Eingetragene Partnerschafts-Gesetz (EPG) geändert werden (2217/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend angemessene budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs (2218/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln (2219/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln (2220/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erarbeitung eines österreichischen Informationsfreiheitsgesetzes (2221/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Lebensmittelskandale (2222/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Lebensmittelskandale (2223/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Lebensmittelskandale (2224/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend budgetäre Aufstockung und Unterstützung der Verwaltungstätigkeit im Bereich des § 1 Abs. 3 BVG Medienkoope­ration und Medienförderung (BVG-MedKF-T) für den Rechnungshof (2225/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird ( (2226/A)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO) geändert wird, geändert werden (2227/A)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Besteue­rung von Rücklagen gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften, die die Grenze von 10 Prozent der Bilanzsumme überschreiten (2228/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zwangs­zugehörigkeit gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften zu nach Art. 1 § 5 (2) WGG definierten Revisionsverbänden (2229/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 13

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend zulässige Höhe der Bauverwaltungskosten im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) (2230/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenerfassung durch die Sozialversicherungsträger (2231/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersagung des Gebiets­schutzes im Bereich der mobilen Pflege in Oberösterreich und der Steiermark (2232/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend leistbares Wohnen im gemeinnützigen Wohnbau (2233/A)(E)

Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Bewertungsgesetz 1955 geändert werden (2234/A)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (2235/A)

Zurückgezogen wurde das Verlangen auf erste Lesung binnen drei Monaten über den

Antrag 2163/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Grundgültigkeitsdauer von Gesetzen (Grund­gültigkeits­dauer-Gesetz – GGG) (Zu 2163/A)

Anfragen der Abgeordneten

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an burgenländischen Schulen (14063/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an Kärntner Schulen (14064/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an niederösterreichischen Schulen (14065/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an oberösterreichischen Schulen (14066/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an Salzburger Schulen (14067/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an steirischen Schulen (14068/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an Tiroler Schulen (14069/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 14

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an Vorarlberger Schulen (14070/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend unternehmerische Bildung an Wiener Schulen (14071/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend organisatorische Änderungen bei Polizeisondereinheiten (14072/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Körperverletzung mit schwerer Dauerfolge wegen HIV-Infektion (14073/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Videofallen als „neu entdeckte“ Ermittlungsmethode (14074/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Pflegekrankheit“ – wenn pflegende Angehörige selber krank werden (14075/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Software zur Verwaltung der Modularen Oberstufe (14076/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend OeKB-Unterstützung für „Asia Pulp & Paper“ (14077/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Daten und Fakten zur Videoüberwachung (14078/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Unrechtmäßigkeit unterschiedlich hoher Förderungen von nicht-konfessionellen Privatschulen (14079/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Bürgermeisterbezug von Abgeordnetem Rädler als 100-Prozent-Abgabe an die ÖVP (14080/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend gesetzlich zwingende Beratung bei einvernehmlicher Scheidung (14081/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Curved Approach am Flughafen Wien – An­frage­beantwortung 12666/J, XXIV. GP (14082/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Führerscheinlose Autolenker in Österreich 2012“ (14083/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Führerscheinlose Autolenker in Öster­reich 2012“ (14084/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Sexuelle Gewalt: Vergewaltigungen in Österreich – Gerichtsverfahren und Entscheidungen 2012“ (14085/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Dauer von Besuchsrechts- und Obsorgeanträgen bei Gerichten sowie Rechtsmittelverfahren zum Stichtag 27.02.2013“ (14086/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Schlachtungen von Pferden (14087/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 15

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Millionen-Entlastung für einen prominenten Anrainer und für das Landes-Straßenbaubudget durch die ASFINAG bei der geplanten S 34 Traisental Schnellstraße (14088/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend übertriebene Verkehrsprognosen als Grundlage für die Aufnahme der S 34 ins Bundesstraßengesetz und ASFINAG-Netz (14089/J)

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Gerhard Köfer und Kollegen an die Bundes­ministerin für Finanzen betreffend Korruptionsverdacht im Netzwerk von ÖVP-Lan­despolitik, der niederösterreichischen Vermögensverwaltung fibeg, Raiffeisen­landes­banken, Hypo Banken und den Bundesagenturen OeBFA und FMA (14090/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Strafverfahren nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutz­gesetz (LMSVG) und nach anderen gesetzlichen Bestimmungen im Jahr 2012“ (14091/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Illegaler Organhandel und organisierte Kriminalität“ (14092/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Anzeigen beziehungsweise Strafverfahren nach § 222 StGB (Tierquälerei) im Jahr 2012“ (14093/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ermittlungen und Anzeigen nach § 222 StGB (Tierquälerei) durch die Exekutive im Jahr 2012“ (14094/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungs­hofes betreffend Aussagen von Landeshauptmann Pröll, dass der Rechnungshof gemeinsam mit dem Land Niederösterreich ein Portfolio erarbeitet habe (14095/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Tourismusförderung 2012 – Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH (ÖHT)“ (14096/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Geldbußen bei Verstößen nach dem Kartellgesetz, Pauschalgebühr bei Zusammenschlussanmeldungen nach dem Wettbewerbsgesetz“ (14097/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Geldbußen bei Verstößen nach dem Kartellgesetz, Pauschalgebühr bei Zusammenschlussanmeldungen nach dem Wettbewerbsgesetz“ (14098/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend fehlende Förderung für den Ankauf eines notwendigen Therapietandems für ein behindertes Kind und seine Familie (14099/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Güterverkehr auf Nebenbahnen (14100/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Beziehungen von Geschäftsbanken und Investment­banken zu Mitgliedern der Bundesregierung (14101/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 16

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Beziehungen von Geschäftsbanken und Investmentbanken zu Mitgliedern der Bundesregierung (14102/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beziehungen von Geschäfts­banken und Investmentbanken zu Mitgliedern der Bundesregierung (14103/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Beziehungen von Geschäftsbanken und Investmentbanken zu Mitgliedern der Bundesregierung (14104/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Beziehungen von Geschäftsbanken und Investmentbanken zu Mitgliedern der Bundesregierung (14105/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bezie­hungen von Geschäftsbanken und Investmentbanken zu Mitgliedern der Bundes­regie­rung (14106/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Finanzen betreffend Notariatsakt zur Verlassenschaft Wolfgang Priklopil (14107/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Inneres betreffend mögliche geschäftliche Beziehungen des Entführers Priklopil zum Bundesministerium für Inneres (BMI) (14108/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Justiz betreffend IP-Adressen des Entführers Wolfgang Priklopil (14109/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Schließung der Verkehrssicherheitsagentur VERSA (14110/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend die Personalstruktur im BMLVS und im österreichischen Bundesheer (14111/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kunstfehler“ am Landeskrankenhaus Feldkirch (14112/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Kunstfehler“ am Landeskrankenhaus Feldkirch (14113/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Kunstfehler“ am Landeskrankenhaus Feldkirch (14114/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Verschiebung von Risken in Milliardenhöhe (14115/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Finanzen betreffend Steuerakt der N.N. Bauges.m.b.H. (14116/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Finanzen betreffend Kontoauszüge zu einem Hypo-Niederösterreich-Konto (14117/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 17

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Konsumentenbetrug durch Falsch-Auszeichnung von Pferdefleisch“ (14118/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Konsumentenbetrug durch Falsch-Auszeichnung von Pferdefleisch“ (14119/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Umsetzung der Empfehlungen durch den Rechnungshof (14120/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Studien im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums“ (14121/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück S 1 Abschnitt Süd (Kn. Vösendorf–Kn. Schwechat) (14122/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 12 Raum Tiroler Oberland (Telfs/West–Zams) (14123/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 12 Raum Innsbruck (Innsbruck–Telfs/West) (14124/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 9 Raum Liezen (Bosrucktunnel–St. Michael) (14125/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 7 Raum Linz (Dornbach–Kn. Linz) (14126/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 2 südlich von Wien (Wien–Baden) (14127/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 2 Raum Graz (Gleisdorf/Süd–Lieboch) (14128/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 2 Klagenfurt/Ost–Bad St. Leonhard (14129/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2012 am Teilstück A 12 Raum Tiroler Unterland (Innsbruck/Ost–Kufstein) (14130/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rech­nungs­hofes – Reihe Bund 2012/13 (14131/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rech­nungshofes – Reihe Bund 2012/13 (14132/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 18

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Übergriffe durch Häftlinge auf Justizpersonal im Jahr 2012 (14133/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Übergriffe auf Polizisten im Jahr 2012 (14134/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend blutigen Bandenkrieg zwischen Tschetschenen und Afghanen in Graz (14135/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Finanzen betreffend Steuerakt N.N. (14136/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Finanzen betreffend Steuerakt der N.N. Handelsgesellschaft mbH. (14137/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Konsumentenbetrug durch Falsch-Auszeichnung von Pferdefleisch“ (14138/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kontakte von Frau S. zu Antisemiten (14139/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Reise der Bundesministerin nach Los Angeles im Zusam­menhang mit der Oscar-Verleihung 2013 (14140/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Korrekte Angaben der Pistenkilometer von Skigebieten in Europa“ (14141/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Reise von Kulturministerin Claudia Schmied zur österreichischen „Gulasch-Oscar-Party“ nach Los Angeles (14142/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Verbesserungen der Prüfverfahren der öffentlichen Haushalte der Länder, insbesondere des Landes Salzburg, durch den Rechnungshof (14143/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Entsendung des Notarztes des Jagdkommandos nach Mali (14144/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend ArbeitgeberInnenschulden bei den Gebietskrankenkassen (14145/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Steuerrückstände in der Republik Österreich (14146/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Verbreitung von salafistischem Propagandamaterial in Österreich (14029/J) (Zu 14029/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13161/AB zu 13372/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (13162/AB zu 13375/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartel­gruber, Kolleginnen und Kollegen (13163/AB zu 13387/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (13164/AB zu 13424/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen (13165/AB zu 13425/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (13166/AB zu 13422/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13167/AB zu 13453/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13168/AB zu 13476/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13169/AB zu 13477/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen (13170/AB zu 13423/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (13171/AB zu 13426/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (13172/AB zu 13427/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13173/AB zu 13439/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13174/AB zu 13440/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13175/AB zu 13441/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13176/AB zu 13442/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13177/AB zu 13443/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13178/AB zu 13444/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13179/AB zu 13445/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13180/AB zu 13446/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13181/AB zu 13447/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13182/AB zu 13449/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13183/AB zu 13456/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13184/AB zu 13470/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13185/AB zu 13452/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13186/AB zu 13459/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13187/AB zu 13460/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13188/AB zu 13462/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13189/AB zu 13466/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13190/AB zu 13473/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13191/AB zu 13474/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13192/AB zu 13450/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13193/AB zu 13451/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13194/AB zu 13464/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13195/AB zu 13465/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13196/AB zu 13469/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13197/AB zu 13458/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13198/AB zu 13472/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Kollegen (13199/AB zu 13486/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (13200/AB zu 13612/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13201/AB zu 13428/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13202/AB zu 13429/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13203/AB zu 13430/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13204/AB zu 13431/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13205/AB zu 13432/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13206/AB zu 13433/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13207/AB zu 13434/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13208/AB zu 13435/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13209/AB zu 13436/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13210/AB zu 13437/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13211/AB zu 13438/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13212/AB zu 13454/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13213/AB zu 13455/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13214/AB zu 13457/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13215/AB zu 13461/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13216/AB zu 13463/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13217/AB zu 13468/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13218/AB zu 13471/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 22

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13219/AB zu 13475/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen (13220/AB zu 13484/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13221/AB zu 13478/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (13222/AB zu 13480/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (13223/AB zu 13481/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (13224/AB zu 13479/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen (13225/AB zu 13483/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen (13226/AB zu 13485/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (13227/AB zu 13482/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 23

09.00.00Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 191. Sitzung des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 190. Sitzung vom 19. Februar 2013 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Gartlehner, Ing. Mag. Kuzdas, Mag. Lettenbichler, Steindl, Mag. Musiol, Ing. Lugar, Doppler und Dr. Rosenkranz.

09.03.07*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäfts­ordnung von Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


9.03.16

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Meine Damen und Herren! Tatsächlich: Ich erhebe Einwendung gegen die Tagesordnung und verlange gleichzeitig mit gesonderter Debatte die Aufnahme folgender Gegenstände in die Tagesordnung, und zwar als TOP 1 bis 5, wie sie im Übrigen im Budgetausschuss schon mit Mehrheit beschlossen wurden:

TOP 1: (2146 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungs­ge­setz 1948 und das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichi­schen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes geändert werden (2183 der Beilagen)

TOP 2: (2147 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013 und das Bundesfinanzgesetz 2013 geändert werden (2184 der Beilagen)

TOP 3: (2148 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten- Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz und das Notarversicherungsgesetz 1972 zur Umsetzung des Spekulationsverbotes mit öffentlichen Mitteln geändert werden (2185 der Beilagen)

TOP 4: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) geändert wird (2186 der Beilagen)

TOP 5: Regierungsvorlage (2160 der Beilagen): 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine risikoaverse Finanzgebarung (2187 der Beilagen).

Eine gesonderte Debatte wird verlangt, Frau Präsidentin, und zwar deshalb, weil die einschlägigen Verhandlungen in der Vorbereitung dieser Nationalratssitzung im Gefolge des Budgetausschusses als vorläufig gescheitert gelten.

Wir sind der Meinung, dass man das tatsächlich verbessern muss. Darum geht es aber jetzt noch nicht, sondern es geht darum, dass dieses Haus, der Verfassungs­ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 24

setzgeber, wissen soll, was sich hinter den Kulissen abspielt, damit in Zukunft hier etwas beschlossen wird, was den Namen „Spekulationsverbot“ auch wirklich verdient. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

9.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klub­obmann Kopf zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.05.46

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das war eine sehr eigenartige Wortmeldung und es ist ein eigenartiges Begehren, das jetzt der Kollege Kogler vorgebracht hat, denn wir hatten gestern eine Verhandlungsrunde aller sechs Fraktionen dieses Hauses mit dem Finanzministerium und dem Rechnungshofpräsidenten, wo es just der Kollege Kogler war, der dort händeringend darum gebeten hat, diese Sache heute noch nicht zu beschließen, sondern weiterzuverhandeln. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Und genau das geschieht jetzt.

Wir sind gestern ein gutes Stück in dieser Sache weitergekommen, aber nicht zu einem Abschluss, und haben uns dann am Abend entschlossen, das heute nicht auf die Tagesordnung zu nehmen, sondern weiterzuverhandeln mit dem Ziel, diese Materien in der März-Plenarsitzung beschlussreif zu haben und beschließen zu können.

Also ich verstehe diese Schizophrenie nicht, die hier an den Tag gelegt wird (Zwischenrufe bei den Grünen), nämlich gestern zu fordern, wir mögen es verschieben (Abg. Mag. Kogler: Das ist falsch!), und jetzt den Antrag zu stellen, es auf die Tagesordnung zu nehmen! – Irgendetwas stimmt da nicht mit dem Kollegen Kogler. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

9.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf, ich möchte nicht die morgendliche Stunde bereits mit großen Zurechtweisungen beginnen (Zwischenrufe bei den Grünen), aber Krankheitsunterstellungen unterlassen wir (Zwischenruf des Abg. Grosz), und zwar nicht nur jetzt in der Früh, sondern während der gesamten Sitzung.

Herr Klubobmann Bucher hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.07.26

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat große Übereinstimmung gegeben, nach den Spekulationsskandalen in Salzburg rascher zu handeln, aber diese Berichterstattung­schleunigung ist jetzt allen irgendwie abhandengekommen. Man hat im Vorfeld der Landtagswahlen in Niederösterreich und in Kärnten signalisiert, dass man verhandeln und Spekulationen unterbinden will. Jetzt stehen wir wenige Tage vor den Landtagswahlen, jeder hat schon das Ziel vor Augen, doch irgendwie hat keiner mehr Interesse am Spekulationsverbot.

Daher fordern wir, dass diese Materie auf die Tagesordnung kommt. Es gibt große Übereinstimmung aller hier im Parlament vertretenen Parteien, etwas in dieser Hinsicht unternehmen zu wollen, auch ein Verfassungsgesetz zu beschließen. Allerdings ist den Roten und den Schwarzen der Druck von den Landeshauptleuten zu groß geworden, sodass sie jetzt von der ursprünglichen Linie, die sie eingeschlagen haben, wieder abgekommen sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 25

Das ist eine Täuschung der Bevölkerung durch Rot und Schwarz – und nichts anderes! Daher fordern wir, dass das heute behandelt und auch beschlossen wird. (Beifall beim BZÖ.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Strache zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.08.35

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss einmal grundsätzlich Folgendes festhalten: Es hat Verhandlungen gegeben. Bei den Verhand­lungen ist durchaus das eine oder andere weitergegangen, ja, aber was man schon erleben musste, ist, dass immer wieder der Ball zwischen SPÖ und ÖVP hin und her geschoben wurde. Einmal war Abgeordneter Jan Krainer von der SPÖ gegen die Spekulations-Festmachung, dass auch die Länder Dinge offenzulegen haben, und am Ende hat sich das wieder gedreht, und dann war es die ÖVP.

Also auf einen grünen Zweig sind wir da bis dato nicht gekommen. Das ist ja auch der Grund, warum es heute nicht diesen Tagesordnungspunkt mit Zweidrittelmehrheit auf der Tagesordnung gibt: weil es eben bis dato keinerlei Einigung und auch keine Zweidrittelmehrheit für dieses Gesetz gibt.

Warum? – Weil man bis dato nicht bereit war, das Wasser als öffentliches Gut und Eigentum der Österreicher im österreichischen Verfassungsrang zu sichern. – Auch das muss man anmerken. Auch das ist eine Forderung der Freiheitlichen.

Aber ich wundere mich schon, Herr Kollege Kogler: Der Herr Brosz war in der Prä­sidiale, wo wir einstimmig beschlossen haben, dass das dann als Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird, wenn es eine Einigung gibt und natürlich auch eine Zweidrittelmehrheit, um das Gesetz beschließen zu können, denn sonst macht es ja keinen Sinn. (Abg. Mag. Kogler: Es macht schon einen Sinn!) Das muss man schon auch anmerken.

Es ist daher vernünftig, die Regierung weiter voranzutreiben, keine Frage, weil dort letztlich jene sitzen, die das torpedieren und damit verhindern, dass das zur Umset­zung gebracht wird. (Beifall bei der FPÖ.)

9.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


9.10.11

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das jetzt war zwar eine sehr bemühte Oppositionsmeldung, Herr Klubobmann Strache, aber sie geht ein bisschen an der Wirklichkeit vorbei. Denn: Was die sozialdemokratische Fraktion betrifft, haben wir zu 100 Prozent die Positionen, die Sie gestern noch formuliert haben, akzeptiert. Das steht so heute auch in den Medien. Also einer Zweidrittel­mehrheit steht da nichts im Wege. (Abg. Scheibner: Dann geben wir es doch auf die Tagesordnung!)

Wir haben das auch im Klub noch einmal diskutiert, und wir wollen von unserer Seite aus  (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich rede jetzt von uns, ich bin ja nicht der Gesamt-Obmann, sondern ich bin der Obmann der sozialdemokratischen Parlaments­fraktion, und daher kann ich nur in der Richtung Stellung beziehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 26

Also es gibt die Übereinstimmung, die gestern notwendig war. Ich finde es bedauerlich, dass das nicht schon heute beschlossen wird. (Abg. Scheibner: Geben wir es doch auf die Tagesordnung!)

Wir glauben, dass man hier rasch agieren muss (Abg. Scheibner: Richtig!), weil die Bevölkerung will, dass wir diese Spekulationsverbots-Kriterien hier auch wirklich beschließen. – Das einmal grundsätzlich.

Was ich an der Wortmeldung des Kollegen Kogler auch nicht nachvollziehen kann, ist: Er sagt da etwas von „hinter den Kulissen“.

Entschuldigung, Herr Kollege Kogler, was meinen Sie mit „hinter den Kulissen“? – Sie sitzen ohnehin die ganze Zeit dabei, Sie wissen, welche Diskussionen – auch kontroversieller Natur – in den letzten Wochen dazu stattgefunden haben. (Abg. Mag. Kogler: Es soll das einmal hier diskutiert werden, damit Ihre Abgeordneten wissen, was !)

Sie wollen das hier im Plenum diskutieren? – Dagegen gibt es auch nichts einzu­wenden. Aber es bleibt Ihnen auch unbenommen, zuzustimmen. Uns wäre es am liebsten, es hätten alle Parteien zugestimmt.

Da gibt es immer so Sonntagsreden: Wir sind gegen die Spekulation!, aber wenn es dann um die Nagelprobe geht, dass man das hier herinnen auch gemeinsam beschließt (Zwischenrufe bei den Grünen), dann ist von Ihnen nichts zu hören. (Abg. Scheibner: Geben wir es doch auf die Tagesordnung!)

Wir sind bereit! Wir stimmen zu! Wir wollen, dass das rasch auf die Tagesordnung kommt und rasch beschlossen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

9.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


9.12.01

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Jetzt ist es aber genug! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn ich jetzt höre, dass eine Zweidrittelmehrheit möglich ist und dass Sie unserer Linie zustimmen, Herr Klubobmann Cap, dann sage ich Ihnen: Dann beschließen wir es doch heute!

Wir haben eine Linie. Sie sagten gerade, Sie würden unserer Linie zustimmen. Ja, wer ist denn dann da nicht dabei? – Das würde ich gerne wissen!

Nehmen wir es doch auf die Tagesordnung und beschließen wir heute das Speku­lationsverbot! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

9.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir haben nun eine Reihe von Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung gehört.

Im Übrigen liegen die Einwendungen des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler, die er mündlich vorgebracht hat, auch schriftlich vor, inklusive des Verlangens auf Debatte.

Ich wiederhole: Es sind fünf Punkte, und zwar: 2146 der Beilagen, 2147 der Beilagen, 2148 der Beilagen, Bericht und Antrag des Budgetausschusses 2186 der Beilagen, Regierungsvorlage: 2160 der Beilagen.

Ich trete den Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat zu entscheiden hat.


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Gemäß der Geschäftsordnung nach § 50 beschränke ich die Redezeit in dieser Debatte auf 5 Minuten – das halte ich gleich jetzt an dieser Stelle fest – und die Zahl der Redner und Rednerinnen pro Klub auf drei.

Diese Debatte wird nach Durchführung der Aktuellen Stunde abgehalten, und danach wird zu entscheiden sein, und zwar vor Eingang in die Tagesordnung.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung auf ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.14.06Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema:

„Fleischskandal: Es ist uns nicht ,Wurst‘, was wir essen!“

Als Erstredner gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.14.26

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Es ist uns nicht ,Wurst‘, was wir essen!“ – das ist der Titel der Aktuellen Stunde. Das Thema ist tatsächlich aktuell, weil viele Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich darüber verunsichert sind, was sie in den Lebensmittelmärkten angeboten bekommen. Die jüngsten Ereignisse geben ja ein Beispiel dafür ab, dass im Grunde genommen die Kontrollinstanzen mangelhaft sind und damit die politische Verantwortung in unserem Land gescheitert ist und versagt hat.

Das ist der Grund, warum sich viele fragen: Ja wie kann es sein, dass wir es nach dem BSE-Skandal und nach vielen Lebensmittelskandalen in der Vergangenheit bis heute nicht geschafft haben, die Lebensmittelsicherheit zu garantieren beziehungsweise zu gewährleisten und nachvollziehbar zu machen, woher die Lebensmittel tatsächlich kommen, was in den Lebensmittelverpackungen alles an Inhaltsstoffen enthalten ist.

Es ist im Grunde genommen für ein so hoch entwickeltes Land wie Österreich und für ein so hochzivilisiertes Land wie Österreich, mit einer so riesengroßen Verwaltung, wie wir sie in Österreich haben, eine Armutszeugnis, dass es uns bis heute nicht gelungen ist, diesen Wünschen und diesen Forderungen der Konsumenten tatsächlich gerecht zu werden. (Beifall beim BZÖ.)

Das Fleischerunternehmen in Kärnten, das ein solches Vergehen begangen hat, hat ja von sich aus eingestanden, dass es seit vielen Jahren Pferdefleisch in seinen Würsten verarbeitet. Aber das ist überhaupt erst aufgrund einer anonymen Anzeige an die Öffentlichkeit gelangt. Nicht die Kontrolleure, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht das Kontrollsystem in Österreich hat dieses Versagen und diese Gewinngier aufgedeckt, sondern eine anonyme Anzeige war es, aufgrund welcher das ans Licht kam. Daher ist das ein Versagen der Politik und nichts anderes, und zwar ein Versagen der Kontrollinstanzen.

Auch da muss die Verantwortlichkeit klar angesprochen werden. Es ist der Landes­hauptmann-Stellvertreter Kaiser von der SPÖ Kärnten – der SPÖ-Spitzenkandidat bei den am Sonntag in Kärnten stattfindenden Landtagswahlen –, der eigentlich die Verantwortung dafür zu tragen hätte, dass die Lebensmittelsicherheit in unserem Land


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gewährleistet ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Er hat vollkommen versagt, was die Kontrolle betrifft. Er ist aus meiner Sicht auch politisch verantwortlich für diesen Skandal, der sich da abgezeichnet hat. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen heute in eine parlamentarische Offensive gehen und diese Fehlentwick­lungen im Bereich der Lebensmittelindustrie einmal aufzeigen. Alle Politiker der Ver­gan­genheit – egal, welche Zuständigkeiten oder Randzuständigkeiten sie hatten, vom Gesundheitsminister bis hin zum Landwirtschaftsminister – haben immer wieder gefordert, dass es eine Nachvollziehbarkeit bei den Lebensmitteln geben soll. Volle Transparenz wurde immer eingefordert – allein, es ist nie dazu gekommen!

Die Konsumenten in unserem Land – im Genussland Österreich! – sind verunsichert wie nie zuvor. Niemandem ist es heutzutage möglich, auf der Verpackung nachzulesen oder nachzuforschen, woher einzelne Produkte tatsächlich stammen. Das alles ist für viele unübersichtlich geworden, denn es gibt eine Flut an Gütesiegeln auf den Ver­packungen. Insgesamt gibt es in Österreich 91 Gütesiegel. Der Konsument hat da längst den Überblick verloren. Er hat auch den Glauben daran verloren, dass diese Gütesiegel tatsächlich den Versprechungen gerecht werden.

Wir brauchen daher in Österreich wieder ein allgemein gültiges Gütesiegel – ein Gütesiegel, das wir schon einmal hatten, das die Gewähr und die Sicherheit gegeben hat, dass in den Verpackungen auch tatsächlich das drinnen ist, was draufsteht. (Beifall beim BZÖ.)

Dieses Gütesiegel, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist verschwunden, weil viele Lebensmittelkonzerne ihre eigenen Gütesiegel entwickelt haben. „Made in Austria“ – erinnern wir uns an dieses erfolgreiche Gütesiegel, das österreichische Produkte über viele Jahrzehnte ausgezeichnet hat! Das war ein Garant und eine Gewähr dafür, dass österreichische Produkte erfolgreich in Umlauf gelangt sind. Damals war das Vertrauen in österreichische Produkte noch da.

Wir brauchen in Österreich wieder ein klares, transparentes Gütesiegel, das klarlegt, dass im Produkt 100 Prozent Österreich drinnen ist, wenn „Österreich“ draufsteht. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die zentrale Forderung, um die es geht! Denn: Das von der ÖVP immer wieder propagierte AMA-Gütesiegel – sozusagen ein verlängerter Arm der ÖVP – ist ja nicht das, was die Konsumenten tatsächlich wollen, zumal man ja weiß, dass bis zu einem Drittel die Inhaltsstoffe gar nicht aus Österreich stammen müssen. Ich wiederhole: Bis zu einem Drittel müssen die Inhaltsstoffe von Produkten, auf denen „AMA“ draufsteht, nicht aus Österreich stammen.

Daher ist es so entscheidend, den Konsumenten klar zu sagen, was in den ver­schiedenen Fertigprodukten oder auch Wurstprodukten alles drinnen ist, denn nie­mand, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat Verständnis dafür, dass Tiere in Rumänien aufgezogen, in Spanien geschlachtet, in Holland vertrieben werden – und dann in Österreich in irgendeiner Wurst landen. (Beifall beim BZÖ.)

Niemand von den Konsumenten kann nachvollziehen, woher die einzelnen Inhalts­stoffe stammen. Daher ist es notwendig, dieses Gütesiegel auf freiwilliger Basis, aber mit strengen Kontrollen einzuführen. Ich sage ganz bewusst dazu: freiwillig, ohne Zwang – aber wenn „Made in Austria“ draufsteht, dann ist 100 Prozent Österreich drin!

Darum geht es mir: Die Kontrollen auch in diesem Punkt zu verschärfen, was einen Turbo zünden würde für österreichische Produkte. Bevor Österreich zur Europäischen Union gekommen ist, haben wir kaum Schweine oder Rinder importieren müssen. Heute sind es Zigtausende Rinder und Schweine, die wir plötzlich importieren müssen, und die heimischen Produzenten verlieren Jahr für Jahr an Einkommen. Das versteht


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doch kein Mensch, dass gerade die ÖVP, jene Partei, die eigentlich den Bauernstand in unserem Land vertritt, kein Interesse hat, auf die Bauern und auf die heimischen Produzenten zu schauen, sondern dafür sorgt, dass sie Jahr für Jahr zugrunde gehen und immer weniger verdienen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Das Zweite, das ich ankreide, ist der Kompetenzdschungel. Wir sehen ja jetzt wieder, wie die heiße Kartoffel auf der Regierungsbank hin- und hergeschoben wird. Niemand fühlt sich plötzlich zuständig dafür. Niemand ist hier in der Position des Entscheidung­scheidenden und sagt, was jetzt tatsächlich geschehen muss, auch nicht der Gesund­heitsminister, der hinter mir kopfschüttelnd Platz genommen hat.

Ich hoffe, dass Sie einige unserer Vorschläge aufnehmen und endlich einmal tätig wer­den, um dem Gütesiegelwahn in Österreich ein Ende zu setzen und Klarheit zu schaffen für die Konsumenten, aber auch die Kompetenzzuteilung klar ordnen – und nicht dafür sorgen, dass die Kompetenzen in unserem Land zwischen Bund, Ländern und Behörden ständig hin- und hergeschoben werden und niemand die Verantwortung übernimmt.

Der dritte Punkt, den ich ankreide, sind die Strafen: Wir haben kaum Strafrahmen, die wirklich dabei helfen, solche Lebensmittelskandale zu verhindern, indem sie ab­schrecken – denn Strafen von 20 000 € bis 40 000 €, meine sehr geehrten Damen und Herren, die sind bei manchen Lebensmittelbetrügern und -produzenten sozusagen im Endpreis einkalkulierbar und daher auch nicht wirklich abschreckend. Wir brauchen einen höheren Strafrahmen! Wir brauchen unter Umständen auch Haftstrafen für jene, die die Konsumenten betrügen und die nicht nur manchmal mit betrügerischer Absicht arbeiten, sondern auch Verunsicherung erzeugen und gesundheitsschädliche Produkte herstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der Unmut der Konsumenten ist groß. Wir haben diesen Unmut schon einmal in das Parlament gebracht und in einem Entschließungsantrag am 18. November 2009 hier behandelt. Seit diesem Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind jedoch keine Handlungen gesetzt worden, also fordern wir ein, dass wir nicht nur immer „Skandal!“ schreien, zur Veränderung auffordern und danach rufen, sondern dass wir hier in diesem Haus als Gesetzgeber auch endlich einmal Handlungen setzen, die diesen Missbrauch und diese betrügerischen Absichten von Lebensmittelproduzenten ein für alle Mal unterbinden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Warum, frage ich Sie, muss immer etwas passieren, bis in diesem Haus endlich etwas passiert? Warum muss immer ein Riesenskandal verursacht werden, bis wir endlich Handlungen setzen? Ich glaube, dass es an der Zeit ist, jetzt dafür zu sorgen, dass wir den Menschen in unserem Land, auch wenn wir die Lebensmittelsicherheit nie wirklich garantieren können, zumindest die Sicherheit geben, dass Lebensmittel, auf deren Verpackung ein kontrolliertes Gütesiegel angebracht ist, auch kontrolliert sind und dass der Konsument, der viel Geld dafür zahlt, auch die Sicherheit hat, dass dort Österreich drinnen ist und dass dort Produkte drinnen sind, die nicht lebensgefährlich sind.

Darum geht es uns, und das muss möglich sein in einem All-Parteien-Konsens in unserem Haus: die Kontrollen zu verschärfen – ich sage das abschließend noch einmal –, strengere Kontrollen durchzuführen, das Wuchern der Gütesiegel zu stoppen und dieses Gütesiegel „Made in Austria“ endlich wieder einzuführen, damit der Konsument wieder Vertrauen hat in die Produkte, die er in den Lebensmittelmärkten zu kaufen bekommt.

Das ist unser Appell an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Gesetzgeber: nicht nur den Menschen in Marketingreden immer etwas toll zu versprechen, sondern


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endlich einmal Handlungen zu setzen und jenen, die auf betrügerischer Ebene unter­wegs sind, das Handwerk zu legen. (Beifall beim BZÖ.)

9.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


9.25.23

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gut, dass der Titel der heutigen Aktuellen Stunde nicht „Pferdefleischskandal“ lautet. Warum? – Was kann denn das Pferd dafür (Zwischenrufe beim BZÖ – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Themen­verfehlung!), dass skrupellose Um-Etikettierer aus seinem Fleisch Rindfleisch machen und dass das auch bei vielen Zwischenverarbeitern und -händlern mit Fertigprodukten in Würsteln und Burgern auftaucht? – Mittlerweile sind fast alle europäischen Länder und auch Drittländer von diesem Etikettenschwindel betroffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in allen europäischen Ländern arbeiten Lebensmittelbehörden, Polizei, Strafbehörden auf Hochtouren (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ja, jetzt! Wo waren sie denn vorher?), um herauszufinden, wie betrogen, getrickst oder zumindest fahrlässig gehandelt worden ist. Lassen Sie mich feststellen: Es handelt sich dabei um ein europaweites Problem von bewusster Falschdeklaration und damit einer bewussten Täuschung von Konsumentinnen und Konsumenten, und das ist zutiefst kriminell und zu verurteilen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und was tun wir jetzt dagegen?)

Pferdefleisch, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist prinzipiell nichts Schlech­tes. Im Wiener Raum gehört der Pferdeleberkäse sogar zu den Schmankerln der heimischen Küche. Mir geht es darum, dass Konsumentinnen und Konsumenten das Recht haben, zu wissen, was sie essen. Und es muss gegenüber den Konsumenten klargelegt werden, was Konsumentinnen und Konsumenten zu sich nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein:  verstanden, worum es da geht!)

Dafür sorgt das europäische Kennzeichnungsrecht, nämlich dass grundsätzlich beim Fleisch in der Zutatenliste die Tierart anzugeben ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf aber darauf hinweisen, dass wir in Österreich 150 000 verschiedene Lebensmittel haben. Und jedes dieser 150 000 ver­schiedenen Lebensmittel muss korrekt gekennzeichnet sein, egal, ob es 99 Cent kostet oder 99 €. Jedes Lebensmittel muss in Österreich gekennzeichnet, und korrekt gekennzeichnet, sein. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und was passiert, wenn sie es nicht tun?)

Dazu haben wir in Österreich einen Kontrollplan, den die Bundesländer umsetzen müssen (Abg. Grosz: Der hat „super“ funktioniert! Der hat „tadellos“ funktioniert!), und das stellen wir jedes Jahr anhand von Ergebnissen sicher. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und welche Konsequenzen gibt es dann?) Ich habe erstmals deutlich gemacht, dass es einen Lebensmittelsicherheitsbericht geben muss. Ich habe diesen eingeführt, weil mir Transparenz wichtig ist. Nur mit Transparenz gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten wird sich hier die Situation verbessern und es kann nachvollzogen werden, wie viele Betriebskontrollen machen. Und wenn Probleme auftauchen, habe ich auch Sonderkontrollen angeordnet. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wann?)

Diese Transparenz hat es bis 2010 nicht gegeben. Jetzt wissen wir, dass wir im Jahr 2011 71 500 Betriebskontrollen durchgeführt haben, dass wir 32 000 Proben


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untersucht haben. Und da kann man schon feststellen: 0,5 Prozent der Proben waren gesundheitsschädlich, aber 4 Prozent waren irreführend. Das heißt, ein großes Aus­maß betrifft Fälle, wo Konsumentinnen und Konsumenten auch getäuscht werden. Festzustellen ist aber auch, dass diese Raten im Vergleich zum vorhergehenden Jahr zurückgegangen sind.

Ich habe eingeführt, dass auch die AGES öffentlich informieren muss, wenn Lebens­mittel gesundheitsschädigende Inhaltsstoffe haben. Das war vorher nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Lebensmittelpolizei überwacht in Österreich risikobasiert. Und eines muss uns deutlich werden und auch klar sein: Qualität muss man erzeugen. Mit Kontrollen erreicht man Qualität nicht. Wir müssen sicherstellen, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Produkte in Verkehr bringen, diese nur in bester Qualität herstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Skandale auffliegen, dann liegt es daran, dass die Überwachung besser gewor­den ist, dass die Analysen genauer geworden sind. Und sie zeigen, dass man sich nicht ausruhen kann. Wir werden uns auch ganz sicher nicht ausruhen, sondern wir arbeiten daran, dass wir die Sicherheit weiter optimieren. Das bedarf vor allem einer Modernisierung der Kontrollsysteme auf europäischer Ebene, auch in Österreich, denn eines muss klar sein: Wir haben globale Warenströme, und wenn wir globale Waren­ströme haben, dann können wir diese nicht durch eine regionale Kontrolle überwachen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Warum nicht?) Der aktuelle Etikettenschwindel zeigt auf (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist Betrug, nicht ein „Schwindel“! Das ist groß angelegter Betrug!), und das wird deutlich, dass es einfach zu lange dauert, bis man die Warenströme nachvollziehen kann, sodass man die Verursacher findet.

Das europäische Lebensmittelrecht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in Europa harmonisiert, der Markt ist harmonisiert. Wir brauchen europäische Antworten! Wir brauchen eine elektronische Rückverfolgungsdatenbank – sie ist ein Gebot der Stunde –, damit der Weg vom Rohstoff zum Endprodukt dokumentiert werden kann.

Wie ist es derzeit? – Derzeit ist es so, dass jeder Produzent den Behörden den Zulieferer nennen muss und ihnen bekannt geben muss, wohin er ein Produkt verkauft hat. Bei einer Kette von bis zu 14 Verkäufen dauert es Tage, bis das nachvollziehbar ist. Mit dieser Zettelwirtschaft muss aufgehört werden. Wir brauchen jetzt eine europa­weite Datenbank, die das digital sicherstellen kann. Ich habe das auch mehrmals der Europäischen Union mitgeteilt, ich habe das neuerlich dem neuen Kommissar mitgeteilt, damit wir eine rasche Rückverfolgungsmöglichkeit haben und damit eine rasche Reaktionsfähigkeit auch dazu beträgt, dass Schwindel und Betrug aufgeklärt werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man rasch handeln kann, schützt man auch die vielen – und beim Großteil handelt es sich um solche – österreichischen Betriebe, die redliche Qualität erzeugen und die redliche Unternehmen sind, auch in der Fleischbranche. Es leiden alle darunter, dass ein paar Schwindel betreiben. (Ruf beim BZÖ: Betrug!) Wenn wir eine europäische Datenbank haben, kann auch der zeitliche Aufwand von Kontrollen reduziert werden, und wir brauchen nicht Zettel zu sortieren, sondern wir können das tun, was wir wollen, nämlich die Kontrollfrequenzen im Sinne der Sicherheit erhöhen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein bisschen etwas zur Europäischen Union: Wir haben in der Verbraucherinformationsverordnung eine Ausweitung der Herkunfts­kennzeichnung gefordert. Verbraucher wollen wissen, was in ihren Produkten drinnen ist. Ich habe bei der Diskussion und bei der Durchsetzung der Herkunftskennzeichnung in den Verhandlungen zur Verbraucherinformationsverordnung immer gefordert, dass wir da Verbesserungen setzen. Es ist gelungen, dass die Herkunftskennzeichnung von


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Fleisch in Rohprodukten umgesetzt worden ist. Wir haben 2010 durch Österreich eine Entscheidung zustande gebracht. Es ist uns auf Ebene der Europäischen Union leider nicht gelungen, dass wir das auch auf verarbeitete Produkte ausweiten. Ich verhehle nicht, in der Europäischen Union gibt es viele, viele Bremser. Es gibt Bremser, die hier gegen die österreichische Position aufgetreten sind. Es ist trotzdem gelungen, bei Fleisch die Herkunftskennzeichnung sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns haben Länder wie Portugal, Italien, Frankreich, Griechenland unterstützt. Wenn ich die Diskussion jetzt höre, gehe ich davon aus, dass dieser Skandal auch dazu beitragen wird, dass Deutschland vielleicht seine Position ändert, und ich denke, dass es zu einem Umdenken in der Europäischen Union kommen wird. Ich werde jedenfalls bei meiner Linie bleiben, für einen Ausbau der verpflichtenden Herkunftskenn­zeich­nung einzutreten und dafür zu kämpfen, und ich habe das – ich habe es schon ange­sprochen – erneut auch so vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tarnen und Täuschen darf kein Kavaliers­delikt sein. Da ist auf Ebene der Europäischen Union einiges zu tun, da ist aber auch in Österreich einiges zu tun. Daher werde ich dem Parlament, Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, vorschlagen, die Strafen im Lebensmittelrecht zu verän­dern, zu verbessern. Ich möchte, dass die Höchststrafen auf Etikettenschwindel von 20 000 € auf 50 000 € angehoben werden. Aber ich sage es auch ganz deutlich: Die bisher verhängten Strafen sind ein Hohn. Wir wollen höhere Strafen, und wir wollen auch jedenfalls bei Wiederholungstätern Mindeststrafen einführen.

Ich möchte, vor allem, was die Straftatbestände betrifft, dass wir uns an das Arznei­mittel­recht anpassen, dass wir dann, wenn Lebensmittel verfälscht werden, auch wieder gerichtliche Strafen einführen. Wir hatten das bis 2006. Ich bin dafür, dass wir diese Strafen wieder erhöhen. Fälschen und systematisches Tricksen, um Kosten zu sparen, um Gewinne zu machen, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf sich nicht auszahlen. Daher werde ich auch dafür eintreten, dass es eine Abschöpfung des Gewinnes, des unredlich erworbenen Gewinnes gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Kontrollsystem ist gut, es ist aber ausbaufähig. Vor allem müssen wir, damit wir im 21. Jahrhundert ankommen, ein paar Veränderungen setzen. Sie haben ja einen Auftrag gegeben, wie wir die Lebens­mittelüberwachung auf zukunftsfähige Beine stellen können. Da geht es darum, eine Optimierung des Ressourceneinsatzes zu machen, zum Beispiel dass Profis die Spezialaufgaben übernehmen. Das bräuchte ein Bundesamt für Lebensmittel. Wir bräuchten auch eine schnelle Eingreiftruppe für rasches Handeln im Akutfall, eine sogenannte Krisen-Task-Force. Aber das braucht eine Verfassungsänderung, und diese Verfassungsänderung kann nur in diesem Haus beschlossen werden. (Abg. Dr. Moser: Na machen Sie es! Legen Sie es vor!)

Was wir zur Verbesserung der Kontrolle auch tun können, ist, dass wir einen Datenverbund aufbauen, eine Vernetzung aller Untersuchungsstellen. Zum Beispiel wissen die Lebensmittelbehörden nicht, was sich auf der Ebene der Futtermittel tut. Es wissen zum Beispiel die Lebensmittelbehörden nicht, was bei der Grundwasserprüfung stattfindet, und damit können die Trinkwasserbehörden mit diesen Informationen nichts tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das bedeutet, dass es eine Verfassungs­änderung geben muss, dass man hier einen Schritt setzen muss, weil die öster­reichischen Bundesländer nicht bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen. Aber vielleicht trägt dieser Skandal auch dazu bei, dass man da einen Schritt weiter geht. Ich gebe nämlich diesbezüglich nicht auf, weil ich überzeugt bin, dass nichts so erfolgreich ist wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 33

Zu guter Letzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich noch auf das schon im Regierungsprogramm angesprochene Gütezeichengesetz eingehen. Mit ein paar verlässlichen staatlichen Gütezeichen ließen sich echte Qualitäten am besten erkennen, und zusätzlich ließe sich der Gütesiegeldschungel, den wir in Österreich haben – den wir leider haben –, lichten. Ich habe den diesbezüglichen Entschließungs­antrag, den das Haus beschlossen hat, als Auftrag gesehen, hier etwas zu tun. Ich habe mich mit der Frage auseinandergesetzt, was wir da tun können.

Im Gesetz müssten einige Eckpunkte festgelegt werden, die für alle Zeichen gleich gelten sollen, wie zum Beispiel die Grundkriterien, das Prozedere der Anerkennung, die Anerkennung von Gütezeichen durch den sachlich zuständigen Bundesminister, unabhängige Kontrollen, Transparenz hinsichtlich der Kriterien und den Anwendern und natürlich eine jährliche Berichtslegung. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Österreich sind die Lebensmittel­pro­duzenten Klein- und Mittelunternehmen, sie erwirtschaften den Großteil der Lebens­mittelwertschöpfung. Österreich kann in einem EU-Markt mit 27 Mitgliedstaaten im Preiskampf nicht reüssieren, wir können nur über die Qualität im Qualitätswettbewerb vorne mitspielen. Ein staatliches Gütezeichen würde helfen, die gute Qualität öster­reichischer Produkte im Wettbewerb zu erkennen, sowohl im Inland als auch im Ausland, und das ist die Stärke Österreichs im internationalen Wettbewerb.

Sicher und korrekt gekennzeichnet ist die EU-weit gesetzliche Mindestqualität. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind anzuheben. Das geht in 27 Mitgliedstaaten nur sehr langsam (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wirklich? – Abg. Kickl: Aha!), das ist immer der kleinste gemeinsame Nenner. Wenn wir die bessere österreichische Qualität auch auszeichnen könnten, dann könnten wir auch glaubhaft zu einer höheren Lebensmittelqualität kommen. Wir würden wettbewerbsfähig bleiben, und damit könnten wir den Bauern und den Betrieben mit staatlichen Gütezeichen helfen.

Glaubhaft, transparent, unabhängig kontrolliert. – Ich möchte ein Gütezeichen für die Eigenschaften gentechnikfrei, für tierschutzgeprüft und ich möchte auszeichnen, was die gesündere Wahl an Lebensmitteln ist. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Trauen Sie sich! ... mehr Transparenz! – Abg. Scheibner: Wer ist dagegen? Machen Sie es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mir noch etwas wünschen darf: Ich wünsche mir, dass das AMA-Gütezeichen ein herkunftsorientiertes staatliches Güte­zeichen nach altem Recht ist (Abg. Scheibner: Machen Sie es!) und dass es auch ausgedehnt wird auf verarbeitete Lebensmittel.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas festhalten: Ja, der aktuelle Skandal in Europa, ausgelöst durch Kriminelle, hat viele Konsumentinnen und Konsumenten irritiert. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Aber Sie haben ihnen wieder die Sicherheit gegeben!) Er hat sie irritiert, weil die Menschen ein Recht darauf haben, das zu bekommen, was auf dem Lebensmittel auch angegeben ist. Die Hintermänner und Hinterfrauen, wenn es sie gibt, in diesem Betrug gehören bestraft – und sie gehören klar bestraft! –, aber gleichzeitig ist das auch eine Chance.

Der Skandal macht Druck auf die Verhinderer in Europa (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), macht Druck, dass es eine bessere Kennzeichnung gibt, macht Druck, mehr Qualität und mehr Informationen für Konsumentinnen und Konsumenten sicherzustellen. Da kann man sich nicht mehr querlegen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wer sind die Verhinderer? – Abg. Bucher: ... die Verhinderer? – Abg. Strache: Können Sie die Verhinderer beim Namen nennen? Wer sind die Verhinderer? Wir würden gerne die Verhinderer mit Namen hören!)


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Schieben wir gemeinsam diese Verhinderer beiseite und gehen wir den nächsten Schritt! Die Konsumentinnen und Konsumenten haben sich das auch verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

9.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Rednerinnen und Redner laut § 97 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort. – Bitte. (Ruf – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Maier –: Wieder eine neue Frisur? – Abg. Ing. Westenthaler: Der ehemalige Konsumentensprecher!)

 


9.43.46

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Pferdefleisch ist nicht gesund­heitsschädlich, seine Verarbeitung und Nichtkennzeichnung ist aber Betrug am Konsumenten.

Was wir derzeit auf europäischer Ebene in fast allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erleben, erinnert an organisierte Kriminalität, wo Pferdefleisch über Länder hinweg vertrieben wird, die Vertriebswege verschleiert werden und letztendlich dabei Rindfleisch herauskommt. Ich grenze das von so kleinen Fällen wie jenem in Kärnten ab. Dort dürfte es um die Gier eines einzelnen Fleischhauers gegangen sein, der Pferdefleisch aus Kanada importiert hat.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europol ist derzeit dabei, eben diesen Betrug mit Lebensmitteln, diesen Etikettenschwindel aufzuklären.

Was brauchen wir nun auf europäischer Ebene, um eine Wiederholung solcher Vorfälle zu verhindern? Einen Teil dieser Maßnahmen hat der Herr Bundesminister bereits vorgeschlagen. Nur eines brauchen wir sicherlich nicht – und ich möchte da Klubob­mann Bucher ansprechen; ich teile viele seiner Forderungen, nur eine Forderung teile ich nicht –: „Made in Austria“, Hohes Haus, brauchen wir in dieser Form nicht mehr! (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Doch, das brauchen wir! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Bucher hält die Kopie einer Zeitungsseite hoch, auf der unter anderem „Made in Austria“ zu lesen ist.)

Ich kann mich daran erinnern, als es vor Jahren eine Allianz der Grünen und der Freiheitlichen mit den Sozialdemokraten gegen „Made in Austria“ gegeben hat, und wissen Sie, warum? – Weil dafür nur eine Wertschöpfung von 50 Prozent in Österreich erforderlich war, und bei „Made in Austria“ hat es keine Regelung gegeben, woher die Rohstoffe kamen. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Und ich sage Ihnen allen eines: Damals gab es die großen Manipulationen. Hier im Plenum haben wir genau das aufgedeckt, und darum sage ich ganz klar: Eine derartige Regelung, wo eine Wertschöpfung in Österreich von 50 Prozent reicht, und dann steht „Made in Austria“ drauf, wobei die Rohstoffe aus dem Ausland kommen, brauchen wir hier nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Was benötigen wir daher? – Wir benötigen eine Erweiterung der EU-Informations­verordnung. Und ich möchte eines sehr klar sagen – ich beziehe mich auf den Antrag aus dem Jahre 2009 (Abg. Bucher: Genau!) –: Ich bedanke mich bei Herrn Bun­desminister Alois Stöger, der bei den Verhandlungen die klare Position vertreten hat, die wir hier in diesem Haus einstimmig beschlossen haben.

Um klar zu sagen, wer damals die Verhinderer waren: Es war Deutschland, es waren die Niederlande, Schweden und Spanien. Es war dieselbe deutsche Verbraucher-


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schutz­ministerin Ilse Aigner, die jetzt hergeht und sagt: Ja, ich kann mir vorstellen, dass es eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung auch bei allen Rohstoffen gibt!, dieselbe Ministerin, die dies 2010 und 2011 auf europäischer Ebene verhindert hat.

Was brauchen wir noch? Wir brauchen eine EU-weite Rückverfolgbarkeitsdatenbank mit einer digitalen Reiseroute, damit wir herausfinden, wer die Verantwortlichen sind, wenn es zu Manipulationen kommt oder auch zu Sicherheitsproblemen bei Lebens­mitteln. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Abg. Strache: Stellt das Hin- und Herfahren ab!)

Und was wir noch brauchen, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Folgendes: Es gibt das europäische Schnellwarnsystem bei Lebensmitteln. Dieses europäische Schnellwarnsystem bezieht sich nur auf unsichere Lebensmittel. Das funktioniert, aber was wir benötigen, ist auch eine Erweiterung dieses Systems, nämlich dass auch informiert wird, wenn es zu Kennzeichnungsbetrug kommt.

Und damit bin ich bei einem zentralen Punkt: 2005 wurde das LMSVG hier in diesem Haus teilweise von den damaligen Regierungsparteien vorbehaltlos akzeptiert – man kann die Reden auch von der freiheitlichen Seite nachlesen. Es war damals die Kollegin Rosenkranz, die die Meinung vertreten hat, dass genau mit diesem Gesetz die Konsumenten vor Irreführung und Täuschung geschützt werden – und wir sehen jetzt, dass das nicht der Fall ist. Kollege Krainer und ich, wir haben das 2005 hier genau und klar dargestellt. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Was benötigen wir? – Wir brauchen eine Informationsverpflichtung der Behörden. Die Konsumenten müssen informiert werden, wenn es zu Kennzeichnungsmängeln kommt! Und jetzt sage ich etwas, was ich 2005 auch gesagt habe: Nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung muss die Behörde nicht einmal dann die Verbraucher informieren, wenn die Gentechnik-Kennzeichnungsverordnung nicht eingehalten wird. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle sind gemeinsam gefordert, nicht nur für sichere Lebensmittel zu sorgen, sondern auch sicherzustellen, dass Konsumenten durch Kennzeichnungsschwindel nicht betrogen werden. (Beifall und Ruf bei der SPÖ: Bravo, Jacky!)

9.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


9.49.17

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren an den Fernsehschirmen, am Livestream im Internet und auf der Galerie! Ich denke, wir behandeln heute hier ein Thema, das sehr, sehr viele Menschen in unserem Land betrifft, nämlich die Konsu­mentinnen und Konsumenten, die ganz einfach nicht getäuscht werden wollen, die ehrliche Produkte bekommen wollen (Abg. Dr. Pirklhuber: ... verhindern!) und die ganz genau wissen wollen, dass das, was draufsteht, auch im Lebensmittel, in den Produkten drinnen ist.

Ich glaube, Herr Bundesminister Stöger, vieles, was der Kollege Maier vorhin gesagt hat, haben Sie in der Hand – wenn ich daran denke, dass wir vor ein paar Jahren hier gestanden sind und über diesen Listerienskandal lang und breit debattiert haben. Da haben wir von Ihnen gehört, wie viele Lebensmittelkontrollen es bei verarbeitenden Betrieben gibt, und damals sind wir draufgekommen, dass es da offensichtlich viel zu wenige Kontrollen gibt. Auf der anderen Seite müssen aber die Bäuerinnen und Bauern, die für die gesunden Lebensmittel in Österreich sorgen, sehr strenge und sehr


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aufwendige Kontrollen hinnehmen. – Herr Bundesminister, Sie sind aufgefordert, da zu handeln!

Betreffend das, was Sie hier immer wieder fordern, nämlich dass wir ein Gütezeichen­gesetz brauchen, sage ich Ihnen, das ist ein Ablenkungsmanöver. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Moser und Dolinschek.) Wir haben ein Gütezeichen. Wir haben ein sehr gutes Gütesiegel, nämlich das AMA-Gütesiegel, und dieser Skandal, von dem wir heute sprechen, das ist kein Gütesiegelskandal. Da geht es um Täuschung, da geht es um Betrug.

Wenn Sie, Herr Bundesminister, sagen: Pferdefleisch ist grundsätzlich nichts Schlech­tes, das ist eine Delikatesse!, ja, bitte, dann frage ich mich: Warum hat denn dann dieser gute Mann aus Kärnten nicht draufgeschrieben, dass in seinen Würsten Pferdefleisch drinnen ist, wenn das so gut ist? – Weil er ganz einfach bewusst eine Täuschung herbeigeführt hat.

Auch da – ich habe das heute schon einmal gehört, aber ich möchte es noch einmal betonen – hat die Kontrolle versagt. Da hat Herr Landesrat Kaiser von der SPÖ in Kärnten versagt. Da hätte es Kontrollen geben müssen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Grosz.)

Nun zum Thema Qualitätskriterien, weil der Herr Bundesminister immer wieder versucht, sich in Richtung Qualitätskriterien zu positionieren. Natürlich, das ist ja sehr sympathisch. Konsumentinnen und Konsumenten wollen eine hohe Qualität, das ist ja überhaupt keine Frage. Aber wenn wir von einem Gütesiegel sprechen, und zwar von einem anerkannten Gütesiegel, das die Leute kennen, zu dem sie Vertrauen haben, dann – und Sie haben heute alles aufgezählt, was dieses Gütezeichen haben soll – sprechen wir genau vom AMA-Gütesiegel. (Zwischenruf des Abg. Tadler.) Und dann verstehe ich aber nicht, Herr Bundesminister, warum Sie ständig versuchen zu sugge­rieren, dass dieses Gütesiegel kein staatliches Gütesiegel ist. – Das ist ein gesetzlich verankertes, mit einer Zweidrittelmehrheit abgesichertes Gütesiegel. Es gibt unab­hängige Kontrollen, und auch die Sozialpartnerschaft hat da einen sehr großen Anteil. Deswegen verstehe ich das nicht!

Ich möchte die Qualitätskriterien, die Sie vorhin angesprochen haben, hier noch einmal erwähnen, und dabei handelt es sich eindeutig um die Kriterien des AMA-Gütesiegels: nachvollziehbare Herkunft, Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung, Verarbeitung in Österreich – das ist ein Kriterium für das AMA-Gütesiegel (Zwischenruf des Abg. Huber) –, oder hohe Produktqualität, Hygiene, Naturbelassenheit et cetera – das sind Kriterien für das AMA-Gütesiegel.

Wenn heute gesagt wird: Na ja, da gibt es auch andere Bestandteile drinnen, beispiels­weise in einem Joghurt!, ja bitte, dann möchte ich auch gerne einmal wissen, wo unsere Bananen oder unsere Kiwis wachsen. Das ist doch auch eine Täuschung des Konsumenten, wenn man das dem Konsumenten suggeriert. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: ... Erdbeeren!)

Das Letzte, was das AMA-Gütesiegel hat und was Sie, Herr Bundesminister, auch angesprochen haben – also verstehe ich Ihre Kritik und auch Ihr Ablenkungsmanöver überhaupt nicht – sind unabhängige Kontrollen, Eigen- und Fremdkontrollen, Produkt­analysen und unabhängige Kontrollorgane.

Herr Bundesminister, lenken Sie nicht ab! Werden Sie endlich tätig! (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, Sie verhindern ja das Gütesiegel! Sie verhindern es ja! Lächerlich!) Wir brauchen für den Bereich, den Sie abzudecken haben, eine klare Rückverfolg­barkeit von Fleisch und anderen Produkten. Wir brauchen klare Herkunftsangaben für die gesetzlichen Regelungen und nicht für die über die gesetzlichen Regelungen


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hinausgehenden Qualitätsauslobungen. Und wir brauchen in einem ersten Schritt eine Kennzeichnung von Fleisch in Fertigprodukten und in einem zweiten eine Ausdehnung mit einer Herkunftskennzeichnung. – Und das gehört auf europäischer Ebene lanciert, das ist überhaupt keine Frage.

Ich möchte mich hier ausdrücklich bei Herrn Bundesminister Berlakovich bedanken (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist doch ein Witz! – Abg. Strache: Das ist doch der, der mit beiden Füßen auf der Bremse steht! – weitere Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen), der im letzten Landwirtschaftsministerrat sehr wohl einen Reisepass gefordert hat, damit nachvollziehbar ist, wo das Produkt herkommt, wo das Fleisch herkommt, wo die Inhaltsstoffe herkommen.

Ich würde mir eines wünschen: Es hat im Jahr 2011 an Herrn Bundesminister Stöger, den Minister, der hinter mir sitzt – weil er dafür verantwortlich ist, nämlich für die Lebensmittelkontrollen –, hier einen Fünf-Parteien-Antrag gegeben, dass er eine Neuordnung der Lebensmittelkontrollen vorlegen soll. Bisher ist das nicht geschehen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Herr Bundesminister, bitte werden Sie tätig! (Beifall bei der ÖVP.)

9.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. – Bitte.

 


9.55.01

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister Stöger! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer mehr Bürger sind wirklich grantig ob solcher Entwicklungen, und immer mehr Bürger sagen auch, es ist schon schlimm genug, dass Pferd in der Lasagne vorhanden ist, aber es ist auch schlimm, dass Esel in der Politik auf Ebene der Europäischen Union solche Betrüge­reien überhaupt möglich machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich steckt dahinter auch Methode, auch System, auch eine Entwicklung, wo man sagen muss, da versagt man auf unterschiedlichsten Ebenen. Und wenn sich dann Frau Tamandl hier herausstellt und Minister Berlakovich lobt, dann war das der Witz des Tages, das muss man wirklich sagen. Der steht seit zwei Jahren beziehungsweise seit über fünf Jahren mit beiden Beinen auf der Bremse, wenn es darum geht, auch in dem Bereich Gütesiegel Verbesserungen sicherzustellen. Das muss man selbst­verständlich schon beim Namen nennen! (Beifall bei der FPÖ.)

Viele Menschen in diesem Land können sich auch gut daran erinnern, als 1994 – vor der Volksabstimmung, wenn man sich zurückerinnert – die rot-schwarze Propaganda­walze ins Laufen gekommen ist und damals vom Feinkostladen Österreich gesprochen wurde, der sich dann entwickeln sollte.

Heute stellt sich die Situation anders dar. Die ganze Europäische Union und mit ihr Österreich ist, wenn man so will, zu einem gewissen „Restlverwerter“ geworden, und die Nahrungsmittelindustrie ist nicht unbedingt mit einem guten Ruf behaftet. Und wir erleben auch, dass gerade die Europäische Union, wenn es um Lebensmittelent­wicklung geht, gesetzliche Richtlinien dann doch immer so gestaltet, dass eben die Großkonzerne etwas davon haben, aber nicht unbedingt die Gesundheit und die Vernunft im Mittelpunkt steht. Das muss man auch einmal ganz klar und deutlich sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wird natürlich auch ganz nach dem Motto agiert und gehandelt: Ob Pferd oder Rind, im Magen kommt dann eh alles zusammen. – Das ist so das Motto.

Selbstverständlich handelt es sich dabei um Betrug, und selbstverständlich hat Betrug abgestellt zu werden – und dazu braucht es klare Regelungen und auch Konsequen-


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zen. Wer betrügt und falsche Angaben macht, der muss mit entsprechenden Strafen rechnen.

Es ist daher schön und richtig, wenn Sie sagen, es braucht da auch entsprechende Erhöhungen, aber: Die Erhöhungen müssen so dramatisch sein – auch schon beim erstmaligen Betrug und nicht erst bei einer Wiederholungstat –, dass derjenige, der den Betrug begeht, auch wirklich mit so massiven Konsequenzen rechnen muss, dass er sich nach Möglichkeit den ersten Betrug gar nicht zu begehen traut. Dort wird man ansetzen müssen! Bei Lebensmitteln, die ja besonders heikel sind und wo wir beson­dere Verantwortung haben, muss man eben hier wirklich auch endlich tätig werden und etwas umsetzen.

Selbstverständlich muss man auch die Lebensmittelindustrie und wie man in der Europäischen Union damit umgeht einmal kritisch ansprechen, wenn man da Lebens­mittel Tausende Kilometer hin- und hertransportiert, zum Waschen und wieder zurück. – Ja, was ist denn daran vernünftig? Da frage ich mich schon, wo da der große Aufschrei ist, das einmal abzustellen. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.) Das sind doch die unvernünftigen Entwicklungen, die wir heute haben.

Der Irrsinn eines solchen Vorgehens liegt natürlich auf der Hand und ist von uns immer wieder zu Recht kritisiert worden. Der Pferdefleischskandal ist da nur ein plakatives Symbol für viele, viele Fehlentwicklungen in der Europäischen Union in diesem Zusammenhang. Dieses System, wenn man so will, ist grundlegend krank und auch zu verändern.

Das wirklich Erstaunliche ist aber, dass dies alles unter den Augen der Europäischen Union passiert, einer Europäischen Union, die unterschiedliche gesetzliche Vorgaben macht, alle möglichen Verordnungen erfindet und auch uns alles Mögliche vorschreibt (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim) – wahrscheinlich demnächst, wie wir uns die Zehennägel zu schneiden haben und andere Unsinnigkeiten. Da wird ja überall, in den unterschiedlichsten Bereichen – auch bei den Glühlampen! –, permanent eine Verordnung nach der anderen zum Besten gegeben, aber in diesem Bereich ist man säumig und völlig falsch unterwegs.

Da gibt es eine allmächtige Nahrungsmittelindustrie, die man nicht bereit ist in die Schranken zu weisen, und erst, wenn dieses System dann solche Auswüchse zeitigt, wie gerade aktuell, na, dann geht man einfach zu ein paar Placebo-Debatten über und vielleicht zu der einen oder anderen Veränderung. Das muss man einfach kritisch beleuchten!

Das Ganze hat natürlich mit einer grundsätzlich verfehlten Agrarpolitik in der Euro­päischen Union zu tun, denn diese fördert nun einmal die industrielle agrarpolitische Entwicklung, und das ist ein falscher Weg. Lebensmittel haben in der Europäischen Union eben keinen hohen Stellenwert, zumindest keinen höheren Stellenwert als Waren aller anderen Bereiche, und das ist das Grundproblem.

Für die Europäische Union macht es keinen Unterschied, ob Lebensmittel, Kleider­schränke oder Fernsehapparate nach Europa gekarrt werden. Das ist ihr völlig egal! Und deshalb sage ich, wir müssen endlich den Umgang mit Lebensmitteln eindeutig verändern und auch gesetzlich strenger fassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da braucht es ein Kontrollsystem, das ist zu verbessern, es braucht Strafrahmen für Betrüger, die entsprechend erhöht werden – aber nicht bei der Wiederholungstat, sondern wenn man betrügt, dann hat gleich bei der ersten Betrugstat eine ent­sprechend hohe Konsequenz angesetzt zu werden, damit man nach Möglichkeit präventiv schon den ersten Betrug verhindert. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)


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Natürlich braucht es auch eine Kennzeichnungspflicht, ein Gütezeichengesetz, Herkunft und Inhalt müssen angegeben werden. Und da frage ich mich, warum die SPÖ so gegen „Made in Austria“ ist. Optimieren wir halt den Rahmen, damit dieser Rahmen auch entsprechend besser formuliert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

„Made in Austria“ ist eine gute Werbung und mit Sicherheit kein Nachteil für Österreich. Natürlich ist es wichtig, die Konsumenten und die Bauern zu schützen, und da hat Herr Berlakovich in den letzten Jahren leider kläglich versagt. (Beifall bei der FPÖ.)

10.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


10.00.40

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Bundesminister! Sie haben uns jetzt lang und ausführlich erklärt, das wichtigste Ziel sei, dass Konsumentinnen und Konsumenten eine Chance haben, zu wissen, was sie essen. Sie hatten jetzt zehn Minuten Zeit, zu erklären, was Sie verbessern wollen, aber Sie haben mich leider überhaupt nicht überzeugt, dass sich jetzt irgendetwas zum Guten wenden wird.

Tatsache ist, dass wir bei Fertigprodukten nicht die geringste Chance haben, zu erkennen, was uns hier tatsächlich vorgesetzt wird – und das gehört geändert! (Beifall bei den Grünen.) Sie haben gesagt, Pferdefleisch sei kein Problem. Ich hätte trotzdem gerne gewusst, ob meine Lasagne im Jahr 2008 beim Dressurreiten gewonnen hat oder nicht. Ich hätte das einfach gerne gewusst, und in diesem Sinne besteht auch Handlungsbedarf.

Wenn man sich anschaut, wie im Moment das System funktioniert, dann sieht man, dass das System an sich schon unter diesem hohen Preisdruck zum Betrug einlädt. Wie funktioniert das im Moment bei Fertigprodukten – bei Lasagne, bei Faschiertem, bei Fleischsaucen, bei Gulasch, bei Chili con Carne? Auch wir kochen nicht alle immer frisch, oder? Herr Abgeordneter Kopf, auch Sie verwenden wahrscheinlich manchmal Fertigprodukte für Ihre Familie. (Abg. Kopf: Ich koche ganz selten!) – Sie kochen ganz selten, okay.

In diesen Fertigprodukten sind Fleischteile drinnen, die aus Schlachthöfen in ganz Europa kommen, sie werden in Tiefkühlquader in der Größe von 1 x 0,5 x 0,1 Metern verarbeitet, und in diesen tiefgekühlten Fleischquadern sind Reste von bis zu 1 000 Tie­ren enthalten. Da hat man überhaupt keine Chance, zu erkennen, woher diese Fleischteile stammen. Zusammen mit der Philosophie, dass vor allem Fleischprodukte möglichst billig sein müssen – eine Philosophie, die auch in Österreich lange Zeit vertreten wurde –, führt das zu einem immensen Preisdruck und lädt geradezu zu Betrug ein. Und das ist eigentlich das System, das geändert gehört. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist daher eigentlich sehr schade, dass der Landwirtschaftsminister heute nicht da ist. Er hat ja sehr breit und sehr ausführlich angekündigt, was er beim Agrarminis­tertreffen nicht alles vorhat, nämlich den berühmten Reisepass durchzusetzen. Ich hätte mich gefreut, wäre er heute da gewesen, um zu berichten, was jetzt tatsächlich herausgekommen ist. Wir haben nämlich die Befürchtung, dass es eine reine Absichtserklärung ist. Die Kommission prüft jetzt, und die Gefahr, dass gar nichts herauskommt, ist relativ groß.

Eine zweite Sache hätte er uns auch noch erklären können, der Herr Agrarminister. Sehr geehrte Frau Kollegin von der ÖVP! Ich empfinde es als eine Unverschämtheit, wenn Sie sich hier herausstellen und sagen, es gibt seit 2009 einen Auftrag dieses


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 40

Hauses, des Parlaments, ein Gütesiegelgesetz, eine Reform vorzulegen, und wir alle wissen – Sie wissen, dass wir das wissen –, dass der Landwirtschaftsminister das blockiert – und das ist wirklich eine Unverschämtheit! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, beim Ziel sind wir uns einig: Es muss wieder zu einer Regionalisierung kommen. Wir alle wollen keine Lebensmittel, die Tausende Kilometer auf dem Buckel haben und Zutaten aus sieben, acht, zwölf Ländern. (Ruf bei der ÖVP: Wir wollen !) Wir wollen auch nicht unbedingt Reisepässe und Interrailtickets für Lebensmittel. Wir wollen wieder eine Regionalisierung, und das heißt, man muss sehr wohl auch bei der Entwicklung des ländlichen Raums ansetzen und schauen, dass wieder hochwertige Produkte aus der Region auch wirklich gut vermarktet werden. Auch das ist im Übrigen eine Aufgabe des Landwirtschaftsministers. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Thema Gütesiegel. Also das berühmte „Made in Austria“ – das hat ein Vorredner schon richtig gesagt – gibt es nur mehr auf einem einzigen Produkt, und das hatte als ausschließliche Qualitätsgrenze 50 Prozent Wertschöpfung in Österreich. Das ist leider untauglich, um Sicherheit herzustellen. Auch das von Ihnen viel gelobte AMA-Gütesiegel hat einen ganz großen Schönheitsfehler, einen Riesenschönheitsfehler, nämlich dass insbesondere bei der Schweinemästung Gentechnik verwendet werden darf.

Wir haben gerade wieder einen Test gemacht, wir haben im Schweinefutter, im sogenannten Sojafutter fast 80 Prozent Gensoja gefunden. (Ruf bei den Grünen: 80 Prozent!) Das gehört raus aus dem Schweinefutter, aber da wehrt sich auch die ÖVP, und allen voran auch der Landwirtschaftsminister, dass wir das ändern können. Bei den Rindern ist es schon gelungen, bei den Schweinen muss es auch gelingen.

Das berühmte AT – das ist ein Stempel, und jeder glaubt, das Produkt kommt aus Österreich – ist ein reiner Schlachtstempel. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Das sind genau die halbe Million Schweine, die importiert werden, die über 100 000 Rinder, die importiert werden, die dann in Salzburg oder irgendwo anders geschlachtet werden – und der Konsument und die Konsumentin glauben, das kommt aus Österreich, weil da ein AT-Stempel drauf ist. Mit diesen teilweise extrem irreführenden und auch nicht fairen Kennzeichnungsregeln gehört aufgeräumt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wollen Lebensmittel aus der Region mit möglichst wenig Kilometern auf dem Buckel, wir wollen kein Interrailticket für Lebensmittel. Wir wollen, dass der Konsument, die Konsumentin überhaupt eine Chance hat, zu erkennen, was er oder sie isst. Und ich bin der Meinung, Tiertransporte gehören generell abgeschafft, denn wenn man Lebendtiere nur bis zum nächstgelegenen Schlachthof transportieren darf, dann lösen sich einige Probleme im europäischen Lebensmittelrecht von selbst. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.05.48

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum muss in Österreich immer etwas passieren, damit dann endlich einmal reagiert wird?

Wir haben beim Lebensmittelbetrug, bei der Falschetikettierung – Herr Bundesminister, ich erinnere an den Weinskandal, wo keine Weintraube beim Wein dabei gestanden ist – reagiert, und wir sind zur Qualität gekommen; weg von der Quantität, hin zur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 41

Qualität. Wir hatten den BSE-Skandal, wir hatten erst vor Kurzem die Listerien, da hat sich herausgestellt, dass im Hartberger Quargel überhaupt nichts drinnen war außer künstliche Produkte. (Ruf beim BZÖ:  Minister auch versagt!) Und jetzt haben wir falsch deklariertes Fleisch, falsch deklarierte Eier, auch Teigwaren.

Wir haben derzeit kein österreichisches Gütesiegelgesetz, das klar regelt, welche Bezeichnung zulässig ist und wie mit Regionsbezeichnungen geworben werden darf. So sollte die Bezeichnung „Bauernwürstl“ ausschließlich bäuerlichen Direktvermarktern vorbehalten sein (Beifall beim BZÖ) – ist sie aber nicht, wie das Beispiel in Kärnten gezeigt hat. Bei den Fleischprodukten sagt zum Beispiel die rot-weiß-rote Fahne, das AMA-Gütesiegel, nichts über die Herkunft des Fleisches (Zwischenruf des Abg. Eßl), sondern nur über die Verarbeitung in Österreich etwas aus. – Und das ist genau das, was uns abgeht. (Beifall beim BZÖ.)

Derzeit importieren wir in Österreich mehr als 500 000 Lebendschweine, mehr als 100 000 Lebendrinder, die zur Schlachtung und Verarbeitung nach Österreich gekarrt werden (Abg. Eßl: Das ist Konsumententäuschung, was Sie machen! Das ist Konsumententäuschung!), und die verarbeiteten Produkte, Fleischwaren werden dann als österreichische Qualitätsprodukte auf den Markt gebracht. Genau dort erfolgt diese Irreführung und die Täuschung der Konsumenten, und das muss sich in Zukunft ändern! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Bei den Rindern ist es ja noch so, dass mit der Ohrmarke bis zum Schlachthof alles verfolgbar ist; bei den Schweinen ist das nicht so, aber auch dort muss das verbessert werden. Wenn Fleisch in Österreich auf den Markt kommt, dann muss draufstehen, aus welchem Land das importiert wurde, wo die Geburt, wo die Aufzucht, wo die Mast, wo die Schlachtung und wo die Verarbeitung stattgefunden haben.

Bei den Fertigprodukten wie Tortelloni oder Lasagne ist das schon viel schwieriger. Wo ist das verarbeitet worden, woher kommt die Teigware, wo ist das Endprodukt gefertigt worden? Das wird schon sehr, sehr schwierig, aber wir müssen dort hinkommen, dass wir den Konsumenten erklären: Woher kommt dieses Fleisch, wo ist es dann ver­arbeitet worden? Das muss auch deklariert sein, denn sonst ist alles andere Falschinformation. Es kann nicht sein, dass die Konsumenten betrogen und getäuscht werden. (Abg. Eßl: Das, was Sie jetzt machen, ist Konsumententäuschung! Das, was Sie jetzt machen, ist Konsumententäuschung, Herr Kollege!)

Herr Bundesminister, ich glaube, ich habe in einer Ihrer Aussendungen gelesen, was richtig gekennzeichnet ist, kostet nicht mehr. Derselben Meinung bin auch ich: Was richtig gekennzeichnet ist, kann nicht mehr kosten – nur den Betrügern muss das Handwerk gelegt werden, und das ist der Punkt! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache. – Abg. Eßl: Das ist Konsumententäuschung, was Sie machen!)

Was wir in Österreich brauchen – aber nicht nur in Österreich; auf der ganzen Welt, vor allem in Europa –, ist, dass dieser Kreislauf endlich einmal aufhört. Wir transportieren heute Lebensmittel quer durch Europa – Sie können jeden Fernfahrer fragen, der Lebensmittel transportiert –: von Holland nach Spanien, von Spanien nach Ungarn, nach Bulgarien und zurück nach Österreich. Überall wird irgendeine Palette aufge­macht, eine Plombe aufgemacht, irgendetwas herausgenommen und dann wieder weitertransportiert. Und niemand kann hinterher nachverfolgen, wo eigentlich der Ursprung ist, man weiß nur, wo die Endveredelung stattgefunden hat.

Wir brauchen ein Gütesiegelgesetz, Herr Bundesminister, welches die Auslobung der Herkunft, den Aspekt der Regionalität, die Bewerbung und die Gentechnikfreiheit umfasst. Es ist wichtig für mich, dass das geschieht, um eine zuverlässige Orientierung zu gewährleisten, woher das Produkt kommt. Wir haben zurzeit 91 verschiedene Gütesiegel in Österreich – das ist ein Gütesiegel-Dschungel, und der gehört aufge-


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räumt. Wir brauchen eine Bezeichnung, die den Konsumenten tatsächlich hilft, sich zu orientieren, woher etwas herkommt, und zu wissen, was drin ist.

Wir hatten im Jahr 2009 einen Fünf-Parteien-Antrag hier im Haus, im Konsumen­tenschutz-Ausschuss haben wir uns darauf geeinigt, dass die Bundesregierung dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuleitet, „welche klare Regelungen betreffend Gütezeichen enthält, um nachhaltig erzeugte, und/oder anderwärtig hochwertige Produkte der Ernährungswirtschaft bzw. Dienstleistungen durch entsprechende Güte­zeichen auszuzeichnen.“ (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Bis heute ist nichts geschehen. Jetzt frage ich die beiden Parteien, die in der Regie­rung sitzen: Warum tun Sie da nichts, warum blockieren Sie sich gegenseitig? Machen Sie endlich Nägel mit Köpfen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Strache: Die Verantwortlichen gehören beim Namen genannt!)

10.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


10.11.22

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt war es ein bisschen laut. (Abg. Eßl – in Richtung des Abg. Dolinschek –: Das war jetzt Konsumententäuschung, Herr Kollege!) – Kollege Eßl, beruhigst du dich wieder?

Uns vom Team Stronach ist es ja auch nicht egal – sprich: nicht wurscht –, was mit unserem Fleisch geschieht (Abg. Strache: Beim Stronach gibt’s Pferdln aus Kanada! – Heiterkeit.) – Sehr gut, Strache, sehr gut, sehr gut! (Zwischenrufe beim BZÖ.) Oder – jetzt wieder ein kleines Zitat, Herr Strache –, wie der Machtpolitiker Bismarck ganz offen meinte: „Gesetze sind wie Würste, man sollte besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden.“ – Passt das? (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Noch einmal zurück – da sich Kollege Eßl so über die AMA aufgeregt hat –: Niemand weiß, was sie eigentlich tut. Würde die AMA ihre Aufgaben im Sinne der Transparenz kommunizieren oder klar offenlegen, wer was kennzeichnet, müsste der Herr Land­wirtschaftsminister jetzt nicht verzweifelt nach einem Kontrollmechanismus suchen. Was soll eigentlich der Lebensmittel-Reisepass? – Die Frau Tamandl ist auch schon weg, von den Schwarzen ist niemand mehr da. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wie wir alle wissen, ist ein Gütesiegel alleine noch keine Garantie für rein öster­reichisches Fleisch, schon gar nicht für Pferdefleisch. Die AMA prüft nach eigenen Angaben ja das Pferdefleisch nicht einmal. Das sei, so ein AMA-Sprecher, ja gar kein Fleischskandal, sondern ein Kennzeichnungsskandal.

Wir haben heute schon gehört, es gibt 91 oder 92 verschiedene Gütesiegel; Herr Minister, Sie sprachen ja auch von diesem Gütesiegel-Dschungel. Aber gelten dermaßen große Toleranzgrenzen, dass sie schon fast einer Konsumententäuschung ähneln, Herr Minister? Von Ihnen kam ja auch wirklich prompt die Reaktion, höhere Strafen einzuführen – aber was nützen uns die höheren Strafen, meine Damen und Herren, wenn es keine flächendeckende Kontrolle gibt?

Kollegin Glawischnig-Piesczek von den Grünen hat ja gesagt, bei uns in Salzburg werden die Lebendtiertransporte besonders „gut“ – nämlich überhaupt nicht – kontrolliert. – Das kann ich Ihnen bestätigen bezüglich der 80 000 Rinder, die bei uns vermarktet werden. Da kann ich Ihnen nur recht geben!

Kollege Eßl, Sie haben gesagt, auf unsere regionalen Lebensmittel sei ja Verlass. Wer im Einzelhandel kauft, sollte das rot-weiß-rote AMA-Gütesiegel beachten, das öster-


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reichische Herkunft garantiert. – Danke, Herr Landwirtschaftskammerpräsident! (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Wem soll man da noch glauben, oder wem soll man da trauen, wirklich trauen?

„Österreicher wollen () wissen, was sie essen“ – nicht nur in der Lasagne – das haben wir heute schon öfter gehört –, sondern auch in der Wurst, so stand es in den „Salzburger Nachrichten“.

„Der Lebensmittelkonzern Spar () würde strengere Vorschriften für verarbeitete Produkte begrüßen. Es sollten vor allem ‚die wertbestimmenden Bestandteile gekenn­zeichnet werden ()‘“, so der Spar-Konzern.

„‚Zumindest sollte das Land deklariert sein, in dem das Tier aufgewachsen, gehalten und geschlachtet wird.‘“

Meine Damen und Herren! Wir vom Team Stronach fordern die AMA jetzt wirklich noch einmal auf, sich für mehr Transparenz bei der Herkunftsbezeichnung der Lebensmittel einzusetzen und dafür zu sorgen, dass das Vertrauen der Konsumenten in heimische Produkte bestehen bleibt und wieder wächst. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Spindelberger gelangt als nächster Redner zu Wort. – Bitte.

 


10.15.11

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): War bei diesem Skandal am Anfang ja wirklich nur die Rede davon, dass rumänische Fleischer schuld an diesem Skandal wären, hat sich nunmehr herausgestellt, dass Zwischenhändler genauso wie Groß­betriebe bei diesen kriminellen Machenschaften ihre Finger mit im Spiel haben. Da haben sogar luxemburgische Firmen mit Unmengen von falsch deklariertem Fleisch die halbe EU beliefert und so auf betrügerische Art und Weise Millionen von Konsumen­tinnen und Konsumenten getäuscht.

Inzwischen hat dieser Fleischskandal, wie wir alle wissen, fast die ganze EU überrollt, und da kann es kein Pardon für solch kriminelle Machenschaften geben, meine Damen und Herren! Wir brauchen deshalb eine sofortige Verbesserung des Kontrollsystems, und zwar ohne Wenn und Aber!

Ich bin wirklich dankbar für die heutige Aktuelle Stunde hier im Hohen Haus, weil wir die Gelegenheit haben, unsere Vorstellungen darzulegen. Wir wollen aufzeigen, wie es gelingen kann, diesen Machenschaften einen Riegel vorzuschieben.

Herr Klubobmann Bucher, wenn Sie heute hier anprangern, dass die Politik versagt hat, und einen höheren Strafrahmen einfordern, dann erlauben Sie mir den Hinweis, dass gerade Sie es waren – damals unter Schwarz-Blau vor acht Jahren –, der mehr als fahrlässig gehandelt hat, indem Sie damals das Lebensmittelrecht in Österreich entkriminalisiert haben. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Das, was jetzt passiert, ist ja in Wirklichkeit die Auswirkung dieser verfehlten Klientelpolitik, wo man Betrügereien, Fälschungen und Tricks im Lebensmittelbereich als Kavaliersdelikt hingestellt hat – und das ist in Wirklichkeit der große Wahnsinn! (Abg. Grosz: Und sonst geht’s Ihnen noch gut – oder was?! Heute sagt ein Abgeordneter zu mir !)

Daher brauchen wir eines – und das ganz, ganz rasch –, nämlich eine garantierte Lebensmittelsicherheit in unserem Land. Und um das zu gewährleisten, muss endlich ein Kontrollsystem her, das auch dem 21. Jahrhundert entspricht, denn ich als Konsument habe ein Anrecht darauf, dass, wenn ich etwas kaufe, auch das drinnen ist, was draufsteht. Das ist das Mindeste, das man als Konsument verlangen kann, und da kann nur – wie Bundesminister Stöger es richtig erwähnt hat – ein modernes Güte-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 44

zeichengesetz Abhilfe schaffen. Das heißt für mich, dass das AMA-Gütesiegel umgehend auch auf verarbeitete Produkte ausgedehnt werden muss.

Darüber hinaus müssen wir darangehen – das ist auch schon von mehreren Rednern angesprochen worden –, diesem Gütesiegel-Dschungel den Kampf anzusagen, unter dem Motto: Weniger ist mehr!

Wir brauchen daher sowohl auf österreichischer als auch auf europäischer Ebene einen Datenverbund, denn es kann ja wirklich nicht angehen, dass die AGES, also die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, nicht weiß, welche Qualitätsprüfungen die Agrarmarkt Austria durchführt. Es kann doch nicht sein, dass Futtermittelergebnisse der Lebensmittelaufsicht nicht bekannt sind. Das ist schilderbürgerlich, wie hier gearbeitet wird!

Wir brauchen auch ein viel strengeres Kontrollsystem, meine Damen und Herren – und da sind wir schon beim nächsten Knackpunkt, weil für jede Änderung im bestehenden Kontrollsystem die Zustimmung der Länder erforderlich ist. Ich finde es unverfroren, wenn sich Kollegin Tamandl hier herstellt und versucht, den Bundes­minister in die Verantwortung zu nehmen, wohl wissend, dass für diese Kontrollen die Bundesländer zuständig sind. Diese sind, wie wir alle leidvoll erfahren mussten, trotz mehrmaliger Urgenzen nicht bereit, darüber zu reden. Diese verzopfte Vorgangsweise der Bundesländer ist für mich fahrlässig.

Ich habe immer mehr den Eindruck, dass die Bundesländer in vielen Bereichen der Politik nur um des Blockierens willen vieles verhindern (Abg. Kickl:  beim Speku­lationsverbot auch der Fall sein!), und gerade beim Thema Lebensmittelsicherheit hört sich für mich der Spaß auf.

Wir brauchen darüber hinaus in einer EU, in der der freie Personenverkehr ermöglicht, dass wir ohne Reisepass die Grenzen überschreiten können, daher keinen Lebens­mittel-Reisepass, sondern eine elektronische Reiseroute, das heißt, eine EU-weite Datenbank, die die Herkunftskennzeichnung vom Rohstoff bis hin zum Endprodukt gewährleistet – und das bei allen verarbeiteten Lebensmitteln, und nicht nur bei Fleisch.

Um die Gauner und Ganoven, welche ihren Produkten nicht deklarierte Lebensmittel beimengen und damit auch noch viel Kohle machen, von solchen Machenschaften abzuschrecken, brauchen wir drakonische Höchststrafen. Diese Machenschaften müssen dann aber auch gerichtlich geahndet werden, denn es ist ja lächerlich, wenn man für solche Vergehen heutzutage 200 oder 300 € Strafe aufgebrummt bekommt. Lebensmittelfälscher sollen sich fürchten, dass sie ins Gefängnis kommen, wenn sie erwischt werden.

Daher meine Bitte auch an die ÖVP: Denken Sie bei der Lebensmittelsicherheit nicht immer nur parteipolitisch! Denken Sie auch einmal an die Millionen und Abermillionen von Konsumentinnen und Konsumenten und halten Sie sich an die mit uns im Regierungsübereinkommen getroffene Vereinbarung, indem Sie endlich einem Kontrollsystem und einem Gütezeichengesetz des 21. Jahrhunderts zustimmen!

Verhindern Sie nicht ein modernes Lebensmittelrecht oder, so wie gestern im Minister­rat, sogar die gerichtliche Verfolgung solcher Gauner und Verbrecher! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 45

10.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Schmuckenschlager gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.20.34

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzte Minister! Zunächst einmal möchte ich schon festhalten, dass dieser Pferde­fleischskandal ein europäischer Skandal ist und dass hier mit nur nationalen Rahmen und Richtlinien alleine auch in anderen Ländern nicht das Auslangen gefunden wurde.

Ich möchte aber auch festhalten, dass es hier nicht um österreichische Rohstoffe geht, und daher ist es kein Landwirtschaftsskandal in Österreich, auch wenn das aus politischen Motiven manche gerne hier so darstellen. Wir haben einen Komplex mit zwei großen Themen. Auf der einen Seite ist die organisierte internationale Kriminalität, die billigste Lebensmittel zur Verfügung stellt, und auf der anderen Seite ein Markt, der einen enormen Preisdruck hat und damit letztendlich diese Güter auch aufsaugt.

Hier ist die Frage zu stellen: Müssen Lebensmittel auch immer so billig sein? Die Preise stehen permanent in Diskussion. Selbst die Arbeiterkammer als Vertreterin der Konsumentinnen und Konsumenten ruft ja permanent nach billigeren und noch billigeren Lebensmitteln. Das ist nicht redlich, denn letztendlich schafft die Nachfrage auch das Angebot. Und als Orientierung für unsere Konsumenten haben wir ja Kennzeichnungspflichten, und dazu möchte ich gleich sagen, dass diese erweitert gehören. Wir haben eine ausreichende Zutatenkennzeichnung, eine Herkunftskenn­zeichnung haben wir jedoch nur bei Rindfleisch. Hier haben wir die EU-Ver­braucherverordnung, die ab 2014 vorsehen würde, da auch bei Schwein, Geflügel und Schaffleisch genauer zu sein. Ich glaube, dieser Prozess gehört gerade in Anbetracht dieses Skandals beschleunigt.

Aber auch bei den verarbeiteten Produkten, und das waren ja diese Tortelloni und die Lasagne, gehört die Herkunft der Hauptbestandteile, ob es nun Fleisch, Milch oder Getreide ist, deklariert.

Das AMA-Gütesiegel garantiert allerdings österreichische Qualität. Ich möchte das Hohe Haus deshalb schon darauf hinweisen, dass wir hier herinnen mit dem AMA-Gesetz den Auftrag an die Institution AMA geben, was geprüft wird und was gemacht werden soll. Das heißt, es ist eine staatliche Institution, und wir hier haben das ja für das AMA-Gesetz auch festgelegt, was der Kontrollauftrag der AMA ist.

Abgeschafft gehören alle Flaggen und Fahnen, dieser Wildwuchs, alles, was rot-weiß-rot ist. Es darf nur Rot-Weiß-Rot draufstehen, wenn auch Rot-Weiß-Rot drinnen ist. Daran müssen wir weiterarbeiten.

Herr Minister! Sie haben ja in der Kodexgruppe auch ein Arbeitsteam für den Täuschungsschutz eingerichtet. Hier gibt es schon Ergebnisse. Wieso werden diese nicht umgesetzt?

Und zu den Forderungen nach höheren Strafen: Erst letztlich gab es einen Fall von falsch etikettierten Eiern, worauf der Angeklagte zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Es gibt bereits hohe Strafen. Letztendlich müssen diese aber von den Gerichten auch ausgesprochen werden.

Wir müssen endlich mit dem Ruf nach noch mehr Kontrolle aufhören, denn ich glaube, die Kontrolle ist bereits enorm, stattdessen müssen wir schauen, wo kontrolliert wird. Wir müssen endlich damit beginnen, die Verhältnismäßigkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Ich bin ein überzeugter Anhänger des Rechtsstaates. Jedoch müssen wir schon mehr den großen Lumpen aufs Hirn hauen, statt permanent den Kleinen mit drakonischen Strafen zu verfolgen. Wenn heute ein Fleischer in seinem Laden irgend­wo eine gesprungene Fliese hat, dann hat er ein größeres Problem als all diese großen Institutionen, die heute im Gespräch sind. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 46

Das Gütesiegelgesetz und das Fordern von höheren Auflagen als in anderen europäischen Ländern ist ein frommer Wunsch. Doch wie soll das funktionieren, wenn wir letztendlich auf dem Markt wieder gemeinsam auftreten? Wir bekennen uns zum freien Handel. Österreich ist Exportweltmeister in vielen landwirtschaftlichen Kate­gorien. Wir sind sehr gut, was unsere Produkte angeht, daher wollen wir auch den Freihandel, schließlich wollen wir mit unseren Produkten auch Handel betreiben. Der Skandal, den diese kriminellen Gestalten in der Verarbeitung und im Verkauf verursacht haben, darf nicht auf dem Rücken der Bauern ausgetragen werden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Weil Sie nichts tun! Die ÖVP blockiert nur!)

Die Frage ist: Auf wen zielen Sie mit diesen Kontrollen ab und wen treffen Sie letztendlich damit? Ein Beispiel aus der Geflügelbranche gibt uns die Antwort. Hier haben wir die höchsten Standards innerhalb der Europäischen Union. Die Folge ist, dass Käfigeier schon lange verboten sein sollten. Diese gelangen jedoch nach wie vor auf unseren Markt. Und unsere Produktion leidet darunter.

Die Puten-Einstallung geht in ganz Österreich zurück. Und das trifft nicht nur den Bauern, sondern das trifft auch den Konsumenten, der mittlerweile im Geflügelbereich, glaube ich, schon mehr italienische Masthendl antrifft, als wir abdecken können. Das ist die Realität des Marktes. Wir müssen produzieren können.

Herr Bundesminister Stöger, Sie haben vor zwei Jahren im Bereich der Schweine­produktion für Österreich wieder höhere Standards durchsetzen wollen. Wenn sich damals nicht der Landeshauptmann von Niederösterreich Dr. Erwin Pröll gegen Ihre Ideen gestellt hätte, dann wäre schon heute jedes zweite Schnitzel nicht mehr aus Österreich. (Ironische Heiterkeit bei FPÖ und Grünen.) Wir wären im Schweinebereich aus den Märkten gedrängt worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Versündigen Sie sich nicht am Bauernstand! Diese Schäden sind irreversibel. Man kann einen Bauernhof nicht ein- und ausschalten, so wie es dem Markt gerade passt. Und nur eines kann unseren Konsumenten wirklich höchstmögliche Lebensmittel­sicherheit bieten, und das ist die heimische Produktion. Hier wissen wir die öster­reichischen Bürger und Bürgerinnen an unserer Seite und können schon heute mit dem AMA-Gütesiegel auf ein staatliches Gütezeichen verweisen, das dem Konsumen­ten die österreichische Herkunft garantiert. (Beifall bei der ÖVP.)

10.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


10.25.45

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminis­ter! Das Kontrollversagen in Österreich in Bezug auf Pferdefleisch lässt sich ganz einfach so beschreiben: Wenn nicht in Deutschland oder in Europa zufällig etwas gefunden worden wäre, dann hätten wir hier überhaupt keine Diskussion. Es gibt also ein absolutes Kontrollversagen in diesem Bereich. (Beifall bei der FPÖ.) Wir sind erst draufgekommen, als man in anderen EU-Ländern etwas gefunden hat. Herr Gesund­heits­minister, auch da manifestiert sich dieses Kontrollversagen in Österreich.

Wir haben auch eine Anfrage an Landwirtschaftsminister Berlakovich, an den Gesund­heitsminister und an den Konsumentenschutzminister vorbereitet und haben auch einmal die Frage gestellt: Wo landen all die Pferde? In Österreich gibt es 120 000 Pferde. Es gibt keine Statistik darüber. Wir wollen jetzt endlich Auskunft darüber haben, was mit den Pferden in Österreich geschieht. Werden die exportiert, werden die verarbeitet? Auch da gibt es ein absolutes Kontrollversagen. (Ruf bei der ÖVP: Die kauft der Stronach!) – Die kauft nicht der Stronach, auch wenn du das gerne


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hättest. Wir wollen einfach nur Aufklärung darüber haben, was damit geschieht. Da gibt es keine Kontrollen.

Die Bauern werden bis ins Schlafzimmer kontrolliert. Aber hier in der Lebens­mittelindustrie gibt es null Kontrollen. Es wird weder seitens der AMA noch seitens der AGES kontrolliert. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt – die Redezeit ist ja beschränkt – komme ich zu eurem viel gepriesenen AMA-Gütesiegel. Ich habe es hier mitgebracht, das kennt jeder. (Der Redner hält Schrift­stücke in die Höhe.) Rot-weiß-rot, so wie ihr das verlangt, rot-weiß-rot, wir brauchen nichts anderes. Und jetzt lese ich aus den Richtlinien des AMA-Gütesiegels für verarbeitete Produkte vor. Bei diesem Gütezeichen, rot-weiß-rot, heißt es: Rohstoffe aus Österreich, sofern sie dort herstellbar sind, maximaler Toleranzbereich ein Drittel. Sie können ein Drittel anderer Produkte unter dem AMA-Gütezeichen vermarkten. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Strache: Da regen Sie sich auf!)

Man kommt immer mit der Begründung, dass Pfeffer in Österreich nicht produziert werden kann. Nennen Sie mir ein verarbeitetes Produkt, in dem 30 Prozent Gewürze enthalten sind! Das gibt es nicht! AMA-Gütesiegel: 30 Prozent Fremdfleisch möglich! Das ist die Wahrheit, was dieses Gütezeichen betrifft! (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Gehen Sie dann heraus, Sie Lobbyisten für die Fleisch-Mafia, und nehmen Sie hier dazu Stellung! Aber nicht herausbrüllen! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Es geht noch wilder beim AMA-Gütezeichen. Was ist das für ein Gütezeichen? (Der Redner hält neuerlich Schriftstücke in die Höhe.) Ich zeige das den Zuhörern auf der Galerie. Was ist das für ein Gütezeichen? – Jeder Konsument würde denken: AMA-Gütezeichen. In den Richtlinien ist enthalten: Nur in der Europäischen Union produ­ziert. Ein Drittel kann aus nichteuropäischen Ländern kommen. Da kann Fleisch aus Argentinien enthalten sein, oder es können Produkte aus Chile enthalten sein. Das ist das Gütezeichen der AMA-Marketing, die immer vorgibt, nur österreichische Produkte zu vertreten.

Des Weiteren gibt es folgendes Gütezeichen: AMA-Marketing für Frankreich. (Der Redner hält kurz ein Schriftstück in die Höhe.) Ich frage mich, wozu die österreichische Behörde für Frankreich ein Gütezeichen braucht.

Dann haben wir eines aus Bayern. Wir sind mit Bayern befreundet. Auch hier gibt es ein AMA-Gütezeichen. Die Produkte müssen zu zwei Dritteln aus Bayern kommen. Woher der Rest kommt, ist völlig egal.

Und das kurioseste Gütezeichen, das sage ich Ihnen auch, was die AMA-Marketing betrifft, ist dieses Gütezeichen. AMA-Gütezeichen in Grau gehalten, das muss man einmal lesen. Der nicht kundige Konsument würde meinen, da gibt es einen Druckfehler, es ist halt nicht in Farbe gedruckt. Jeder Konsument geht davon aus, dass es sich dabei um ein österreichisches Produkt handelt, wenn es dieses Gütezeichen trägt. Und ich lese jetzt die Richtlinien für dieses AMA-Gütezeichen vor: Uneinge­schränkter internationaler Rohstoffzukauf möglich, keine länderspezifische Be- und Verarbeitung. In einem Produkt, das unter diesem AMA-Gütezeichen verkauft wird, kann alles enthalten sein. Das sind die Richtlinien und das gehört abgestellt. (Beifall und Rufe bei der FPÖ: Unglaublich!)

Hören Sie, bitte, mit diesem Märchen auf, dass in Produkten, die dieses Gütezeichen tragen, nur österreichisches Fleisch drinnen ist! Das ist einfach nicht wahr!

Deswegen stehen wir in den Ausschüssen auf der Seite des Gesundheitsministers, der meint, dass wir ein österreichisches Gütezeichen brauchen. Wo rot-weiß-rot draufsteht,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 48

muss 100 Prozent – und nicht 30 Prozent! – Österreich drinnen sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend: Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, wenn der Landwirtschafts­minister sagt, er wird jetzt die Bremser in der Europäischen Union in Bezug auf ein Gütezeichen wachrütteln. Das können Sie vergessen! Jemanden, der seit zwei Jahren oder wahrscheinlich seit fünf Jahren mit beiden Beinen auf der Bremse steht, wenn es darum geht, ein gutes Gütezeichen für Österreich zu machen, den schicken wir nach Brüssel.

Herr Gesundheitsminister, ich fordere Sie auf, dass Sie nach Brüssel gehen und dort die Interessen der Konsumenten und auch der Bauern vertreten, denn hier geht es um österreichische Produkte. Hier geht es um die österreichischen Bauern und hier geht es um Ehrlichkeit den Konsumenten gegenüber. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


10.31.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Sie haben jetzt einiges wirklich Spannendes gehört. Der Kollege Jannach hat ja hier aus dem Regulativ der AMA vorgelesen.

Vielleicht nur für alle, die jetzt völlig verwirrt sind. Der Hintergrund ist natürlich, auf Grund von Wettbewerbsregeln hat die AMA sozusagen auch diese Zeichen rein technisch generiert, damit es gemäß dem Wettbewerbsrecht der Europäischen Union nicht sozusagen verzerrend ist, wenn man Herkunft schützen will. Da sehen Sie, dass es um europäische Regelungen geht, Herr Bundesminister, und dass wir auch – und das ist die Konsequenz aus dieser Tatsache – ein österreichisches Gütesiegelgesetz brauchen, damit eben auch das AMA-Zeichen wirklich konsequent und eindeutig sein kann. Die Kritik des Kollegen Jannach am AMA-Gütesiegelrecht ist berechtigt. Wir teilen sie, weil man letztlich nur kontrollieren und prüfen kann, was gesetzlich geregelt ist, meine Damen und Herren. Das ist die Herausforderung. Die Regelung erfolgt entweder auf europäischer Ebene, dann ist sie einheitlich in Europa, oder eben auf österreichischer Ebene.

Der Herr Minister hat eines angesprochen, wo ich ihm recht geben muss, und da muss ich ihn auch vor falscher Kritik in Schutz nehmen. Der Lebensmittelsicher­heits­be­richt 2011 war ein Novum. Hier ist die gesamte österreichische Lebensmittelkontrolle in einem Bericht zusammengefasst worden – Kollege Maier nickt. Er hat sich auch wesentlich an dieser Debatte beteiligt und zu diesem Bericht beigetragen. Das möchte ich auch erwähnen, dass es hier auch Abgeordnete gibt, die seit Jahren kämpfen, gemeinsam kämpfen für ein österreichisches Gütesiegelgesetz, wie der Kollege Maier und ich. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben 2009 auch einen Fünf-Parteien-Antrag zustande gebracht. Und jetzt besteht die Konsumententäuschung darin – und das ist der Skandal –, dass die Abgeordneten der ÖVP hier heruntergehen und so tun, wie wenn der Herr Minister alleine in der Regierung wäre und allein entscheiden könnte, während Sie hier herüben über Anträge abstimmen für ein österreichisches Gütesiegelgesetz und Ihre Minister alles tun, um das zu verhindern. Meine Damen und Herren, das ist ein politischer Skandal erster Kategorie, aber wirklich! (Beifall bei Grünen, SPÖ und FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 49

Konkret: Was wollen die Grünen? Wir werden heute auch einen Antrag einbringen und sind auch bereit, darüber zu diskutieren. Es liegen ja auch Vorschläge des BZÖ auf dem Tisch.

Weiters hat es konkrete Vorschläge des Kollegen Jannach gegeben und weitere. Herr Minister, Sie haben heute eine Schlüsselrede gehalten, und wir hoffen, dass Sie das bis Juni noch umsetzen werden. Das erwarten wir von der Regierung. Sie haben es auch im Regierungsübereinkommen festgelegt. Wir erwarten uns, dass Sie die Auslobung der Herkunft, des Tierschutzes und der Gentechnikfreiheit in einem österreichischen Gütesiegelgesetz regeln und dass Sie darin auch jährliche Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten festlegen (Beifall und Ruf des Abg. Strache: Das ist gescheit!), denn dann können die Konsumentinnen und Konsumenten mit Sicherheit davon ausgehen, okay, es gibt staatlich geprüfte Zeichen und ich muss mich nicht bemühen, stundenlang das Kleingedruckte zu lesen, denn wir wissen alle, dass das beim Einkaufen in der Regel nicht der Fall ist, sondern dass man das wirklich nur in Ausnahmefällen tut, wo man dann wirklich genau nachsehen möchte, falls man es noch lesen kann. Wir wissen, dass Bürgerinnen und Bürger, die beim Einkaufen halt nicht die Brille mithaben, wirklich überfordert sind, weil die Kennzeichnung so klein geschrieben ist.

Ja, Herr Minister, das ist die Herausforderung und das ist die Herausforderung für die Regierung in diesem Politikbereich. Wenn Sie es nicht zustande bringen, dann erwarte ich mir von Ihnen zumindest, dass Sie noch in dieser Legislaturperiode einen gemein­samen Antrag mit der Opposition – das sage ich in Richtung SPÖ – hier beschließen. Wir können das tun. Wenn die ÖVP nicht bereit ist, ein Regierungsübereinkommen zu erfüllen, dann wird sich die Opposition bereit erklären, eine Beschlussfassung zu­stande zu bringen, und wir bekommen die Zwei-Drittel-Regelung, damit eine Task Force eingerichtet wird, damit es in Zukunft in Österreich die Möglichkeit gibt, dass man bei Skandalen sofort konsequent reagieren kann.

Man braucht die Zusammenarbeit mit den Länderbehörden – keine Frage! Wir wollen sie nicht abschaffen, wir haben dort vor Ort die lokale Kompetenz, aber wir wollen eine schnelle Eingreiftruppe, und Sie können mit unseren Stimmen rechnen, wenn Sie, nämlich die SPÖ, so einen Antrag einbringen. Wir werden uns jedenfalls bemühen. (Beifall bei den Grünen.)

Unser Antrag zielt konkret darauf ab, dieses Gütesiegelgesetz einzuführen, die Herkunfts­kennzeichnung einzuführen, damit ausschließlich österreichische Rohstoffe, nämlich tierischen Ursprunges, drinnen sind, wenn es sich um rot-weiß-rot ausgelobte Produkte handelt. Und wir wollen – und das ist wichtig – im Bereich der Gastronomie, der Restaurants, wo jetzt sehr viel Schindluder getrieben wird, auch eine klare Kennzeichnung, zumindest was die wertbestimmenden Inhaltsstoffe wie Fleisch, Milch und Eier betrifft. Wenn irgendwo ein Freilandei verwendet wird, dann soll das auch auf der Speisekarte stehen. Wenn ein Bioprodukt dort eingesetzt wird, ein Biorohstoff, dann kann das nach dem Lebensmittelkodex jetzt schon ausgelobt werden.

Meine Damen und Herren! Wir sind für diesen Aufbruch im Lebensmittelsicher­heits­recht bereit. Schließen wir uns zusammen! Machen wir einen gemeinsamen Antrag! Wir haben unseren eingebracht und wir können ihn dann im Ausschuss diskutieren. – Danke. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

10.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 50

10.36.41

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich frage Sie, was denn noch alles passieren muss, damit Sie im Bereich der Lebensmittelsicherheit endlich Professionalität an den Tag legen. Ich frage Sie ernsthaft: Reicht es denn nicht, dass Sie im Jahr 2009 – Ende 2009, Anfang 2010 – politisch mit verantwortlich dafür waren, dass wir in Österreich im Zuge des Listerien-Skandals und des Kontrollver­sagens Ihres Ministeriums und der Länderkontrollinstanzen neun Tote und mehr als 30 Erkrankte zu verzeichnen hatten, da Sie es mit Ihrem Kontrollsystem zugelassen haben, dass ein Hartberger Bauernquargel listerienverseucht in den Konsum gelangt und Menschenleben in diesem Land gefährdet hat – ein Hartberger Bauernquargel, der aus deutschem Topfen hergestellt worden ist? Und das Einzige, was er in Hartberg erfahren hat, war der Zusatz von Listerien, wobei dieses Produkt mit Bauern und Hartberg nichts zu tun gehabt hat, wie auch jetzt Produkte in unseren österreichischen Läden zu finden sind, die mit Rindfleisch nichts zu tun haben, weil sie mit anderen Fleischsorten versetzt worden sind.

In einem, Herr Bundesminister, gebe ich Ihnen recht: Das Pferd ist nicht das Problem, sondern dass sich der Konsument seit dem Weinskandal – und Österreich hat seit dem Weinskandal in der Lebensmittelsicherheit nichts dazugelernt – nicht sicher sein kann, was in den Produkten des täglichen Lebens überhaupt enthalten ist. (Beifall beim BZÖ.)

Ich bin ja nur heilfroh, dass es dieses Mal nur Pferde waren oder eben in der ungari­schen Salami Esel sind. Was wäre denn passiert, wenn wir draufgekommen wären, dass vielleicht Hunde unseren Lebensmitteln zugesetzt werden oder Katzen, weil es noch billiger ist? Das ist ja alles möglich, sehr geehrter Herr Bundesminister, weil Sie und Ihre Behörden seit Jahren in diesem Bereich latent versagen.

Herr Bundesminister, ich habe heute Entschließungen des österreichischen Parla­ments mitgebracht, mehrheitliche Entschließungen, in denen Sie am 8. Juli 2011 dazu aufgefordert worden sind, dem Nationalrat bis Ende Mai 2012 einen Vorschlag einschließlich einer Abschätzung der finanziellen Auswirkungen vorzulegen und daraus einen Gesetzentwurf zur Reorganisation der Kontrolle entlang der Lebensmittelkette zu entwickeln.

Weiters sind Sie in einer Entschließung dieses Nationalrates am 20. Mai 2010 dazu aufgefordert worden – ich zitiere –:

Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, „dafür Sorge zu tragen, dass der Täuschungsschutz bei der Herkunftskennzeichnung auf nationaler Ebene verbessert wird“. Was ist geschehen? – Nichts ist geschehen!

Eine ganze Legion an Verbraucherschutzministern seit dem Fleischskandal in den neun­ziger Jahren, die ehemalige Verbraucherschutzministerin Prammer – nunmehrige Nationalratspräsidentin –, gegenwärtig Stöger, mühen sich ab, in diesem Bereich die Kontrolle zu verbessern. Allerdings wird sehr unprofessionell vorgegangen, und die österreichische Bevölkerung kommt sich dabei äußerst verschaukelt vor.

Daher habe ich Ihnen heute ein Schaukelpferd mitgebracht – ich bin eigentlich gegen solche bildliche Sprachen –, das soll jedoch symbolisieren, dass nicht das Pferd das Problem ist, sondern die Verschaukelei, die Sie seit Jahren mit den österreichischen Konsumenten durchführen. (Der Redner übergibt Bundesminister Stöger ein Schaukel­pferd. – Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Stell es gleich auf den Sitz vom Bundeskanzler, das Pferd! Da gehört es auch hin! Das Schaukelpferd ist der neue Bundeskanzler!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 51

Sie verschaukeln die österreichischen Konsumenten dadurch, dass Sie Kontroll­sicherheit vorgeben, die aber Ihre Behörden nicht gewährleisten, und machen somit den Konsumentinnen und Konsumenten ein X für ein U vor.

Sie, Herr Bundesminister Stöger, haben zugelassen, dass seit einigen Jahren die Überbeschau bei den Kontrolluntersuchungen der fleischverarbeitenden Betriebe nicht mehr die Tierärzte machen. In Österreich war es immer gute Sitte – und es war auch gut für das Kontrollsystem –, dass die Überbeschau in fleischverarbeitenden Betrieben durch vereidigte Veterinärmediziner gemacht worden ist. Jetzt macht sie die vielge­rühmte „Frau Schmauswaberl“. Sie lassen es weiter zu, dass in Zukunft EU-weit Laien­beschauer – so nennt sich das – Lebensmittel und Fleischbeschau in Schlachthöfen durchführen und nicht wie bisher die vereidigten Tierärzte. Ja was wird denn dann noch alles im Bereich der Lebensmittelsicherheit auf uns zukommen? (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, Sie sind im Jahr 2009/2010 auf tragische Art und Weise ge­scheitert: Neun Tote und 30 Erkrankte klagen bis heute an! Und heute sind Sie einmal mehr dessen überführt worden, dass Sie aus diesem Skandal 2009/2010 nichts gelernt haben, Entschließungen des österreichischen Parlaments schlichtweg negiert und absolut nichts zur Lebensmittelsicherheit der Österreicherinnen und Österreicher beigetragen haben.

Ich prophezeie Ihnen heute, dass wir hier in zwei, drei Jahren wieder zusammen­kommen werden, wieder hier sitzen werden, wieder diskutieren werden, weil man in einem anderen Lebensmittelbereich in Europa draufkommen wird, dass gepanscht, Dioxin versetzt oder falsch gekennzeichnet wurde, dass die Lebensmittelkontrolle unter­graben wurde, sich Tierkrankheiten in den Lebensmitteln finden und sich der Konsument in diesem Land einmal mehr nicht auf das verlassen kann, was Sie ihm mit Ihren Kontrolluntersuchungen vorgaukeln. (Beifall beim BZÖ.)

10.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Markowitz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.42.05

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Damen und Herren vor den Fernsehbildschirmen und oben auf der Zuschauergalerie! Sie werden sich heute wohl zeitweise gedacht haben, wir sind beim Villacher Fasching, aber ich muss dem Kollegen Jannach wirklich recht geben. Wenn ich mir diese Fülle, ja diese „Horde“ an AMA-Gütesiegeln anschaue, dann muss ich sagen: Da kann sich doch die Bevölkerung wirklich nicht mehr aus­kennen!

Ich glaube, unsere Pflicht ist, dafür zu sorgen, dass die Lebensmittel gekennzeichnet werden. Wo ein AMA-Gütesiegel drauf ist, da sollte zu hundert Prozent österreichi­sches Fleisch drinnen sein. Es kann nicht sein, dass die AMA nichts anderes ist als ein Postenversorger für alte, abgehalfterte ÖVP-Politiker, die niemand mehr braucht. Das wisst ihr ganz genau! Sonst heben wir nämlich die Unterlagen zu allen Mitarbeitern aus und schauen uns an, auf welchen Listen die waren – beim EU-Wahlkampf, beim Wien-Wahlkampf, wo auch immer. Das machen wir öffentlich, das plakatieren wir auch, da haben wir gar kein Problem. Das ist der reine Postenschacher! Die Bevölkerung wird belogen und betrogen.

Zu dem, was wir in Kärnten erlebt haben: Wir haben uns die Website von diesen Kärn­tner Würsteln angeschaut, die ja jetzt abgedreht wurde. Dort steht: ein Original aus Kärnten. – Die Pferde wurden jedoch aus Slowenien über die Steiermark importiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 52

Das, was wir nie mehr haben wollen, ist, dass die Bevölkerung belogen und betrogen wird.

Das Mindeste, was notwendig ist, ist ein österreichisches Gütesiegel. Herr Minister, Sie haben unsere vollste Unterstützung! Da gehen wir auch mit den Grünen und mit den Blauen mit, denn es kann nicht sein, dass wir die Bevölkerung belügen und betrügen und zusätzlich auch noch irreführen. Es geht auch um den Konsumenten. Sonst müssen wir uns nämlich fragen: Was ist diese Ware eigentlich wert? Ist sie den Preis wert, den wir zahlen?

Es darf nicht sein, dass die ÖVP hier einfach sagt, der Konsument ist schuld, weil er ja weniger für das Fleisch zahlen will. Es ist das Mindeste, dass wir österreichische Qualität zahlen, wenn österreichische Qualität drinnen ist – wenn dem wirklich so ist! Dass da jetzt, wie wir vorher gehört haben, hinsichtlich der Herkunft zig verschiedene Wurst- und Fleischsorten drinnen sind, das ist eine Katastrophe. Also das Mindeste, was ich mir erwarte, ist eine saubere Kontrolle, Herr Minister. (Beifall beim Team Stronach.)

Es ist auch das Mindeste, dass man gemeinsam eine Lösung findet, aber das sehe ich bei der ÖVP einfach nicht. Wir haben das ja heute schon gesehen. Was wird denn der nächste Skandal sein? – Die Bio-Eier zu Ostern, die vor zwei Monaten schon gekocht und produziert wurden und jetzt gerade umgefärbt werden? Das gebe ich Ihnen schriftlich, Herr Minister! Lassen Sie Kontrollen durchführen, und Sie werden sehen, dass die Hälfte der Ostereier vergammelt sind!

Ich möchte Sie jetzt wirklich dazu auffordern, dass Sie aus diesem Skandal lernen und einfach verstärkt Proben durchführen lassen und die Richtlinien und die Strafen so verschärfen, dass so etwas einfach nicht mehr geschehen kann. Das ist das Mindeste, was wir uns erwarten, Herr Minister! Dann haben Sie auch in uns einen Partner, und wir werden Sie darin unterstützen, dass das auch umgesetzt wird.

Wenn die ÖVP weiterhin so blockiert, nur weil es um ein paar Posten geht, dann frage ich mich schon, worum es wirklich geht. Aber die Bevölkerung wird sich das merken! (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Bitte? (Abg. Hornek: Sie sind zum Stronach gegangen, um einen Posten zu haben!) – Na schauen Sie einmal, da oben, bitte, schauen Sie den Kollege da oben einmal an, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Vertuscher hoch drei, von AMA-Gütesiegel – nur ein reiner Postenschacher da oben –, und der schreit jetzt da herunter! Dass Sie sich nicht schämen! Dass Sie sich nicht schämen, dass Sie die österreichischen Bauern zu Empfängern von Wohlfahrt und Subventionen gemacht haben. (Abg. Hornek: Unglaublich!) Sonst würde sich das Ganze nämlich nicht mehr ausgehen. Der Bauer kann nicht mehr überleben.

Denken Sie an all die Transporte, dass da, wie wir gehört haben, Tausende Kilometer durch Österreich und durch Europa gefahren wird, bis das Fleisch irgendwo ankommt. Warum produzieren wir das Fleisch nicht in Österreich? Warum wird nicht in Österreich geschlachtet? (Weiterer Zwischenruf des Abg. Hornek.– Mein Onkel ist Fleischer­meister (Abg. Hornek: Da haben Sie aber nichts gelernt!), und Sie da oben brauchen mir gar nichts zu sagen, nur weil Sie komplett ahnungslos sind und außer blöden Zwischenrufen bei der ÖVP überhaupt nichts drinnen ist. Es geht um den Kon­su­menten! Der Konsument in Österreich gehört geschützt. (Beifall beim Team Stronach.)

Es ist unsere Pflicht, dass wir das hier im Parlament so umsetzen, dass frische, saubere, ordentliche Ware auf den Speiseteller der Österreicherinnen und Österreicher kommt. Ich meine, dafür sind wir gewählt worden. Es geht hier nicht um Politik, Politik und sonst gar nichts! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

10.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 53

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Markowitz, ich möchte Sie dringend ermahnen und Sie darum ersuchen, bei Ihrer Wortwahl sehr genau darauf zu achten, dass jenes Prinzip, das hier im Hause gilt, auch wirklich gewährleistet ist, nämlich die Würde des Hauses zu wahren. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Bartenstein.– Dabei belasse ich es vorerst einmal. (Abg. Petzner: Mir hätten Sie einen Ordnungsruf gegeben!)

Herr Bundesminister Stöger hat sich ein weiteres Mal zu Wort gemeldet. Redezeit: maximal 5 Minuten. – Bitte.

 


10.47.08

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Erlauben Sie mir, noch ein paar Hinweise zu geben.

Erstens: Man braucht keine Angst zu haben, dass die Pizza das Dressurreiten gewonnen hat – nein. Pferde, die in Österreich oder in Europa geschlachtet werden, dürfen keine Sportpferde sein. Sportpferde sind dabei ausgeschlossen. Ich sage das ganz, ganz deutlich. (Abg. Scheibner: Wer kontrolliert denn? Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Zweitens, wenn es um den Genusstauglichkeitsstempel mit dem „A“ drauf geht: Es ist richtig, das zeigt, dass ein österreichischer Tierarzt das Fleisch genusstauglich gestempelt hat. Es kann sich dabei auch um nicht-österreichisches Fleisch handeln. Mir ist es aber wichtig, dass ein österreichischer Tierarzt die Kontrollen übernimmt.

Abschließend bedanke ich mich für die große Unterstützung in den Redebeiträgen, auch was die Weiterentwicklung der Kontrollen in Österreich betrifft. Ich bedanke mich auch ausdrücklich dafür, dass es große Unterstützung gibt, auch im Bereich der Gütezeichen mehr zu tun. – Danke dafür. Ich lade alle ein, auch den nächsten Schritt zu gehen, dass wir den Landwirten, den Betrieben die Chance geben, in Österreich ein Gütezeichen für das Thema „gentechnikfrei“ zu haben. (Abg. Scheibner: Machen Sie es doch! Machen! Abg. Ursula Haubner: „Einladung!“ Eine Einladung ist !) Öster­reichische Betriebe können das vorbringen. Wir arbeiten besser im Tierschutzbereich. Auch da könnten wir ein Gütezeichen gebrauchen. Die gesündere Wahl auszu­zeichnen wäre gut.

Insgesamt habe ich sichergestellt, dass der Lebensmittelsicherheitsbericht die Kon­sumentinnen und Konsumenten informiert, dass wir mehr Transparenz bringen. Wir haben die Herkunftskennzeichnung auf europäischer Ebene eingeführt – übrigens, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer entsprechenden Schriftgröße, sodass man es auch ohne Brille lesen kann. Sie tritt 2014 in Kraft. Ich bitte Sie, daran mitzuwirken, dass wir in den nächsten Sitzungen des Nationalrates die Strafen für Betrüger ganz massiv erhöhen können. Wir werden den Gesetzentwurf bald in Begut­achtung geben.

Insgesamt möchte ich aber darauf hinweisen, dass Österreich Lebensmittelsicherheit hat. Die Lebensmittel waren noch nie so sicher wie jetzt. Die 150 000 Lebensmittel, die kontrolliert werden, sind in Österreich in guter Qualität vorhanden, und ich bedanke mich bei allen ehrlichen Betrieben, die österreichische Lebensmittel in toller Qualität anbieten. Ich bedanke mich auch beim österreichischen Handel, der durch seine Ein­kaufs­politik auch dazu beiträgt, dass Tarner und Täuscher nicht mehr auf dem Markt erscheinen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 54

10.50.02Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 14063/J bis 14089/J;

Zurückziehungen: 14029/J;

2. Anfragebeantwortungen: 13161/AB bis 13227/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird (2161 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz und die 11. Opferfürsorgegesetz-Novelle geändert werden (2162 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Behinderten­einstellungsgesetz geändert werden (2163 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (2164 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit (2166 d.B.),

2. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesund­heit (2167 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-No­velle 2014) (2168 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteiengesetz und das Volksgruppengesetz geändert werden (2169 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundesver­gabe­gesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden (BVergG und BVergGVS Novelle 2013) (2170 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen (2188 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur (2189 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Familienberatungsförderungsgesetz geändert wird (2190 d.B.),

Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013 (2191 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2192 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz (2193 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz- Bundesministerium für Verkehr, Inno­vation und Technologie (2194 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 55

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Sozialversicherung (2195 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Finanzen (2196 d.B.);

4. Anträge:

Zurückziehung des Verlangens auf erste Lesung binnen drei Monaten: Zu 2163/A.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 58 betreffend „Einführung eines eigenständigen Unterrichtsfaches ,Politische Bildung‘ an allen Schulen ab der 7. Schulstufe (3. Hauptschule, Neue Mittelschule oder Gymnasium)“,

Bürgerinitiative Nr. 59 betreffend „Alle ICE-Züge sollen am Bahnhof 4780 Schärding halten“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2013 – SRÄG 2013 (2150 d.B.);

Justizausschuss:

Antrag 2211/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Durchführung eines Pilotprojektes analog zum deutschen Cochemer Modell in Österreich;

Verfassungsausschuss:

Antrag 2163/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Grundgültigkeitsdauer von Gesetzen (Grundgültig­keits­dauer-Gesetz – GGG),

Antrag 2210/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXIV. Gesetzgebungsperiode des National­rates vorzeitig beendet wird;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten zum EU-Arbeitsprogramm 2013 auf der Grundlage des Achtzehnmonatsprogramms des irischen, litauischen und griechischen Ratsvorsitzes sowie des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission für das Jahr 2013 (III-397 d.B.);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft betreffend Jahresvorschau auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission für 2013 und der irischen EU-Präsi­dentschaft (III-395 d.B.).


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 56

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen mit Albanien zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 14. Dezember 2007 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Albanien zur Vermeidung der Doppel­besteue­rung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerumgehung samt Protokoll, BGBl. Nr. 107/2008,

Aufnahme der Verhandlungen mit Belarus zum Abschluss eines Protokolls zur Abän­derung des am 16. Mai 2001 unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 69/2002.

*****

10.50.38Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 (1) GOG

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte über die Einwendungen des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler gegen die Tagesordnung ein.

Ich erinnere an die diesbezüglichen Bestimmungen: maximal drei Wortmeldungen pro Fraktion mit jeweils maximal 5 Minuten Redezeit.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


10.51.01

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Einwendungsbegehren zielt darauf ab, das sogenannte Spekulations­verbot, das in vier Gesetzesänderungen und einem Artikel-15a-Vertrag ja im Budget-aus­schuss soweit beschlossen wurde, hier zu debattieren.

Klubobmann Kopf hat eingewandt, wieso ausgerechnet ich das einmahne, da wir ja gegen dieses jetzt vorliegende und unserer Meinung nach tatsächlich viel zu wenig weitreichende und schwache sogenannte Spekulationsverbot seien. (Abg. Kopf: Das war nicht meine Begründung!) – Ich sage Ihnen, warum. Es muss möglich sein – und es ist sogar notwendig und sinnvoll –, dass wir als Verfassungsgesetzgeber in diesem Haus derart wichtige und wesentliche Materien debattieren, auch wenn sich an dieser Stelle noch keine Zweidrittelmehrheit abzeichnet, weil es nämlich auch gerade in Ihrem Interesse sein muss, meine Damen und Herren Abgeordnete, zu wissen, was sich überhaupt abspielt. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Es war doch auch im Budgetausschuss so, dass die Debatte unter den Abgeordneten kaum geführt werden konnte, weil dauernd Unterbrechungen und Verhandlungen erfolgt sind (Abg. Eßl: Aber geh!) – tatsächlich! –, die darauf abgezielt haben – und auf die Rolle dieser Bundesländer wird noch einzugehen sein –, ständig die Wünsche und Begehrlichkeiten von – und ich sage es genau so, wie es ist! – weiterhin spekulations­wütigen Landeshauptleuten mit auf die Agenda zu nehmen. Das ist der Hintergrund! Und das ist auch der Hintergrund dafür, warum eine an sich schwache und schlechte Regelung nicht einmal den Weg in die Tagesordnung findet, weil sogar das Schwache und Schlechte den Oberföderalisten von Rot und Schwarz immer noch zu viel ist, weil es offensichtlich so ist, dass die so weitertun wollen wie bisher. Und das gehört hier debattiert, denn wir sind der Verfassungsgesetzgeber! (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Kurze Rückblende: „Nie wieder Salzburg!“ Das ist erst kurze Zeit her, und das wurde zu Recht gefordert. Zu Weihnachten die tollsten Wünsche! Wo sind die hingekommen?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 57

Ich will nicht das billige Zitat bemühen, aber der Verfassungsgesetzgeber hat mehr zu tun, als rund um die sogenannten Feiertage auszurichten, wie toll wir nicht die neuen Verfassungsgesetze machen werden, sodass dieses „Nie wieder!“ auch wirklich Realität wird und nie wieder so etwas geschieht wie in Salzburg, wo man bis heute nicht weiß beziehungsweise lange nicht gewusst hat, wie viele Milliarden man über­haupt wohin gesteckt hat und wie das Geld veranlagt wurde – und das aber aufgrund einer Rechtslage, die wir hier mit zu verantworten haben! Die Länder selber werden es nicht machen, das ist doch evident! Die wollen nicht, die können vielleicht nicht einmal, aber wir müssen und können, hoffe ich wenigstens. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Verfassungsgesetze hier so zu gestalten, dass das, wovon Sie selber behaupten, dass Sie es umsetzen wollen, und womit Sie vermutlich selber in Ihren Wahlkreisen herumlaufen – in der Sache selber zu Recht –, nämlich dass nie wieder auf Steuergeldkosten spekuliert wird, auch Realität wird – und das vor allem in den Bundesländern, denn der Bund tut es ja ohnehin nicht mehr. Wir haben ja vor vier Jahren die Konsequenzen gezogen; da hat es ja auch einen Skandal gegeben. Deshalb ist es so wichtig, dass diese Regeln, die es ja eigentlich gibt, auf die Länder und auf die großen Städte übertragen werden. Und jetzt lautet die Frage: Woran scheitert das? Woran scheitert es, dass hier nicht einmal eine halbherzige und schlechte Regelung durchzubringen ist? (Abg. Strache: Rote und schwarze Landes­hauptleute!)

Das wollen wir nachzeichnen, und da muss endlich der Gesetzgeber, der Verfassungs­gesetzgeber aufwachen, und deshalb muss das heute hier debattiert werden, auch wenn wir am Schluss keine Zweidrittelmehrheit haben, und zwar zu Recht! Aber wenn wir es ausführlich und öffentlich diskutieren, wird weiterhin Druck entstehen, sodass wir in ein oder zwei Monaten einmal etwas Gescheites auf dem Tisch haben, ein Speku­lationsverbot, das diesen Namen auch verdient, und nicht irgendein Larifari. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt ist sogar das Larifari schon zu viel, weil es den Ländern beziehungsweise den Landeshauptleuten – wie sie alle heißen, die Herren Pröll, Wallner et cetera – schon zu viel ist, dass in diesem Haus überhaupt etwas vorkommt, das etwas anderes ist als ein Artikel-15a-Vertrag. Diese Vereinbarung, die Sie zwischen Bund und Ländern ge­schlos­sen haben, ist mehr Schein als Sein, und auf dieser Basis wollen die Landes­hauptleute weiterzocken.

Zur Artikel-15a-Vereinbarung, die hier auch vorliegen würde: Wenn Sie sie anschau­ten, würden Sie sehen, wie schrecklich das ist! Da wird gar nichts geregelt, da wird gar nichts verboten. Das hat nichts mit „Nie wieder Salzburg!“ und „Nie wieder Nieder­österreich!“ zu tun.  Das kommt jetzt nämlich hinzu, denn da geht es ja genauso darum, dass die bis heute einen Spekulationsverlust von über 1 Milliarde in einen Gewinn umdeuten, weil nämlich sehr viel Geld verflüssigt und veranlagt wurde – ohne Regeln, ohne irgendetwas, alles versteckt!

Wir haben hier die Möglichkeit und die Kompetenz, da einfach Transparenz walten zu lassen, und diese Kompetenz müssen wir auch wahrnehmen, sonst versagen wir als Verfassungsgesetzgeber. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strache.)

Dann muss es wirklich heißen: Nie wieder Niederösterreich, nie wieder Kärnten, nie wieder Salzburg! – So geht es nicht weiter. (Beifall bei den Grünen. Rufe bei der FPÖ: Nie wieder Wien! Das hast du vergessen!)

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 58

10.56.27

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): In einem Punkt sind wir uns völlig einig: Dass sich diese Vorfälle, die es in einzelnen Bundesländern gegeben hat, nie mehr wiederholen dürfen und dass dafür auch entsprechende Schritte gesetzt werden. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass in den Landesregierungen der neun Bundes­länder neun potenzielle Kriminelle sitzen, Herr Kollege Kogler! (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.) Was Sie selbst hier gesehen haben, ist ein Faktum: dass hier mitgearbeitet wird und dass man an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten hat!

Lassen Sie das einmal kurz Revue passieren, zum Beispiel diese berühmte Landes-Hypo in Kärnten, mit 20 Milliarden € Haftungsrahmen, wo der Steuerzahler bis jetzt 3 Milliarden € hineinzahlen musste. (Abg. Strache: Was der Rechnungshof kritisiert, weil es eine bayrische Bank war! Das ist ein Skandal mit österreichischen Steuergeldern! Aber die Untersuchungsausschüsse ...!)

Ich hoffe, dass der Wähler und die Wählerin am Sonntag auf dies eine Antwort geben wird, sodass sich das nie wieder wiederholt. Das muss man am Sonntag vor allem dokumentieren, indem man die Partei, die dafür verantwortlich ist, in Kärnten abwählt. Das ist einmal der erste Punkt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der zweite Punkt: Es wurden hier Diskussionen geführt, in die auch Rechnungshof­präsident Moser, den wir alle sehr respektieren, Kritikpunkte eingebracht hat. Diese Kritikpunkte wurden eingearbeitet, und ich habe heute schon in meiner ersten Stellungnahme gesagt: Für uns ist das hiermit akzeptabel, wir können das mittragen. Wenn der Rechnungshofpräsident dem zustimmt, der auch am Verhandlungstisch gesessen ist und mit Ratschlägen und Vorschlägen präsent war, dann wird das, glaube ich, auch in der Bevölkerung akzeptiert werden, dass wir Regelungen erreichen wollen, die ermöglichen, dass wirklich geprüft werden kann und dass wirklich Transparenz herrscht.

Da komme ich gleich zu einem anderen Thema, was diese Veranlagung der Wohn­baugelder in Niederösterreich und die sehr kreativen Konstruktionen diesbezüglich betrifft. Das ist ja im Wahlkampf in Niederösterreich ausgiebig diskutiert worden. Man kann aber angesichts der Art und Weise, wie dort gearbeitet wird, nicht sagen, dass Niederösterreich der Hort der Transparenz ist. Da gibt es eine Verwechslung: Es wird Klarheit mit Intransparenz verwechselt. Das ist das Problem, das in Niederösterreich vorherrscht! (Abg. Strache: Wie schaut das in Wien aus? Wie ist das in Wien?)

Auch daher, kann ich Ihnen sagen, wollen wir diese Regelung, damit in allen neun Bundesländern – und die sozialdemokratisch geführten Bundesländer haben schon längst begonnen, sich umzuorientieren und neue Regelungen zu finden ... (Abg. Strache: AVZ-Stiftung in Wien! Spekulation in Wien! Cross-Border-Leasing in Wien! Die Schiene, den Kanal, alles habt ihr in Wien verspekuliert, und die Bürger dürfen es zahlen!) – Sie sollen noch etwas wissen: dass wir auch dafür sind, dass es ein transparentes, möglichst einheitliches Rechnungswesen gibt. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das halten Sie nicht aus, dass das so ist, aber Sie sollten auch ein bisschen ein positiveres Verhältnis gegenüber positiven Entwicklungen haben. Ich kann mit Stolz vermelden, dass das in diesem Zusammenhang auch wirklich so ist und daher so umzusetzen ist.

Daher: Wenn es heute diese Zustimmung von Ihnen noch nicht gibt, dann wird das natürlich auch heute nicht auf der Tagesordnung stehen, aber wir werden nicht lockerlassen. (Abg. Strache: Geh bitte, ich habe ja gesagt, es gäbe eine Zweidrittel­mehrheit! Abg. Mag. Kogler: Diskutieren werden wir doch noch dürfen hier herin­nen!) Wir werden nicht lockerlassen, auch nach dem 3. März werden wir dafür ein­treten, dass es diese Regelungen gibt, und wir werden das auch durchsetzen, das


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kann ich Ihnen heute auch schon in aller Deutlichkeit sagen. (Abg. Bucher: Das müsst ihr dem Koalitionspartner sagen!)

Was wir nämlich nicht wollen, ist, dass mit Steuergeldern spekuliert wird. Und da werden wirklich Maßnahmen gesetzt, dem entgegenzutreten. Da kann es kein Casino geben! Da kann nicht herumgezockt werden! (Abg. Mag. Kogler: Nein, niemals!)

Fälschungsvorwürfe wie in Salzburg, Steuerhinterziehungsvorwürfe in Salzburg, dann die Kritik an der Verwendung der Wohnbaugelder in Niederösterreich, und die Spitze sind natürlich die 20 Milliarden bei der Landes-Hypo Kärnten, was ja eigentlich schon von Dutzenden Staatsanwälten zu untersuchen ist. Das sind drei Beispiele, und wir wollen seitens der Gesetzgebung versuchen, dem in aller Deutlichkeit und Massivität entgegenzutreten.

Dazu hat es jetzt Verhandlungen im Parlament gegeben, auf der Ebene der Budget­sprecher, und die haben hier, glaube ich, einen sehr guten Weg beschritten, die, die halt eine Einigung wollten. Ich möchte Abgeordneten Hofer da besonders hervorheben, der hier seitens der Freiheitlichen sehr konstruktiv agiert hat. Und wir bemühen uns da auch, dass wir gemeinsam diesen Weg auch zu Ende gehen können. Das ist unser Ziel, dass es dieses umfassende Spekulationsverbot auch wirklich gibt.

Zu diesem Gerücht, das da verbreitet wird, es gäbe das eine oder andere sozial­demokratisch geführte Bundesland, das diese Regelungen nicht will: Das ist einfach falsch!

Es gibt die Zustimmung zu den Forderungen des Rechnungshofpräsidenten als Basis für diesen Konsens. Und die sozialdemokratische Parlamentsfraktion trägt das auch voll mit. Und wir sind dafür, dass das auch wirklich beschlossen wird, damit der Steuerzahler und die Steuerzahlerin sehen, wir haben die Botschaft verstanden, wir als Gesetzgeber werden alles unternehmen, damit sich das nicht wiederholt, und wir treten für diese strengen Regelungen wirklich deutlich ein. (Beifall bei der SPÖ.)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


11.01.54

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Klubobmann Cap, Sie wissen ja, dass ich Sie persönlich sehr mag. Ich finde, Sie sind im privaten Gespräch ein ganz lässiger Kerl. Aber ich sage Ihnen eines, Herr Klubobmann: Wenn man mit Kärnten ein bisschen zu tun hat, dann weiß man, eines kommt in Kärnten gar nicht gut an, nämlich von Wien aus auf Kärnten zu schimpfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Cap, Sie werden sehen, dass dieses Kärnten-Bashing, jetzt von Ihnen durchgeführt, leider auch von der ÖVP durchgeführt, zu keinem guten Wahlergebnis für Ihre Parteien führen wird. Und ich kann Ihnen garantieren, ganz Österreich ist eine Republik, auch Kärnten wird kein Kaiserreich werden, und der Herr Kaiser wird in Kärnten wahrscheinlich kein allzu gutes Wahlergebnis einfahren. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt aber zur eigentlichen Sache. Wir haben sehr, sehr schwierige und sehr aufwen­dige Verhandlungen zum Spekulationsverbot geführt. Am Anfang war es so, dass man mit dieser 15a-Vereinbarung nicht wirklich das erreichen und umsetzen konnte, was man eigentlich umsetzen wollte. Daher hat die Opposition in diesen Verhandlungen viel in die Finanzverfassung hineinverhandelt. Wir haben nicht nur die Frage der risikoaversen Veranlagung hier behandelt, sondern haben auch gesagt, auch dann, wenn tatsächlich risikoavers, also ohne Risiko, veranlagt wird, dürfen für diese Ver-


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anlagungen keine Kredite aufgenommen werden. Das steht jetzt in der Finanz­verfas­sung.

Oder: Wir haben jetzt in der Finanzverfassung den Grundsatz, dass für Derivate ohne Grundgeschäft keine finanzielle Grundlage mehr besteht. Auch das ist drinnen. Dann wurde noch erreicht – und das war auch der Kritikpunkt des Präsidenten des Rech­nungshofes –, dass die strengen Grundsätze der OeBFA, der Österreichischen Bun­desfinanzierungsagentur, für Länder und Gemeinden gelten sollen. Das ist ein riesiger Fortschritt und gibt Ländern und Gemeinden tatsächlich ein sehr enges Korsett. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Alles das wurde erreicht, und dann ging es wirklich nur mehr darum, wie das einheit­liche Rechnungswesen gestaltet wird. Und wir brauchen ein einheitliches, vergleich­bares Rechnungswesen innerhalb der Länder, in den Gemeinden. Und da haben die Schwierigkeiten begonnen.

Wir haben uns dann immer nur gewundert, dass in den Gesprächen, die wir führen mit den Regierungsparteien, die Regierungspartei A sagt, es gibt Probleme bei der Partei B, und die Regierungspartei B sagt, es gibt Probleme bei A. Gestern im Lauf der Gespräche war es dann so, dass bei einigen Vorschlägen, die auch der Rechnungshof eingebracht hat, die SPÖ eher sehr skeptisch war und wir deswegen die Gespräche nicht abschließen konnten. So, dann vergeht eine Stunde, und dann sagt die SPÖ, nein, wir sind jetzt doch dafür. Dafür sagt dann die ÖVP, nein, wir können das so nicht umsetzen.

Also Sie können sich vorstellen, wie schwierig das für eine Oppositionspartei ist, die nicht mit einer Regierung verhandelt, sondern mit zwei Parteien, die unterschiedlicher Meinung sind, und auch innerhalb dieser Parteien gibt es dann noch unterschiedliche Strömungen. Es ist fast unmöglich, hier zu einem guten Ergebnis zu kommen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Wasserrecht !)

Eigentlich wollten wir heute nicht dafür stimmen, dass dieser Tagesordnungspunkt aufgenommen wird, weil die Frage des Wassers noch nicht abgeklärt ist – wir haben gesagt, wir wollen auch den Schutz des Wassers in der heimischen Verfassung – und weil wir in der Präsidiale vereinbart hatten, wenn es keine Zweidrittelmehrheit dafür gibt, dann werden wir das hier heute nicht behandeln.

Nur höre ich dann heute von Herrn Klubobmann Cap (Abg. Strache: Es wird eh alles umgesetzt!), es gebe ja eh eine Zweidrittelmehrheit. Dann sage ich, na gut, dann behandeln wir das auch. Es hat Staatssekretär Schieder, der sich auch sehr in den Verhandlungen bemüht hat, heute um 8.57 Uhr noch ein E-Mail ausgeschickt, in dem er sagt, es ist alles klar, wir können das heute gemeinsam beschließen. Dann frage ich: Warum beschließen wir das dann heute nicht gemeinsam, um endlich ein Spekulationsverbot in der Verfassung zu verankern?! (Beifall bei der FPÖ.)

Denn eines darf nicht sein, meine Damen und Herren: dass nicht die Bundesregierung regiert in Österreich, dass nicht das Parlament die Gesetze macht, sondern dass zwei Herrschaften der ganzen Republik auf der Nase herumtanzen – und die heißen Häupl und Pröll! Weil diese beiden Österreich in Wirklichkeit regieren! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Ja, wem haben wir denn die eigenartige Volksbefragung zur Wehrpflicht zu verdanken, die kein Mensch in Österreich gebraucht hat? – Dem Herrn Häupl! Und wer wird jetzt – und das garantiere ich Ihnen – eine abschließende Behandlung eines Spekulations­ver­botes in Österreich verhindern? Der Herr Pröll, der genauso wie Herr Häupl als Oberspekulant überhaupt kein Interesse hat, dass es in Österreich zu einem Speku-


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lationsverbot kommt! Ich garantiere, es wird nach diesem Wahltag am Sonntag leider keine positive Lösung geben.

Wir von den Oppositionsparteien, alle gemeinsam, haben uns sehr, sehr bemüht, abseits von allen parteitaktischen Überlegungen ein positives Ergebnis im Sinne der Steuerzahler einzufahren. Gescheitert ist es leider am fehlenden staatspolitischen Verständnis der Regierungsparteien. (Beifall bei der FPÖ.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


11.07.09

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Es wiederholt sich hier bei uns im Haus in regelmäßigen Abständen immer dann, wenn irgendwo Wahlen vor der Tür stehen, dasselbe Schauspiel (Abg. Bucher: Nicht bei der ÖVP!): Es werden Dinge und Sachverhalte aus Bundesländern hier hereingetragen. Es wird versucht, den einen oder anderen Sachverhalt hier herinnen vor natürlich entsprechen­dem Publikum, auch vor den Fernsehschirmen, auszubreiten und Wahlkampf, der eigentlich dort hingehört, wo die Wahl stattfindet, in dem Fall am Sonntag nach Kärnten und nach Niederösterreich und nicht hier ins Hohe Haus, hier hereinzutragen. Jedes Mal dasselbe. (Beifall bei der ÖVP.)

Genau in diesem Licht, Kollege Kogler, steht natürlich auch dein Antrag von heute. (Abg. Mag. Kogler: Verfassungsgesetzgeber sind aber schon noch wir, oder?) Ich plaudere normalerweise nicht aus Verhandlungen, weil die eine gewisse Vertraulichkeit behalten sollten (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie es!), aber jetzt herzugehen, einen Antrag zu stellen, man möge etwas auf die Tagesordnung setzen, wo du gestern bei den Verhandlungen noch gesagt hast, wir mögen uns mehr Zeit nehmen und weiterdiskutieren und es besser dann in einem oder zwei Monaten beschließen (Oh-Rufe bei der ÖVP), das ist unehrlich, das ist wirklich nicht in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist ein sehr durchsichtiges Manöver. (Abg. Mag. Kogler: Bei euch gilt: Hände falten, Goschen halten!, oder?)

Aber, meine Damen und Herren, selbstverständlich gibt es in diesem Hohen Haus niemanden, der Vorkommnisse wie in Salzburg noch irgendwann einmal erleben will. Das darf es nicht mehr geben! (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen ist es selbstverständlich notwendig, dass wir neue Spielregeln für die Veranlagung von Geldern in öffentlichen Haushalten bekommen, dass wir auch eine Vereinheitlichung bei Voranschlägen, Rechnungsabschlüssen, also beim Haushalts­recht der Länder, verwirklichen. Überhaupt keine Frage, die Zahlen müssen künftig vergleichbar sein. Und es gibt auch bei den Ländern grosso modo Übereinstimmung darüber, dass wir diese Vereinheitlichung machen sollen. Gestern war auch Konsens, dass das durchaus ein paar Jahre dauern wird, weil es auch bei uns, beim Bund, einige Zeit gedauert hat, bis wir dann tatsächlich zu diesem sehr modernen Haushaltsrecht gekommen sind.

Aber es ist eine böswillige Unterstellung, gerade da den Namen von Landeshauptmann Wallner als derzeitigem Vorsitzenden der LH-Konferenz hier in den Mund zu nehmen, den Namen des Landeshauptmannes eines Bundeslandes, das seit über 20, ja 30 Jahren die doppelte Buchhaltung selbstverständlich hat, aber für die Meldungen an den Bund dann die Zahlen immer noch auf die Kameralistik umrechnen muss, da es eben noch kein einheitliches Recht gibt. Das kann man ihm doch nicht vorwerfen. Bitte, ganz im Gegenteil, da ist Vorarlberg Vorreiter! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Aber er will kein Verfassungsgesetz! Sie haben keine Ahnung!)


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Die Finanzministerin hat nach dem Skandal von Salzburg genau richtig reagiert. Sie hat die Länder an einen Tisch gebeten, hat mit ihnen eine Artikel-15a-Vereinbarung, gemeinsam mit Herrn Staatssekretär Schieder, verhandelt. Die ist von allen unter­schrieben. Sie braucht aber eine verfassungsrechtliche Grundlage, und die müssen wir hier herinnen schaffen. (Abg. Mag. Kogler: Dagegen sind die Landeshauptleute, das ist das Problem!) Ich bekenne mich auch dazu, dass es nicht nur um eine verfas­sungsrechtliche Grundlage für diese Artikel-15a-Vereinbarung gehen kann, sondern darüber hinaus auch um in der Verfassung festgeschriebene Bestimmungen gehen muss, die künftig die Länder dazu zwingen, nach vereinheitlichten Spielregeln ihre Voranschläge, ihre Haushalte zu gestalten. Da kann es überhaupt keinen Zweifel darüber geben.

Aber, meine Damen und Herren, ich bekenne mich auch dazu, dass man einen Weg, den man gemeinsam begonnen hat in Verhandlungen mit den Ländern, mit einer Artikel-15a-Vereinbarung, auch jetzt, wo es darum geht, wie gestaltet man diese einheitlichen Regeln aus, auch gemeinsam mit den Ländern beendet. Das ist nicht mehr als fair. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich wundere mich wirklich über einige Redner und einige Proponenten hier herinnen, dass man in so einer Situation, wo man mit den Ländern auf einem sehr konstruktiven Weg ist, mit Ausnahmen, aber grosso modo auf einem sehr konstruktiven Weg ist, diese Vereinheitlichung auch tatsächlich zustande zu bringen, dass man, nur weil es gestern in ein paar ganz wenigen Punkten noch keinen abschließenden Konsens gegeben hat, hier jetzt versucht, das für den Wahlkampf zu missbrauchen.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, diese letzten Punkte auszu­räumen, sodass wir saubere Regeln schaffen können, die künftig einheitliche Haus­halte bei den Ländern, eine vereinheitlichte Buchhaltung sicherstellen, Zahlen, die man dann auch vergleichen kann und uns künftig helfen werden, solche Missstände wie in Salzburg zu verhindern – und dass wir das spätestens in der März-Sitzung des Parlaments tatsächlich miteinander beschließen können.

Ein letzter Satz noch zu Herrn Staatssekretär Schieder: Was er mit diesem E-Mail heute früh gemacht hat, das ist nicht in Ordnung, da er ganz genau weiß, wo der Verhandlungsstand gestern war. Und das ist zu kritisieren. Ich weiß nicht, warum er es macht. Es ist ein sehr durchsichtiges taktisches Manöver von ihm. (Beifall bei der ÖVP.)

11.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Kopf –: Die Verfassung diskutieren wir schon noch in dem Haus, oder?)

 


11.13.16

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap, Sie können noch hundertmal hier herauskommen und behaupten, dass die Republik Österreich Kärnten geholfen und gerettet hat. Sie wissen ganz genau, und der Rechnungshof hat es bestätigt, das ist ein völliger Schwachsinn, den Sie da gemacht haben, indem Sie den Bayern, der Bayerischen Landesbank die Hypo abgekauft haben und den österreichischen Steuerzahlern in die Tasche gegriffen haben. Das war ein grobes Vergehen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Strache: Das ist die Sauerei!) Und das wird noch ein Nachspiel haben. Über das werden wir in diesem Haus sicher noch das eine oder andere Mal disku­tieren. Das verspreche ich Ihnen.


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Mittlerweile weiß das auch die Bevölkerung in unserem Land ganz genau, dass das nicht notwendig war und dass das ein Unsinn war. Und wenn Sie von 3 Milliarden € Kosten sprechen, dann vergessen Sie dabei immer die Kommunalkredit, die mittler­weile den österreichischen Steuerzahler mehr als 5 Milliarden € gekostet hat, wo ausschließlich SPÖler dafür verantwortlich waren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abge­ordneten der FPÖ. – Abg. Strache: Die Verantwortliche dafür sitzt im Bildungsminis­terium, die Frau Schmied!) Und ich sage Ihnen das noch hunderte Male, damit das irgendwann einmal bei Ihnen einsickert.

So, jetzt zum Spekulationsverbot. Herr Kollege Kopf, Ihr letzter Satz war bezeichnend, ein Ausdruck der gekränkten Eitelkeit im Grunde genommen – nur weil der Herr Staatssekretär Schieder das Verhandlungsergebnis von gestern in einem Entwurf zusammengefasst und uns, und gleichzeitig Ihnen, zugesandt hat. Und da sagen Sie, das ist ein grobes Vergehen?! Wo wir doch alle eines wollen, nämlich die Speku­lationen ein für alle Mal zu unterbinden. (Abg. Strache: Wie ist das bei der ÖVP: Hände falten, !?)

Das ist genau das, was wir immer kritisieren: Sie fühlen sich gekränkt, wenn Sie nicht als Erster von Ihrem Verhandlungspartner davon erfahren, was zu tun ist und was es an Vorschlägen gibt.

Jetzt gibt es schon seit vielen Monaten Bemühungen, aktive und intensive Bemü­hungen, dieses Spekulieren endlich zu untersagen, zu verbieten und alles zu unter­nehmen, dass solche Vorfälle wie in Salzburg nie wieder vorkommen. Das war das Bekenntnis von allen im Nationalrat vertretenen Parteien von Anbeginn der Verhand­lungen an. Und jetzt kommen Sie im letzten Moment daher und sagen, wir haben in ein, zwei kleinen Teilbereichen keine Übereinstimmung gefunden. – Das könnten wir heute noch im Laufe des Tages machen! Wenn wir gestern schon knapp vor dem Verhandlungserfolg gewesen sind (Abg. Strache: Wenn es so wäre! Die sind ja meilenweit davon entfernt in Wahrheit!) und heute noch den ganzen Tag über Zeit haben zu verhandeln, könnten wir das in der Zuweisungssitzung noch beschließen. Das ist nur Ihre gekränkte Eitelkeit. Sie wollen das nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Ein großes Lob einmal an Herrn Staatssekretär Schieder. Er hat eh noch nie von mir ein Lob gekriegt, aber das ist jetzt einmal angebracht. (Beifall beim BZÖ.) Ein Lob dafür, dass der Herr Staatssekretär alle Bedenken, die wir hatten, einmal in einem Entwurf zusammengefasst hat, auch die Bedenken des Rechnungshofs endlich einmal berücksichtigt hat. Und jetzt liegt es nur noch an der ÖVP, meine sehr geehrten Damen und Herren, ausschließlich an der ÖVP, über ihren Schatten zu springen und Herrn Pröll einmal zur Seite zu schieben und zu sagen: Hier geht es um ein nationales Interesse, Spekulationen sind nicht mehr erlaubt, weder in Städten, Gemeinden noch in Ländern oder auf Bundesebene! Um das geht es! (Beifall beim BZÖ.)

Der zweite Punkt, der auch vom Rechnungshof gekommen ist, ist, ein für alle Mal klarzulegen, wie das Rechnungswesen in den Städten, in den Gemeinden, in den Ländern auszusehen hat, so wie wir das auf Bundesebene in einem Allparteienantrag hier beschlossen haben, dass das Haushaltsrecht des Bundes überall anzuwenden ist. Der Rechnungshof hat es ja von Anbeginn an kritisiert und gesagt: Egal, was ihr beschließt, egal, welche Restriktionen, es ist nicht möglich zu kontrollieren, solang die Länder die Möglichkeit haben, alles Mögliche zu verschleiern und zu verstecken!

Ja, was bringt dann ein Spekulationsverbot auf Bundesebene im Verfassungsrang, wenn die Länder mit uns ein Versteckspiel betreiben können? Seid doch endlich so fair, auch das hier heraußen zu sagen und einzufordern, was man immer bei Verhand­lungen hört, wenn wir uns gemeinsam unterhalten! Die Länder haben sich jetzt einmal zu unterwerfen und endlich das Haushaltsrecht auf Bundesebene anzunehmen und


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dieses Fürstengehabe abzulegen, damit wir das Spekulieren auf Kosten der Steuer­zahler unterbinden können! (Beifall beim BZÖ.)

11.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


11.17.56

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir sind der Meinung, dass die Tagesordnung, wie sie in der Präsidiale ausgemacht wurde, auch eingehalten werden sollte. Deshalb werden wir hier die Regierungsparteien unterstützen. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht! !) Nein, es ist so ausgemacht worden, dass, wenn gestern kein Verhandlungsergebnis zustande kommt, es nicht auf die Tagesordnung kommt. Und dazu stehen wir. Ich glaube, sonst muss man im Vorfeld nichts ausmachen, sonst brauchen wir auch keine Präsidiale, meine Damen und Herren, denn es sollten eigentlich Richtlinien für alle gelten. Ich glaube, dass das schon wichtig ist.

Grundsätzlich gilt es zu sagen, dass dieses Spekulationsverbot light, wie es bisher vorgelegen ist, natürlich nicht beschlussfähig ist. Kollege Kogler hat gestern selbst in den Verhandlungen – es ist hier schon angesprochen worden – darauf gedrängt, dass man sich wieder mit den Ländern hinsetzt und das Ganze noch einmal aufmischt, da nicht gut verhandelt worden ist. (Abg. Mag. Kogler: Ja, aber deshalb kann man es trotzdem hier diskutieren!) Da geben Sie mir doch recht, dass wir das wollten.

Ich habe Sie dort unterstützt, da ich der Meinung bin, dass wir mit den Ländern Auge in Auge verhandeln sollten und jetzt nicht in einer Husch-Pfusch-Aktion irgendetwas einfach beschließen, damit man nach außen vor den Wahlen sagen kann, wir tun ja etwas gegen die Spekulation, obwohl es in Wirklichkeit nur eine halbe Sache ist. Das wollen wir nicht. (Abg. Mag. Kogler: Aber diskutieren sollen wir es! Diskutieren heißt nicht: beschließen!)

Genau deswegen wollen wir das auch heute nicht beschließen, ob es jetzt diskutiert wird oder nicht. Ich finde, es ist schwierig, wenn wir hier über eine Gesetzesinitiative diskutieren, die dann nicht beschlussfähig ist. Ich glaube, das gehört in die Verhand­lungen, wie wir es gestern gehabt haben, und da sind wir miteinander schon relativ weit gekommen.

Aber, wie gesagt, es wäre wichtig, dass die Länder miteingebunden werden, das heißt, dass wir uns Auge in Auge gegenübersitzen und nicht da und dort verhandelt wird. Ich werfe nämlich der Frau Finanzminister schon vor, dass sie mit den Ländern vorab etwas ausverhandelt hat, und dass diese dann so mir nichts, dir nichts zugestimmt haben, das finde ich schon etwas eigenartig. Also da ist schon einmal Vorsicht angebracht.

Wer die Kritik des Rechnungshofpräsidenten gestern aufgenommen hat, der weiß, dass in dem Entwurf große Mängel enthalten sind. Das heißt, im Prinzip ändert sich nichts. Die Länder haben die Gemeinden, und die Länder haben nach wie vor die Möglichkeit, zu spekulieren. Dann werden wieder Geschichten wie etwa in Nieder­österreich laut, wonach eine Milliarde an Wohnbaugeldern verspekuliert worden ist. Ich glaube, dem müssen wir einen Riegel vorschieben, denn da geht es um Steuergeld, das von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern hart erarbeitet wird. Damit muss man vorsichtig umgehen.

Kollege Cap hat vorhin auch die Hypo Alpe-Adria in Kärnten angesprochen. Ich gebe Herrn Kollegen Bucher recht: Es war nicht notwendig, diese von der Bayern-Hypo zurückzuerwerben. Was er dabei aber immer vergisst, ist die Kommunalkredit, die den Steuerzahler mittlerweile – und das ist noch nicht der Endstand – 5,8 Milliarden € an


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hart verdienten Steuereuros gekostet hat, meine Damen und Herren! (Demonstrativer Beifall des Abg. Ing. Hofer. – Abg. Kickl: So ist es!) Das sollte man sich einmal in die Bücher schreiben, denn das vergisst man dann immer wieder, da ist man dann auf einem Auge schnell blind.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass diese ganze Sache weiter verhandelt werden muss und keine Husch-Pfusch-Aktion gesetzt werden darf. Wir sind gegen dieses Spekulationsverbot light, das den Ländern noch sehr, sehr viel Spielraum gibt. Auch die Frist – das ist angesprochen worden – bis zum Jahr 2020 ist jetzt im Entwurf vom Herrn Staatssekretär auf 2018 verkürzt worden.

Wir wissen, dass es bereits Beispielländer gibt, die das Ganze gemacht haben. In diesem Zusammenhang kann man die Steiermark einmal sehr lobend erwähnen, wo man auf einem guten Weg ist. Auch in Vorarlberg ist das schon seit eh und je gang und gäbe. Ich glaube, dass das Haushaltsrecht des Bundes für die Länder Vorbild sein sollte, um genau solche Dinge wie in Salzburg und Niederösterreich zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Wir sind aufgerufen, das gut zu überlegen, vernünftig anzugehen und nicht in einer Husch-Pfusch-Aktion umzusetzen! Ich verstehe natürlich die Situation, dass man noch vor den Wahlen dem Volk signalisieren will, dass man auf einen Weg kommt, dass man das Spekulationsverbot einführt. Ich verstehe, dass in Niederösterreich – wo spekuliert worden ist mit Steuergeldern, das ist ja Tatsache – vor den Wahlen noch etwas Stimmung gemacht werden soll, das verstehe ich, aber wir haben Grundlinien. Wir müssen miteinander reden, wir müssen versuchen, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, und das können wir nur in Verhandlungen, wie sie gestern stattgefunden haben, und nicht in einer hitzigen Plenumsdebatte, bei der der Wahlkampf überlagert wird. (Beifall der Abg. Kaufmann-Bruckberger.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Sag, dass zwischen „debattieren“ und „beschließen“ ein Unterschied ist!)

 


11.23.24

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Klubobmann Kopf, Herr Abgeordneter Werner Kogler ist weder schizophren, noch ist er unehrlich! Bleiben wir dabei, was gestern bei den Verhandlungen war: Wir von den Grünen haben gestern bei den Verhandlungen substanzielle Vorschläge eingebracht, um das, was hier vorliegt, entscheidend zu verbessern. Das betrifft insbesondere die Festlegung von Grundsätzen in der Verfassung, das betrifft aber insbesondere auch die Verbesserung des Rechnungswesens, die notwendig ist, die die Voraussetzung für die Kontrolle schafft, um ein Spekulationsverbot überhaupt umsetzen zu können. Aber mit dem, was jetzt vorliegt, einschließlich dessen, was gestern ausverhandelt wurde, werden sich Spekulationen nicht verhindern lassen – weder in Salzburg noch in Niederösterreich! Das „Casino Pröll“ wird nicht geschlossen werden können mit diesen Regelungen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Frau Finanzministerin ist schon mehrmals gefragt worden – einmal in einer Dringlichen Anfrage, aber auch gestern in den Verhandlungen –, ob sie der Meinung ist, dass mit diesen Regelungen die Spekulationen ein für alle Mal verhindert werden können. Bis heute hat sie noch keine Antwort darauf gegeben. Daraus kann ich wohl den Schluss ziehen – ich erlaube mir das zumindest –, dass es sich um eine Regelung handelt, die eben ein lückenloses Spekulationsverbot in der derzeitigen Form nicht durchsetzen kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 66

Wo liegen diese Lücken? Erstens liegen sie darin, dass wir, was die Spekulation und das Spekulationsverbot, das in der Finanzverfassung ausgesprochen wird, betrifft, eine Artikel-15a-Vereinbarung haben, die extreme Lücken aufweist. Das habe ich schon beim letzten Mal angemerkt, möchte aber jetzt noch einmal darauf hinweisen. Das betrifft das fehlende Festlegen von Risikolimits, das betrifft fehlende Risikopuffer. Das betrifft aber auch klare Regelungen und Verantwortlichkeiten im Hinblick auf Risiko­management und Treasury, da scheint noch einiges offen zu sein. Das betrifft aber auch das Berichtswesen und insbesondere das Berichtswesen, das zur Umsetzung in die Hände des österreichischen Koordinationskomitees gelegt wurde, was Form und Inhalt anlangt.

Was nützt es, wenn die Kontrolle dem österreichischen Koordinationskomitee über­tragen wird, dem eine Kontrollgruppe zur Seite gestellt wird, wenn erst irgendwann einmal Form und Inhalt dessen, was in diesen Berichten stehen soll, durch das österreichische Koordinationskomitee beschlossen werden? Diese Dinge brauchen wir doch jetzt und sofort! Es reicht auch nicht, einzelne Finanzgeschäfte zu melden. Die 15a-Vereinbarung stellt aber nur ab auf das Melden von Finanzgeschäften. Das ist doch viel zu wenig! Was wir brauchen, ist, dass wir feststellen können, wie sich diese Finanzgeschäfte verändert haben. Das können wir nur dann feststellen, wenn wir wissen, wie die Marktwerte dieser Finanzgeschäfte sind, wie die Marktwertver­änderun­gen dieser Finanzgeschäfte sind, und dazu braucht es Transparenz in Form eines modernen Rechnungswesens, das alles offenlegt, was es in diesem Zusammenhang offenlegen muss und sollte. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Herr Klubobmann Kopf, Sie sagen, Vorarlberg hat das schon alles. – Ja, im Innenver­hältnis, aber im Außenverhältnis liegt das, Herr Klubobmann Kopf, alles nicht vor! Die Landtagsabgeordneten haben keine Ahnung von der dortigen Ertragsrechnung, sie haben keine Ahnung, wie die Bilanz erstellt wird, weil sie die Bewertungsregeln nicht kennen. Und darum geht es.

Es wurde zwar gestern ein Fortschritt in der Hinsicht erzielt, dass jetzt endlich die Frage von Form und Gliederung in Bezug auf die Regelung von Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen aus der Finanzverfassung herausgenommen werden soll, aber auf der anderen Seite wurde das dann wieder in der Form abgeschwächt, dass das nun nicht mehr eine Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Finanzen in Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof sein soll, sondern es wurde erneut auf eine 15a-Vereinbarung zurückgegriffen, und da weiß ich schon vorab genau, was dabei herauskommen wird. – Da wird gar nichts herauskommen (Beifall bei den Grünen), denn Sie, Herr Klubobmann Kopf, sind in der Geiselhaft Ihrer Bundesländer!

Das ist auch der Grund dafür, dass die Ergebnisse, die gestern ausverhandelt worden sind, hier heute nicht beschlossen werden, was nicht heißt, dass ich dafür wäre, dass diese Regeln beschlossen werden. Sie sind viel zu schlecht und bringen viel zu wenig, um ein wasserdichtes Spekulationsverbot in diesem Lande durchzusetzen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Wenn Sie das „Casino Pröll“ schließen wollen, dann befreien Sie sich endlich aus der Geiselhaft der Landeshauptleute und machen wir eine wasserdichte Regelung! Das sind wir den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schuldig. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

11.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 67

11.28.56

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Wenn wir uns die Gespräche, die es auf parlamentarischer Ebene zum Spekulationsverbot gegeben hat, anschauen, dann ist zu sagen, es ist ja so, dass es für den Großteil der Regelungen die notwen­dige Zweidrittelmehrheit gibt. Für die Definition, was Spekulation ist, dafür, was erlaubt und was nicht erlaubt sein soll, gibt es eine Zweidrittelmehrheit. Das heißt, der Spekulationsteil, nämlich § 17, ist in Wirklichkeit abgeschlossen. Darin sind sich alle Parteien so nahe, dass man sich wirklich bemühen muss, irgendeinen Unterschied zu sehen.

Die einzigen Fragen, die gestern noch debattiert wurden, waren die Fragen in Bezug auf ein neues Haushaltsrecht für alle Gebietskörperschaften. Es gibt eine gewisse Bandbreite hier im Haus, nämlich jener, die die Unterwerfung verlangen, die sagen: Das, was wir hier einstimmig beschlossen haben für den Bund – das ich für richtig halte, was wir für den Bund beschlossen haben –, das muss jetzt für alle gelten! (Abg. Kopf: Wo Rossmann sagt, das passt gar nicht für Niederösterreich!) – Ich sage einmal, ob der Maßanzug, den wir für den Bund gemacht haben, wirklich von Bludenz bis Gramatneusiedl und von Zwettl bis Bleiburg das Richtige ist, weiß ich auch nicht.

Das, worin wir uns einig sind, wir alle, auch mit den Gebietskörperschaften, ist, dass wir ein modernes Haushaltsrecht brauchen. Die einzige Frage, die jetzt noch diskutiert wird, lautet: Bestimmt das der Bund über die Köpfe aller Gebietskörperschaften hinweg allein, oder gibt es dazu eine Vereinbarung, dass man sich gemeinsam auf die Grund­sätze festlegt? In Wirklichkeit haben wir sehr geringe Unterschiede in der Frage betreffend das Haushaltsrecht, einig sind wir uns darin, dass wir es wollen. Wir haben das auch auf Bundesebene einstimmig beschlossen, weil wir es für richtig halten, dass wir ein modernes Haushaltsrecht haben. Es stimmt, dass noch nicht alle Länder und Gemeinden quasi zu 100 Prozent davon überzeugt sind, aber hier im Parlament steht das überhaupt nicht mehr zur Diskussion, ob wir es als notwendig und richtig erachten, es umzusetzen. Dazu steht auch meine Fraktion.

Die zweite Frage, die noch debattiert worden ist, ist: Ab wann muss es gelten? – Dazu muss man sagen, wir als Bund haben zehn Jahre gebraucht und sind noch immer nicht fertig. Das Bundeshaushaltsrecht gilt zwar in Teilen, ist aber mit allen Verordnungen und so weiter noch nicht fertig. Eine Frage war: Wie lange gibt man jetzt zum Beispiel Ländern und Gemeinden Zeit, umzustellen? – Die einen sagen, vier Jahre müssen reichen, die anderen sagen, sechs Jahre oder sieben Jahre sollte man ihnen Zeit geben. Das sind in Wirklichkeit jene Diskussionspunkte, die offen waren.

Wir Sozialdemokraten haben gestern im Klub gemeint, uns ist es so wichtig, das zu beschließen, dass wir über die Differenzen, die es noch gibt, hinwegsehen und sagen: Okay, wir können auch dem zustimmen, was die Freiheitlichen wollen. Wir wissen aber alle, wir brauchen zumindest drei Parteien dazu. Es haben alle sechs Parteien am Freitag gesagt, wenn es keine Zweidrittelmehrheit dafür gibt, soll dieses Thema nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden, und ich weiß jetzt nicht, wieso man von Freitag auf Mittwoch in der Früh plötzlich anderer Meinung ist.

Es gibt keine notwendige Zweidrittelmehrheit hier im Haus. Das bedeutet für mich aber nicht, dass es jetzt darum geht, zu sagen, wer schuld daran ist, dass das jetzt nicht auf der Tagesordnung steht. Man könnte sagen, die Grünen sind schuld, alle sind schuld, ich bin schuld – aber darum kann es doch nicht gehen, weil wir uns doch morgen oder übermorgen wieder ernsthaft zusammensetzen und ehrlich versuchen müssen, zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, die eine Zweidrittelmehrheit hier im Haus findet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 68

Deshalb werde ich es unterlassen, zu sagen, wer schuld daran ist, dass wir uns heute noch nicht geeinigt haben. Ich glaube, nicht nur ich, sondern insgesamt die Vertreter der Sozialdemokratie haben bewiesen, dass wir konstruktiv eine Lösung suchen, auch unseren Beitrag leisten. Das hat bis heute noch nicht gereicht, wir werden aber trotz­dem auch morgen unseren Beitrag dazu leisten, zu einer ordentlichen Lösung zu kommen, die eine Zweidrittelmehrheit findet, schon allein deswegen, weil wir gar nicht weit auseinander sind in den Kernfragen. Es tut mir leid, dass wir das heute nicht beschließen können, aber ich gehe davon aus, dass wir das in der nächsten Plenar­sitzung sehr wohl werden beschließen können. Wir sind bereit, und wir leisten unseren Beitrag, dass das möglich wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


11.33.41

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin, da wir beide aus Oberösterreich kommen und die Verhältnisse dort ein bisschen kennen, darf ich Ihnen folgendes Beispiel erzählen:

Ich war vor zirka zwei Wochen bei einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer Ober­österreich, und ich war dort, den üblichen Machtverhältnissen entsprechend, vermutlich das einzige „blaue“ Schaf in einer „schwarzen“ Herde. Interessanterweise wurde dort über das Spekulationsverbot diskutiert. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Spekulationsverbot letzten Endes nur dann kontrolliert werden kann, wenn wir ein einheitliches Rechnungswesen haben, ein einheitliches Haushaltsrecht. Es wurden alle möglichen Argumente vorgebracht, die wir heute von meinen Vorrednern zum Teil schon gehört haben, und ich glaube auch, Frau Bundesminister, dass wir da durchaus übereinstimmen. Ich habe bei den Verhandlungen den Eindruck gehabt, Sie wollen das wirklich durchziehen.

Ich habe bei dieser Veranstaltung all den Präsidenten, Vizepräsidenten, Innungs­meis­tern, Gremialvorstehern aufmerksam zugehört und mich dann zu Wort gemeldet und gesagt: Ja, ich bin Teil dieses Verhandlungsteams, und es wird sicherlich nicht an der Opposition scheitern. Es wird nicht daran liegen, dass wir das verhindern wollen, ich fürchte nur, es wird genug beharrende Kräfte innerhalb der Regierungsfraktionen geben, die das Ganze verhindern wollen.

Selbstverständlich wollen wir, dass eine Doppik eingeführt wird. Wir wollen, dass einmal eine ordentliche Bewertung möglich ist, denn es ist ein Unterschied, ob man eine Leasingrate als Betriebsausgabe verbucht oder das Ganze kapitalisiert, es ist ein Unterschied, wie man Veranlagungen bewertet, zum Nominalwert oder zum Tages­wert. Und ein österreichweiter Vergleich ist nur dann möglich, wenn man ein einheitliches Haushaltsrecht hat. Die Vergleichbarkeit dieser Daten ist auch wichtig im Hinblick auf das Transparenzdatengesetz.

Letzten Endes habe ich mit meiner Einschätzung vor zwei Wochen recht behalten. Alle Funktionäre des Wirtschaftsbundes haben mir widersprochen: Nein, das drücken wir durch, das wird bestimmt kommen! Ich weiß, Frau Bundesminister, Sie bringen immer das wunderbare Beispiel mit dem Klopapier, das mir persönlich sehr gut gefällt. In jedem Bundesland wird das Klopapier in den Krankenanstalten anders bewertet. Ein Bundesland verbucht überhaupt nur die Abgänge, ein anderes Bundesland verbucht eben das Papier selbst. – Das ist anachronistisch, das ist vorsintflutlich. Wir müssen endlich einmal weg von dieser ganzen Bewertung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 69

Was ist aber dann geschehen? – Wir haben verhandelt, wir sind uns alle einig gewor­den. Heute hören wir von Klubobmann Cap, im Prinzip ist alles ausverhandelt, wir hören das auch von Vertretern der ÖVP. – Ja, warum beschließen wir es dann nicht? Ich kann Ihnen sagen, warum wir es nicht beschließen. Mir kommt es manchmal so vor, als würde ein Hendldieb als Erster schreien: Haltet den Dieb! Natürlich sind alle dabei, aber in Wirklichkeit will es niemand, weil alle in der Geiselhaft des Duo Infernale der österreichischen Innenpolitik stecken. Das Duo Infernale sind Pröll und Häupl, die das beide gar nicht wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese beiden wollen sich nicht in die Karten schauen lassen, wollen nicht, dass es endlich einmal Transparenz beim Rechnungswesen gibt – und diese beiden stehen auf und sagen: Njet! So wie seinerzeit Chruschtschow: Njet, es geht nichts!

Ich attestiere fast jedem einzelnen Verhandlungspartner in dieser Runde, dass er wirklich ein Ergebnis haben will, aber sie sind eben alle in dieser Geiselhaft. Und das wundert mich vor allem bei der ÖVP, denn sonst wird ja alles, was von der EU kommt, in Österreich sofort umgesetzt. Sofort! Die EU will ja ein einheitliches Haushaltsrecht, aber da wird gemauert. Da ist das auf einmal völlig uninteressant für Sie, viel wichtiger ist Ihnen, dass Ihre Machtbasis in den Ländern einzementiert wird. Manchmal kommt es mir in Österreich so vor, als würde der Schwanz mit dem Hund wedeln und nicht umgekehrt. Die ÖVP ist in Geiselhaft des Herrn Pröll und die SPÖ in Geiselhaft des Herrn Häupl.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin fest davon überzeugt, nach dem 3. April wird diese gesamte Gesetzesinitiative ein Begräbnis erster Klasse erleiden. Wir werden nicht mehr verhandeln, es wird nur mehr leere Worte geben – und auf der Strecke bleibt letzten Endes der österreichische Steuerzahler! (Beifall bei der FPÖ.)

11.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Bucher: Der Zerrissene!)

 


11.39.04

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanz­minis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Auffliegen des Salzburger Finanzskandals gab es über alle Parteigrenzen hinweg sofort den politischen Willen: Da ist Handlungsbedarf gegeben, wir müssen Spekulation mit Steuergeldern verhin­dern!

Ich glaube, wir sind in den letzten Wochen auch sehr weit gekommen. Die Frau Finanz­minister hat sehr rasch die Bundesländer einberufen. Wir haben eine unterschriebene 15a-Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die eine Reihe von sehr wichtigen Grundsätzen festlegt, nämlich den Grundsatz einer risiko­aversen Finanzgebarung, das heißt, vermeidbare Risken sind zu unterlassen, den Grundsatz einer strategischen Jahresplanung im Bereich Liquiditäts- und Schulden­management, den Grundsatz des Vier-Augen-Prinzips mit einer Trennung von Treasury- und Risikomanagement und letztlich den Grundsatz von Transparenz, von vollkommener Transparenz, welche Geschäfte gemacht werden.

Was uns dazu noch fehlt, ist die verfassungsmäßige Ermächtigung, dass wir da auch die Gemeinden mit einbeziehen. Und in diesem Zusammenhang hat es in den letzten Wochen sehr gute, konstruktive Gespräche mit den Oppositionsparteien gegeben. Und ich habe immer gesagt, es trennt uns nicht sehr viel. Aber, meine Damen und Herren, nach dem, was ich in der heutigen Debatte hier gehört habe, wenn hier davon gesprochen wurde, Herr Kollege Bucher, dass sich die Länder zu unterwerfen haben, muss ich sagen: Da trennen uns ja Welten! (Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 70

Da sind wir nicht weit auseinander, sondern da trennen uns Welten, meine Damen und Herren!

Ich sage Ihnen eines: Ich bin ein großer Anhänger jener politischen Kultur, die wir in diesem Land haben, von der Sozialpartnerschaft bis zum Finanzausgleich: miteinander zu reden. Das hat dem Land immer noch gutgetan, miteinander zu reden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Sie verweigern ja das Gespräch!)

Ich verstehe die Bundesländer voll, wenn sie sagen: Eines geht nicht: Zuerst ver­handelt ihr wochenlang mit uns, dann ist eine 15a-Vereinbarung von allen unter­schrieben, und nachher legt ihr im Parlament noch etwas dazu! – Also, ehrlich gestanden, so geht es nicht! (Abg. Mag. Kogler: Sie schwänzen ja jede Sitzung, was reden Sie denn?!)

Das heißt, wir sind gut unterwegs, aber natürlich verstehe ich die Länder, die sagen, dass sie da mit einbezogen werden wollen, wie das der politischen Kultur in unserem Land entspricht. (Abg. Mag. Kogler: Die sitzen ja nicht einmal am Verhandlungstisch!)

Herr Kollege Kogler! Wir könnten die Mittelverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – Finanzausgleich – völlig autonom beschließen, machen wir seit 1945 aber nicht. (Abg. Mag. Kogler: Genau so schaut es auch aus!) Wir halten uns an den Grundsatz des paktierten Finanzausgleiches. Das heißt, wir haben eine politische Kultur, die nichts mit Unterwerfen zu tun hat. Wir sagen auch nicht, die Opposition hat sich der Mehrheit im Parlament zu unterwerfen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Es ist ein Grundsatz unserer Politik, zu überzeugen, zu argumentieren. Und in der Politik, in einer Demokratie gilt halt der Grundsatz: Du kannst hundert Mal davon über­zeugt sein, dass deine Meinung die richtige ist (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler), wenn du keine Mehrheit hast, hilft dir das nichts.

Herr Kollege Bucher, wir unterwerfen niemanden! Wir sind Anhänger der politischen Kultur, miteinander zu reden.

Meine Damen und Herren! Ich sage nach wie vor  (Abg. Mag. Kogler: Dann soll die ÖVP diese Milliarden !) – Herr Mag. Kogler, ich möchte auf Ihr Doppelspiel gar nicht eingehen. Sie wissen, ich habe es mehrmals gesagt, ich schätze Sie sehr, aber Sie und auch andere Oppositionsparteien haben noch vorige Woche im Budgetausschuss Anträge auf Vertagung eingebracht und auch gestern noch – und heute fragen Sie, warum wir es heute nicht beschließen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Debattieren!)

Heute noch hat ein Abgeordneter des Stronach-Teams gesagt: kein Husch-Pfusch! Daher muss ich sagen, das ist ein Doppelspiel. Das sind gezinkte Karten, Herr Mag. Kogler. Das muss ich wirklich sagen. (Abg. Mag. Kogler: Kein Doppelspiel!) Da bin ich wirklich enttäuscht. Wir haben gute Gespräche gehabt, auch wenn Sie einmal nicht dabei waren. Ich bin fest überzeugt davon, es handelt sich da nicht um Gespräche, die gescheitert sind, sondern um Gespräche, die wir weiter führen werden.

Ich möchte auch sagen, Herr Kollege Hofer hat auch sehr konstruktive Beiträge geleis­tet. Wir haben hier im Parlament die Regierungsvorlage wesentlich ergänzt. (Abg. Mag. Kogler: Das heißt „Parlament“, weil man hier auch besprechen soll!) Es trennt uns nicht sehr viel, aber, noch einmal, wir fahren bei unserem Föderalismusverständnis sicher nicht über die Länder drüber. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Meine Damen und Herren, das müssen Sie verstehen. Man kann nicht zuerst die Länder einladen, eine 15a-Vereinbarung zu machen, und nachher sagen, jetzt doppeln


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wir noch etwas dazu, da werdet ihr gar nicht gefragt. Das kann es nicht sein, das entspricht nicht unserer politischen Kultur! Da gibt es dann eigentlich einen größeren Unterschied, als ich in der Sache selbst geglaubt habe. In der Sache sind wir einander schon sehr, sehr nahe, da geht es wirklich nur noch um kleine Formulierungen. Aber wir alle wissen, der Teufel steckt im Detail. Über Grundsätze kann man sich relativ leicht einigen, wenn es ins Detail geht, wird es meistens schwierig.

Aber noch einmal: keine Unterwerfung der Länder, kein Länder-Bashing! Und wenn da Ausdrücke gefallen sind wie „Pröll-Casino“, „Geiselhaft der SPÖ“ im Zusammenhang mit Landeshauptmann Häupl und „Geiselhaft der ÖVP“ unter Landeshauptmann Pröll und Ähnliches, weise ich das energisch zurück. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja die Wahrheit! – Abg. Kickl: Ein Fachausdruck!)

Was Niederösterreich betrifft: Meine Damen und Herren! In wenigen Tagen werden die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher Ihnen die Antwort darauf geben, was es bedeutet, Verantwortung in einem Land zu haben. Und die Länder tragen große Verantwortung. Ich wende und wehre mich gegen dieses Länder-Bashing! Wir haben unsere Verantwortung, die Länder haben ihre Verantwortung. Wir müssen zusam­menarbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Herauskommt rein gar nichts!)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


11.43.39

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das war jetzt wieder eine Vorführung, wie die ÖVP die Politik sieht: Schöne Worte hier im Parlament reden, aber nichts umsetzen! Es soll alles so bleiben wie bisher. Seit 40 Jahren hat jedes Land ein eigenes Haushaltsrecht, jede Gemeinde ein eigenes Haushaltsrecht, und der Effekt ist, dass der Steuerzahler für Milliardenverluste auf­kommen muss, Kollege Stummvoll. (Beifall beim BZÖ.)

Und genau darum geht es: Zwei Landeshauptleute führen diese Bundesregierung am Gängelband, nicht umgekehrt. – Wir reden ja, wir sind ja seitens der Opposition bereit, Brücken zu bauen. Wir vom BZÖ haben das auch bewiesen. Wir haben ganz konkrete Vorschläge zum Spekulationsverbot, zum gemeinsamen Haushaltsrecht eingebracht. Sie hätten also genügend Möglichkeiten, diesem Treiben der Länder und Gemeinden, dass jeder auf Kosten der Steuerzahler machen kann, was er möchte, endlich ein Ende zu bereiten. Sie machen es aber nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Spekulationsverbot ist ein Gebot der Stunde. Die Bürger wollen das nicht mehr! Die Bürger verstehen nicht, dass einzelne Länder Milliarden aufnehmen, Kredite aufnehmen und dann damit ins Casino gehen, wie das etwa auch in Salzburg passiert ist. Denken Sie aber auch an Niederösterreich! Denken Sie an Linz, daran, was dort mit den Swap-Geschäften passiert ist! Denken Sie auch an Wien, liebe Genossen von der SPÖ, daran, was in Wien mit den Franken-Krediten passiert ist! – Die Bürger wollen das nicht mehr.

Wobei ich aber sagen muss: Die Gespräche waren wirklich sehr konstruktiv.

Das, was Kollege Schieder heute gemacht hat, war eigentlich auch ein Akt in Richtung Opposition. Wir wissen seitens der Opposition, dass es nicht sehr leicht sein wird, gemeinsam mit den Ländern etwas durchzusetzen. Wir wollen auch nicht drüberfahren, das wollen wir gar nicht, aber Justamentstandpunkte kann es nicht geben.

Herr Staatssekretär Schieder hat uns heute einen Vorschlag übermittelt, der auch mit dem Rechnungshof akkordiert ist – ich zitiere –:


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Der besprochene Abänderungsantrag – siehe Beilage –, der so ist wie in der Verhand­lungsrunde vom Rechnungshof gewünscht, findet unsere ungeteilte Zustim­mung. Und weiter im Zitat: Daher hoffen wir, dass eine heutige Beschlussfassung im Parlament erfol­gen kann.

Ja, das hoffe ich auch. Aber so, wie es aussieht, bleiben wir hier wieder auf der Strecke, weil Wahlen sind und man nicht bereit ist, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.

Wir vom BZÖ wollen ein Spekulationsverbot in der Verfassung. Wir vom BZÖ wollen ein einheitliches Haushaltsrecht in der Verfassung normieren, wie das auch die EU verlangt. Da gibt es eine Richtlinie dafür. Wir müssen das ja umsetzen. Es ist das ja kein Gnadenakt gegenüber den Ländern – nein, umgekehrt, wir müssen das umsetzen, um die entsprechenden Verträge einzuhalten.

Das Ergebnis, das bisher auf dem Tisch liegt, ist wirklich nicht gerade einfach, das ist sehr kompliziert. Wir haben Bundesverfassungsbestimmungen, wir haben einfach­gesetzliche Regelungen im Haushalts- und Bundesfinanzierungsgesetz. Es stehen zwei Artikel-15a-Vereinbarungen zur Diskussion, da werden wir noch darüber disku­tieren müssen, ob man die so haben möchte oder ob man das nicht doch in einfache Gesetze schreiben kann. Aber all das, um den Ländern entgegenzukommen, Kollege Stummvoll! Weiters gibt es eine Verordnungsermächtigung der Frau Ministerin, die sich da auch positiv bewegt hat; ich merke das hier an.

Aber seitens der Opposition verstehe ich auch nicht alles. Zu den Grünen: Ihr wart beim Spekulationsverbot ein bisschen dabei, habt mitverhandelt, und dann wart ihr wieder ein bisschen weg – und jetzt seid ihr wieder dabei. Erst gestern noch hat Kol­lege Kogler gesagt, dass er es verschieben möchte, und heute sagt er wieder, dass er es beschließen möchte. Also was wollt ihr jetzt eigentlich? (Abg. Brosz: Er will es diskutieren! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sagen Sie einmal, haben Sie etwas in den Ohren!?)

Ich möchte es endlich einmal fix machen, Frau Kollegin Glawischnig. Nicht nur reden, wie die Regierung das macht, sondern etwas tun, das ist das Gebot der Stunde in der jetzigen Situation! (Beifall beim BZÖ.)

Das Team Stronach war überhaupt nicht dabei. Gestern war es zum ersten Mal dabei und hat einen Halbsatz herausgebracht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der Stronach will schon gar nicht diskutieren! Mit niemandem will der diskutieren!) Da muss ich sagen, ihr seid ja wirklich nur noch der Steigbügelhalter dieser laschen Bundesregie­rung und genehmigt damit weitere Spekulationsmöglichkeiten seitens der Bundes­länder. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe darzulegen versucht, wie kompli­ziert diese Thematik aufgrund der verschiedenen Gesetzesmaterien, die zu berück­sichtigen sind, ist. Der Verfassungsdienst hat das auch erläutert. Es ist nicht leicht, aber es ist durchaus machbar. Und daher sollten wir hier, denke ich, wirklich Nägel mit Köpfen machen.

Wer hindert uns daran, das heute zu beschließen? – Wir haben eine zweite Sitzung, eine Zuweisungssitzung, und könnten das beschließen. Und der Schwarze Peter, liebe Kollegen von der ÖVP, der sitzt hier herüben, bei Ihnen! Ihr von der ÖVP verhindert das! Die SPÖ – da muss ich sie einmal loben – möchte das jetzt ändern. Die ÖVP muss ihren Parteinamen jetzt umändern in: Österreichische Vertuschungspartei!

Wir wollen Transparenz, wir wollen Kontrolle, wir wollen einheitliche Regelungen für die Haushalte, sodass man nichts unter den Teppich kehren kann – das wollen Sie nicht. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Kommen Sie heraus, liebe Kollegen von der ÖVP, aus Ihren bequemen Ledersesseln (Abg. Mag. Gaßner: Bequem sind die Sessel nicht!), und gehen wir gemeinsam über die goldene Brücke, die wir Ihnen gebaut haben, und stimmen Sie für ein strenges Spekulationsverbot, ein strenges Haushaltsrecht, das die Haushalte der Länder und Gemeinden transparenter und kontrollierbar macht. (Beifall beim BZÖ.)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


11.48.52

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Einen glücklichen Eindruck machen wir nicht – wenn man sich inhaltlich eigentlich einig ist, es aber nicht macht. Aber es ist Wahlkampfzeit, und der Ausspruch von Bürgermeister Häupl über die „fokussierte Unintelligenz“ in der Innen­politik trifft ja da manchmal zu.

Ich bin froh darüber, dass Herr Staatssekretär Schieder das heute in den Medien klargestellt hat: Wir sind eigentlich so weit. Und dieses spannende Wechselspiel, wie der Einfluss, sagen wir einmal, gewählter Landeshauptleute auf die Bundespolitik sein soll, wie Herr Abgeordneter Kogler begonnen hat, ist natürlich ein heikles Thema. Der Kern ist aber – und da stimme ich dem Kollegen Stummvoll zu –: Wir haben ein födera­lis­tisches Prinzip, wir haben in der Bundesverfassung die Aufteilung der Kompetenzen und wir haben Landesgesetzgeber, aber – und da widerspreche ich dir, Kollege Stummvoll – das gilt nicht für Verfassungsgesetze. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber wir haben eine politische Kultur!)

Wir sind Meta-Gesetzgeber als Verfassungsgesetzgeber, wir sind Meta-Gesetzgeber, das heißt, in diesem Teil hat dieses Haus mit Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder die Regeln vorzugeben. Und das gilt auch für die Bundesländer! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist formal richtig!)

Ich möchte die Hinweise in diesem Zusammenhang zurückweisen, denn das wären ja quasi rote, schwarze und sonstige Bundesländer gleichzeitig. Das ist schon sehr unter­schiedlich.

Es ist nicht so – Kollege Krainer hat das auch klargestellt –, dass Wien diese Regelung verhindern wollte. Da gab es maximal die Diskussion, wie lange man brauchen werde, das anzupassen. Es ist schon sehr, sehr stark Niederösterreich.

Und ehrlicherweise – ich sage das, weil du (in Richtung des Abg. Dr. Stummvoll) aus diesem Bundesland kommst –: In Salzburg gibt es einen Untersuchungsausschuss, wird offen drüber diskutiert, wie das zustande gekommen ist, in Niederösterreich jedoch gibt es das nicht. Ich verstehe das nicht! Da stellen sich ein Landeshauptmann und ein Landesrat hin und sagen: Wir haben 800 Millionen Gewinn!, während der Rechnungshof schon eine Milliarde minus feststellt. Da gibt es Stiftungen in Irland und sonst wo. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Kaufmann-Bruckberger.)

Macht etwas! Legt das offen! (Abg. Höfinger: Offener geht es gar nicht!) Nützt die Chance, vielleicht könnt ihr am nächsten Sonntag nach dem Verlust der Absoluten einen Generationenwechsel machen! Da kann man ja beide weggeben. Trauert ihr Ludwig noch nach? – Nein. (Beifall bei der SPÖ.)

Setzt neue junge Leute ein! Schafft auch dort Offenheit, dann tun wir uns, denke ich, auch bei diesen Dingen leichter. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Höfinger.) Dem Land tut Pröll nicht gut. – Das zum Wahlkampf. (Abg. Höfinger: Ihr braucht ja nicht heute schon zittern!)


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Zurück zur Sache mit dem Haushaltsrecht! Viele wissen, dass ich sehr darum ge­kämpft habe, dass wir inklusive der Doppik ein Rechnungswesen machen, das Transparenz herstellt. Erinnern wir uns daran, wie unser Haushaltsrecht noch vor – wann war das? – 2009 – 2009 haben wir das beschlossen – ausgesehen hat! Wir hätten nicht einmal die Ermächtigung hineinschreiben dürfen, wenn es nach den Ländern gegangen wäre, dass diese Vorschriften auch für die Länder gelten.

Wir haben einen Riesenfortschritt erreicht. Und meine Bitte und mein Appell an alle, die zur Zweidrittelmehrheit beitragen – wenn nicht heute, dann in drei Wochen –, ist: Nützen wir diese Gunst der Stunde, um zu einem einheitlichen öffentlichen Rech­nungs­wesen zu kommen! (Abg. Dr. Moser: Ja, bitte, machen wir gerne!)

Letzter Punkt: die Frage der Spielsucht. Wie stellen wir abgesehen von Verboten sicher, dass das nicht wieder einreißt? – Das geht jetzt quer über alle Fraktionen, die Sozialdemokratie hat ja in Niederösterreich mitgestimmt, dass man die Wohnbau­kredite an Heuschrecken verkauft. Das gilt für uns alle, ich nehme niemanden aus.

Es darf nicht wieder einreißen, dass man glaubt, auf Finanzmärkten fänden rationale Entscheidungen statt. Finanzmärkte sind per se aufgrund des Glücksspielcharakters nicht geeignet zum nachhaltigen Wirtschaften – außer jene, die das organisieren. Eine Deutsche Bank wird immer Milliarden damit gewinnen, für die anderen die Wettscheine herzurichten.

Ich bitte daher, darüber nachzudenken, wie wir uns selbst impfen, nämlich auch unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger, dass wir nicht wieder glauben, mit Wetten etwas ausgleichen zu müssen. Ich richte das auch an die Grünen. So streng kann man die Vorschrift gar nicht machen, das ist ja fast eine kulturell-politische Frage: Wie schaut es mit dem Zocken aus? – Und so, wie Frau Rathgeber unter Tränen gesagt hat, sie hätte gerne weitergemacht, gibt es auch genug andere. Stoppen wir sie!

Mein Appell an den Regierungspartner: Nützt nach dem 3. März die Chance für neue Leute! In Richtung FPK, davon gehe ich aus, ist dieser Appell nicht mehr notwendig, da Herr Dörfler dann ohnehin weg ist. Dann könnten wir das nach diesem Sonntag unter neuen Rahmenbedingungen vielleicht in noch besserer Form machen. Ich bin zuver­sichtlich, denn die Wählerin und der Wähler sind oft gescheiter als so mancher Politiker. (Beifall bei der SPÖ.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


11.54.07

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Unser erstes Ziel haben wir erreicht: Wir wollten, dass das nicht hinter dick gepolsterten schwarzen und roten Türen verhandelt und abgewürgt wird, sondern dass das offen im Nationalrat diskutiert wird. Das haben wir erreicht, und das ist eine wichtige Debatte.

Wir haben aber auf mehr gehofft, weil Herr Staatssekretär Schieder heute in der Früh – das ist erwähnt worden – uns alle über eine Einigung informiert hat, darüber informiert hat, dass bereits heute das Spekulationsverbot im Nationalrat beschlossen werden könnte. Und jetzt wiederhole ich die Frage und ersuche, sie von der Regierungsbank her zu beantworten: Warum darf heute das Spekulationsverbot der Landeshauptleute nicht beschlossen werden?

Wir wissen doch, dass es zwei Landeshauptmänner gegeben hat, die Nein gesagt haben: Michael Häupl in Wien und Erwin Pröll in Niederösterreich. Michael Häupl hat nachgegeben, und die SPÖ hat nachgegeben. Das entspricht auch ein bisschen dem Wesen der SPÖ. Josef Cap, ich bitte, mir das nicht übel zu nehmen, aber es kommt


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vor, dass eine Partei, die zum Eiern neigt, auch einmal in die richtige Richtung eiert. Und ich begrüße das!

Das Nein kommt ausschließlich von der ÖVP. Wir haben eine Fünf-Parteien-Einigung, wir könnten heute das Spekulationsverbot beschließen. Und ich frage mich: Warum hindert Erwin Pröll den ganzen Nationalrat, Gesetze gegen Spekulation zu be­schließen? (Beifall bei den Grünen.)

Darauf gibt es nur eine Antwort. Schauen wir uns an, worum es jetzt geht: Ja, Erwin Pröll ließe sich verpflichten, dass er vielleicht offenlegt, wann er Spekulationen getätigt hat, aber eines möchte er um gar keinen Preis: dass der Landtag, der Nationalrat und die Öffentlichkeit darüber informiert werden, wie viel er bereits bei den Spekulationen verloren hat. Über die Ertragssituation darf in einem modernen Rechnungswesen nicht informiert werden. Erwin Pröll will nicht, dass die Menschen wissen – weder vor dem 3. März noch nach dem 3. März –, wie viel er in Wirklichkeit bereits verspielt hat an Landeseigentum und an Wohnbaugeldern.

Es geht um einen zweiten Punkt: Es geht auch darum, dass Erwin Pröll nicht will, dass wir und die Menschen erfahren, insbesondere in Niederösterreich, wie viel es an Notverkäufen und an Riesenverlusten bei Notverkäufen von völlig kaputten Finanz­derivaten des Landes Niederösterreich in den letzten Wochen gegeben hat, wie viel Erwin Pröll im „Casino Pröll“ bereits sicher verzockt hat und nie wieder ins nieder­österreichische Budget zurückgeholt werden kann. Genau darum geht es!

Nun sagt Erwin Pröll: Bilden wir eine Troika! – Und jetzt ist eine Troika gebildet worden, dieses Mal auf der anderen Seite, eine Troika aus Erwin Pröll, aus Finanzministerin Fekter und aus Klubobmann Kopf – eine Troika, die verhindern soll, dass Dr. Pröll sein systematisches Zocken mit Steuergeldern noch vor dem 3. März verboten wird! (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich warne Sie vor einem: Wenn das erst nach dem 3. März verhandelt wird, dann hat Pröll wahrscheinlich gewonnen, denn dann hat er es ausgesessen. Dann sagt er: Na ja, vielleicht bin ich doch noch Landeshauptmann, vielleicht bin ich doch nicht so sehr abgewählt worden!, und dann wird aus dem vorläufigen Nein ein endgültiges Nein – und das ist die große Gefahr!

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, dass sich fünf Parteien in diesem Haus, die bereit sind, ein gesetzliches Spekulationsverbot für spielsüchtige Landeshauptleute wie Erwin Pröll durchzusetzen, dass sich diese fünf Parteien nicht mehr von einer einzigen Partei, nämlich der ÖVP, auf der Nase herumtanzen lassen! Wir wollen, dass das beschlossen wird (Ruf: Heute!), und vier Parteien – mit Aus­nahme des Team Stronach, leider – wollen, dass das heute beschlossen wird, dass es heute diese Zweidrittelmehrheit, die es gegen „Pröll Casinos“ in diesem Haus bereits gibt, diesen Beschluss gibt, und es liegt nur an der Österreichischen Volkspartei und ein bisschen auch am Team Stronach, uns diese Möglichkeit zu geben.

Wenn Pröll das aussitzt, werden wir schauen, dass wir vor der Nationalratswahl auch gegen die Österreichische Volkspartei in diesem Haus eine Zweidrittelmehrheit gegen Pröll-Spekulationen finden und beschließen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. – Bitte.

 


11.59.20

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich habe mich jetzt noch zu Wort gemeldet, weil Herr Kollege Widmann gemeint hat, wir vom Team Stronach wären bei


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den Verhandlungen rund um das Spekulationsverbot nie anwesend gewesen. – Kollege, Sie haben es ja selbst schon bestätigt: Wir waren bei jeder Sitzung dabei. (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.) – Bitte? (Abg. Mag. Widmann: Ihr seid nicht aufgefallen!) – Kollege Widmann, Sie sind wahrscheinlich genauso wenig aufgefallen.

Wie gesagt: Wir waren dabei. Wir finden es gut, dass jetzt noch weiterverhandelt wird; es gibt noch einige Punkte, die ausdiskutiert werden müssen.

Und in diesem Sinne hoffen wir auf weitere Verhandlungen. (Beifall beim Team Stronach.)

12.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Graudauer. – Bitte.

 


12.00.21

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den Grünen kennt man sich heute wirklich nicht ganz aus. Herr Abgeordneter Kogler hat gesagt, es sei noch so viel offen, das zu verhandeln wäre, und Herr Dr. Pilz hat soeben gesagt, es sei eigentlich alles klar, man könnte zustimmen. – Was jetzt, meine Herren? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich war bisher immer der Meinung, dass es zwei Landeshauptleute sind, die da die Mauer machen und nicht mittun wollen: einerseits der Herr Bürgermeister Häupl, andererseits der Herr Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll. Nun stellt sich aber in der Diskussion heraus, dass es anscheinend nur mehr ein Landeshäuptling ist, ein „Landesfürst“, wie man bei den Verhandlungen gehört hat, der sich dagegenstemmt.

Da fragt man sich schon: Wie sieht denn die ÖVP das? Ist sie hier deshalb dagegen, weil der Herr Landeshauptmann Pröll ja immer behauptet, diese Spekulationen mit den Wohnbaugeldern hätten eine Milliarde Gewinn gebracht? (Abg. Dr. Stummvoll: 824!) Ist das vielleicht der Grund dafür, dass man heute nicht mittut, weil man weiterhin spekulieren will, Herr Dr. Stummvoll? Das kann es doch wirklich nicht sein!

Meine Damen und Herren, wenn man ein bisschen zurückschaut und sich vor allen Dingen die jüngsten Ereignisse betreffend Spekulation mit Steuergeldern anschaut, dann sieht man, es ist wirklich ein gewaltiges Trauerspiel, das sich da abspielt. Ich verstehe auf keinen Fall, dass man nicht sofort, jetzt und überhaupt solche Dinge abstellt – sofort, wenn man weiß, was in Salzburg alles passiert ist, wenn man weiß, was in Niederösterreich alles danebengegangen ist, wenn man weiß, dass in Linz 450 Millionen € verspekuliert wurden und Schulden vorhanden sind.

Wenn man weiß, dass das Budget 231 Milliarden € Schulden ausmacht und diese Spekulationen die Schulden immer weiter antreiben, so muss ich sagen: Ich kann es einfach nicht verstehen, dass Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, nicht bereit sind, diesen Gesetzentwurf, der letzte Woche vollständig klar ausverhandelt war, heute noch zu verabschieden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, ich muss auch sagen, dass sich zwar die Bundesregierung sehr positiv in die Verhandlungen eingebracht hat, aber die Landesfürsten das, wie schon erwähnt, verhindert haben. Es wird demnach dazu kommen, dass sich das „Casino Österreich“, wo weiterhin mit Steuergeld spekuliert werden kann, weiterdreht. Und das, meine Damen und Herren, ist verantwortungslos und aus meiner Sicht auch dumm und kurzsichtig. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf daran erinnern, dass wir Freiheitlichen schon im Jahre 2008 zwei ent-sprechende Anträge hier im Hohen Haus eingebracht haben, nämlich mit der Speku-


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lation mit Steuergeldern sofort aufzuhören. Damals, 2008, nämlich am 28. Oktober 2008 und am 10. Dezember 2008, sind beide Entschließungsanträge von der dama­ligen Koalition abgelehnt worden. Das spricht Bände, an der ganzen Situation hat sich anscheinend sehr wenig geändert – leider, muss ich sagen.

Volkes Wille, meine Damen und Herren von der Koalition, ist das nicht. Es fehlt dieser Koalition wirklich an staatspolitischer Einstellung. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


12.05.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist hier wirklich eine gute Debatte. Wir haben heute eine Menge dazugelernt. Zum einen: Das Team Stronach war bei den Verhandlungen anwesend. Ich möchte das bestätigen. (Abg. Grosz: Physisch, aber nicht psychisch!) – Richtig, physisch, aber nicht inhaltlich, weil das Team Stronach gleich gesagt hat, sie werden auf keinen Fall zustimmen, egal, was herauskommt, weil sie auch noch andere Dinge haben wollen; ich glaube, eine Schuldengrenze und so weiter. – Das ist alles in Ordnung, hat aber mit der Sache nichts zu tun. Also von Haus aus, ihr wart anwesend und habt gesagt, aber mitarbeiten wollt ihr nicht.

Und der Kollege Hagen hat heute gesagt, sie stimmen heute auf jeden Fall mit der Regierung mit. – Die Frage ist: Mit welcher Regierung? Denn wir haben heute zwei Fragen. Also anwesend sein ist schön, ein bisschen mitdenken wäre vielleicht noch die zweite Stufe des Parlamentarismus. (Beifall beim BZÖ.)

Der zweite Punkt, der interessant gewesen ist: die Kultur innerhalb der Regierung. Kollege Kopf sagt zu Herrn Staatssekretär Schieder – ich glaube, Sie sind noch in der gemeinsamen Regierung –, dieses Mail war ein durchsichtiges taktisches Manöver. (Abg. Kopf: Ich sitze nicht in der Regierung!)

Bitte? Nein? Die ÖVP sitzt nicht mehr in der Regierung? (Abg. Kopf: Ich sitze nicht in der Regierung! Ich wollte das nur klarstellen!) – Ach so, Sie nicht. Aber ich habe gemeint, dass Sie sich noch der ÖVP als Regierungspartei zugehörig fühlen. (Abg. Grosz: Das zum Thema Schizophrenie vom Anfang!) Aber wenn das nicht so ist, dann wäre das heute eine zusätzliche neue Erkenntnis. Aber bei den Wortmeldungen eben  (Abg. Kopf: Nur zur Präzisierung!)

Ja, danke für die Präzisierung, denn das bestätigt mich ja in der Meinung, dass ihr überhaupt nicht mehr das Gefühl habt, dass ihr in einer Regierung seid. (Abg. Grosz: Aber Schizophrenie ist behandelbar!)

Wenn das ein taktisches Manöver ist, ein durchsichtiges noch dazu, wenn ein Staats­sekretär heute kurz vor 9 Uhr, kurz vor Sitzungsbeginn sagt, dass die SPÖ der Vereinbarung, dem Verhandlungsergebnis vollinhaltlich zustimmt  (Abg. Dr. Cap: Gestern!) – Ja, aber das E-Mail ist von heute. Das E-Mail besagt, die SPÖ stimmt zu. Das heißt, der Widerstand von Landesgruppen, die der SPÖ zugehörig sind, ist überwunden. Wir können hier endlich das Spekulationsverbot in die Verfassung hineinschreiben.

Herr Kollege Kopf! Das ist kein durchsichtiges taktisches Manöver, sondern das ist etwas Positives. Da hätten wir heute gerne mitgestimmt und hätten gerne dieses Spekulationsverbot in die Verfassung hineingebracht. (Beifall beim BZÖ.)

Das Dritte, das heute vom Herrn Kollegen Stummvoll interessant gewesen ist, ist, dass er gesagt hat: Wir haben eine politische Kultur, mit den Ländern umzugehen, und der Föderalismus ist ein wichtiges Prinzip! – Na fein! Also wenn das die politische Kultur in


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Österreich ist, dass Bundesländer, dass vor allem ein Bundesland und ein Landes­hauptmann alles verhindern kann, was ihm gerade in seinem Denken nicht passt, was Föderalismus ist, dann mag das Ihre Art und Weise sein, damit umzugehen – meine ist es nicht!

Ich frage Sie eines: Worum geht es denn hier? – Es geht hier um Steuergeld. Sind wir uns da einig, Herr Kollege Stummvoll? (Abg. Dr. Stummvoll nickt.) – Gut. Wer hebt denn diese Steuern ein? Ist es der Herr Landeshauptmann Pröll, der die Steuern einhebt? – Nein! Er gibt sie nur aus. Da sind wir uns auch einig. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

So kann es ja wohl nicht sein. Der Bund hebt Steuergelder ein, und da wird nicht unterschieden, ob der Steuerzahler in Vorarlberg sitzt, denn dieser kann ja seinen Steuerbeitrag nicht widmen. Der Steuerzahler kann nicht sagen: Ich möchte als Wiener, dass mein Steuergeld nur in Wien verspekuliert wird! (Abg. Dr. Stummvoll: Finanzausgleich !) Das kann man nicht sagen, oder? Nein. Das kann man nicht sagen!

Darüber könnten wir noch diskutieren. Aber wenn Föderalismus ernst genommen wird und die Länder sagen: Das, was wir ausgeben, ist unsere Sache, und da lassen wir uns nicht hineinschauen!, dann sollen sie aber das Geld auch selber einheben. Das wollen sie aber nicht so sehr, weil es schon viel angenehmer ist, wenn man das Geld nur ausgibt und vielleicht nicht erklären muss, dass man es auch über Steuern einheben soll.

Herr Kollege Stummvoll, ich sage Ihnen eines: Wenn es Bundessteuern sind, die da eingehoben werden, dann werden wir hier auch die Verantwortung haben, per Verfas-sungsgesetz die Kontrolle über die Ausgaben zu verankern. Und das ist kein falsch verstandener Zentralismus, sondern das ist eine Selbstverständlichkeit. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Es wird gesagt: Na ja, da muss man noch länger diskutieren! Aber Sie missachten ja in Wirklichkeit auch Ihre eigene Finanzministerin, denn es war so – und das möchte ich anerkennen –: Am 28. Jänner hatten wir eine sehr gute, konstruktive Sitzung, in der im Prinzip schon alles ausverhandelt war und man nur noch gesagt hat: Na gut, den Punkt betreffend einheitliches Rechnungswesen wollen wir noch mit den Ländern abstimmen! Das war vor einem Monat. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Einen Monat hat es gedauert. Jetzt gibt es eine Formulierung, und die passt wieder nicht. Ich sage Ihnen: Glauben Sie doch nicht – jetzt war das Fenster offen, wenige Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl –, dass der Landeshauptmann Pröll nach dieser Wahl noch irgendeinem Punkt zustimmen wird!

Sie machen den Spekulanten die Mauer! Sie machen jenen die Mauer, die sich nicht hineinschauen lassen wollen. – Wir wollen eine klare Verfassungsbestimmung, die wir heute hier beschließen wollen! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.10

12.10.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Einwendungen betreffend Ergänzung der Tagesordnung um die Berichte des Budgetausschusses in 2183 bis 2187 der Beilagen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die diesen Einwendungen Rechnung tragen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist abgelehnt.


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Somit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung. (Abg. Mag. Kogler: Pröll spekuliert weiter!)

12.11.06 Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 14090/J der Abgeordneten Kaufmann-Bruckberger, Köfer und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Korruptionsverdacht im Netzwerk von ÖVP-Landespolitik, der niederösterreichischen Vermögensverwaltung fibeg, Raiffeisenlandesbanken, Hypo Banken und den Bundesagenturen OeBFA und FMA dringlich zu behandeln. (Abg. Grosz: Die wird lustig!)

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage frühestens drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, das ist um 15.13 Uhr, behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 12979/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäfts­ordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beant­wortung 12979/AB der Anfrage 13221/J der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Missstände im Bereich des Landesschulrats für Niederösterreich durch die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Fritz Neugebauer: Um die Punkte 18 und 19 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzu­sehen.

Bei diesen beiden Punkten handelt es sich um Berichte des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwalt Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (2172 der Beilagen) sowie das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstraf­sachen und Korruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeord­neten zum Nationalrat Dr. Martin Strutz (2173 der Beilagen).

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechenden Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 5 und 6, 7 und 8, 11 und 12 sowie 13 und 14 der Tagesordnung zusammen­zufas­sen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.


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Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“ vereinbart.

Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 8,5 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 119, FPÖ 106, Grüne 94, BZÖ 81 sowie STRONACH 68 Minuten.

Ich schlage gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit des Abgeord­neten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Vorschlag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

12.14.271. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2113 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (2177 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 1. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Dr. Moser begibt sich zum Rednerpult und stellt dort einen blauen Sack mit fünf Linien auf. – Abg. Strache: Haben Sie einen Schlafsack mit? – Abg. Dr. Moser: Das ist der Pendlersack!)

 


12.14.46

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren hier und zu Hause! Frau Ministerin, Sie tun mir ja wirklich leid. Sie sollen als Säckelwartin werken – muss man da fast sagen, die weibliche Form – und dafür Sorge tragen, dass das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler seriös verwendet wird, auch dazu, dass Ungleich­gewichte im Arbeitsmarktbereich ausgeglichen werden. Viele Menschen in Österreich finden keine Arbeit dort, wo sie wohnen. Viele Menschen sind dadurch gezwungen, zu pendeln.

Wir Grüne sind dafür, dass dieses Ungleichgewicht, das Auseinanderklaffen von Wohnort und Arbeitsplatz endlich reduziert wird. Wir brauchen die Arbeitsplätze dort, wo die Menschen wohnen. Wir brauchen Arbeitsplätze in den Regionen.

Und, Frau Ministerin, wir brauchen zweitens die Möglichkeit, dass die Menschen, wenn sie schon pendeln müssen, möglichst kostensparend und möglichst zeitsparend unterwegs sind. Darum sind wir dafür, für PendlerInnen das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel zu verbessern, zu erweitern, denn dort sparen sie Geld und dort sparen sie zum Teil auch Zeit, weil sie während der Fahrt mit der Bahn oder während der Fahrt mit dem Bus ja auch etwas anderes tun können, sich entspannen können, etwas lesen können, Musik hören können oder sonst etwas tun können.

Die Umfragen unter den Pendlerinnen und Pendlern geben uns ja völlig recht. 71 Prozent wollen vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, weil es für sie


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attraktiver sein kann, wenn endlich Öffis fahren, wenn endlich das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln besser wird.

Aber: Was machen Sie, Frau Ministerin, sozusagen entgegen Ihrem eigentlichen Haus­verstand? – Sie doppeln auf ein System von PendlerInnen-Förderung auf, das völlig in die falsche Richtung geht. Wir haben – und das ist Faktum, Frau Ministerin – über eine Million Leute, die pendeln, und wir haben über 1 Milliarde € an Steuergeld, das an diese Pendlerinnen und Pendler verteilt wird. Aber wie? – Das ist ja das Problem, denn Sie ändern nichts am alten, falschen System.

Ich möchte Ihnen das jetzt noch veranschaulichen. Frau Ministerin, ich habe Ihnen einen Sack mitgebracht – einen Sack nicht voll Geld, sondern einen Sack voller Wahl­zuckerl, denn die heutige Beschlussfassung ist praktisch ein Wahlzuckerlgeschenk.

Dieser Sack (Abg. Amon: Von der Lufthansa?) – er ist von der KLM, glaube ich – zeigt Ihnen das Gesamtvolumen von einer Milliarde so, wie es verteilt wird. Ich habe extra auch die Striche genutzt, die dieser Sack aufweist. Über 60 Prozent dieser einen Milliarde, das sind 600 Millionen, gehen an Menschen, die mehr als 50 000 € Jahres­einkommen haben. (Bundesministerin Dr. Fekter: Die zahlen auch Steuer! 50 Prozent Steuer!) Über 50 000 € Jahreseinkommen, und 60 Prozent gehen an Menschen, die das zum Teil gar nicht brauchen.

Ich kann es Ihnen an noch einer Zahl verdeutlichen: 3 Prozent der PendlerInnen liegen bei einem Jahreseinkommen von über 100 000 €. Und diese 3 Prozent bekommen 30 Millionen € von Ihnen geschenkt, zurück als Werbungskosten, als Freibeträge, steuerlich absetzbar. (Abg. Ing. Westenthaler: Völlig ungerecht! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Warum eigentlich?)

Das ist jetzt auf der anderen Seite – schauen wir die andere Seite der Medaille an! – ja der Skandal. 80 Prozent der Menschen in Österreich verdienen unter 45 000 € im Jahr, die liegen unter 45 000 €, diese 80 Prozent bekommen den Rest – das sind die 40 Prozent von der PendlerInnenpauschale –, und an diese 80 Prozent müsste man an sich mehr verteilen, müsste man umverteilen. Sie fördern die Reichen, die Speckgür­tel­bewohner und schaden den Menschen, die es wirklich notwendig haben, nämlich denjenigen, die weniger verdienen. Und die Geringstverdiener steigen bei Ihnen überhaupt ganz, ganz schlecht aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ich kann Ihnen das an einem ganz simplen Einzelbeispiel veranschaulichen. Denken Sie daran: Monatsgehalt 1 000 €! Nach Ihrem System bekommt diese Person im Jahr ungefähr 400 €, wenn sie 80 Kilometer im Jahr pendelt; 80 Kilometer pendeln bei 1 000 € Einkünften sind 400 € im Jahr.

Wie schaut es bei denen aus, die 5 000 € im Monat verdienen? – Diese Besser- und Bestverdiener erhalten nach Ihrem System nämlich mehr als das Dreifache, nämlich 1 500 € dafür, dass sie auch 80 Kilometer pendeln.

Ich meine, das ist der wahre Skandal. Das ist ein sozialpolitischer Skandal, ein steuerpolitischer Skandal und vor allem auch ein ökologischer Skandal. (Beifall bei den Grünen.)

Ihr System, das Sie nicht ändern, Frau Ministerin, sieht vor, dass die Autopendler im Speckgürtel ab zwei Kilometern Distanz eine Entschädigung erhalten (Abg. Wöginger: Das ist aber ein Blödsinn!) – darüber reden wir ohnehin noch, Herr Kollege Wöginger –, die Öffi-Pendler bekommen erst ab 20 Kilometern eine. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Warum eigentlich?) Das ist völlig ungerecht.


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Ich kann es Ihnen auch anhand von Zahlen festmachen. Wenn wir Öffi- und Autofahrer zwischen 20 und 40 Kilometer Entfernung gemeinsam betrachten, so bekommen die Öffi-Nutzer 696 € im Jahr und die Autonutzer 1 476 €, also mehr als das Doppelte – bei denen, die zwischen 40 und 60 Kilometer pendeln. Das sind Ungleichgewichte, soziale und ökologische.

Diejenigen, die sehr, sehr wenig verdienen, erhalten sowieso kaum Werbungskosten, die können es ja gar nicht geltend machen, die haben einen negativen Absetzbetrag. (Abg. Wöginger: Das ist so ein haarsträubender Blödsinn! Es ist eine Schande, dass eine oberösterreichische Politikerin so etwas sagt!) Aber das sind Peanuts, echte Peanuts. Wir wollen sozial und ökologisch umsteuern. Deswegen sind wir dafür, dass kilometergerecht gleich an Öffi-Fahrer und Autofahrer verteilt wird. (Bundesministerin Dr. Fekter:  Cashcow der Nation entlasten!)

Frau Ministerin, mit dieser Autofahrerförderung, mit dieser Speckgürtelförderung, die Sie nicht beseitigen, sondern entgegen dem Rat der Expertinnen und Experten prolongieren und verfestigen, haben Sie ja noch zwei zusätzliche Negativeffekte: Sie haben die Zersiedelung – das sind Kosten für die ganzen Gemeinden –, und Sie haben das Problem der CO2-Emissionen. Kollege Berlakovich kann es Ihnen deutlich machen: Wir zahlen auf der einen Seite einen Beitrag für das Autofahren und auf der anderen Seite Zertifikate, CO2-Steuern in dreistelliger Millionenhöhe, weil wir so hohe CO2-Emissionen haben. Das ist völlig widersinnig!

Deshalb ist unser Reformvorschlag ähnlich wie der der Experten, und deswegen möchte ich ihn Ihnen vortragen. Die Experten Schleicher und Steininger, Universität Graz, und Angela Köppl, Wifo, sagen: Sie wünschen eine andere Anreizwirkung, eine verbesserte verkehrs- und umweltpolitische Anreizwirkung, eine verbesserte soziale Treffsicherheit, die Distanz zwischen Wohnungs- und Arbeitsort als Bemessungs­grund­lage, eine Entkoppelung von Steuerleistungen – nicht diese Absetzmöglichkeiten mit Freibeträgen und Werbungskosten –, eine Staffelung der Förderleistung, einen Bonus für den öffentlichen Verkehr. – Das sagen die ExpertInnen. Das sagen auch wir.

Sie machen aber genau das Gegenteil: das alte System beibehalten und kleine Ver­bes­serung zulassen.

Jetzt komme ich zu Ihrem Zuckerl, ich stelle es nicht hintan. Frau Ministerin, ich finde es richtig, dass Sie endlich das Jobticket steuerlich gewährleisten, und dafür möchte ich Ihnen auch ein kleines grünes Packerl überreichen. (Die Rednerin übergibt Bun­desministerin Dr. Fekter ein kleines grünes Säckchen.)

Es ist nur ein kleines Packerl, weil diese Beträge, Frau Ministerin, für die Jobtickets, die Sie uns jetzt zugestehen, die Sie steuerlich geltend machen, Peanuts sind. Und, Frau Ministerin, es ist auch gut, dass jetzt endlich zumindest diese 2 € kommen, unabhängig vom Einkommen. (Abg. Wöginger: Da schau her, es geht ja doch!) Diese 2 € – einer fürs Hinfahren, einer fürs Zurückfahren – pro Kilometer, unabhängig vom Einkommen sind Peanuts, soziale Peanuts angesichts der Schräglage, angesichts des Ungleich­gewichts.

Es ist auch gut, Frau Ministerin, dass wir jetzt endlich diese Erhöhung der Pendler­zuschläge und des Pendlerausgleichsbetrags auch bei Teilzeitarbeitskräften haben. Das ist eine sinnvolle Reform, das unterstützen wir durchaus. Auch der Anspruch bei vier Arbeitstagen pro Monat, und nicht bei elf, ist ein Fortschritt. Nur, dieser Fortschritt ist praktisch der Streusel am Kuchen, und der Kuchen selbst bleibt ungleich verteilt – das ist ja das Problem!

Deswegen, Frau Ministerin, gebe ich Ihnen noch ein zweites kleines Päckchen mit, das Sie eigentlich auffüllen sollten: das Sozialpäckchen. (Die Rednerin überreicht Bundes-


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ministerin Dr. Fekter ein kleines rotes Säckchen.) Verteilen Sie die Steuergelder gerechter! (Staatssekretär Mag. Schieder: Und dieses Packerl ist rot!) – Ja, das ist rot. Es ist auch durchsichtig, weil zu wenig drinnen ist.

Deshalb ist klar, meine Damen und Herren, dass wir trotz der positiven Ansätze, die ich auch erwähnt habe, prinzipiell gegen dieses System sind, weil es falsch ist und an die Reichen noch mehr verteilt und den Speckgürtel noch mehr fördert. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, was Sie schon in einer PendlerInnen-Zeitung gelesen haben: „Pendler-Reform – Regierung verteilt erste Wahlzuckerl“. – Meines/unseres Erachtens leider an die Falschen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


12.24.57

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Pendlerinnen und Pendler. Wir beschließen heute die größte Pendlerreform seit der Einführung der Pendlerpauschale vor 25 Jahren durch Alois Mock. Es ist ein wichtiges Signal an die arbeitenden Menschen, die ihr Fahrzeug tagtäglich benötigen, um zum Arbeitsplatz zu gelangen. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Moser, 150 Millionen € zusätzlich, das sind keine Peanuts. 150 Mil­lio­nen € werden in die Hand genommen, um die Pendlerinnen und Pendler zu entlasten.

Wir hatten zum Beispiel im vergangenen Jahr eine Inflationsrate von 2,8 Prozent, die Spritpreise sind um 7,9 Prozent gestiegen. Daher ist es notwendig, hier einen Teue­rungsausgleich für die Pendlerinnen und Pendler zu machen, und das beschließen wir heute mit dieser Reform im Bereich der Pendlerpauschale und im Bereich des Pendler­euro. (Abg. Mag. Kogler: Sie unterstützen damit nur die besser verdienenden Pendler, verstehen Sie das nicht?)

Frau Kollegin Moser, das ist keine Speckgürtelförderung, und Sie wissen das. Ich weiß nicht, warum Sie diese Unwahrheit immer wieder auch hier vom Rednerpult der Bevölkerung kundtun. (Abg. Dr. Moser: Das ist sehr wohl so!) Sie sind eine ober­österreichische Abgeordnete, und es ist eigentlich sehr traurig, dass Sie Ihr eigenes Bundesland nicht kennen.

Österreichweit gibt es 800 000 Pendlerinnen und Pendler, die die große Pendler­pauschale beziehen, das heißt, ab zwei Kilometern, wenn ein öffentliches Verkehrs­mittel nicht zumutbar ist, Frau Kollegin Moser. (Abg. Mag. Kogler: Weil Sie den öffentlichen Verkehr ruinieren!) Das sind die Menschen, die im ländlichen Raum leben und tagtäglich mit ihrem Fahrzeug zur Arbeitsstätte fahren. Für die setzen wir uns ein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Sie sitzen in der sozialen Tiefkühltruhe, Sie haben doch keine Ahnung!)

Was beinhaltet dieses Paket?

Erstens, den Pendlereuro: Der Pendlereuro ist ein kilometerabhängiger Unterstüt­zungsbeitrag, der jetzt gewährt wird. Das heißt, wenn jemand zum Beispiel eine Entfernung von 30 Kilometern von zu Hause zum Arbeitsplatz hat, dann bekommt er zukünftig 60 € pro Jahr zusätzlich ausbezahlt. (Abg. Ing. Westenthaler: Kriegen das alle? – Abg. Dr. Walser: Davon kann man gerade einmal volltanken!) Eine langjährige Forderung, die auch der ÖAAB immer gestellt hat, wird heute mit diesem Gesetz umgesetzt.

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Wir weiten den Kreis der Anspruchs­berechtigten aus. Das heißt, wenn jemand zwei Tage in der Woche pendelt, erhält er


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künftig zwei Drittel der Pendlerpauschale und auch des Pendlereuro. Pendelt jemand nur einmal in der Woche, bekommt er ein Drittel des zur Verfügung stehenden Betrages. Das ist eine Ausweitung, eine wesentliche Verbesserung, meine Damen und Herren, vor allem für Teilzeitkräfte und für Frauen. Hier setzen wir bewusst ein wichtiges Signal in diese Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)

Dritter wesentlicher Punkt: Wir verdoppeln den Pendlerzuschlag. Es gibt viele Teilzeit­kräfte, vor allem auch viele Frauen, die unter 1 200 € brutto im Monat verdienen, die nicht lohnsteuerpflichtig sind. Sie haben bis dato maximal 141 € Pendlerzuschlag im Jahr erhalten. Sie bekommen jetzt bis zu 290 €. Das heißt, das ist mehr als eine Verdoppelung. Und mit den 110 € Negativsteuer kommen diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf bis zu 400 €. Das ist eine Verdoppelung in diesem Bereich. Das sind keine Peanuts, Frau Kollegin Moser, das sind wichtige Maßnahmen für Frauen und für Teilzeitkräfte. (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter Punkt, meine Damen und Herren: Wir setzen das Jobticket um. Das Jobticket gilt jetzt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Arbeitgeber können jetzt auf freiwilliger Basis den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Fahrkarten für öffentliche Ver­kehrsmittel steuerfrei zur Verfügung stellen. Das heißt, die Unternehmen können die Aufwendungen steuerlich absetzen und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist das Jobticket von der Lohnsteuer und der Sozialversicherung befreit. Das ist eine wichtige ökologische Komponente, Frau Kollegin Moser, daher verstehe ich nicht, wieso Sie diesem Paket nicht zustimmen können. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Fünfter Punkt, meine Damen und Herren: Es wird ein Pendlerrechner installiert. Ich glaube, das ist ganz wichtig, auch im Sinne der Vereinfachung und des Bedienens für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es wird beim Finanzministerium ein Pendlerrechner installiert, in dem man den Wohnort eingibt, die Adresse des Wohn­ortes, die Adresse des Arbeitgebers und dann herausgerechnet bekommt, wie groß die Entfernung in Kilometern ist. Somit hat man auch die öffentlichen Verkehrsmittel hinterlegt und weiß, welche Pendlerförderung man pro Jahr erhält.

Das ist, meine Damen und Herren, eine wesentliche Verbesserung. Die Frau Bundes­ministerin erhält auch eine Verordnungsermächtigung im Bereich der Zumutbarkeits­bestimmungen. Wir vom ÖAAB haben einen Vorschlag unterbreitet, weil die der­zeitigen Lösungen kompliziert und zum Teil auch ungerecht sind. Die Zumutbarkeit muss mehr an die Entfernung gekoppelt werden, und ich vertraue auf die Frau Minis­terin, dass sie von dieser Verordnung auch Gebrauch machen wird, um das System im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vereinfachen und transparenter zu gestalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese sehr gute Regelung für die Pendlerin­nen und Pendler tritt rückwirkend ab 1. Jänner 2013 in Kraft. Die Betriebe müssen die Aufrollungen bis 30. Juni 2013 durchführen.

Es ist eine wichtige Maßnahme für die arbeitenden Menschen, die ihr eigenes Fahr­zeug tagtäglich benötigen, um zum Arbeitsplatz zu gelangen. Daher bin ich wirklich sehr froh über diese Beschlussfassung für die Pendlerinnen und Pendler. Ich bedanke mich bei allen, die mitgewirkt haben, in erster Linie beim Finanzministerium, bei den Beamten, aber auch beim Koalitionspartner, dass diese wichtige Maßnahme heute umgesetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schönpass.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­tha­ler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 85

12.30.44

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird hier ein System fortgeschrieben und nicht geändert, Herr Kollege, das schon bisher massiv ungerecht und unfair war und sehr kompliziert. Die Frau Ministerin hat im Ausschuss ehrlicherweise zugegeben, dass es jetzt noch komplizierter wird. Ich weiß nicht, ob es der Sinn eines neuen Gesetzes ist, dass man alles noch komplizierter macht, aber es bleibt auch diese Unfairness, auf die die Frau Kollegin Moser hingewiesen hat, bestehen.

Das verstehen wir auch nicht – da schaue ich vor allem in die Reihen der Sozial­demokratie, die offenbar überhaupt nur ein spärliches Interesse an den Pendlern hat, die es aber wieder einmal zulässt, dass eine soziale Ungerechtigkeit massiv fortge­schrieben wird. Herr Kollege Krainer – der ist ja danach drangekommen –, die Intuition von Bruno Kreisky in den siebziger Jahren zur Einführung der Pendlerpauschale und der Pendlerabgeltung war, wenn man so will, jenen Arbeitern, und hier vor allem den Bauarbeitern – das war die eigentliche Idee –, die zu ihrer Arbeit in die Ballungszentren einpendeln und auspendeln müssen, eine Unterstützung zukommen zu lassen. Das war eigentlich der Sinn: Die Untersten, jene, die am wenigsten verdienen und die aufgrund der Belastung ihrer Wegstrecke am meisten durch die Finger schauen, zu unterstützen.

Das ist heute alles nicht mehr so, Herr Kollege. Heute ist es völlig anders. Heute bleiben genau jene, die am wenigsten verdienen, rund 1,5 Millionen erwerbstätige Öster­reicher, die unter 12 000 € im Jahr fallen, auf der Strecke. Sie kriegen zwar 140 € im Jahr vergütet, aber das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man hier bedenkt, dass  (Abg. Tamandl: Es sind 400 €!) – Sie kriegen ja bis jetzt auch schon etwas, also 140 € zusätzlich durch diese Lösung. Ja, dann sind es eben 400 €, aber wissen Sie, was eine Frau 

Ich habe hier ein Beispiel, ich werde Ihnen gleich ein Beispiel nennen, weil ich glaube, man versteht es mit Beispielen besser. Ich habe hier so ein Beispiel, das von der Arbeiterkammer stammt, deswegen zitiere ich es auch:

Frau M., die gibt es nämlich wirklich, ist 36 Jahre alt, Krankenschwester, mit einer kleinen Tochter, hat einen Pkw und ist darauf angewiesen, dass sie von Grafenstein in Kärnten ins Klinikum Klagenfurt pendelt, 14 Kilometer, eine Richtung; monatliches Nettoeinkommen: 1 071 €.

Und jetzt bitte gut anschnallen, wenn ich Ihnen sage, was das Pendeln für diese Frau bedeutet. Das bedeutet laut Arbeiterkammer – Sprit plus Autokosten, inklusive der Entwertung, die natürlich dazugezählt werden muss, wenn ich jeden Tag pendeln muss – 3 204 € netto Belastung im Monat. (Rufe bei der ÖVP: Im Jahr!) – Im Jahr, richtig, im Jahr; Entschuldigung, ich korrigiere: nicht im Monat, im Jahr, das sind Jah­res­zahlen.

Sie kriegt, bis jetzt schon, eine Pendlerpauschale von 135 € jährlich, dann kriegt sie einen verkürzten Fahrtkostenzuschuss – dank des segensreichen Wirkens des Herrn Landeshauptmannes Dörfler, der nämlich in Kärnten den Fahrtkostenzuschuss von 95 € auf 50 € gekürzt hat – von 50 € im Jahr, die kriegt sie auch noch geschenkt. Da bleiben am Ende 3 018 € pro Jahr an Belastung für diese Frau.

Diese Frau kriegt jetzt zum Beispiel diesen wunderbaren Pendlereuro als Absetz­betrag. Da kommen wir auch auf einen Punkt! Der Herr Kollege hat uns gerade gesagt, das Geld kriegt jeder bar auf die Hand zurück, das ist ein Nettobetrag, zwei Euro pro Kilometer, also die Wegstrecke mal zwei. Ich finde das nur im Gesetz nicht, Herr Kollege!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 86

Jetzt frage ich Sie, Frau Ministerin: Im Gesetz steht nichts von einer Direktförderung. Im Gesetz steht eindeutig – und ich zitiere hier das Gesetz, § 33 Abs. 5 –:

„Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetz­beträge zu:“

Da steht dann unter Punkt vier der Pendlereuro. – Das ist ein Absetzbetrag, Herr Kollege. (Abg. Wöginger: Das ist ohnehin das Gleiche!) – Nein, das ist nicht das Gleiche, Herr Kollege, das ist eben nicht das Gleiche! Sie und Ihre Propaganda sugge­rieren andauernd, dass jeder anspruchsberechtigt ist für diesen Pendlereuro, und das ist eben nicht so, weil es ein Absetzbetrag ist. (Beifall bei BZÖ und Grünen.) Es ist ein Absetzbetrag, und wieder fallen die kleinen Einkommen durch den Rost, wieder fallen die Kleinen durch! Die kriegen ihn nicht! Das ist der Schmäh, den Sie und ihre FCGler hier verbreiten.

Die FCGler transportieren das auch heute noch auf der Homepage der FCG – ich zitiere –: Von der Pendlerpauschale profitieren derzeit jene mehr, die mehr verdie­nen. – Zitatende.

Und weiter: Das ist unsozial und unausgewogen. – Sagt die FCG. Die schießt ihre eigene Lösung durch Sonne und Mond, und dann sagen Sie eine Unwahrheit auf Ihrer Homepage, denn da steht – Zitat –:

Das neue Modell ist unschlagbar einfach und durchschaubar: Die Kilometeranzahl der einfachen Fahrtstrecke eines Pendlers multipliziert mit 40 ergibt den Förderbetrag. – Zitatende.

Wo steht denn das? Das steht heute auf der Homepage Ihrer Fraktion: multipliziert mit 40. Wo? – Nichts mit 40!

Wenn einer heute 60 Kilometer fahren muss, einfache Strecke, kriegt er einmal im Jahr 120 € als Absetzbetrag, als Absetzbetrag. Das ist das, was auch der Frau Müller in Kärnten bleibt, wenn sie 14 Kilometer einfache Wegstrecke hat. Wissen Sie, was die im Jahr kriegt? – 28 € als Absetzbetrag! Wissen Sie, was sie da herauskriegt? – 3 oder 4 € kriegt sie da im Jahr heraus. Das ist in Wirklichkeit Ihre Lösung, und das ist ein Hohn und ein Skandal gegenüber den Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind und die Tausende an Euros zahlen müssen. Das muss man jetzt einmal sagen. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Dazu kommt die Ungerechtigkeit beim Einkommen. Nehmen wir zwei Beispiele: Wenn jemand 1 000 € verdient, dann kriegt er jetzt einen jährlichen Förderbetrag von insge­samt 400 € – 290 € mehr als zuletzt. Wenn jemand 5 000 € verdient, wissen Sie, was er da kriegt? – 1 586 € plus den Pendlereuro, den ich vorher erklärt habe. – Ja, ist das sozial gerecht, meine Kollegen von der SPÖ? Ist das soziale Gerechtigkeit, dass die Kleinen so viel weniger kriegen, aber die, die mehr verdienen immer mehr?

Es schreibt ja auch Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid im „Standard“ unter dem Titel „Zeiten fokussierter Unintelligenz“ – das haben wir heute auch schon einmal gehört, ich zitiere –:

„Fast ein Viertel der Bezieher der Pendlerpauschale verdient mehr als 50.000 Euro brutto jährlich. Damit profitieren Besserverdiener stärker als Menschen mit niedrigerem Einkommen. Diese Schieflage ist auch der SPÖ bekannt.“

Das ist Ihnen bekannt, schreibt sie da. (Bundesministerin Dr. Fekter: Und wie viel zahlen die an Steuern?)


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Weiters heißt es hier: „Selbst wenn Kleinverdiener nun einen kleinen“ – und ich habe es Ihnen vorher gesagt: 140 € – „Ausgleich erhalten sollen: Diese Pauschale trägt zur Verstärkung der sozialen Ungerechtigkeit in diesem Land bei.“

So ist es, dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Soziale Ungerechtigkeit, den Kleinsten, den lasst ihr im Stich, wo ihr immer sagt, ihr seid die Vertreter des kleinen Mannes, und die FPÖ macht die Räuberleiter! Ihr stimmt bei diesem Unfug auch noch mit! Erklärt das den Pendlern in Niederösterreich jetzt noch vor der Wahl! Das ist ja unglaublich, dass ihr heute auch abdankt, bei der Ver­tretung des kleinen Mannes. (Beifall beim BZÖ.)

Und dann kommt noch etwas dazu: Dann deckelt ihr, die Vertreter des kleinen Man­nes, SPÖ und FPÖ miteinander diese Pauschale auch noch, nämlich bei 60 Kilo­metern. Das heißt, die, die ohnehin schon am wenigsten verdienen und die mehr als 60 Kilometer am Tag pendeln müssen, kriegen nur bis 60 Kilometer überhaupt die Pauschale.

Und jetzt frage ich euch – weil Niederösterreich-Wahlkampf ist und ihr ja da auch antretet (Abg. Mag. Kogler: In Kärnten auch!) –: Was haben St. Pölten, Krems und Ybbs gemeinsam, und was trennt sie? – Ich sage euch, was sie trennt, nämlich die Entfernung von Wien. Wenn man von Wien pendelt, sind es nach St. Pölten 63 Kilo­meter, nach Krems 76 Kilometer und nach Ybbs 108 Kilometer. Und wissen Sie, was alle gemeinsam haben? – Denselben Abgeltungsbetrag bei der Pauschale.

Es ist völlig wurscht, ob ich 108 oder 60 Kilometer fahre, ich kriege nicht mehr, obwohl ich wesentlich länger unterwegs bin und obwohl ich wesentlich mehr Belastung habe. Das ist sozial ungerecht und unzumutbar – und ihr stimmt da auch noch zu! Das halte ich wirklich für unglaublich!

Ähnliches im Burgenland: Wenn heute einer von Wien nach Wiener Neustadt pendelt, sind es 61 Kilometer, nach Oberwart 127 Kilometer. Das heißt, der, der jeden Tag nach Oberwart pendelt – und ich kenne selbst jemanden, der von Oberwart nach Wien und retour pendelt und der ganz wenig verdient –, kriegt für seine 127 Kilometer gleich wenig wie jemand, der nach Wiener Neustadt pendelt, 60 Kilometer. Das ist nicht zu akzeptieren, ungerecht und dafür gibt es auch keine Erklärung, Herr Kollege, des­wegen sind wir dagegen. (Abg. Wöginger: Der Pendlereuro ist nicht gedeckelt!)

Wir sind ganz klar für eine echte, kilometerabhängige Entschädigung für Pendler, die sie sich verdient haben, weil sie sowieso die Belasteten in dieser Republik sind. Wir wollen – und haben den Antrag bereits eingebracht – eine sozial gerechte Lösung, eine Besserstellung für Menschen, die unter der Einkommenssteuergrenze liegen, eine Flexibilisierung, die daraus entsteht, und wir wollen letztlich auch eine einfachere Verwaltung und eine transparentere Berechnung, während die Finanzministerin im Ausschuss sagt, jetzt wird es noch komplizierter – na wunderbar!

Es kennt sich keiner mehr aus. Es ist ungerecht. Dieses System ist ein System der Vergangenheit und gehört auf neue Beine gestellt, und zwar wirklich kilometer­abhängig, nicht mit einer Pauschalierung, sondern mit einer Abgeltung der tatsächlich gefahrenen Kilometer der Pendler. Dafür treten wir ein. Daher stimmen wir heute mit Sicherheit nicht zu. (Beifall beim BZÖ.)

12.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 88

12.40.12

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Es reichen leider die 4 Minuten jetzt nicht aus, um Kollegen Westen­thaler den Unterschied zwischen Freibetrag und Absetzbetrag zu erklären. Aber vielleicht kann das ein Klubsekretär des BZÖ machen. (Abg. Dr. Moser: Das ist ja das Entscheidende! – Abg. Mag. Kogler: Das ist ja das Problem, Entschuldigung! – Abg. Grosz: Das ist ja das Problem! Sie kennen sich ja null aus! Sie kennen sich nicht aus! – Weitere Zwischenrufe.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Reform bringt wesentliche soziale und ökolo­gische Fortschritte. Wenn gerade Sie vom BZÖ immer herkommen, sich aufregen und aufregen, dann müssen Sie schon auch ein bisschen Wertigkeiten reinbringen. (Abg. Ing. Westenthaler: ... gute und böse Steuer! Wir haben da eine andere Sichtweise!) Wenn Sie sich in Resteuropa umschauen, bei unseren Nachbarn umschauen, wo jetzt auch gerade niedrige Einkommensbezieherinnen und ‑bezieher von Kürzungen betrof­fen sind, schaffen wir unter anderem mit dieser Reform eine gerechte steuerliche Förderung der Kleinverdienerinnen und Kleinverdiener. Das ist auch einmal anzuer­kennen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Neuerung entlastet über eine Million Pendlerin­nen und Pendler um zusätzlich 150 Millionen €. Ich würde sagen, den 50 000 Teilzeit­arbeitskräften, die bisher keine Pauschale bekommen haben und jetzt schon eine Pau­schale bekommen, können Sie doch hier nicht erklären, dass Sie dagegen sind. Hö­here Zuschläge für 100 000 Kleinverdienerinnen und Kleinverdiener, die wegen ihres niedrigen Verdiensts weder lohn- noch einkommensteuerpflichtig sind: Für die wird es mehr als verdoppelt!

Sie haben ein Beispiel genannt. Ich nenne Ihnen auch gerne ein Beispiel: ein Gering­verdiener, und Sie können sich jetzt aussuchen, in welchem Bundesland, Niederöster­reich, Kärnten, wie auch immer, denn Ihr Beispiel war ja sichtlich erfunden. Ich möchte ehrlich sein und nehme ein hypothetisches Beispiel, denn von den Tricks der Politiker, die sich herausstellen und irgendwelche Beispiele erfinden und falsch rechnen, halte ich nichts. Also nehmen wir einen Geringverdiener, der ein Einkommen unter 1 200 € brutto hat, 30 Kilometer einfache Wegstrecke: Er hat bisher pro Jahr 141 € Pendler­zuschlag bekommen und bekommt jetzt 290 €. Ihm zu sagen, das sind die Streusel auf einem Kuchen, halte ich für zynisch! 2 € pro Kilometer zwischen Wohnung und Arbeits­platz bar auf die Hand, das ist gerade für niedrige Einkommensbezieher eine Unter­stützung und nicht kleinzureden.

Drei Punkte: langjährige SPÖ-Forderung nach mehr Gerechtigkeit für Pendlerinnen und Pendler, der mit dieser Reform Rechnung getragen wird. Aber – und das ist hervorzustreichen – es hat auch eine ökologische Komponente. Gerade mit dem Job­ticket unterstützen wir Pendlerinnen und Pendler, motivieren wir sie, öffentlichen Verkehr in Anspruch zu nehmen, und leisten hiermit auch einen nachhaltigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sozialdemokratie, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, besonders aber auch jene Abgeordneten aus Niederösterreich und dem Burgenland haben sehr für die Reform der Pendlerpauschale gekämpft, weil sie eben auch unmittelbar in der Region mitbekommen haben, was für Nachteile die alte Form hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade wir Sozialdemokraten haben die Pflicht, uns alle Reformen auch immer unter der Gerechtigkeitsperspektive anzuschauen: Bringt eine Reform mehr Gerechtigkeit oder weniger Gerechtigkeit? – Diese Reform bringt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 89

definitiv mehr Gerechtigkeit! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. –Bitte.

 


12.43.42

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na ja, ob das mehr Gerechtigkeit bringt, darüber lässt sich trefflich streiten. Es ist ja schon wieder einmal ein Tagesordnungs­punkt, wo die Chance vertan wird, viel Größeres und Weitreichenderes zustande zu bringen.

Aus sozialer Sicht, aus steuerpolitischer Sicht, aus Verwaltungssicht und insbesondere aus ökologischer Sicht ist und bleibt das eine grandiose Murks-Verlängerung, die noch dazu einen Haufen Geld kostet, Frau Bundesministerin, in der Summe bereits 1 Mil­liarde €! Aber nehmen wir es so, und schauen wir einmal: Wie könnte diese Milliarde € aus sozialen Gesichtspunkten, aus Verwaltungsvereinfachungs-Gesichtspunkten, aus steuerpolitischen Gesichtspunkten und insbesondere eben aus ökologischen Gesichts­punkten besser genutzt werden?

Wenn Sie, geschätzte Frau Vorrednerin, erschütternderweise sagen und dem Abge­ord­neten Westenthaler vorhalten, es sei eben der Unterschied zwischen einem Frei­betrag und einem Absetzbetrag, den er offensichtlich nicht verstanden hätte, dann kann ich nur erwidern, dass, jedenfalls aus unserer Sicht, Sie offensichtlich etwas nicht verstanden haben – und das noch dazu bei einer sozialdemokratischen Partei, was es besonders beschämend macht. Es ist ja genau das Problem und nicht die Lösung, dass wir das als Freibetrag abhandeln! Bei einem Absetzbetrag – das sollten Sie ja wissen – hätte jeder die gleiche Möglichkeit, das in Anspruch zu nehmen, und zwar unabhängig von seinem Einkommen. Darum sollte es Ihnen ja gehen! (Bundes­ministerin Dr. Fekter: Und von seiner Steuerlast ...!)

Warum sollte jemand, der 60 Kilometer pro Tag pendelt (Bundesministerin Dr. Fekter: Die Steuerlast ...!) – nehmen wir eben ein Beispiel –, besonders viel zurückbekommen, wenn er besonders viel verdient, und der, der besonders wenig verdient, bekommt wenig zurück, und der, der so wenig verdient, dass er keine Steuern bezahlt, kriegt überhaupt nichts: Das soll gerecht sein? Ja sind Sie noch zu retten? (Beifall bei den Grünen.)

Dieses ganze System gehört umgebaut, es gehört vom Kopf auf die Füße gestellt. Dass Sie weiter in der sozialen Tiefkühltruhe verharren wollen, wissen wir ohnehin. (Abg. Amon: Das ist doch falsch, was Sie behaupten!) Nein, das ist genau nicht falsch! Das ist sehr zutreffend. (Abg. Wöginger: Natürlich ist das völlig falsch!) Das ist eine Mittelstands- und Managerförderung (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP), für die im Verhältnis zu dem, was sonst möglich wäre, wenn wir (Bundesministerin Dr. Fekter: Die Steuerlast wird gemindert!) dieselbe Milliarde heranziehen würden und das so verteilen, dass jeder ... (Bundesministerin Dr. Fekter: Akzeptieren Sie, dass wir die Steuerlast gemindert haben?)

Schauen Sie, ich erkläre Ihnen das! Ich erkläre Ihnen das noch einmal ganz von vorn, bevor Sie sich aufregen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesministerin Dr. Fekter: Die Steuerlast wird gemindert!) Das passt ohnehin alles zusammen, dass da aus­gerechnet der Wirtschaftsbund mit dem ÖAAB – es fehlt nur mehr der ÖAMTC – sozusagen im Gleichton hereinheult. Das passt ja wirklich!

Aber ich sage es Ihnen trotzdem noch einmal, und auch fürs Protokoll, denn Sie sind offensichtlich ohnehin nicht einsichtig: Das Ganze kann viel gerechter organisiert wer-


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den, wenn für jede Pendlerin und jeden Pendler, für jeden Kilometer, der hier nun einmal verfahren werden „muss“ – unter Anführungszeichen –, gleich viel abzusetzen ist: Jeder Kilometer, jede Person! Aber Sie haben das in der falschen Systematik einfach verlängert, mit ein paar kosmetischen Korrekturen, denn offensichtlich haben Sie irgendwo hinter der Tiefkühltruhe noch einen stehen, der vielleicht doch ein sozia­les Gewissen hat. Das ist aber vernachlässigbar, so wenig ist das. (Abg. Wöginger: Ist das Kosmetik: 150 Millionen sind Kosmetik?)

Also das Hauptproblem bleibt, dass bei Ihnen – und das ist genau zutreffend, wenn Sie endlich nur rechnen würden – die, die viel haben, mehr bekommen, die, die wenig haben, wenig bekommen, und die, die keine Steuer zahlen, ganz wenig bekommen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, die haben eine geringere Steuerlast!) Ja, aber das fällt ja nicht einmal ins Gewicht! (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Dr. Fekter: Die Steuerlast ...!) Sie sind Finanzministerin; konzentrieren Sie sich auf die Milliarden und nicht auf die Groschen! Das ist doch wirklich ärgerlich. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Apropos Steuerpolitik: Das ist eine Verkomplizierung, die ihresgleichen sucht! Jetzt haben wir nämlich bald den Salat vollständig angerührt. Wir haben eine Freibetrags­regelung und eine Absetzbetragsregelung, die es ja dann an anderer Stelle gibt. Deswegen regen Sie sich offensichtlich so auf. (Abg. Wöginger: ... nicht so schwarz­sehen!) – Ja, weil das immer alles noch komplizierter und immer nur noch ungerechter wird! (Abg. Wöginger: Verstehst es nicht?)

Das ist das Problem, und von der Ökologie haben wir noch nicht einmal geredet. Das ist ja gegen jede Sonntagsrede, die Sie da dauernd vollführen, dass alles einfacher und nachvollziehbarer werden muss. Die ganze Steuererklärung soll auf einen Bierdeckel – der braucht ja allein für seine Pendlerpauschale schon ein ganzes Leintuch! Das ist doch unglaublich. Ich weiß nicht, wo Sie da denken. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die wesentliche ökologische Frage sollte ja in Zeiten wie diesen vielleicht nicht ganz unerheblich sein. Zur ökologischen Frage spielt das jetzt natürlich erst recht eine Rolle, dass eine weitere, im Übrigen auch soziale und individuelle Ungerechtigkeit hinzu­gefügt wird, dass nämlich das Fahren und Pendeln mit dem Auto Ihnen mehr wert ist als das Fahren und das Pendeln mit dem öffentlichen Verkehrsmittel. (Abg. Wöginger: Wenn es aber ...!) Auch das ist eine doppelte Sauerei, eine ökologische und schon wieder eine soziale! Es kann sich nämlich gar nicht jeder ein Auto leisten. Selbst in Ihrer autovernarrten Welt müssten Sie das einmal einsehen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch diejenigen, die auf das öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, werden von Ihnen doppelt und dreifach geschädigt: erstens, weil Sie so eine dumme Pendler­pauschale machen; zweitens, weil Sie den öffentlichen Verkehr nicht fördern, sondern aushungern; und drittens, weil Sie den Unfug dann noch lautstark verteidigen! Das ist doch nicht mehr hinzunehmen. (Abg. Wöginger: ... Steuern!)

Das sind Wahlzuckerl für Ihre Klientelen. Das ist ja noch logisch, deshalb schreit ja der ÖAMTC mit dem Wirtschaftsbund und mit dem ÖAAB in Tateinheit hier das Gleiche herum. Aber wieso die Sozialdemokratie da mitgeht und sich eine Generalsekretärin hält, die das noch nicht einmal versteht, aber hier die anderen belehren will, das schlägt dem Fass wirklich den Boden aus! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte. (Abg. Grosz: Dass ihr euch über den Tisch ziehen lasst, ist der pure Wahnsinn! – Abg. Podgorschek – auf dem Weg zum Rednerpult –: Kollege Kogler, da ist ein Zettel


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liegen geblieben; aber das ist nicht so tragisch! – Abg. Mag. Kogler kehrt zum Redner­pult zurück und nimmt das Schriftstück an sich.)

 


12.49.49

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­des­minister! In einem muss ich ja meinen Vorrednern recht geben: Dieses Gesetz ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Es ist aus meiner Sicht oder aus unserer Sicht nur eine Zwischenlösung.

Aber wenn man die ganze Preisentwicklung der letzten zehn Jahre beobachtet und wenn man schaut, dass wir, auf zehn Jahre herabgebrochen, ungefähr 21,77 Prozent Inflation gehabt haben und im Vergleich dazu die Spritpreise, sprich Super, um das Zweieinhalbfache gestiegen sind, das heißt eine Inflationsrate von 54,08 Prozent, und der Diesel überhaupt um das Dreieinhalbfache gestiegen ist, also 78,01 Prozent Inflation, dann war natürlich akuter Handlungsbedarf!

Ich sage es ganz offen und ehrlich: Gerade in den letzten zwei Jahren sind die Preise exorbitant gestiegen, und natürlich müssen wir die Pendler entlasten. Es gibt viele Pendler, die sich derzeit schon das Auto nicht mehr leisten können oder überlegen, ob sie überhaupt noch arbeiten gehen, denn das meiste fressen ihnen nämlich das Benzin und die Kosten für das Auto auf. Mangels öffentlicher Verkehrsmittel haben leider sehr viele nicht einmal die Möglichkeit, dass sie zur Arbeit gelangen. Bei vielen geht natürlich der Zuverdienst drauf, und das betrifft vor allem geringfügig Beschäftigte oder Halbtagsbeschäftigte.

Daher sehe ich es durchaus ein oder verstehe ich es, dass die Regierung da Hand­lungs­bedarf gehabt hat. Aber es ist, wie bereits erwähnt, viel zu spät, es ist kompliziert (Abg. Ing. Westenthaler: Und deswegen stimmt ihr zu?), und wie Frau Bundesminister Fekter selbst im Ausschuss gesagt hat: Es ist komplexer geworden.

Lieber Kollege Westenthaler! Mach dir Sorgen um das BZÖ, aber sicherlich nicht um die FPÖ. (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso stimmt ihr zu? Wieso macht ihr die Räuber­leiter?) Ich glaube, dass wir in einem Jahr sicher besser dastehen als ihr. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das werden wir ja am Sonntag sehen, wie es ausgeht! In Kärnten vor allem!)

Wie Frau Minister Fekter gesagt hat: Es ist viel komplexer geworden, und der Verwal­tungs­aufwand wird wesentlich höher. Ich betrachte das Ganze auch nur als eine Blendgranate vor der Wahl, um gerade vor der Niederösterreich-Wahl jetzt noch ein bisschen die Pendler zu beruhigen, und letzten Endes auch vor der Nationalratswahl. Mir kommt das teilweise so vor: Man nimmt den Leuten 100 € aus der Tasche und gibt ihnen dann 50 € wieder zurück.

Aber – und jetzt, lieber Kollege Westenthaler, komme ich darauf zurück. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihr stimmt der Blendgranate zu!) – wir sagen: Es ist eine schlechte Reform immer noch besser als gar keine Reform! Und dass die Leute ein bisschen Geld mehr bekommen, ist besser, als würden sie gar nichts bekommen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist der Grund, warum wir letzten Endes auch zustimmen werden. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Wir haben ein eigenes Modell eingebracht. Das eigene Modell wäre selbstverständlich viel besser und würde die Pendler wesentlich mehr entlasten. Leider wird das von den Regierungsfraktionen nicht behandelt. Wir werden es aber beharrlich immer wieder einfordern, dass wir unser System, das wir einbringen wollen, auch dementsprechend diskutieren. In diesem FPÖ-Modell geht es im Kern darum, dass die Pendler sofort entlastet werden, und nicht irgendwann später einmal beim Jahresausgleich.


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Worum es letzten Endes wirklich geht – Frau Bundesminister, Sie haben es ja schon einmal zaghaft angedeutet –: Es geht einfach einmal darum, dass die Mittel- und Kleinverdiener per se entlastet werden. Es geht nämlich darum, dass in der Einkom­mensteuerprogression die Stufen angehoben werden und der Einstiegssteuersatz gesenkt wird. Das hätte einen Sinn, dass man unsere Wähler und Steuerzahler nachhaltig entlastet. (Beifall bei der FPÖ.)

Dabei geht es nicht darum, dass man wieder neue Steuern einführt – wie es die SPÖ in Form von Vermögenssteuern so gerne möchte –, sondern es geht darum, dass man vorher die Staatsausgaben senkt, damit man auch die Steuern wiederum senken kann. Dann hat die Bevölkerung wirklich etwas davon! (Beifall bei der FPÖ.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


12.54.30

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit den vorliegenden Änderungen im Einkommensteuergesetz wird sowohl die steuerliche Belastung, also die Steuerlast der arbeitenden Bevölkerung, die pendeln muss, gesenkt, aber auch jene, die keine Steuer zahlen, bekommen eine Förderung. Daher haben wir beide Teile berücksichtigt: Sowohl jene, die den starken Steuerrucksack zu schleppen haben, entlasten wir, aber sozial ausgewogen geben wir auch Negativsteuer und heben die Förderung an für jene, die nicht Steuern zahlen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben das System nicht nur sozial ausgewogen gestaltet, sondern auch wesentlich gerechter gemacht (Abg. Dr. Moser: Das glauben Sie doch selber nicht!), nämlich für Teilzeitkräfte, die bisher keine Pendlerpauschale in Anspruch nehmen konnten. Auch wenn sie nur einen Tag pro Woche arbeiten, bekommen sie jetzt aliquot eine Pendler­pauschale.

Neu eingeführt haben wir den Pendlereuro. Das ist ein steuerlicher Absetzbetrag, und er wird berechnet, indem die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit zwei multipliziert wird. Voraussetzung dafür, dass man diesen Pendlereuro in Anspruch nehmen kann, ist aber, dass einem überhaupt eine Pendlerpauschale zusteht. Die Berück­sichtigung des Pendlereuros soll wie beim Verkehrsabsetzbetrag durch den Arbeitgeber erfolgen. Daher muss eine Aufrollung bis Juni geschehen. Es ist im Übrigen das Gesetz ja rückwirkend gestaltet.

Wir haben weiters festgelegt, dass das Jobticket allen Arbeitnehmerinnen und Arbeiter­nehmern, die es bekommen, steuerfrei und auch sozialabgabenfrei zur Verfügung ge­stellt werden muss. Es muss also keine Steuer dafür bezahlt werden – was bisher der Fall war –, und es muss auch keine Sozialversicherung für diesen „Sachbezug“ – unter Anführungszeichen – abgeliefert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist eine große Erneuerung. Sie steht im Übrigen auch all jenen zu, die keine Pendlerpauschale bekommen, also beispielsweise innerhalb eines Gemeindegebietes pendeln müssen. Auch wenn die ein Jobticket bekommen, ist es steuer- und abgabenfrei.

Keine Pendlerpauschale mehr gibt es für Arbeitnehmer, die ihren Dienstwagen auch privat nutzen können. Ich sehe das als ein ungerechtfertigtes Privileg an. Wenn man einen Dienstwagen privat benutzen kann, ist es nicht gerechtfertigt, dass sozusagen die Steuerzahler das auch noch mitfinanzieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil hier so viel von der sozialen Gerechtig­keit die Rede war, kann ich Ihnen eines sagen: Es ist gerecht, wenn man Arbeit-


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nehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrer enormen Steuerlast gemäß ihrer Steuerlast entlastet (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen erhöhen Sie die Mineralölsteuer für alle gleich!), und das haben wir getan. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn jemand mehr verdient, zahlt er überproportional sofort durch die Progression mehr Steuern. (Abg. Mag. Kogler: Jetzt geben Sie es auch noch zu!) Da ist es, Herr Westenthaler, gerechtfertigt, dass auch der Mittelstand (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind auch noch überzeugt davon, dass das gerecht ist!) von dieser Steuerentlastung profitiert. Ich bekenne mich dazu, dass die Leistungsträger, die uns die Steuern ablie­fern, damit wir überhaupt so etwas gestalten können (Zwischenrufe bei Grünen und BZÖ), dass dieser Mittelstand, der diese Steuerlast trägt, auch entsprechend entlastet wird. Das ist gerechtfertigt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Kostet für den das Benzin mehr, der mehr Geld hat?)

Daher bekenne ich mich dazu, dass wir hier die Pauschalierung im Hinblick auf Steuer­lastminderung gestaltet haben, dass wir aber für jene, die keine Steuer entrichten, eine Anhebung der Negativsteuer auf das Doppelte vorgenommen haben, sodass insge­samt bis zu 400 € an Negativsteuer zustehen. Wir handeln sehr ausgewogen, sozial gerecht und ökologisch sinnvoll (Abg. Mag. Kogler: Genau wegen dem ganzen Blöd­sinn ist unser Steuersystem kompliziert ...!), weil wir das kleine und das große Pau­schale beibehalten. Daher sind, glaube ich, die Argumente, die hier vorgebracht wor­den sind, sehr einseitig, da sie nicht alles berücksichtigt haben. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben beispielsweise auch einen Pendlerausgleichsbetrag eingeführt, mit dem wir jenen, die wenig Lohnsteuer zahlen, doch die volle Förderung zukommen lassen wollen, nämlich über eine Einschleifregelung bis zu einer Lohnsteuer von 290 €.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 1,6 Millionen Menschen kommt diese För­derung für Mobilität, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, zugute. 1,6 Millionen Men­schen – das lassen wir uns nicht schlechtreden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Frau Kollegin Moser, es ist nicht richtig, dass das eine reine Speckgürtelförderung ist. (Abg. Dr. Moser: Hauptsächlich!) Wir wissen aus den statistischen Materialien, dass die meisten Menschen in ihre Bezirksstädte oder in die umliegenden Städte pendeln und nicht zwangsläufig in den Speckgürtel von Linz, Graz oder Wien.

Es ist falsch! Sie bleiben in der Region, und weil sie in der Region bleiben, gehören sie unterstützt! Und der Lebensraum im ländlichen Raum gehört nicht ausgetrocknet, so wie Sie sich das wünschen! Wir sind dafür, dass diese Menschen, die dort leben, unterstützt werden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Es ist frivol, den Menschen zu erklären, sie sollen dort nicht pendeln, denn die meisten Menschen können es sich nicht aussuchen, erstens wo sie leben und zweitens wo sie den Arbeitsplatz finden. (Abg. Dr. Moser: Dann brauchen wir Arbeit in der Region!) – Da muss die Politik ihnen helfen, und wir tun das! Sie reden es nur schlecht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben bei unseren Maßnahmen die Menschen im Auge. Daher wird heute noch ein Abänderungsantrag eingebracht werden, der eine zweite einkommensteuerliche Verbesserung bringt – für die Pensionisten.

Wir haben den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag ab gewissen Einkommensgrößen eingeführt. Das führt, wenn man diese Einkommensgröße überspringt, beispielsweise durch eine Pensionsanpassung, zum Verlust des erhöhten Absetzbetrages. Damit wir hier Härtefälle ausgleichen, werden wir eine Einschleifregelung machen bis zum Ein­kommen von 25 000 €. Das hilft den Pensionisten. Damit sie nicht durch eine Infla­tions­anpassung plötzlich auf den Absetzbetrag verzichten müssen, werden wir im


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Abän­derungsantrag in zweiter Lesung eine Einschleifregelung vorsehen. – Danke! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.02.57

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundes­minister, in all Ihren Ausführungen, wie immer Sie oder Ihre Kollegen von den beiden Regierungsparteien es hier auch darstellen, ich muss Ihnen trotzdem sagen, dass das derzeitige System der Pendlerpauschale, das sich an der steuerlichen Absetzbarkeit orientiert, die Wenigverdiener massiv benachteiligt und die vorliegende Gesetzesände­rung dies im Wesentlichen auch nicht ändert.

Auf der Strecke bleiben die Wenigverdiener, die Teilzeitarbeitskräfte, jene, die keine Lohnsteuer zahlen. (Abg. Silhavy: Das ist nicht wahr!) – Frau Kollegin, jene, die unter der steuerlichen Freigrenze liegen, bekommen nur gewisse Almosen. (Bundes­minis­terin Dr. Fekter: Sie kennen sich nicht aus!)

Das Ganze stützt sich auch auf Studien der Arbeiterkammer. Wir haben alles von der Arbeiterkammer, wie sie das mit verschiedenen Beispielen berechnet hat, Frau Kolle­gin Silhavy, und das müssten eigentlich auch Sie kennen! Es ist so, dass auch die Leute von der Arbeiterkammer damit unzufrieden sind und massiv jene Leute benach­teiligt werden, die Teilzeitkräfte sind.

Frau Bundesminister, wenn Sie tatsächlich etwas machen wollen für die Leute und eine Steuersenkung durchführen wollen, dann machen Sie eine Steuersenkung für den Mittelstand, denn dieser ist in Österreich extrem belastet! Das ist die Wahrheit! (Beifall beim BZÖ.)

Sozial ausgewogen sind diese Pendlerpauschale und der Verkehrsabsetzbetrag auf keinen Fall, denn: Sie haben erwähnt, die Steuerlast wird gesenkt für jene, die keine Steuer zahlen, die bekommen eine Förderung, und die Teilzeitkräfte bekommen eine aliquotierte Pendlerpauschale – ja, das stimmt schon, das ist aliquotiert; wenn man elf Tage im Monat arbeitet, hat man noch die volle Pendlerpauschale; wenn man nur acht Tage im Monat arbeitet, hat man nur mehr zwei Drittel; und wenn man vier Tage im Monat arbeitet, hat man nur mehr ein Drittel –, und weiterhin wird diese Pauschale nur unter der Voraussetzung eines steuerlichen Einkommens gewährt.

Man muss also zuerst einmal das Einkommen haben – da ist von Förderung keine Rede, Frau Bundesminister; das ist Tatsache.

Interessant ist auch, dass der ÖAAB-Obmann Klikovits in der ÖAAB-Zeitung inseriert: 1 € pro Kilometer Arbeitsweg im Jahr für hin und retour, von der Wohnung zur Arbeitsstätte, als Absetzbetrag – also direkt, und zwar unabhängig vom Einkommen –, sowohl für Bezieher der kleinen als auch der großen Pendlerpauschale.

Das heißt, sozusagen nach seiner Doktrin, als Direktförderung, also einkommens­unabhängig, direkt in die Geldbörse. – Na, das schaue ich mir einmal an, ob das so ist. Das ist einfach Vorspiegelung falscher Tatsachen, geschätzte Damen und Herren!

Wenn ich mir dann denke, dass in den letzten Jahren die Mineralölsteuer zweimal erhöht worden ist, so kompensiert diese Pauschale jetzt nicht einmal das. Nehmen Sie wenigstens die Mineralölsteuer zurück, das wäre schon einiges, denn der Pendler­zuschlag kompensiert das nie im Leben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 95

Wir haben in Österreich eben viele Pendler, die darauf angewiesen sind, denn die öffentlichen Verkehrsmittel taugen auch nicht immer, maximal zwischen den Bezirks­städten, aber nicht hinaus in die Täler. Diese Pendler brauchen auf jeden Fall einen kilometerabhängigen Zuschuss, und deshalb bringe ich jetzt einen diesbezüglichen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Reform der Pendlerpauschale und Umsetzung einer kilometerabhän­gigen Abrechnung mit Negativsteuerwirkung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage vorzulegen, die eine rasche Reform des derzeitigen Systems der Pendlerpau­schale vorsieht und eine kilometerabhängige Abrechnung mit Negativsteuerwirkung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler umsetzt.

*****

Das ist der Weisheit letzter Schluss, und das sollte auch so umgesetzt werden! (Beifall beim BZÖ.)

13.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Reform der Pendlerpauschale und Umsetzung einer kilometerabhän­gigen Abrechnung mit Negativsteuerwirkung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2113 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (2177 d.B.)

In den letzten Jahren ist die Mineralölsteuer für Benzin und Diesel mehrmals erhöht worden. Dies hat dazu geführt, dass die ohnehin hohen Treibstoffpreise noch weiter gestiegen sind. Für viele Pendlerinnen und Pendler, von denen Flexibilität und Mobilität erwartet wird, wird dadurch der Weg zum Arbeitsplatz immer teurer. Die steigenden Aufwendungen für Treibstoff belasten immer mehr das verfügbare Einkommen der Familien. Denn jede Pendlerin und jeder Pendler muss durchschnittlich über 400 Euro mehr für die Fahrt zum Arbeitsplatz bezahlen.

Diese Belastungen treffen vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf­grund unzureichender Verkehrsanbindungen insbesondere in ländlichen Regionen auf die Benützung des Autos angewiesen sind. Auch Kleinverdiener, Teilzeitkräfte, gering­fügig Beschäftigte, sozial Schwache und vor allem Frauen, die ohne Auto Familie und Beruf nicht vereinbaren können, werden seither durch diese arbeitnehmerfeindlichen Maßnahmen zusätzlich belastet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 96

Außerdem wird für Pendler die Fahrtstrecke von den ländlichen Regionen in die Ballungsräume zunehmend unattraktiver; viele sehen sich daher zunehmend zu einem Wohnsitzwechsel gezwungen, was zweifelsohne negative Auswirkungen auf die Struktur vor allem in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Steiermark nach sich ziehen würde. Gerade in diesen Bundesländern besteht nämlich eine große Anzahl von Pendlerinnen und Pendlern, die in die Ballungsräume Wien und Graz fahren. In diesem Lichte ist das bestehende Modell der Pendlerpauschale in weiten Bereichen ungerecht und wenig transparent.

Zudem werden die entstandenen Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuerlich unterschiedlich berücksichtigt. Unverständlich ist, dass bei der derzeitigen Pendlerpauschale die Fahrtstrecke zum Arbeitsplatz nur in den vorgegeben Entfer­nungsabschnitten und nur bis 60 Kilometer berücksichtigt werden. Dadurch werden Pendler mit längeren Wegstrecken massiv benachteiligt.

Oftmals entscheidet wegen dieser Entfernungsabschnitte ein einziger Kilometer über mehrere hundert Euro Steuervorteil im Jahr. Obwohl die Benzin- und Dieselpreise für alle Arbeitnehmer gleich hoch sind, profitieren Besserverdiener überdurchschnittlich mehr von der Pendlerpauschale als Pendler mit geringerem Einkommen.

Ein Abgehen vom System der Pendlerpauschale ist daher dringend notwendig. Es muss eine gerechtere, kilometergenaue Abrechnung der gefahrenen Wegstrecke zum Arbeitsplatz eingeführt werden. Das neue System muss aber auch eine bessere Treffsicherheit nicht nur für Teilzeitkräfte und Lehrlinge, sondern auch für Bezieher niedriger Einkommen gewährleisten.

Ein neues System zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler ist daher ein Gebot der Stunde. Die Neuregelung soll für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten.

Auch der burgenländische Landtag spricht sich in einem Beschluss für eine rasche Reform der Pendlerpauschale aus und fordert die Bundesregierung auf, eine kilometer­abhängige Abrechnung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler umzusetzen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage vorzulegen, die eine rasche Reform des derzeitigen Systems der Pendlerpau­schale vorsieht und eine kilometerabhängige Abrechnung mit Negativsteuerwirkung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler umsetzt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.07.42

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es die Pendler nicht leicht haben. Die Spritpreise steigen ständig, das Pendeln kostet Zeit, aber auch Nerven, und jenen, die Öffis verwenden, wird es auch nicht gerade leichter gemacht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 97

Nichtsdestotrotz ist die Reform der Pendlerpauschale, die Einführung des Pendler­euros, aber auch des Jobtickets eine sehr gute Sache. Im Grunde genommen bin ich jetzt einmal froh, dass man nicht wieder ins Börserl hineingreift, sondern ganz einfach auch die Möglichkeit gibt, unterm Strich doch noch etwas mehr zurückzuholen.

Besonders erfreulich an dieser Reform ist aber, dass jetzt auch Teilzeitkräfte diese Pauschale in Anspruch nehmen können. Wer einmal in der Woche pendelt, hat schon Anspruch auf ein Drittel der Pauschale, und wenn man dreimal in der Woche pendelt, dann hat man bereits Anspruch auf die volle Pendlerpauschale.

Das ist meiner Ansicht nach ein Schritt in die richtige Richtung, vor allem aber auch für Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen und daher oft in Teilzeit beschäftigt sind und bis jetzt eigentlich immer durch den Rost gefallen sind.

Als gerechte Entscheidung empfinde ich persönlich, dass man die Benützung des Dienstfahrzeuges aus der Pendlerpauschale herausgenommen hat und dass es auch keinen Anspruch auf den Pendlereuro gibt.

Mit dem Jobticket sollen ja, und das haben wir heute schon öfter gehört, Arbeitgeber motiviert werden, den Arbeitnehmern die Jahreskarten für die Öffis zu finanzieren; diese sind dann auch noch abgaben- und lohnsteuerfrei. Besonders im städtischen Nahbereich sollte das aber noch viel mehr gefördert und auch forciert werden.

Alles in allem ist diese Reform ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist noch nicht perfekt, es ist eine Zwischenlösung, und daher werden wir auch den Entschließungs­antrag des Kollegen Dolinschek, aber auch den noch einzubringenden des Kollegen Jannach unterstützen. (Beifall beim Team Stronach.)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. 5 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.10.10

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Finanzministerin! Ich finde es schlicht empörend, wenn eine Finanzministerin immer von Steuern spricht und Abgaben meint. Sie sagen: Diejenigen, die stärker den Steuer-Rucksack tragen. – Ich sage dann gar nichts weiter.

Sie sagen: Jene, die nicht Steuer zahlen. Sie sagen: Wenn jemand mehr verdient, zahlt er mehr Steuer. – Steuern zahlen wir aber alle. Wir zahlen nicht nur Lohn- und Einkommensteuer, Frau Finanzministerin, sondern wir zahlen auch viele andere Steuern. Es sei hier nur die Mineralölsteuer genannt, die zum Beispiel in diesem Zu­sam­menhang von Relevanz wäre. Wir zahlen aber auch die Umsatzsteuer – eine der größten Steuern des Landes. Wir zahlen Sozialversicherungsabgaben. (Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Lassen Sie mich ausreden, Frau Finanz­ministerin!

Und wenn wir alle Abgaben heranziehen und uns anschauen, was die Verteilungs­studien über die Verteilung der Steuerlast sagen, dann kommt heraus – Frau Finanz­ministerin, Sie wissen es genau –, dass unser Steuer- und Abgabensystem propor­tional wirkt. (Bundesministerin Dr. Fekter: Sie sind Umverteilungsweltmeister!) – Für unsere Zuseherinnen und Zuseher: Was bedeutet das? – Das bedeutet eben, dass jemand, der ein niedriges Einkommen hat, anteilsmäßig, relativ gesehen, gleich viel Steuern und Abgaben zahlt wie jemand, der sehr viel verdient. (Abg. Amon: Aber das stimmt ja nicht!) – Das ist die Verteilungsstudie des Wifo, Herr Amon. Lesen Sie sie und schauen Sie sich das einmal an! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 98

Es ist keine Rede davon, dass jene, die ein hohes Einkommen haben, auch tatsächlich höhere Steuern zahlen. Das möchte ich in diesem Zusammenhang wirklich einmal klarstellen, Frau Finanzministerin, denn das empört mich bei der ÖVP immer wieder, dass Sie immer von jenen reden, die keine Steuern zahlen. Die zahlen natürlich brav ihre Steuern, wenn sie einkaufen gehen, wenn sie tanken gehen, sie zahlen ihre Sozialversicherungsabgaben und dergleichen mehr. (Abg. Krainer: Wo er recht hat, hat er recht! – Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, hat er nicht!)

Nun zum eigentlichen Thema, zur Pendlerpauschale: Diese Pendlerpauschale löst nicht die grundlegenden Problematiken. Diese Reform ist keine Reform. Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern. Die sozialen Ungerechtigkeiten bleiben bestehen. Die soziale Treffungenauigkeit liegt auf der Hand. Auch dafür gibt es Studien vom Wirtschaftsforschungsinstitut, die das klar belegen.

Und es ist ja auch klar, wenn der Großteil über Freibetragsregelungen läuft, dann ist es doch selbstverständlich, dass jene stärker profitieren, die ein höheres Einkommen haben. No na!

Und wenn man jetzt ein bisserl herumtut und sagt: Naja, wir machen einen höheren Pendlerzuschlag und gestalten den Pendlereuro als Absetzbetrag aus!, dann korri­gieren wir zwar ein bisschen in die Gegenrichtung, beseitigen aber deshalb noch lange nicht die soziale Ungerechtigkeit, machen aber das System extrem kompliziert. Aus der Sicht der Verwaltungsreform heraus ist das ein Schritt in die falsche Richtung. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Dritter Punkt: die ökologische Frage. Da werden doch mit dieser Pendlerpauschale völlig falsche Anreize gesetzt. Es kann doch nicht sein, dass Autopendler weiterhin stärker bevorzugt werden als Pendler, die öffentliche Verkehrsmittel benützen!

Da hat Frau Abgeordnete Moser schon recht, wenn sie sagt, diese Pendlerpauschale ist eine Förderung jener, die im Speckgürtel leben. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Diese Pendlerpauschale ist eine Zersiedelungspauschale, die noch weitere hohe Folgekosten für die soziale und technische Infrastruktur hat. (Abg. Wöginger: Ich lade dich einmal ein ins Innviertel!)

Herr Abgeordneter Wöginger, wir haben schon im Ausschuss darüber debattiert, da haben Sie mir schon vorgeworfen, ich würde mich sozusagen nicht um das Land kümmern und das Land verkümmern lassen. Nein, das tue ich nicht! (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) Ich glaube, da braucht man andere Instrumente dafür, und diese anderen Instrumente liegen im Finanzausgleich.

Ich bin sehr dafür, dass man die Zentren im Raum fördert, aber das kann man um Himmels willen nicht mit dem falschen Instrument der Pendlerpauschale tun. (Abg. Wöginger: Das ist eine Zumutung!) Das geht nicht! Das geht über den Finanz­ausgleich, das geht über Förderungen von Betriebsansiedelungen, das geht über einen aufgabenorientierten Finanzausgleich, und das geht möglicherweise auch über die Zusammenlegung von Gemeinden, um diese am Land stärker zu fördern. (Abg. Wöginger: Das ist eine Verhöhnung des ländlichen Raums!) Denn wenn die Zentren am Land leben – eine alte finanzwissenschaftliche These –, dann lebt auch der Raum um dieses Zentrum. Das wäre eine Förderung des ländlichen Raums, aber nicht eine falsch verstandene Reform einer Pendlerpauschale, die nichts anderes ist als ein fahrlässiger Umgang mit Steuermitteln. (Abg. Linder: Du lebst schon zu lange in Wien! – Ruf bei der ÖVP: Wiener Hochmut!)

Frau Finanzministerin, Sie sind mir noch die Antwort darauf schuldig: Wie werden Sie denn das finanzieren? – Im Vorjahr haben wir ein großes Sparpaket beschlossen – Schuldenbremse erfüllen –, und da verzichten wir einfach so mir nichts, dir nichts, bloß


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weil am Sonntag in Niederösterreich eine Wahl stattfindet, auf 200 Millionen € auf Dauer. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

13.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schieder gemeldet. – Bitte.

 


13.15.56

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gleich eingangs, weil der Zwischenruf „Wiener Hochmut!“ gefallen ist: Ich glaube, auch wenn man in Wien aufgewachsen ist, weiß man trotzdem, wie die Lebenssituation außerhalb der Großstadt ist. (Abg. Amon: Sie schon, aber der Herr Rossmann nicht!) – Sie ist aber auch in der Stadt oft nicht einfach. Aber darauf komme ich noch zurück.

Es geht aber auch nicht nur um den Speckgürtel, um die Leute, die quasi kurz hinausziehen, weil sie dort billigere Baugründe und dann natürlich auch eine weitere Fahrt haben. Es geht um die Leute, die im Burgenland leben, in Güssing oder sonst irgendwo und oft viele Stunden ihrer Lebenszeit investieren müssen, um überhaupt zu einem Arbeitsplatz zu kommen und mit dem Pendlerpauschale auch nur eine teilweise Abgeltung dieser Mühe haben.

Es geht um die Leute im Lavanttal in Kärnten, im Waldviertel, im Mühlviertel (Abg. Wöginger: Innviertel!), wo auch immer, wo die Infrastruktur so dünn ist, dass die Leute oft sehr weit fahren müssen, um überhaupt zu einem Arbeitsplatz zu kommen. Auch in der Steiermark, in allen Bundesländern gibt es solche Regionen.

Daher ist es auch notwendig, wenn man solche Regeln einführt – die übrigens ja schon eingeführt worden sind unter der Regierung Bruno Kreisky –, immer wieder darauf zu schauen, ob die Treffsicherheit nach wie vor vorhanden ist. (Abg. Dr. Moser: Das haben wir schon 2005 gesagt!)

Wir sind beim Nachschauen draufgekommen – und zahlreiche Pendlerinitiativen und -organisationen haben auch darauf hingewiesen –, dass die Teilzeitarbeitskräfte, jene Leute, die nicht die ganze Woche voll arbeiten, durch die Finger schauen, nichts vom Pendlerpauschale haben – bis jetzt!

Wir ändern das heute. Wir schaffen Vorteile für 1,6 Millionen Pendlerinnen und Pend­ler, für Teilzeitbeschäftigte, die jetzt auch endlich in den Genuss eines Pendlerpau­schales kommen, für die Geringverdiener, die mehr Pendlerpauschale bekommen, auch wenn sie quasi so wenig verdienen, dass sie durch die Pendlerzuschlagerhöhung fast keine Steuer zahlen.

Es sind vor allem auch die Frauen, die stark von diesen Maßnahmen profitieren, weil diese oft in diesen Berufsgruppen vertreten sind – Halbtagskräfte, Teilzeitkräfte, die aber auch sehr weit fahren müssen.

Die Reform hat im Wesentlichen drei große Eckpunkte. Und zwar:

In Zukunft bekommen Teilzeitkräfte das Pendlerpauschale aliquot. Davon profitieren, wie ich schon zuvor gesagt habe, vor allem die Frauen. Es gibt insgesamt 50 000 Teil­zeitkräfte mehr, die jetzt dann jährlich auch das Pendlerpauschale bekommen werden.

Was den Pendlerzuschlag betrifft, so bekommen Geringverdienerinnen und -verdiener, auch sehr oft Frauen, ab sofort maximal 400 € dazu, statt wie bisher 251 €.

Auch der Pendlerabsetzbetrag, der direkt wie Bargeld wirkt, bedeutet 2 € mehr pro gefahrenem Kilometer zwischen Arbeitsplatz und Wohnsitz pro Jahr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 100

Auch für die Leute, die in den Ballungszentren leben, ist es oft nicht leicht, auch wenn es öffentliche Verkehrsmittel gibt. Für all diese Leute gibt es in Zukunft das steuerfreie Jobticket. Wenn ihnen der Arbeitgeber die Jahreskarte für die Benutzung des öffent­lichen Verkehrsmittels zahlt, so ist das nicht zu versteuern, sondern auch als direkter Anreiz gegeben. Damit ist auch eine ökologische Komponente geschaffen worden, aber auch ein Vorteil geschaffen worden für alle Leute, die trotz Ballungsraum sehr lang und mühsam zur Arbeit müssen.

Abschließend möchte ich noch den Abänderungsantrag, der eingebracht wird, unter­stützen. Er bedeutet eine finanzielle Erleichterung für die Pensionistinnen und Pen­sionisten in unserem Land, nämlich die sogenannte Einschleifregelung für den Pensio­nistenabsetzbetrag. Damit wird auch für unsere ältere Generation in einem Teilbereich etwas wieder beseitigt, wo es sonst schwierige Regelungen gegeben hat. Und das ist gut so.

Es ist ein guter Tag, ein wichtiger Beschluss für die Menschen, die oft sehr mühsam und weit zur Arbeit fahren müssen, um ihrer Arbeit nachzukommen. Daher halte ich es auch für gerechtfertigt, dass wir diese Reform heute so beschließen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.20.05

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bringe nun diesen schon ein paar Mal angekündigten Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Jan Krainer, Mag. Gertrude Aubauer, Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen ein.

Es handelt sich dabei grundsätzlich um Klarstellungen im § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e und im § 33 Abs. 6, wo es um die Einschleifregelung für den Pensionistenabsetzbetrag geht, auf die meine Kollegin Aubauer dann noch eingehen wird.

*****

Ich möchte auf meine Vorredner eingehen, und zwar gleich auf Kollegin Moser als erste. Sie sagt uns immer wieder, sie hätte sich ökologische Ansätze gewünscht, und strapaziert immer wieder den Speckgürtel.

Frau Kollegin Moser! Wir haben das im Finanzausschuss wirklich schon besprochen. Erstens: Das Jobticket ist ein Meilenstein, gerade auch für Leute in Wien, die bis heute auf ihren Kosten sitzen geblieben sind. Zweitens: Im Speckgürtel bekommt niemand eine große Pendlerpauschale, weil jedem ein öffentliches Verkehrsmittel zumutbar ist. (Abg. Dr. Moser: Das stimmt ja nicht!) Verbreiten Sie hier keine Unwahrheiten!

Herr Kollege Westenthaler hat sich gerade verabschiedet. Ich möchte nur eine Unklarheit beseitigen, von der er gesprochen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Was habe ich denn gesagt?) Er hat gemeint, der Pendler-Euro sei gedeckelt, sei ein Absetzbetrag und man bekäme nur das zurück, was man gerade an Steuerpflicht hat. – Ich habe so einen Blödsinn, wie ihn mit dieser Aussage Herr Kollege Westenthaler heute geboten hat, in meiner ganzen zehnjährigen Laufbahn noch nicht gehört. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Pendler-Euro ist nicht gedeckelt. Wenn jemand 200 Kilometer oder 100 Kilometer fährt, dann bekommt er 200 € Pendler-Euro pro Jahr. Das heißt, das ist nicht nichts, darüber braucht man sich nicht zu beklagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 101

Sie sprechen immer davon, für die Teilzeitkräfte und die Minderverdiener hätten wir nichts gemacht. Also wenn es nichts ist, wenn jemand keine Lohnsteuer bezahlt, wenn sein Nettoeinkommen 11 000 € nicht übersteigt, und wenn er im Jahr 400 € an Negativ­steuern zurückbekommt – 150 € mehr als jetzt –, dann weiß ich nicht, Herr Westenthaler, wie Sie darauf kommen. Bitte erkundigen Sie sich einmal! Sie können gerne zu mir kommen, ich erkläre Ihnen, was der Unterschied zwischen einem Absetzbetrag und einem Freibetrag ist. Sie wissen es offensichtlich nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Heute ist ein guter Tag für die Pendlerinnen und Pendler. Wir Arbeitnehmer­vertreterin­nen und Arbeitnehmervertreter setzen uns dafür ein. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Koalitionspartner, dass wir diese gute Lösung zusammengebracht haben.

Ich freue mich, dass wir auch die Wochenpendler mit eingeschlossen haben. Meine FSG-Kollegen in der Wiener Arbeiterkammer sind sehr erbost darüber, dass sie die rot-grüne Stadtregierung im Regen stehen lässt, was das Ticket, das Parkpickerl für Wochenpendler betrifft. Selbst jene, die einen Zweitwohnsitz in Wien haben, nämlich Bauarbeiter – das ist gerade eure Klientel –, lasst ihr im Regen stehen, weil ihr dieses rot-grüne Parkpickerl-Chaos in Wien anrichtet. (Abg. Amon: Aber es sind vor allem die Grünen!) Lasst euch da etwas einfallen, denn so geht das nicht. Dafür müssen wir auch noch eine Lösung finden.

Ansonsten ein Danke an die Frau Bundesministerin, auch ein Danke an Frau Mag. Baumgartner, die wirklich eine hervorragende Fachfrau auf diesem Gebiet ist. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


13.23.42

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Danke, ich kenne mich mit der Geschäftsordnung aus.

Frau Kollegin Tamandl hat soeben behauptet, ich hätte gesagt, dass der Pendler-Euro gedeckelt wäre. (Abg. Tamandl: Ja! Das haben Sie gesagt!) – Das habe ich nicht gesagt. Sie können dann gerne das Protokoll lesen.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe gesagt, dass die Pendlerpauschale mit 60 Kilo­me­ter gedeckelt ist. Das bedeutet, dass jemand, der nach St. Pölten fährt, nach 63 Kilo­metern genau so viel bekommt wie jemand, der 108 Kilometer nach Ybbs fahren muss. Ich habe auch gesagt, dass jemand, der 61 Kilometer nach Wiener Neustadt fährt, genau so viel bekommt wie jemand, der 127 Kilometer nach Oberwart fährt. Das war meine Aussage. Schauen Sie im Protokoll nach!

Das entspricht auch dem, was im Gesetz steht. Das ist die Ungerechtigkeit: dass Menschen, die länger fahren müssen, die noch mehr auf sich nehmen müssen, nicht mehr bekommen, sondern gleich viel wie Menschen, die weniger fahren. Das ist eine Ungerechtigkeit. (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der ÖVP: Aber den Pendler-Euro bekommt er trotzdem! – Bundesministerin Dr. Fekter: Und mehr!)

13.24

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der von Frau Abgeordneter Tamandl eingebrachte Abänderungsantrag wurde in seinen Kernpunkten erläutert und ob seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung bereits an die Abgeordneten verteilt. Er ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 102

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Jan Krainer, Mag. Gertrude Aubauer, Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuergesetz 1988, geändert wird (2113 der Beilagen), in der Fassung des Ausschuss­berichtes (2177 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (2133 der Beilagen) des Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. Z 1 wird wie folgt geändert:

§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. e lautet:

„e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pend­lerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berück­sichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.“

2. In Z 4 wird die bisherige lit. b zu lit. c sowie die bisherige lit. c zu lit. d und es wird folgende lit. b eingefügt:

„b) § 33 Abs. 6 lautet:

„(6) Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:

1. Ein erhöhter Pensionistenabsetzbetrag steht zu, wenn

der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder ein­getragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 103

der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte im Sinne des Abs. 4 Z 1 von höchstens 2 200 Euro jährlich erzielt und

der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat.

2. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag beträgt 764 Euro, wenn die laufenden Pen­sionseinkünfte des Steuerpflichtigen 19 930 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu ver­steuern­den laufenden Pensionseinkünften von 19 930 Euro und 25 000 Euro auf Null.

3. Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nach der Z 1 nicht vor, beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 400 Euro. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 17 000 Euro und 25 000 Euro auf Null.““

3. Z 6 wird wie folgt geändert:

a) Die Novellierungsanordnung lautet:

„In § 124b werden folgende Z 242 bis 245 angefügt:“

b) Es wird folgende Z 245 angefügt:

„245.    § 33 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2013 ist anzu­wen­den, wenn

die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalender­jahr 2013,

die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, erstmalig für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2012 enden. Wurden für derartige Lohnzahlungszeiträume § 33 Abs. 6 in der Fassung des BGBl. I Nr. xxx/2013 noch nicht berücksichtigt, hat eine Aufrollung gemäß § 77 Abs. 3 so bald als möglich, jedoch spätestens bis 30. September 2013 zu erfolgen, sofern die technischen und organisatorischen Möglichkeiten dazu vorliegen.“

Begründung

Zu Z 1 (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. e):

Es wird klargestellt, dass wenn Familienheimfahrten als Werbungskosten berück­sichtigt werden, daneben kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familien­wohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte berücksichtigt werden kann.

Weiters wird klargestellt, dass pro Arbeitnehmer maximal ein volles Pendlerpauschale im Kalendermonat zusteht. Damit soll sichergestellt werden, dass bei Aliquotierung des Pendlerpauschales maximal drei Drittel des Freibetrages die Steuerbemessungs­grundlage mindern können. Besteht bereits Anspruch auf ein volles Pendlerpauschale und werden bei einem weiteren Dienstverhältnis, welches grundsätzlich Anspruch auf ein volles Pendlerpauschale vermitteln würde, zusätzliche Wegstrecken für die Fahrten von der Wohnung zur weiteren Arbeitsstätte zurückgelegt, ist diese zusätzliche Wegstrecke für das Ausmaß des Pendlerpauschales zu berücksichtigen.

Zu Z 2 und 3 (§ 33 Abs. 6 und § 124b Z 245):

Zur Vermeidung von Härtefällen soll der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag ab Pen­sionseinkünften von mehr als 19 930 Euro bis zu Pensionseinkünften von 25 000 Euro


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 104

eingeschliffen werden. Die Einschleifung soll rückwirkend mit 1. Jänner 2013 in Kraft treten. Im Rahmen der Lohnverrechnung soll bis spätestens 30. September 2013 eine Aufrollung erfolgen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. 4 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Frau Finanzminister versteht nicht einmal die Deckelung!)

 


13.25.07

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Tamandl, man könnte die Frage des rot-grünen Pickerls, wie Sie es genannt haben, leichter lösen, wenn das Land Nieder­österreich für entsprechende öffentliche Verbindungen nach Wien sorgen würde. Nur diesen einen Satz zu Ihrer Polemik, die Sie vorhin angebracht haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Genau so ist es!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein bisschen überrascht bin ich schon über den Verlauf dieser Diskussion. Frau Kollegin Moser, als Frau wirst du wissen, dass wir jahrelang gefordert haben, dass Teilzeitbeschäftigte – und das sind eben in der Mehr­heit Frauen – auch in den Genuss des Pendlerpauschales und dieser neuen Lösung kommen. Heute redest du dagegen. (Abg. Dr. Moser: Nein! Ich habe es sogar herausgestrichen!) Ich bin ehrlich gestanden etwas baff darüber.

Dann höre ich die Argumentation, dass die Umverteilung nicht ganz gerecht sei. – Ja, das ist im bestehenden System leider aus dem vorgetragenen Aspekt so, aber es wird auch da ein Schritt in die richtige Richtung getan. Ich würde aus eurer Sicht einmal versuchen, es zu akzeptieren, dass durch den Pendlerzuschlag auch die Wenigerver­diener ein bisschen mehr davon haben, als sie bisher hatten. Das scheint mir ein wesentlicher Aspekt zu sein.

Der dritte Punkt, von dem ich überhaupt nicht verstehe, dass er von der grünen Fraktion komplett ignoriert wird, ist die Frage des Jobtickets. Damit versucht man auf der einen Seite Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen einen Anreiz zu geben, damit sie die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Arbeitnehmer und Arbeitneh­merin­nen unterstützen. Auf der anderen Seiten soll es für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ein bisschen attraktiver gemacht werden, indem damit keine Sachbezugswerte und Folgekosten verursacht werden. Das ist also eigentlich eine ökologische Maßnahme.

Ich verstehe beim besten Willen nicht, was aus eurer Sicht gegen diese Reform spricht. Es tut mir leid, aber ich empfinde es als reine Polemik, die vielleicht durch Landtagswahlen, die jetzt vor der Tür stehen, da ist. Aber das ist nicht sachlich begrün­det. Im Grunde genommen werden Forderungen von euch unterstützt, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie ihr es euch wahrscheinlich wünscht. Aber das mit der ganzen Problematik öffentlicher Verkehr oder nicht vorhandener öffentlicher Verkehr zu verbinden, empfinde ich persönlich als eine Ausrede, um eine gute Lösung negativ darzustellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte ganz kurz noch auch auf den zweiten Punkt eingehen, weil ich auch glaube, dass das wieder ein weiterer Schritt in Richtung Gerechtigkeit ist. Frau Kollegin Tamandl hat vorhin einen Abänderungsantrag eingebracht. Die neue Einschleifrege­lung beim erhöhten Pensionistenabsetzbetrag führt zu mehr Nachhaltigkeit und mehr Gerechtigkeit. Wer bisher zum Beispiel 1 750 € brutto Pension hatte, hat 1 455 € netto erhalten. Wer mehr bekommen hat, hat in der Relation weniger herausbekommen – ein


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Problem, das Fixgrenzen mit sich bringen. Durch diesen Einschleifbetrag wird diese Relation nun auch gerechter. Der Einschleifbetrag endet bei 2 200 €. Damit soll auch diese Pensionistenabsetzbetragsregelung noch gerechter werden.

Ich würde mir sehr wünschen, wenn wir hier diese Neuerungen besprechen würden, wieder mehr auf der sachlichen Ebene diskutieren würden. Ich glaube, alle in diesem Haus fühlen sich den Menschen, die in Österreich leben, verpflichtet. Wir sollten ins Zentrum unserer Überlegungen jene Punkte stellen, die den einzelnen Menschen zugutekommen.

Ich denke, dass diese Neuregelung sowohl für die ältere Generation als auch und vor allem für Frauen und NiedriglohnbezieherInnen eine gute Regelung ist. Ich würde mir sehr wünschen, dass die anderen Fraktionen, die momentan noch versuchen, etwas Negatives zu finden, diese positiven Regelungen für die Menschen in den Vordergrund stellen würden und diesen Vorlagen zustimmen würden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Jannach. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.28.55

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Die FPÖ wird der Pendlerförderung in diesem Ausmaß zustimmen. Mehr wäre immer wünschenswert für uns gewesen. Wir haben auch eigene Vor­schläge dazu eingebracht. Wir hoffen, dass wir sie in zukünftigen Verhandlungen noch verstärken werden.

Auf einen Aspekt im Zusammenhang mit dieser Förderung, der die Landwirtschaft betrifft, möchte ich aber eingehen.

Frau Bundesministerin! Ich möchte daran erinnern, dass 2012 im Stabilitätsgesetz der Agrardiesel für Landwirte abgeschafft wurde. Es geht um 50 Millionen €, die den Landwirten pro Jahr entzogen wurden. Das ist unmittelbar einkommenswirksam. Wir fordern heute mit einem Antrag die Wiedereinführung des Agrardiesels.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich hierbei nicht um eine Förderung der Landwirtschaft handelt. Es geht dabei um einen Ausgleich von ungerechten Wettbe­werbsbedingungen. In vielen europäischen Ländern gibt es einen Agrardiesel, eine Mineral­ölsteuerrückvergütung. Die Abschaffung, die Sie gemeinsam mit der SPÖ und auch den Bauernbundabgeordneten beschlossen haben, führt in der Landwirtschaft zu einer krassen Wettbewerbsverzerrung innerhalb Europas.

Wir haben vom Bundesministerium für Finanzen, allerdings aus Deutschland, einen Vergleich, wie es in den einzelnen Ländern mit der Mineralölsteuerrückvergütung aussieht. Österreich ist im oberen Spitzenfeld vertreten. Viele Länder haben überhaupt keine Steuer auf den Agrardiesel, zum Beispiel Zypern, Portugal, Malta, Luxemburg. Das wären kleine Länder, da kann man sagen, das hat keine Auswirkung. In Frankreich gibt es eine minimale Mineralölsteuerrückvergütung, und das ist wirklich ein großes Agrarland.

Wir fordern im Sinne der Wettbewerbsgleichheit der österreichischen Landwirtschaft die Wiedereinführung des Agrardiesels.

Ich möchte noch auf etwas hinweisen, das immer wieder unter den Teppich gekehrt wird.

Frau Bundesminister! Sie haben in einer Anfragebeantwortung im Gegensatz zum Landwirtschaftsminister klar und deutlich offengelegt, welche Belastungen das Sta­bilitätsgesetz 2012 den Landwirten tatsächlich gebracht hat. Es geht da nicht nur um


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 106

die 50 Millionen € Agrardieselrückvergütung pro Jahr, die den Landwirten weggenom­men wird, sondern es geht auch um die massive Erhöhung der Sozialversiche­rungsbeiträge, die laut Ihrer Anfragebeantwortung 85 Millionen € bis 2017 ausmachen wird. Sie haben die Abgabe für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erhöht – 10 Mil­lionen € pro Jahr an zusätzlicher Belastung. Sie haben eine Umwidmungsabgabe eingeführt, die laut unterschiedlichen Schätzungen bis zu 200 Millionen € ausmachen wird und die natürlich die Landwirtschaft auch massiv belasten wird. Und jetzt kommt es: Sie haben auch mitgetragen, dass die Einheitswerte in der Landwirtschaft erhöht werden. Sogar die „Bauernbundzeitung“ schreibt, dass es zu einer durchschnittlichen Erhöhung von 10 Prozent aller Abgaben in der Land- und Forstwirtschaft kommen wird. Das sollte wirklich ein Alarmzeichen sein!

Wir wollen da einen Kontrapunkt setzen, und zwar: Wir fordern die Wiedereinführung des Agrardiesels, um für die Landwirte eine wettbewerbsfähige Konkurrenzsituation in Europa zu schaffen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Agrardiesels

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen werden ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die umgehend die ur­sprüng­liche, bis zum 1. Stabilitätsgesetz 2012 geltende Regelung des § 7a Mineralöl­steuergesetzes 1995 (Agrardiesel) wiederherstellt.“

*****

Wir ersuchen Sie, hier mitzugehen. Wir werden eine namentliche Abstimmung verlan­gen, so wie wir das beim Führerscheingesetz auch gemacht haben. Ich ersuche Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach und weiterer Abgeordneter betreffend Wiedereinführung des Agrardiesels

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2113 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (2177 d.B.) in der 191. Sitzung des Nationalrates am 27. Feber 2013

Im Jahr 2012 wurde mit dem 1. Stabilitätsgesetz die Rückvergütung der Mineralöl­steuer – der sogenannte Agrardiesel – abgeschafft. Diese Maßnahme kostet der öster­reichischen Landwirtschaft jährlich rund 50 Millionen Euro.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 107

Die ständig steigenden Treibstoffkosten belasten (neben den zahlreichen weiteren durch das Sparpaket 2012 der Bundesregierung beschlossenen Belastungen) die Land­wirtschaft besonders hart, da ab 2013 keine Mineralölsteuer-Rückvergütung mehr vorgesehen ist.

Eingeführt wurde der Agrardiesel mit der Steuerreform 2004/2005. Er war als steuer­liche Begünstigung für die heimischen Landwirte gedacht, um ihnen halbwegs faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber den Bauern der EU zu gewährleisten.

In anderen EU-Ländern wird der in der Landwirtschaft verwendete Diesel nach wie vor teils wesentlich niedriger besteuert als in Österreich. Das führt zu einer massiven Wett­bewerbsverzerrung innerhalb der europäischen Landwirtschaft.

Neben den Pendlern leiden damit insbesondere die Landwirte massiv an den steigen­den Treibstoffpreisen; für beide Berufsgruppen stellen diese eine große finanzielle Belastung dar. Wenn auch die Novelle zur Pendlerpauschale nicht optimal ist und die ständig wachsende Belastung für die Pendler nur teilweise lindern kann, wurde der sogenannte Agrardiesel als Unterstützung für die Landwirte bisher überhaupt nicht wieder eingeführt.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen werden ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die umgehend die ur­sprüngliche, bis zum 1. Stabilitätsgesetz 2012 geltende Regelung des § 7a Mineralöl­steuergesetzes 1995 (Agrardiesel) wiederherstellt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.33.00

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren! Ich nehme aus der bereits stattgefundenen Diskussion mit, dass sich die Grünen und das BZÖ gegen eine Verbesserung der Pendlerförderung aussprechen. – Das ist einmal das eine.

Ich möchte mich vorweg ganz herzlich bei der Kollegin Tamandl und beim Kollegen August Wöginger bedanken, die mit der Frau Finanzministerin die Diskussion geführt und sich entsprechend eingesetzt haben, damit die Regierung heute gemeinsam dieses Paket zur Beschlussfassung vorlegen kann.

Es ist dies die größte Reform der Pendlerpauschale, die seit jener von vor 25 Jahren, die von Alois Mock initiiert worden war, eingeführt wurde. Das wurde heute schon ge­sagt. Wir haben seither zwar immer wieder Erhöhungen vorgenommen, aber eine wirklich grundlegende Reform haben wir nicht durchgeführt.

Heute sehen wir, dass die Anforderungen an die Arbeitnehmer ganz andere geworden sind. Natürlich sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mobiler und flexibler geworden. Wir sehen das in Niederösterreich. Niederösterreich hat 350 000 Pendlerin­nen und Pendler. Sie wollen arbeiten, sie nehmen es in Kauf, dass sie in eine andere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 108

Gemeinde, in einen anderen Bezirk oder auch hunderte Kilometer fahren müssen. (Abg. Dr. Jarolim: Weil der Herr Pröll keine Arbeitsplätze schafft!)

Wissen Sie, es gibt auch Menschen, die zuhause bleiben, weil sie nicht arbeiten wollen, weil sie ohnedies eine Mindestsicherung bekommen. Das nur so nebenbei.

Die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher und die insgesamt 1,6 Millionen Pendlerinnen und Pendler – aus dem Burgenland, aus Kärnten, woher auch immer sie sind – fahren, um zu arbeiten, und diesen Personen wollen wir eine Unterstützung geben. Die Frau Bundesministerin hat das heute schon ganz exzellent gesagt.

Eines, das mir ein persönliches Anliegen ist, kommt noch dazu: Bisher war es so, dass Teilzeitkräfte keinen Anspruch hatten. Das waren und sind primär die Frauen. Wir werden heute noch eine Debatte zum Rechnungshofbericht über das Einkommen haben. Da ist ganz klar ausgewiesen, dass 86 Prozent der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind. Das heißt, dass gerade die Frauen davon profitieren werden, vor allem die berufstätigen Mütter, die sagen: Ich möchte dazuverdienen!

Bisher gab es Einschränkungen: Es war so, dass man mindestens elf Mal pro Monat zur Arbeit fahren musste, pendeln musste. Das haben viele nicht mit der Familie, mit den Kindern vereinbaren können. Nun sind aber auch Wochen- und TeilzeitpendlerIn­nen berechtigt, eine Pendlerpauschale in Anspruch zu nehmen. Das ist für mich eine wesentliche Verbesserung für die Frauen, für die Familien. Genau diese Regelung bringt auch mehr Gerechtigkeit, vor allem für die Teilzeitkräfte. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Lehrlinge mit ihren Mindesteinkommen da hineinfallen. Für sie gibt es eine wesentliche Verbesserung.

Ich habe es schon gesagt: Es profitieren nicht nur die Pendlerinnen und Pendler, sondern es profitieren ihre Familien. Darum geht es eigentlich. Mit dem heutigen Beschluss bringen wir eine wirkliche Verbesserung. Das heißt, der Pendler-Euro kommt und die Pendlerpauschale bleibt. Das haben wir zustande gebracht, und ich bedanke mich ganz herzlich bei dir, sehr geehrte Frau Bundesministerin! (Beifall bei der ÖVP.)

13.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.36.18

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die SeniorensprecherInnen der Parlamentsfraktionen waren vor zwei Tagen zu einer Diskussion mit den ÖGB-PensionistInnen eingeladen. Wir haben viele Anregungen, Wünsche und Sorgen mitnehmen können.

Ein Wunsch, eine Sorge dabei war auch die Ungerechtigkeit mit dem Pensionisten­absetzbetrag. Wir freuen uns, dass wir heute, zwei Tage später, zumindest eines dieser Probleme schon lösen können. Mit dem Abänderungsantrag zum Einkommen­steuergesetz wird eine Einschleifregelung zum Pensionistenabsetzbetrag eingeführt. Damit werden bisher mögliche Verluste für die Zukunft ausgeschieden. Das bedeutet auch, dass es mehr Gerechtigkeit, mehr Nachhaltigkeit im Steuersystem gibt.

Den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag gab es bisher bis zu einer monatlichen Brutto­pension von 1 750 €. Darüber ist dieser Absetzbetrag von 753 € auf 253 € abgefallen, was im Extremfall einen Verlust von bis zu 40 € im Monat bedeutet hat. Mit der Neuregelung wird dieser Absetzbetrag einer Einschleifregelung unterworfen, um eben diese Nachteile zu verhindern. Bruttojahreseinkommen von 19 930 € bis 25 000 € sind die Grenzwerte, innerhalb dieser Beträge wirkt diese Einschleifregelung. Für die besten Fälle kann das ein Plus von 500 € im Jahr für das Pensionseinkommen bedeuten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 109

Diese Regelung bedeutet aber auch ein Minus an Steueraufkommen für den Staat in der Größenordnung von 10 Millionen €. Das bedeutet auch, dass es in Zukunft sicher­gestellt ist, dass es bei Pensionserhöhungen auf keinen Fall zu niedrigeren Nettopen­sionen kommen kann.

Ich denke, dass es eine gerechte und faire Lösung ist, der wir auch gerne zustimmen, und ich darf Sie ersuchen, diesen Antrag auch zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schul­tes zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.39.05

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Präsident! Als Weinviertler Abgeordneter bin ich heute wirklich froh, dass ich zu diesem Beschluss sprechen darf.

Gerade das Weinviertel ist ein Pendlerbezirk. Wir haben mehrere Leistungszentren – wenn man so will –, die Bezirkshauptstädte, und einige Orte, wo es auch Industrie­betriebe gibt, aber doch eine sehr starke Orientierung nach Wien. Wir hören heute von den Grünen, dass die Autofahrer gestraft gehören (Abg. Mag. Kogler: Wer sagt denn das?), dass es eine doppelte Sauerei ist und eine Zersiedelungspauschale – furchtbar, furchtbar, furchtbar. (Abg. Mag. Kogler: Völlig falsch! Hirn einschalten und rechnen!)

Ich kann nur sagen: Bei den meisten Familien, die im Weinviertel leben, wo mehrere Kinder da sind, ein Elternpaar da ist und vielleicht Großeltern da sind, ist es so: Einer arbeitet in der einen Himmelsrichtung, der andere in der anderen Himmelsrichtung und der dritte wieder in einer anderen Himmelsrichtung. Die meisten brauchen ein Auto oder zumindest ein Fahrrad, um zum Bahnhof zu kommen. Das ist das Problem auf dem Land. Wir haben nicht nur einen Ort, an dem wir arbeiten. Wenn einer etwas leisten will, dann fährt er weiter. Ich glaube, das ist das, was man zu sagen hat: Pend­ler sind Menschen, die zeigen, dass sie etwas leisten wollen und deswegen auch die Mühe auf sich nehmen, um den für sie richtigen und passenden Arbeitsplatz zu haben. Deswegen verdienen Pendler einmal grundsätzlich Respekt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch wenn wir jetzt diese Anerkennung, diesen Respekt weiterentwickeln, so wissen wir trotzdem, dass wir noch immer ein Budget haben, wo man furchtbar unter Druck steht, und dass wir ein Budget haben, bei dem das Geld nicht nur so herausfließt. Trotzdem ist es August Wöginger gelungen, in guter Zusam­menarbeit mit unserer Finanzministerin und den Regierungskollegen zu erreichen, dass wir da eine echte Weiterentwicklung zustande gebracht haben, die die Pendler­pauschale stärkt, den Pendler-Euro einführt und die Negativsteuer deutlich erhöht. (Abg. Riepl: Der Wöginger war das doch nicht allein!) Das heißt, wir haben jetzt ein System, das denen, die weniger verdienen und für die die Kosten des Pendelns doppelt belastend sind, mehr hilft als den anderen. Das ist richtig. Gerade für uns auf dem Land – und ich sage das auch als bäuerlicher Abgeordneter – ist das eine sehr wichtige Maßnahme, denn alle unsere Kinder müssen pendeln und so mancher Nebenerwerbslandwirt auch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Deswegen müssen wir den ländlichen Raum entwickeln!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich muss jetzt noch unbedingt etwas zum Kollegen Jannach sagen. Kollege Jannach hat den Agrardiesel ins Gespräch gebracht.

Herr Kollege Jannach! Also, dass wir aus der Landwirtschaft alle gerne einen günsti­geren Diesel hätten, das wird wohl so sein. Das wird bei den Taxlern und bei allen anderen, die Diesel beruflich einsetzen, auch so sein. (Abg. Mag. Gaßner: Bei den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 110

Pendlern ist das auch so!) Trotzdem können wir heute aus einem einfachen Grund hier nichts beschließen. Wir haben für das laufende Jahr mit der Rückzahlung Herbst 2013 im letzten Sparbudget einen Beschluss gefasst, nämlich einen Beitrag der Land­wirtschaft zum allgemeinen Sparbudget. Der wird erst wirksam.

Und ich sage dem Herrn Kollegen Jannach noch etwas: Er wird erst wirksam nach der nächsten Wahl. Es wird Regierungsverhandlungen geben, und die werden sehr viel mehr Punkte betreffen als nur die Agrardiesel-Vergünstigung. Da geht es um die Existenz der Bauern in den nächsten sieben Jahren, weil auch die ganze EU-Finan­zierung auf dem Spiel steht. Bitte bleiben Sie, Herr Kollege Jannach, deswegen ein bisschen bei der Sache! (Abg. Jannach: Also wir stimmen dagegen!)

Ich verstehe, dass Sie jetzt Kärntner Wahlpolitik machen und gerne einen Luftballon steigen lassen, von dem Sie wissen, dass er nicht ernst gemeint ist. Das kommt vielleicht in Kärnten gut an, hat aber sachlich und politisch in dieser Koalitionsregierung keinen Rückhalt, weil wir zu dem stehen, was ausgemacht war. Wir wissen ganz genau, was uns bei dem Sparpaket an Sorgen und Problemen erspart geblieben ist, weil wir für ein Jahr den Agrardiesel ausgesetzt haben. Wir werden aber sicher über irgendeine Form dieser Produktionskostenvergütung reden müssen, aber erst zu gegebener Zeit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.43.17

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Dieses Einkommensteuergesetz, das wir jetzt ändern, bedeutet, dass es zu einer finanziellen Entlastung der Pendler kommen wird. Es ist schade, dass die Grünen und das BZÖ dabei nicht mitmachen, sondern sich gegen die Pendler in unserem Land aussprechen.

Es sind ja schon von den Vorrednern die Inhalte dieser Gesetzesnovelle angesprochen worden: Die Pendlerpauschale soll jetzt auch für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aliquot ausbezahlt werden. Es gibt den Pendlerausgleichsbetrag für die Arbeitnehmer, die aufgrund eines geringen Einkommens nur wenig oder gar keine Einkommensteuer zahlen. Der Pendlereuro, der direkt wirksam wird, wird auch für Teil­zeitbeschäftigte ausbezahlt werden. Das Jobticket ist vor allem in den urbanen Räu­men wirksam, wo der öffentliche Verkehr ausgebaut ist.

Es ist ein sinnvolles Paket. Es betrifft 1,6 Millionen Pendler in Österreich. Es macht ein Volumen von 160 Millionen € aus. Das lassen wir uns da nicht kleinreden. Wenn da von der Opposition gesagt wird, das ist alles nichts, dann sagen wir, das ist schon etwas.

Zum Kollegen Rossmann in dem Zusammenhang: Er spricht von sozialer Unge­rechtigkeit. Herr Kollege! Das Gegenteil ist der Fall. Wir sind hier in Österreich an der Spitze, was die Verteilungsgerechtigkeit anbelangt, was die soziale Gerechtigkeit betrifft. Ich empfehle, die Keuschnigg-Studie zu lesen. Da ist eindeutig festgehalten, dass Österreich an der Spitze in Europa ist, was die soziale Gerechtigkeit betrifft. (Abg. Mag. Rossmann: Die hat so viele Fehler! Die ist so schlecht gemacht!) Mit dieser Reform gehen wir einen weiteren Schritt in diese Richtung, und die Pendler profitieren davon.

Kollege Rossmann hat auch noch von einer Zersiedelungspauschale gesprochen. – Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist nun einmal im ländlichen Raum so, dass der Arbeitsplatz nicht vor der Haustüre jedes Arbeitnehmers ist. Ich komme aus dem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 111

Lungau. Da sind 75 Prozent der Bevölkerung darauf angewiesen, zu pendeln. Nur 25 Prozent haben den Arbeitsplatz im eigenen Ort. 25 Prozent müssen in einen anderen Bezirk pendeln. Das bedeutet Zeit und Aufwand, und da ist es notwendig, dass wir diese Leute auch entsprechend unterstützen. (Abg. Mag. Kogler: Warum bekommen die Armen dann fast nichts?)

Es steht durchaus auch die Frage im Raum, ob es in Zukunft noch einen pulsierenden, lebendigen ländlichen Raum geben wird. Da ist die Frage mit dabei, ob ganzen Tälern eine Entsiedelung droht. Ich glaube, man muss das auch in diesem Zusammenhang sehen, und darum ist es wichtig, dass wir die Unterstützung entsprechend gewähr­leisten.

Ich darf mich bei Frau Bundesminister Fekter herzlich für diese Initiative bedanken, auch beim Kollegen Wöginger, der sich massiv eingesetzt hat, damit wir diese gute Regelung jetzt beschließen können. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Klikovits. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.46.48

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Dolinschek: Jetzt sind alle neugierig!) – Du kannst ruhig neugierig sein. Ich werde das loben, was gut ist.

Ich gebe all jenen Recht, die heute von einem guten Tag für die rund 1,6 Millionen Pendlerinnen und Pendler sprechen. Bei aller Kritik und bei aller Schwäche, die jedes Gesetz haben kann, möglicherweise auch dieses, glaube ich, sollten wir alle hier im Hohen Haus den guten Willen in den Vordergrund stellen, nämlich dass wir den schwer betroffenen Pendlerinnen und Pendlern, die tagtäglich viele Kilometer fahren und zusätzliche Belastungen auf sich nehmen, um ihrer Arbeit nachgehen zu können, auch die Unterstützung geben, die sie sich verdient haben, und ein bisschen von dem zurückgeben, was sie an Steuerleistung für diese Republik miteinbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir heute zirka 330 000 Personen haben, die die kleine Pendlerpauschale für ihre Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln beziehen, wenn wir 800 000 Men­schen haben, die die große Pendlerpauschaule bekommen, und wissen, dass rund 160 000 Pendlerinnen und Pendler jetzt mit der Negativsteuer mehr ins Börsl zurückbekommen, dann ist das auch gerecht, weil wir heute wissen, dass wir eine Steigerungsrate von 2,8 Prozent haben und dass wir 7,9 Prozent zusätzlich an Geldern durch die Teuerungsrate bei den Benzinpreisen aufbringen müssen.

Gerade als Burgenländer weiß ich, wie stark uns das Pendeln trifft. Immerhin sind es fast 40 Prozent der Burgenländerinnen und Burgenländer, die aus dem Land aus­pendeln müssen, um zu ihrer Arbeitsstelle zu kommen. Daher ist es entscheidend, dass wir diese Maßnahme heute treffen.

Ich verstehe die Grünen einfach nicht, wenn sie hier mit Sozialromantik versuchen, das anders darzustellen. Es wäre gut, wenn auch Sie bei allen Schwächen, wie gesagt, die jedes Gesetz haben kann, den Pendlerinnen und Pendlern ein Signal und eine Wertschätzung entgegenbringen würden, indem Sie diesem Gesetz zustimmen. Es kann immer ein bisschen mehr geben, aber wir sind auf dem richtigen Weg. (Abg. Mag. Kogler: Das kann es vor allem besser geben!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 112

Danke, Frau Bundesministerin, dass du diesen Weg hier gemeinsam mit uns gehst! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Das Falsche verhindern! Das Bessere machen!)

13.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tages­ordnungspunkt kommt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. 2 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


13.50.08

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner hat gesagt, heute ist ein guter Tag für die Pendler. Es ist aber auch ein guter Tag für viele Pensionisten, und zwar für all jene, die ohnehin schon jeden Euro dreimal umdrehen müssen.

Worum geht es? – Es geht um Verbesserungen beim Alleinverdienerabsetzbetrag. Rückwirkend mit 1. Jänner bekommen Zehntausende Alleinverdiener-Senioren mehr Geld ins Börserl. Wir reden da von Summen von um die 30 € mehr im Monat, die für Senioren sehr, sehr wichtig sind. Warum? – Seniorinnen haben ja keine Chance mehr, sich eine Pension zu erarbeiten. Schon im letzten Jahr ist uns gemeinsam mit Ihnen, Frau Finanzministerin, die Wiedereinführung des AVAB gelungen. Bis zu einer Bruttopension von 1 750 € kam dieser Absetzbetrag zu den Pensionisten zurück.

Jetzt gehen wir den nächsten Schritt. Wir erweitern den Bezieherkreis um Zehn­tausende Seniorenfamilien, und zwar um all jene, deren Bruttopension unter 2 200 € pro Monat liegt. Bis dahin wird es also die Einschleifregelung geben.

Warum ist uns das so wichtig? – Bis jetzt ist es so, dass alle, die nur 1 € mehr Pension haben als die jetzige Grenze, den vollen Absetzbetrag verlieren. Das hat viele schlimm getroffen, und deshalb gibt es die Neuregelung. Solche Härten soll es jetzt nicht mehr geben. Das darf nicht mehr passieren. Die Neuregelung wurde den Seniorenvertretern in den Pensionsverhandlungen zugesagt. Herzlichen Dank, Frau Minister, dass Sie dieses Versprechen, diese Zusage einhalten. Herzlichen Dank, Frau Minister, dass Sie diesen Familien jetzt helfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Hier geht es um Familien, die oft mehrere Kinder großgezogen haben. Sie haben viel zum Gelingen des Generationenvertrages beigetragen. Allein das sollte diese Maß­nahme schon außer Diskussion stellen. Alles in allem ist es eine weitere Hilfe für Seniorenfamilien, ein wichtiges Signal. Die Familie ist für uns ein wichtiger Wert im Erwerbsleben und genauso in der Pension. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ing. Wes­ten­thaler. 6 Minuten Redezeit. – Bitte. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter. – Abg. Ing. Westenthaler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Die Frau Finanzministerin stöhnt schon, wenn ich ans Rednerpult komme, und sagt, das ist schon die dritte Wortmeldung!)

 


13.52.52

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Ich halte fest, liebe Genossinnen und Genossen, Otto Pendl, Josef Cap, Kollege Wittmann, das kann der Bruno Kreisky in den siebziger Jahren nicht gemeint haben. Ich glaube auch, wenn ich da so die skep­tischen Gesichter der Gewerkschafter anschaue, das kann nicht euer Begriff von sozialer Gerechtigkeit sein, was wir da heute beschließen, nämlich dieses System der Ungerechtigkeit bei der Pendlerpauschale. (Abg. Neubauer: Pendl-Pauschale!)


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Ich glaube einfach nicht, dass das Bruno Kreisky in den siebziger Jahren gemeint hat, als er die Pendlervergütung für Bauarbeiter, die in die Ballungszentren fahren müssen, erfunden hat. Da hat er damals sicherlich nicht gewusst, dass seine Genossen 40 Jahre später im Parlament eine Regelung mit dem Grundsatz beschließen werden (Abg. Mag. Kogler: Der Arbeiter muss den Gürtel enger schnallen?!): Die, die mehr verdienen, sollen künftig eine höhere Pendlerförderung bekommen. – Das hat er damit sicherlich nicht gemeint, der Bruno Kreisky.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr da so unkritisch seid. Da war sogar der Kollege Klikovits, ein ÖAABler, kritisch. Er hat zwar nicht gesagt, was er wirklich gemeint hat, aber er hat gesagt: Jedes Gesetz kann Schwächen haben. – Da hat er sich schon herumgedrückt um die Kritik, die natürlich zu spüren war. Die Sozialdemokratie, Silhavy, Rudas, feiern das ab, als wäre das jetzt der neue Weg der sozialen Gerech­tigkeit. Wir nehmen hier zur Kenntnis, für euch ist das der Weg der sozialen Gerech­tigkeit: Die Unteren, die weniger haben, bekommen weniger an Pendlervergütung, und die, die mehr haben, bekommen mehr. – Das ist das Prinzip der Sozialdemokratie, der sozialen Gerechtigkeit.

Ich halte noch einmal fest, dass es eine Deckelung der Pendlerpauschale gibt bei 60 Kilometer. (Abg. Wöginger: Das ändern wir gerade!) Das heißt, alle, die länger pendeln, die weiter fahren müssen, werden ein weiteres Mal bestraft. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Alle, die mehr als 60 Kilometer pendeln, bekommen nicht mehr.

Ich halte weiter fest, dass der sogenannte Pendlereuro, der jetzt als das Allheilmittel verkauft wird, keine Direktförderung, sondern ein Absetzbetrag ist, der nicht einkom­mensunabhängig ist, sondern selbstverständlich einkommensabhängig, weil der Pendlereuro für all jene, die unter diese Einkommensteuergrenze von 12 500 € Ein­kommen fallen, nicht beantragt werden kann. Das heißt, er ist nicht für alle da. Er ist einkommensabhängig.

Ich halte fest, dass heute ein Tagespendler, der 75 Kilometer einfache Wegstrecke fährt und 1 000 € im Monat verdient, mit 400 € entlastet wird, und ein Tagespendler, der 5 000 € im Monat verdient, mit ganzen 1 586 € entlastet wird. – Das ist die soziale Gerechtigkeit? Das ist ein Riesenunterschied in der Entlastung? Das lasst ihr zu, dass einer, der 5 000 € verdient, über 1 500 € an Pendlerbeihilfe kassiert und einer, der 1 000 € verdient, nur 400 € bekommt? – Das ist doch eine himmelschreiende Unge­rechtigkeit. Das ist in Wirklichkeit doch nicht zum Aushalten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Aber rechnen wir es weiter. Der mit 1 000 € hat zwar 400 € an Entlastung, darf aber keinen Pendlereuro beantragen, weil (Zwischenruf des Abg. Klikovits) er keinen Absetzbetrag bekommt. Der mit 5 000 €, der ohnehin schon 1 500 € Pendler­entschädigung bekommt, bekommt auch noch den Pendlereuro dazu, der bekommt bei 75 Kilometern, zweifacher Weg, auch noch 150 € dazu – wunderbar –, also noch einmal mehr. Der wird noch einmal belohnt, und der mit 1 000 € wird noch einmal bestraft.

Wenn man sich das jetzt anschaut und herunterrechnet: Der mit 1 000 € Verdienst und 400 € Entlastung ohne Pendlereuro, der hat – ich habe es vorher schon gesagt, ich sage es jetzt sehr korrekt – 3 307,50 € im Jahr reine Spritkostenbelastung. Ich mache es jetzt nicht so wie die Arbeiterkammer, die rechnet immer noch den Wert­verlust des Autos hinein, das mache ich nicht. Wenn die reine Spritbelastung bei 3 307 € liegt minus 400 € an Vergütung, die er als Pendlerbeihilfe bekommt, keinen Pendlereuro, dann bleibt eine Gesamtbelastung, nur weil er zur Arbeit fahren muss,


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von 2 907 €. Das sind 24,4 Prozent. Also rund ein Viertel seines jährlichen Ein­kommens muss der, der 1 000 € verdient, für das Pendeln ausgeben.

Jetzt kommt’s: Wissen Sie, wie viel das vorher war, bevor Sie heute Ihre tolle Reform beschlossen haben? – Es waren 25,6 Prozent. Das heißt der, der 1 000 € verdient und 75 Kilometer pendelt, hat jetzt eine pure Entlastung von 1,2 Prozentpunkten. Der wird sich bei Ihnen schön bedanken. Wunderbar! Der Großkopferte mit 5 000 € wird wesentlich besser entlastet, und das ist die Ungerechtigkeit, die wir hier sehen, und daher lehnen wir das auch entschieden ab. (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt noch eine Rechnung, damit Sie sehen, wie ungerecht dieses System ist – ich beziehe mich auf die Tätigkeit der Regierung in dieser Legislaturperiode –: Ihr habt in dieser Legislaturperiode zweimal die Mineralölsteuer erhöht, einmal im Jahr 2007 und einmal im Jahr 2011. (Abg. Krainer: Die Legislaturperiode hat 2008 begonnen!) Jetzt bin ich wieder bei unserem Beispiel, dem Pendler, der 1 000 € verdient und 75 Kilo­meter fährt. Er hat allein durch die Mineralölsteuererhöhung eine Mehrbelastung von 283,44 € im Jahr. Wissen Sie, wie viel Sie ihm jetzt mehr zurückgeben? – 149 €. Überspitzt formuliert könnte man sagen: Von den 149 €, die er heute mehr bekommt, unser Pendler mit 1 000 € Einkommen und 75 Kilometern einfacher Wegstrecke, muss er 283,44 € für die Mineralölsteuererhöhungen Ihrer Regierung bezahlen. Das geht sich nicht aus. Das ist ein Verlust von 134 €.

Das ist Ihre segensreiche Rechnung der heutigen Almosenverteilung, die Sie da durchführen. Genieren Sie sich, wenn Sie die Mineralölsteuer hinaufschrauben und den Pendlern mit 1 000 € Einkommen hier nur 149 € zurückgeben, aber denen, die mehr verdienen, viel mehr geben!

Das ist eine ungerechte Pendlervergütung, die den Namen gar nicht verdient, denn in Wirklichkeit ist sie nachweislich eine massive Belastung für die, die weniger verdienen, und die, die mehr fahren müssen. Ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie das heute beschließen. Wir haben den Grundsatz, dass pro gefahrenem Kilometer ein echtes Kilometergeld bezahlt werden soll, immer, immer wieder propagiert. (Abg. Strache: Die sind lieber für weniger! Ihr wollt lieber weniger Kilometergeld!)

Ich verstehe auch überhaupt nicht – das muss ich ehrlich sagen, Genossinnen und Genossen von der FPÖ –, warum Ihr da heute umfallt und der Regierung für diese soziale Ungerechtigkeit die Mauer macht. Das ist auch nicht toll, muss ich sagen, noch dazu vor dem großen Wahltag am Sonntag. Toll ist sie nicht, eure Vorstellung heute. (Beifall beim BZÖ.)

13.59

14.00.02

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2177 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tamandl, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die von diesem Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Tamandl, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 1, 4 und 6 eingebracht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 115

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Reform der Pendler­pau­schale und Umsetzung einer kilometerabhängigen Abrechnung mit Negativsteuer­wir­kung zur Entlastung der Pendlerinnen und Pendler.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Agrar­diesels.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­ne­ten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“, das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise „Nein“, das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Binder-Maier, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Franz wird sie dabei ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Binder-Maier und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nun unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 116

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.08 Uhr unterbrochen und um 14.12 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 158; davon „Ja“-Stimmen 49, „Nein“-Stimmen 109.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens ins Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein;

Deimek, Dolinschek;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Hofer, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller, Kunasek;

Lausch, Linder, List;

Markowitz, Mayerhofer;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 117

Donabauer, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Kirchgatterer, Klikovits, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl;

Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Obernosterer, Öllinger;

Pack, Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Riepl, Rossmann, Rudas;

Sacher, Schatz, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

*****

14.13.122. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2142 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (2180 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 4 Minuten freiwillige Redezeit. – Bitte.

 


14.13.45

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Identität eines Landes kann man an mehreren Punkten festmachen. Man kann sie festmachen am Sozialsystem, am Gesundheits­system, am Rechtssystem – das sind alles gewachsene Strukturen. Und eine ganz große Säule diesbezüglich ist das Bildungssystem. In diesem Bildungssystem, das in Österreich ja ein dreistufiges ist, haben wir eine Tradition, und zwar jene, dass wir seit Jahrzehnten den freien Hochschulzugang haben.


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Dieser freie Hochschulzugang, der freie Zugang zu den Universitäten ist für unsere Jugend, aber auch für uns, die wir studiert haben, ein hohes Gut. Und auch wenn wir nicht ihrer Partei angehören, muss man sagen, es würde sich die seinerzeitige Ministerin Firnberg im Grab umdrehen, wenn sie erfahren müsste, dass heute mit diesem Gesetz der freie Hochschulzugang de facto abgeschafft werden wird. Er wird natürlich jetzt per forma nur in fünf Übergruppen mit 28 Studien abgeschafft, aber de facto wird hier – nachdem es bisher nur eine Ausnahme beim Sport, bei der Kunst und in den letzten Jahren auch bei der Medizin gegeben hat – ein Paradigmenwechsel vorgenommen, der den freien Hochschulzugang ganz abschaffen wird.

Das heißt, das Prinzip der Zugangsbeschränkung wird die Norm. Wir von den Frei­heitlichen forcieren da ein ganz anderes System: Wir forcieren das studien­platz­orientierte Modell, bei dem wir jedes Jahr auch nachschärfen könnten – wie das auch in Bayern passiert, zum Beispiel an Medizinuniversitäten, wo jedes Jahr neu evaluiert und nachgeschärft wird, ob die Plätze, so, wie sie in dem Moment vorhanden sind, reichen oder nicht reichen.

Sie, Herr Minister, und auch die Koalition wollen das kapazitätsorientierte Modell einfrieren. Und das, sage ich Ihnen, ist ein Verrat an unserer Jugend. Die Jugendlichen sind auch nicht darauf vorbereitet. Wir haben das ja beim Medizinertest gesehen, auf den ich nachher noch zu sprechen kommen werde.

Das Gesetz als solches ist unserer Meinung nach auch ein fauler Kompromiss. Es wurde in einer unglaublichen Geschwindigkeit durchgepeitscht; eine ungewöhnliche, unglaubliche Geschwindigkeit – erster Punkt.

Der zweite Punkt: Es wird rückwirkend in Kraft gesetzt. Wir meinen, das ist verfas­sungs­widrig und wird auch so aufgehoben werden. Und die größte Chuzpe bei der ganzen Geschichte ist, dass dieses Gesetz auch nur eine Gültigkeit von zwölf Monaten hat. Wir haben ein Wahljahr, meine Damen und Herren, und da macht man ein so wichtiges Gesetz für nur zwölf Monate gültig. Wir können davon ausgehen, dass in zwölf Monaten möglicherweise das Ganze wieder rückgeführt wird. Das ist eine Planungsunsicherheit, die eine Katastrophe ist, und zwar für alle Beteiligten in dem System, sowohl für die Studenten als auch für die Lehrenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Zugangsregelungen sollen kommen. – Ich behaupte, unser Land ist für Zugangsre­gelun­gen nicht reif. Die handelnden Personen haben für Zugangsregelungen nicht die gestalterischen Fähigkeiten, um uns hier einer guten Lösung entgegensehen zu lassen. Natürlich werden jetzt manche argumentieren, dass es auf der ganzen Welt Zugangsregelungen gibt. Das stimmt auch. Diese Zugangsregelungen sind Teil eines gewissen Systems, einer universitären Kultur.

Bei uns hat man vor einigen Jahren aufgrund des Drucks aus der EU den EMS Test eingeführt. Dieser EMS Test ist ein nützliches Werkzeug, um diesen Ansturm, der über Nacht gekommen ist, zu bewältigen. Es war geplant, diesen Test nur eine gewisse Zeit durchzuführen und dann das Studium anders zu organisieren, damit er nicht mehr notwendig wäre. Immerhin haben ja auch wir alle an einer Massenuniversität studiert. Alle hier, die heute einen akademischen Titel besitzen, haben, wenn sie in Österreich studiert haben, eine Massenuniversität besucht. Und wir sind alle irgendwie gut durchgekommen und alle stehen heutzutage ihren Mann oder ihre Frau in diesem Bereich. Und warum soll das heute nicht mehr gehen? Es ist genug Geld im System, es wird nur falsch eingesetzt.

Wir haben jetzt diesen EMS Test. Was passieren kann und wie eine Zugangsregelung missbräuchlich, einfach schlampig oder auf unfähige Weise umgesetzt wird, möchte ich Ihnen nur an diesem Beispiel zeigen. Man hat schon in den letzten Jahren festgestellt, dass durch diesen EMS Test, den Zugangstest für Medizin, die Frauen in


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irgendeiner Form benachteiligt waren, weil bei gleichen Voraussetzungen einfach mehr Männer diesen Test geschafft haben. Da ist man hergegangen und hat gesagt: Wir müssen hier etwas in einer Gender-Art machen!, und man hat begonnen, eine Um­stellung vorzunehmen. Man hat gesagt, am Ende des Tages muss 50 : 50 heraus­kommen.

Eine genaue Beschreibung, in welcher Art und Weise die Auswertung vorgenommen worden ist, hat es nicht gegeben. Das hat man den Kandidaten erst nach Absolvierung des Tests gesagt. Faktum ist, dass hier mit ungleichem Maß gemessen worden ist: Mädchen, die schlechter abgeschnitten haben, haben den Test bestanden, Burschen, die besser waren, haben ihn nicht bestanden.

Das hat zu einer ganzen Kaskade von Auswirkungen geführt: Es hat natürlich zu Klagen geführt. Dann hat auch der Minister reagiert, eine Veränderung angekündigt und den benachteiligten Burschen zugesichert, dass sie zumindest noch in das System hineinkommen. Und vor Weihnachten hat es im Senat eine Abstimmung gegeben. Von den 26 Mitgliedern, die anwesend waren, haben 13 dafür gestimmt, zwölf dagegen, es gab eine Enthaltung. Das ist dann von der Universität, vom Rektorat, als Pattsituation ausgelegt worden: Weil 13 dafür und zwölf dagegen waren, hat man gesagt: Nein, wir lehnen das ab. Die Entscheidung ist negativ ausgegangen.

Damit hat die Universität gegen – ich sage das jetzt in aller Kürze – mehrere Bestim­mungen verstoßen. Wir haben ja auch eine Satzung, und in der Satzung der Uni­versität Wien steht zum Beispiel drinnen:

„Die Medizinische Universität Wien orientiert sich an den Zielen einer humanen Gesellschaft und bekennt sich zum Prinzip der Gerechtigkeit und der Gleichheit aller Menschen, ungeachtet ihres Geschlechts “ – ist verletzt worden. „Die Medizinische Universität beachtet zur Erfüllung ihrer Aufgaben das Prinzip der Chancengleichheit für alle Studierenden “ – ist verletzt worden. „Die Medizinische Universität Wien bekennt sich zur Beachtung der Grundsätze des Gender-Mainstreaming und der Gleich­stellung “ – ist verletzt worden. Es war natürlich keine Gleichstellung, sondern schlicht und einfach eine Bevorzugung.

Darüber hinaus hat die Medizinische Universität auch noch gegen Artikel 3 des Staatsgrundgesetzes sowie § 2 – ihre eigenen leitenden Grundsätze – und § 3 – Aufgaben – des Universitätsgesetzes 2002 verstoßen.

Ich fasse es noch einmal zusammen: Aus einer ideologischen Verirrung heraus hat man ganz bewusst eine Rechtsbeugung vorgenommen.

Herr Minister! Sie sagen, Sie können nichts tun. – Ich behaupte, Sie können schon etwas tun, denn es gibt die Zielvereinbarungen, die zu verhandelnd sind. Zwar nicht jedes Jahr, aber letztes Jahr, im Dezember, sind Zielvereinbarungen ausgehandelt worden. Da hätten Sie ein Druckmittel in der Hand gehabt.

Ich resümiere noch einmal: Die Zugangsregelungen sind nur ein kleines Segment des neuen Universitätsgesetzes, das verletzt wurde. Das Staatsgrundgesetz ist verletzt worden, die Präambel der Satzung ist verletzt worden, das Leistungsprinzip ist verletzt worden, die Bestimmungen zur Frauenförderung sind verletzt worden und – zum Schluss – das akademische Prinzip ist gröblich verletzt worden.

Was ich damit sagen möchte: Wir werden mit diesem Gesetz schlechte Gewohnheiten einzementieren. Das, was wir wollen – der freie Zugang – wird abgeschafft werden. Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir fordern vielmehr eine Rücküberweisung an den Ausschuss, um es dort mit allen Stakeholdern in aller Ruhe noch einmal ordentlich diskutieren zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

14.21



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 120

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.22.05

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es liegt uns heute eine wichtige Novelle des Universitätsgesetzes vor. Sie ist lange geplant und vorbereitet worden. (Abg. Kickl: Ein Pfusch von vorne bis hinten!) Sie ist ein Schwerpunkt dieser Legislaturperiode und sie stellt die Weichen für ein neues Modell der Universitätenfinanzierung. Ich würde sagen, der Beitrag davor hat wenig auf das Gesetz Bezug genommen, daher werde ich das nun an dieser Stelle tun.

Herr Bundesminister Töchterle, für diese Arbeit möchte ich dir und deinem Ressort ganz, ganz herzlich danken, denn diese große Umstellung hat viel Arbeit erfordert, viel Arbeit an Datenaufbereitung, an Systemumstellung in der gesamten Planung des Ressorts, und dafür ein herzliches Dankeschön auch von unserer Seite. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Applaus gilt dem Bundesminister, gilt dem Ressort. (Abg. Grosz: Äußerst spärlicher Applaus! Von euch ist ja kaum wer da!) Auch Sie können applaudieren, denn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ressorts haben sich das verdient. (Abg. Grosz: Sollen wir euch helfen, weil ihr nur so wenige seid?)

Lassen Sie mich wieder auf das Gesetz zurückkommen. – Wichtig ist, dass wir den Studienplatz bei der Budgetzuteilung stärker in den Mittelpunkt rücken. Universitäten, die mehr Nachfrage in bestimmten Studienrichtungen und Studienfeldern haben, erhalten auch mehr Budget. Selbstverständlich gibt es auch Grenzen. Auch hier, in diesen Saal, passt nur eine gewisse Anzahl an Abgeordneten, in jeden Hörsaal passt nur eine gewisse Anzahl an Studierenden und auch in jedem Opernhaus ist nur eine gewisse Anzahl an Besuchern möglich. Diese Logik gilt es auch im universitären Kontext umzusetzen, so wie das im Fachhochschulbereich bereits erfolgreich gemacht worden ist.

Was heißt das ganz konkret? – Die Betreuungsrelation pro Studierenden muss eine Größe werden, die die Budgetmittelzuteilung stärker bestimmt. Was muss noch wichtig sein? – Wir müssen überlegen, wie viele Labors wir haben und wie viele Studierende in den Labors wirklich gleichzeitig arbeiten können. Wie schaut die Betreuung aus, wenn man eine Diplomarbeit schreibt, eine Magisterarbeit fertiggestellt hat in der alten Studienordnung, wenn es jetzt neue Studienrichtungen gibt? All das braucht Betreuung durch wissenschaftliches Personal. Diese Relation soll jetzt nach internationalen Standards gemeinsam festgelegt werden. Das ist Norm in ganz Europa.

Was wir hier heute tun, ist nichts anderes, als die Normalität auch für unsere im Wettbewerb stehenden Universitäten in Österreich mit einem ersten Modell, einem ersten Schritt in die richtige Richtung zu ermöglichen und das zu beschließen. Es ist uns besonders wichtig, dass die Studierenden, die sich schon längst in allen Umfragen für klare, transparente, nachvollziehbare Aufnahmeverfahren aussprechen, faire Bedingungen vorfinden. Es darf nicht so sein, dass derjenige, der um Mitternacht am Computer gesessen ist und sich schnell noch wo angemeldet hat, einen Seminarplatz bekommt. Wir wollen für die Studierenden stattdessen faire Studienbedingungen, klare Zuteilungen an die Universitäten und dort, wo ganz einfach die Kapazitäten nicht ausreichen, Aufnahmeverfahren.

Die Aufnahmeverfahren müssen besser werden – keine Frage, dass das an der Medi­zinischen Universität noch nicht ausreichend gut gelöst ist. Ich war mehrere Jahre an einer Kunstuniversität tätig, nämlich an der Kunstuniversität Graz. Dort ist ein ganz ausgezeichnetes, international anerkanntes Aufnahmeverfahren pro Semester durch-


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zu­führen. Es gibt da keine Reklamationen mehr, und ich bin mir sicher, dass auch die Medizinische Universität Wien in der Lage sein wird, künftig noch bessere Aufnahme­verfahren zu gestalten.

Abschließend: Was ist uns wichtig? – Herr Bundesminister! Dir herzlichen Dank für diesen wichtigen Schritt. Die Vorarbeiten der Universitätenkonferenz waren ganz, ganz wichtig. (Abg. Dr. Grünewald: Sind sie darum übergangen worden?) Wir möchten dich unterstützen, auf diesem Weg zu bleiben, die Modelle zu erproben und Schritt für Schritt das gesamte Modell der Universitätenkonferenz einzuführen. Dafür braucht es Budgetmittel. Wir sind eines der wenigen Länder Europas, die trotz Konsolidierung ihren Hochschulen mehr Budget gegeben haben. Dieses Budget mit 95 zusätzlichen Vollzeitäquivalenten soll die ersten Erprobungsschritte ermöglichen. Wir werden dich unterstützen, mit diesen Erprobungen Schritt für Schritt flächendeckend auch weitere Umsetzungsschritte einzuleiten.

Danke! Und wie eine Oppositionspartei gesagt hat: Dir ist damit die größte Novelle seit Firnberg gelungen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.27.31

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Der Vergleich mit einer ausverkauften Oper ist grotesk. Eine bessere Karte kostet 200 € für drei Stunden. Wenn Sie das wollen, sagen Sie es! Sie könnten auch sagen: Nehmen wir hier jede zweite Reihe heraus – demokratisch –, und dann gibt es hier eben nur mehr 90 Abgeordnete; die anderen 90 bleiben draußen. Ist das eine Politik? – Ich meine: Nein.

Ja, es ist eine wichtige Novelle, es ist aber keine gute Novelle. Ich gebe zu, sie wurde durch die Verhandlungen mit meiner Kollegin Andrea Kuntzl etwas verbessert, aber es wurde trotzdem kein Gesetz, dem wir zustimmen können. Wir befinden uns damit in bester Gesellschaft.

Die Universitätenkonferenz wurde erwähnt. Was schreibt die? – Der Entwurf ist „schwer praktikabel und stellt die Universitäten vor die schwierige Aufgabe, die unaus­gegorene Lösung in kurzer Frist umzusetzen“.

Was sagt der Rat für Forschung und Technologieentwicklung? – Die vorgeschlagene Regelung prolongiert nur den „unbefriedigenden Istzustand“. Es braucht eine „adäquate Finanzierung“ von Studienplätzen.

Ihre eigene Studie, Herr Minister, besagt, dass allein die Studienplatzfinanzierung für den ersten Abschnitt des Bakkalaureats in etwa 400 Millionen € kostet. Da ist noch nicht von einem Masterstudium und von Doktoratsstudien die Rede.

Woher nehmen Sie das Geld? – Von dieser nicht wirklichen Milliarde bleibt ja langsam nichts mehr übrig. 140 Millionen € wurden dem Tiroler Gesundheitslandesrat zur Defizitabdeckung des Landeskrankenhauses Innsbruck überwiesen, und man weiß nicht, ob das der Forschung dient, der Lehre oder ob man sich damit Wärmeflaschen, Leibschüsseln oder Fiebermesser kauft. Das ist intransparent!

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung sagt auch, ein Teil der For­schungsausgaben wird nach der Zahl prüfungsaktiver Studierender bemessen. – Prüfungsinaktiv muss aber nicht studieninaktiv heißen. Das wurde von Rektoren und vielen anderen kritisiert. Die Leute müssen immer mehr arbeiten, um sich das Geld für das Studium zu verdienen, und machen eben keine Prüfungen. Das wird alles in einen


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Topf geworfen. Man schreibt eine Diplomarbeit oder Dissertation und hat de facto alle Prüfungen abgelegt bis auf die letzte, und macht also keine Prüfungen mehr. Die sind bei Ihnen alle prüfungsinaktiv. Das sind an und für sich Holzfällermethoden.

Sie wissen, dass sich der wissenschaftliche Nachwuchs aus den Studierenden und den AbsolventInnen ergibt. Sie lesen gestern und heute in den Zeitungen, dass fast 4 000 MedizinerInnen ins Ausland abwandern, da es hier keine Perspektiven gibt. Viele Leute, die im Ausland Stipendien haben, junge ForscherInnen, kommen nicht mehr zurück, da sie hier keine Perspektiven an den Universitäten haben. (Abg. Hörl: Sie studieren gleich anderswo!) Bitte? – Oder sie studieren irgendwo anders. Ja, das kann man so wollen. Ich will das nicht! Wenn Sie das wollen, sagen Sie es!

Wie ist das jetzt mit diesen 95 Professoren? Gilt das jetzt für drei Vereinbarungs­perioden oder kommen die in den ersten drei Jahren? Wissen Sie, dass die Profes­soren vielleicht auch ein Sekretariat, einen Raum und zumindest eine Assistentin brauchen? Was kostet das dann? Ist das Geld dafür da? – Ich weiß es nicht. Viele Studien, die stark nachgefragt werden, haben nicht genug Räume! Da kann ein Profes­sor kommen, aber wenn er seinen Regenschirm mitnimmt und seine Aktentasche, ist das Zimmer voll, sofern es überhaupt eines gibt.

Darüber wird einfach nicht gesprochen, was mich ärgert. Früher wurden wir vielfach in den Dialog eingebunden, haben schon bei der Gesetzesentstehung mitdiskutiert. Und jetzt ist es so, dass es nicht möglich ist, mit Ihnen zu reden. Seit eineinhalb Jahren wird nicht mehr geredet. Wenn man im Ausschuss Fragen stellt, findet man immer einen Grund, sie nicht zu beantworten. Ich frage mich, wer hat die Entscheidungsgewalt, ob ein Minister ungestört und untangiert von lästigen Fragen bleibt oder nicht? Geht es darum, wie sein Empfinden ist? Wer verfügt darüber? Ich glaube, Abgeordnete haben ein Recht darauf! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Bei der Studienwahl reden Sie darüber, die Treffsicherheit erhöhen zu wollen. Wer informiert die Studierenden? Gibt es das, was Sie vorgeschlagen haben, nämlich eine Oberstufenreform, gemäß der HochschullehrerInnen in den Sachunterricht kommen und über das Studium und über die Anforderungen eines Studiums berichten? 35 Pro­zent der Inskribierten für Physik verlassen das Studium im ersten Jahr. 64 Prozent machen keine Prüfung im ersten Jahr, weil sie die Mathematikanforderungen als zu schwierig und zu hoch ansehen. Wer erzählt Ihnen darüber? Sie haben eine Novelle zur lückenlosen MaturantInnenberatung zurückgenommen, weil sie kostenneutral sein muss. Was ist das für eine Beratung, die kostenneutral ist? – Eine schlechte! Darüber redet auch niemand. Schnupperwochen an den Unis von der Schule aus – das wurde nicht besprochen.

Zu den Testverfahren nochmals – ich sage es zum hundertsten Male –: Alle ExpertIn­nen sagen, die Testverfahren haben eine Validität und Treffsicherheit, die 16 Prozent höher liegt als das Los! Und damit entscheidet sich das Leben von jungen Leuten! Und was machen die, die nicht aufgenommen werden? Haben Sie da einen Tipp? – Minister Töchterle hat gesagt, er sei falsch interpretiert worden, alles sei böswillig ausgelegt worden. Ich kann mich erinnern, dass man gesagt hat, die sollen drei oder vier Jahre etwas anderes tun, dann kommen bessere Zeiten und dann können sie sich das Studium ihrer Wahl aussuchen. – Das wird die Menschen wenig beruhigen, und ihre Eltern auch nicht.

Die Studieneingangs- und Orientierungsphase verdient diesen Namen nicht. Die ZuhörerInnen und ZuseherInnen müssen wissen, dass in dieser Eingangsphase nur zwei Vorlesungen genügen sollen, und die sollen eine Orientierung über das gesamte Studium verschaffen. Nach zwei Monaten fällt die Entscheidung. Das ist ein Studium, in dem die Merkfähigkeit, das Büffeln gefördert wird, aber nicht die Berufsfähigkeit. Ein


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Studium soll kein Windhundrennen sein. Da stimmt mir Bundesminister Töchterle wahrscheinlich sogar zu, aber trotzdem wird alles getan, damit es eines wird.

Und was geschieht im Bereich der Medizin? – Da überlegt man jetzt einen neuen Standort in Linz. Ich weiß, Minister Töchterle ist da nicht erfreut und - sagen wir einmal – auch ein Gegner davon. Wissen Sie, dass, wenn viele Studienplätze nach Linz verlagert werden, die Quotenregelung wahrscheinlich fallen wird und Studien­plätze für Österreicher dann nicht mehr in dem Ausmaß wie jetzt gesichert sind? Zu all dem: Nein! – Das heißt, es ist wirklich unausgegoren.

Die uniko wie auch der Rat für Forschung und Technologieentwicklung – und ich geniere mich nicht, mit denen wirklich einer Meinung zu sein – sagen: Wenn man etwas verbessern will, muss man neues Geld in die Hand nehmen und nicht altes Geld immer aufs Neue als neu verkaufen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Spadiut.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.35.19

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir beschließen heute ein Pilotprojekt zur Studienplatzfinanzierung, das eine neue, transparente und fairere Form der Finanzierung der Universitäten bringen soll. Dieser Pilotversuch in fünf Studienrichtungen, in denen der Druck besonders groß ist, versucht die Studienbedingungen zu verbessern, und das durch Aufstockung des Lehrpersonals und nicht durch Abbau der Studienplätze.

Die vorliegenden Vorarbeiten wurden schon zitiert. Es gibt eine sehr ausführliche Studie der uniko, der Rektoren, die zum Ziel hatte, die Studienplatzfinanzierung so einzusetzen, dass wir die vorhandenen Studienplätze halbiert hätten. Insofern ist die Unzufriedenheit der Rektoren mit der vorliegenden Novelle, die sie heute äußern, durchaus gerechtfertigt, weil wir die Studienplätze überhaupt nicht reduzieren – und schon gar nicht um die Hälfte reduzieren –, sondern sie sogar geringfügig, aber doch ausbauen.

Das ist aus unserer Sicht ein besonders wichtiges Ergebnis der Verhandlungen, die wir zur Studienplatzfinanzierung geführt haben, denn wir haben von Anfang an gesagt: Ja, Studienplatzfinanzierung als Instrument zu einer faireren, transparenteren Finanzierung der Universitäten, aber nicht, wie eben ursprünglich vorgesehen, als Instrument zur Reduktion von Studienplätzen.

Wir haben uns in Gesprächen, die aus meiner Sicht sehr konstruktiv geführt worden sind, mit dem Koalitionspartner, mit dem Herrn Bundesminister darauf geeinigt, dass wir vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklung des Bedarfs auch in Öster­reich nicht Maßnahmen setzen wollen, die dazu führen, dass wir weniger Studierende haben. Wir brauchen mehr gut qualifizierte Studierende im Land. Die erste Grundüber­einkunft, die wir miteinander erzielt haben, war also, dass wir die Studienplatzfinan­zierung so aufsetzen wollen, dass wir die Zahl der Studierenden in Österreich nicht reduzieren.

In diesem Zusammenhang muss ich schon auch darauf hinweisen – natürlich zum wiederholten Mal –, dass ich die künstliche Aufregung der Freiheitlichen diesbezüglich gar nicht verstehen kann, denn die Rahmenbedingungen, die wir heute vorfinden, sind auch wesentlich dadurch herbeigeführt worden, wie Sie in der Phase, in der Sie in der Regierung waren, agiert haben. Die Erinnerung verblasst schon ein wenig, dass Sie in der Regierung gesessen sind, aber in diesem Fall kann man Ihnen – unter Anführungs-


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zeichen – „zugutehalten“, dass Sie dazu beigetragen haben, langfristige Weichenstel­lungen vorzunehmen, die sich jetzt sehr massiv auswirken auf die Rahmenbedingun­gen, die die Universitäten vorfinden. (Abg. List: So ein Blödsinn!)

Das ist kein Blödsinn, denn Sie haben, wenn ich daran erinnern darf, gleich zu Anfang Ihrer Regierungstätigkeit unter Bedingungen, wo wir erfreulicherweise feststellen konnten, dass mehr Leute in Österreich studierten, dass die Studierendenzahlen anstiegen, die Budgets der Universitäten zurückgeführt, nicht eingefroren, sondern tatsächlich reduziert. Das ist damals unter dem Stichwort Aushungerung der Uni­versitäten öffentlich diskutiert worden.

Erst nach einigen Jahren ist wieder in sanften Stufen das ursprüngliche Niveau der Universitätsfinanzierung erreicht worden. Wenn man die Mittel bei steigenden Studie­renzahlen zurückführt und nicht ausweitet, wird es keinen Ausbau der Studienplätze an den Universitäten gegeben haben. Das ist Ihre Hinterlassenschaft, mit der wir uns jetzt auseinandersetzen müssen. Da haben Sie in der Politik langfristig Weichen gestellt und damit diese Situation hinterlassen.

Wir werden jetzt in diesem Pilotversuch weiterhin nach dem Grundsatz agieren, dass jeder/jede in Österreich nach Möglichkeit sein/ihr Wunschstudium beginnen können soll, wenn auch nicht immer an der Universität der ersten Wahl. Es wird in einzelnen Studienrichtungen, an einzelnen Standorten zu Aufnahmeverfahren kommen, nicht flächendeckend, wobei uns wichtig ist, dass es da genaue Vorgaben im Gesetz gibt.

Diese Verfahren müssen mehrstufig sein. Es wird nicht die schicksalhafte einzelne Knock-out-Prüfung geben. Es muss zu einer frühzeitigen Stoffabgrenzung kommen, damit sich die Leute auf die Prüfungen auch entsprechend vorbereiten können und wissen, was sie erwartet; und es darf auch nicht zu einer Diskriminierung nach dem Geschlecht kommen.

Was uns besonders wichtig ist: Dieser Pilotversuch muss beobachtet und evaluiert werden, unter anderem auch danach, wie sich die soziale Zusammensetzung der Studierenden verändert. Denn was wir wirklich nicht wollen, ist, dass es von der Herkunft, vom Elternhaus abhängt, wie sich die Bildungschancen eines Menschen in diesem Land entwickeln.

Das wird genau beobachtet werden. Es wird eine entsprechende Evaluierung dieses Pilotprojekts geben. Ebenfalls wichtig ist uns, dass in diesem Zusammenhang auch die Studieneingangsphase entschärft wird, dass es – und das war uns beiden ein gemeinsames Anliegen – diese schicksalhafte Prüfung und ihre Auswirkung, nämlich die lebenslange Sperre eines Studiums an einer Universität, nicht mehr geben wird.

In Summe, denke ich, ist das ein Pilotversuch, der nach einer sehr verant­wortungs­vollen, langen und ausführlichen Diskussion gestartet wird und ein absolut herzeig­barer Kompromiss ist, zu dem wir sehr gut stehen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.42.26

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Töchterle! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Töchterle klopft sich selbst­herrlich auf die Schulter und will uns dieses Gesetz als Meilenstein in der Wissen­schaftspolitik verkaufen. Meine Damen und Herren, das ist völlig unerhört!


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Eine Studienplatzfinanzierung in nur fünf Bereichen, darunter Architektur und Biologie, ist auf keinen Fall ein großer Wurf. Im Gegenteil, das neue Gesetz ist besonders mager ausgefallen. Es ist eine weitere Pleite für diese längst gescheiterte Koalition und beweist einmal mehr: Hier wurde in den Verhandlungen nur ein fauler Kompromiss auf parteipolitischer Basis erzielt. Beide Regierungsparteien wollten das Ergebnis in dieser Form gar nicht haben, das ist offensichtlich, trennen sie beide doch Welten im Wissen­schaftsbereich.

Dementsprechend schwach und jämmerlich sind auch die Begründungen für dieses falsche Gesetz im Ausschuss und auch heute hier im Hohen Haus von der rechten und von der linken Reichshälfte ausgefallen. Das Gesetz ist eine Katastrophe für die Studierenden und die Universitäten. Im Vorfeld kritisiert vor allem die Österreichische Hochschülerschaft dieses Gesetz. Sie ist, wörtlich, entsetzt – eine logisch sehr, sehr linke Position, die hier eingenommen wird.

Schwere Vorwürfe zum Gesetz kommen auch von den Rektoren. Für viele Rektoren ist das Gesetz schwer praktikabel. Es ist ein völlig unausgegorenes Gesetz und schwer umsetzbar, ein falscher großkoalitionärer Kompromiss ohne echte Perspektiven. Des­halb kritisiert ein empörter Rektor Badelt diese gescheiterte Bundesregierung und meint – ich sage dazu, dass es ein Zitat ist, bevor ich mir hier einen Ordnungsruf einholen werde –, diese Universitätspolitik sei verlogen. Leidtragende sind die Hoch­schüler, Studierende werden gequält, es herrscht großer Studienfrust.

Aufgrund dieser berechtigten massiven Kritik ist es ein Gebot der Stunde, mit Betroffenen und Experten eine sachliche Debatte zu führen. Dabei sollen auch sinnvolle Vorschläge der Opposition jederzeit einfließen können. Unser Versuch im letzten Ausschuss und insgesamt, hiezu eine ausreichende Debatte zuzulassen, wurde mit allen Mitteln von den Großparteien hier im Haus verhindert.

Ein Gesetz nicht ausreichend diskutieren zu können, ist eine Frechheit! Es jetzt aber von Rot und Schwarz mit aller Gewalt durchzupeitschen und noch rückwirkend zu beschließen, das ist unerhört! Das ist eigentlich der Skandal! (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, am Chaos an den Universitäten ist die ÖVP schuld, und man sieht, dass Sie überhaupt kein Interesse haben, auch nicht an dieser Wissenschaftsdebatte. Die Schwarzen sind nämlich seit 27 Jahren ununterbrochen in der Bundesregierung. Sie sitzen an den Schalthebeln dieses Landes und damit leider auch im Wissenschaftsbereich. Ich habe es Ihnen vorher schon gesagt, Herr Bundes­minister, Ihre Vorgänger Hahn sowie Karl und jetzt auch Sie selbst, Herr Bundes­minister Töchterle, Sie alle haben in der Wissenschaftspolitik massivst versagt.

Das bestätigt auch der klägliche Versuch, jetzt dieses Gesetz als den größten Erfolg seit der Ära einer Ministerin Firnberg zu verkaufen. Das ist wirklich ein schwaches Argument. Diese schwachen Argumente beweisen, dass die Schwarzen seit Jahr­zehnten jede Reform im Wissenschaftsbereich blockiert haben.

Zusammengefasst ist das Gesetz eine Katastrophe für die Universitäten und Studie­ren­den. Es ist nicht ausgereift. Es dient nur der gescheiterten Bundesregierung zum Machterhalt. Damit wollen sich Rot und Schwarz ihre Handlungsfreiheit nach den Wahlen im Herbst erhalten.

Dieses Husch-Pfusch-Gesetz ermöglicht den Roten und Schwarzen nämlich sofort jede ideologische Änderung, wenn sie ihren Parteiinteressen dient und Sie danach verlangen. Damit verdient das Gesetz ein Nicht genügend und wird vom BZÖ abge­lehnt. (Beifall beim BZÖ.)

14.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 126

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.46.34

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Wenn man ein Beispiel für eine pflichtgemäße Oppositionsrede sucht, dann, muss ich sagen, war dies soeben der Fall. (Abg. Grosz: Hervorragend, !) Wenn der Justa­ment­standpunkt den Inhalt Ihrer Politik ausmacht, dann ist das ein bisschen schade. Wenn Sie behaupten, Studierende würden aufgrund dieses Gesetzes gequält und seien deshalb frustriert (Ruf beim BZÖ: Das ist der Allgemeinzustand!), dann ist das kompletter Unsinn.

Studierende sind frustriert über die Situation, die sich jetzt an den Universitäten darstellt. Das ist Grund des Übels, des Ärgernisses und der Frustration. Deshalb war es nach einem Jahr Verhandlungszeit auch höchst an der Zeit, da endlich Schritte zu setzen; denn Studierende noch länger dieser Situation, wie sie jetzt vorherrscht, aus­zusetzen, halte ich nicht nur für fahrlässig, sondern auch aus Sicht der Studierenden für eine Zumutung.

Ich bin auch dafür, und wir unterstreichen das seitens meiner Fraktion zu hundert Prozent, dass jeder Studierende, jede Studierende in Österreich studieren können soll, was er oder sie möchte, auch wenn es nicht die gewünschte Universität ist, dazu stehen wir. Es geht aber auch darum, Erwartungen zu wecken, die man am Ende des Tages auch erfüllen kann. Wenn sich aufgrund der Studienbedingungen an den Universitäten abzeichnet, dass ordentliches und auch effizientes Studieren nicht möglich ist, dann ist das ein Problem, wo die Politik zu handeln hat. Und mit dem heute vorliegenden Gesetz haben wir gehandelt, damit hat sich der Bundesminister seiner Verantwortung auch gestellt.

Warum betonen wir heute, dass sich diese fünf oder zehn Universitäten, die es in Bezug auf diese fünf Studienrichtungen betrifft, einmal einer Testphase stellen werden? – Nicht, weil wir uns nicht sicher sind, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist, sondern weil bei der Umsetzung, bei der Implementierung natürlich auch Fehler auftreten können und sich Verbesserungspotenziale zeigen. Und wir stehen nicht an, diese Fehler dann auch entsprechend zu verbessern, wenn die Notwendigkeit besteht.

Herr Kollege Grünewald hat die Frage zusätzlicher Professorinnen und Professoren sowie die Frage: Was macht man, wenn man zwar die Personen bezahlen kann, aber die Infrastruktur fehlt? Angesprochen. – Na ja, das sind schon Äquivalente, die zur Verfügung gestellt werden. Dass es sich da nicht nur um Einkommen handeln kann, sondern dass natürlich auch die Infrastruktur notwendig ist, scheint mir klar zu sein. Das zeigt einmal mehr, dass es an den Universitäten letztendlich auch eine Frage der Kapazität ist, denn Infrastruktur ist nun einmal auch Kapazität.

Deshalb halte ich diesen Weg, so wie wir ihn jetzt beschritten haben, für richtig, nämlich mit der Festlegung von Kapazitäten, mit Aufnahmeverfahren, die die Uni­versitäten autonom festlegen können, wo den Studierenden, wenn sie sich bewerben, klar sein muss, was man können muss, was das Ziel ist. Ich denke, das ist der Weg, wie wir zu gut ausgebildeten Akademikerinnen und Akademikern in Öster­reich kommen, die vom Studium begeistert sind – und nicht frustriert sind, wie das vielfach jetzt der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Markowitz zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 127

14.50.01

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Nach den Ausführungen meiner Vorrednerin muss ich sagen, dass man eines nicht vergessen darf: Studiengebühren hat es ja seinerzeit gegeben, sie wurden unter Schwarz-Blau eingeführt. Und was ist mit diesem Geld geschehen? – Mit diesem Geld ist nichts anderes geschehen, als dass irgendwelche Budgetlöcher gestopft wurden. Das ist das Hauptproblem. (Demonstrativer Beifall des Abg. Neubauer.) Es wäre gut gewesen, hätte man gemacht, was wir jahrelang gefordert haben, nämlich dass das Geld zweckgebunden ist für die Universitäten! Das fordern wir auch. (Abg. Höfinger: Wer hat das jahrelang gefordert?!) – Bitte?

Ich habe das jahrelang gefordert. Ich bin immerhin schon fünf Jahre hier. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Höfinger.) – Lieber Kollege, jetzt sage ich dir etwas: Das ist typisch ÖVP. Du läufst hinaus – wie immer. Zuerst bringst du eine blöde Meldung und dann gehst du wieder raus bei der Tür. So, passt. „Hände falten, Goschen halten!“, kenne ich von der ÖVP. (Abg. Grosz: Herr Präsident, !)

Was wir fordern, ist, dass das Geld bei dem ankommt, der das finanziert. Das heißt, wenn Studiengelder eingefordert werden, dann muss dieses Geld dort auch in die Infrastruktur fließen. Jetzt haben wir gerade gehört, dass das von der Bundesregierung beschlossen wird, und das ist auch zu begrüßen. Ich finde es auch gut, dass die Kapazitäten überprüft werden und dass man darauf schaut, dass jemand, der beim Studium schnell weiterkommen will, nicht behindert wird. Das ist auch gut so.

Wir wollen aber, dass nur die Besten der Besten auf unsere Studenten losgelassen werden, dass es also auch bei den Professoren weiter geht, und natürlich auch, dass das Geld dorthin fließt, wo es gebraucht wird, wo Mängel sind. Das sind die Hörsäle. Das haben wir ja alle gesehen. Und wenn jemand schnell studieren will, dann hat er Probleme beim Inskribieren und so weiter.

Was die Förderung betrifft, wünsche ich mir, dass wir  bei der Finanzierung der For­schungsförderung den Hebel ansetzen.

Herr Minister, ich habe mir das angesehen. Das ist ein Wucher bei der EU! Wenn ich jetzt die Förderrichtlinien anschaue, dann sehe ich, dass auf einmal, damit ich zu einem Projekt und zu Geld komme, die Projektkosten in die Höhe steigen. Es werden Fördersummen angegeben, dass die Realkosten in die Höhe schnellen, dass auf einmal bei den Mitarbeitern die unbezahlten Überstunden plötzlich in Rechnung gestellt werden! Also, Herr Minister, ich glaube, da werden Sie mir recht geben, dass es das in Zukunft wirklich nicht mehr geben darf!

Da ist einfach dieser Förderdschungel rundherum. Es kennt sich ja wirklich niemand mehr aus. Wenn das jemand korrekt einreicht, bin ich der Letzte, der sagt, der gehört nicht gefördert.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend „Sicherstellung einer transparenten europäischen Forschungsförderung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die europäische Forschungsförderung transparent erfolgt, wirksame Kontrollsysteme


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 128

implementiert und in einem definierten Zeitrahmen messbare Verbesserungen erzielt werden“.

*****

(Beifall beim Team Stronach.)

Herr Minister, es ist immer wichtig, dass hier Projekte gefördert werden, nur ist in den letzten elf Jahren viel zu wenig geschehen. Deswegen gibt es auch vom Rechnungshof heftige Kritik. Daher würde ich Sie bitten, dass man das in Zukunft einfach umsetzt, damit die vielen Gelder, die ja richtig und für die Forschung wichtig sind, nicht irgendwie in anderen Projekten und falschen Kanälen versickern. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

14.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dr. Töchterle zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.53.24

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, dieses Gesetz ist ein Kompromiss und es ist ein guter Kompromiss. Es ist ein Kompromiss zwischen zwei Extrempositionen. Die eine Extremposition heißt – und sie wird unter anderem von Teilen der Hochschülerschaft vertreten –: Es darf an den österreichischen Univer­sitäten nie und nimmer irgendwelche Kapazitätsgrenzen geben.

Die andere Extremposition, die teilweise von Rektoren vertreten wird, heißt: Wir haben viel zu viele Studierende, wir wollen weniger Studierende. Genau dazwischen liegt dieses Gesetz, indem es zwei Dinge tut, indem es nämlich einerseits mehr Betreu­ungs­personal den Universitäten zur Verfügung stellt, andererseits aber auch da und dort in besonders nachgefragten Fächern eine Obergrenze der Studienplätze festlegt.

Es ist der erste Schritt in Richtung einer anderen Finanzierung der Universitäten, einer Studienplatzfinanzierung, einer, wie es offiziell heißt, kapazitätsorientierten studieren­den­bezogenen Universitätenfinanzierung.

Diese neue Finanzierung, die wir im Laufe von mehreren Leistungsvereinbarungs­perioden, also im Laufe von etwa neun Jahren, implementieren wollen, wird dazu führen, dass wir die Universitäten künftig nicht mehr über ein Grundbudget und ein Formelbudget, sondern über Studienplätze finanzieren. Das macht die Finanzierung der Universitäten transparenter und es macht sie vor allem studierendenbezogen.

Das wird dafür sorgen, dass wir nach Abschluss dieses längeren Prozesses eine Finanzierung für die Universitäten haben, die sicherstellt, dass jeder einzelne Studie­rende an den österreichischen Universitäten eine passable Betreuungsqualität hat. Das ist das Hauptziel dieser Finanzierung: eine Verbesserung der Studienqualität und eine Sicherung der Studienqualität an den österreichischen Universitäten in allen Fächern.

Das ist ein sehr komplexer, schwieriger Prozess, für den auch andere Länder, die wir uns angeschaut haben, viele Jahre gebraucht haben, in dem auch andere Länder noch nicht da angelangt sind, wo sie letztlich anlangen wollen, nämlich bei einer idealen Betreuungsrelation in allen Fächern. Dazu braucht es eine Fülle von Maßnahmen. Dazu braucht es auch mehr Geld, das ist richtig. Dieses Geld muss man für die Universitäten herbeischaffen, aber auch das ist ein längerer Prozess.

Wir haben jetzt mit diesem Prozess begonnen. Wir haben da begonnen, wo es dringlich ist, nämlich in stark nachgefragten Fächern. Dass wir mit diesem Prozess beginnen, ist 2010 beschlossen worden, nämlich bei einem Gipfeltreffen, bei dem sich


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der damalige Vizekanzler Pröll und der jetzige Bundeskanzler Faymann mit dem Präsidium der uniko getroffen haben.

Es ist 2011 weitergegangen, als Ministerium und uniko gemeinsam ein Modell aus­gearbeitet haben, nämlich nach Kenntnisnahme von Versuchen und Bemühungen in anderen Ländern. 2012 haben wir dann in einer ganz, ganz langen und intensiven Verhandlung mit dem Koalitionspartner die Grundlage für diesen Gesetzesantrag ausgearbeitet. Er wird jetzt als Test – so wurde es in einer Regierungsklausur am Semmering beschlossen – eingeführt, nämlich in fünf stark nachgefragten Studien­feldern.

Dort machen wir genau das, was zu tun ist. Wir drehen an zwei Schrauben, um die Studien- und Betreuungsqualität zu verbessern. Wir geben in diese Fächer, die wir bei diesem Test ins Auge fassen, mehr Betreuungspersonal hinein. Es sind Äquivalente für 95 Professuren in der Höhe von 36 Millionen €. Wir setzen auch Obergrenzen der Plätze für die Studierendenanfänger fest. Diese Obergrenze ist in vier Fällen höher als die derzeitige Nachfrage – in einem Fall niedriger, nämlich im Bereich der Architektur, aus bestimmten Gründen. Sonst ist sie höher als die jetzige Nachfrage.

Das ist, wie gesagt, der uniko zu hoch. Aber wir sind mit dem Koalitionspartner übereingekommen, und das ist auch meine Überzeugung, dass in Zeiten, in denen die ganze Welt den tertiären Bildungsbereich ausbaut, wir in Österreich Studienplätze im tertiären Bildungsbereich nicht zurückbauen können. Dieser Bereich muss noch wachsen, aber er muss mit Augenmaß wachsen. Er muss so wachsen, dass die Qualität des Studierens nicht darunter leidet. Deswegen brauchen wir eben als Zweites die Obergrenzen bei den Kapazitäten. Ich glaube, das ist überaus plausibel.

Österreich kann natürlich nicht für die ganze Europäische Union – und der Zugang ist ja hier für alle frei – unbeschränkt Plätze zur Verfügung stellen. Das geht einfach nicht. Wir müssen diese Kapazitätsgrenzen haben. Aber wir ziehen sie in einer Höhe ein, dass in Österreich jeder nach Möglichkeit das Fach studieren kann, das er studieren will, allerdings vielleicht nicht an dem Ort, wo er will, aber er kann es in Österreich tun.

Dazu bedarf es natürlich genauer und intensiver Verhandlungen mit den einzelnen Universitäten. Wir sind in diese Verhandlungen eingetreten. Es bedarf natürlich auch einer guten Kommunikation dessen, was auf die Studierenden hier zukommt. Sie müssen sich in dem Fach, das sie studieren wollen, wenn es von dieser Regelung betroffen ist, registrieren lassen. Sie müssen unter Umständen, wenn die Zahl der Registrierten die Zahl der Plätze übersteigt, dann auch einem mehrstufigen Aufnah­meverfahren unterziehen.

Sie können aber auch an Unis unterkommen, wo sozusagen noch Platz ist. Auch das muss frühzeitig kommuniziert werden. Es ist also wichtig, solide vorzubereiten und solide zu informieren. Beides tun wir, und ich kann mit Freude berichten, dass die Universitäten, auch wenn sie wegen der Zahl der Studienplätze da und dort Bedenken anmelden, da sehr kooperativ sind und dass wir das gemeinsam mit den Universitäten so machen werden, dass es zu einem absolut transparenten und überschaubaren Verfahren kommt.

Ich glaube in der Tat, wir haben einen wichtigen Schritt in Richtung einer neuen Finanzierung gesetzt. Die Superlativen, die hier genannt und kritisiert wurden, stammen nicht von mir. Was man aber sagen muss: Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer neuen Art der Universitätenfinanzierung. Und ich bin allen dankbar, die mir geholfen haben, diesen Schritt zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 130

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der von Herrn Abgeordnetem Markowitz einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Hagen und Kollegen betreffend „Sicherstellung einer transparenten europäischen Forschungsförderung“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2142 d.B): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

Der Jahresbericht über die Ausführung des Haushaltsplans 2012 der Europäischen Union, Kapitel Forschung und andere interne Politikbereiche lässt aufhorchen.

Die wichtigsten Komponenten des Themenkreises sind die Rahmenprogramme für Forschung und technologische Entwicklung, auf die 56 % (bzw. 5 965 Millionen Euro) der gesamten operativen Ausgaben entfallen. Die anderen internen Politikbereiche umfassen das Programm für lebenslanges Lernen, auf das 11 % (bzw. 1 376 Millionen Euro) der gesamten operativen Ausgaben entfallen, sowie das Generelle Programm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (SOLID) mit einem Anteil von 4 % (bzw. 445 Millionen Euro) und das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) mit einem Anteil von 2 % (bzw. 258 Millionen Euro).

Bereits im Jahr 2002 wurden im Bereich der universitären Forschung das Sechste und das Siebte Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung als die wichtigsten Instrumente der Europäischen Union zur Förderung von Forschung und Innovation einer Kontrolle unterzogen. Beide Rahmenprogramme wurden mit dem Ziel konzipiert, zur Lissabon-Strategie und zur Strategie Europa 2020 sowie zum Euro­päischen Forschungsraum beizutragen.

Das größte Risiko von Unregelmäßigkeiten bestand bereit zu diesem Zeitpunkt, also im Jahr 2002 darin, dass Zuwendungsempfänger in ihren Kostenaufstellungen überhöhte förderfähige Kosten geltend machen, die nicht durch die Überwachungs- und Kontroll­systeme der Kommission aufgedeckt und anschließend korrigiert wurden.

Dieses Risiko wurde zusätzlich durch die komplexen Vorschriften für die Berechnung der erstattungsfähigen Kosten verschärft. Zudem legen die für die Durchführung zuständigen Stellen die Vorschriften in einigen Bereichen unterschiedlich aus.

Für die Prüfung des Themenkreises Forschung stellte der Hof im Jahr 2012, also genau zehn Jahre später erneut fest, dass 49 % der geprüften Vorgänge fehlerbehaftet waren.

Der Hof stellte weiter fest, dass insgesamt 74 der 150 in der Stichprobe erfassten Vorgänge nicht korrekt durchgeführt wurden. Hauptfehlerquelle sind überhöhte Kosten­angaben der Zuwendungsempfänger für Projekte, die aus den Forschungsrahmen­programmen gefördert werden. Dies stimmt mit den von der Kommission bei ihren Ex-post-Finanzprüfungen aufgedeckten Fehlern überein. Wie vom Hof in früheren Jahren festgestellt sind alle Kostenkategorien – Personalkosten und sonstige direkte Kosten sowie indirekte Kosten – von Fehlern betroffen.

Zu den Personalkosten: Die tatsächlichen Personalkosten sollten anhand eines zuver­lässigen Zeiterfassungssystems berechnet werden. Die Prüfungen des Hofes ergaben Abweichungen zwischen den Arbeitszeiterfassungsbögen und anderen in den Per­sonalakten enthaltenen Angaben (z. B. Aufzeichnungen über Abwesenheiten und


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Urlaube), Fälle, in denen Mitarbeiter einem Projekt als Vollzeitkräfte zugerechnet wurden, obwohl sie den Zeiterfassungsbögen zufolge an mehreren Projekten arbei­teten, sowie Fälle, in denen unbezahlte Überstunden der Kommission gegenüber geltend gemacht wurden.

Bestätigt wird dies auch erneut im Vermerk der Kommission für Zuwendungs­empfänger vom 19. März 2012 zur Frage der Vermeidung von Fehlern, die in Kosten­aufstellungen häufig vorkommen. Darin heißt es, dass die meisten Fehler entstehen, weil die Vorschriften falsch ausgelegt werden oder die Zuwendungsempfänger die Bestimmungen der Finanzhilfevereinbarung oder die Finanzleitlinien nicht gebührend beachten.

Auf der Grundlage seiner Prüfungen gelangt der Hof zu der Schlussfolgerung, dass die Zahlungen für das am 31. Dezember 2011 endende Haushaltsjahr im Themenkreis Forschung und andere interne Politikbereiche in wesentlichem Ausmaß mit Fehlern behaftet sind und dass die untersuchten Überwachungs- und Kontrollsysteme im Themenkreis Forschung und andere interne Politikbereiche bedingt wirksam sind.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die europäische Forschungsförderung transparent erfolgt, wirksame Kontrollsysteme implementiert und in einem definierten Zeitrahmen messbare Verbesserungen erzielt werden“.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.00.30

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Wissenschaftsminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an dem anschließen, was der Herr Minister eingangs gesagt hat, nämlich allen Beteiligten, die am Zustandekommen dieses Gesetzes mitgewirkt haben, meinen herzlichen Dank auszusprechen. Ganz besonders danken möchte ich, weil ich da direkten Kontakt habe und da am meisten erfahren habe, den Vertretern unseres Klubs, der Wissenschafts­sprecherin Andrea Kuntzl mit ihren Mitarbeitern. (Präsidentin Mag. Prammer über­nimmt wieder den Vorsitz.)

Aber ich weiß auch um die Flexibilität vonseiten der ÖVP-Fraktion. Das ist etwas, was ganz wichtig ist. In den verschiedenen Redebeiträgen hat sich ja gezeigt, wie unterschiedlich die Positionen sind. Der Vergleich mit der Oper, den Frau Cortolezis-Schlager gebracht hat, ist bei Weitem nicht zutreffend. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Man kann nicht sagen: Genauso wie eine Oper oder wie das Parlament voll ist, ist die Universität voll. Dieser Vergleich ist der Debatte nicht ganz würdig, würde ich meinen. Aber dies zeigt auch die Diskrepanz, die da war, um deutlich zu machen, wie man in einem Gesetz zu einem neuen Zugang kommen kann.

Ich meine, das ist in der Tat gelungen, denn das zur Beschlussfassung anstehende Universitätsgesetz beschreitet in seiner Novelle 2013 tatsächlich einen neuen Weg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 132

Wir wollen, dass wir schrittweise in den Ausbau der Studienplatzfinanzierung eintreten. Es soll langfristig gesichert sein, dass eine ausreichende Zahl von Studienplätzen zur Verfügung steht, die im internationalen Vergleich adäquate Studienbedingungen garan­tieren.

Wir wollen, dass wir in Zukunft keinen Vergleich mehr mit anderen Ländern zu scheuen brauchen. Das heißt, wir fahren weder mit der Qualität noch mit der notwendigen Quantität zurück. Ganz im Gegenteil: Jeder kann sein Fach studieren – wie es bereits auf den Punkt gebracht wurde –, aber vielleicht nicht immer an seiner Wunschuni­versität.

Diese Novelle gilt mit ihrem Qualitätsverbesserungspakt zunächst für fünf besonders stark nachgefragte Studienfelder. Das sind Pharmazie, Biologie, Architektur, Wirt­schafts­wissenschaften und Informatik. Doch durch die Schaffung von 95 zusätzlichen, neuen Professuren werden die Betreuungsverhältnisse, also Student pro Professor oder umgekehrt, an internationale Standards herangeführt, ohne die Zahl der Studie­ren­den zu reduzieren, um keine Verschlechterungen eintreten zu lassen. Und das scheint mir das Wesentliche zu sein. Aus Zeitgründen erspare ich mir jetzt, das Gesetz zu zitieren, wo ausdrücklich die Zahlen festgehalten sind.

Ich meine, die Arbeit am Hochschulplan ist im Bereich des Teilprojektes Studien­platzfinanzierung auf einem guten Weg. Wir treten in eine Phase messbarer Verän­derungen und Verbesserungen ein.

Meine Damen und Herren! Genauso wie es im Bereich der Bildung gilt, möglichst kein Kind auf der Strecke zu lassen und jedes Kind seinen individuellen Begabungen entsprechend zu fördern und zu fordern, muss es auch Ziel im Bereich der tertiären Ausbildung sein, dass jedem entsprechend Begabten ein Studium offensteht, und zwar unabhängig vom eigenen Einkommen oder vom Einkommen der Eltern. Das ist dann in einer weiteren Verhandlung über die Neuausrichtung der Studienförderung zu regeln. Ein Gesetz kann das nicht machen. Aber dafür kämpfen wir, und das ist auch gelungen. Daher: Danke schön! Ich gratuliere Ihnen zu diesem Ergebnis, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ.)

15.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 4 Minuten. Nur zur Erinnerung: Um 15.13 Uhr werden die Verhandlungen zum Aufruf der Dringlichen Anfrage unter­brochen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.05.03

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben es schon gehört: Wir Freiheitliche stehen für den freien Hochschulzugang in Österreich. Mit der Novelle des Universitätsgesetzes soll jedoch das Prinzip – ich spreche jetzt vom Prinzip – der Zugangsbeschränkung anstelle des freien Hochschulzuganges normiert werden.

Mein Kollege, Präsident Graf, brachte im Wissenschaftsausschuss Argumente vor, die seiner Meinung nach gegen diese Änderung des Gesetzes sprechen, und Sie, Herr Minister Töchterle, antworteten darauf, dass Sie auf diese Polemik nicht eingehen wollen. Und dieses Vorgehen – dieses Vorgehen! – möchte ich heute im Plenum an­pran­gern, und zwar aus folgenden drei Gründen:

Punkt eins: Sie scheinen nicht zu wissen, Herr Minister, dass es nicht Ihre Aufgabe als Bundesminister ist, die Argumente eines Oppositionspolitikers abzukanzeln. (Beifall bei der FPÖ.) Ihre Aufgabe, Herr Minister, ist es, ausschließlich den Ressortstandpunkt zu


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vertreten und erbetene Auskünfte, so wie das im Ausschuss nun einmal war, zu erteilen. Ich finde es eigenartig, dass Sie das nicht wissen. Und deshalb zitiere ich aus einem Präsidialprotokoll.

Zitat: „() Die Mitglieder der Bundesregierung haben im Zuge parlamentarischer Debatten den Standpunkt ihres Ressorts und damit ihren Verantwortungsbereich zu vertreten und bei ihren Wortmeldungen eine gewisse Zurückhaltung zu praktizieren.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Punkt zwei: Polemik als Vorwurf vorgebracht erscheint mir eines Altphilologen beson­ders unwürdig. Das altgriechische Wort „polemos“ heißt Streit. Polemik ist also ein Meinungsstreit im Rahmen politischer, religiöser, wissenschaftlicher, literarischer Dis­kussionen – also Streitkunst. Es ist nicht die Aufgabe eines Oppositionspolitikers, wie im Ausschuss des Abgeordneten Graf, den Konsens zu suchen, sondern im rheto­rischen Wettstreit seinen Argumenten zum Durchbruch zu verhelfen. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Es gab viele bekannte Polemiker. Ich zähle nur ein paar auf: Schopenhauer, Lessing, Heinrich Heine, Karl Marx, Karl Kraus, in der Politik Franz Josef Strauß, Hans-Dietrich Genscher, Kreisky. Also Martin Graf befindet sich in guter Gesellschaft. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Punkt drei: Dieser dritte Vorwurf wiegt für mich am schwersten. Ich könnte jetzt als Abgeordnete polemisch sagen, die heutige Novelle sei ein fauler Kompromiss und nicht reif für eine Abstimmung. Ich kann aber auch sagen: Ich finde es zutiefst undemo­kratisch, sich über die Argumente der Opposition hinwegzusetzen.

Polemisch kann ich sagen: Sie können hier nicht den Herrn Professor spielen. Im edlen Wettstreit der Argumente kann ich sagen: Sehr geehrter Herr Minister, Sie sind als Regierungsmitglied hier im Parlament uns Abgeordneten verantwortlich und haben uns Rede und Antwort zu stehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Polemisch kann ich sagen: Steigen Sie herunter von Ihrem hohen Ross! Ich kann aber auch sagen: Sie verkennen das Wesen der Demokratie. (Beifall bei der FPÖ.)

15.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Franz gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


15.08.54

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Wir haben schon öfters die derzeitige Situation an den Universitäten als unbefriedigend, unfair und unsozial beschrieben. Es gibt in manchen Fächern viel zu viele Studenten, dadurch auch zu wenig Platz. Es gibt eine große Zahl an prüfungsinaktiven Studierenden. Die Zahl der Professoren pro Studierendem ist zu gering, und dadurch leidet die Qualität. Es wird über schlechte Studienbedingungen und mangelnde Planbarkeit geklagt. Bekanntlich sind österreichische Unis für alle EU-Bürger offen, deshalb ist ein neuer Weg not­wendig geworden.

Was will nun dieses neue Universitätsgesetz? – Die Studienbedingungen sollen verbes­sert werden. Es braucht eine bessere Betreuungsrelation. Die Abschlussquote und die Zahl der prüfungsaktiven Studenten sollen erhöht werden. Es gibt eine transparente Finanzierung.

Mit dieser Novelle des Universitätsgesetzes ist es gelungen, die Finanzierung lang­fristig auf ein neues System umzustellen. Damit ist diese Novelle tatsächlich ein Meilenstein für die Universitäten in unserem Land. Wir schaffen damit eine bessere


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Betreuungsrelation zwischen Studierenden und Professoren und haben damit auch mehr Betreuung im System. Dazu müssen aber auch Obergrenzen bei der Zahl der Studierenden eingezogen werden.

Durch die Hochschul-Milliarde, die unser Herr Bundesminister klug ausverhandelt hat, ist es möglich, zirka 95 zusätzliche Professorenstellen zu finanzieren und damit auch die entsprechende Qualität zu sichern. Darüber hinaus kommt es zu keiner Reduktion von Studienplätzen, aber zu einer deutlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Diese Novelle ist ein erster Schritt in Richtung Studienplatzfinanzierung an Österreichs Universitäten und bedeutet bessere und fairere Studienbedingungen, eine trans­parentere Finanzierung und damit mehr Qualität im tertiären Bildungsbereich. Das heißt gleichzeitig: Auch mehr Chancen für unsere Jugend! Und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

15.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es stehen uns noch eineinhalb Minuten zur Verfügung. Herr Abgeordneter Dr. Zinggl, wollen Sie mit Ihrer Rede noch beginnen? (Abg. Dr. Zinggl macht eine verneinende Geste.) – Dann werde ich die Sitzung kurz unterbrechen und dann mit der Dringlichen Anfrage fortsetzen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 15.11 Uhr unterbrochen und um 15.12 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 2 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsord­nung stattfinden kann.

15.12.47 Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Gerhard Köfer und Kolle­gen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Korruptionsverdacht im Netzwerk von ÖVP-Landespolitik, der niederösterreichischen Vermögensverwal­tung fibeg, Raiffeisenlandesbanken, Hypo Banken und den Bundesagenturen OeBFA und FMA (14090/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 14090/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Warum ignoriert Ministerin Fekter die auf 12,6 Mrd. EUR gewachsene Pröll’sche Schul­denpolitik? Wieso wurde keine Experten-Troika nach St. Pölten geschickt? Weshalb wechselt ein Fekter-Adlatus an die FMA-Spitze, wenn unabhängige Prüfung dringend geboten ist?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 135

Laut § 16 des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes hat die Bundesministerin für Finanzen die Aufsicht über die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) dahingehend auszuüben, dass die FMA die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt, bei Besor­gung ihrer Aufgaben die Gesetze und Verordnungen nicht verletzt und ihren Auf­gabenbereich nicht überschreitet.

Rechtsgrundlage der fibeg (Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanage­ment GmbH) ist das Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG), welches umfassende Kontroll- und Überwachungsfunktionen der FMA begründet.

Wegen Milliardenabgängen aus nö. Landesvermögen laufen seit Jahr und Tag Ermittlungen durch die Strafjustiz, welche die ÖVP mal ignoriert, mal zu vertuschen trachtet. Zu klären ist, wie Privatisierungserlöse des Landes veranlagt wurden. – Die damit beauftragte „Land NÖ Vermögensverwaltung GmbH & Co OG“ ist eine Tochter der fibeg und der landeseigenen Hypo NÖ. Sie ist als Offene Gesellschaft konstruiert. Die Veranlagung erfolgte in vier Spezialfonds, deren eigene Rechnungskreise trans­parenter Kontrolle entzogen sind. Die Substanz dieser vier speziellen Landes-Fonds schrumpfte von 4,4 Mrd. EUR auf derzeit 3,3 Mrd. EUR. Die Lücke von einer Milliarde Euro ist bis dato offen, stellten die Prüfer des Rechnungshofes Ende 2012 fest.

Erlöse schwinden, die Schulden aber steigen: Wie aus einer aktuellen Anfrage­beant­wortung der Finanzministerin hervorgeht, sind in Niederösterreich bereits 3,2 Mrd. EUR in privatrechtlich organisierten Schuldengesellschaften geparkt. – Zusätzlich zu den Gemeindeschulden von 3,8 Mrd. EUR und den laut Rechnungshofbericht NOE 2012/3 genannten Landesschulden von 5,6 Mrd. EUR lasten auf den Schultern der Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen bereits 12,6 Mrd. EUR an Verbind­lichkeiten.

Über diese Fonds wurden als Erlöse aus dem Verkauf von Wohnbaudarlehen getarnte Darlehensaufnahmen – etwa auch aus der Österreichischen Bundesfinanzierungs­agentur (ÖBFA) – samt Belehnung sowie Privatisierungserlöse veranlagt. Eine Per­sonen­gesellschaft wie diese fibeg-/Hypo-Tochter kann aber gemäß BWG keine Bankenkonzession haben. Alleine Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Spar­kassen sind Bankenkonzessionen vorbehalten. Neueste Presseberichte erhärten den Verdacht, dass die fibeg samt Tochtergesellschaften verbotenerweise ohne Banklizenz spekuliert hat. Die Geschäfte der fibeg werden zudem von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft untersucht.

Wenn also der nö. Landeshauptmann Erwin Pröll – wie am vergangenen Sonntag im ORF – behauptet, dass weder seine Landesregierung noch sonst ein politisch Verant­wortlicher von FMA-Prüfungen wüssten, so wäre es an der Zeit, dass das verant­wortliche BMF dem Parteifreund das Bewusstsein schärft.

Die auf papierenen Gesetzesbuchstaben als unabhängig bezeichnete FMA prüft also, ob die fibeg zu ihren verlustreichen Geschäften überhaupt berechtigt war. Ohne über eine Konzession laut Bankwesengesetz zu verfügen, wären Bankgeschäfte als unerlaubter Bankbetrieb verwaltungsrechtlich strafbar. Die FMA gibt zum laufenden Verfahren gegen die fibeg keine Auskunft.

Papiertiger FMA bei Pröll handzahm

Pikanterweise kam es just dieser Tage zu einem „fliegenden Wechsel“ des ehemaligen Fekter-Sekretärs Klaus Kumpfmüller von der ÖBFA in den FMA-Vorstand. Der bisherige ÖVP-nahe FMA-Vorstand, wurde an die Nationalbank weitergereicht. Dabei war dessen Vertrag noch bis 2014 gültig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 136

Die Bestellung von Kumpfmüller ist ein brisantes Beispiel für persönliche Vernetzung in Banken, Bund und Ländern. Er war Sekretär von Maria Fekter als diese noch Staats­sekretärin im Wirtschaftsministerium war. Danach arbeitete er für die Hypo OÖ sowie die Raiffeisenlandesbank OÖ und wurde schließlich im Jahr 2011 von der frisch gekürten Finanzministerin Fekter in den Vorstand der ÖBFA bestellt. Es wäre trans­parent zu machen, ob der neue FMA-Vorstand Karriere machte aufgrund seiner Unab­hängigkeit und fachlichen Kompetenz, oder eher wegen seines persönlichen Nahever­hältnisses zur ÖVP-Finanzministerin? – Am 14. Februar wurde Kumpfmüller als neuer FMA-Vorstand gekürt – die Bewerbungsfrist endete am 8. Februar. Die anderen neun Kandidaten für den Spitzenjob blieben im Rekrutierungsverfahren gegen den Fekter-Adlatus offenbar chancenlos.

Es liegt also der Verdacht nahe, dass der bisherige ÖBFA-Vorstand Kumpfmüller von „seiner Ministerin“ nun in die FMA umdirigiert wurde. Es wird zu beobachten sein, ob die FMA unter seiner Führung bei ebenso illegalen wie verlustreichen Spekulationen mit öffentlichen Mitteln – die alle Steuerzahler betreffen – die Verfehlungen auch lückenlos aufklärt.

Die Bestellung von Kumpfmüller ist ein brisantes Beispiel für persönliche Vernetzung in Banken, Bund und Ländern. Kumpfmüller hatte bis vor seinem von Fekter ermöglichten Wechsel in die FMA noch betont, dass Salzburg vertragswidrig mit ÖBFA-Krediten spekuliert habe. Jetzt stellt sich heraus, dass die Bundesagentur in die Veranlagungen eingebunden war und ist. Die ÖBFA verteilt also nicht nur am Finanzmarkt aufgenommene Gelder an die Länder, sie macht weiterhin bei der Spekulation mit. Und das obwohl die ÖBFA nach einem 2009 aufgeflogenen Skandal strengeren Veranla­gungsregeln unterworfen wurde.

In das von einer SPÖ-Landeshauptfrau geführte Salzburg hat Fekter eine „Troika“ aus Experten von Finanzministerium, Rechnungshof und ÖBFA entsandt. – Beim (noch) tiefschwarzen Niederösterreich regiert offenbar Fekters Parteiräson.

Schuldenmacherei als Geschäftsmodell

Die verantwortungslose bis korrupte Schuldenmacherei ist der Offenbarungseid eines reformunfähig gewordenen Parteiensystems. Anstatt strukturelle Reformen im heimi­schen Finanzsystem einzuleiten und umzusetzen, wird der in den Staatsbankrott führende Kurs fortgesetzt. Seit vor mehr als zehn Jahren erstmals Schulden in außer­budgetäre Einrichtungen ausgelagert wurden gibt es auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene bereits rund 3000 privatrechtlich organisierte außerbudgetäre Einrich­tungen. Die öffentliche Hand haftet sowohl für deren Schulden als auch für deren Geschäftsführung.

An die für verantwortungslose Aufsicht zuständige Frau Bundesministerin für Finanzen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

Dringliche Anfrage

1. Die FMA hat laut § 143 des InvFG 2011 die Einhaltung des § 5 InvFG zu über­wachen. Dieser besagt, dass die Erbringung der Tätigkeiten einer Verwaltungsgesell­schaft mit Sitz im Inland einer Konzession durch die FMA bedarf. Eine Verwaltungs­gesellschaft darf außer den in Abs. 2 InvFG genannten Tätigkeiten und Geschäften, die zur Anlage des eigenen Vermögens erforderlich sind, sowie den Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Konzessionserfordernis stehen, keine anderen Tätigkeiten ausüben. In welcher Art und Weise hat die FMA hinsichtlich der Tätigkeiten der fibeg die Einhaltung des § 5 InvFG überwacht?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 137

2. Welche Begründung gibt es dafür, dass die fibeg trotz Aufsichtspflicht der FMA Geschäfte tätigen konnte, die laut Bankwesengesetz eine Bankenkonzession vor­schreiben?

3. Hat die fibeg laut § 151 InvFG eine beabsichtige Erweiterung ihres Geschäfts­gegenstandes der FMA schriftlich mitgeteilt? Wenn nein, warum nicht?

4. In Bezug auf Frage 2: Haben die FMA und in weiterer Folge die Bundesministerin für Finanzen aufgrund ihrer Verpflichtung die Aufsicht über die FMA auszuüben, in diesem Bereich ihre Aufsichtspflichten nicht mit der notwendigen Sorgfalt und Genauigkeit wahrgenommen?

5. Können Sie den Verdacht auf unerlaubten Bankenbetrieb der fibeg entkräften? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

6. Zur Erlangung einer Konzession gemäß § 6 InvFG muss das Unternehmen als Verwaltungsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben werden. Werden Aufgaben in einer Weise oder einem Umfang an Dritte übertragen, die dazu führen, dass die Verwaltungsgesellschaft zu einer Briefkastenfirma wird, hat laut § 7 InvFG die FMA die Konzession zurück­zunehmen. Die Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanagement GmbH ist zu 99 % an der Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG beteiligt. Auf Namen welcher Gesellschaft werden die Veranlagungen für das Land Nieder­österreich abgeschlossen?

7. Liegt für die Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG eine Konzession gemäß InvFG vor? Wenn nein, warum nicht?

8. Wie begründen Sie, dass die Substanz der vier Fonds, über die die Erlöse aus dem Verkauf der Wohnbaudarlehen in Niederösterreich und aus Privatisierungen veranlagt werden, von 4,4 Mrd. Euro auf 3,3 Mrd. Euro geschrumpft ist?

Kann davon ausgegangen werden, dass der Beirat, welcher diese Geschäfte über­wacht, seine Aufgaben allumfassend wahrgenommen hat? Wenn nein, warum nicht?

Hat die FMA und in weiterer Folge die Bundesministerin für Finanzen aufgrund ihrer Verpflichtung die Aufsicht über die FMA auszuüben, diese Aufsichtspflicht verletzt? Wenn nein, warum nicht?

9. Trotz Beschlusses des niederösterreichischen Landtages über eine konservative Veranlagungsstrategie wurde – in weiterer Folge – zu riskanteren Anlageformen über­gegangen und im Jahr 2008 um die 800 Mio. Euro in alternativen Investments veranlagt.

Hat die FMA und in weiterer Folge die Bundesministerin für Finanzen aufgrund ihrer Verpflichtung die Aufsicht über die FMA auszuüben, diese Aufsichtspflicht verletzt? Wenn nein, warum nicht?

10. Hat die fibeg ihre regelmäßigen Meldeverpflichtungen gemäß § 152 InvFG an die FMA eingehalten? Wenn nein, warum nicht?

11. Klaus Kumpfmüller war bereits zu Ihrer Zeit als Staatssekretärin im Wirtschafts-ministerium Ihr Sekretär. Danach war er bei der RLB OÖ, der Hypo OÖ und schließlich bei der ÖBFA tätig.

War des neuen FMA-Vorstandes Naheverhältnis zur Frau BM sowie die professionelle Vergangenheit bei „ÖVP-nahen“ Banken bei der Personalfindung kein Thema?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 138

12. Unter welchen objektivierbaren Rahmenbedingungen ist die Personalentscheidung zugunsten von Klaus Kumpfmüller und zu Ungunsten der anderen neun BewerberIn­nen für den FMA-Spitzenjob erfolgt?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs.1 GOG verlangt.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Frau Abgeordneter Kaufmann-Bruckberger als erster Fragestellerin zur Begründung der Dringlichen Anfrage das Wort.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung diese Begründung 20 Minuten nicht überschreiten darf. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.13.19

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Finanzministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! In Wahrheit ist es bereits für jeden ersichtlich: Die Politik der ÖVP kann man mit drei Worten beschreiben, nämlich mit Freunderlwirtschaft, Parteibuch­wirt­schaft und Proporz. Daran hat sich in den letzten 25 bis 30 Jahren nichts geändert.

Wenn man sich die „Pressestunde“ am vergangenen Sonntag angeschaut hat, dann ist einem auf jeden Fall aufgefallen, dass der Herr Landeshauptmann von Niederöste­rreich – und ich möchte auch sagen: der eigentliche Schattenkanzler dieser Regie­rung – sein wahres Gesicht gezeigt hat, indem er ganz deutlich bewiesen hat, dass in Niederösterreich eine Diktatur besteht, denn auf die Frage, wo denn das Geld der Niederösterreicher geblieben ist, wo denn das Geld der Niederösterreicher veranlagt ist, wie es mit einer Offenlegung ausschaut, oder ganz einfach auf die Frage: Wo ist das Geld?, hat er ganz lapidar gemeint, es gehe da um gesetzliche Normen, es gehe da um Vertraulichkeit und er könne keine Auskunft darüber geben.

Meine Damen und Herren von der ÖVP – speziell jene von der ÖVP Niederösterreich –, das ist eine verkrustete Altpolitik, das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun. Die Budgethoheit des Landes liegt beim Landtag. Und das sollte sich der Landes­haupt­mann von Niederösterreich, aber auch sein Landesrat, der Musikprofessor, einmal merken, das sollten die beiden vor allem ganz einfach auch zur Kenntnis nehmen.

Nicht einmal die Landesregierung hat Einblick in die Veranlagungen, hat er gesagt. Da muss ich, ganz ehrlich, sagen: Das ist dann ein ordentlicher Sauhaufen – wenn ich das jetzt einmal so benennen darf –, wenn der Landtag und nicht einmal die Landes­regierung einen Einblick in spekulative Finanzgeschäfte haben.

Landeshauptmann Pröll hat dann noch weiter gesagt, er würde applaudieren, wenn die Finanzmarktaufsicht dem Landtag Einsicht gewähren würde.

Frau Bundesministerin, ich weiß jetzt nicht genau, wie man diese Aussage werten soll, aber ich frage mich schon: Gibt es da Absprachen zwischen der FMA und dem Land Niederösterreich, keine Informationen hinauszulassen, keine Informationen an den Landtag, an die Niederösterreicher vor dem 3. März hinauszulassen? Gibt es da eine sogenannte Schützenhilfe von Ihnen?

Meine Damen und Herren! In dieser ganzen Veranlagungsthematik des Landes Niederösterreich geht es nicht um ein privates Glücksspiel. Der Landeshauptmann und auch sein Kollege, der Landesrat für Finanzen, spekulieren nicht mit ihrem eigenen Geld, sondern sie spekulieren klassisch mit Steuergeldern. Das heißt also, das „Casino Sobotka/Pröll“ wurde eröffnet, und sie verspielen Steuergelder.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 139

Es muss auch offengelegt werden, was denn mit den Provisionen in der Höhe von 200 Millionen passiert ist. Es werden sogar bis zu 500 Millionen kolportiert.

Ich behaupte jetzt einmal: Die Provisionen haben die Banken bekommen. Ob da auch die Hypo Niederösterreich dabei ist, ob da auch die Landesraiffeisen dabei ist, das gilt es zu untersuchen. Und vor allem ist auch zu klären, ob es da nicht auch eine sogenannte Kick-Back-Finanzierung an die ÖVP Niederösterreich gegeben hat, denn in Niederösterreich fragt sich schon mittlerweile ein jeder, wie die ÖVP ihren Wahlkampf finanziert. Man spricht von bis zu 20 Millionen. Die Frage ist: Sind das auch Steuergelder?

Meine Damen und Herren! Bei den Veranlagungen in Niederösterreich liest und hört man, dass es um 8 Milliarden geht. Forderungen in der Höhe von 8 Milliarden wurden verzinst, verkauft, und man hat dafür 4,4 Milliarden bekommen. Diese wurden dann der „Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG“, einer Tochter der landeseigenen fibeg und der landeseigenen Hypo, überwiesen. Diese ist sozusagen der Hauptsitz des „Casino Pröll/Sobotka“, mit dem Sitz Landhausplatz 1 in Sankt Pölten.

Ich frage Sie aber jetzt, Frau Bundesministerin: Wie ist es möglich, dass eine Per­sonengesellschaft derartige Veranlagungen machen kann? – Soweit ich informiert bin, braucht man dafür eine Bankenlizenz, und gemäß dem Bankwesengesetz wird eine Bankenlizenz nicht an Personengesellschaften vergeben. Das heißt, da bedarf es auch einer Aufklärung dieser durchaus rechtlich bedenklichen Situation.

Aber kommen wir noch einmal zurück zu den 4,4 Milliarden, denn die beschäftigen uns Niederösterreicher! – Diese wurden widerrechtlich veranlagt, sage ich jetzt einmal, wobei das „widerrechtlich“ nicht ganz stimmt, da muss man natürlich einen Exkurs in das Jahr 2001 machen. Das ist nämlich genau jenes Jahr, in dem man in Nieder­österreich nicht nur den Beschluss gefasst hat, Finanzgeschäfte zu tätigen, sondern auch die Zweckwidmung der Wohnbauförderungen der Länder aufgehoben hat. Seither sind die Länder nicht mehr verpflichtet, die Darlehensrückflüsse wieder für die Wohnbauförderung einzusetzen.

Ich meine, mit diesem Beschluss hat das ganze Desaster begonnen. Ich sage jetzt einmal, der damals zuständige Minister war zu diesem Zeitpunkt eher der ÖVP zuzu­rechnen. Aber wie auch immer, seit dem Startschuss zu diesem Desaster, nämlich der indirekten Genehmigung für Spekulationen, sind die Gelder für den Wohnbau dramatisch rückläufig, und Niederösterreich ist da leider Gottes ein negativer Vorreiter.

Diese 4 Milliarden € wurden also mit Genehmigung des Bundes vor elf Jahren veranlagt. Es hat ein Muss-Ziel von 5 Prozent gegeben. Die hat man nicht erreicht, sondern eine durchschnittliche Verzinsung von 2 Prozent. (Ruf bei der ÖVP: 3,2 Pro­zent!) – Zu den 3,2 Prozent komme ich dann noch.

Das heißt also auch, dass es ganz offensichtlich ist, dass es hier massive Verluste gibt. Es steht eine Zahl im Raum, nämlich 1,8 Milliarden, die bereits als verloren gelten; 1,8 Milliarden €, die, wie ich jetzt einmal sage, den Niederösterreichern schon weiter­helfen könnten, 1,8 Milliarden, die man zum Beispiel für den Kampf gegen die Arbeits­losigkeit einsetzen könnte. Jeder zehnte Niederösterreicher ist arbeitslos, jeder vierte Über-50-Jährige sucht eine Arbeit, und jeder sechste Jugendliche ist auch arbeits­suchend.

Ich sage jetzt einmal, das hat nicht nur etwas mit Politikversagen zu tun, sondern das ist auch eine ganz klassische Misswirtschaft, die im Land Niederösterreich ganz einfach Fuß gefasst hat. Und es scheint wirklich, Frau Bundesministerin, dass Sie das decken, zumindest bis zum Wahltag am 3. März. (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 140

Frau Bundesministerin Fekter, ich werde Sie heute nicht fragen, ich mache das zu einem anderen Zeitpunkt, aber es hat schon auch so den Anschein, dass man sich fragen muss, ob Sie nicht vielleicht doch irgendwie weisungsgebunden gegenüber dem Herrn Landeshauptmann sind. Aber, wie gesagt, diese Frage werde ich ein anderes Mal stellen.

Es ist auf jeden Fall bedauerlich, dass die Ermittlungen der SOKO Cetium, also St. Pölten, im Bundeskriminalamt zwar personell verstärkt werden sollen, dass es aber, wie man auch liest, erst so weit kommen soll, also dass diese Aufstockung erst statt­finden soll nach dem 3. März. Das ist sehr bedauerlich, denn eigentlich wollten wir jetzt schon oder so rasch wie möglich eine Aufklärung haben. Aber auch das sieht fast so aus, als gäbe es da eine Weisung aus dem Landeshauptmann-Büro.

Frau Bundesministerin, Sie heißen Fekter, das ist vielleicht ein Glück, denn sonst hätte Pröll vielleicht vier S. So hat Pröll nur drei S: S wie Strasser, verurteilt wegen Bestechlichkeit; S wie Schneeberger, beschuldigt wegen Bilanzfälschung und Untreue; und S wie Sobotka – und ich sage jetzt einmal, auch das wird noch ein Fall werden für die Justiz, ein Fall für die SOKO St. Pölten. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich glaube, gerade in diesen Fällen wird es dann auch bald einmal aus sein mit der Freundschaft. Aber dafür funktioniert die Freunderlwirtschaft im Finanzministerium sehr gut. Da gibt es einen Schmiergeldskandal in der Oesterreichischen Banknoten- und Sicherheitsdruckerei, und der tiefschwarze Wolfgang Duchatczek fällt dann in Un-gnade, bezieht aber weiter sein Gehalt und in weiterer Folge wahrscheinlich auch noch seine OeNB-Pension. Da kann man nur sagen, das ist echte schwarze Freundschaft.

Den freien Platz in der OeNB bekommt dann Kurt Pribil, der schon seit 2001 an der Spitze der FMA ist und wirtschaftspolitischer Berater Wolfgang Schüssels war – also auch eine echte schwarze Freundschaft. Warum man ihn jetzt aber in die OeNB gibt und als seinen Nachfolger Klaus Kumpfmüller bestellt, gerade jetzt, wo es um Aufklä­rung geht, das bleibt jetzt auch einmal offen oder zu hinterfragen. Ich nehme an, dass Klaus Kumpfmüller sich natürlich in seiner Funktion als Großkundenbetreuer in der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, aber auch in der Hypo Oberösterreich die geeigneten Qualitäten aneignen konnte. Oder aber vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass er Ihr ehemaliger Sekretär ist. – Wie gesagt, es ist klassische Freun­derl­wirtschaft im Finanzministerium.

Es ist aber auch eine total verkrustete Personalpolitik, ganz einfach made by ÖVP, und ich muss jetzt einmal ganz ehrlich fragen: Warum, Frau Bundesministerin, wechselt ein Fekter-Adlatus an die FMA-Spitze, wenn unabhängige Prüfungen dringend geboten sind, wenn es einen Korruptionsverdacht im Netzwerk der ÖVP Niederösterreich gibt?

Meine Damen und Herren, ich sage jetzt einmal: Schuldenmacherei als Geschäfts­modell, das ist die Finanzpolitik in dieser Bundesregierung, das ist die Devise. Und ich frage mich jetzt einmal, ob dieser Punkt auch in den Koalitionsvereinbarungen drinnen steht. Herr Klubobmann! Steht das irgendwie drinnen? Herr Klubobmann Cap! – Der Herr Klubobmann Kopf hört nicht zu. – Ich glaube jetzt einmal: Ja, es steht im Koali­tions­abkommen.

Jedenfalls sprechen die Zahlen in Niederösterreich eine ganz deutliche Sprache. In den letzten vier Jahren, also im Zeitraum Ihrer Koalition, hat Pröll die Haftungen des Landes um 80 Prozent erhöht. Niederösterreich hat jetzt Haftungen im Ausmaß von 12 Milliarden €. Die Schuldenpolitik kann man nur als echtes Desaster bezeichnen. 3,2 Milliarden € sind privatrechtlich organisierten Schuldengesellschaften zuzurechnen; dazu Gemeindeschulden von 3,8 Milliarden €, Landesschulden von 5,6 Milliarden € – das macht in Summe einen schweren Schuldenrucksack von 12,6 Milliarden € für die Niederösterreicher. Das ist eine Misswirtschaft, und es hat niemand eingegriffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 141

Ich muss auch fragen: Warum hat man das ignoriert? Warum hat man nichts gegen diese Schuldenpolitik in Niederösterreich gemacht? Warum wurde nicht auch nach Niederösterreich eine sogenannte Experten-Troika geschickt? Im Fall von Salzburg hat man das ja sehr wohl gemacht. Ich kann auch nur hoffen, dass sich dieses nieder­österreichische Desaster nicht auch noch in anderen Bundesländern abspielt bezie­hungsweise dort zum Vorschein kommt, denn sonst könnte es natürlich für uns alle ein massives Problem geben, und wir hätten dann auch Zustände wie in den Südländern Griechenland, Spanien, Portugal oder in sonstigen Pleitestaaten. Ich persönlich möchte nicht Österreich zu diesen Pleitestaaten zählen müssen. (Beifall beim Team Stronach.)

Gerade bei dieser verfehlten Finanzpolitik des Bundes, aber auch des Landes Nieder­österreich fragt man sich dann natürlich, warum die Bundesregierung immer wieder einen Kniefall vor Brüssel macht. Man folgt allen Forderungen dieser Technokraten aus dem EU-Moloch, und keiner sagt: Nein, wir brauchen unser Geld eigentlich jetzt einmal selbst!

Aber ich komme jetzt noch einmal zurück zu den Spekulationen in Niederösterreich, denn der Landeshauptmann von Niederösterreich sagt ja bei jeder Gelegenheit, wie erfolgreich diese Veranlagungen seien: Mit einem Durchschnittsertrag von 3,2 Prozent pro Jahr sei es besser als jedes Sparbuch. – Ich meine, eigentlich klingt das ja auch ganz logisch. Der Rechnungshof allerdings spricht von 1,8 Prozent. Der Finanzlandes­rat spricht von 2,2 Prozent und der Landeshauptmann von 3,2. Das heißt, ein kurzes Telefonat zwischen Pröll und Sobotka über die Frage: Wie viele Prozent haben wir jetzt verdient?, ich glaube, das wäre das Mindeste, das man verlangen könnte.

Aber es wäre natürlich alles ein Geschäft, jeder Prozentsatz wäre ein Geschäft gewesen, wenn man diese 4,4 Milliarden € in bar gehabt hätte. Das hat man aber nicht gehabt, sondern man hat gewaltige Wohnbaudarlehen, die ausständig waren, im Gesamtwert von rund 8 Milliarden € verkauft. – Man kann diese Forderungen natürlich verkaufen, das ist total legal. Aber das kostet natürlich auch etwas, und deshalb ist es dann auch zu dieser Abzinsung gekommen. Und übrig geblieben sind 4,4 Milliarden €, die man dann angelegt hat.

Wenn man jetzt mit 4,6 Prozent, wie man hört, abgezinst hat und eine jährliche Rendite von 1,8 Prozent laut Rechnungshof und 3,2 Prozent laut Landeshauptmann – ich persönlich glaube eher den Zahlen des Rechnungshofes – erzielt hat, dann ist es offensichtlich, dass es einen Verlust gegeben hat. Ein Gewinn kann erst dann ent­stehen, wenn nach Ende dieser Veranlagungszeit zumindest ein Plus von 8 Milliar­den, oder besser gesagt, 8 Milliarden und ein Cent, da ist. Dass es so weit kommen wird, das wird sich – ich glaube, das wissen wir alle – nicht mehr ausgehen. Und auch wenn der Herr Landeshauptmann glaubt, dass mit Ende der Laufzeit, also mit Ende der Laufzeit von 20 Jahren, in puncto dieser Veranlagungen eine Durchschnittsverzinsung von 5 Prozent zu erreichen ist, dann muss ich ganz ehrlich sagen, ich glaube nicht an die Bankkenntnisse des Landeshauptmannes von Niederösterreich, denn dann würde das bedeuten, in den nächsten acht Jahren eine durchschnittliche Verzinsung von jährlich 11,7 Prozent erreichen zu müssen, und das scheint mir nicht wirklich machbar. (Beifall beim Team Stronach.)

Das heißt also, das ist, kurz gesagt, eine verantwortungslose Schuldenmacherei. Die strukturellen Reformen im Finanzsystem, die müssten eigentlich eingeleitet werden. Man schaut weg, man macht überhaupt nichts. Ich sage jetzt einmal, der Kurs in Richtung Staatsbankrott geht weiter. Niemand macht etwas dagegen, und es kommen keine lustigen Zeiten auf uns zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 142

Man hat den Gemeinden, aber auch den Ländern und dem Bund die Möglichkeit gegeben, Betriebe auslagern zu können, und zwar damit diese budgetär nicht ins Gewicht fallen, damit man die Maastricht-Kriterien erfüllt. Das heißt aber auch, dass der österreichische Steuerzahler derzeit für über 3 000 Betriebe in Österreich haftet. Man muss den Menschen ganz einfach auch einmal sagen, dass sie Haftungen über­nommen haben. Wenn es schiefgeht, muss man dafür zahlen. Wenn es gut geht, gibt es aber keine Gewinnbeteiligung an den Betrieben. Im Gegenteil, der Schaden für die Steuerzahler wird immer größer.

Hinzu kommt dann natürlich noch, wie man hört und liest, dass es auch Gemeinden gegeben hat, die sich sogar Kredite aufgenommen haben, um mit diesem Geld zu spekulieren. Das heißt, man wettet auf die Entwicklung von Währungen, man wettet auf die Entwicklung von Zinsen, und ich glaube, dass das nicht das Kerngeschäft der Länder und der Gemeinden und schon gar nicht des Bundes ist.

In Wahrheit sind es dann die Menschen – und ich glaube, wir sind wirklich die Ersten, die sich trauen, ihnen das einmal zu sagen –, nämlich die Steuerzahler, die das tatsächliche Risiko tragen. Es ist nicht der Landeshauptmann, es ist nicht der Musik­professor, es ist der Steuerzahler. Das ist in unseren Augen eine verantwortungslose Politik, das ist eine Misswirtschaft, und das ist eine Vergeudung von Volkseigentum. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Vergeudung von Volkseigentum, die kann man auch mit einem ganz klassischen Beispiel belegen. So war es zum Beispiel mitten in der Staatsschuldenkrise, kurz nachdem man Österreich das Triple A aberkannt hat (Abg. Öllinger: „Staatsschulden­krise“? Erklären Sie mir das, bitte!), also ungefähr vor einem Jahr, als die Republik Österreich eine Anleihe in Höhe von 2 Milliarden € aufgenommen hat. Diese 2 Milliar­den haben eine relativ überschaubare Verzinsung, nämlich 3,8 Prozent. Der Wahnsinn dabei ist nur, dass diese Anleihe über 50 Jahre läuft. Das heißt, für diese 2 Milliarden € müssen wir 4 Milliarden € allein an Zinsen bezahlen! – Das ist keine verantwortungs­volle Politik. Das wird den nächsten Generationen nicht helfen, die 300 Milliarden €, die wir derzeit an Schulden haben, die Haftungen von rund 160 Milliarden € abzubauen – beziehungsweise man muss ja auch ganz ehrlich sagen, dass die Staatsverschuldung jedes Jahr steigt.

Ich sage abschließend noch einmal: Diese Schuldenberge können wir den nächsten Generationen nicht hinterlassen. (Beifall beim Team Stronach.)

15.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.33.43

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Abgeordnete, wenn Sie hier am Rednerpult sagen, der Kurs zum Staatsbankrott gehe munter weiter, dann ist das derart ein hanebüchener Unsinn, den ich ganz entschieden zurückweise! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Öllinger: Das versteh ich sogar!)

Wir haben von drei Ratingagenturen Triple A und sind damit eines der wenigen Länder in Europa mit Triple A. Wir haben bei einer Agentur AA1 mit stabilem Ausblick. Also ganz Europa schaut auf uns, wie wir das hinkriegen, weil wir nämlich erfolgreicher sind als alle anderen rund um uns. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Das haben Sie bei Griechenland auch gesagt!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 143

Vor zwei Wochen haben wir im Finanzministerium einen Staatsvertrag zwischen dem Bund, den Ländern, dem Städtebund und dem Gemeindebund unterzeichnet, und alle haben sich darauf verständigt, dass Schluss sein muss mit Spekulationen mit Steuer­geld. Alle haben kooperativ daran gearbeitet, dass wir die Grundsätze verankern und dass es in Zukunft keine Spekulationen mehr gibt. Das ist auch mir ein großes Anliegen.

Wir haben über die Weihnachtsfeiertage rasch gearbeitet: erstens, ein bundesweites Gesetz für die strengeren Auflagen vorbereitet, zweitens, diesen Staatsvertrag mit den Ländern und Kommunen vorbereitet, drittens, eine Verfassungsbestimmung, eine Staatszielbestimmung legistisch formuliert und dem Hohen Haus vorgelegt. Viertens habe ich eine Weisung gegeben, dass die OeBFA ihre Verträge mit den Ländern strenger kontrolliert. Seit damals haben auch mehrere Verhandlungen in diesem Hohen Haus mit der Opposition stattgefunden, und ich bedanke mich für die sehr konstruktive Stimmung, die dort geherrscht hat, um zu einer Lösung zu kommen. Ich bin auch überzeugt, dass die weiteren Verhandlungen zu einer Lösung führen werden.

Wir haben rasch gehandelt und inhaltlich, glaube ich, über weite Strecken gute Ergeb­nisse erzielt. Dieser Staatsvertrag, das ist das Herzstück dazu. Einheitlich und umfas­send haben wir definiert, was in Zukunft nicht mehr geht. Gleichzeitig haben wir dann die Verfassungsbestimmung weiter ergänzt um die Grundsätze, die wir in der Artikel-15a-Vereinbarung schon festgelegt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit ist allen Parteien bewusst gewesen, dass Vorkommnisse, wie es sie in Salzburg gegeben hat, oder nach den Turbulenzen in einigen Städten wie beispielsweise Linz und St. Pölten, in Zukunft nicht mehr geschehen sollen und dass man anders vorgeht. (Abg. Dr. Jarolim: Bitte ein Mindest­maß an Objektivität!) Im Hinblick auf die Steuergeldverwendung ist es notwendig, dass man es nicht zum Spekulieren auf den Finanzmärkten verwenden darf. Und schon gar nicht darf man Schulden machen, um zu spekulieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Bundesländer – alle, auch Salzburg, aber auch Niederösterreich, Wien, natürlich Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich – haben sich dazu bekannt, dass neue Grundsätze betreffend das Spekulationsverbot ausgearbeitet wurden. Der erste Grundsatz umfasst alle Risikoarten. Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass es nur um die Fremdwährungsrisiken geht oder dass es nur um die Zinsrisiken geht – die Zinsen waren eben vor zehn Jahren anders, als sie heute sind –, es geht auch um das Liquiditätsrisiko, das Kreditrisiko, das Marktrisiko, das operatio­nelle Risiko. Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Risiken sind von der öffentlichen Hand zu vermeiden, und es darf nicht fahrlässig ein Risiko in Kauf genommen werden, um sich ein Körberlgeld zu machen. Das soll in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Der zweite Grundsatz ist mehr Transparenz. Es muss Berichte geben an die jeweiligen Entscheidungsträger, an die Landtage, an die Gemeinderäte, an den Nationalrat, an die Statistik Austria, aber auch an den Staatsschuldenausschuss. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu dieser Transparenz gehört auch ein einheitliches Rechnungswesen, damit Vergleichbarkeit hergestellt werden kann. Es ist nicht mehr gerechtfertigt, auch nicht mehr zeitgemäß, dass man mit der Kameralistik gewisse Dinge einfach nicht publik macht, beispielsweise, wie in Salzburg passiert, beim aktiven Finanzmanagement. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Gott sei Dank hat sich Salzburg schon bereit erklärt, das neue Rechnungswesen, so wie es der Bund kennt, auch zu übernehmen.

Als Drittes braucht es dann eine strategische Planung und Berichte darüber. Man kann nicht „Loch auf, Loch zu“ Finanzgeschäfte tätigen oder, je nachdem, wie die Börse sich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 144

eben bewegt, Schulden aufnehmen und dann zocken. Das gehört der Vergangenheit an. Es ist ein transparentes Liquiditätsmanagement abzuwickeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun zum vierten Prinzip. – Beim Spekulieren muss man vorweg ein Vier-Augen-, ein Sechs-Augen-Prinzip einführen, um klare Unvereinbarkeiten auszuschließen, um den Missbrauch hintanzuhalten. Dazu gehört auch die Trennung in personeller und organisatorischer Hinsicht von jenen, die die Finanzentscheidungen treffen, und jenen, die die Kredite aufnehmen, und dann noch dazu von jenen, die dann die Buchhaltung durchführen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben diese Grundsätze im Detail ver­handelt, in einer Artikel-15a-Vereinbarung verankert und mit einem Sanktionsmecha­nis­mus versehen – in Anlehnung an den Stabilitätspakt, den die Länder ja schon haben.

Bei der Finanzierung und der Veranlagung sollen in Zukunft alle vermeidbaren Risiken ausgeschlossen werden, und dort, wo es Risiken gibt, müssen sie minimiert bezie­hungsweise abgemildert werden.

Es ist außerdem verboten – und das soll in die Verfassung geschrieben werden –, mit Schulden Spekulationen zu betreiben. Darüber gibt es unter den Fraktionen Konsens.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gehört zum seriösen Arbeiten mit öffent­lichem Geld, dass zuerst die Schulden abgebaut werden müssen, und dann, wenn noch Geld übrig ist, ist dieses risikominimierend und insgesamt konservativ zu veranlagen.

Was schon seit Jahren für den Bund Standard ist, soll dank dem Spekulationsverbot in den unterschiedlichen Ausprägungen – nämlich im Staatsvertrag, im Gesetz über die Geschäfte mit der OeBFA, in den Verfassungsbestimmungen, in der Ermächtigung, dass wir auch die Gemeinden mit an Bord haben – in Zukunft für alle Bereiche gelten, auch für die ausgegliederten Bereiche, auch für jene Firmen, die der öffentlichen Hand gehören und die zum Sektor Staat zu rechnen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zuversichtlich, dass dieses Speku­lationsverbot hier im Hohen Haus nach noch weitergehenden Verhandlungen in der nächsten Plenarsitzung verabschiedet werden kann und damit auch das Parlament die 15a-Vereinbarung ratifiziert. Denn erst, wenn das Parlament und alle Landtage diesen Staatsvertrag ratifiziert haben, können die Länder wieder Geld bei der OeBFA aufnehmen. Die Gespräche, die hier im Hohen Haus zwischen den Klubs geführt werden, werden mit Sicherheit zu einem Konsens führen. Ich glaube, der Konsens, dass wir keine Spekulationen wollen, der ist ja spürbar; der Weg dorthin ist noch nicht zu Ende gegangen, da brauchen wir noch etwas Zeit. (Abg. Öllinger: Da waren Sie aber auch schon optimistischer! – Abg. Mag. Kogler: ... Steine in den Weg werfende Landeshauptleute ...!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Vertragspartner, die bei diesen Verein­barungen dabei waren, haben bewiesen, dass sie verantwortungsvoll handeln. Sie haben gemeinsam die richtigen Schritte gesetzt. Die Länder waren sehr kooperativ und haben rasch zu einem Konsens gefunden. Und auch, wenn heute hier nur Wahlkampfgeplänkel zu hören war: Auch Niederösterreich war kooperativ und hat die 15a-Vereinbarung unterfertigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, und nun zur Beantwortung der an mich gerichteten Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 10 (Abg. Grosz: Ja!):


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 145

Gemäß § 1 Abs. 1 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz ist die Finanzmarktaufsichts­be­hörde eine unabhängige und weisungsfreie Behörde. Der Bundesministerin für Finanzen kommen in der operativen Bankenaufsicht selbst keinerlei Vollzugskompe­ten­zen zu, weder Weisungsrechte noch andere Vollzugskompetenzen.

Die Funktion des Finanzministeriums ist im Aufsichtssystem auf die Rechtsaufsicht über die FMA beschränkt und nicht auf die Kontrolle, die die FMA durchführt. Damit verfügt das BMF weder über Informationen zu konkreten Fällen, noch hat es Zugriff auf die umfangreichen Aufsichtsdaten von Nationalbank und FMA.

Das in § 16 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz normierte Auskunftsrecht kann durch das Bundesministerium für Finanzen nur im Fall begründeter Zweifel an der Recht­mäßigkeit der Aufsichtstätigkeit der FMA ausgeübt werden. Da die Finanzmarktaufsicht von sich aus im Hinblick auf die für das Land Niederösterreich eingerichteten Spezial-Investmentfonds tätig war und diese auch entsprechend und periodisch geprüft hat, hat für das Bundesministerium für Finanzen keinerlei Veranlassung bestanden, Maßnah­men nach § 16 FMABG zu ergreifen.

Zu den Fragen 11 und 12:

Gemäß § 5 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz besteht der Vorstand der FMA aus zwei Mitgliedern, die auf Vorschlag der Bundesregierung vom Herrn Bundesprä­siden­ten bestellt werden, wobei der Bundesministerin für Finanzen und der Oester­reichi­schen Nationalbank die Nominierungen für je ein zu bestellendes Vorstands­mitglied obliegen.

Aufgrund der Beendigung der Funktionsperiode des Vorstandsmitglieds Mag. Helmut Ettl und der Zurücklegung des Vorstandsmandats von Dr. Kurt Pribil im Hinblick auf dessen Bestellung zum Mitglied des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank wurden beide Vorstandsfunktionen unter Anwendung der Bestimmungen des Bundes­gesetzes über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmens­bereich, dem sogenannten Stellenbesetzungsgesetz, öffentlich und gesetzeskonform nach objektiven Kriterien ausgeschrieben.

Die eingelangten Bewerbungen wurden unter Zugrundelegung der ausgeschriebenen objektiven Kriterien einer Prüfung durch eine weisungsfreie und unabhängige Begut­achtungskommission, bestehend aus Vertretern der OeNB und des BMF, unterzogen. Mag. Klaus Kumpfmüller und Mag. Helmut Ettl wurden dabei als von allen Kandidaten am besten und im höchsten Ausmaß geeignet befunden. (Abg. Mag. Kogler: So eine Überraschung!)

Die Begutachtungskommission hat aufgrund der jeweils gesetzlich zukommenden Nominierungsrechte Mag. Klaus Kumpfmüller mir selbst als Bundesministerin für Finanzen und Mag. Helmut Ettl dem Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank zur Bestellung vorgeschlagen.

Die Bundesregierung hat in der Sitzung des Ministerrates am 12. Februar 2013 beschlossen, dem Herrn Bundespräsidenten vorzuschlagen, Mag. Klaus Kumpfmüller und Mag. Helmut Ettl als Mitglieder des Vorstandes der FMA zu bestellen.

Der Herr Bundespräsident hat mit den jeweiligen Ernennungsdekreten vom 14. Feb­ruar 2013 die beiden genannten Herren zu Vorstandsmitgliedern der FMA für eine Funktionsperiode von jeweils fünf Jahren bestellt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Krainer. – Abg. Mag. Kogler: Was gibt es da zu klatschen?)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 146

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte. (Abg. Grosz: Jetzt wird es richtig lustig! Der neue Finanzexperte vom Team Stronach, seitdem er Geld vom Stronach kriegt!)

 


15.48.28

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Man könnte es eigentlich mit diesen Worten sagen: Wo Pröll draufsteht, da sind Geldverschwendung und Schulden drin!

Gehen wir ein bisschen zurück in der parlamentarischen Geschichte, da ist ja sehr viel passiert in den letzten vier Jahren, und erinnern wir uns: Da hat es einmal einen Finanz­minister und Vizekanzler Josef Pröll gegeben, der immer davon gesprochen hat – nachdem er unser hart verdientes Steuergeld nach Griechenland und in die Banken verschoben hat –, dass man da ein wunderbares, gutes Geschäft macht.

Wie gut dieses Geschäft war oder ist, das wissen wir mittlerweile alle, wenn wir wissen – und das haben Sie ja bestätigt, Frau Finanzminister –, dass Griechenland dieses ausgeliehene Geld nicht mehr zurücküberweisen wird. (Bundesministerin Dr. Fekter: Wer sagt das? Wissen Sie das schon?) – Also dieses Geschäft geht in die Hose, das wissen wir. Und wenn man sieht, wie sich die Finanzsituation in Europa darstellt, dann muss man kein Prophet sein, um hier zu sagen, dass wir von dem Geld nie mehr etwas sehen werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Damit gehe ich weiter zum anderen Pröll, und zwar zu Erwin Pröll: Der verzockt die Wohnbaugelder und die Steuermilliarden. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer.)

Meine Damen und Herren! Die Kollegin (der Redner zögert) Kaufmann-Bruckberger hat ja zuvor schon einige Sachen gesagt (Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ), wie es in Niederösterreich zugeht. Ich möchte aber dazu vielleicht ein paar Kleinigkeiten mit ein paar Zahlen untermalen. (Abg. Grosz: Ich würde sagen: Setzen!)

Aus einem Bericht geht laut Bundesministerium für Finanzen hervor, dass in Nie­derösterreich bereits 3,2 Milliarden € in Schuldengesellschaften geparkt sind. (Abg. Grosz: Das ist die erste Dringliche des Team Stronach, ein Gestotter!) Die Gemeinde­schulden werden in Niederösterreich mit 3,8 Milliarden € ausgewiesen und die Landesschulden mit 5,6 Milliarden €. (Abg. Grosz: Da redet ja der Stronach noch besser!) Wenn man das jetzt zusammenzählt, dann sind wir bei 12,6 Milliarden € Schulden in Niederösterreich.

Meine Damen und Herren, das sind Fakten und Zahlen, die hier einmal klar darlegen sollen, dass man gescheiter Schulden zurückzahlen und nicht Geld verzocken sollte.

Frau Minister, Sie haben vorhin auf die Artikel-15a-Vereinbarung zu Spekulationen hingewiesen. – Wir hatten heute in der Früh schon eine kurze Debatte dazu, Sie haben aber gestern auch die Kritik des Rechnungshofes in dieser Angelegenheit gehört, und zwar dahin gehend, dass da sehr vieles noch offen ist und dass hier mit den Ländern verhandelt werden muss. – Und wir alle wissen, wer da auf der Bremse steht: Das ist wieder einmal der liebe Erwin Pröll, der sich hier wieder nicht in die Karten schauen lassen will. Und wie die Zahlen beweisen, wenn man sich den Schuldenstand von Niederösterreich anschaut, hat er auch allen Grund dazu. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Grosz: Da redet ja der Stronach noch besser Deutsch!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 147

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt noch auf etwas zurückkommen, das Sie vorhin gut erklärt haben, nämlich warum Sie den Herrn Kumpfmüller bei der FMA beschäftigt haben. Es ist schon interessant, wenn man sich anschaut, wie dieser fliegende Wechsel funktioniert hat.

Der Herr Kumpfmüller war früher Mitarbeiter bei der damaligen Frau Staatssekretärin Maria Fekter im Wirtschaftsministerium. (Abg. Krainer: Wann war das? Vor 20 Jah­ren? – Bundesministerin Dr. Fekter: Vor 23 Jahren, und er war ...!) Er war dann bei der HYPO Oberösterreich, bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich beschäftigt. (Abg. Krainer: Wie lange war er vor 23 Jahren beschäftigt? – Bundesministerin Dr. Fekter: Eineinhalb Jahre!) – Ja, dann ist es schon eigenartig, dass genau jetzt, wo in Nieder­österreich der Hut brennt, diese Spitze in der Finanzmarktaufsicht ausgewechselt wird und da meiner Ansicht nach ganz klar eine nicht ganz unpolitische Besetzung stattgefunden hat. (Abg. Ursula Haubner: Nur deiner Ansicht nach!)

Meine Damen und Herren! Schulden, wohin man schaut – nicht nur in Nieder-öster­reich. Ich möchte vielleicht noch auf ein paar andere Sachen zu sprechen kommen.

Schauen wir uns das (der Redner hält einen Ausdruck eines Zeitungsartikels in die Höhe) an: „70 Prozent der Gemeinden im Minus“. – Das ist nicht von mir erfunden. 70 Prozent der Gemeinden sind hoch verschuldet. (Abg. Grosz: Erzählen Sie uns etwas aus Vorarlberg! – Zwischenruf des Abg. List.) Das beginnt in der Steiermark, Bad Radkersburg; wenn wir dann weiter schauen, gibt es die Tiroler Gemeinde Gramais mit 34 000 € Pro-Kopf-Verschuldung.

Ich möchte da Vorarlberg erwähnen, bei dem immer sehr hervorgehoben wird, dass das Land eigentlich keine Schulden macht und das Land keine Schulden hat. Dort wälzt man sie nämlich auf die Gemeinden ab! Das ist der Trick, damit hat man ein ausgeglichenes Budget. Dort sind die Gemeinden extrem verschuldet. Schauen wir uns das an: Die mit 50 000 Einwohnern größte Stadt in Vorarlberg, Dornbirn, ist landesweit Spitze bei den Städten. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Dornbirn: Pro-Kopf-Verschuldung 2 777 €, dann gefolgt von Linz, St. Pölten, Graz, Eisenstadt. Am 6. Platz ist Bregenz – wieder eine Vorarlberger Gemeinde –, und so zieht sich das dann dahin. (Abg. Grosz: Sag’ ich ja: Aus Vorarlberger Sicht! – Abg. Krainer: Wo ist eigentlich Wien?)

Und wenn wir bei den Gemeinden mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung weiter­schauen, dann haben wir Warth in Vorarlberg mit 16 285 € an dritter Stelle bei den Gemeinden, Schröcken in Vorarlberg ist mit 14 793 € Pro-Kopf-Verschuldung am vierten Platz, und am neunten Platz, und damit bei den Top Ten auch noch dabei, liegt Bürserberg mit 9 351 €. (Abg. Grosz: Und was hat das mit Niederösterreich zu tun?) – Nur dass man einmal sieht, das sind schwarze Gemeinden, das sind schwarze Bundesländer, die beim Schuldenmachen an der Spitze sind. (Abg. Grosz: Ach so!)

Das muss man auch einmal erwähnen, wenn man dann nach Niederösterreich schaut, wie da mit Finanztricks die Schulden ausgelagert werden – das wird irgendwo geparkt. Aber da muss man den Herrschaften auch einmal auf die Finger schauen können.

Und das war ja das große Problem gestern bei den Verhandlungen: dass hier die Gemeinden wieder einmal außen vor gelassen worden sind – der Herr Kogler wird mir das sicher bestätigen –, dass dieses Spekulationsverbot heute nicht auf die Tages­ordnung gekommen ist. (Abg. Grosz: Könnte man jetzt die rote Lampe einschalten? – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Und ich möchte hier noch etwas erwähnen, wenn wir uns die Wohnbaumilliarden in Niederösterreich anschauen: Einige Bundesländer, wie Kärnten und Niederösterreich, haben unter anderem auch die hypothekarisch gesicherten Wohnbaudarlehen verkauft,


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aber während Kärnten diese Einnahmen zur Schuldentilgung verwendet hat, hat sie Niederösterreich wieder in Wertpapieren angelegt, also wurde da wieder gezockt, meine Damen und Herren. So schaut es nämlich aus, aber das darf man ja in diesem Österreich nicht sagen. (Beifall beim Team Stronach.)

Zum Abschluss möchte ich vielleicht auch noch die Menschen an den Fernseh­schirmen aufklären, damit sie einmal wissen, wie das in den Gemeinden funktioniert. Man lagert nämlich auch dort die Schulden aus: Da bildet man irgendwelche Genos­sen­schaften – Gemeindegenossenschaften oder Gemeindebetriebe –, die die Schul­den dann übernehmen. Da kann man Schulen und alles Mögliche hineindrücken in eine Gebäudegesellschaft der Gemeinde, wohin die Schulden ausgelagert werden, damit sie nicht budgetrelevant sind. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Diese Tricks werden immer wieder angewendet, und da, glaube ich, gehört ein Riegel vorgeschoben! Es wäre notwendig, dass hier einmal Klarheit geschaffen wird, dass die Gesetze dementsprechend sind, dass zum Schluss nicht wieder der Steuerzahler der Gelackmeierte ist und alles ausbaden darf. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Grosz: Der Stronach hat besser Deutsch gekonnt! – Abg. Krainer: Noch lebt er!)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Sacher zu Wort. – Bitte.

 


15.56.44

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Man kann aus Erfahrung klug werden – oder eben nicht. Die SPÖ in Niederösterreich hat aus den Erfahrungen gelernt, andere tun das leider bis heute nicht. Ich möchte, weil ich damals dabei gewesen bin, eine Chrono­logie der Ereignisse bringen.

Am 28. Juni 2001 hat der Niederösterreichische Landtag mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ bezüglich der Verwertung von Forderungen aus der Wohnbauförderung damals 64,7 Milliarden Schilling, das sind also rund 8,8 Milliarden €, veranlagt. Der Erlös aus dieser Verwertung, 35,4 Milliarden Schilling oder heute 4,4 Milliarden €, wurde investiert in Veranlagungen.

Der Auftrag des Landtages war damals eine sichere Veranlagung zur Erzielung von Zusatzerträgen für das Land Niederösterreich mit gleichzeitiger Absicherung der Wohnbauförderung und gleichzeitig ohne Nachteile für die Wohnbaudarlehensnehmer in Niederösterreich. Vor allem aber war die Intention, keinesfalls eine riskante, risiko­reiche Veranlagung vorzunehmen, sondern quasi eine mündelsichere, sogenannte konservative Veranlagung, sprich: ein sicheres Splitting der Gelder.

Bei seinem damaligen Beschluss war der Niederösterreichische Landtag zugegebener­maßen offenbar etwas zu vertrauensselig. Es gab damals nämlich keine absolute Mehrheit, und es wurde unter diesen Bedingungen die gesamte Obsorge für die Veranlagung dem zuständigen Landesrat Sobotka überlassen. Der Landtag sicherte sich leider keinen Einfluss auf das operative Geschäft zu. Ich erinnere mich, dass dies damals nicht nur von uns Sozialdemokraten im Klub kritisiert wurde, sondern ich weiß auch, dass die damalige Wohnbaureferentin Liese Prokop dieser Vorgangsweise gegen­über sehr, sehr skeptisch gewesen ist. Sie sah sich ganz offensichtlich im ÖVP-Klub dem Scharfmacher Schneeberger gegenüber und hat sich gegen ihn nicht durchgesetzt.

Ich bringe es auf den Punkt: In der Folge hat sich eine ganz spezifische intransparente und eigenartige Struktur entwickelt. Ich habe das damals im Landtag süffisant als „Königreich Sobotka im Fürstentum Pröll“ bezeichnet und habe dafür sogar vom Herrn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 149

Landeshauptmann Beifall bekommen – was mich heute irgendwie irritiert. Ich stelle mir heute die Frage: Ist dieses Königreich Sobotka, diese völlig intransparente Veranla­gungs­strategie, dem sonst so mächtig agierenden Landesfürsten mittlerweile entglit­ten?

Auf Betreiben von Landesrat Sobotka wurden verschiedenste landeseigene Spezial­gesellschaften konstruiert, deren Organe unter alleiniger Verantwortung von Sobotka als Eigentümervertreter höchst riskantes Splitting des veranlagten Kapitals vornahmen. Und darin liegt die Krux: Dieses hohe Risiko wurde von uns vom ersten Tag an aufgezeigt und heftig kritisiert. Darin ist die Misere gelegen, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich verweise auf unsere damaligen Argumente im Landtag, für die ich als Klubob­mann – und auch mein Nachfolger Weninger – immer heftig von der ÖVP kritisiert wurde. Im Nachhinein muss ich feststellen, wie richtig diese Argumente gewesen sind. Zum heutigen Zeitpunkt wissen wir, dass aus 8 Milliarden 3 Milliarden geworden sind.

Wenn nun argumentiert wird, es hätte einen Beirat gegeben, dann kann ich nur sagen, dieser hatte nur eine sogenannte beratende Funktion. Man würde heute sagen, er war zum Krenreiben.

Das ist auch ein Beispiel für das mangelnde Demokratieverständnis der ÖVP, die mit ihrer absoluten Mehrheit, die sie dann errungen hat, da über alles drübergefahren und auf die Argumente der anderen Parteien nicht eingegangen ist.

Wir haben zum damaligen Zeitpunkt ein Rechtsgutachten von Professor Öhlinger erstellen lassen – das war im Februar 2003 –, und ich zitiere jetzt in aller Kürze aus diesem Gutachten von Öhlinger: „Geld zu veranlagen oder gar damit zu spekulieren ist zweifellos keine öffentliche Aufgabe und damit keine Aufgabe des Staates.“

Es muss „spezifische sachliche Gründe dafür geben“; ein erhoffter Gewinn sei kein sachlicher Grund für solche Aktivitäten.

Darüber hinaus hat Öhlinger auch klar festgestellt, dass der Grundsatz der Sparsam­keit eine zurückhaltende Vorgangsweise gebiete. Das heißt, man muss sich einem risikoscheuen, konservativen Anlageverhalten verpflichtet sehen. Und abschließend der Kern seiner Aussage:

„Rechtlich äußerst zweifelhaft ist aber jedenfalls der Versuch, den Erlös der Ver­äußerung dieser Forderungen zur Gewinnspekulation auf dem Kapitalmarkt zu verwenden, ohne sich gegen einen Substanzverlust hinreichend abzusichern.“

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Substanzverlust beträgt zum heutigen Zeit­punkt weit über 1 Milliarde, und dafür trägt das Landesregierungsmitglied Finanzlan­des­rat Sobotka die alleinige Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Kaufmann-Bruckberger. – Ruf bei der SPÖ: Ewald, war das  2003 war das, oder?)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll ist als nächs­ter Redner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.02.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die APA hat heute um 12.15 Uhr eine Aussendung zu dieser Dringlichen Anfrage gemacht. Sie begann sinngemäß mit den Worten: Im Parlament findet heute eine Premiere statt. Vier Tage vor der Landtagswahl macht das Team Stronach „erstmals so richtig auf sich aufmerksam“. (Heiterkeit bei den Grünen.)


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Damit ist alles gesagt über das Motiv der heutigen Dringlichen, meine Damen und Herren. Aber ich verstehe es natürlich: Wenn du einen Spitzenkandidaten hast, der zwar Millionen in die Werbung buttert, in Inserate buttert, aber gleichzeitigt sagt: Arbeiten will ich nachher nichts, in den Landtag gehe ich nachher nicht!, dann hat man ein Problem. (Zwischenruf beim Team Stronach sowie der Abg. Königsberger-Ludwig.) Wenn der Spitzenkandidat am 4. März in seinem Privatjet wieder nach Kanada fliegt, dann heißt es: Kana da! – Das ist sicherlich ein Problem; aber das ist ja nicht das einzige Problem des Team Stronach, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe gerade in den „NÖN“ nachgelesen: Das Team Stronach hat sich offensichtlich mit allen Künstlern in Niederösterreich angelegt, weil es den Vorwurf erhoben hat, das Personenkomitee, die Künstler in Niederösterreich, die für Erwin Pröll sind, wurden von Erwin Pröll unter Druck gesetzt, das zu machen. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Diese Künstler haben jetzt mit einer Petition darauf aufmerksam gemacht, was das für ein Schwachsinn ist, und Erwin Steinhauer hat einen schönen Ausspruch getan. Er hat zu dieser Aktion des Klubobmann Lugar vom Team Stronach gesagt: „Blöder geht’s nicht!“ (Abg. Petzner: Frau Präsidentin!) – Das hat er allerdings gesagt, bevor er von der heutigen Dringlichen Anfrage erfahren hat, meine Damen und Herren. Das hat er vorher gesagt: „Blöder geht’s nicht!“

Nun zum Inhalt – soweit man da überhaupt etwas sagen kann –, erstens zur Frage Hypo Niederösterreich: Meine Damen und Herren! Die Hypo Niederösterreich ist – das ist gar keine Frage – dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft ausgesetzt, dass der Grundsatz der Bilanzwahrheit nicht eingehalten wurde. Die Hypo ist eine AG, da gibt es verantwortliche Organe. Das wird geprüft und ist derzeit Gegenstand der Justiz. Darum hat einen Untersuchungsausschuss im Landtag nicht nur die absolute Mehrheit der ÖVP abgelehnt, es hat auch die FPÖ, Klubobmann Waldhäusl, gesagt: Das ist jetzt Sache der Justiz; wir sind gegen einen Untersuchungsausschuss, weil die Justiz das Ganze zuerst klären soll. Nachher kann man überlegen, ob es eine politische Frage auch noch gibt.

Das ist eine ganz klare Situation, bitte. In dieser Bank, in dieser AG gibt es Organe – wir alle kennen das Aktiengesetz –, diese Organe haben damit umzugehen. (Abg. Krainer: Können Sie aus der Geschichte der Zweiten Republik einen Untersuchungs­ausschuss nennen, der nach einem Gerichtsverfahren war?)

Das Zweite ist, meine Damen und Herren: Man muss schon ein bisschen unter­scheiden. Wenn man „Hypo“ hört, denkt man gleich an die Hypo Kärnten – man denkt an die Hypo Kärnten. Wenn man von Banken redet, denkt man an die Kommunalkredit, an die Volksbanken. Der Unterschied ist nur, dass die Hypo Niederösterreich, meine Damen und Herren, bis jetzt keinen einzigen Steuer-Euro verwendet hat, sondern dem Steuerzahler in Niederösterreich in den letzten zehn Jahren insgesamt 105 Millionen € verdient hat. Das ist ein kleiner Unterschied zu den genannten anderen Banken, meine Damen und Herren. (Abg. Krainer: Haben Sie da jetzt die Strafen mitgerechnet? Haben Sie da die Strafzahlungen mitgerechnet?)

Was die Veranlagungsstrategie betrifft: Das haben wir alle ja schon hundertmal gehört, meine Damen und Herren, und der Rechnungshof hat das fünfmal geprüft. Der Rech­nungshof weist in seinem letzten Bericht von 6. Dezember des Vorjahres darauf hin, dass Niederösterreich sehr eng mit ihm kooperiert hat. Von 16 Empfehlungen hat das Land 15 umgesetzt. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Eine konnte nicht umgesetzt werden, weil sich die Umstände inzwischen geändert hatten.


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Der Rechnungshof schreibt auf Seite 180 – ich habe es mir genau angeschaut, bitte nachlesen: Rechnungshofbericht, 6. Dezember 2012, Seite 180 (neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Königsberger-Ludwig) –: Es geht hier nicht um einen Verlust, es geht um einen Minderertrag. – Das ist unbestritten. Prognostiziert, Erwartungshaltung war 5 Pro­zent Rendite, es waren in den letzten zehn Jahren aber nur 3,2 – ein Min­derertrag, sagt der Rechnungshof; kein Verlust, ein Minderertrag. (Ruf bei den Grünen: Das ist unglaublich! – Abg. Mag. Kogler: Das ist ja Volksvertretungs­verblö­dung, was Sie hier machen! Sie wissen es ja selber besser!)

Der Rechnungshof schreibt auf Seite 177 – lesen Sie es nach! –, bis Oktober 2011 sei ein Positivsaldo von 408 Millionen € erzielt worden. (Zwischenruf bei den Grünen.) Inzwischen ist der Positivsaldo 824, weil in der Zwischenzeit weitere Gewinne gemacht wurden. – Also bitte, hören wir auf mit dem Gerede von Verlusten! Herr Rech­nungs­hofausschussvorsitzender! Lesen Sie den Bericht vom 6. Dezember: ein Minder­ertrag, aber kein Verlust – da gibt es einen kleinen Unterschied, meine Damen und Herren!

Wenn man sich die Zahlen anschaut – ich habe es ja schon oft gesagt –, sieht man Folgendes: Ausgangsbasis war, veranlagt wurden 4,4 Milliarden (Abg. Krainer: Nein! 8 Milliarden ist der Ausgangsbetrag! – Ruf bei den Grünen: 8 Milliarden!) – lesen Sie den Rechnungshofbericht nach (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ); Rechnungshofbericht nachlesen, bitte! –; davon wurden 1,9 Milliarden entnommen, um das Sozialmodell Niederösterreich realisieren zu können. Das heißt, nach Adam Riese bleiben 2,5 Milliarden übrig; da sind aber 3,3 Milliarden, das heißt, es gibt einen Überschuss von 824 Millionen. Das ist im Rechnungshofbericht nachzulesen, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Und was die Verschuldung Niederösterreichs betrifft: Ich glaube, es ist bei uns allge­mein anerkannt, im Budgetausschuss zumindest  (Abg. Krainer: Herr Kollege Stummvoll, wo bleiben die Fakten?) – Gehen S’, hören Sie auf mit Ihren Zwischen­rufen, Herr Kollege! Lesen Sie den Rechnungshofbericht nach! (Abg. Krainer: Fakten! Fakten! Fakten!) – Sie wollen die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen. Auch Sie gehören zu jenen, die  Ihre Parteifreunde haben nur ein einziges Ziel am 3. März: die absolute Mehrheit von Erwin Pröll soll gebrochen werden. (Zwischenruf des Abg. Tadler.) Alles andere ist Ihnen völlig egal. Es gibt kein Zukunftskonzept, das einzige Ziel ist, die absolute Mehrheit zu brechen.

Herr Kollege Krainer, lesen Sie nach! (Abg. Krainer: Fakten!) Und ich kenne Sie lange genug: Je lauter Ihre Zwischenrufe, umso schwächer sind Ihre Argumente, Herr Kollege Krainer (Beifall bei der ÖVP – Oh-Rufe bei der SPÖ), das kenne ich schon aus jahrelanger Erfahrung. (Zwischenrufe der Abgeordneten Sacher und Krainer.)

Zum Abschluss, meine Damen und Herren: Alle, die mich kennen, wissen, dass ich mit Prognosen sehr vorsichtig bin. Ich wage heute eine Prognose, was den 3. März betrifft. Ich wage die Prognose, dass die Wählerinnen und Wähler in Niederösterreich klüger sind, als manche hier glauben (Abg. Ing. Hofer: Das glaube ich auch!), und dass ihr großer Wunsch, in Niederösterreich auch in Zukunft klare Verhältnisse zu haben, in Erfüllung gehen wird. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Sacher. – Abg. Krainer: Der Ausgangspunkt sind 8 Milliarden €, nicht 4,4! 8 Milliarden ist der Ausgangspunkt, das sind die Fakten! – Abg. Dr. Stummvoll verlässt mit einer Bemerkung das Rednerpult.)


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16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


16.08.49

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stummvoll, Lan­deshauptmann Pröll hätte wahrlich seine Freude gehabt, wenn er Ihnen jetzt zugehört hätte, aber unrichtige Dinge werden nicht wahrer, auch wenn man sich noch so oft wiederholt! (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)

Frau Finanzminister, wenn man vorhin bei der Anfragebeantwortung Ihren Ausfüh­rungen zugehört hat, dann hätte man glauben können, wir haben heute das tollste Spekulationsverbot aller Zeiten beschlossen; leider haben wir es nicht einmal geschafft, es auf die Tagesordnung zu bringen.

Warum wir das nicht geschafft haben, liegt, glaube ich, für alle auf der Hand: weil es einen mächtigen Landeshauptmann in Niederösterreich gibt, der all seine Macht und seinen Einfluss eingesetzt hat, um sicherzustellen, das eben dieses Spekulations­verbot nicht kommt – aber nicht so sehr, weil man dadurch nicht das verbergen kann, was er negativerweise mit den Spekulationen mit den Wohnbaugeldern in Nieder­österreich schon zustande gebracht hat, sondern weil er wahrscheinlich nicht will, dass man ihm einmal mehr in die Karten schaut. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Da liegt vielleicht noch einiges im Argen, das wohl nicht – und schon gar nicht vor der Landtagswahl in den kommenden Tagen in Niederösterreich – an die Öffentlichkeit gelangen soll.

Einen Spekulationsfall in Niederösterreich, eine negative Darstellung, wie man mit Geld – nämlich mit öffentlichem Geld, mit Geld der Steuerzahler – nicht umgehen soll, das zeigt uns hier einmal mehr diese Dringliche Anfrage. Es ist eigentlich einzigartig, würde ich sagen, und das in mehrerlei Hinsicht.

Zum einen ist es ein Spekulationsskandal; das habe ich schon ausgeführt. Das Casino Erwin Pröll – wie es heute schon einige Male bezeichnet wurde – wird seinem Namen wahrlich gerecht, macht seinem Namen alle Ehre, wobei eines klar festzustellen ist: Da geht es nicht darum, dass leichtfertig und sorglos versucht wurde, bessere Renditen für das Land Niederösterreich zu erzielen, oder dass man versucht hat, bessere Verzin­sungen auf den Finanzmärkten zu erreichen. – Nein, es geht hier um ein perfides, um ein abgekartetes Verzocken von Steuergeldern, von Wohnbauförder­gel­dern, mit einem kriminellen Hintergrund, wo Verschleierungsmechanismen benutzt wurden, wie wir sie aus kriminellen Strukturen kennen. Da wurden komplizierte Firmen­geflechte geschaf­fen, da wurden bewusst Falschinformationen auf den Markt und in die Politik gestreut, da wurden auch getarnte Geldbeschaffungen durchgeführt, und es wurde dann über eine ausgelagerte Firma versucht, Geld zu lukrieren.

Leider ist das schiefgegangen, das wissen wir. – Auch der Rechnungshof hat dazu einen eindeutigen Bericht vorgelegt. Sie können zwar versuchen, das hier schönzu­reden, Kollege Stummvoll, aber es wird Ihnen nicht gelingen, weil die Daten, die Zahlen und die Fakten eine klare Sprache sprechen.

Es gilt daher, diesen vorliegenden Kriminalfall – und es ist ein Kriminalfall, das steht fest – aufzuarbeiten. Die Verantwortlichen – und wer das ist, das steht auch fest; das sind Landeshauptmann Pröll und seine Verantwortungsträger (Abg. Mayerhofer: Ober-Croupiers!), die in verantwortungsloser Art und Weise gehandelt haben – sind klar in die Pflicht zu nehmen, das ist aufzuarbeiten. Ermittlungen vonseiten der Wirt­schafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, aber auch der Finanzmarktaufsicht sind bereits eingeleitet, wie ich vernommen habe.


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Da gilt es, reinen Tisch zu machen. Es ist nicht nur die Verantwortung, sondern auch die tatsächliche Höhe der Verluste, die eingefahren wurden, zu klären, denn auch das ist bis dato noch immer nicht ganz klar. Da gibt es divergierende Aussagen, und es ist bis dato nicht möglich gewesen, in die Unterlagen Einsicht zu nehmen, zumindest nicht von unabhängiger politischer Seite; auch das wird interessant werden.

Das deckt sich wieder mit den Ereignissen vom Vormittag – Stichwort: nicht auf die Tagesordnung setzen des Spekulationsverbots, auch wenn es alle Parameter erfüllt, wie uns die Frau Bundesminister erzählt hat, und auch wenn es hier einen breiten Konsens gibt. Leider ist es halt nicht politischer Wille, weil aus Niederösterreich klare Zeichen gesetzt wurden. Und natürlich ist Rechenschaft abzulegen, wenn die Fakten auf dem Tisch sind, und eine klare Verantwortung zu übernehmen.

Was für den kleinen Mann, was für jede Niederösterreicherin und jeden Nieder­österreicher gilt, das hat auch für Erwin Pröll zu gelten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es da kriminelle Machenschaften gibt, dann hat er vor Gericht klar zur Verantwortung gezogen zu werden, und wenn es sein muss oder wenn es dem Umfang der Machenschaften entspricht, dann hat er die Konsequenzen zu ziehen und hat zurückzutreten. – So schaut es aus!

Es gibt aber auch eine weitere Komponente, die hier zu bewerten ist, nämlich das Sittenbild, das politische Sittenbild, das da dahintersteckt: ein politisches Macht­verhältnis, ausgelegt von einer Pröll-ÖVP, die ungezügelt und hemmungslos die ihr zugänglichen Möglichkeiten der Machtanwendung ausschöpft und die im Umgang mit Recht und Gesetz wohl eher augenzwinkernd und sehr salopp ihren Tagesgeschäften nachgeht.

Wie groß der Widerspruch ist zwischen dem, was man dem einfachen Bürger, den einfachen Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern zumutet, und dem, wie von politischer Seite, von der Pröll-ÖVP die Macht ausgelebt wird, zeigt sich wohl am ehesten, wenn man sich anschaut, wie die Sicherheitsverhältnisse in Niederösterreich ausschauen und mit welchem Gegenüber man es auf politischer Ebene zu tun hat.

Da gibt es einen Landeshauptmann, der zwar ständig beteuert, dass ihm die Sicherheit in Niederösterreich lieb und teuer ist und dass er Polizei und Exekutive unterstützt, soweit es geht, aber die Realität ist eine andere.

Es gibt einen eklatanten Personalmangel bei der Exekutive in Niederösterreich. Es fehlen rund 500 Personalkräfte. Es gibt desolate Dienststellen, die, hätte das Arbeits­inspektorat etwas zu sagen, von heute auf morgen geschlossen werden müssten, da die Arbeitsbedingungen unter jedem gesetzlichen Rahmen sind. Und es gibt Mängel bei der Ausrüstung, sowohl im logistischen Bereich, im Ausstattungs­bereich, als auch im Bereich der Sicherheit. (Abg. Krainer: Was hat das jetzt mit dem Thema zu tun?  den Zusammenhang verstehe ich jetzt nicht! – Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Dr. Fekter.)

Ich darf erinnern: Seit dem traurigen Vorfall in Hirtenberg ist mittlerweile ein Jahr vergangen; damals hat Landeshauptmann Pröll – aber auch Bundesministerin Fekter – versprochen, dass jeder Beamte eine persönliche Schutzweste zugewiesen bekommt. Bis dato ist das aber leider noch nicht erfolgt. (Abg. Krainer: Schon bei der Sache bleiben !)

Das ist ein einzigartiger Kriminalfall – Kollege Krainer, passen Sie gut auf! –, der auf­geklärt und jedenfalls auch politisch aufgearbeitet werden muss. Im Gegensatz zu anderen politischen Fällen, die ähnlich gelagert sind, gibt es keine Aufarbeitung. Salzburg wurde bereits angesprochen, da gibt es diese politischen Konsequenzen bereits, da wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, da erfolgt eine politische


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Aufarbeitung. Das ist in Niederösterreich bis dato nicht geschehen – wohl auch aus den Gründen, die ich schon angeführt habe: dass man wohl Angst hat, dass dabei Dinge zutage kommen, die man eher unter der Decke – um es salopp auszudrücken – halten möchte.

Ich glaube, dass es da nicht nur einen eklatanten Aufklärungsbedarf gibt, sondern ich kann auch einen politischen Veränderungsbedarf ausmachen. Ich bin daher guter Dinge, dass wir am kommenden Sonntag bei der Wahl zum niederösterreichischen Landtag mit der Unterstützung der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher jene Veränderungen herbeiführen können, die unter anderem eine Umschichtung in den Machtverhältnissen – von einer absolutistischen, despotischen Mehrheitspartei Marke Pröll-ÖVP hin zu demokratischen Verhältnissen im Sinne einer Mitbestimmung auch anderer politischer Kräfte – bedeuten.

Vielleicht gelingt es uns dann auch, die politische Mauer, die seitens der Pröll-ÖVP gemacht wird, aufzubrechen, und vielleicht können wir dann diesen Kriminalfall – nämlich diese Veranlagung der Wohnbaugelder – endgültig aufarbeiten und den Gerich­ten wie auch der politischen Klärung zuführen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.18.27

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Aus der Dringlichen lässt sich schon noch etwas machen. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Wir werden auf den Niederösterreich-Skandal noch extra eingehen – auch wenn wir das schon ein paar Mal durchgeübt haben –, denn das, was Kollege Stummvoll hier wider besseres Wissen aufgeführt hat, ist ohnehin berichtigenswert – für das Protokoll –; dazu aber später.

Zuerst zur Dringlichen und zu den Fragen 1 bis 10, die sich auf die Finanzmarkt­aufsicht beziehen: Die Frau Ministerin hat, wie ich glaube, zutreffend geantwortet, was ihr Aufsichtsrecht gegenüber der FMA betrifft, dass sie da nicht hineinregieren könne; nur, wenn sie selbst den Verdacht habe, dass da etwas nicht stimmt. Das haben wir früher schon einmal abgehandelt.

Jetzt aber zur Erinnerung und zum Niveau der politischen Debatte in Niederösterreich, angezettelt im Übrigen von einem Landeshauptmann, die sich hier drinnen fortsetzt, samt dem niedrigen Niveau: Pröll hat in der sogenannten Elefantenrunde letzten Sonntag im Fernsehen vor laufenden Kameras gesagt – bitte nachschauen! –: Die Opposition, insbesondere und voran Frau Dr. Petrovic soll sich nicht so aufregen! – Er hat nämlich den gleichen Holler vorgerechnet, wie Kollege Stummvoll, dass da am Schluss noch irgendetwas übrig bleibe.

Aber als Pröll dann doch so weit in der Defensive war, da hat er ausgeholt und gemeint: Die sollen sich alle nicht aufregen!, und die Frau Petrovic „eingeladen“ – unter Anführungszeichen – zu „ihrer“ – wieder unter Anführungszeichen – FMA zu gehen und endlich nachzuschauen, da die ohnehin alles geprüft hat. Es sei ja alles so super in Niederösterreich. – Zitat des Landeshauptmanns vor ein paar Tagen.

Ja, mit so einem Landeshauptmann haben wir es dort zu tun!

Das ist natürlich ein von vorn bis hinten aufgelegter Blödsinn. Frau Petrovic hat das tatsächlich gemacht und hat im Übrigen ein Schreiben an die FMA geschickt und gesagt, so, jetzt sollen sie alle Daten rausrücken, was die Überprüfung dieser vier Fonds in Niederösterreich betroffen hat.


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Na selbstverständlich sagt die FMA, um diesen Beweis zu führen  (Das Mikrophon rauscht. – Abg. Krainer: Das ist das Mikrophon bei der linken Schulter! – Abg. Haubner: Da wehrt sich sogar das Mikrophon!) Ich glaube, das ist die heimliche Verbindung des Landes Niederösterreich hier ins Parlament, jetzt haben wir die auch noch ausgehoben. (Beifall und Heiterkeit bei Grünen, SPÖ und FPÖ.) Aber es bleibt dabei, die Fragestellung ist vollkommen klar. Sie haben 8 Milliarden in die Hand ge­nom­men, die waren einmal da. Dafür haben sie vier bekommen – das muss man ja einmal herbekommen. Welche Hoffnung man da investiert hat. Ich finde es ja reizend, wenn die SPÖ sagt, um sich selbst für das, was damals passiert ist, zu rechtfertigen, dass der Landtagsbeschluss darauf abgezielt hat, das Geld quasi mündelsicher anzulegen.

Ja, mit mündelsicher hätten Sie die Differenz von 8 auf 4 Milliarden nie mehr aufgeholt. Das war ja schon klar und erkennbar, dass es hier nur um „Geschäfte“ – unter Anfüh­rungszeichen – gehen kann, die sozusagen einen hohen Ertrag versprechen sollten. Und das ist natürlich entsprechend riskant, na was denn sonst. Aber Sie haben es eben geschafft, von 8 – das war der Start – auf 4,4 Milliarden runterzuwirtschaften. Das mussten Sie ja einmal aufholen. Das war natürlich nie der Fall.

Und auch dieser zarte Mehrertrag, von dem Sie jetzt so reden, ist ja nichts anderes als die Beschreibung des Riesenlochs, das überbleibt, weil ja nur ein kleiner Teil aufgeholt wurde.

Das können Sie jetzt in Zinsen rechnen. Sie hätten fast 5 Prozent Zinsen erreichen müssen, haben aber nur je nach Sichtweise 2 bis 3 erreicht. Das ist also eine Riesen­differenz, und das wirkt sich eben in Milliarden aus.

Oder wir können die Rechnung anders machen und fragen, wie sich das ausgehen soll, dass mit Ablauf der Rückzahldaten für die Wohnbaudarlehen  Das wäre ja die Alternative gewesen, nämlich nichts zu tun, schlicht und ergreifend nichts zu tun, das zu belassen, wie es ist. Dann wären in wenigen Jahren die 8 Milliarden alle langsam zurückgekommen.

Das ist denkunmöglich, dass Sie von den 3 Milliarden und irgendwas, die da noch drinnen sind, das noch aufholen. Und da haben wir das ja schon – gütigkeitshalber – abgezogen, was Sie herausgenommen haben. Wie soll das denn gehen? Das wären ja überhaupt die größten Zockergeschäfte gewesen, die jemals in der Republik veran­staltet worden wären, wenn man glaubt, dass man jetzt von ein bisschen über 3 Milliarden noch einmal auf die 8 kommt. Ist das Ihre Herangehensweise?

Das erzählt aber der Landeshauptmann, dass sich das am Schluss vielleicht noch ausgeht, genauso wie er den anderen Blödsinn erzählt – ich bitte Sie, ihm das auszu­treiben; er hat immerhin auch ein Amt in dieser Republik –, dass man zur FMA gehen und einfach alle Daten einsehen kann. Das ist doch nicht nur hanebüchen, das ist die blanke Provokation. Das gehört zurückgewiesen, auch hier im Haus. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das Modell Niederösterreich jetzt ohne Zahlen ist ja ganz flott beschrieben: zuerst Wohnbauförderungen und Darlehen verklopfen, dann verzocken, dann verstecken, dann vertuschen, als schon alles auffliegt, und am Schluss verschieben – nämlich die Verantwortung verschieben. Mittlerweile sitzen nur die von der Hypo, die in die Tochtergesellschaft gezwungen wurden, um diese Geschichten zu verstecken, auf der Anklagebank. Aber in Wahrheit – und ich sage Ihnen das in aller Überzeugung – ge­hört die schwarze Hälfte der niederösterreichischen Regierungsbank auf die Anklage­bank. Und wir werden auch noch dafür sorgen, dass es so weit kommt. Es hätte auch schon längst ein Untersuchungsausschuss in Niederösterreich hergehört so wie in Salzburg.


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Da sieht man auch wieder, wie dringend notwendig es wäre, dass Untersuchungs­ausschüsse und deren Einsetzung ein Minderheitsrecht werden, und zwar in ganz Österreich (Beifall bei Grünen, FPÖ und Team Stronach), weil es immer die Oppositionsparteien sind, die hier etwas weiterbringen. Das liegt ja in der Natur der Sache. Das ist völlig naheliegend. Aber nein, in Niederösterreich wird das halt noch länger dauern, auch wenn Sie auf irgendwelche Wahlergebnisse hoffen. Soll sein.

Die Wahl soll ausgehen, wie sie will, aber wir werden weiter danach trachten, die Sache aufzuklären. Und das werden wir auch machen. Und wir werden – deshalb engagieren wir uns selbst bei einer schwach eingebrachten Dringlichen so – das alles in wenigen Monaten nachlesen können, wenn wir in der Recherche noch weiter sind, wenn der Druck noch größer wird, und zwar nicht nur das, was Sie hier für einen Unsinn verzapft haben, sondern auch das, was man längst schon hätte wissen müssen, was los ist, und was man hätte tun müssen.

Aber Sie machen weiter die Mauer und argumentieren folgendermaßen: Beim Haus Niederösterreich, das ja so wunderbar bestellt ist, sind Sie in Ihrer Vermögens- und Finanzverantwortung hergegangen, haben einmal gleich von zwei Stockwerken das erste abgebrannt und niedergeheizt, einfach so, ja, von den 8 auf die 4 Milliarden. Dann haben Sie noch ein bisschen etwas abgetragen, ein paar Ziegelreihen, weil sie diese woanders wieder gebraucht haben zum Verklopfen. Dann haben Sie wieder eine Ziegelreihe draufgesetzt, das ist der berühmte Gewinn von Stummvoll. Und dann sagen Sie uns allen hier: Regt euch nicht auf! Es ist zwar die Hütte abgebrannt, aber wir haben wieder eine Ziegelreihe aufgestellt. – Und daran sollen wir uns ergötzen. Und zu diesem Blödsinn, den Sie hier erzählen, ziehen Sie auch noch den Rech­nungshof – ich kann es nicht anders sagen – in Wahrheit in den Schmutz, obwohl Sie es besser wissen müssten.

Der Rechnungshof, der das nicht verdient hat und der auch ein Organ dieses Hauses ist, was man jetzt auch noch einmal richtigstellen muss, sagt in dem gleichen Bericht, von dem Sie reden, und schlimmer noch, in dem eigentlichen Bericht – denn das war ja nur ein Follow-up-Bericht, den Sie da erwähnen, und das war schon der Stand 2010 aus dem Jahr 2008, seitdem ist ja alles nur noch schlechter geworden, Sie wissen es ohnehin – klipp und klar: Es ist ein Fehlbetrag von einer Milliarde! – genau entlang dieser Kaskade, wie ich Ihnen das erklärt habe.

Jetzt werden Sie nicht hergehen und, weil dort bei irgendeinem von diesen Fonds einmal ein bisschen etwas übriggeblieben ist, das Ganze zu einem Geschäft um­deuten. Das ist untragbar, was Sie da aufführen. Aber es ist Ihnen möglicherweise ja deshalb gestattet, weil da alle von irgendwelchen Landtagswahlkämpfen reden. Ernst zu nehmen ist das nicht.

Ernst zu nehmen wird aber sein, wenn wir weiter die Fakten auf den Tisch legen und wenn es dann darum geht, dass auch vom Ministerium, auch von Abgeordneten der ÖVP wirklich nachzuweisen ist, dass Sie hier bis zum Schluss die Mauer machen, und zwar wider besseres Wissen. Und das ist nämlich jetzt auch der Grund. Und das ist vorläufig der Tragödie letzter Teil. Wir werden das aber vielleicht auch noch dort hinbiegen, wo es hingehört.

Das ist auch mit ein entscheidender Grund dafür, warum ein echtes Spekulations­verbot gar nicht kommen kann, darf und soll, denn dann würden wir ja plötzlich draufkommen, wenn es ein ganz strenges wäre, dass Spekulationen in Nieder­österreich in Zukunft verboten werden sollen und dass dies eine Anklage, was die früheren Schritte in diesem Land betrifft, bedeuten würde.

Deshalb ist ja das sogenannte Spekulationsverbot bis jetzt schon durchlöchert worden. Niederösterreich wäre mit dem, was heute hätte beschlossen werden sollen, ja weiter


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möglich. Aber auch das ist Ihnen noch zu viel. Es darf jetzt überhaupt nichts sein. Und mit dieser Haltung, dass Sie den Landeshauptmann von Niederösterreich und diese Art von Spekulationen, die ärger und schlimmer sind als jene in Salzburg, weiter verteidigen (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist nicht wahr!) – selbstverständlich ist das wahr! –, ist auch völlig mit erklärt, warum die ÖVP im Besonderen jedes vernünf­tige Spekulationsverbot torpediert. Aber auch das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Wir werden die Verhandlungen neu starten und hoffentlich etwas Gescheites zustande bringen. Es muss in diesem Land möglich sein, eine Vernunft jenseits der ÖVP zu organisieren. Dort ist sie nicht mehr zu finden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


16.28.59

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selten ist die Premiere bei einer Dringlichen Anfrage so schiefgegangen wie jene des Teams Stronach. Ich verweise darauf, dass wir diese Causa ja vor einer Woche erst diskutiert haben auf Basis einer Dringlichen Anfrage der Grünen, die inhaltlich wesentlich besser, fundierter und auch mit mehr Faktenwissen ausgestattet war als diese chaotische Dringliche Anfrage heute des Teams Stronach.

Des Weiteren darf ich darauf verweisen, dass es das BZÖ war, das durch eine Anzeige im Jahr 2009 der Abgeordneten Petzner und Stadler überhaupt erst die Ermittlungen in der Causa Hypo Niederösterreich ausgelöst hat. (Beifall beim BZÖ.)

Das soll zeigen, meine Damen und Herren, auf das BZÖ ist Verlass. Wir werden hier weiter für Aufklärung kämpfen. Das Team Stronach hat heute selbst bewiesen, dass diese Dringliche Anfrage völlig für die Fisch ist. Daher gibt es auch nicht mehr zu dieser Dringlichen Anfrage zu sagen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Krainer: Das war jetzt schon ein bisschen lang!)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


16.30.15

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Ja, das Thema Spekulation ist ein sehr, sehr ernstes und für uns wichtiges Thema. Und die Spekulationen mit öffentlichen Geldern, Steuergeldern, mit Wohnbaugeldern sind bei den Menschen in unserem Land und besonders im Bundesland Niederösterreich in aller Munde, ja das große Thema schlechthin.

Schon bei der letzten Plenarsitzung waren die Wohnbauspekulationen in Niederöster­reich ein sehr wichtiges Thema. Und ich erinnere daran, Frau Kollegin Schittenhelm, Sie haben zu diesem Thema ausgeführt, dass bei diesen Spekulationen ein Gewinn von an die 800 Millionen € eingefahren wurde. Ein Gewinn hat bei unserer Kosten­rechnung ein positives Vorzeichen. Wenn man sich allerdings mit den Ausführungen des Rechnungshofes beschäftigt, dann sieht man, dass bei diesen Wohnbauspeku­lationen Verluste eingefahren wurden. Verluste haben allerdings in unseren Augen ein negatives Vorzeichen, Frau Kollegin Schittenhelm.

Diese Verluste wurden, wie schon gesagt, zuletzt im Rechnungshofbericht vom 5. Dezember 2012 niedergeschrieben und mit einer Milliarde Euro bestätigt, und wenn


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man den Ausführungen der Kollegin Kaufmann-Bruckberger folgen kann, so haben sie sich auf 1,8 Milliarden € hochgeschraubt.

Aber auch der Endbericht des Rechnungshofes im Jahr 2010 hat Verluste bei der Veranlagung der Wohnbauförderungsgelder von einer Milliarde Euro zutage gebracht. 1 Milliarde € ist sehr viel Geld, das man besser für Investitionen hätte verwenden können, Investitionen zum Beispiel in 7 000 Genossenschaftswohnungen mit einer Größe von zirka 65 Quadratmetern, und zirka 3 000 Einfamilienhäuser könnten damit errichtet werden. Jeder der 573 Gemeinden in Niederösterreich könnte für eine Zukunftsinvestition eine Subvention von zirka 1,7 Millionen € gewährt werden. Und allen Unternehmen in Niederösterreich – laut Statistik Austria waren es im Jahr 2009 zirka 26 000 – hätte eine Förderung für arbeitsplatzsichernde Maßnahmen, für lehr­stellensichernde Maßnahmen in der Höhe von zirka 38 000 € gewährt werden können.

Während in Salzburg ein Untersuchungsausschuss zur Aufklärung eingesetzt worden ist, wurde in Niederösterreich im Landtag von der Pröll-ÖVP die Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses mit ihrer absoluten Mehrheit verhindert.

Auch die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, so meine ich, haben das Recht, genau über die Verwendung ihrer Steuergelder Bescheid zu wissen. Sie haben meines Erachtens das Recht, von unabhängigen Expertinnen und Experten Aufklärung und Information darüber zu erhalten, was mit ihren Wohnbaugeldern passiert ist, wie viel Geld tatsächlich in die Spekulation gesteckt worden ist, wie viel von diesem eingesetzten Geld noch vorhanden ist, wie sich der Zinsertrag in Euro errechnet und vor allem was in Zukunft mit diesem Spekulationsgeld geschehen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen in Niederösterreich haben das Recht, ausführliche Informationen zu bekommen, wie es seinerzeit schon unser SPÖ-Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Sepp Leitner von der Regierung gefordert hat.

Eine Erkenntnis aus diesen Spekulationen ist jetzt schon sicher, nämlich dass in Zukunft Spekulationen mit öffentlichen Geldern, mit Steuergeldern verboten werden müssen.

Wohnbaugelder, geschätzte Damen und Herren, sollen dem Wohnbau dienen, sollen dem Wohnbau zur Verfügung gestellt werden, sollen den Menschen in Niederöster­reich dienen und nicht den Spekulanten und Spekulationen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Schittenhelm gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.35.08

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Petzner hat es schon gesagt, vorige Woche stand diese Causa im Rahmen der Dringlichen in der Sondersitzung ebenfalls zur Debatte. Heute wurde sie mit einer Dringlichen vom Team Stronach zum Thema gemacht.

Ich möchte vorweg unserer Frau Bundesministerin für die umfassende Beantwortung der Fragen, die hier vorlagen, ein herzliches Dankeschön sagen.

Frau Kollegin Kaufmann-Bruckberger möchte ich raten, die Rechnungshofberichte zu lesen. Sie ist ja auch Mitglied des Rechnungshofausschusses, aber sie hat schon die erste Ausschusssitzung geschwänzt, sie hat dort durch Abwesenheit geglänzt. Es war schon interessant: Sie hat dann – und das kränkt uns als langjährige Mitglieder des


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Rechnungshofausschusses schon – in einer Presseaussendung gemeint, eigentlich sei der Rechnungshofausschuss ohnedies uninteressant und die Beschlussfassungen interessierten sie auch nicht. – So viel zur Einstellung eines Mitgliedes des Rechnungs­hofausschusses und generell einer Abgeordneten hier im Hohen Haus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Dringlichen Anfrage findet sich eine Wortwahl, die einen ein wenig erschaudern lässt, und zwar: Korruption, Pröll’sche Schul­den­politik, organisierte Schuldengesellschaften, Spekulationen, Banklizenz und so weiter und so fort. Ich habe selten ein derartiges Sammelsurium von Beschimp­fungen gelesen oder gehört.

Dazu darf ich eines sagen: Wer ist jene Partei, die über Wahrheit, Transparenz und Fairness redet, diese Werte auch plakatiert, aber ganz etwas anderes macht? Mit wem haben wir es denn da eigentlich zu tun?

2001 haben wir veranlagt. Es ist jetzt mittlerweile einige Jahre her, auch wenn dies noch nicht so lange her ist. Wir stehen wenige Tage vor der Landtagswahl in Niederösterreich. Und da gibt es jetzt einen Herrn Stronach und seine gekauften Kandidatinnen und Kandidaten (Oh-Rufe des Abg. Tadler), die durchs Land ziehen. Es ist so! Das macht ja nichts, das ist ja nichts Böses. (Weitere Zwischenrufe beim Team Stronach.)

Das heißt, dass da eigentlich jemand über Niederösterreich spricht, die Niederöster­reicherinnen und Niederösterreicher bewertet, ohne das Land und die Bürgerinnen und Bürger zu kennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass viele Bürgerinnen und Bürger aus Niederösterreich jetzt zuhören und zuschauen. Denn: Herr Stronach erklärt in seinen Inseraten und seinen Statements ganz klar, dass das Bundesland Niederöster­reich ein Sauhaufen sei. Stronach erklärt, in diesem Land würde nichts gearbeitet. Dieser Mann erklärt, dass die Leistungen, die erbracht wurden, nichts wert seien. Stronach erklärt, Niederösterreich sei eine Diktatur. Stronach erklärt, Niederösterreich sei ein Kriegsschauplatz.

Und ich sage: Dieser Mann, nämlich Stronach, weiß nicht, was er spricht, und er weiß auch nicht, was er tut!

Niederösterreich ist ein freies und demokratisches Land, und es gibt dort keine Diktatur. Wir schicken Stronach und sein Team gerne nach Nordkorea. Und Nieder­österreich ist auch kein Kriegsschauplatz, Gott sei Dank, denn das ist seit Ende des Zweiten Weltkrieges auch vorbei. Aber er dürfte das noch nicht ganz mitbekommen haben.

Aber kein Wunder, er ist ja auch nicht im Land, und in Österreich hat er auch nicht wirklich seinen Platz gefunden.

Stronach beschimpft all unsere Landsleute, nicht nur in Niederösterreich, sondern bundesweit. Da sollen sich auch die Fraktionen überlegen, wie wir damit umgehen, wie wir dazu stehen.

Stronach beschimpft alle, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten speziell dieses unser Niederösterreich aufgebaut haben, die mit ihrer Hände Arbeit dieses Land aufgebaut haben, die in den Familien viel geleistet haben, in den Betrieben, in der Landwirtschaft das Ihre eingebracht haben. Vom Herrn Stronach habe ich nichts gesehen. Er hat nur Baustellen hinterlassen – egal, wo wir hinschauen. Seit er im Land ist, hat er Baustellen hinterlassen. Ich weiß nicht, ob das so ein gutes Zeugnis ist.

Wir reden aber von einer Region, vom Bundesland Niederösterreich, das sich zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Bundesland entwickelt hat. Meine Damen und Herren,


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600 000 unselbständig Erwerbstätige – das ist eine enorme Zahl von Frauen und Männern, die in Beschäftigung sind. Das kommt nicht von ungefähr! (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Niederösterreich ist ein Bundesland, das in Wissenschaft und Forschung aufgeholt hat – mit den Fachhochschulen, mit der Eliteuniversität in Klosterneuburg, mit dem MedAustron, dem modernsten europäischen Krebsforschungszentrum, das wir gebaut haben.

Das kann er nicht wissen! Stronach weiß gar nicht, wo es steht, und er kümmert sich auch nicht darum! Selbstverständlich ist auch ein Ausbau der Infrastruktur hinein bis in die kleinste Gemeinde und Ortschaft. Ich weiß, wovon ich spreche, das sage ich auch als Bürgermeisterin!

Meine geschätzten Damen und Herren, wenn wir schon fragen, was denn in Niederösterreich geschehen ist, was denn so schlecht gewesen ist, dann kann ich nur sagen: Sind es die 600 Millionen € für den Ausbau der Kindergartenplätze? (Abg. Königsberger-Ludwig: Es sind 5 000 Betreuungsplätze, die fehlen!) Sind es die zusätzlichen 1000 Pflegebetten, die geschaffen werden? Sind es die 3 500 zusätz­lichen Wohneinheiten für betreutes Wohnen? Und da immer von den Wohnbauförder­geldern die Rede ist: Bleiben wir doch bei der Wahrheit! Wir wollen nichts als Fakten und Wahrheit. Wir brauchen nichts zu beschönigen. Wir brauchen keine Märchen­erzähler im Land Niederösterreich.

Allein seit 2008 wurden in Niederösterreich 130 000 Wohneinheiten gebaut bezie­hungs­weise deren Sanierung gefördert. Erst in der letzten Sitzung der Landes­regierung vorige Woche wurde ein Förderpaket für 4 400 Wohneinheiten beschlossen, das heißt, es wurden Darlehen in der Höhe von 49,2 Millionen € gewährt, mit jährlichen Zinszuschüssen von 5,7 Millionen €.

Was bedeutet denn das für das Bundesland Niederösterreich und seine Wirtschaft? Das bedeutet, es gibt ein Investitionsvolumen von 9,3 Milliarden €. Das sichert Arbeitsplätze, das schafft Arbeitsplätze, das ist die Arbeit, die in Niederösterreich geleistet wird! Das macht der Herr Landeshauptmann Erwin Pröll und sein Team – und nicht jene, die das Land schlechtmachen, die das Land zerreden und glauben, dadurch auch noch Stimmen zu gewinnen. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen ja auch noch sehen: Da gibt es jemanden, der herumläuft und sich sogar der Diskussion mit Spitzenpolitikern anderer Parteien – ich glaube, das war mit Frau Kollegin Glawischnig – verweigert. (Ruf bei der SPÖ: Wer ist denn das?) Ja, wovor fürchtet er sich denn? Er hat nicht einmal den Mumm, in einer großen Runde die Diskussion zu führen, Argumente zu hören. Er will die Argumente der anderen Parteien gar nicht hören! Und warum nicht? – Nicht nur deswegen, weil er nicht zuhören kann, sondern auch deshalb, weil er dann eigene Argumente auf den Tisch legen müsste, weil er sein eigenes Arbeitsprogramm auf den Tisch legen müsste – und er hat keines! Er hat nur einen Plot: alle zu beschimpfen, alles schlechtzumachen, selbst keine Leistung zu erbringen. – Das braucht er auch nicht, denn er geht ja nicht in den Landtag. Am 4. März sitzt Stronach im Superjet nach Kanada, und keiner is da. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Heinzl: Aber trotzdem fehlen 1,8 Milliarden €!)

16.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 



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16.42.07

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Frau Kollegin Schittenhelm! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Tricksen wie die Griechen: So verspekuliert die ÖVP 10 000 günstige Wohnungen“ aufs Rednerpult, auf der eine Karikatur von Landeshauptmann Pröll zu sehen ist, der das Hütchenspiel mit drei Hütchen spielt, die die Aufschriften „Augustus“, „Aquarius“ und „Aurelius“ tragen.) Eigentlich kann ich – und das habe ich auch getan – die Rede, die ich letzte Woche hier gehalten habe, wieder 1 : 1 herausfischen.

Damals haben Sie einem Kollegen von der SPÖ vorgehalten, er veranstalte eine Märchenstunde. Diesmal haben Sie uns wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, wie Ihre Märchenstunde aussieht, nämlich wenn es um den Onkel Erwin geht.

In diesem Zusammenhang möchte ich das aktuelle „profil“ zitieren, wo von dem „gepröllten Land“ gesprochen wird. Ich zitiere in aller Kürze:

„Bei den Landtagswahlen am 3. März könnte die absolute Mehrheit für Landes­hauptmann Erwin Pröll von der ÖVP verloren gehen. Für die Demokratie in Nieder­österreich wäre das ein Schritt in moderne Zeiten.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Akzeptieren Sie einmal diese Stellungnahmen von Medien, in diesem Fall vom „profil“! (Abg. Schittenhelm hält eine Wahlkampfbroschüre der ÖVP Niederösterreich in die Höhe, auf der Landeshauptmann Pröll abgebildet ist. Oje-Rufe bei der FPÖ.) Das sind ja Tatsachen, die da vorgebracht werden, und wir haben während der letzten Minuten, aber auch bei der Plenarsitzung letzte Woche von mehreren Synonymen des Systems Pröll gehört. Wir haben vom „Casino Pröll“ gehört, wir haben vom „Cäsaren Pröll“ gehört, vom „absoluten Pröllismus“ haben wir gehört. Ich kann das alles nur unterstreichen.

Der Punkt ist – und das ist meine persönliche Überzeugung, und auch die Überzeu­gung meiner Fraktion –, dass das System Pröll den Zenit schon längst überschritten hat. Er hat den Gipfel in Niederösterreich – der höchste Berg in Niederösterreich ist ja der Schuldenberg und nicht der Schneeberg – längst überschritten. Das sollte man irgendwann einmal erkennen, denn sämtliche Fakten sprechen einfach dafür.

Wenn man den Herrn Landeshauptmann in den letzten Wochen beobachtet hat, wie er bei Pressekonferenzen, bei Diskussionen, auch konkret bei der Elefantenrunde agiert hat, dann musste man feststellen: Erwin Pröll ist nicht mehr dieselbe Persönlichkeit, die er vielleicht einmal war. Er war schwach, er war blutleer, er war blass. Er ist in der Abschlussstellungnahme, in der er eigentlich das Programm für Niederösterreich noch einmal vortragen wollte, nochmals auf Konkurrenten eingegangen – ein Kardinalfehler in der Kommunikationstechnik! Das sollte eigentlich ein angeblich erfolgreicher Landeshauptmann beherrschen, aber er beherrscht es nicht mehr. Noch einmal: Er hat den Zenit überschritten!

Wir haben schon genug über die Veranlagungen gehört. Ich fasse nochmals zusam­men: Der Rechnungshof hat festgestellt, 1 Milliarde € Verlust. Das kann der Kollege Stummvoll drehen und wenden, wie er möchte, 1 Milliarde € Verlust mit Rechnungsab­schluss 31.12.2008. Das alles sind Fakten und nicht irgendwelche Märchen, die wir Freiheitlichen uns aus den Fingern saugen.

Wir haben schon gesagt, hätten der Herr Landeshauptmann und sein Musikschul­direktor – oder Musikschullehrer, keine Ahnung, aber Faktum ist, dass der Herr Landesrat Sobotka einfach keine Kompetenz zum Thema Finanzen hat –Nieder­österreich nicht mit einem Casino gleichgesetzt, könnten wir heute ganz anders agieren. Ich habe ein Schild mitgebracht, ich halte es nochmals deutlich in Richtung ÖVP. (Der Redner nimmt die Tafel, die auf dem Rednerpult steht, und hält sie in die


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Höhe.) Es wird getrickst, was das Zeug hält, und das hat das Land Niederösterreich nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

Weitere Schmankerl – ich habe es ja letzte Woche schon auf den Punkt gebracht –: Die Hypo Niederösterreich wird als grundsolides Unternehmen dargestellt. Die Justiz ermittelt, die Finanzmarktaufsicht ermittelt, es wurden Verluste eingefahren. Ich sage ganz offen: Es muss sich die Politik endlich aus diesen Landesbanken verabschieden, denn das ist ja eines der Grundübel. (Abg. Kopf: Das muss sie sich eh demnächst, schon rechtlich!)

Das Skylink-Debakel möchte ich nochmals in Erinnerung rufen: Ernest Gabmann, Ihr ehemaliger Landeshauptmann-Stellvertreter, war ja dort im Vorstand, und das Land Niederösterreich ist dort Mehrheitseigentümer – aber auch da hat man nichts davon gewusst, auch da konnte man nichts tun.

Das Land Niederösterreich hat eine unglaubliche Schuldenentwicklung. Wir sprechen heute von in etwa 7 Milliarden € Schulden. Der Herr Landeshauptmann hat es in 20 Jahren geschafft, diese Schulden von 500 Millionen € auf knapp 7 Milliarden € auszubauen.

Zur Kollegin Schittenhelm, die sagt, es wurde investiert, da 100 Millionen, dort 400 Millionen: Haben Sie eigentlich auch so etwas wie einen gesunden Kaufmanns­verstand? (Abg. Schittenhelm: Ja!) Man kann mittel- und langfristig nicht mehr aus­geben, als man einnimmt. (Abg. Schittenhelm: Mein Budget ist im Plus!) Das hat Herr Landeshauptmann Pröll leider vergessen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Mayerhofer: Er kann seine Gehälter nicht mehr zahlen! Abg. Schittenhelm: Ich bin seit ... Jahren im Plus!)

Die Problematik ist jene, dass diejenigen in Zukunft diese Schulden ausmerzen und begleichen werden müssen, die heute noch produktiv arbeiten. Der Herr Landeshaupt­mann wird halt irgendwann einmal seinen Bleistift fallen lassen, Sie als Bürgermeisterin detto, und dann: Hinter uns die Sintflut! Ich kann Ihnen unzählige Beispiele liefern, auch aus der Gemeinde des Kollegen Höfinger, Sieghartskirchen, wo man abbruch­fähige Hütten um 160 000 € kauft, die in Wahrheit einen Wert von 50 000 €, 60 000 €, 70 000 € haben.

Es wird das Geld einfach mit vollen Händen ausgegeben und aus dem Fenster geworfen. Das kann und darf nicht sein, und das muss man einmal eingestehen. (Abg. Schittenhelm: Schauen Sie in die Gemeinde Bisamberg!) Diese Schuldenmacher­politik wirft ja die Österreichische Volkspartei der Sozialdemokratie immer vor. (Abg. Hörl: Klagenfurt!) Ihr seid, bitte, seit ich weiß nicht wie vielen Jahrzehnten in der Bundesregierung, dominiert – leider! – noch immer die Länder, und in Wirklichkeit seid ihr genauso große Schuldentreiber wie die Sozialdemokraten. Das muss man deutlich feststellen. Das ist ein Faktum, Frau Kollegin Schittenhelm! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Krainer: Nein, das ist keines! Das muss ich mir nicht ...!)

Diese Schuldenpolitik habe ich bereits angesprochen. Lesen Sie das nach! Das alles sind Tatsachen. (Abg. Grosz: ... Salzburg?)

Zu Ernst Strasser: Hören Sie gut zu, auch wenn Sie den jetzt nicht mehr kennen, vielleicht hat die Kollegin Schittenhelm den Herrn Ernst Strasser noch im Telefonbuch, auch wenn man den jetzt ... (Ruf bei der ÖVP: Selbstverständlich!Selbstver­ständ­lich? Interessant zu wissen! Sie wissen, was der Herr Kollege Strasser alles veran­staltet hat. Er ist ja doch der politische Ziehsohn des Landeshauptmannes und war ja immerhin Klubobmann der ÖVP Niederösterreich.

Über den Sicherheits- und Asylnotstand habe ich letzte Woche auch schon berichtet. Wir werden von Horden von Kriminaltouristen überfallen. Wir von den Freiheitlichen in


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Niederösterreich sagen klipp und klar: Wir müssen endlich unsere Grenzen wieder sichern. (Abg. Krainer: Geh’n S’, hören S’ auf mit den Wahlkampfreden! Beim Thema bleiben! Bitte, Sicherheitspolitik ist Bundessache, keine Landesg’schichte!) Ja, ja, beim Thema bleiben. Das fällt ja alles ins System Pröll hinein. Ich weiß, dass es unangenehm ist, aber es ist halt so.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben jetzt gehört: Das System Pröll gehört abgelöst. Das Minimalziel ist es, dass wir am 3. März die Absolute brechen. Das ist unser aller Ziel – vor allem auch für uns als Freiheitliche Partei, damit auch dort endlich wieder vernünftige Kräfte ans Werk kommen. Ich bin guter Dinge. (Beifall bei der FPÖ.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.49.18

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Landeshauptmann Erwin Pröll ist der letzte Mohikaner, der noch daran glaubt, dass er mit seinem Casino Pröll keine Verluste eingefahren hat. Ein weiterer sitzt hier in Form des Herrn Kollegen Stummvoll – im Moment ist er ich weiß nicht wo, aber er spricht von Mindererträgen und empfiehlt uns, den Rechnungshofbericht zu lesen.

Ich habe die beiden Rechnungshofberichte sehr gut und sehr genau gelesen. Im Rech­nungshofbericht 2010 steht – ich zitiere –:

„Die Performance der veranlagten Gelder unterschritt bis Ende 2008 das langfristige Ergebnisziel des Landes um knapp eine Mrd. EUR.“

Das ist ein Verlust, würde ich sagen. (Abg. Ing. Schultes: Wirklich? Abg. Mag. Kogler: Ja, sicher!) Verzockt im Casino, in irgendwelchen Fonds mit wohlklingenden Namen von Augustus bis was weiß ich wohin! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mayerhofer.Das ist das eine.

Wir lesen weiter. (Abg. Kopf: Ein nicht erzielter Gewinn ist ein Verlust, oder wie?) Ja, Herr Klubobmann! Wir lesen weiter im Follow-up-Bericht des Rechnungshofes. (Abg. Mag. Kogler: Das war ja die Benchmark für ...!) Dort steht: Diese Verluste – nicht „Mindererträge“! – konnten bis heute nicht aufgeholt werden. Im Gegenteil, es ist mehr geworden. (Abg. Krainer: Die Wette war ja, ich muss 4,6 Prozent machen, damit ich nichts verliere!)

Schauen wir uns einmal an, was da passiert ist! – Aus 8 Milliarden sind durch den Verkauf etwas mehr als 4 Milliarden geworden, und um diese Anfangsverluste wieder wettzumachen, die da entstanden sind, muss man mindestens den Abzinsungsfaktor von 4,6 Prozent verdienen, um wieder auf die 8 Milliarden € zu kommen. (Abg. Mag. Kogler: So schaut’s aus!)

Der Rechnungshof hat aber festgestellt, dass die durchschnittliche Verzinsung nicht bei 4,6 oder gar 5 Prozent lag, wie es dem Ziel entsprochen hätte, sondern nur bei um die 2 Prozent. Der Herr Landeshauptmann – der letzte Mohikaner – spricht von 3 Prozent, aber auch das ist zu wenig. Stellen Sie sich vor: Wer hier in diesem Hohen Haus und unter den Zuseherinnen und Zusehern vor den Fernsehschirmen würde denn – und damit kann man das vergleichen – einen Kredit um 4,6 Prozent aufnehmen und ihn dann zu 2 Prozent anlegen? – Na kein Mensch, der bis drei zählen kann, würde das tun! Das sei dem Herrn Landeshauptmann Erwin Pröll einmal ins Stammbuch ge­schrieben. Und wenn er sagt, wir werden das alles noch aufholen: Bei den niedrigen Zinsen, die wir gegenwärtig haben, ist das nur dann aufholbar, wenn extrem spekulativ veranlagt wird. Und immer dann, wenn extrem spekulativ veranlagt wird, ist die Gefahr


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natürlich sehr groß, dass Verluste entstehen, wie sie eben in den vergangenen Jahren im Casino Pröll in Niederösterreich entstanden sind.

Daher brauchen wir dringend ein Spekulationsverbot, aber ein solches, das diesen Namen auch verdient. Die Regelungen, über die wir gestern hier im Hohen Haus ge­sprochen haben, sind ja nicht geeignet, um das zu verhindern, was in Niederösterreich passiert ist. Warum sind sie nicht geeignet? – Erstens einmal ist keine Rede davon, dass Erlöse aus Veräußerungen, sei es von Wohnbauförderungsdarlehen, sei es von anderem öffentlichen Eigentum, nicht spekulativ veranlagt werden können (Abg. Mag. Kogler: So ist es!), wenn nicht das entsprechende Umfeld, die entsprechenden Grundsätze geschaffen werden, die entsprechenden Kontrollen geschaffen werden und das entsprechende Rechnungswesen dafür geschaffen wird.

Wenn wir uns die Regelungen, die gestern vorgelegt worden sind, aber den Weg bis hier her ins Plenum heute nicht geschafft haben, anschauen, so müssen wir wohl feststellen, dass es in dieser berühmten Artikel-15a-Vereinbarung – die Finanzminis­terin spricht immer vom „Herzstück“ dieses Spekulationsverbotes – nicht nur in Bezug auf die Grundsätze erhebliche Lücken gibt, sondern es ist auch die Kontrolle lückenhaft, denn diese wurde einem Komitee übertragen, dem österreichischen Koordi­nationskomitee, zu dem mir immer nur ein Vergleich einfällt, nämlich der Krenhobel. Dieses österreichische Koordinationskomitee hat nämlich bislang noch nichts zustande gebracht, was zur Koordination der Finanzpolitik, zu der es aufgerufen ist, beigetragen hat. (Abg. Mag. Kogler: Ein „Würschtel, Senf und Kren“-Gremium!)

Die zur Seite gestellte Kontrollgruppe hat nicht die erforderlichen Informationen, die sie diesem Komitee zur Verfügung stellen kann, damit es dann überhaupt die Kontrolle machen kann. Es fehlt aber auch die notwendige Transparenz in Form eines modernen Rechnungswesens. Da wurden gestern schon erste Fortschritte erzielt. Da sollte schon im § 16 der Finanzverfassung eine Verordnungsermächtigung für die Frau Finanz­minis­terin und den Rechnungshofpräsidenten gemacht werden, um die erforderlichen Vorschriften für die Erstellung der Voranschläge und Rechnungsabschläge im Hinblick auf Transparenz zu schaffen. Aber die ÖVP ist samt der Frau Finanzministerin vor den Bundesländern in die Knie gegangen, denn hier steht wiederum eine Artikel-15a-Vereinbarung, die offensichtlich nichts anderes soll als verhindern, dass wir in Öster­reich ein transparentes Rechnungswesen bekommen.

Solange wir kein transparentes Rechnungswesen haben, wird es auch nicht möglich sein, das Casino Pröll zu beenden oder aber auch die Spekulation in anderen Bundesländern, wo es diese Transparenz nicht gibt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mayerhofer.)

Daher, Frau Finanzministerin: Wirken Sie auf Ihre Landeshauptleute, auf Pröll und Co, ein, damit wir endlich ein Spekulationsverbot schaffen können, das diesen Namen verdient und das das Casino Pröll beendet, denn es geht um Steuergelder und es kann und darf nicht sein, dass Steuergelder auf den Finanzmärkten verzockt werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


16.56.20

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Herzlich willkommen im niederösterreichischen Landtagswahlkampf! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe inzwischen einige Anrufe bekommen und wurde gefragt, warum die Bankreihen hier so leer sind. Zur Erklärung für die Zuseher vor den Fern-


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seh­schirmen: Wir haben dieselbe Debatte vor einer Woche bereits einmal durch­geführt. Es ist aber trotzdem schade, dass gerade jene Fraktion, die im Kreuzfeuer der Kritik steht, nämlich die ÖVP-Fraktion, derartig abwesend ist und sich nicht bereit erklärt, mit uns mitzudiskutieren.

Die Dringliche Anfrage an sich ist ja gerechtfertigt. Die Kollegen vom Team Stronach muss ich aber auch noch fragen: Wo ist heute Ihr Klubobmann? (Abg. Tadler: Krank!) Am Sonntag gab es eine Wahlkampfauseinandersetzung zur Landtagswahl. Wo war da Ihr Spitzenkandidat? Also wenn Sie sich der Wahl stellen, dann sollten Sie sich auch mit Ihren Ideen und mit den Kandidaten der Wahl stellen, weil sonst die Gefahr besteht, dass Sie auch in den Gremien, in die Sie vielleicht – oder auch nicht – gewählt werden, die entsprechenden Mandate nicht besetzen werden, liebe Kollegen vom Team Stronach. – Das einmal zum Ersten. (Abg. Krainer: Wie soll ich jetzt die Rede vom Petzner und Ihre Rede in Gleichklang bringen?)

Zum Zweiten: Es gibt ja neben dem Hauptverantwortlichen in Niederösterreich, Lan­des­hauptmann Pröll, noch einen weiteren Hauptverantwortlichen, nämlich den Landesrat Sobotka. Der war ja kurzzeitig, von 1996 bis 1998, Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde Waidhofen an der Ybbs und hat ja auch dort bereits die Grundsätze des Zockens und des Spekulierens gelernt. Da hat er nämlich die Stadtsparkasse verkauft. Und was hat er gemacht? – Ein altes Schloss hat er dann saniert und zu einem Hotel umfunktioniert. Okay, mag sein, dass das ja durchaus passend ist, aber im Endeffekt – und er mag nicht allein dafür verantwortlich sein – sind in der Gemeinde Waidhofen 40 Millionen € Schulden übriggeblieben, also in altem Geld eine halbe Milliarde Schilling! Das war der ÖVP-Bürgermeister!

Der hat dann Karriere gemacht. Und nur zur Erinnerung: Eine Management-Beratungsfirma mit dem Namen PSL hat dann Waidhofen als die finanziell kränkste Stadt Österreichs bezeichnet. – So viel zur Auszeichnung des Herrn Sobotka. Er hat dann aber trotzdem eine Kampfabstimmung gegen den Herrn Spindelegger gewonnen, der ja dann bekanntermaßen Vizekanzler geworden ist, ist dann 1998 zum Finanz­landesrat aufgestiegen und hat offenbar diese Spekulationsgrundsätze aus der Ge­meinde im Land fortgesetzt.

Es ist bereits mehrfach betont worden, was dabei herausgekommen ist. Aber ich sage auch Folgendes dazu: Man kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen! Da waren auch andere Parteien dabei. Vor zehn oder zwölf Jahren, als das Unglück begonnen hat, war es noch üblich, dass auch andere Bundesländer, etwa Oberösterreich, die Wohnbaudarlehen verhökert haben. Oberösterreich hat aber investiert, in Nieder­österreich hat man spekuliert – das war der Unterschied. Aber, wie gesagt, da war auch die SPÖ mit dabei, da war auch die FPÖ mit dabei, und natürlich war auch die ÖVP mit dabei.

Was wir aber lernen sollten, ist: Wie geht es jetzt weiter? Das hat die Frau Finanz­minister bereits richtig angedeutet: Es geht jetzt um ein Spekulationsverbot und um ein einheitliches Haushaltsrecht bundesweit, für den gesamten öffentlichen Sektor, also nicht nur für Bund, Länder und Gemeinden, sondern auch für alles andere, was im Einflussbereich der Öffentlichkeit steht.

Die Ergebnisse – das verstehe ich nicht, da geht mir die Ehrlichkeit bei der ÖVP ab –: 8 Milliarden Wohnbaugelder verhökert, abgezinst natürlich, um 4,4 Milliarden – weil das hat man dann bekommen –, und dann stellt der Rechnungshof fest, dass nach einigen Jahren trotzdem eine Milliarde abgeht. – Das ist ja ein gewaltiger Verlust.

Der Rechnungshof – das hat Kollege Rossmann bereits zitiert – stellt ja fest, dass das langfristige Ergebnisziel des Landes um knapp 1 Milliarde verfehlt wurde. Und Kollege Kopf von der ÖVP meint, das ist kein Verlust. – Kollege Kopf! Da brauchen Sie nur


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zwei, drei Seiten weiterzublättern, da steht dann drinnen, dass es Ende 2008 einen Fehlbetrag von 996,8 Millionen € gegeben hat. Also diese Milliarde fehlt!

Die Unehrlichkeit besteht dann darin, wenn man sich als Landeshauptmann, als Finanzreferent Niederösterreichs hinstellt und sagt, wir haben 800 Millionen Gewinn gemacht. Diese 800 Millionen beziehen sich nämlich rein auf die Verzinsung des übriggebliebenen Kapitals von 4,4 Milliarden. Aber in Summe hatten Sie 8 Milliarden! Und da fehlen fast 4 Milliarden, die man in den Wind schreiben kann, die dem Steuer­zahler letztlich abgehen werden. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Was mich besonders empört, ist, wie man mit dem Geld der kleinen Häuslbauer umgeht. Das wäre eigentlich dafür gedacht gewesen, um für Familien in Nieder­österreich langfristig günstigen Wohnraum zu beschaffen und zu organisieren. (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ sowie des Abg. Mayerhofer.) Diese Möglichkeit haben Sie damit den Menschen längerfristig genommen, denn das Geld fehlt dann an anderer Stelle.

Damals hat Herr Sobotka gemeint, 5 bis 6 Prozent Zinsen würde man einnehmen. Nur 1,8 bis 2,2 Prozent sind dann Realität geworden. Was ist passiert? – Die eigene fibeg, die Finanzagentur der Niederösterreicher, die hier mit anderen Töchtern spekuliert hat, hat nicht, wie es heute geheißen hat, konservativ, vorausschauend, langfristig, vor­sichtig investiert, nein, sie hat auf Teufel komm raus spekuliert, im Steuerparadies Cayman Islands. Über 40 Millionen sind seitens Niederösterreich sogar in den bekannten Fonds von Madoff, dem Anlagebetrüger, geflossen. Ist das konservativ? Ist das wertorientiert, zukunftsorientiert? – Nein, mitnichten, das ist es nicht! Das ist das internationale Finanzcasino, wo sie hineingezahlt haben und natürlich mit entsprechen­den Verlusten herausgekommen sind, denn jeder, der einmal im Casino war, weiß, die Bank gewinnt immer und der Spieler verliert immer oder meistens.

Das heißt, das Ergebnis von einer Milliarde ist nicht schönzureden, auch seitens der ÖVP nicht, das muss man offen und fair zugeben. Ein Landeshauptmann von echter politischer Größe, Verantwortung und Moral würde das auch zugeben und sagen, jawohl, da ist etwas in die Hose gegangen, wir werden es wieder richten und schauen, dass wir hier möglichst rasch wieder herauskommen. Das wäre die faire, korrekte Herangehensweise für die ÖVP. Das macht man aber nicht, man versucht indessen, alles schönzureden.

Ich darf nur daran erinnern, was die ÖVP, aber auch die SPÖ bei der Kärntner Hypo gemacht hat. Da weiß man ganz genau, das war politisch motiviert. Da war der Teufel los! Genauso in Salzburg, und da hat man die Gabi Burgstaller auch zu Recht kritisiert. Aber das ist in Niederösterreich nicht geschehen, denn hinter mir sitzt eine schwarze Oberaufsicht, eine Finanzministerin, die schützend die Hand über ihren Onkel Erwin in Niederösterreich hält und da auch nichts anbrennen lässt. So läuft es in Österreich. Da sind wir dann auch schon bei der Parteibuchwirtschaft.

Aber den Vogel abgeschossen hat ja der Oberjägermeister Pröll selber mit seinen Aus­sagen nach diesen Rechnungshofberichten. Ich weiß schon, wenn ich das in Nieder­österreich sagen würde, dann wäre das eine Majestätsbeleidigung, aber ich sage es trotzdem: Er hat den Vogel abgeschossen, weil er nämlich in Richtung des Rechnungs­hofpräsidenten Moser gesagt hat, offensichtlich sei dieser zu wenig qualifiziert. Was hat, nachdem Pröll das festgestellt hat, Herr Präsident Moser gemacht, auf den nunmehr die gesamte Opposition und auch die Regierung hört, wenn es um das Spekulationsverbot geht? – Der Herr Moser ist ruhig geblieben, hat die Nerven behal­ten und hat sich wie ein Gentleman verhalten. Er hat dann in weiterer Folge in seinen Rechnungshofbericht hineingeschrieben:


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„Das Ergebnis der Prüfung wurde bereits vor der Vorlage des Berichtes an den Landtag trotz gesetzlich normierter Vertraulichkeit intensiv diskutiert und kritisiert.“

Also ein klarer Gesetzesbruch derjenigen, die das in die Öffentlichkeit hinausgetragen haben. Wir wissen, wer das war, liebe Kollegen von der ÖVP!

Dann geht es weiter: „Der RH hat sich trotz massiver, jedoch eindeutig widerlegbarer Kritik entsprechend den Vertraulichkeitsbestimmungen dazu nicht geäußert.“ – Er hat sich an die Vereinbarungen gehalten. Die ÖVP in Niederösterreich nicht. 

„Auch nach der Vorlage wurden Empfehlungen des RH unrichtig bzw. unvollständig zitiert und interpretiert und die Unparteilichkeit und Objektivität des RH in Frage gestellt.“

Meine sehr geehrten Kollegen von der ÖVP! Der Rechnungshof ist ein Organ des Parlaments. Der Rechnungshof ist ein Organ, dem wir volles Vertrauen entgegen­bringen müssen, wenn wir uns selber noch ernst nehmen wollen.

Wenn da ein Landeshauptmann hergeht und sagt, dieser Präsident ist zu wenig qualifi­ziert, nur weil er feststellt, dass derselbe Landeshauptmann mit seinem Finanzrefe­ren­ten Milliarden verspekuliert hat, dann passt das nicht mehr, dann ist das nicht mora­lisch, dann sind das nicht die christlich-konservativen Grundsätze, die Sie vorgeben zu vertreten. Ganz im Gegenteil: Das ist die Mentalität der Casinospekulanten, Kollege Kopf von der ÖVP!

Zu guter Letzt denke ich, dass wir gut beraten sein werden, jetzt aufgrund dieser Vorfälle, die passiert sind, zu lernen. Da wird es wenig nützen, hier noch den Landtags­wahlkampf in den Nationalrat reinzubringen, das wird die Niederösterreicher kaum mehr beeindrucken. Aber eines könnte sie beeindrucken, dass wir die logischen und richtigen Schritte daraus ziehen, und das ist das Spekulationsverbot. Hier höre ich, und das wissen wir, dass die SPÖ bereit gewesen wäre, das Spekulationsverbot in die Verfassung hineinzuschreiben. Ich weiß, dass die Grünen das im Kern auch wollen, ich weiß aber nicht, warum die Grünen das jetzt ablehnen.

Kollege Rossmann meinte eben vorhin, die Spekulation von Niederösterreich könnte man mit diesen Formulierungen nicht verhindern. – Kollege Rossmann! Das ist so nicht richtig! Ich habe persönlich den Rechnungshofpräsidenten und auch die Chefin der OeBFA, der Bundesfinanzierungsagentur, gefragt, ob das möglich ist. Die Antwort war klar ja. Mit diesen Formulierungen, die zugegebenermaßen nicht optimal sind, Artikel-15a-Vereinbarungen, Verordnungen et cetera, et cetera, ist es möglich, derartige Spekulationen in Hinkunft bundesweit, aber auch auf Landes- und Gemeindeebene hintanzuhalten. Das sind die Fakten.

Wenn man das weiß, dann sollte man eines machen, dann sollte man das jetzt rasch beschließen, denn wer glaubt, dass es nach dem 3. März, wenn der Herr Pröll einen fulminanten Wahlsieg eingefahren hat, dann leichter wird, der träumt wohl wirklich von warmen Eislutschern. Weil wenn, dann müssen wir den Sack jetzt zumachen, dann müssen wir jetzt die Gunst der Stunde nutzen und hier ein entsprechendes Speku­lationsverbot samt einheitlichen Haushaltsrichtlinien für alle Länder und für alle Gemeinden erlassen, denn nach dem 3. März ist es zu spät, wenn die ÖVP wieder mit Allmacht und Präpotenz weiterregiert. (Beifall beim BZÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 168

17.06.44

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich würde der Frau Kollegin Schittenhelm gerne eines mitgeben, leider ist sie nicht da, aber ich sage es trotzdem, vielleicht kann man es ihr ausrichten. Ich würde wirklich appellieren daran, dass die ÖVP in Niederösterreich einmal zur Kenntnis nimmt, dass es in Niederösterreich auch Menschen gibt, die nicht die ÖVP gewählt haben und trotzdem stolze Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sind und die vor allem auch keine Landesfeinde sind, denn nicht die ÖVP zu wählen bedeutet nicht automatisch, dass man Landesfeind in Niederösterreich ist. Darum würde ich wirklich bitten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Ich finde es auch wirklich abenteuerlich – es haben heute schon viele darüber gesprochen –, dass viele, beinahe alle in diesem Hohen Haus und auch der Rechnungshof von Verlusten bei den Anlagen der Wohnbaudarlehen sprechen, aber nur einige wenige das nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Das ist eben die ÖVP in Niederösterreich und das sind die Spitzen der ÖVP in Niederösterreich. Ich kann es nicht verstehen!

Es geht doch hier vor allem darum, Fehler gutzumachen, Fehler nicht mehr zu machen. Es geht vor allem darum, aufzuklären, und es geht vor allem darum, dass man derartige Geschäfte nicht mehr machen soll. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung, dass Spekulationen mit Steuergeldern in Zukunft nicht mehr möglich sein sollen. Und ich verstehe nicht, warum man nicht bereit ist aufzuklären. Was in Salzburg möglich ist, was in Salzburg geht, müsste doch auch in Niederösterreich möglich sein. Aber, geschätzte Damen und Herren, das geht leider nicht aufgrund der Macht­verhältnisse in Niederösterreich. Es geht deswegen nicht, weil die ÖVP Niederöster­reich Aufklärung verhindert und weil alle, die es wagen, in Niederösterreich Kritik zu üben, als Landesfeinde und als Lügner bezeichnet werden.

Ich finde das nicht in Ordnung, und ich denke, wenn so viele schon, inklusive des Rechnungshofs, sagen, dass es Verluste gegeben hat, dann kann man das nicht einfach wegwischen und dann ist es vielleicht doch möglich, dass die ÖVP Niederösterreich irrt. Aber das ist eben nicht so, die ÖVP sagt, es geht um Klarheit. Ich finde nicht, dass das Klarheit ist, ich finde, das ist Arroganz, und ich finde auch, das ist ein falscher Umgang mit der Macht, die die Wählerinnen und Wähler den Politikerinnen und Politikern geben.

Wissen tun wir alle, und das ist Fakt, das ist heute schon mehrmals angesprochen worden, dass im Jahr 2002 8 Milliarden €, ein bisschen mehr, an Wohnbaudarlehen verkauft wurden und dass diese 8 Milliarden € Wohnbaudarlehen aufgrund des Risikos, das der Käufer eingeht, abgezinst werden mussten. Es wurde mit 4,6 Prozent Zinsen abgezinst, deswegen waren auf einen Schlag diese 8 Milliarden € nur mehr 4,4 Milliarden € wert. Diese 4,4 Milliarden € – Kollege Stummvoll ist leider auch nicht da – wurden veranlagt, das ist richtig, das hat Kollege Stummvoll auch gesagt, aber es ist jedem klar, dass man, wenn man einen Gewinn hätte schreiben wollen – das war ja auch der Grund, warum man diese Wohnbaudarlehen veranlagt hat –, zumindest eine jährliche Verzinsung von 4,6 Prozent hätte erzielen müssen. Das ist nicht passiert. Das war auch nicht zu hoch gegriffen, diese 5 Prozent, die damals beschlossen wurden, waren nicht zufällig gewählt, sondern es war klar, wenn man von diesen veranlagten Wohnbaudarlehen Gewinne schreiben will, dann müsste man eine Rendite um die 5 Prozent erreichen.

Leider war es so, dass diese Rendite in all den Jahren nicht erreicht wurde, und deswegen gibt es diese 1 Milliarde oder 1,8 Milliarden, je nachdem, wie man sich das Ganze anschaut, an Verlusten. Das sagt auch der Rechnungshofbericht aus dem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 169

Jahre 2012; Kollege Stummvoll ist jetzt leider nicht da, bitte richten Sie es ihm aus. Der Rechnungshof sagt – ich zitiere –: Der „bis Ende 2008 im Vergleich zum langfristigen Ergebnisziel des Landes festgestellte Fehlbetrag von knapp 1 Milliarde €“ konnte nicht aufgeholt werden. – Das sagt der Rechnungshofbericht, und das sollte auch die ÖVP Niederösterreich zur Kenntnis nehmen.

In der „Presse“ steht geschrieben – das ist auch ein sehr gutes Zitat einer Zeitung, die der Sozialdemokratie nicht gerade ganz nahesteht –: „Somit ist jeder Veranlagungs­erfolg unter den einst anvisierten fünf Prozent pro Jahr natürlich ein handfester Verlust für das Land Niederösterreich.“ – Klarer kann man es nicht sagen.

Geschätzte Damen und Herren! Wenn jetzt die verschiedensten Zahlen zur Rendite in diesen ganzen zehn Jahren der Veranlagung kursieren, rund 1,8 Prozent sagt der Rech­nungshof, 2,2 Prozent Landeshauptmann-Stellvertreter Sobotka oder 3 Prozent Landeshauptmann Pröll, dann wissen wir, in jedem Fall sind es nicht die anvisierten 5 Prozent, und deswegen ist es ein Verlust. Das sei auch an die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP gerichtet.

Geschätzte Damen und Herren! Wenn Landeshauptmann Pröll in der „Pressestunde“ gesagt hat, es ist möglich, diese Verluste in den nächsten 20 Jahren aufzuholen, dann wissen wir auch, dass man in den nächsten Jahren Renditen von über 11 Prozent machen müsste, und das ist, das sei mit Verlaub gesagt, hoch riskant und hoch spekulativ. Und wir wollen in Zukunft keine Spekulationen mit Steuergeldern! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mayerhofer: Da sind aber auch 20 Jahre vorüber! Das muss man auch sagen!)

Geschätzte Damen und Herren, nicht zuletzt deswegen und weil nicht einmal die Verantwortlichen, die höchsten Verantwortlichen der ÖVP Niederösterreich mit den gleichen Zahlen an die Öffentlichkeit gehen, ist Aufklärung wirklich erforderlich und ist es notwendig, für Transparenz in diesem Bereich zu sorgen. Es geht uns dabei um Verantwortung. Es geht uns dabei um den verantwortungsvollen Umgang mit Steuer­geld, und es geht uns auch um den verantwortungsvollen Umgang mit der Macht, den uns die Wählerinnen und Wähler geben. Ich hoffe sehr, dass nach dem 3. März andere Verhältnisse in Niederösterreich bestehen, damit tatsächlich Klarheit in diesem Land herrscht. (Beifall bei der SPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte. 

 


17.12.38

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich stehe dieser Diskussion mit einer irgendwie distanzierten Lässigkeit gegenüber, denn selten war mir noch so fad bei einer Diskussion, die eigentlich Wahlkampf sein sollte. (Abg. Mayerhofer: Das hängt aber mit deiner Interessenlosigkeit zusammen!) Ich habe noch nichts Neues gehört. Das Einzige, was deutlich zu spüren war, war quer durch alle Fraktionen eine Bewunderung für unseren Landeshauptmann Erwin Pröll. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Es war wirklich ein Beweis von Respekt und Ehrfurcht, jeder hat es halt in seiner Art gezeigt. Die Kollegen von da hinten haben es halt probiert mit: Jessas na, wir sind auf dem Weg zum Staatsbankrott!, und ich weiß nicht was alles. – Herzig! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das finden Sie lustig, oder wie?) Das finde ich wirklich lustig, weil das, was die Kollegen vom Team Stronach da geboten haben, das war heute wirklich schwach, einfach schwach. Ich verstehe jetzt, warum man euch beim


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 170

BZÖ nicht mehr gebraucht hat. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber ob Herr Stronach mit euch lange eine Freude haben wird, wird der Wähler beantworten, interessiert mich nicht so.

Herr Kollege Kogler hat ja ab und zu lichte Momente, aber wenn ich mir anschaue, was er heute gebracht hat, dann muss ich ehrlich sagen, das war nicht das, was wir von ihm gewohnt sind. Das kann er, wenn er will, besser, aber heute hat er nicht wollen, er war einfach lässig und schmissig. Es war wirklich schade. Es ist so! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ist das das Niveau der ÖVP, oder was soll das jetzt? Das ist unfassbar!) Seien Sie mir nicht bös, ich muss das einfach feststellen! Sie haben es sich selber ja auch gedacht, Frau Kollegin Glawischnig. Sie sind heute ein bisschen enttäuscht gewesen von ihm. Aber macht nichts, lassen wir das! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Bleiben Sie zumindest höflich! Das ist ja eine Frechheit!)

Herr Kollege Sacher hat uns heute erklärt, er war ganz am Anfang eh dabei, aber irgendwann einmal hat er sich auf der Fers’n umdraht und gesagt: Ab jetzt geht es mich nichts mehr an! – Leutln, so kann man doch nicht wirtschaften! (Abg. Brosz: Waren Sie vorher in der Cafeteria?) Wirtschaften ist nämlich das Thema, um das es da geht, und wenn wir über Wirtschaften reden, dann ist das das eine, aber was das da heute sein hätte sollen, wäre ein Wahlkampfspektakel gewesen.

Ich muss euch ganz ehrlich sagen, die Niederösterreicher sehen das auch so. Die haben eine große Sympathie für unseren Erwin Pröll. Sie wissen, dass er 20 Jahre das Land mit seiner Persönlichkeit geführt hat. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie wissen auch, dass er mit jedem, mit dem kleinen wie mit dem großen Mann, in Augenhöhe reden kann, und sie wissen auch, dass er die Dinge wirklich ordentlich regelt. Wir wissen, dass die Bürgermeister in Niederösterreich mit Erwin Pröll einen guten Partner haben und, wenn sie etwas ausmachen, das auch hält. Darum geht es! (Abg. Mayerhofer: Dafür hat er die Bezüge um 150 Prozent erhöht!) – Nicht neidig sein, du lebst auch von der Gage!

Meine Freunde, der Landeshauptmann hat in der Gemeinde ganz offensichtlich das Standing, das man braucht, dass man Projekte mittelfristig planen kann. Er hat das Standing, das man braucht, dass man als Bürgermeister im Vertrauen auf starke Partner selber Projekte angehen kann. Und das spüren die Bürger: Da gibt es Kindergärten. Da gibt es die Pflegeheime. Da gibt es die Versorgung unserer Senioren. Es funktioniert das Hilfswerk. (Ruf bei der SPÖ: Aber nicht dank der ÖVP!) Es ist eben einfach so, dass Niederösterreich eine Aufholbewegung macht, die funktioniert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mayerhofer: Fällt euch das gar nicht mehr auf, dass das kein Mensch mehr glaubt?)

Meine geschätzten Damen und Herren! Allein die Behauptung vorher vom Kogler zur Frage der Berichte der fibeg an die FMA: Natürlich hat die FMA alle Berichte bekom­men. Das war schlichtweg verwirrt, was Herr Kogler da gesagt hat, es war nicht wahr. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: 80 Prozent Ihrer Rede ist Polemik! Jetzt kommen Sie zur Sache!)

Meine Damen und Herren! 100 Prozent der heutigen Anfrage waren Polemik – 100 Prozent! Die Kollegin  (Abg. Dr. Wittmann: Aber die größte Polemik war jetzt! Sind wir uns da einig?) – Ich bemühe mich, Kollege Wittmann! Ich bemühe mich. Es ist sonst nicht meine Art, aber heute ist es (Abg. Dr. Cap: Halleluja! Halleluja! Halleluja!) Danke, auch Cap stimmt ein: Wir brauchen den Pröll! Das ist so. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren, so faszinierend ist Niederösterreich, so gut ist unsere Wahlbewegung, und so muss es auch weitergehen. Die Niederösterreicher wis-


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sen genau, was sie an diesem Erwin Pröll haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der Klubobmann versteckt sich schon!)

Das Spannende ist das, ihr kommt immer mit „Arroganz“ und „Hochnäsigkeit“ und, und, und, mit Vorwürfen, die mir ganz deutlich zeigen, dass ihr schlichtweg aus dem Gespräch aussteigen wollt, weil ihr im Gespräch selbst unsicher seid, weil ihr nicht mit Argumenten kommen könnt. (Abg. Dr. Wittmann: Das ist Polemik!) Wenn ihr Argu­mente bringt, wird es kein Problem sein, aber euer Spitzenkandidat, der Herr Leitner, ist aus der Diskussion schon lange ausgestiegen und weiß nicht mehr so richtig, was er will.

Soll so sein, die Wähler werden es entscheiden. Der kommende Sonntag wird uns zeigen, wie es geht. Wir wissen jedenfalls, mit unserem Dr. Erwin Pröll sind wir gut unterwegs, und Niederösterreich wird einen starken Weg gehen. (Abg. Mayerhofer: „Alles im Griff“! – Abg. Mag. Gaßner: Es reicht! Es reicht!) Ich freue mich, dass der niederösterreichische Landtag auch hier in diesem Hohen Haus seine Würdigung findet. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sacher: Hochmut kommt vor dem Fall!)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


17.17.45

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nach der Rede des Abgeordneten Schultes kommt mir unweigerlich der Werbespruch der ÖVP Niederösterreich in den Sinn: „Alles im Griff“, und das haben Sie wirklich.

Die Vorgänge in Niederösterreich und vor allem auch die Rede, die wir jetzt gehört haben, sind symptomatisch für die Situation in Niederösterreich und eigentlich die ganz logische Fortsetzung dieser Diskussion, die wir heute Vormittag geführt haben. Dies zeigt ja offen, warum es zu keiner Einigung über das Spekulationsverbot gekommen ist.

Ich glaube, auch wenn diese Dringliche Anfrage von der Formulierung her nicht unbedingt optimal war und wir das Ganze eigentlich vor einer Woche schon diskutiert haben (Abg. Tadler: Doppelt hält besser!), zeigt es aber doch wieder ganz offen, wie die Politik in Niederösterreich läuft. Und es zeigt – und das tut mir fast schon leid; wir haben ja heute schon darüber diskutiert, Frau Bundesminister, und ich glaube, wir sind da wirklich eines Sinnes, ausnahmsweise einmal, aber heute schon –, wie sehr die ÖVP im Bund in Geiselhaft von Niederösterreich ist. Bis zu einem gewissen Grad bringe ich sogar Verständnis für das Verhalten auf, weil am Sonntag Wahl ist und ich nicht erwarten kann, dass jetzt der Landeshauptmann von Niederösterreich sagt: Mea culpa, ich habe 1 Milliarde verspekuliert! Dass er da natürlich mauern wird, dass er das bis zu einem gewissen Grad leugnet und die Schuld von sich weist, das ist letzten Endes alles verständlich. Aber trotzdem müssen wir uns den Realitäten stellen, und die Realitäten liegen einfach einmal auf dem Tisch. Ich vergleiche das einmal mit anderen Bundesländern oder Städten, zum Beispiel mit Salzburg.

In Salzburg sind dann einmal die Karten auf den Tisch gelegt worden, und Landesrat Brenner hat gehen müssen, weil er politisch einfach nicht mehr tragbar war. Auch Linz, die Hauptstadt meines Heimatbundeslandes, ist in keiner guten Situation, auch dort sind – so scheint es – 450 Millionen € verspekuliert worden. Und deshalb kann man nur eines sagen: Es wird auch in Niederösterreich Handlungsbedarf gegeben sein.

Der 3. März wird der Tag der Wahrheit sein, und nach dem 3. März wird alles offen auf den Tisch zu legen sein, und es hat auch alles bereinigt zu werden. Kollege Stummvoll


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hat gesagt, dass der Wähler klüger ist, als wir glauben; da müsste ich ihm eigentlich recht geben, weil ich meine, dass der Wähler wirklich klüger ist und das auch erkennen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Problem in der ÖVP ist derzeit: Wem gegenüber ist man loyaler oder wem ist man mehr hörig? Ich habe es heute Vormittag schon gesagt, die ÖVP ist normalerweise sehr EU-gläubig und sehr hörig dem, was von der EU kommt, aber heute habe ich schon das Gegenteil gesehen: Ich glaube, die Loyalität und Hörigkeit gegenüber Niederösterreich sind wesentlich stärker!

Aber es geht letzten Endes um das Staatswohl. Daher glaube ich durchaus, dass auch die ÖVP gut beraten wäre, würde sie dem Spekulationsverbot und damit verbunden auch einem einheitlichen Rechnungswesen zustimmen. Frau Minister, ich kann Ihnen nur recht geben! Sie haben in Ihrer Stellungnahme noch einmal extra betont – ich habe sehr gut aufgepasst –, dass Sie Spekulationen mit Schulden nicht mehr dulden werden und daher auch ein einheitliches Rechnungswesen fordern. Da gehe ich mit Ihnen völlig d’accord.

Niederösterreich ist – damit das nicht falsch verstanden wird, ich sage das als Ober­österreicher, ich habe beruflich mit Niederösterreich immer sehr viel zu tun gehabt, ich habe selbst eine Firma gehabt, die ihren Sitz in Niederösterreich hatte – ein ganz tolles Land mit tüchtigen und sehr netten Menschen. Niederösterreich hat auch – das gebe ich unumwunden zu – einen guten Wein. Also wenn man die politischen Verhältnisse in Niederösterreich kritisiert, dann ist das keine Kritik am Land, sondern dann ist das nur Kritik an der Politik, daran, wie das Land derzeit verwaltet und regiert wird. Leider gibt es immer noch sehr viele in Niederösterreich, die Angst vor Wider­spruch und vor Aufklärung haben. In der Vergangenheit hat es einmal geheißen: Wer meckert, der fliegt! Das hat aber mittlerweile nur mehr etwas mit Niederösterreich zu tun.

Frau Bundesminister, eines möchte ich auch noch zum Besten geben. Sie haben einen neuen Vorstand bei der FMA installiert, Herrn Klaus Kumpfmüller. Im Gegensatz zu anderen Oppositionsparteien – bei allen Bestellmodi, die es so gibt; wir wissen natürlich, dass Herr Kumpfmüller aus dem ÖVP-Bereich kommt – nehme ich das zur Kenntnis – ich will nicht sagen, dass ich Verständnis habe –, aber man wird ihn an seinen Taten messen. Ich werde nicht per se sagen, er ist von vornherein schlecht, nur weil er von der Raika oder der Hypo Oberösterreich kommt oder einmal bei Ihnen gearbeitet hat. Was für mich für ihn spricht, ist, er ist ein engerer Landsmann von mir – er ist auch aus dem Innviertel – und ist es gewohnt, dass er offene Worte hört. Ich hoffe, er wird auch entsprechende Taten setzen. Wir werden ihn selbstverständlich an seinen Taten messen und nicht an seiner Herkunft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in Niederösterreich.

Könige und Fürsten gehören entthront. Absolutistische Monarchien wie Pröllistan sind, wie ich meine, längst Gesellschaftsformen aus der Vergangenheit, die nicht mehr ins 21. Jahrhundert gehören. (Beifall bei der FPÖ.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


17.24.21

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Fassen wir es kurz und bündig zusammen, wir haben ja bereits letzte Woche ausgiebig darüber diskutiert, jetzt sind die Argumente teilweise wiederholt worden.

Punkt eins: Der Rechnungshof spricht von einem Fehlbetrag von 996 Millionen; das ist fast 1 Milliarde.


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Punkt zwei: Es waren einmal 8 Milliarden, jetzt sind es – ich weiß nicht, 3 oder 4 – wahrscheinlich nur mehr 3 Milliarden.

Punkt drei: Wohnbaugelder müssen investiert werden – die Menschen brauchen güns­tige Wohnungen, die Menschen brauchen sanierte Wohnungen – und dürfen nicht verspekuliert werden.

Punkt vier: Wir müssen dafür sorgen, dass gerade in Niederösterreich endlich eine Kontrollmöglichkeit etabliert wird. Dieser Gang an die internationalen Börsen mit den Wohnbauförderungsgeldern ist ja teilweise unter Beobachtung des Landtages, aber nicht unter Kontrolle des Landtages erfolgt.

Wir haben ja nach wie vor keinen Einblick in die Details. Sie behaupten das und das, der Rechnungshof konnte Einblick nehmen, sagt klipp und klar, dass fast 1 Milliarde fehlt, und wir als Kontrollierende – sei es in Wien oder in St. Pölten – haben nicht die Möglichkeit, wirklich die Details kennenzulernen. Der Herr Landeshauptmann geht wiederholt an die Öffentlichkeit und sagt genau das Gegenteil von dem, was der Rechnungshof sagt. – Das kann nicht sein! Es muss in erster Linie dem Rechnungshof Vertrauen geschenkt werden und in zweiter Linie endlich einmal der Herr Landes­hauptmann zur Räson gebracht werden. Diese Räson wird hoffentlich der kommende Sonntag, der 3. März, mit sich bringen.

Ich komme noch zu Faktum fünf: In Niederösterreich haben wir Verhältnisse – das Beispiel Wohnbauförderung, Veranlagung oder Verschwendung dieser Gelder beweist das ja –, die geprägt sind von Macht, von Macht einer absoluten Mehrheit. Diese Allmacht ufert aus zu einer Überallmacht, und diese Überallmacht gilt es am Sonntag zu brechen, schon allein deshalb, weil die Menschen in Niederösterreich wieder trans­parente Verhältnisse verdienen und das Geld in Niederösterreich bleiben soll, sei es für den Wohnbau, sei es für andere sinnvolle Projekte, sei es für einen günstigen öffentlichen Verkehr, für den Ausbau des Angebots von Bus und Bahn – aber nicht für Spekulationszwecke, zumal man jetzt schon weiß, dass dann unterm Strich weniger da sein wird, als man investiert und an die Börse gebracht hat! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


17.27.19

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Finanz­ministerin! Hohes Haus! Der Wahltag, der 3. März, rückt näher, und wir erleben jetzt gewissermaßen die Wiederholung der Dringlichen aus der letzten Sitzung. (Abg. Dr. Moser: Nein!) Im Zusammenhang mit der niederösterreichischen Landtagswahl hätte ich eher vermutet, dass man sich mit der Zukunft beschäftigt, mit innovativen Ideen, aber der Blick geht zurück bis zumindest vor zwölf Jahren. Ein Redner der SPÖ hat behauptet, damals gab es schon die Absolute. Tatsächlich gab es eine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ, aber es herrschte breiter Konsens in Richtung der sozialen Modellregion. Insgesamt, muss man sagen, gab es damals gewissermaßen eine Gold­gräberstimmung, ein Optimieren der Finanzen, um möglichst viele Projekte umzu­setzen. In dieser Zeit war ich auch häufig bei Kindergarten-, bei Volksschulzubauten-Eröffnungen et cetera anwesend. Es waren da immer alle Parteien vertreten und auch recht stolz darauf, was in diesem Bundesland alles möglich gemacht wird.

In den Jahren 2008/2009 ist eine massive Korrektur, was den Finanzbereich betrifft, festzustellen. Ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, sich über Spekulation zu unterhal-


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ten, darüber, dass man klare Regeln schafft: Was gehört verboten? Oder anders gesagt: Was darf man, was darf man nicht?

Das muss auch auf die Gemeinden ausgedehnt werden, wenn ich nur an die Fremd­währungsdarlehen denke. Ich kann mich gut an eine Debatte im Gemeinderat bei mir zu Hause erinnern. Ich habe mir den Mund fusselig geredet, alle anderen, die auch diese beiden Richtungen vertreten (in Richtung SPÖ und ÖVP), waren natürlich dafür. Heute haben wir hohe Kursverluste zu verzeichnen. Das ist aus meiner Sicht auch etwas, dem ein Riegel vorgeschoben gehört. Schweizer Franken, Yen, das kann in beide Richtungen losgehen, in diesem Fall haben wir massiv draufgezahlt, Stichwort Zinsrisiko.

Da bin ich jetzt bei den Banken angelangt, die immer großen Wert gelegt haben auf Beratung, wie man das alles optimieren kann. Gestern habe ich im ORF auch von einem wichtigen Urteil des Höchstgerichtes in der Frage der Stellung zwischen Berater und Banken bei einem Schweizer-Franken-Darlehen, das aufgenommen wurde, gehört. Ich hoffe, da bricht etwas auf. Denn was erleben wir jetzt auf kommunaler Ebene? – Es gibt diese Zinsanpassungen, die uns von den Banken zuflattern, diese Aufschlagserhöhung. Es wird uns einseitig mitgeteilt, die Refinanzierung gestalte sich sehr schwierig, daher sehe man sich gezwungen, zwischen 0,5 und 2 Prozent, sage ich jetzt einmal, zu erhöhen – einseitig zu erhöhen. Man nimmt ein Darlehen auf, verhandelt die Konditionen – und einseitig wird das dann abgeändert. Man beruft sich da auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Würden diese nicht anerkannt werden, bekäme man auch kein Darlehen.

Ich denke jetzt nur an das Äquivalenzprinzip und bin schon gespannt, ob es hier auch Urteile geben wird. Aus meiner Sicht ist das kein korrektes Verhalten. Man schluckt das halt, die Banken haben offenbar einen entsprechenden Einfluss. Aus meiner Sicht ist das nicht in Ordnung.

Ich sollte mich natürlich auch noch zur Niederösterreich-Wahl äußern. Es ist schon bedauerlich, wenn man an die Zukunft denkt, wenn einfach keine innovativen Ideen da sind, wenn man sich fast ausschließlich mit der Vergangenheit auseinandersetzt. Keiner war dabei – und trotzdem gab es einstimmige Beschlüsse. Die Frage ist auch, wo die Kontrollfunktion in den letzten viereinhalb Jahren, sage ich einmal, war. Es gibt ja Regierungsmitglieder, ich war selbst einmal eines – also dass man hier alles verweigert bekommt, dass man ja nichts sieht, ich glaube, da muss man sich selbst einmal die Frage stellen, ob man die Kontrollfunktion wirklich optimal ausübt. Ich glaube das nicht.

Zur Ehrenrettung von Niederösterreich: In diesem Bundesland ist sehr viel weiter­gegangen. Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein da, es gibt sehr breit aufgestellt Menschen, die sagen, jawohl, das war in Ordnung. Ich glaube, jetzt ist es natürlich schon zu spät, aber ich möchte sagen, die letzten Wochen des Wahlkampfs sind in eine völlig falsche Richtung gegangen, und damit hat man das Bundesland schlecht­gemacht, das haben sich die Menschen in Niederösterreich nicht verdient. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist gesprochen worden von Diktatur und Ähnlichem, also da bin ich wohl ein partei­politisch vollkommen unverdächtiger Zeuge: Wir leben in einer Demokratie, es gibt demokratische Vorgänge. Ich war erst unlängst sehr erstaunt, als eine SPÖ-Stadträtin, die seit Jahrzehnten bei dieser Partei aktiv tätig ist, aufgestanden ist und gesagt hat: Jetzt reicht’s mir auch, jetzt werde ich mich auch einmal äußern. Ich habe den Herrn


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Landeshauptmann kennengelernt, er war für mich telefonisch sofort erreichbar, ich hätte mir das bei den Leuten aus meiner Partei oft gewünscht!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es dauert nur mehr ein paar Tage, am 3. März wird abgerechnet. Aus meiner Sicht ist Niederösterreich ein Bundesland, das es verdient, weiterhin gut geführt zu werden. (Beifall beim BZÖ.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


17.32.49

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kurz replizierend auf Herrn Schultes möchte ich nur sagen: Wenn man jemanden so hinaufhebt, sollte man auch dazusagen, dass immer ein Team kommt. Wenn Pröll kommt, kommt auch Sobotka, genauso wie in Kärnten, wenn Dörfler kommt, auch Scheuch kommt. Wir müssen uns über eines klar sein: Wenn wir Menschen so hinaufheben, die mit unserem Geld – ich sage ganz bewusst, mit unserem Geld, denn es ist das Geld, das die Österreicherinnen und Österreicher erwirtschaftet haben – versuchen zu spekulieren, so ist das zu verurteilen. Ich sage für unsere Fraktion: Es ist für uns klar, dass wir diesem Weg einen Riegel vorschieben müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters möchte ich kurz anmerken, dass gerade dann, wenn Wohnbauförderungs­gelder verkauft werden, die Menschen die Leidtragenden sind. Wir haben das in Kärn­ten miterlebt, dass zu wenig Geld zur Verfügung steht, um neue Wohnungen, Startwohnungen für junge Menschen zu bauen, um Möglichkeiten zu schaffen, dass mehr ausgebaut wird. Die Banken geben keinen Millimeter nach, das haben wir jetzt bei den Mietenerhöhungen gesehen. Es gibt keine Fristerstreckungen im Bereich der Kredite, und daher müssen die Menschen nach einer gewissen Zeit mit einem mas­siven Ansteigen der Kosten für Wohnungen rechnen.

Ich möchte nur darauf hinweisen: Fehler können immer passieren, aber wenn Fehler passieren – das zeigt Salzburg –, dann gibt es die Möglichkeit, diese akribisch, Schritt für Schritt aufzuarbeiten, um dann wirklich klar Schiff zu machen.

Ich möchte auch sagen – weil es ja immer heißt „unser Geld“, in Kärnten haben wir jemanden, der plakatiert sogar „unser Geld“ –, dass wir in Kärnten eigentlich alles verkauft haben, was zu verkaufen ist. Es ist auch in Kärnten die Wohnbauförderung verkauft worden, es sind die Kelag-Anteile verkauft worden, und es ist die Hypo verkauft (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die Spitäler !) – und die Schulden sind höher als jemals zuvor! Auch die Haftungen, möchte ich nur anmerken, sind in immense Höhen gestiegen. Eines ist in Kärnten aber gelungen: Es wurde nicht spekuliert, sondern der Zukunftsfonds wurde von den Sozialpartnern – ich sage es noch einmal: von den Sozialpartnern – mit 500 Millionen aus dem Bereich der Hypo dotiert und konnte bis heute nicht angegriffen werden. Andernfalls hätten wir heute keinen einzigen Cent mehr in Kärnten, um für die Zukunft etwas zu machen.

Ich möchte weiters – Kollege Obernosterer wird ja schon wieder unterwegs Richtung Kärnten sein – kurz anmerken: Wenn die Wirtschaftskammer oder alle Sozialpartner einen Sperrvertrag für den Zukunftsfonds unterschreiben, dann möchte ich, dass die Wirtschaftskammer nicht 24 Stunden später im Liegen umfällt, sondern dies auch in Hinkunft einhält, denn das ist für uns wichtig. Diese 500 Millionen müssen im Land Kärnten bleiben, um in Zukunft für die Bildung, die Arbeit, aber auch im Bereich Gesundheit und Wohnungen einiges machen zu können. Gier hat hier nichts verloren, sondern die Sicherheit ist gefragt!


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Frau Kaufmann-Bruckberger, Sie haben in Ihre Dringliche Anfrage „betreffend Korrup­tionsverdacht im Netzwerk“ und so weiter geschrieben. Das sind die ersten vier Worte, mit denen Sie Ihre Anfrage eingeleitet haben. In der heutigen Ausgabe einer Zeitung wird über Ihren „Onkel Frank“ berichtet, „weil er weiß, wie es geht“. Ich möchte nur ausführen, was er weiß, wie es für Kärnten geht: Herr Stronach hat in Kärnten ver­sprochen, 1 000 neue Arbeitsplätze im Magna-Werk zu schaffen, sieben Hallen zu bauen, im Schloss Reifnitz soll ein Ausbildungszentrum entstehen. – Was haben wir? Er hat zwar von der Stadt Klagenfurt günstigst einen Grund erworben, es steht aber nur eine Halle dort. Im Oktober wurden 85 Leiharbeiter entlassen. 65 Mitarbeiter arbeiten zwar noch dort, aber das Schloss Reifnitz ist zur Nutzung an Herrn Stronach und an Herrn Wolf gegangen. Jetzt redet man darüber, ob er nicht auch irgendwie Appartements schafft.

Ich glaube, dass, so wie Sie plakatieren, neue Werte wichtig sind, aber Ihre Werte sind Börsenwerte, Vermögenswerte und Grundstückswerte. Das sind nicht unsere Werte, denn unsere Werte sind jene, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen, und das wird die SPÖ in Zukunft in Kärnten beweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. – Bitte.

 


17.37.10

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich möchte jetzt nicht auf die Ausführungen der Kollegen Widmann oder Schultes oder Schittenhelm eingehen, aber Ihnen, Herr Lipitsch, sagen, wenn Sie Fragen an Herrn Frank Stronach haben, dann geben Sie mir sie, ich bin sicher, er wird sie Ihnen schnellstens beantworten. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich finde es aber trotzdem gut, dass diese Debatte heute zum wiederholten Mal stattgefunden hat, denn das zeigt ganz deutlich, dass es die ÖVP ist, die den Weg der Steuergeldverschwendung und den Weg der Neuverschuldung weitergehen will.

Ich habe es im Rahmen meiner Begründung der Dringlichen schon gesagt, aber ich wiederhole es noch einmal: Vor mehr als zehn Jahren hat man damit begonnen, die Schulden in außerbudgetäre Einrichtungen abzuwälzen beziehungsweise auszulagern. In Österreich gibt es bis heute rund 3 000 solcher Einrichtungen. Das heißt auf der anderen Seite auch, dass öffentliche Gelder somit in mehr als 5 000 Budgets verwaltet werden. Für 2013 sind weitere Ausgliederungen geplant; zwischen 400 und 600 sollen das sein, und die öffentliche Hand, also der Steuerzahler, haftet dafür.

Ich glaube, dass die Strategie der Auslagerungen nur kurzfristig funktioniert hat und eigentlich fehlgeschlagen ist. Die Schuldenprobleme Österreichs haben sich verschlim­mert, davor kann man die Augen nicht verschließen. Ich glaube, dass die Ausgliede­run­gen nicht ausreichen werden, um in Zukunft die Maastricht-Kriterien zu erfüllen.

Ich wiederhole – und komme damit zurück zu Österreich –: In den letzten vier Jahren haben sich die Haftungen des Landes um 80 Prozent erhöht. Wir haben derzeit Haftun­gen von 12 Milliarden. Auch das ist die Wahrheit!

3,2 Milliarden sind in privatrechtlich organisierten Schuldengesellschaften geparkt. Auch das ist die Wahrheit!

Gemeindeschulden von 3,8 Milliarden – auch das ist die Wahrheit!

Landesschulden von 5,6 Milliarden – auch das ist die Wahrheit!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 177

Das heißt, wir haben nicht nur Haftungen von 12 Milliarden, wir haben auch einen Schuldenrucksack von 12,6 Milliarden.

Dass im „Casino Pröll/Sobotka“ rund 1,8 Milliarden verspekuliert, verspielt worden sind, auch Steuergelder, haben wir heute auch schon öfter gehört.

Frau Bundesministerin, ich rufe Sie jetzt wirklich dringend auf, Ihre Kompetenz wahr­zunehmen und sofort für die notwendige Transparenz im Sinne des Finanz-Verfas­sungs­gesetzes 1948 zu sorgen. Aufgrund des § 16 Finanz-Verfassungsgesetz ist die Bundesregierung befugt, ohne Zustimmung der Länder eine einheitliche transparente Staatsverrechnung zu verfügen.

Für das Wirtschaften mit Steuergeld zur Daseinsvorsorge fordern wir daher, die Gebarung ausschließlich in Inlandswährung zu führen, die Liquidität ist nur zur notwendigen Kassahaltung gestattet, und Überliquidität sollte binnen vier Wochen – längstens – zur Schuldentilgung verwendet werden. (Beifall beim Team Stronach.)

17.41


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

17.41.00Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 12979/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur mit der Ordnungs­zahl 12979/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, der Erstredner zur Begründung 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bun­desregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Dr. Walser als Erstunterzeichner des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.41.48

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Die Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause und hier im Saal! Was wir jetzt leider wieder zu diskutieren haben, sind Zustände – das war heute schon mehrfach so – aus dem „Fürstentum Pröll“, wie das immerhin der Journalist des Jahres, Andreas Koller, heute in den „Salzburger Nachrichten“ genannt hat. Es sind Zustände, es sind Sittenbilder im Bereich des Landesschulrates für Niederösterreich, die nicht unbedingt lustig sind, wie das, glaube ich, Kollege Schultes gemeint hat in Bezug auf diverse Diskussionen. Und dass der Name Erwin Pröll heute so oft fällt, hat, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, auch nicht mit übergroßem Respekt vor dem Herrn Landeshauptmann zu tun, sondern damit, dass wir im Bereich des Landes Niederösterreich und in diesem Zusammenhang speziell im Bereich des Landesschulrates sehr, sehr besorgniserregende Zustände haben.

Ich möchte auf die Anfrage und die Anfragebeantwortung durch die Frau Ministerin gleich eingehen, aber lassen Sie mich vorweg zu einer sehr aktuellen Situation etwas sagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 178

Das, was ich hier habe, sind ausgedruckte E-Mails (der Redner zeigt diese), die ich gestern und heute von empörten Lehrerinnen und Lehrern erhalten habe.

Hintergrund: Der Chef der AHS-Gewerkschaft, Eckehard Quin – ÖVP, keine Frage –, hat mit Adressenmaterial der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich gearbeitet und ungefragt alle LehrerInnen zu seinem ganz persönlichen Wahlkampf eingeladen. Ich möchte nur einige Zitate bringen, was mir die Kolleginnen und Kollegen da schreiben.

Kollegin Halama beispielsweise – sie hat extra gesagt, ich kann ihren Namen nennen –: „Meine Empörung darüber ist so groß, dass ich großes Interesse daran habe, diese unsägliche Aktion publik zu machen.“

Eine andere Kollegin schreibt: „Erstens finde ich es unerhört, dass Sie“ – also es ist ein Schreiben an Herrn Eckehard Quin – „meine Daten von der PH-NÖ zur Parteien­wer­bung für die Landtagswahl in NÖ benutzen. Zweitens möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich von ÖVP-VertreterInnen auch als Lehrerin noch nie vertreten gefühlt habe. Drittens ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass ich, nie in Niederösterreich wohnhaft gewesen, gar nicht wahlberechtigt bin, meine Daten wurden also auch noch dazu schlampig verwendet.“

Ein weiterer Kollege schreibt: „Ich habe mich vermutlich vor einigen Jahren auf der PH-NÖ im guten Glauben immatrikuliert, dass die PH mit meinen Daten sorgfältig umgeht. Leider ist das nicht so.“ – Und so weiter und so fort. Also eine ganze Zahl von Protesten. Und das ist typisch für dieses System Niederösterreich.

Inzwischen hat übrigens der Rektor der Hochschule reagiert und hat dem Bildungs­sprecher der Grünen in Niederösterreich geschrieben – das ist Ihre Angelegenheit, Frau Ministerin, laut diesem Rektor –: PH-online ist eine Software des BMUKK, welche die Hochschulen benützen müssen. Alle Rechte dazu liegen nicht bei uns. Wir haben also keinen Einfluss darauf, wer sich welche Adressen aus welchen Gründen von der PH abholt.  

Das ist ein Beispiel aus Niederösterreich. Das ist das Sittenbild. Und Eckehard Quin schreibt in dieser Wahlwerbung kein einziges Mal, dass er Kandidat der ÖVP ist – das Wort „ÖVP“ kommt gar nicht vor, sondern er macht es so, wie das in Niederösterreich offensichtlich üblich ist: er schreibe nur „als Lehrer und Personalvertreter in Nieder­öster­reich“.

Das ist ein Beispiel dafür, wie man in Niederösterreich mit Situationen und mit ver­traulichen Daten umgeht.

Nun zur Anfrage und zur Anfragebeantwortung: Ausgangspunkt – Frau Ministerin, Sie wissen es, wir diskutieren seit Jahren über diesen Fall einer organisierten Bespitzelung von Lehrkräften in Niederösterreich – ist ein E-Mail einer Landesschulinspektorin, die eine politische „Informationskette zum Landeshauptmann“ bilden möchte. – Wörtliches Zitat.

Ich zitiere weiter – das ist ein Schreiben dieser Schulinspektorin an Direktorinnen und Direktoren von Schulen in Niederösterreich –: „ ich habe eure Namen“, schreibt sie, „für eine interne (politische) Informationskette beim amtsführenden Präsidenten be­kannt­gegeben – was da auf uns zukommt, weiß ich noch nicht. Aber jedenfalls steht Vertrauen zu euch dahinter und damit verbunden erwartet sich der amtsführende Präsident höchste Diskretion.“

Meine Damen und Herren! Das sind Zustände, wie sie in einem Spitzelstaat üblich sind, aber in einer Demokratie, bitte, hat so etwas nichts zu suchen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 179

Ich weiß schon, Frau Ministerin, Sie haben da keine allzu großen Möglichkeiten einzugreifen. Das geht ja auch aus Ihrer Anfragebeantwortung hervor. Auch der jetzige Amtsführende Präsident, Hofrat Helm, der, wie ich zugeben möchte, einen etwas anderen Stil pflegt als sein Vorgänger Adolf Stricker, schreibt: Mein Wirkungsbereich ist eingeschränkt. – Das ist das Sittenbild des österreichischen Schulsystems, und es zeigt die Ineffizienz des österreichischen Schulsystems: ein aufgeblähter Apparat, und im Zweifelsfall ist niemand zuständig, niemand in der Lage, wirklich einzugreifen.

Wir haben da Reaktionen bekommen, und Sie zitieren das in Ihrer Anfrage­beant­wortung auch, wo der zuständige Amtsführende Präsident allen Ernstes diese politische Informationskette zum Landeshauptmann uminterpretiert in eine „Arbeits­gemein­schaft zur Begabtenförderung“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Welche Begabungen da gemeint sind, das überlasse ich der Phantasie jedes Einzelnen von Ihnen. Wir alle können uns vorstellen, welche „Begabungen“ in dieser politischen Informationskette gefordert sind. Aber warum man, wenn man eine „Arbeits­gemeinschaft zur Begabtenförderung“ einrichten möchte, von den Direktorinnen und Direktoren höchste Diskretion verlangt, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich nehme einmal an, dass auch die Zuseherinnen und Zuseher das Ganze nicht nachvollziehen können. (Abg. Steibl: Die sind Ihnen aber anscheinend am wichtigsten!)

Es interessiert natürlich die Menschen in Niederösterreich, Frau Kollegin, wie es im Bereich des Landesschulrates zugeht – diese Zustände sind leider nicht jedermann und jeder Frau bewusst. Der große Zuspruch, den der Herr Landeshauptmann laut Ihren Aussagen offensichtlich hat, ist jedenfalls nicht darauf zurückzuführen, dass er Spitzelsysteme installiert.

Frau Ministerin, Sie schreiben dann – und das ist auch eine Situation, die für das österreichische Schulsystem ganz typisch ist –, es handle sich bei diesem in meiner Anfrage zitierten Schreiben der ehemaligen Landesschulinspektorin um ein persön­liches Schreiben. Das „persönliche Schreiben“ der Landesschulinspektorin ist aber ganz offensichtlich auf dem Papier des Landesschulrates verfasst. Der Inhalt mag persönlich sein, aber für alle Adressaten dieses Schreibens war ganz klar, sie erhalten ein Schreiben der Inspektorin und somit einer öffentlichen Einrichtung, einer Ein­richtung, die zumindest formal Ihnen untersteht, wiewohl wir alle wissen, dass die Landesfürsten in Österreich im Schulwesen leider einen allzu großen Einfluss haben.

Frau Ministerin! Hofrat Adolf Stricker hat offensichtlich diese politische Informations­kette eingeleitet. Er ist noch immer Beamter, mittlerweile in Pension. Aus meiner Sicht, ich habe das auch in der Anfrage geschrieben, ist ganz klar, dass angesichts solcher Einrichtungen ein Verfahren gegen Hofrat Stricker einzuleiten ist. Wie schaut es damit aus? Das hätte ich gerne von Ihnen gewusst.

Wie schaut es im Zusammenhang mit der Situation der sensiblen Daten von Im­matrikulierten an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich aus? Wie schaut es damit aus, dass Sie diese Sache untersuchen? Werden Sie das machen oder werden Sie das nicht machen?

Spitzeldienst als Begabtenförderung, meine Damen und Herren, das brauchen wir in Österreich nicht!

Wir werden viel Arbeit haben, auch nach diesem Sonntag. Wir wissen das, und wir können eines versprechen: Wir Grüne bleiben dran! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 180

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


17.52.10

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Walser! Hohes Haus, ich beginne meine Stellungnahme mit einer Grundsatzerklärung, da mir einige Punkte, die Sie hier angesprochen haben, sehr wichtig sind und wir uns hier in grundlegenden Dingen und Werten sehr einig sind.

Erster Punkt: Weder der Landeshauptmann als Präsident des Landesschulrates noch der Amtsführende Präsident und auch nicht einzelne Landesschulinspektoren und Landesschulinspektorinnen haben das Recht, SchulleiterInnen aufzufordern, für eine „interne (politische) Informationskette“ parteipolitisch tätig zu werden!

Oder, um es mit anderen Worten zu formulieren und die andere Personengruppe auch anzusprechen: Es gehört nicht zu den Aufgaben von Bediensteten des Bundes, im Rahmen ihrer Funktion und Amtsausübung für parteipolitische Informationsketten tätig zu werden beziehungsweise diese aufzubauen. Es gehören, wenn ich das jetzt ein bisschen flapsig formulieren darf, zwei dazu. Und ich glaube, es ist einfach wichtig, dass wir diese Dinge klar ansprechen und klar aussprechen: Parteipolitische Einfluss­nahme hat hier nichts verloren, schon gar nicht derartige parteipolitisch motivierte Informationsdienste. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Abgeordneten Haubner und Markowitz.)

Sie haben die Kompetenzlage angesprochen. Einmal mehr spreche auch ich mich für klare, eindeutige Bundeskompetenzen in Bildungsfragen aus, wiewohl ich gleichzeitig auf die Schwierigkeiten der Umsetzung hinweisen möchte. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Abgeordneten Haubner und Markowitz.) Bis zum Unterausschuss des Verfassungsausschusses sind wir ja schon einmal gekommen – aber Sie kennen die Details. (Abg. Mag. Kogler: Wer hat es abgedreht? Die Landeshauptleute! Refor­men ablehnen, aber spekulieren!)

Ich komme jetzt zu den einzelnen angesprochenen Punkten auch im Zusammenhang mit der Anfragebeantwortung.

Bei der von Ihnen angesprochenen Landesschulinspektorin handelt es sich um eine Bundesbedienstete. Für die Dienstaufsicht ist der Landesschulrat verantwortlich. Das heißt im konkreten Fall, für Frau Mag. Ronniger ist das der Landesschulrat für Nieder­österreich, der hier die Dienstaufsicht wahrzunehmen hat. (Abg. Dr. Walser: Bundes­behörde!) Entscheidend ist dabei, dass in erster Instanz der Landesschulrat tätig wird.

Ich decke zu 100 Prozent Ihre Aussage, dass wir natürlich von allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erwarten, dass sie verantwortungsbewusst und qualifiziert an ihre Tätigkeit, an ihre Arbeit herangehen. Die Beurteilung obliegt dem Dienstvorgesetzten, und das ist der Landesschulrat für Niederösterreich. Dort ist die Dienstaufsicht ange­siedelt.

Generell und aufgrund Ihrer parlamentarischen Anfragen – ich erinnere mich an die auch hier diskutierte Anfragebeantwortung; Stichwort: Geburtstagsfeier auf dem Sem­mering – bin ich natürlich tätig geworden, habe auch entsprechende Informationen herausgegeben. Und auch da habe ich einen Bericht des Landesschulrates eingeholt.

Ich stehe der Person und auch den Vorfällen kritisch gegenüber. Die Konsequenzen, die wir auf dienstrechtliche Anweisung des Bundesministeriums – eine andere Durch­griffsmöglichkeit habe ich nicht – gezogen haben, ist, dass wir die Schulaufsicht in Niederösterreich in diesem Bereich neu organisiert haben. Ab 1. März wird Dr. Kurz­bauer die Schulaufsicht in diesen, auch von Ihnen in der Anfrage angesprochenen Themenfeldern wahrnehmen. Ich hoffe, dass das auch zu einer Deeskalation beiträgt.


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Das sind die Maßnahmen, die von meiner Seite im konkreten Fall gesetzt wurden und mit Wirksamkeit 1. März auch Gültigkeit haben.

Was den Fall der Daten der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich betrifft, habe ich das jetzt vor 8 Minuten zum ersten Mal von Ihnen gehört, und ich werde der Sache natürlich nachgehen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

17.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


17.57.07

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Frau Ministerin hat mit klaren Worten geantwortet, was aus ihrer Sicht vom System Niederösterreich, in diesem Fall vom System Pröll, zu halten ist, und aufgezeigt, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten deutlich und klar reagiert hat.

Wir alle in diesem Haus wissen aufgrund und dank dieser Interventionen des Kollegen Walser seit Jahren von diesem Problem Ronniger. Aber wir wissen ebenso – daher haben wir aus gutem Grund immer wieder auch im Verfassungsunterausschuss über die Problematik der Kompetenzen diskutiert –, dass der Landesschulrat eine Bun­desbehörde ist und der Landeshauptmann gleichzeitig der Präsident dieser Bundesbe­hörde ist.

Der Präsident des Landesschulrates ist Landeshauptmann Pröll. Er hat zwar einen Amtsführenden Landesschulratspräsidenten, der auch oft tätig wird, aber wenn es zum Beispiel darum geht – auch das ist ein Auswuchs dieses Systems –, dass Landes­hauptmann Pröll vor einer Wahl einen Turnsaal eröffnet, dann kriegt die Schule unter­richtsfrei. Das ist eindeutig – da gibt es keinen Zweifel – ein Rechtsbruch, eine Miss­ach­tung seiner Funktion als Landesschulratspräsident als Landeshauptmann. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist dieses System, das da immanent ist. Wir müssen daher diesen Bereich überwinden! Ich kenne kein anderes Bundesland, in dem das so ist. Ich kenne viele Klagen, und viele Dinge haben mir in meinem Heimatbundesland auch nicht gepasst, als ich dort als Bildungssprecher in Opposition tätig war, aber das gibt es sonst nir­gend­wo. Die Dinge, die man laufend berichtet bekommt, die sich da in Niederösterreich abspielen und abgespielt haben, sind wirklich erschreckend.

Ich bin niemandem einen Wahlerfolg neidig, er möge ihn auch wieder einfahren, aber das System, die Art, wie man ihn schafft, müsste selbst einem kritischen Christlich-Sozialen zu denken geben, diese Dinge, die in allen Bereichen vorkommen – nicht nur im Bildungsbereich –, und sie stimmen halt. Diese Dinge gehören abgestellt, sonst können wir als Parlament unsere Verantwortung abgeben, wenn wir uns tatsächlich vom mächtigen Landesfürsten am Nasenring durch das Parlament oder durch die Gegend führen lassen. Diese Auswüchse müssen wir abstellen!

Wir können nur das gemeinsam tun, was wir im Verfassungsunterausschuss auch gemeinsam beschlossen haben, nämlich eine klare Regelung der Kompetenzen vor­nehmen. Dann wären die Kritikpunkte von einzelnen Abgeordneten an der Ministerin auch tatsächlich zutreffend.

Aber wenn die zuständige Bundesbehörde Landesschulrat schlecht recherchiert, vertuscht, die Fakten nicht liefert, das dann in der Sektion III – da muss man schauen, wer zuständig ist – auch nicht entsprechend behandelt wird, dass dann die Ministerin gar nicht anders entscheiden und handeln kann, das ist wohl auch klar. Daher freut es mich, dass heute der Vortrag des Kollegen Walser sehr viel differenzierter war und er auch die Dinge beim Namen genannt hat.


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Meine Damen und Herren, für mich ist ganz, ganz wichtig: Bemühen wir uns weiter, dass das, was der Rechnungshof will, dass das, was alle Verantwortlichen, IHS und all die anderen wollen, passiert, dass wir tatsächlich unsere Kompetenzen wahrnehmen und die Schule dort hinbringen, wo sie hingehört. Wer zahlt, schafft an und soll auch die Verantwortung tragen. Daher müssen wir uns gemeinsam darum bemühen, dass wir alle Schulkompetenzen zentral in Bundeshand bekommen. Dann können wir auch entsprechende Maßnahmen setzen. Das brauchen wir. Dieser Fall zeigt das ein­deutig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


18.01.17

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Heute werden Beispiele, die nicht nachvollziehbar sind, so wie Ihre E-Mails, die niemand außer Ihnen kennt, Sachverhalte aus Niederösterreich ins Parlament hereingetragen, die weder neu noch wirklich relevant sind. (Abg. Dr. Walser: Soll ich sie Ihnen weiterleiten? Sie können sie gerne haben! Ich kann sie Ihnen kopieren!) Damit wird versucht, längst bekannte und auch abgehandelte Situationen wieder neu aufzurollen, und das nur, weil in Niederösterreich Wahlen vor der Tür stehen. (Abg. Dr. Walser: Fragen Sie nach bei der ! Seit zwei Jahren!)

Damit wird versucht, diesen Wahlkampf, der im Bundesland Niederösterreich statt­findet, in dieses Hohe Haus zu verlegen. Das ist unnötig, das ist auch so nicht in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Walser: „Unnötig“?! Das stimmt nicht!)

Herr Abgeordneter Walser, Sie haben Vorwürfe gegen den niederösterreichischen Landesschulrat wiederholt in parlamentarischen Anfragen zum Ausdruck gebracht und umfangreiche detaillierte Antworten bekommen, die Sie einfach ignorieren, weil es Ihnen gerade so in den Kram passt, weil Sie sonst keine Handhabe gegen die hervor­ragende niederösterreichische Bildungspolitik haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Walser: Haben Sie der Frau Ministerin zugehört? Könnten Sie darauf eingehen?!)

Sie beschuldigen mit Ihrer Vorgangsweise auch ganz pauschal alle Mitglieder des niederösterreichischen Landesschulrats (Abg. Dr. Walser: Nein, nein! Das ist eine Unterstellung!) und bezichtigen auch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur der Untätigkeit (Abg. Dr. Walser: Ich habe zwei namentlich genannt!) – lesen Sie Ihre eigene Anfrage, die Sie gestellt haben! –, und Sie diskriminieren damit sehr viele sehr engagierte Bedienstete der Schulaufsicht.

Derzeit findet eine Umstrukturierung im Bereich der Schulaufsicht Niederösterreich statt, das hat die Frau Bundesministerin bereits angesprochen. Das ist natürlich auch eine Herausforderung, eine zusätzliche Herausforderung für die Schulbehörde. Die Landesschulräte und Landesschulrätinnen haben ohnehin ein sehr breit gefächertes Aufgabengebiet, das sie voll fordert, wo sie selbstverständlich rasch, kompetent und vor allem auch effizient zu reagieren und Lösungsansätze anzubieten haben. (Abg. Dr. Walser: Mit der Rede retten Sie Herrn Pröll nicht!)

Die Dienstpflichten sind allen, die in diesen Bereichen tätig sind, bewusst, diese werden von den Bediensteten auch eingehalten. Das möchte ich hier wirklich fest­halten. (Abg. Dr. Walser: Von den Bediensteten schon! Es geht um die politische Verantwortung!)

Und sollten in der Vergangenheit Ungereimtheiten aufgetreten sein, die sich auf eine Person konzentrieren, so werden diese kontinuierlich und konsequent aufgearbeitet. Sie versuchen offensichtlich, mit dieser Debatte aus einem laufenden Amtshaftungs­verfahren gegen die Republik – so etwas gibt es in diesem ganz besonderen spezifi-


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schen Fall – in Vorwahlzeiten politisches Kleingeld zu schlagen. Das ist ungehörig, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Walser: Das ist eine Unter­stel­lung!)

Sie werfen damit alle Bediensteten der niederösterreichischen Landesschulbehörde in einen Topf. (Abg. Dr. Walser: Der Herr Quin missbraucht Daten!) Sie verunglimpfen sogar die Schuldirektorinnen und Schuldirektoren und versuchen, sie politisch anzu­patzen. Das ist selbst Ihrer, Herr Abgeordneter Walser – Sie sind ja selbst Direktor einer Bundesschule oder waren es, Sie sind jetzt befreit –, einfach nicht würdig. Das ist einfach nicht würdig. (Beifall bei der ÖVP.)

Die niederösterreichische Schulpolitik kann sich sehen lassen. Da sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformen auf den Weg gebracht worden, die Erfolge zeigen. Das fängt beim Bildungskompass an, geht über den Talente-Check, und selbstverständlich gibt es auch eine Begabtenförderung für Schülerinnen und Schüler. Da wurden zahlreiche schulische Maßnahmen gesetzt. Einer der wichtigsten Schritte war natürlich auch die Einführung der niederösterreichischen Mittelschule ins Regel­schulwerk, deren Leitlinien sind auch in das Bundesgesetz übernommen worden. Darauf kann man auch als Bundesland durchaus stolz sein. (Abg. Dr. Walser: Genau Niederösterreich nicht! !)

Vonseiten des Bundeslandes Niederösterreich wird natürlich auch der moderne Schul­bau forciert, das betrifft die Landes- und die Bundesschulen. In Niederösterreich wird Bildungspolitik im wahrsten Sinne des Wortes großgeschrieben; da steht unser Landes­hauptmann Dr. Erwin Pröll voll dahinter.

Investitionen in die Bildung sind ihm wichtig – und nur aus einem einzigen Grund: weil ihm die jungen Menschen in ihrer gesamten Persönlichkeit und damit auch ihre Berufs- und ihre Bildungschancen ein wichtiges Anliegen sind. (Abg. Dr. Walser: Ein bisschen weg vom Manuskript! Auf die Diskussion eingehen! Auf die Argumente eingehen, Frau Kollegin! Das haben Sie gestern formuliert!) Investitionen in die Bildung lohnen sich für die Menschen und für das Land. Aufgrund der hervorragenden Bildungsangebote auf allen Ebenen in Niederösterreich, vom Kindergarten beginnend über die Pflichtschulen bis hin zu den Fachschulen und den Unis, investiert Niederösterreich zu Recht in sein wichtigstes Zukunftspotenzial, und das sind die Kinder und die jungen Menschen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Walser: Schön vorbereitet!)

18.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


18.06.17

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Zu meiner Vorrednerin darf ich als doch schon in die Jahre gekommener Absolvent des Bildungssystems von Niederösterreich – ich bin Waidhofener Maturant, Waidhofen an der Thaya – sagen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP): Si tacuisses  (Abg. Dr. Walser: Philosophus!) – Nein, „philosophus“ ist ja männlich. „Philosopha“ oder „philosophica“, sagen wir so. (Abg. Brosz: Wir müssen Bundesminister Töchterle beiziehen!)

Also es wäre viel besser gewesen, wenn die Verlesung dieses Manuskripts unter­blieben wäre, denn es war so weit weg von dem, was hier zu debattieren ist. Sie haben gemeint, das sei unter der Würde des Kollegen Walser und was weiß ich. – Schon alles möglich, aber es war unter Ihrer Würde, Frau Abgeordnete Höllerer, eine Frau namens Ronniger, Frau Mag. Adelinde Ronniger mit dem Bildungssystem Niederöster­reich zu verteidigen.


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Sie ist es nicht wert! Wissen Sie, was die ist? – Die ist eine Art Querschnittmaterie der Kriminalität und des Disziplinarrechtes. Das ist sie nämlich! (Abg. Höllerer: Es gibt ein laufendes Verfahren!) – Ja, das ist ein laufendes Verfahren. Der Schriftsatz über ihre Widrigkeiten, die sie Jahre und Jahrzehnte machte, bis dass die betroffene Opfer­person wegen Burn-out in Frühpension gehen musste, ist 32 Seiten lang. Keine Zeile konnte widerlegt werden. Ich spreche von Frau Dr. Evelyn Mayer.

Andere Opfer, die Kollege Walser richtig als solche bezeichnet hat, werden in den was weiß ich getreten, dass man vor Wut  – Man muss das lesen:

„Information an meine geschätzten Schulleiterinnen und Schulleiter

Meine Arbeitssituation ist durch ständige haltlose Anschuldigungen in Medien und wiederholte parlamentarische Anfragen unerträglich geworden.“

Sie ist unerträglich geworden! Ihr wurde es unerträglich gemacht? – Na lieb schauen wir aus in der Welt!

Weiters heißt es:

„Dadurch wird meine große Belastung durch das laufende Verfahren gegen die Republik Österreich, in dem ich Nebenintervenientin und Zeugin bin, noch gesteigert. Aus diesem Grund hat die Sektion III angeordnet mich zu schützen

Das ist unglaublich! Sie wird geschützt, die Täterin wird geschützt. Und sie kann jetzt in Frühpension gehen.

Frau Bundesminister, ich weiß, dass Sie in dieser Causa sozusagen kraft Ihrer Zuständigkeit auch eine Art Opferstatus haben, weil Sie das nicht zu verantworten haben, aber Sie sind Oberstes Organ und daher ist es eine durchaus erfreuliche Angelegenheit, Sie im Parlament zu sehen und mit Ihnen die Sache im Wissen zu debattieren, dass Sie das alles selbst auch zuwider finden – jetzt hätte ich noch ein anderes Wort sagen wollen, aber ich unterlasse es.

Das Interessante ist ja, dass diese Frau offenkundig von jeder Art Unrechts­bewusst­sein entfernt ist. Dadurch wieder Querschnittmaterie: Jetzt kommen wir auch von der Kriminalität, vom Strafrecht in die psychiatrische Betrachtung. Ein Mensch, der sich Schulleistung privat zueignet, hat kein Unrechtsbewusstsein, sondern redet noch großartig zurück.

Interessanterweise – noch einmal Querschnittmaterie – sagt eine Strafanzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft – man lernt ja bekanntermaßen nie aus –, na ja, die Staatsanwaltschaft hat das eingestellt.

Der von mir apostrophierte Rechtsschutzbeauftragte Dr. Strasser sagt, dass die Ein­ladung zum Geburtstagsfest – Sie haben es zitiert – nicht in den Bereich der Hoheits­verwaltung fällt – das ist eh klar –, sodass der Amtsmissbrauch nach § 302 Straf­gesetz­buch insofern ausscheidet. Passive Bestechung erfordert jeweils einen Zusam­menhang mit einem konkreten Amtsgeschäft – was natürlich bei einer privaten Geburtstagsfeier auch entfällt.

Ich habe da grundsätzlich eine völlig andere Auffassung, denn es ist so: Wenn der Dieb etwas stiehlt und mit der Beute weggeht, dann ist es sein Privateigentum. – Mit dieser Betrachtung kann etwas nicht stimmen.

Jedenfalls habe ich eine neue Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten eingebracht. Dort wurde nicht eingestellt, sondern es wird ermittelt. Nur noch einen kleinen Ausflug in die politische Sphäre, von der Kriminalität wieder hin zur politischen Sphäre, die aber auch einen kriminellen Anschein oder Aspekt hat. Also die Anzeige wird als GZ 5 St 144/12 in St. Pölten behandelt und ist auch inhaltlich verwandt mit


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ihrer nachhaltigen Bemühung, eine andere Kollegin, die halt zufällig eine Freiheitliche ist, jahrelang in Krems als Schulleiterin verhindert zu haben mit dem Schreckensruf: Das müssen wir verhindern. Die ist ja eine Blaue, die darf das nicht werden. – Das ist die Frau Dr. Hrubesch, inzwischen ist sie es geworden. Aber zehn Jahre lang ist es verhindert worden. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Kurz und gut: Dr. Strasser sagt auch, wenn es schon nicht kriminell ist, so ist es aber dringend disziplinär.

Und es ist wirklich eine Beleidigung, Frau Bundesminister, dass Sie dieser Frau das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich zumessen ließen. Hier im Saal sind ein paar Ehrenzeichenträger – ich auch. Ich fühle mich beleidigt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


18.12.16

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Kollegin Höllerer, Sie haben gesagt, die E-Mails, die Herr Kollege Walser zitiert hat, seien Ihnen nicht bekannt. – Solche Unterlagen werden freundlicherweise vor einer Besprechung einer Anfragebeantwortung verteilt. Sie liegen Ihnen vor. Also hätten Sie sich die Mühe gemacht, diese parlamentarische Anfrage und deren Beant­wortung aufzuschlagen, dann wären sie Ihnen bekannt; sie sind nämlich Teil der parlamentarischen Unterlagen und keine Geheimdokumente.

Da Sie sie offenbar nicht gelesen haben, ist das eine gute Gelegenheit, Ihnen vielleicht noch einmal näherzubringen, worum es dabei geht. Wenn man das liest, fragt man sich ja nicht nur, wie so etwas zustande kommen kann, sondern auch, mit welcher Unver­frorenheit hier vorgegangen wird. Auf die Idee zu kommen, dass die Frau Ronniger in das Betreff schreibt: „Informationskette zum Landeshauptmann“ – darauf muss man eigentlich erst kommen, selbst wenn man das vorhat. Das zeigt ja schon, dass man sich offenbar völlig im geschützten Raum fühlt und nicht den Ansatz eines Unrechts­bewusstseins entwickelt.

Das wurde an einem Sonntag am Nachmittag geschrieben – okay, darüber kann man dann auch noch diskutieren. Man liest dann weiter – es werden die einzelnen Punkte angeführt – und schaut sich Folgendes näher an: „Aber jedenfalls steht Vertrauen zu euch dahinter und damit verbunden erwartet sich der amtsführende Präsident höchste Diskretion.“

Dass man das hineinschreibt – da fragt man sich echt: In welchem Land leben wir? Und was ist dort sonst noch möglich?

„wenn wer noch aussteigen möchte – bitte kurzes e-Mail an mich“  

Was anderes ist das als der klare Versuch, eine parteipolitische Kette in einem Ministerium beziehungsweise in einer Verwaltung aufzuziehen, die mit den Aufgaben dieser Behörde nichts zu tun hat?

Vielleicht hätten Sie einmal den Mumm, hier herunterzukommen und zu sagen: Ja, das ist falsch. Ich verteidige das nicht. – Was machen Sie? Sie kommen hier herunter und sagen dem Kollegen Walser, er patzt den ganzen Landesschulrat an. Genau das waren Ihre Worte.

Es ist Majestätsbeleidigung – das kennen wir aus Niederösterreich ja auch –, jede Form des Aufzeigens von Kritik in Niederösterreich, jede Form des Aufzeigens uner­träglicher Missstände ist in den Augen der ÖVP Majestätsbeleidigung. Das ist das


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Land, in dem wir im Jahr 2013 leben, und es ist echt traurig, dass Sie nach wie vor auf diesem Status unterwegs sind. (Beifall bei den Grünen.)

Vielleicht können Sie auch noch zu einem zweiten Punkt Stellung nehmen, jetzt zwar nicht mehr, aber auch darauf haben Sie ja vorhin nicht Bezug genommen. Einige von uns – ich weiß nicht, ob andere Fraktionen diese auch bekommen haben – haben verschiedene Mails bekommen betreffend die Vorgangsweise des Herrn Quin. Er ist oberster AHS-Lehrergewerkschafter, der auf der niederösterreichischen Landesliste der ÖVP kandidiert, als oberster Gewerkschafter offenbar zeitgleich an der PH studierend ist, aufgrund dieser Funktion als Studierender Zugang zu den Mailadressen dort hat, diese zusammensammelt, ein Massenmail aussendet – das wird sich alles noch klären, dass das mit allen Datenschutzbestimmungen sowieso nicht zulässig ist – und in diesem Massenmail für Vorzugsstimmen wirbt.

Wissen Sie, mit welcher Aufforderung er darin geworben hat? Also abgesehen davon, dass er dort jetzt die große Bildungspolitik macht, schreibt er in diesem Mail: Sie kön­nen Vorzugsstimmen vergeben – und zwar unabhängig von der Parteipräferenz.

Sie wissen genauso gut wie ich, dass das eine Aufforderung zur Wählertäuschung ist. Es kann in Niederösterreich nicht unabhängig von der Parteipräferenz eine Vorzugs­stimme vergeben werden. Jede Vorzugsstimme für den Herrn Quin, auch wenn man die FPÖ oder die Grünen ankreuzt, ist eine Stimme für die ÖVP. Das, was der Herr Quin noch dazu macht, ist Wählertäuschung. Dafür gibt es § 263 des Strafgesetz­buches, die Staatsanwaltschaft wird das zu überprüfen haben.

Auf die Chuzpe muss man auch einmal kommen, einfach herzugehen, die Mail­adres­sen zu sammeln und damit plumpe Wahlwerbung zu betreiben! Und das ist das System, das in Niederösterreich schon die ganze Zeit herrscht.

Und weil es gerade passt und am heutigen Tage aufgekommen ist – man glaubt immer, man hat schon alles erlebt, bis der nächste Fall kommt –:

Der Vorsitzende der niederösterreichischen Landeswahlbehörde heißt? – Erwin Pröll. Da hätte sich jetzt keiner wundern müssen. Erwin Pröll kann das aber nicht alleine machen, er hat jetzt einen Stellvertreter, der das ausübt. Das ist der Herr Landtags­präsident Penz. Auf welche Idee kommt der Herr Landtagspräsident Penz für kommenden Sonntag? – Er gibt heute den Erlass heraus, dass sämtliche Wahlergeb­nisse in Niederösterreich nicht vor 17 Uhr zu veröffentlichen sind, also dass alle anderen Parteien als die ÖVP vor 17 Uhr kein Wahlergebnis bekommen. Er gibt den Erlass heraus, dass entgegen dem Wahlrecht und entgegen den Bestimmungen alle Wahlzeugen in den Gemeinden der Verschwiegenheit unterliegen, sodass vor 17 Uhr offenbar nur eine einzige Partei in Niederösterreich wissen darf, was sich in den Wahlurnen getan hat.

Und um 17 Uhr kommt der ORF und macht eine Hochrechnung. Wunderbar! Ob der ORF die Daten vorher bekommt, das ist ein anderes Kapitel. Was die hochrechnen, wenn sie keine Daten haben, ist ja auch interessant. (Zwischenruf der Abg. Höllerer.) Also offenbar gehen wir immer weiter. Jetzt sind wir so weit, dass in einem Wahl­verfahren – man kann sich auch schon auf die Nationalratswahl einstellen –, wenn die Hochrechnung veröffentlicht wird, alle offenbar noch nichts gesehen haben. Die Innenministerin steht da, hat die Daten, aber alle anderen Fraktionen haben die Daten nicht.

Das, was ihr in Niederösterreich aufzieht, ist wirklich unerträglich! Das ist eigentlich zum Genieren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.17



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 187

Präsident Fritz Neugebauer: Eine weitere Wortmeldung von Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


18.17.33

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Fichtenbauer, ich wollte, weil Sie das Ehrenzeichen angesprochen haben, dazu noch kurz Stellung nehmen. Das ist wirklich nur eine Stellungnahme einfach zur Erläuterung des Ablaufes und keine Recht­fertigung. Ich möchte das nur von meiner Seite darlegen.

Der Landesschulrat für Niederösterreich hat im März 2010 den Antrag auf Verleihung des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich beim Ministe­rium gestellt. Die Entschließung des Herrn Bundespräsidenten erfolgte am 10. Juni 2010, die Auszeichnung wurde am 9. November 2010 – hier ist die Anfrage nicht korrekt – durch den Landesschulrat für Niederösterreich überreicht. Bei der Zeremonie war auch der Herr Landeshauptmann anwesend.

Ich möchte nur betonen, dass mir persönlich im Jahr 2010 keinerlei Anhaltspunkte vorgelegen sind. Ich betrachte mittlerweile die Situation und auch die Person durch die Kenntnisse, die ich habe, wie ich vorhin in meiner Stellungnahme zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Walser schon gesagt habe, sehr kritisch und habe hiezu, so wie Sie es auch richtig eingeschätzt haben, schon eine andere, eine differenziertere Meinung.

Ich wollte das nur klarstellen, denn es hat sich ein bisschen so angehört, als ob ich ihr den Orden gestern verliehen hätte. Also das liegt einige Zeit zurück. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fichtenbauer: Da bin ich ja froh!)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.19.23

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als BZÖ-Abgeordnete stehe ich sicher nicht im Verdacht, in den niederösterreichischen Wahlkampf einzugreifen, aber das, was hier wieder vorliegt, was hier wieder recherchiert und aufgezeigt wurde, ist wirklich ungeheuerlich.

Es ist ungeheuerlich, dass sich eine Beamtin, eine Pädagogin diese Dinge leistet, einen Spitzeldienst, eine Kette, eine politische Informationskette, aufbaut, eine soge­nannte Begabtenkette – oder wie immer sie das nennt –, und Dinge macht, die einfach unzulässig sind.

Vor zwei Jahren haben wir uns hier herinnen auch über die Geburtstagsfeier dieser Frau Landesschulinspektorin unterhalten. Dann hat es, glaube ich, in der Folge einen Erlass von Ihnen gegeben. Es gibt wirklich Leute, die nicht besserungswürdig sind und die, wie schon angesprochen wurde, ein Fehlverhalten an den Tag legen und keinerlei Unrechtsbewusstsein haben.

Da ich persönlich mit dem Fall nicht so vertraut bin, möchte ich in diesem Zusam­menhang nur noch sagen, dass das auch ein Sittenbild der Verquickung von partei­politischem Einfluss, von parteipolitischer Macht, von Überwachung, und, wie gesagt, von fehlendem Unrechtsbewusstsein ist. Das ist etwas, was wir ja im Schulsystem des Öfteren haben. In Niederösterreich ist es sicher besonders stark ausgeprägt, aber das heißt nicht, dass es das in anderen Bundesländern nicht gibt. Es ist ja bei allen ein offenes Geheimnis: Wenn man das richtige Parteibuch hat, ganz gleich in welchem Bundesland, dann wird man auf einen leitenden Posten berufen, dann kann man auf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 188

steigen, ob man jetzt rot oder schwarz ist. Wer nicht ins Schema passt, der wird einfach nichts. Das ist so, und das wissen wir alle.

Da höre ich natürlich sehr gerne immer wieder, es muss in der Schulverwaltung eine Reform geben. Seit über drei Jahren liegen Reformvorschläge vor. Ich erinnere nur an unsere Diskussion beim Bildungsvolksbegehren, wo wir alle der gleichen Meinung waren, dass Parteipolitik aus der Schule, aus dem Schulsystem hinaus muss. (Abg. Neubauer: Überall gehört sie raus!) Ich denke – und ich meine jetzt im Beson­deren das Schulsystem, weil es letztendlich auf Kosten unserer Kinder geht, wenn wir uns ständig mit solchen Dingen beschäftigen müssen und auch jene darunter leiden, die korrekte Arbeit leisten, die gute Arbeit leisten, ob das jetzt Beamte, Beamtinnen oder Pädagoginnen sind –, dass diese schwarzen Schafe wirklich ein Schulsystem ruinieren können.

Frau Bundesministerin, ich bin sehr froh, dass Sie heute so klar gesagt haben, dass parteipolitische Agitation beziehungsweise parteipolitische Einflussnahme keinen Platz haben darf. Nur, wir herinnen hören es, aber ob das draußen alle hören, ist eine andere Frage. Vielleicht müssten Sie auch hier wieder einen Erlass des Bundesminis­teriums herausgeben, damit das letztendlich auch in die Köpfe hineingeht.

Ich glaube, dass es nur möglich ist, wenn wir grundlegende Reformen machen. Es ist schon angesprochen worden: Die Kompetenz gehört zum Bund, und nicht in die Länder. (Beifall beim BZÖ.)

Ich erinnere mich, gerade der Herr Landeshauptmann Pröll hat vor ein paar Monaten gesagt, er möchte, dass die Länder die Aufgaben zur Bildung übernehmen. Na, servas! Wenn wir das machen würden, dann hätten wir mehr solche Fälle oder viele solche Fälle (Abg. List: Nur solche!) oder nur solche Fälle. Ich bin auch dafür, dass Lan­desschulräte in der jetzigen Form ebenso wie Bezirksschulräte abgeschafft gehören. Es kann auch nicht sein, dass sich das Kollegium des Landesschulrates parteipolitisch je nach Ergebnis der letzten Landtagswahl zusammensetzt. Das gehört abgeschafft. Aus welchem Grund, mit welchem Recht soll das gemacht werden? (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Sind Parteipolitiker bessere Bildungsexperten? Hier sollen die, die von der Schule etwas verstehen, mitreden. Es gehört auch die Schulaufsicht in der Form, wie wir sie jetzt haben, abgeschafft und den Schulstandorten natürlich mehr Autonomie zuerkannt, damit sie dort die Entscheidungen für das Personal treffen können und nicht alles durch die Parteibrille sehen.

Ich glaube, wenn wir nicht bald etwas machen, dann werden solche Praktiken weiter in unserem Schulsystem üblich sein und dann können wir nur davon träumen, dass wir irgendwann ein modernes Schulsystem haben. Aber das wollen wir nicht. Ich hoffe, dass es doch noch einiges an Bewegung geben wird, was diese Reformen angeht. (Beifall beim BZÖ.)

18.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


18.24.31

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Hohes Haus! Über Frau Ronniger haben wir ja schon einiges gehört und vor Kurzem intensiv gesprochen. Ich frage mich wirklich, was ein Mensch alles machen muss, damit er in Frühpension gehen darf.

Frau Kollegin Höllerer, ich verstehe wirklich nicht, wenn Sie jetzt herauskommen und versuchen, das zu verteidigen. (Abg. Höllerer: Ich habe sie nicht verteidigt!) – Sie haben sie nicht verteidigt, Sie kennen sie wahrscheinlich auch nicht mehr, so wie Ernst


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 189

Strasser. Aber man darf jetzt eines nicht vergessen: Sie sind hier herausgekommen und haben gesagt, es ist alles längst bekannt, man braucht nicht darüber zu reden, vergessen wir das. (Abg. Höllerer: Das habe ich nicht gesagt!) Wir machen das sicher nur wegen der Niederösterreichwahl am Sonntag.

Diese Dame ist ehrenwert. – Es gibt ein schönes Foto von der Verleihung des goldenen Ehrenzeichens der Republik, mit Ihrem Landesfürsten, vor dem Sie alle Ehrfurcht haben. (Der Redner hält ein Foto von der Verleihung eines Ehrenzeichens der Republik an die zuvor genannte Mag. Ronniger in die Höhe, auf dem unter anderem auch Landeshauptmann Dr. Pröll zu sehen ist.)

Das höchste Gut sind unsere Kinder, und wir alle wünschen uns, dass unsere Kinder die besten Lehrer haben. Jetzt bin ich froh – da gratuliere ich auch –, dass im Lehrer­dienstrecht, im Besoldungsrecht die Anfangsgehälter gestiegen sind – das finde ich toll und das begrüße ich sehr.

Nur, angesichts dessen, was mit dieser Dame schon alles passiert ist und wie oft wir darüber diskutiert haben, würde ich mir wirklich wünschen, Frau Minister – ich glaube, bei Ihnen ist das gut aufgehoben –, dass hier aufgeklärt wird und dass hier wirklich der Sache auf den Grund gegangen wird. (Beifall beim Team Stronach.)

Es kann nicht sein, dass diese Dame jetzt noch belohnt wird und in Frühpension gehen darf! Ich erinnere nur an die Geburtstagsfeier, zu der Kollegin Franz damals so toll argumentiert hat, das sei immerhin eine Tourismusschule gewesen und die Jugend­lichen hätten dort servieren dürfen, deswegen hätten sie für ihr Praktikum etwas gelernt. – Das ist ja mehr als anachronistisch, Frau Kollegin. Sie haben damals festgestellt, dass das diesbezüglich überhaupt nichts bringt. Hier muss man echt den Hebel ansetzen, damit so etwas nicht mehr passiert.

Deswegen sagen wir, die Politik gehört hinaus aus den Schulen. Wir brauchen die besten Lehrer und die besten Schuldirektoren, und da soll die Leistung zählen. Es kann nicht sein, dass in einem roten Bundesland ein Roter Direktor wird und in einem schwarzen Bundesland ein Schwarzer, und sie machen sich das alles untereinander aus. Aber ich glaube, hier können wir eine Gesprächsbasis mit der Bundesministerin finden, damit das in Zukunft einfach nicht mehr stattfindet; ich würde mir das wirklich wünschen.

Es ist so viel passiert in Schulen. Man denke an die E-Mails, das ist eine Datenschutz­geschichte. Hier gehört auf alle Fälle aufgeklärt, und die Sache gehört angezeigt. Es kann nicht sein, dass eine Person einfach die E-Mail-Adressen stiehlt und dann Wahlwerbung betreibt. Das alles gehört raus aus unseren Schulen. (Beifall beim Team Stronach.)

Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass man das hier aufklärt – ob das nun damals die FPÖ war oder jetzt die Grünen sind.

Kollege Walser! Sie finden in uns einen Partner. Wir wollen, dass diese Missstände, vollkommen egal in welchem Bundesland, aufgeklärt werden, und wir wollen dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 190

18.27


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

18.27.43 Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir sind wieder beim 2. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


18.27.47

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sie vertreten wahrscheinlich den Wissenschaftsminister, der braucht jetzt die letzten Redner und Rednerinnen der Debatte anscheinend nicht mehr; egal.

Wir waren bei den Zugangsbeschränkungen an den Unis. Ich stimme dem Minister zu, wenn er sagt, die Kapazitäten der Universitäten sind begrenzt. Das wissen wir alle. Die Frage ist nur: Welche Möglichkeiten gibt es, dagegen anzukämpfen? Die erste ist, die Zahl der Studierenden zu deckeln, und die zweite Möglichkeit ist, die Kapazitäten zu erweitern.

Da Sie, Frau Ministerin, gerade da sind, frage ich Sie: Können Sie sich vorstellen, dass wir das Gleiche im Unterrichtsbereich haben, dass die Kapazitäten begrenzt sind und Sie dann sagen, wir brauchen jetzt Aufnahmeprüfungen beispielsweise für die Volks­schule oder für die Mittelschule oder die Hauptschule? – Das kann sich niemand vorstellen, aber beim tertiären Sektor, da geht das auf einmal.

Ich weiß schon, die SPÖ möchte die Kapazitäten erweitern und sie möchte, dass mehr Studierende an den Universitäten studieren dürfen, aber sie stimmt jetzt der ersten Variante, der Deckelung, zu. Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich weiß nicht, hören Sie sich einmal an, was die ÖVP heute gesagt hat! Das geht doch ganz klar in die Richtung von Obergrenzen, und zwar überall, bei allen Studienbereichen – das hat Frau Franz wörtlich gesagt. Frau Cortolezis-Schlager hat davon gesprochen, dass wie beim Parlament die Anzahl der Sitze begrenzt ist. Ähnliches sagt der Herr Minister.

Es geht in die Richtung, dass überall Grenzen eingezogen werden. Warum brauche ich da jetzt eine Pilotphase? Meinetwegen, haben wir eben. Aber die Evaluation kann nur eines ergeben: Die Evaluation wird ergeben, dass Tausende Studierende nicht das studieren können, was sie studieren wollten, und dass sie dann entweder gar nichts studieren oder ein Jahr verloren haben, weil da ja dann ein Jahr dazwischen ist, bevor sie es woanders probieren können. Und wenn sie dort genommen werden sollten, was unwahrscheinlich ist, ist das auch irgendwann einmal ausgeschöpft, dann gibt es auch eine Obergrenze.

Mit einem Wort, es geht ganz klar in die Richtung Begrenzung der Möglichkeiten für Studierende. Und das ist ein bildungspolitisches Elitedenken, von dem wir Abstand nehmen. Wir sind für die zweite Variante. Wir sind für die Erweiterung der Kapazitäten und dafür, dort einzusparen, wo man einsparen kann.

Da habe ich, da haben wir einen Vorschlag. Die Akademie der bildenden Künste hat uns mitgeteilt, dass dort zwei Leitungspositionen gesetzlich vorgeschrieben sind, eine für die Gemäldegalerie und eine für das Kupferstichkabinett. Ich denke – das muss nicht jetzt sofort sein und niemand soll gekündigt werden –, das könnte vom Gesetz her so erleichtert werden, dass das auch mit einer Person besetzt werden kann.

Deshalb haben wir einen Abänderungsantrag eingebracht, der dem Genüge tun könnte. Der Antrag lautet:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts­ge­setz 2002 geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsaus­schusses (2180 d.B.), wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 191

Folgende Z. 2a wird eingefügt:

„2a. § 39 (4) lautet:

(4) Zu Leiterinnen oder Leitern der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts dürfen nur Personen mit einschlägiger Ausbildung und entsprechend hoher fachlicher Qualifikation auf eine Dauer von fünf Jahren bestellt werden. Wiederbestellungen sind zulässig. Die Leiterin oder der Leiter der Gemäldegalerie trägt die Funktionsbezeich­nung „Direktorin” oder „Direktor“. Diese Person kann auch zum Leiter bzw. zur Leiterin des Kupferstichkabinetts bestellt werden.

Geht ein in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bunde stehende Person ein Dienstverhältnis als Leiter bzw. Leiterin der Gemäldegalerie und/oder des Kupferstichkabinetts mit der Akademie der bildenden Künste Wien ein, so ist diese für die Dauer dieses Dienstverhältnisses gegen Entfall der Bezüge beurlaubt.“

*****

Ich bin neugierig, ob Sie diesem konkreten Vorschlag zur Einsparung zustimmen, und bedanke mich. (Beifall bei den Grünen.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (2142 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Univer­sitätsgesetz 2002 geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsaus­schusses (2180 d.B.), wird wie folgt geändert:

Folgende Z.2a wird eingefügt:

„2a. § 39 (4) lautet:

(4) Zu Leiterinnen oder Leitern der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts dürfen nur Personen mit einschlägiger Ausbildung und entsprechend hoher fachlicher Qualifikation auf eine Dauer von fünf Jahren bestellt werden. Wiederbestellungen sind zulässig. Die Leiterin oder der Leiter der Gemäldegalerie trägt die Funktionsbezeich­nung „Direktorin” oder „Direktor“. Diese Person kann auch zum Leiter bzw. zur Leiterin des Kupferstichkabinetts bestellt werden.

Geht ein in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bunde stehende Person ein Dienstverhältnis als Leiter bzw. Leiterin der Gemäldegalerie und/oder des Kupferstichkabinetts mit der Akademie der bildenden Künste Wien ein, so ist diese für die Dauer dieses Dienstverhältnisses gegen Entfall der Bezüge beurlaubt.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 192

Begründung

An der Akademie der bildenden Künste sind die beiden Organisationseinheiten Gemäl­de­galerie der Akademie der bildenden Künste Wien, der die Glyptothek eingegliedert ist und das Kupferstichkabinett eingerichtet. Aufgrund der derzeit gültigen gesetzlichen Bestimmungen muss zwingend jede Organisationseinheit gesondert geleitet werden. Die Novellierung hat das Ziel, dass die Möglichkeit geschaffen werden soll, dass beide Organisationseinheiten gegebenenfalls auch von einer Person geleitet werden können.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


18.32.06

Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle des Universitäts­gesetzes beschreibt letztendlich einen möglichen Einstieg zu einer kapazitätsorien­tierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung, ausgehend von einem hohen Niveau in sogenannten Massenfächern.

Sehr positiv ist auch die schrittweise Anhebung um 95 Professuren, um eine An­gleichung der betroffenen Studienfelder an internationale Betreuungskennzahlen zu erreichen. Völlig neu ist, was heute noch gar nicht angesprochen wurde, die wesentlich exaktere Aufsplittung des Universitätsbudgets in die Teilbereiche Lehre, Forschung beziehungsweise Entwicklung und Erschließung der Künste sowie Infrastruktur und klinischer Mehraufwand. Die schrittweise Umsetzung wird durch eine laufende Evaluie­rung begleitet, bestimmt durch einen noch zu definierenden – das ist ein ganz sper­riges Wort – gesamtösterreichischen Universitätsentwicklungsplan. Darin finden sich die prioritären bildungs- und wissenschaftspolitischen Zielsetzungen, die Qualitäts­sicherungsziele, wie auch der Anteil von Absolventinnen und Absolventen, die dann – und das ist auch ganz neu – durch Verordnung des Bundesministers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates zu beschließen sind.

Ein weiteres wichtiges Datum ist bereits der 31. März 2014. Bis dahin sollten die geplanten Leistungsvereinbarungen für die Periode 2016 bis 2018 bekannt sein. Bei vielen Stellungnahmen zum Entwurf werden, begründet durch sehr viele Fachargu­mente, eine Menge Fragen aufgeworfen. Das ist ein positives Indiz dafür, schon jetzt eine intensivere und breitere Diskussion mit den Betroffenen über die Weiterent­wicklung zu führen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

 


18.34.25

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben es heute hier mit einer Novelle zu tun, die klein an Zeilen oder an Text zu sein scheint, aber am Ende, wie ich meine, nicht nur einen Paradigmenwechsel, sondern auch eine grundsätzliche Änderung der Aus­richtung bei den Universitäten mit sich bringen wird. Das nehmen wir nicht so ohne Weiteres hin, jedenfalls werde ich mich dazu auch noch zu Wort melden.

Bevor ich ins Detail gehe, komme ich einmal zu den Lesarten. Wenn ich mir Frau Kollegin Cortolezis-Schlager gut angehört und mitnotiert habe, hat sie im Wesentlichen gesagt, eine lange geplante Novelle ist jetzt vorliegend, es hat ein Regierungs­übereinkommen darüber gegeben, es gibt eine Systemumstellung. Wie immer hat sie das auch begründet: Es gibt ja überall Zugangsbeschränkungen! – Eine kleine An-


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merkung: Überall gibt es auch nicht so hohe Steuern und Abgaben wie bei uns, vielleicht sollten wir uns dort auch einmal dem Niveau annähern, das würde dem Österreicher auch helfen, in diese Richtung einmal nachzudenken.

Dann hört man die Lesart der Frau Kollegin Kuntzl, Fraktionssprecherin der SPÖ, die sagt: Pilotprojekt in fünf Studienrichtungen, die Studienplätze werden geringfügig ausgebaut, die Zahl der Studienplätze wird nicht reduziert – das sind alles Zitate der heutigen Rede –, jeder soll nach Möglichkeit sein Wunschstudium beginnen können, der Pilotversuch muss evaluiert werden, das ist alles lange und ausführlich diskutiert worden.

Es mag ja sein, dass das in der Koalition tatsächlich lange geplant, lange diskutiert wurde und vieles andere mehr.

Dann hört man den Herrn Bundesminister Töchterle, der im Wesentlichen sagt: Ein guter Kompromiss zwischen zwei Extrempositionen! – Ist in Ordnung. Dann sagt er – und das war für mich neu, und ich bin ein aufmerksamer Beobachter, auch der Politik rund um die Wissenschaftsagenden; die Frau Kollegin Kuntzl hat das wahrscheinlich auch schon gewusst, aber bis dato auch nicht publik gemacht –, 2010 haben sich Pröll, damals noch Vizekanzler und ÖVP-Chef, und Faymann und die Universitätsrektoren-Konferenz bei einem Gipfel auf das geeignet, was heute vorliegt.

Zumindest für mich war es neu, dass es eine derartige Einigung gegeben hat. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Kuntzl.) Sie haben das sicher auch gewusst und mitgetragen. Ich weiß, wie schwierig es manchmal ist, wenn man in einer Regierung sitzt und die Parteichefs – Sie werden ja bei der Einigung nicht dabei gewesen sein – sich über etwas einigen und man das im Nachhinein erfährt und dann beginnen muss, zurückzurudern, Frau Kollegin Kuntzl. Das ist in diesem Punkt auch so gewesen.

2012 hat es dann ausgiebige Verhandlungen mit dem Koalitionspartner gegeben, sagt der Herr Bundesminister. Das war ein wichtiger Schritt zur Finanzierung der Univer­sität. – So weit, so gut.

Jetzt steht ein Gesetz zur Debatte, das letztlich neun Paragraphen im UG 2002 imple­mentiert, vom § 14a bis zum § 14i. Jetzt lese ich nur einen kleinen Ausschnitt dessen vor, was im § 143 Abs. 30, nämlich bei den Außerkrafttretungsbestimmungen, vorliegt, und dann frage ich den Herrn Bundesminister, wie das irgendjemand als Normadressat überhaupt noch vollziehen können soll, was Sie heute beschließen. Ich glaube, das wissen die meisten hier nicht, weil es Ihnen auch verschwiegen wurde. Es hat kein einziger Redner dazu Stellung genommen, es gab nur Hinweise von den Freiheitlichen. – Da steht:

„An § 143 Abs. 30 werden folgende Abs. 31 bis 34 angefügt:“

Abs. 31 kommt als neuer Absatz, und da steht:

„§ 143 Abs. 22 und 28 treten mit Ablauf des 28. Februar 2013 außer Kraft. § 66 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 1b treten mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft. Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat die Auswirkungen“ – und so weiter.

Im Dezember ist ein Evaluierungsbericht vorzulegen – am 31. Dezember tritt es schon außer Kraft.

In der nächsten Zeile geht es weiter: Abs. 32, zu § 12: Die §§ 14a bis 14g – das sind die, die wir neu implementieren – in der Fassung des Bundesgesetzes, das wir heute zu beschließen haben, sind entweder bis 31. März 2014 verpflichtend zu ändern oder, sollten bis dahin keine Änderungen vorgenommen werden, treten schon wieder außer Kraft.


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Im nächsten Absatz steht, die §§ 14g bis 14i – das sind die restlichen – in der Fassung des heute zu beschließenden Gesetzes sind bis 31. März – das sind 12 Monate, möchte ich nur erinnern –, zu ändern. Sollten bis zu diesem Zeitpunkt keine entsprechenden Änderungen erfolgen, treten sie außer Kraft.

Im nächsten Absatz gibt es wieder eine Außerkrafttretungsbestimmung mit 31. Dezember 2015, bei der wieder im Dezember ein Evaluierungsbericht vorzulegen ist.

Lassen wir das jetzt in aller Kürze noch einmal Revue passieren: Es wird imple­mentiert, es werden die Ziele der kapazitätsorientierten studienbezogenen Universitäts­finan­zierung – jetzt deutsche ich es aus, Herr Minister –, in § 14a festgeschrieben, am 31. 3. 2014 schon wieder außer Kraft treten, wenn sie nicht geändert werden. Grundprinzipien der kapazitätsorientierten studienbezogenen Universitätsfinanzierung treten mit 31. 3. 2014 außer Kraft. Sogar die Begriffsbestimmungen in § 14c treten mit 31. 3. 2014 außer Kraft.

Der gesamtösterreichische Universitätsentwicklungsplan, für den in § 14d festge­schrieben ist, was da zu passieren hat, tritt mit 31. März 2014 außer Kraft. Die Zusam­mensetzung des Globalbudgets – das ist der § 14e – tritt mit 31. März 2014 schon wieder außer Kraft. Die Implementierung der kapazitätsorientierten studienbezogenen Universitätsfinanzierung tritt mit 31. März 2014 außer Kraft; das ist der § 14f. Der § 14g tritt auch im März 2014 außer Kraft. Und der § 14h, der die Zugangsregelungen betrifft, die neu eingeführt werden – wo die Frau Kollegin sagt, fünf Studienrichtungen sind betroffen, da komme ich gleich dazu –, tritt am 31. Dezember 2015 außer Kraft.

Die Studieneingangsphase wird neu reformiert, nachdem sie schon in den letzten vier Jahren zweimal reformiert wurde. Die Universitäten stöhnen vor Administration, weil sie permanent neue Curricula schreiben müssen. Der Student kennt sich nicht mehr aus, befindet sich permanent in neuen Ordnungen. Sie werden jetzt neu geregelt, aber wenn sie nicht bis 31. Dezember 2014, also in einem Jahr, geändert werden, treten sie schon wieder außer Kraft. Das heißt ja, entweder kommen wieder neue, oder sie treten außer Kraft, dann kommt wieder das alte. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist das für ein Gesetz, das wir da beschließen?! Wo ist der Bestimmtheitsgrad, den wir eigentlich brauchen?!

Jetzt komme ich zum Einzelnen. Fünf Studienrichtungen sind betroffen? – Ich kann Ihnen versichern – Anfrage des Herrn Bundesministers, allen Ausschussmitgliedern zugegangen –, 28 Studienrichtungen sind betroffen. (Abg. Mag. Kuntzl: Fünf Studien­richtungen!) 28 Studienrichtungen! Sie können es schönreden. Wir haben bereits derzeit 70 Studienrichtungen, die Zugangsbeschränkungen haben. Ab jetzt haben wir einmal 98 – da beißt die Maus keinen Faden ab – von 237. 40 Prozent aller Studie­renden sind davon betroffen. Das sind die nackten Zahlen.

In Wirklichkeit haben Sie auch eine Ausschussfeststellung beschlossen, dass der Herr Bundesminister determinieren soll, was alles noch kommt. Da wird es nur mehr, weniger wird es nicht, Frau Kollegin Kuntzl! Wenn Sie an der Macht bleiben, wird es nicht weniger Studienrichtungen mit Zugangsbeschränkungen geben, sondern mehr, denn es gibt dann schon 98. Und das ist ja das!

Vor allem ist im Gesetz eines schon der ÖVP gelungen, ein Ziel, das die ÖVP seit 2000 verfolgt – wir haben es immer verhindert, Sie sind jetzt umgefallen –, nämlich dass Zugangsbeschränkungen nicht nur möglich sind, sondern dass sie vom Grund­prinzip her vorhanden sind (Abg. Mag. Kuntzl: ... hat es keine gegeben?) und es in weiterer Folge vielleicht Ausnahmen geben kann. Heute ist es anders: Freier Hoch­schul­zugang ist das Grundprinzip, und Ausnahmen sind geregelt.


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Jetzt verweise ich nicht auf die Kunstuniversitäten, die ja Kunsthochschulen waren, wo wir dieses Paket mitgenommen haben. Vielleicht sollten wir wieder zurückkehren zu Hochschulen und Universitäten und dort durchaus auch unterschiedliche Zugangsvor­aus­setzungen treffen. Aber Kollege Karlsböck hat auch ausgeführt, was denn mit Zugangsregelungen passiert, wenn man Apparaten überschießend oft die Möglichkeit gibt, so etwas einzuführen.

Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass es auch ideologische Barrieren gibt. Das wird immer in Abrede gestellt: So etwas gibt es doch auf Universitäten nicht!, und, und, und. Ich sage Ihnen, was Universitäten in ihren Satzungen und in Verfahrens­bestim­mungen festschreiben. Ich glaube, dass Universitäten gerne bereit sind, ihre Auswahlkriterien in Zukunft auch in diese Richtung zu lenken. Zumindest muss man davor warnen, dagegen auftreten und dem einen Riegel vorschieben.

Wenn ich mir anschaue, was die Bodenkultur – das ist nur ein Beispiel unter vielen – in ihrer Verfahrensregelung für die Erneuerung der akademischen Grade für Diplom­ingenieure und Doktoren an der Bodenkultur im Senat am 25. April 2012 für die Verleihung von Ehrentiteln beschlossen hat: Da haben sie das geregelt. Die Durch­führung regelt der Senat gemeinsam mit dem Rektorat. Sie haben eine Durchführungs­regelung beschlossen, und darin findet sich, wie jemand einen Ehrentitel erhalten kann, und so weiter und so fort. Im letzten Absatz steht dann drinnen – für mich nicht überraschend, denn das ist oft schon der Geist, der da herrscht –, im Abs. 6 im § 1 bei den Durchführungsregelungen: Das Senatsbüro hat zu den Anträgen auf Verleihung von Ehren-Doktoraten oder -Diplomingenieurtiteln eine Stellungnahme des Dokumen­tationsarchives des österreichischen Widerstandes, kurz DÖW genannt, einzuholen.

Was hat das Dokumentationsarchiv für einen akademischen Anspruch, bitte? – Da wird Gesinnung abgefragt bei der Verleihung von Titeln. Herr Bundesminister, vielleicht wissen Sie es nicht, dann schauen Sie es sich an!

Wie wird denn das gemacht? – Ich habe da so ein dickes Buch liegen, das heißt „Handbuch des Rechtsextremismus“. Da kommt man ganz leicht rein, manche Leute. Ich bin da nicht drinnen; vielleicht sollte ich mich hineinreklamieren, weil ich da noch nicht drinnen bin. Aber wenn dann abgefragt wird, wenn man so eine Würde verleiht – Stichwort: Dokumentationsarchiv –, dann wird es vielleicht so sein.

Ich sage nur, wer alles da drinnen ist beim Dokumentationsarchiv. Das trifft nicht nur Freiheitliche, wie man gerne vermeinen mag. Es ist schon Harald Vilimsky drinnen oder Edith Haller, eine ganz gefürchtete Abgeordnete in Pension zum Beispiel. Das nenne ich jetzt einmal. Aber da finden sich auch Leute wie Christof Zernatto, die namentlich genannt werden. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Oder Landeshauptmann Leopold Wagner. Oder der Kameradschaftsbund generell und jeder Funktionär überhaupt, die da genannt und diskreditiert werden aufgrund ideologischer Wertung.

Oder Dr. Alfred Maleta! Erster, Zweiter, Dritter Präsident – 14 Jahre lang war er hier im Haus, ÖVP-Präsident, Abgeordneter zum Nationalrat. Wenn man das Dokumen­tations­archiv befragt, ob er irgendeinen Titel bekommen soll, wird es wahrscheinlich heißen: Nein, der hat eine böse Gesinnung!

Man kommt sehr leicht rein. Wir alle wissen, wie das ist, wenn eine „kommunistische Tarnorganisation“ – so darf man sie nennen, Urteil 1998, rechtskräftig ausjudiziert in Österreich –, eine „Art Privat-Stasi“ (Beifall bei der FPÖ), eingeschaltet wird, wo sich auch der damalige Leiter Neugebauer das Prädikat „Denunziant“ erarbeitet hat und aufgrund dieses Höchstgerichtsurteils auch so genannt werden darf. Und seine Nachfolger sind nicht anders, die natürlich einen akademischen Anspruch haben. Man sehe nur den Doktor oder Dozenten Peham – oder wie heißt er noch immer anders? –, der mit einem Tarnnamen in ganz Österreich herumläuft und ein riesiger Experte ist,


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wenn es darum geht, andere ob der Gesinnung zu vernadern, ob sie dann vielleicht reif sind für irgendeinen Ehrentitel oder Doktortitel auf der BOKU. Der wird ja dann befragt, und vieles andere mehr.

Da sage ich: Wir müssen uns davor hüten, dass wir zu viele Instrumente hergeben, wo man Auswahlkriterien trifft, die oft sehr nach der Gesinnung vorgenommen werden. Und das sind nur Beispiele, es gibt ja noch viel mehr an Österreichs Universitäten. Es wird sich bis zu den Studierenden durchschlagen. Das ist die Gefahr, vor der wir stehen!

Dann bin ich lieber beim Prinzip des freien Hochschulzuganges. Wir haben einen freien Hochschulzugang, der schon eine Zugangsbeschränkung hat. Frau Kollegin Kuntzl, ich war immer der Meinung, wir haben die gleiche Ausgangsbasis in dieser Frage – und die SPÖ frage ich da besonders ab –, nämlich: Die Matura ist die Zugangs­voraus­setzung zur Universität! (Beifall bei der FPÖ.) Vielleicht auch noch eine Studienberech­tigungsprüfung oder Lehre mit Matura, gleichgelagerte Fähigkeiten, da sind wir schon dafür, das alles soll es geben, aber im Wesentlichen gibt es einen Zugang.

Jetzt kommt eine neue, die allerdings bald wieder außer Kraft tritt, wenn sie nicht schon wieder geändert wird. Das Prinzip ist normiert und vieles andere mehr. Wer garantiert uns, bitte, dass nicht nach Gesinnung ausgewählt wird? Sie vielleicht? Die einzelnen Senate? Die Rektorate? Die sollen dann die Garantie abgeben, wenn sie unter Druck stehen? – Die holen vielleicht eine Expertise des Dokumentationsarchives ein, und dann darf man schon nicht studieren, wenn man nicht mehr würdig ist, und vieles andere mehr. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Wie in der DDR!)

Zumindest ist diese Gefahr nicht auszuschließen und kommt auch vor. Sie können mit dem Kopf nicken – in dem Fall, wo der erste Freiheitliche oder die ersten Sozial­demokraten in einem derartigen Verfahren durch den Rost fallen ob ihrer Gesinnung, werden Sie hier stehen, Ihre gesamte Fraktion, und sich natürlich aufregen. Zu Recht, und Sie werden dann einen Partner an der Seite haben. (Abg. Dr. Jarolim: ... miese Gesinnung!)

Ja, Sie können mir meine Gesinnung vorwerfen. Das tun Sie schon seit vielen, vielen Jahren. Es ist auch kein Problem, wenn Sie das tun. Ich sage nur eines: Ich habe vielleicht eine Gesinnung, die Ihnen nicht gefällt, und die nennen Sie vielleicht mies. Aber Sie werden eine Gesinnung nicht abtöten können. Da können Sie hier wie ein Stehaufmanderl agieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Es muss in dieser Republik auch noch jemanden geben, der sich für faire, chancen­reiche, gleiche Verhältnisse einsetzt. Wir haben ja gesehen, was in der Medizinuni­versität in Wien passiert, wenn man sich dann überschießend Gender-Gedanken macht. Es ist noch niemand aus Ihren Reihen auf diese Idee gekommen.

Veterinärmedizin hat auch eine Zugangsbeschränkung. Da werden 25 Prozent in einem persönlichen Gespräch abgetestet, und wenn sie für würdig befunden werden, dürfen sie Veterinärmedizin studieren. So steht es nämlich drin, ich habe es jetzt ein bisschen salopper gesagt. Aber das ist ein Gespräch, und wenn der brav ist oder gute Beziehungen oder die richtige Gesinnung hat, sage ich an dieser Stelle, dann wird er das auch studieren dürfen, und andere schon nicht.

Da habe ich Sie aber nicht schreien gehört! Dort sind 80 Prozent der Erstinskribienten Frauen, die eben durchkommen. Wo ist da die Gleichgewichtung mit 50 zu 50? Wo ist da der Herr Bundesminister, der endlich fordert, dass es auch wieder gleich viele Männer geben muss, die in Zukunft Veterinärmedizin studieren dürfen wie Frauen, und vieles mehr? (Abg. Mag. Kuntzl: Wie schaut es bei den Bewerbungen aus?)


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Das macht niemand, und das macht mir Sorge, wenn man immer alles einseitig durch seine parteipolitische Brille sieht. Hier ist ein wirklich fauler Kompromiss, der am Ende ja auch ersichtlich ist, geschlossen worden, sonst hätten Sie ja keine Außerkrafttre­tungs­bestimmungen! Wie viele Gesetze, Frau Kollegin Kuntzl (Abg. Mag. Kuntzl: Das ist ein Pilotprojekt!), haben Sie in diesem Haus schon mitbeschlossen oder bei wie vielen waren Sie dagegen, wo Sie lesen konnten: Wir lassen etwas in Kraft treten, und in einem Jahr tritt es, wenn wir es nicht wieder novellieren, automatisch außer Kraft!? Wie oft kommt das vor? Warum müssen die Universitäten diesen Probegalopp machen? Warum sind das Probierstuben? Warum müssen Sie diese zu Tode adminis­trieren?

Sie gehen von irgendwelchen Zahlen von Studierenden aus, bedarfsorientiert und vieles andere mehr. Wer misst denn den Bedarf? – Betreuungsverhältnisse werden herangezogen. Wenn ich dann an den Herrn Bundesminister die Anfrage richte, wie es mit Nebenbeschäftigungen von Lehrpersonal auf Österreichs Universitäten aussieht, dann kann er mir keine Antwort geben! Wir wissen, dass in Teilbereichen von Studien das Lehrpersonal 50 Prozent Nebentätigkeiten in der Dienstzeit genehmigt bekommen hat und es auch ausübt, sehr viel im klinischen Bereich an den medizinischen Uni­versitäten. Wenn Sie dort das Betreuungsverhältnis verbessern wollen, dann brauchen Sie nur diese Nebentätigkeiten zu streichen, und Sie haben ein zu hundert Prozent besseres Betreuungsverhältnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber das kann man ja nicht! Da geht man lieber an die Schraube und dreht bei den Studierenden: Wenn wir zu wenige Vollzeitäquivalente haben, brauchen wir eben weniger Studierende – damit die alle ihren Nebenbeschäftigungen nachkommen können! Der Herr Bundesminister hat kein Wissen darüber, wie die Nebenbeschäfti­gungs­situation des Lehrpersonals auf Österreichs Universitäten aussieht, macht aber Betreuungsverhältnisse fest. Und dann diskutiert er nur mit dem Regierungs- und Koalitionspartner, diskutiert jedoch mit den anderen Stakeholdern, mit den anderen Fraktionen in dem Hohen Haus keine Minute!

Anfang Dezember wird der Ministerialentwurf in Begutachtung geschickt. Am 21. Dezember, kurz vor Weihnachten, kommen die Ergebnisse, läuft die Frist ab. Anfang Jänner, nach den Ferien, kommt der Beschluss in den Ministerrat. Dann wird es dem Hohen Haus zugeleitet, und einen Monat später beschließen wir es hier, nachdem wir drei Monate vorher schon eine UG-2002-Novelle von Ihnen vorgelegt bekommen haben – aber nicht das!

Da frage ich Sie: Warum müssen die Universitäten dieses Los erleiden? Und warum gibt es einen Minister, der das aus Prinzip will, weil er in seiner Amtszeit einen Paradigmenwechsel herbeiführen möchte, zumindest zeitlich befristet? – Das ist ihm schon genug, das findet er ausreichend.

Ich sage Ihnen, die Universitäten können nicht planen, die Studierenden können nicht planen. Es geht auf Kosten der Studierenden, es geht auf die Chancengleichheit aller Studierenden, und das ist nicht fair! Dieses Gesetz gehört daher weiterverhandelt, und deswegen haben wir auch einen Rückverweisungsantrag gestellt. (Beifall bei der FPÖ.)

18.53

18.53.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Zunächst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen abzustimmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 198

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, den Gesetzentwurf in 2142 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, noch einmal an den Wissenschaftsausschuss zu verweisen, um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2142 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satz­antrag eingebracht.

Wir stimmen zunächst über den erwähnten Zusatzantrag, danach über den Gesetz­entwurf in der Fassung der Regierungsvorlage ab.

Die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Z 2a eingebracht.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die diesem Antrag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage ab.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr erfolgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung einer transparenten europäischen Forschungsförderung“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.55.103. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2189/A(E) der Abge­ordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Qualitätsdatenbank für Pflichtpraktika (2181 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2205/A(E) der Abgeord­neten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung von Qualitätsstandards für Pflichtpraktika in Studienplänen (2182 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


18.56.25

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Abgeordneten-Kollegin Schatz, ich habe eine ganz persönliche Nachricht für


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 199

Sie: Ich durfte über Ihre beiden Entschließungsanträge, einerseits mit der Qualitäts­datenbank- und andererseits mit der Qualitätsstandard-Bestimmung, unlängst bei einer Zusammenkunft von Studenten und Mittelschülern referieren. Ich muss sagen: Einer der Herrschaften ist dann aufgestanden und hat gesagt: Ah, Frau Mag. Schatz, ja, wie geht’s ihr denn? – Ich habe mir erlaubt, zu sagen, dass Sie Mutter werden. Ich soll Ihnen persönlich alles Gute ausrichten, und wir freuen uns sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Zusammenhang, Frau Mag. Schatz, möchte ich sagen, freut sich die FPÖ ganz besonders immer wieder darüber, wenn sie sieht, dass Menschen, die die Ideologie, das Mutterbild und das Frauenbild der FPÖ kritisieren, dann irgendwann einmal draufkommen, dass es vielleicht doch eine Facette des Frau-Seins ist, Mutter zu werden. Darauf sind wir alle sehr stolz. (Beifall bei der FPÖ.)

Sollte der Herr Präsident meinen, man darf über den Gesundheitszustand einer Kollegin nicht sprechen, so möchte ich, bitte, sagen: Schwangerschaft ist keine Krankheit! Und sollten wir darüber Auskunft brauchen, so würde ich sagen: Fragen wir doch den Herrn Minister diplômé Stöger.

In diesem Zusammenhang, Herr Minister Töchterle, darf ich Sie fragen: Was bedeutet denn eigentlich dieses „diplômé“? – Unsere Fraktion wäre wirklich sehr daran inter­essiert, Aufklärung zu bekommen. Bis dato haben wir nur andeutungsweise Erklärun­gen darüber erhalten. Wir möchten doch sehr gerne wissen, wozu Herr Minister Stöger da besonders ausgezeichnet worden ist beziehungsweise welche besonderen Eigenschaften er dazu mitbringen musste.

Zu den beiden Entschließungsanträgen, Frau Mag. Schatz, haben Sie eigentlich ein recht feuriges Plädoyer im Ausschuss gehalten. Nur konnten Sie dort leider das Feuer der Begeisterung in der SPÖ und in der ÖVP nicht entzünden, damit wurden Ihre Anträge leider abgelehnt. Sie haben schon recht, wir haben einerseits zugestimmt und andererseits auch abgelehnt, weil – und das kann ich ganz leicht begründen – es doch sehr viel positives und richtiges Gedankengut in diesen Anträgen gibt.

Diese Pflichtpraktika und die ganze Materie rund um diese Pflichtpraktika müssen einfach einer rechtlichen Regelung unterzogen werden. Es kann nicht angehen, dass die Studenten – sie sind doch eigentlich die geistige Elite Österreichs – in Pflicht­praktika nahezu wie, sagen wir einmal, die Sklaven des 21. Jahrhunderts gehalten werden. Es gibt dazu von der EU Mitteilungen. Wir sind zwar nicht Eurokraten, und wir sind absolut gegen die Euro-Diktatur, aber in diesem Fall könnten wir uns beinahe damit anfreunden, um entsprechende Standards, sowohl sozialrechtlich wie auch arbeitsrechtlich, einzuführen.

Es ist mir sehr oft untergekommen, dass bei Studenten, die Auslandspraktika im Rahmen des ERASMUS-Studiums gemacht haben, relativ wenig Probleme aufgezeigt werden konnten. Ich denke, man muss das Rad nicht immer neu erfinden, vielleicht sollten wir da Anleitung nehmen und Anlehnung finden und entsprechende rechtliche Bestimmungen auch mit einführen beziehungsweise uns überlegen.

Erasmus von Rotterdam und Wissenschaftsausschuss, das passt sehr gut zusammen, und daher möchte ich als Abschluss meiner Ausführungen in diesem Zusammenhang eine Frage an Sie, Herr Minister, stellen: Wie viele Male schaut der Wille durchs Fenster, ehe die Tat durchs Tor geht?

Das ist unser Auftrag an Sie, Herr Minister: nämlich hier entsprechende Regelungen einzuführen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 200

19.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


19.00.56

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Aus der Studierenden-Sozialerhebung 2011 geht hervor, dass 23 Prozent der Studierenden im Rahmen ihres Studiums mindestens ein Pflichtpraktikum absol­vieren. Und man höre und staune, fast ein Viertel dieser Praktika werden im Ausland absolviert – genau dort, wo es eigentlich keine Probleme gibt.

Ich glaube, dass es viele Praktika gibt, bei denen es tatsächlich keine Probleme gibt. Es ist nicht richtig, so zu tun, als ob jedes Praktikum schlecht sei und die Unternehmen sehr schlecht seien und die Studenten ausnützen würden. Das möchte ich schon in Abrede stellen.

Ein Praktikum ist ein guter Weg für die Studierenden, einen Einblick in ein zukünftiges Berufsfeld zu gewinnen und diverse praktische Erfahrungen zu machen. Andererseits hat es auch für die Unternehmen den Vorteil, gute, motivierte PraktikantInnen kennen­zulernen, um sie dann später eventuell als MitarbeiterInnen einzustellen.

Leider, ja – wir haben schon davon gesprochen –, es gibt schwarze Schafe. Es gibt Unternehmen, die Praktikanten als billige Mitarbeiter ausnutzen, als billige Mitarbeiter ansehen.

Darüber hinaus ist aber auch bekannt, dass es zu wenig Praktikumsstellen gibt. Hätten wir genug Praktikumsstellen, dann wäre das Thema „schwarze Schafe“ wahrscheinlich nicht so ein Problem, denn dann würde sich das von selber regeln.

Es gilt also, Unternehmen zu gewinnen, die qualitätsvolle Praktikumsplätze anbieten. Ob das mit diesen beiden Anträgen der Grünen mit zusätzlichen Regulierungen und schwammigen arbeitsrechtlichen Formulierungen gelingt, wage ich zu bezweifeln. Es könnte genau das Gegenteil auch eintreten, nämlich dass sich viel weniger Unter­nehmen bereit erklären, Praktikanten einzusetzen.

Deshalb lehnen wir diese beiden Anträge ab. Das heißt aber nicht, dass nicht weiter daran gearbeitet werden muss, die Situation der Praktikantinnen und Praktikanten zu verbessern, dass zusätzliche Unternehmen gefunden werden müssen, dass Unterneh­men dazu motiviert werden müssen, mehr Praktikumsplätze zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


19.03.36

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich bin ja froh, dass es durch die Ablehnung der beiden Anträge wieder einmal die Gelegenheit gibt, das Thema an sich im gesamten Plenum zu diskutieren und die Probleme zu erörtern, die es in diesem Zusammenhang gibt.

Worum geht es? – Ich möchte das sozusagen auch für all jene machen, die nicht schon im Wissenschaftsausschuss der Debatte beiwohnten. Prinzipiell muss man beim Thema „Praktikum“ zwischen zwei Problemkreisen unterscheiden.

Da gibt es auf der einen Seite die sogenannten AbsolventInnen-Praktika – AbsolventIn­nen mit großem „I“. Dabei geht es um die Tatsache, dass hoch qualifizierte dann schon AkademikerInnen es nicht schaffen, auf einem regulären Weg in den Arbeitsmarkt einzusteigen und sich eben von einem – meistens schlecht oder gar nicht bezahlten – Praktikum zum nächsten hanteln. Das ist also der Problemkreis AbsolventInnen-Praktika.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 201

Um den geht es bei diesen Anträgen nicht, sondern hier geht es um einen anderen Bereich, nämlich um die Pflichtpraktika, die im Laufe einer Ausbildung absolviert werden müssen.

Da ist es so, dass in den letzten Jahren die Anzahl der Pflichtpraktika massiv zuge­nommen hat, und zwar deshalb, weil in immer mehr Lehr- und Studienplänen eben solche Pflichtpraktika vorgesehen sind. Es wurden immer mehr und mehr und all das wurde immer komplexer.

Auf der anderen Seite haben wir aber eine rechtliche Situation, die völlig antiquiert ist und genau diesen Anforderungen nicht mehr entspricht. Ich möchte noch einmal ein Beispiel bringen, das ich schon im Ausschuss erklärt habe, wo das ganz deutlich wird: Wir haben auf der einen Seite in den Studienplänen zum Beispiel eine ganz bestimmte Stundenanzahl vorgeschrieben – zum Beispiel 300 Stunden Praktikum –, auf der ande­ren Seite sagen aber die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Begriff „Praktika“, dass keine konkrete Arbeitszeit vorgeschrieben werden darf.

Das heißt, da gibt es eine Diskrepanz zwischen den arbeitsrechtlichen Rahmenbedin­gungen und dem, was die Studienpläne wollen. Da wird deutlich: Wir haben einfach Handlungsbedarf. Wir haben auch den gesetzgeberischen Handlungsbedarf, für moderne Rahmenbedingungen zu sorgen, unter denen faire Praktika stattfinden kön­nen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist bedauerlich, dass die Regierungsparteien, obwohl wir uns in der Problem­definition langsam näherkommen, in dieser Frage nicht auch handeln. Aber wir Grüne bleiben dran, und darum gibt es wieder diese zwei Anträge, die diesmal im Wissen­schafts­ausschuss waren.

Worum ging es da inhaltlich? – Eben um die Forderung nach einem klaren Gesetz – der Titel ist egal, aber wir nennen es das PraktikantInnen-Ausbildungsgesetz –, das klar definiert, was ein Praktikum ist. Damit könnte man verhindern, dass Praktikanten ausgenützt werden, aber auch die mir so wichtige Qualitätssicherung bei der Absolvierung von Praktika sicherstellen.

Was hat das mit dem Wissenschaftsausschuss zu tun? – Bisher ist es leider so, dass sich speziell die Universitäten nicht sehr um die Praktika ihrer Studierenden kümmern. Das heißt, sie schreiben zwar vor, dass diese absolviert werden müssen, unterstützen die Betroffenen dann aber kaum beim Finden eines geeigneten Praktikumsplatzes und kümmern sich auch nicht darum, welche Qualität das Praktikum hat, das da absolviert wird.

Ich bin der Meinung, das muss sich ändern. Es sollten definitiv Standards von Praktika bereits in den Studienplänen fixiert werden. Das heißt, die Universität sollte vorgeben, welcher Qualität ein Praktikum entsprechen muss, damit es akzeptiert wird.

Der nächste Punkt ist – das wurde ohnehin schon von den VorrednerInnen teilweise genannt –, es braucht Beratungsstellen an den Universitäten, wo zum einen über die rechtlichen Rahmenbedingungen, Rechte/Pflichten im Zusammenhang mit Praktika informiert wird, aber auch eben Unterstützung geboten wird beim Finden von geeig­neten Praktikumsstellen.

Das Dritte ist eine Datenbank, in der alle Pflichtpraktikumsstellen nach und nach registriert werden sollen, damit klar ist, was dort tatsächlich gelernt werden kann. Durch die Datenbank soll aber auch die Möglichkeit bestehen, dass Studierende, eben AbsolventInnen von Praktika, diese bewerten können: War das jetzt hilfreich für mein Studium? Wurde ich ausgenutzt? – Oder was auch immer. So eine Datenbank macht sicher Sinn und ist vor allem flächendeckend, im Unterschied zu den nur punktuell vergebenen Gütesiegel-Ansätzen, die wir ja auch schon haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 202

Meine Damen und Herren! Sie haben es heute teilweise schon gehört: Es ist eben so, dass wir uns bei der Problemdefinition annähern, bei dem, was wir erreichen wollen; vor allem bei den Wegen, den Maßnahmen, sind wir noch nicht so weit.

Der Herr Minister hat gemeint, er möchte sich auch mit diesem Thema etwas näher auseinandersetzen. Ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit vielleicht einmal Gelegenheit haben, bei einem Termin das wirklich umfassend zu erläutern, weil ich den Eindruck habe, dass Sie an einer konstruktiven Arbeit interessiert sind, die ich gerne auch anbieten möchte.

Insofern: Gut, diese Anträge wurden von Ihnen jetzt einmal abgelehnt – zumindest von den Regierungsparteien –, aber ich denke, in der Sache, im Anliegen sind wir trotzdem einen Schritt weitergekommen. Und mit den nächsten Anträgen sage ich dann: Auf in die nächste Runde! (Beifall bei den Grünen.)

19.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


19.09.28

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass immer mehr SchülerInnen und StudentInnen Praktika absolvieren, sei es verpflichtende Praktika oder freiwillige Praktika. Vor allem in den berufsbildenden Schulen, an den Fachhochschulen, den Pädagogischen Hochschulen stehen sogenannte Pflichtpraktika im Vordergrund. In den letzten Jahren haben diese aber auch an den Universitäten zahlenmäßig zuge­nom­men. Ich meine, diese Praktika werden einfach zu wenig evaluiert.

Im Sinne der Qualität der Ausbildung und der Nachhaltigkeit müssten sowohl an berufsbildenden Schulen als auch an Fachhochschulen und Universitäten mehr ver­bind­liche Pflichtpraktika angeboten und durchgeführt werden. Das vor allem möglichst rasch nach Beginn eines Studiums, denn dadurch haben die Studierenden die Möglichkeit, nach der Studieneingangsphase in einem Praktikum schneller zu erken­nen, ob die gewählte Studienrichtung für sie passend ist und haben unter Um­ständen noch eine gute Möglichkeit, rascher in eine andere Studienrichtung umzu­steigen und zu wechseln. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

In den letzten Jahren, Kolleginnen und Kollegen, kam es auch häufig zu sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Das sind Beschäftigungen, in denen Prakti­kanten zum Teil als Ersatzarbeitskräfte gesehen werden, mit geringer oder teilweise überhaupt keiner Bezahlung. Auch muss man sagen, dass sie zum Großteil nicht sozialversichert sind und oft erst im Nachhinein diesen Missstand bemerken. Diesen Entwicklungen gilt es jedenfalls Einhalt zu gebieten.

Der Österreichischen Hochschülerschaft ist diese Problematik ebenfalls bekannt. Erhebungen der ÖH ergaben, dass 43 Prozent der an den Universitäten Studierenden bereits mindestens ein Praktikum absolviert haben, davon 15 Prozent ein ent­sprechendes Pflichtpraktikum, und von diesen 15 Prozent 60 Prozent der Pflichtprak­tika unbezahlt gewesen sind. – Das, denke ich, ist auch etwas, was korrigiert gehört.

Das Sozialreferat der ÖH und die Arbeiterkammer haben das Gütesiegel Praktikum entwickelt. Es geht zukünftig darum, wie wir zu einer Verbesserung der Situation beitragen können. Ich denke, dass das Gütesiegel Praktikum der ÖH und die beiden Entschließungsanträge der grünen Fraktion ein Schritt in die richtige Richtung sind (Zwischenruf der Abg. Mag. Schatz), bei Weitem aber zu kurz gegriffen sind.

Ich meine daher, dass wir aus diesem Grund gegenwärtig nicht den Entschließungs­anträgen zustimmen. Wir, der Gesetzgeber, müssen uns mit den dafür zuständigen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 203

Ministerien, den Sozialpartnern, den Schülervertretern, den StudentInnenvertretern an einen Tisch setzen, um verpflichtende Qualitätskriterien für Praktika zu erstellen.

Ich möchte auch noch einige Gedanken zu einem Lösungsansatz preisgeben. Ich denke, dass es verstärkt Pflichtpraktika geben muss – verbindlich in den Studienplänen der Fachhochschulen, der Universitäten –, des Weiteren auch klar definierte inhaltliche Ziele für Praktika, aber auch klar definierte Arbeitszeitvorgaben.

Ich denke, es sollte zukünftig kein Praktikum mehr geben, das nicht bezahlt wird. Es sollte auch darüber nachgedacht werden, dass die Praktikanten sozial abgesichert sind, bis hin – und das möchte ich dezidiert verbalisieren –, dass die Zeit des Prak­tikums auch für Pensionszeiten angerechnet werden soll.

Des Weiteren soll es verpflichtende Evaluierungen und für Betriebe, die Praktikums­plätze anbieten, finanzielle Anreize geben.

Kolleginnen und Kollegen! Das Praktikum ist ein wesentlicher, integrierender Bestand­teil nicht nur der schulischen Ausbildung, sondern auch der Ausbildung im tertiären Bereich. Ich sehe unter anderem auch das Praktikum als einen wichtigen Schritt in Richtung Absicherung des Wirtschafts- und Forschungsstandortes Österreich. Wir wissen, dass die elitäre Ausbildung vor allem in den berufsbildenden Schulen und im tertiären Bildungsbereich vonstattengeht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter List. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.13.47

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Öffentliche Qualitätsdatenbank für Pflichtpraktika und Verankerung von Qualitätsstan­dards für Pflichtpraktika in Studienplänen: Das sind interessante Themenbereiche, die wir sehr differenziert bewerten müssen. Inhaltlich sind sie international aber zumindest im EU-Kontext zu beurteilen.

Wir streben eine EU-weite Regelung zur Qualitätssicherung von Praktikumsplätzen an. Diese Regelung ist sinnvoll, denn immer mehr junge Menschen entscheiden sich für das Sammeln von Erfahrungen im Ausland. Die Intentionen dieser beiden Anträge können zweifelsohne Beiträge für die internationale Stärkung des österreichischen Hochschulraumes sein; gleichzeitig können damit höchste Qualitätskriterien erreicht werden: Das sind doch alles Ziele, die Sie, Herr Bundesminister Töchterle, im schwarzen Hochschulplan festgeschrieben haben.

Unverständlich ist deshalb, dass die Diskussion so mager ausfällt und eine mögliche Qualitätssteigerung von beiden Parteien blockiert wird. Die Debatte bestätigt wieder, so wie vorher beim Universitätsgesetz, SPÖ und ÖVP sind auch im Wissenschafts­bereich, und hier im Konkreten bei diesen beiden Anträgen, echte Arbeitsverwei­gerer. Schwarz und Rot sind in der Wissenschaftspolitik längst gescheitert. (Abg. Mag. Gaßner: Jetzt hör auf!)

Die logische Konsequenz, Herr Bundesminister, und das wissen Sie von Rot und Schwarz, ist natürlich die Pleite im Ranking der Universitäten. Die einzige Universität im Vorderfeld, die Uni Wien, büßte kürzlich gleich 23 Plätze ein. Das sind sehr, sehr schlechte Noten für Sie, Herr Bundesminister Töchterle, denn Sie sind für diesen Absturz hauptverantwortlich. Sie sind im Amt frustriert und lassen sich von der SPÖ am Gängelband vorführen. So ist es, das wissen Sie, geschätzte Damen und Herren. (Abg. Mag. Gaßner: Ach so?) – Keine Einwände, das ist nämlich wirklich so!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 204

Herr Bundesminister, unsere Aufforderung: Krempeln Sie die Ärmel hoch und bringen Sie Österreichs Hochschulen wieder ins Spitzenfeld! Dafür bleiben Ihnen wenige Monate.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Sie rasch die 40 schubladisierten Anträge der Opposition behandeln. 40 Anträge mit interessanten Vorschlägen werden laufend und immer wieder mit fadenscheinigen Argumenten verschleppt. Darunter sind unsere Antworten – die BZÖ-Antworten – auf die Krise der Universitäten: die BZÖ-Anträge betreffend Studiengebühren oder unsere Forderung bezüglich des Universitätsstan­dorts Österreich – alles Beispiele, die zeigen, dass diese Bundesregierung ihre Arbeit für Österreich längst eingestellt hat. Die Bundesregierung ist im Wissenschaftsbereich kläglich gescheitert!

Sie, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz, rüsten sich nur mehr für die Nationalratswahl 2013. Im September wird Ihnen der Souverän, der Wähler, die Suppe kräftig versalzen! (Beifall beim BZÖ.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Markowitz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.16.54

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Schatz, wir werden diesem Antrag zustimmen. Es ist sowieso schon Zeit, dass diesbezüglich etwas passiert. Denn man darf eines nicht vergessen: Ein Pflichtpraktikum, wie es seinerzeit eingeführt wurde, hat ja etwas Gutes. Das heißt, die Studenten werden verpflichtet, an der Arbeitswelt teilzuhaben, um dann später die Möglichkeit zu haben, in diesem Betrieb, in dem sie das Praktikum absolviert haben, einen Job zu bekommen. Das ist natürlich nicht immer der Fall, da gebe ich Ihnen völlig recht, aber der Grundgedanke ist ja seinerzeit in diese Richtung gegangen, und das kann man eigentlich unterstützen.

Was ist in der Folge passiert? – Ich sage jetzt nicht, dass es eine Ausbeutung von jungen Menschen war. Wenn ein Pflichtpraktikum im Schul- oder im Lehrplan steht, dann muss eben der Student oder die Studentin das Praktikum erfüllen, das ist ganz klar. Die Firmen haben das dann quasi so gehandhabt, dass nichts bezahlt wurde und teilweise die Stundenregelung auch nicht klar geregelt worden ist.

Deswegen unterstützen wir das. Wir sagen, okay, wenn gute Arbeit geleistet wird von jungen Menschen, die topmotiviert in einen Job gehen wollen, dann soll es auch so sein, dass das dementsprechend bezahlt wird.

Nun wird das bei einem Praktikum nicht das große Geld sein, das wissen wir. Von meinem Vorredner haben wir gehört, es soll der Pension angerechnet werden. Das stelle ich mir ziemlich schwierig vor, wenn ich jetzt zwei, drei Monate ein Praktikum mache, dass ich das irgendwie der Pension anrechne. Aber prinzipiell geht es in die richtige Richtung. Die Ausbildungsvoraussetzungen gehören klar geregelt, auch die Stunden gehören geregelt. Wenn es Überstunden gibt, dann gehören diese extra bezahlt, zusätzlich zu einem Fix-Lohn – das sollte eine Pauschale sein; so würde ich mir das vorstellen.

Ich denke, wir sind alle gut beraten, eine saubere Lösung zu finden, damit dieser fahle Beigeschmack eines Praktikums, dass quasi die jungen Menschen ausgebeutet werden, in Zukunft einfach nicht mehr vorkommt. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

19.18

19.18.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 205

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3 – Antrag des Wissen­schaftsausschusses, seinen Bericht 2181 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4 – Antrag des Wissen­schafts­ausschusses, seinen Bericht 2182 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

19.20.015. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2010 und 2011 (III-371/2153 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes über Reihe Bund 2012/13 (III-372/2154 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. 2 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.20.48

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Der siebente Einkommensbericht eignet sich hervorragend als Nachschlagewerk, ist informativ, lesefreundlich und auch ein wertvoller Bericht zur Analyse der Einkommensquellen.

Dieser Bericht hat aber leider wieder einmal aufgezeigt, dass Frauen weniger Einkom­men zur Verfügung haben als Männer. Wenn man die Jahre 1998 und 2011 miteinan­der vergleicht, so ist es für mich schon äußert bedenklich, aber auch schockierend, dass das mittlere Bruttojahreseinkommen im Vergleich zu den Männern im Jahr 1998 60 Prozent betrug und dieser Wert auch im Jahr 2011 unverändert blieb.

Wenn man das jährliche Medianeinkommen der Frauen und Männer des Jahres 2011 vergleicht, ergibt sich ein Unterschied von 12 141 € brutto. Ein Großteil der Einkom­mens­differenz lässt sich natürlich durch das unterschiedliche Beschäftigungsausmaß erklären. Sehr viele Frauen arbeiten in Teilzeit. Sie arbeiten aber auch in schlecht bezahlten Berufen und verdienen dadurch wesentlich weniger. Wenn man aber nur Vollzeitbeschäftigte miteinander vergleicht, so ergibt sich trotzdem noch ein Unterschied von 19 Prozent. Das heißt, Frauen erhalten nur 81 Prozent der Männer­ein­kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 206

Die Einkommen der Pensionistinnen zeigen ein ähnliches Bild. Frauen erreichten eine wesentlich niedrigere Jahrespension als Männer, und gerade hier zeigt sich wieder einmal die sogenannte Teilzeitfalle.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die im Rechnungshofbericht enthaltenen Zahlen mit Sicherheit sehr ernüchternd sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.22.59

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes 2012 zeigt uns auf 360 Seiten, dass sich die Aufgaben des Rech­nungshofes und die Anforderungen an den Rechnungshof zusätzlich zu den ursprüng­lichen Aufgaben laufend verändern und anpassen. Erstmals sind auch das Medien­transparenz­gesetz, das Parteiengesetz und zusätzlich auch noch die Prüfungen der Gemeinden über 10 000 Einwohner im Rechnungshofbericht vertreten.

Im allgemeinen Teil gibt es in fünf großen Blöcken neben der Allgemeinprüfung betreffend Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Einsatzes öffent­licher Mittel den Bundesrechnungsabschluss, welcher uns Auskunft über Schulden­stand und Haftungen des Bundes gibt.

Ein wichtiger Teil dieses Berichtes ist auch das Begutachtungsverfahren. 2012 wurden dem Rechnungshof 225 Gesetzes-und Verordnungsentwürfe zugeleitet. Dabei hat der Rechnungshof kritisch festgestellt, dass lediglich in 56 Prozent der Fälle eine Kalkulation und eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen auf das Budget gemacht wurde. Explizit nicht entsprochen haben die Entwürfe zum Abgabenrechts­änderungsgesetz und zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz. Der Rechnungshof hat klar und kritisch festgestellt, dass es dazu auch Prüfungen hätte geben sollen. In Zeiten, in denen öffentliche Mittel knapp werden und wir aufgefordert sind, zu sparen, sollten eigentlich alle Gesetze und Verordnungen einer Plausibilitätsprüfung des Rechnungshofes unterzogen werden.

Ich habe schon eingangs die zusätzlichen Aufgaben erwähnt. Da ist einerseits seit 1. Jänner 2012 das Medientransparenzgesetz, bei dem es um eine Erhöhung der Transparenz von Medienkooperationen geht, andererseits haben wir das Parteien­gesetz, bei dem es darum geht, dass Spenden von über 50 000 € auf der Homepage des Rechnungshofes veröffentlicht werden.

Ich habe mir heute eine aktuelle Liste zurechtgelegt. Es hat von November bis zum heutigen Tag acht Meldungen gegeben. Spenden in der Höhe von 8,079 Millionen € wurden auf der Homepage veröffentlicht. Für eine politische Gruppierung werden 7,59 Millionen € als Spenden ausgewiesen. Man sieht also, dass sich sehr wohl einiges verändert. Der Rechnungshof ist, glaube ich, als unabhängige Prüfstelle der Partner, dem wir vertrauen.

Ein weiterer Schwerpunkt, von dem ich durchaus sehr positiv überrascht bin, ist, dass es gelingt, auch die Gemeinden ab 10 000 Einwohner zu prüfen und dass auch einige Länder ihre Gesetzeslage angeglichen haben. Einer meiner Kollegen wird noch weiter über die Gemeindeprüfungen berichten.

Es gibt insgesamt sehr viele Sonderberichte: zum Bundesrechnungsabschluss, dem Einkommensbericht, dem Bankenpaket, und gerade kürzlich haben wir auch die Sanie­rung des Parlamentsgebäudes diskutiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 207

Die Bilanz des Rechnungshofes zeigt, dass es 1 288 Empfehlungen gegeben hat. Es hat 1 259 Antworten gegeben. Knapp 50 Prozent, genauer 47,8 Prozent der Empfeh­lungen wurden pünktlich umgesetzt. Knapp 30 Prozent, genauer 29,8 Prozent sind in Umsetzung, und 22,4 Prozent der Empfehlungen sind nicht umgesetzt, sind derzeit offen. Insgesamt hat der Rechnungshof auch erwähnt, dass gerade in einigen Be­reichen die Umsetzungen nach wie vor ausständig sind – wir haben ja diese Verwaltungs- und Strukturreform gerade im Gesundheitsbereich, dem Bildungsbereich und bei den Landeslehrern.

Der Tätigkeitsbericht zeigt uns, dass in Österreich die Finanzkontrolle insgesamt funktioniert, dass man aber einiges verbessern und optimieren kann. Aber wichtig ist, dass dieser Bericht uns dazu anhält, die Beratung und Kontrolle im Staat weiter auszubauen und zu verbessern, um den Einsatz öffentlicher Mittel mit Ordnung zu gewährleisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hackl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.27.26

Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes bietet eine gute Gelegen­heit, dem Rechnungshofpräsidenten und natürlich seinem Team für die hervorragende Zusammenarbeit und die hervorragende Qualität zu danken. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Einleitend ein paar allgemeine Feststellungen: Ich sehe es so, dass beim Rechnungs­hof die Schere zwischen Ressourcen und Aufgaben kräftig auseinandergeht. Einige Beispiele: Seit dem Jahr 2013 muss der Rechnungshof die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung selbst bezahlen. Das ergibt eine Mehrbelastung von 7,6 Millio­nen €. Es ist schon angesprochen worden, dass durch das Medientransparenzgesetz, das Parteiengesetz und andere neue Aufgaben immens viel Zusatzarbeit auf den Rechnungshof zukommt.

Herr Präsident Dr. Moser, ich habe Sie in einem der Ausschüsse gefragt, wie das gehen kann. Aus meiner Sicht, habe ich damals behauptet, gibt es nur zwei Wege: entweder man senkt die Qualität oder man schränkt den Prüfumfang ein. – Sie haben ganz klar gesagt: An der Qualität wird nicht gerüttelt. Das heißt, wenn sich am Res­sourcenanteil nichts ändert, wird es wahrscheinlich Einschnitte im Prüfumfang geben.

Ich habe da ein kleines Beispiel: Allein für das Medientransparenzgesetz wurden vom Rechnungshof bis jetzt 736 Personentage aufgewendet. Das entspricht dem Aufwand von zwölf Follow-up-Prüfungen. Wenn ich dieses Gedankenspiel weiterspinne, dann fallen nächstes Mal zwölf Follow-up-Prüfungen weg. Das kann nicht im Sinne des Parlamentes sein.

Wir schätzen die Arbeit des Rechnungshofes. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist diese Arbeit umso wichtiger, also liegt es an uns Parlamentariern, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, dass mit den Mehraufgaben des Rechnungshofes natürlich auch die Ressourcen sichergestellt werden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Mein Vorredner hat schon die Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen angeschnitten. Er hat nur eine Zahl genannt. Wenn man sich die Zeitreihe anschaut, ist eigentlich ein Trend festzustellen. Im Jahre 2009 waren 64 Prozent in Ordnung. 2010 war ein Ausreißer nach oben mit 68 Prozent. Im Jahre 2011 waren es nur mehr 59 Prozent und 2012 nur mehr 56 Prozent. – Wenn man das jetzt für die nächsten zwei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 208

bis drei Jahre weiterspinnt, dann stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Gesetze.

Nachfrageverfahren zum Abschluss; wir haben auch davon bereits gehört. Was mich persönlich unheimlich stört, ist, dass von 1 288 Empfehlungen zumindest 1 259 in irgendeiner Art beantwortet wurden – durchgeführt oder wird durchgeführt oder geht nicht oder was auch immer –, nur 29 Geprüfte finden es nicht einmal der Mühe wert, dem Rechnungshof irgendeine Antwort zu geben. In diesem Zusammenhang wären vielleicht ein paar Zähne in der Rechnungshofgesetzgebung sinnvoll. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.31.47

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Es sind eigentlich zwei Tagesordnungs­punkte unter einem, der Einkommensbericht und der Tätigkeitsbericht des Rechnungs­hofes. Beim Zweiteren werden wir nicht umhinkommen, noch einmal über die Zustände in etlichen Bundesländern, namentlich auch in Niederösterreich, zu reden. Ich habe mir jetzt noch einmal angeschaut, was den ganzen Tag über geschehen ist und wo Sie die Berichterstattung hinspinnen wollen – Wahlkampfgetöse oder so. Ich sage Ihnen nur einmal vorab: Hören Sie auf damit!

Es ist zwar Wahlkampf in Niederösterreich, das ist richtig. Es ist nicht einmal sicher, dass sich die Absolute in diesem Fürstentum verhindern lässt. Auch das kann man nicht genau wissen. Aber eines ist trotzdem richtig: Wenn die Abgeordneten des Nationalrates endlich noch mehr tun, was die Kontrolle einzelner Länder betrifft, dann ist das gut und richtig, selbst wenn eine Wahl in Niederösterreich ist. Wir werden es dann gleich wieder angehen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir lassen uns diese Zurechtweisungen nicht gefallen. Je mehr Sie das versuchen, desto mehr werden wir gerade in diesem Bundesland Nachschau halten, was alles eigentlich noch aufzuklären ist, denn es wird in Wirklichkeit immer unfassbarer.

Jetzt aber zum anderen Bericht, zum Einkommensbericht, sie haben miteinander ja nichts zu tun: Kollege Öllinger wird auch noch dazu sprechen. Ich möchte nur einmal festhalten, dass es alle zwei Jahre, wenn diese Teile des Einkommensberichts kom­men, im Rechnungshofausschuss immer beklemmender wird. Wir sind nicht der zuständige Sozialausschuss oder der Wirtschafts- und der Finanzausschuss, aber die Daten sprechen eine dramatische Sprache. Es geht klar hervor, dass beim Kaufkraft­gegenwert – in Reallöhnen, wenn Sie so wollen – das untere Zehntel nicht mehr nur stagniert, so wie es vor zehn, zwanzig Jahren war, sondern dramatisch zurückfällt. Bei den Unselbständigen kann man das im Speziellen beobachten. Wenn wir die letzten zehn, fünfzehn Jahre anschauen – so lange können wir es schon bald zurückver­folgen –, dann können wir feststellen, die haben einen realen Verlust, und zwar in zig Prozent, nicht irgendwie ein bisschen.

Jetzt sind wir schon so weit, dass das untere Drittel im Prinzip stagniert. Das geht immer weiter hinauf. Es spielt sich auch im Einkommensbereich das ab, wovor schon lange gewarnt wurde. Wenn es im Einkommenssegment so etwas wie eine mittlere Schicht gäbe, dann würde sie wegbrechen. Das ist das, was andere als Mittelstands­verlust bezeichnen. Man kann nachverfolgen, wie sich das aufbaut.

Es ist, glaube ich, wichtig, dass wir uns etwas vor Augen führen: Es werden Loblieder auf die europäische Wirtschaftsintegration gesungen, und wir tun das auch zum Teil,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 209

weil es grundsätzlich richtig ist, auch bei der Ostöffnung et cetera, aber eines ist schon auch der Fall: Dieser ganze Mehrwert, der volkswirtschaftlich entsteht, verteilt sich völlig ungleich. Deshalb dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Leute narrisch wer­den. Uns werden die Trümmer um die Ohren fliegen, wenn wir nicht stärker gegen­steuern. Das ist einfach so. Da müssen wir gar nicht nach Griechenland fahren, denn wir werden das auch bald haben, wenn wir nicht aufmerksamer gegensteuern. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage nur mehr einen Satz, denn das gehört dann sowieso auch in andere Aus­schüsse. Einen Gerechtigkeitsausschuss gibt es nicht, aber immerhin einen Sozial- und einen Finanzausschuss. Es muss zumindest, wenn sich am Primärmarkt die Löhne so entwickeln, in der Steuerpolitik etwas gemacht werden. Das ist doch der Auftrag! Da können wir nicht länger zuschauen. Umso ärgerlicher ist es – um den heutigen Tag wieder Revue passieren zu lassen –, wenn die Frau Finanzministerin anlässlich einer Steuerdebatte wieder erklärt, dass es sowieso so ist, dass so viele keine Steuern zahlen und dieses und jenes. Da meint sie nur die Einkommensteuer. Das betrifft jene, die schon so wenig verdienen, dass sie gar keine Lohnsteuer mehr zahlen.

Das österreichische Steuersystem ist insgesamt nicht umverteilend. Es ist einfach, wie es im Jargon heißt, proportional. Es ist auf keinen Fall progressiv, regressiv. Es ist einfach nur proportional. Das heißt aber, da geschieht gar nichts. Die wirkliche Um­verteilung in diesem Land geschieht über die Transfers, aber auch daran knabbern Sie. Da muss man also in Zukunft genau hinschauen. Das kann leichter durch die Daten, die der Rechnungshof zusammenträgt und uns liefert, geschehen. Dafür vielen Dank. Ich wollte das auch einmal gesagt haben, weil dieser Aspekt der Arbeit bei uns und auch bei Ihnen regelmäßig zu kurz kommt.

Jetzt bin ich bei der Arbeit des Rechnungshofes. Ich möchte mich dem Vorredner anschließen. Ich weiß, dass die freiheitliche Fraktion in diesem Bereich ähnlich wie wir unterwegs ist. Abgeordnete Moser und ich haben heute einen Selbstständigen Antrag eingebracht, der darauf abzielt, dass die Ressourcen des Rechnungshofes mittlerweile gegen zwei Bedrohungserscheinungen abgesichert werden müssen. Das Eine ist die neue Verrechnungsmethode, die Dienstgeberbeiträge weiter zu verrechnen. Das führt aber dazu, dass wir, wenn alle Reserven aufgebraucht sind, ab dem Jahr 2015, 2016 de facto mit einem spürbaren Stellenrückbau zu rechnen haben, den Sie, wenn Sie verantwortungsvoller Präsident sind, jetzt schon einleiten müssen. Das geschieht auch.

Ich sage das jetzt schon, und die Debatte kommt dann rechtzeitig, da wir im März, April wieder über den Finanzrahmen verhandeln werden. Voriges Jahr haben wir schon gesagt, dass es diesmal soweit ist, dass wir die Ressourcen des Rechnungshofes absichern müssen. Ich finde, es ist eine Sauerei, wie das das letzte Jahr gelaufen ist. Da ist die Exekutive gekommen und hat das dem Haus vorgelegt. Sie sind natürlich wieder einmal hinterher gestolpert.

Jetzt ist es soweit, dass in Wirklichkeit die Ministerien, vor allem die Finanzministerin, die eigentlich vom Rechnungshof geprüft werden soll, diktiert, wie viele Ressourcen er noch haben darf. So wird es auf die Dauer nicht gehen. Da werden wir dagegen halten. Ich halte das einfach für eine Sauerei, auch mit diesem blöden Ding: Sparen müssen alle, und der Rechnungshof auch! Wissen Sie was? – Jeder Beamte, der halbwegs gut ausgebildet und auch entsprechend unabhängig gestellt ist, ist ein Riesengewinn für den Staat. In der Großbetriebsprüfung, im Finanzamt, beim Rechnungshof und bei anderen Betrugsbekämpfungen sind die Leute am besten eingesetzt. Das bringt immer noch einen Rückfluss für den Staat, und da sollte man hinschauen. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 210

Als Letztes die angesprochenen Verfehlungen in den Bundesländern: Wir haben im Tätigkeitsbericht eine ganze Reihe von Anhaltspunkten, und wir müssen eigentlich danach trachten, dass wir da einmal anständig zusammenräumen. Gestern und heute war diesbezüglich leider ein Tiefpunkt, weil – das sage ich Ihnen – das Spekulations­verbot vorläufig gar nicht kommt. Wenn es gekommen wäre, wäre es ein schlechtes gewesen. Vielleicht besteht gerade noch die Chance, dass es ein besseres wird.

Schauen wir uns das insgesamt an: Spekulationen in den Ländern, die Haushalts­führung ist insgesamt völlig intransparent, völlig unvergleichbar. Nichts wird besser, überall wollen Sie noch zurück hineinregieren. Neulich geht die Verhandlung so weit, dass die Bundesländer jetzt mitreden wollen, wie der Bund seinen Haushalt führt, damit wir das Niveau insgesamt noch verschlechtern. Sie sind nicht vergleichbar. Alles das ist ein Thema. Wir wissen nicht einmal, wie hoch die Haftungen der Länder sind. Die ausgegliederten Träger – da wissen wir von den Spekulationen überhaupt nichts. Nicht einmal von den Schulden wissen wir alles. Das sind die Zustände, die derzeit herrschen.

In Wirklichkeit weiß die Finanzministerin gar nicht, welche Berichte sie in die Euro­päische Union schickt. Ich glaube, da sind wir eines der letzten Länder in Europa, sie weisen jetzt immer öfter darauf hin. Der Finanzstatus der Republik ist nämlich nicht eruierbar. Das ist der wahre Zustand! (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Fekter sagt es ja selbst. Sie verzweifelt an dem völlig falsch verstanden Föderalismus (Ruf bei der ÖVP: Schätzen Sie die Frau Finanzministerin nicht falsch ein!), denn Sie weiß mittlerweile, dass dieser ganze aufgesetzte Folklorewahnsinn ein paar Milliarden kostet. Das ist Ineffizienz. Das sollten Sie von der ÖVP sich ins Stammbuch schreiben lassen. Das werden wir verstärkt angehen, auch was die Kompetenzen des Rechnungshofes betrifft.

Es kann nicht sein, dass der Rechnungshof, was diese Dinge betrifft, entweder immer angeschwindelt wird oder die Daten nicht kriegt. Es ist jedenfalls eine mühsame Arbeit. Aber wir werden jetzt über eine Anfragenserie in allen Landtagen da mithelfen, damit wir wenigstens einmal ein bisschen ein Bild bekommen.

Nun abschließend, warum das so wichtig ist: Es ist nicht nur Niederösterreich, es ist ja auch nicht nur Salzburg, es ist zum Beispiel auch die Steiermark. Wir haben dort mit dem Projekt begonnen. Was kommt heraus? Ja natürlich laufen dort Fremdwährungs­kredite. Ja vielleicht gar nicht so ein Malheur, wenn man die gehedget hätte oder sonst etwas. Das ist aber nicht passiert. Und wissen Sie, was dem Fass den Boden ausschlägt? – Die Antworten von der Landesregierung! Und die gehen auch damit noch in die Zeitung, als Kritik an mich oder an meine KollegInnen im Landtag – wo wir den Verlust, der bisher aufgelaufen ist, festgestellt haben –: Regt euch nicht auf, das alles ist ein Gewinn!

Die steirische Finanzlandesrätin hat behauptet, mit einem Fremdwährungskredit plus/ minus 170 Millionen € – es ist natürlich die Frage, welches Jahr man heranzieht – machen wir 60 bis 80 Millionen Gewinn – je nachdem, welche Zeitung man aufmacht. – So ein Blödsinn!

Das ist der Zustand in dieser Republik! Jetzt ist die Steiermark angeblich ein Reform­land – damit wir einmal wissen, wovon wir reden. Also, Niederösterreich, das Problem weitet sich aus, umso mehr ein Grund, dass wir da dahinter sind. Es geht wirklich darum, dass wir diese Republik sauberer gestalten. (Beifall bei den Grünen.)

19.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 211

19.41.33

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute bei diesem Tagesord­nungspunkt zwei Berichte: den Einkommensbericht und den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes. Ich möchte mich auch namens meiner Fraktion beim Rechnungshof­prä­sidenten und bei seinen Mitarbeitern für diese beiden Berichte und für die hervorragende Arbeit bedanken. (Beifall beim BZÖ.)

Ich darf auf beide Berichte kurz eingehen – zunächst auf den Einkommensbericht. Meine Vorredner und Vorrednerinnen haben zum Teil schon Bezug darauf genommen. Es geht aus diesem Bericht wieder klar hervor, dass Frauen nach wie vor weniger verdienen. Selbst wenn es teilzeitbereinigt ist, bleiben immer noch 19 Prozent über. Faktum ist: Frauen verdienen weniger als Männer! Und dagegen muss etwas getan werden.

Frau Kollegin Gessl-Ranftl von der SPÖ hat das auch angesprochen, hat es festge­stellt, hat es auch kritisiert. Aber ich darf Sie schon ersuchen, liebe Frau Abgeordnete, dass Sie auch tätig werden, denn Sie stellen ja schon seit einiger Zeit die Frauenminis­terin. Und es ist, meines Erachtens, in diesem Bereich nicht viel weitergegangen. Es ist wenig auf den Weg gebracht worden, damit Frauen wirklich besser verdienen, damit die schlecht bezahlten Berufe, in denen Frauen arbeiten, die Dienstleistungsberufe, aufgewertet werden, damit es überall Kollektivverträge gibt. Es gibt keinen gesetzlichen Mindestlohn, den wir schon seit langer Zeit fordern. Es fehlen Rahmenbedingungen, was die Kinderbetreuung betrifft. Und was Frauen wirklich helfen würde, besser zu verdienen, wäre die Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld.

Diese Punkte haben wir schon oft gefordert, haben wir schon oft auch hier vorgebracht. Ich möchte sie an dieser Stelle noch einmal vorbringen, weil ja oft, vor allem auch von den Abgeordneten der Regierungsparteien, die Kritik vorgebracht wird, dass von der Opposition keine Vorschläge kommen. Hier sind Vorschläge, die ich Ihnen genannt habe, und ich darf Sie auch bitten, mit uns gemeinsam hier endlich an die Umsetzung zu gehen.

Seit 1998 gibt es diesen Bericht, er wird alle zwei Jahre gelegt, das ist jetzt der siebente Bericht, und im Grunde ist nicht wirklich viel Veränderung oder Verbesserung zu sehen. Marginal hat sich die Kluft zwischen Männern und Frauen, was die Einkommensschere betrifft, verringert, aber es sind immer noch 19 Prozent.

Besorgniserregend ist meines Erachtens auch die Schere zwischen Arm und Reich. Aus diesem Bericht geht auch hervor, dass die Managergehälter doppelt so hoch gestiegen sind wie die Gehälter der normalen Beschäftigten. Das ist auch ein Punkt, der angesprochen werden muss und der angegangen werden muss, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Wie gesagt, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. Hier muss es auch zu einer Entlastung der Bürger kommen, denn die Bürgerinnen und Bürger kommen heutzutage mit ihrem Einkommen nicht mehr aus. Es wird alles ständig teurer, die Steuer- und Abgabenlast erdrückt sie. Hier möchte ich auch unser Fair-Tax-Modell noch einmal anführen, das wirklich geringere Einkommen entlasten und zu einer finanziellen Besserstellung von jenen, die wenig verdienen, führen würde – nicht wie die heute beschlossene Änderung im Bereich der Pendlerpauschale, von der Klein-Verdiener, Bezieher mittlerer Einkommen wieder nicht wirklich profitieren können, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Kurz möchte ich auch noch auf den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes eingehen. Meine Vorredner haben diesen zum Teil schon angesprochen. Wir haben im Aus­schuss schon ausgiebig darüber diskutiert. Fest steht: Der Rechnungshof bekommt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 212

immer mehr Aufgaben und macht hervorragende Arbeit, was ja von allen Fraktionen hier bestätigt und immer wieder gesagt wird, nur, wenn es dann ans Eingemachte geht, ist das Ganze nicht mehr so rosig, dann hört man vor allem vonseiten der Abgeord­neten von den Regierungsparteien nicht mehr so schöne Worte.

Ich darf noch einmal daran erinnern, dass der Rechnungshof 30 Mitarbeiter einsparen muss, 30 Planstellen einsparen muss, dass ihm bis 2016 3 Millionen € fehlen, weil er ab 2013 die Dienstgeberbeiträge – es wurde schon erwähnt – selbst bezahlen muss. Da fehlt Geld für Kontrolle, für Prüfung. Der Rechnungshof bringt viel mehr Geld ein, als die drei Millionen ausmachen würden, weil er das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler prüft, und dieses Geld ist nicht vorhanden.

Der Rechnungshofpräsident hat im Ausschuss auch klar und deutlich gesagt, dass der Rechnungshof künftighin aufgrund der Fülle von Aufgaben – Medientransparenz­gesetz, Parteiengesetz, wie heute schon erwähnt wurde, oder Gemeinde-Monitoring – die Prüfungen nicht mehr in dem Ausmaß machen kann, wie er es bisher gemacht hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das sollte uns schon zu denken geben!

Der Rechnungshofpräsident hat es nicht nur einmal gesagt, sondern er hat es schon mindestens zwanzig Mal gesagt, geändert hat sich bisher jedoch nichts. In den Ausschüssen hat es auch Zusagen von Rot und Schwarz gegeben, von der Frau Schittenhelm, von der Frau Lapp, dass man für den Rechnungshof budgetär noch etwas machen wird, dass es im Budgetbereich zu Nachbesserungen kommen wird, passiert ist meines Wissens bis dato aber noch nichts. (Abg. Mag. Lapp: Ab 2015, Frau Kollegin!) Auch im letzten Rechnungshofausschuss ist nicht darüber diskutiert worden respektive ist das nicht angesprochen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte die Aufgabe des Rechnungshofes für sehr wichtig. Er muss auch mit ausreichenden Budgetmitteln ausgestattet sein, vor allem auch, wenn wir zukünftig das Spekulationsverbot doch irgendwann einmal be­schließen sollten – wenn die Wahl in Niederösterreich vorbei ist, schaut es ja vielleicht seitens der ÖVP gar nicht so schlecht aus. – Für diese Aufgaben, die dann weiter auf den Rechnungshof zukommen, um die Spekulationsgeschäfte in anderen Bundes­ländern zu vermeiden, braucht er auch die nötigen finanziellen Mittel, und die sollten wir ihm dementsprechend zukommen lassen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Tadler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.47.20

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von der ÖVP ist niemand mehr da, hopp, alle in Niederösterreich beim Wahlkampf. (Abg. Hörl: Hallo, hallo!) Macht ja nichts.

Ich muss meinem Vorredner, dem Kollegen Kogler, in vielen Dingen recht geben. Er spricht uns ein bisschen aus der Seele, bei den Dingen, die er da angeschnitten hat, vor allem auch über die bei uns in Salzburg. Aber er hat auch erwähnt, dass der Rech­nungshof in Österreich ein unabhängiges Organ des Nationalrates ist; das hat er am Vormittag erzählt. Dem Rechnungshof obliegt die Überprüfung der Gebarung, also der finanziell wirksamen Tätigkeit des Bundes respektive der Länder sowie der größeren Gemeinden (Zwischenruf des Abg. Hörl), Herr Bürgermeister a. D.!

Die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofes kann aber massiv behindert werden, so wie das ein bisschen bei uns in Salzburg passiert ist, da falsche Angaben und Aussagen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 213

nicht unter Strafe gestellt sind, meine Damen und Herren! Anders in Gerichtsverfahren und in Untersuchungsausschüssen, wo eine falsche Aussage unter Strafe steht.

Im Sinne der Transparenz und Wahrheit sollte dieser Umstand abgestellt werden, Herr Präsident des Rechnungshofes, vor allem im Hinblick auf die Dinge, die bei uns in Salzburg passiert sind und noch immer passieren und hoffentlich aufgedeckt werden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tadler, Kollegin und Kollegen betreffend „Falschaussagen gegen­über dem Rechnungshof“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend durch eine Gesetzesinitiative dafür zu sorgen, dass falsche Zeugenaussagen ebenso wie die Unterdrückung und Fäl­schung von Beweismitteln gegenüber dem Rechnungshof künftig unter Strafe gestellt werden.

*****

Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tadler, Kaufmann-Bruckberger und Kollegen betreffend „Falsch­aussagen gegenüber dem Rechnungshof

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2010 und 2011(III-371/2153 d.B.)

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser hat besonders in Hinblick auf die Spe­kulations­affäre im Land Salzburg darauf hingewiesen, dass falsche Zeugenaussagen im Zuge von Prüfungen durch den Rechnungshof anders als vor Gericht oder einem U-Ausschuss nicht unter Strafe stehen. Gleiches gilt auch für die Unterdrückung und Fälschung von Beweismitteln.

Dadurch wird die Prüfungstätigkeit des RH nicht nur massiv erschwert, sondern weitgehend sogar verunmöglicht. Im Sinne der Transparenz und eines unbedingt zu schaffenden Unrechtsbewusstseins ist diese Gesetzeslücke schleunigst zu schließen. 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 214

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend durch eine Gesetzesinitiative dafür zu sorgen, dass falsche Zeugenaussagen ebenso wie die Unterdrückung und Fäl­schung von Beweismitteln gegenüber dem Rechnungshof künftig unter Strafe gestellt werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.49.24

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungs­hofes! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wurden jetzt schon verschiedene Analysen aus dem Einkommensbericht angesprochen. Ich möchte meine Betrachtung auf die unterschiedlichen Einkommensentwicklungen in den Bundeslän­dern richten, darauf wird auch im Bericht eingegangen.

Es ist nämlich nicht egal, ob Beschäftigte in Niederösterreich oder in Wien wohnen und arbeiten, oder in Kärnten, in Vorarlberg oder in Tirol. Laut dieser Analyse war Nieder­öster­reich bei der Betrachtung aller Beschäftigten – da sind die Teilzeitbeschäftigten und die Vollarbeitskräfte inkludiert – mit 27 236 € das Bundesland mit dem höchsten mittleren Bruttojahreseinkommen. Die niedrigsten Einkommen in diesem Bereich haben die Bundesländer Tirol und Salzburg. Das dürfte daran liegen, dass es in diesen Bundesländern wesentlich mehr Teilzeitbeschäftigte gibt. Betrachtet man nämlich nur die Ganzjahresvollbeschäftigten, dann sieht man, dass Vorarlberg an der Spitze liegt. Dort gibt es den höchsten Stand mit 37 881 €.

Es wurde bereits über die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern gesprochen. In dieser Analyse wird auch eindeutig dargelegt, dass der relativ kleinste Einkommensunterscheid zwischen Männern und Frauen in der Bundeshauptstadt Wien besteht. Auch soziale Stellungen werden analysiert. Da zeigt sich zum Beispiel, dass der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Niederösterreich nur 34 Prozent beträgt. Das heißt, Arbeiter sind dort relativ gering vertreten.

Sehr geschätzter Herr Präsident Dr. Moser, in diesem Bericht wird auch auf die Ein­kommenssituation in der Landwirtschaft eingegangen. Leider findet sich keine gemein­same Analyse aller Bundesländer. Wir wissen aber aus anderen Untersuchungen, dass es gerade bei der Landwirtschaft ein sehr starkes Ost-West-Gefälle gibt und dass zum Beispiel Einkommen im Burgenland und in Niederösterreich um das Doppelte höher sind als wie in den einkommensschwächsten Bundesländern Tirol und Salzburg. Vielleicht ist es möglich, hinkünftig auch diesen Bereich zu betrachten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es muss unser gemeinsames Ziel sein, in Bezug auf die im Bericht aufgezeigten unterschiedlichen Einkommensentwicklungen, vor allem was Männer- und Fraueneinkommen, aber auch was atypische Beschäfti­gungsverhältnisse betrifft, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die vorhandene Ungleichheit entschärft beziehungsweise abgebaut werden kann. Und da bin ich mit dem Abgeordneten Kogler einer Meinung: Wir brauchen da Gegensteuerungs­maß­nahmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 215

19.52.28

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Ein­kom­mensbericht ist immer wieder eine gute Grundlage, um sich mit den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt – weil er diesen auch sehr gut darstellt – und der Einkom­mensentwicklung auseinanderzusetzen. Ich glaube, dieser Bericht verdient es immer wieder, dass man ihn sich auch entsprechend ansieht und vor allem differenziert bewertet und diskutiert.

Leider werden viele Daten manchmal ein bisschen missbräuchlich verwendet und manche Fakten auch ein bisschen verzerrt, ein bisschen negativ dargestellt, vor allem was die Einkommensentwicklung generell und auch was den Unterschied zwischen den Einkommen von Männern und Frauen betrifft.

Ich möchte aus meiner Sicht drei Dinge festhalten, die der Bericht ganz klar darstellt. Wir wissen das zwar auch aus anderen Statistiken, aber es ist ganz klar auch hier dokumentiert: Es gab noch nie so viele Beschäftigte in Österreich wie zu der Zeit, wo das geprüft wurde, nämlich über 4 Millionen – 4 004 000 Beschäftigte. Und ich glaube, das ist sehr, sehr erfreulich.

Zu den Fraueneinkommen kann man feststellen, dass sie anziehen. Wir sind aber noch nicht dort, wohin wir wollen, nämlich bei der Gleichstellung: dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gewährleistet ist. Ich glaube, daran muss man noch weiterarbeiten. Unser Ziel muss es sein, da Gleichstellung herzustellen. Im öffentlichen Dienst ist dies schon der Fall.

Ein dritter Punkt, den ich anführen möchte, nachdem ich selber im öffentlichen Dienst beschäftigt bin, ist: Die Bruttojahreseinkommen der öffentlich Bediensteten sind – das wird oft falsch dargestellt – nicht generell höher, weil dort mehr verdient wird, sondern das hängt damit zusammen, dass weniger Junge in die Beamtenschaft hineinkommen, dass dort eher höherstufige Akademiker, Beamte in höheren Verwendungsgruppen beschäftigt sind und der Teilzeitanteil im öffentlichen Dienst bei den Beamten niedrig ist. Daher kommen höhere Bruttojahreseinkommen heraus. Würde man das um die Vertragsbediensteten bereinigen, gäbe es da keine höheren Einkommen.

Ich will die Fraueneinkommen generell von einer anderen Seite her beleuchten: Es gibt einen wesentlichen Grund, der unterschiedliche Einkommen mit sich bringt, nämlich die Tatsache, dass Frauen überwiegend in der Teilzeitbeschäftigung tätig sind. 28 Prozent sind generell teilzeitbeschäftigt (Abg. Mag. Wurm: Warum?), davon sind 86 Prozent Frauen. Warum, Frau Kollegin Wurm? – Das werde ich Ihnen sagen: Weil die Frauen und die Familien genau das wollen, nämlich dass die Mütter oder auch die Väter Teilzeit arbeiten können – überwiegend sind es die Frauen –, weil das ganz eindeutig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellt. Das ist der Grund, warum Frauen überwiegend an Teilzeitarbeitsplätzen tätig sind!

Wenn man sich die Statistik anschaut, dann sieht man ganz klar, dass sie sich – und das sind wieder die Frauen – ganz unterschiedliche Beschäftigungsausmaße zurecht­legen, von einigen wenigen Stunden (Abg. Mag. Wurm: Warum?) bis hin zu 35 Stun­den. Warum? – Weil sie sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie so einrichten, dass sie die Familienarbeit leisten können, sich die Kinderbetreuung nach ihren Vorstellungen organisieren können und daneben am Erwerbsleben teilnehmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Familien wollen Teilzeitarbeit, sie wollen diese Form der Beschäftigung, und daher gilt es, das abzusichern. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass man – und das ist vor allem die Meinung der SPÖ und der Grünen – immer nur die Vollzeitarbeit als vollwertige Arbeit sieht. Die Familien, die Mütter wollen ganz stark die Teilzeitarbeit, sie


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wollen die Kinderbetreuung in überwiegendem Maße selbst erbringen und sie nicht an den Staat delegieren. Deswegen ist es auch in diesem Zusammenhang sehr erfreulich, dass wir heute mit der Pendlerförderung – auch dank ihrer Mitwirkung! – eine Verbes­serung für Teilzeitarbeitskräfte geschafft haben. Ein wichtiger und richtiger Schritt, dem weitere folgen müssen! (Beifall bei der ÖVP.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.56.06

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofprä­sident! Ja, dieser Einkommensbericht, der uns hier heute vorliegt, zeigt eindeutig auf, dass die Bundesregierung, gerade was Einkommen von Frauen betrifft, sehr säumig ist und keine tatsächlichen Verbesserungen der Rahmenbedingungen gemacht hat.

Es ist nicht unbedingt neu, dass der Unterschied zwischen den Einkommen von Frauen und Männern zu einem sehr großen Teil aus dem Umstand resultiert, dass Frauen sich verstärkt in Bereichen engagieren und tätig sind, die niedrig bezahlt sind. Was mir beim Lesen des Berichtes aufgefallen ist, ist der Umstand, dass das höchste Einkommen in der Energiewirtschaft erzielt wurde, und da sind gerade 19 Prozent Frauen beschäftigt. Das heißt, das ist der zweitniedrigste Frauenanteil. Es gibt nur den Bau, wo noch weniger Frauen beschäftigt sind. Aber gerade da, wo viel verdient wer­den kann, sind proportional wenige Frauen beschäftigt.

Insgesamt lässt sich außerdem beobachten, dass ein Auseinanderentwickeln der Einkommen besonders dort erschreckend hoch ist, wo die Einkommen niedrig sind. Und wenn in den letzten 15 Jahren die Einkommen um mehr als 10 Prozent sanken, dann ist das auch ein Indiz dafür, dass die Inflation ein sehr starkes Instrument ist und ganz besonders die Frauen trifft.

Aber ich möchte noch einmal kurz darauf eingehen, was der Kollege Hammer gesagt hat – jetzt ist er nicht mehr da! (Die Rednerin blickt suchend in die Sitzreihen der ÖVP.) – Da sind Sie! – Selbstverständlich, die Teilzeitfrauen wollen Teilzeit arbeiten gehen. Aber ich konnte mich erinnern, dass wir vor zwei Jahren schon einmal hier den Einkommensbericht diskutiert haben. Deshalb habe ich mir angeschaut, was Ihr Kollege August Wöginger damals dazu gesagt hat. Er meinte:

„Ich glaube, da sind wir sind alle gemeinsam gefordert, was Unterschiede bei Männern und Frauen anbelangt. – Wir haben bei den Karenzzeiten keine Anrechnung bei den Biennien. Eine Frau bleibt für die Kindererziehungszeiten eine gewisse Zeit zu Hause, nimmt also Karenzzeit – der Mann, der mit ihr gleichzeitig angestellt wurde, läuft im Gehaltsschema weiter.“

Ich war, als ich das recherchiert habe, etwas erstaunt, denn dies sind unsere For­derungen, die wir schon vor längerer Zeit gestellt haben, die Sie hier im Haus be­schließen könnten, die aber nicht umgesetzt worden sind. Das gilt auch für das Thema Vordienstzeiten.

Damit wir die Unterschiede zwischen Frauen- und Männergehältern nicht aufrecht­erhalten, brauchen wir unbedingt ein starkes Instrument, und Frauen brauchen auch die Sicherheit, dass sie, nachdem sie eine Zeit lang bei den Kindern zu Hause geblieben sind, auch wieder voll in den Beruf einsteigen können.

Was mich noch interessieren würde, Herr Rechnungshofpräsident: Ich weiß, Ihre Ressourcen sind etwas beschränkt worden, wie wir es heute schon gehört haben, daher ist es leider schwierig, neue Ideen einzubringen. Aber mich würde auch der Ansatz des Familieneinkommens in Österreich interessieren, denn ich glaube, auch die


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Unterhaltspflichten von Männern und der Unterhalt der Kinder gehören da mitein­bezogen. Mich würde sehr interessieren, wie sich eigentlich das Familieneinkommen in Österreich staffelt. Das wäre einmal ein interessanter Ansatz. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.00.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Die Einstellung des Rednerpults auf die richtige Höhe klappt nicht so recht.) – Es funk­tioniert nicht richtig, aber okay.

Herr Präsident Moser, ich bin sehr froh darüber, dass im Bericht des Rechnungshofes alljährlich die Sätze drinnen stehen, dass der Bericht nach § 8 Abs. 1 bis 3 leider fehlt, weil es hiezu oberstgerichtliche Entscheidungen gibt, die es verhindern, dass der Rechnungshof das, was der Gesetzgeber ihm eigentlich aufgetragen hat, nämlich Transparenz bei den Einkommen aus öffentlichen Bezügen zu schaffen, macht. Ich bin ein bisserl verblüfft, dass es darüber überhaupt keine Debatte gibt, dass wir es nicht geschafft haben, eine saubere Regelung hinzubekommen, die das gewährleistet. Unab­hängig von den möglichen Motiven bei den Höchstgerichten, über die ich nicht spekulieren will, denke ich schon, dass es notwendig wäre, die Transparenz bei den öffentlichen Bezügen herzustellen, so wie es im Bezügebegrenzungsgesetz eigentlich auch vorgeschrieben ist. Der Rechnungshof darf es nicht wegen der höchst­gericht­lichen Urteile. Offensichtlich gibt es Erleichterung darüber, dass der Rechnungshof das ohnehin nicht darf. Es spielt keine Rolle. Ich finde das schade. – Das ist das eine.

Das eigentliche Thema hat Kollege Werner Kogler schon angesprochen. Es ist die Dramatik, die absolute Dramatik der Einkommensentwicklung, die es zwischen 1998 und 2011 gegeben hat. Das ist der Zeitraum, den der Rechnungshof dokumentiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr unzufrieden damit, wie wir das dis­ku­tieren, wie wir damit umgehen. Es ist schon gut, wenn im Rechnungshofaus­schuss darüber diskutiert wird, aber klarerweise müsste eigentlich – Herr Kollege Kickl wird mir in diesem Fall zustimmen – nicht nur der Sozialausschuss, sondern es müsste auch der Gleichbehandlungsausschuss, es müsste der Wirtschaftsausschuss, es müsste der Kulturausschuss da ebenfalls mit diskutieren, denn die Resultate, die da im Einkommensbericht beschrieben werden, wirken sich unterschiedlich, aber in der Regel katastrophal auf bestimmte Berufs- und Einkommensgruppen aus. Es ist eine Katastrophe, wenn wir lediglich darüber diskutieren und sagen, dass uns da schon irgendetwas einfallen wird müssen. Eigentlich sagt niemand etwas dazu, was uns einfallen könnte, um diese schiefe Einkommensentwicklung wieder einigermaßen zu korrigieren.

Es gibt ein absolutes Auseinanderklaffen zwischen der Entwicklung der Kapitalein­kom­men, die zunehmen, und der Entwicklung der Einkommen aus unselbständiger Tätig­keit, die insgesamt abnehmen. Und innerhalb des enger werdenden Topfes Einkom­men aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit wird der Anteil derer, die weniger verdienen, in den letzten Jahren immer größer, und der Anteil jener, die mehr verdie­nen, wird relativ gesehen kleiner. (Abg. Kickl: Und das alles bei wachsender Beschäf­tigung!) Wir sprechen über 20 Prozent der unselbständigen Arbeitnehmer, die mehr verdienen. Der Rest verdient gleich viel wie vor elf Jahren oder sogar weniger.

Eigentlich, sehr geehrte Damen und Herren, würden diese Resultate des Rechnungs­hofes einen Aufschrei notwendig machen. Ich bemerke in der Debatte, dass jeder


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Redner, und ich kann mich ja auch nicht völlig davon ausnehmen, dem ausweicht, denn das kann man nicht in fünf Minuten erledigen. Das kann man auch nicht mit dem Hinweis darauf erledigen, dass das Schwarz-Blau gewesen ist oder auch nicht. Es ist nämlich im Prinzip eine relativ unabhängige Entwicklung, ein europäischer, ja inter­nationaler Trend. Wenn wir nicht aufpassen, dann galoppiert uns etwas weg, nämlich die Bevölkerung, die sagt: Ihr, liebe Politiker, habt überhaupt keine Rezepte mehr, wie wir unseren Einkommensstandard einigermaßen sicherstellen könnten. Das ist das eigentliche Problem.

Ich habe mir da lange Tabellen aufgeschrieben, womit ich Ihnen das an unterschied­lichen Einkommensgruppen dokumentieren kann. Es ist eine Katastrophe, wenn man etwa zur Kenntnis nehmen muss, dass im Bereich Kunst und Unterhaltung das durchschnittliche Jahreseinkommen 8 500 € beträgt. Es ist nicht das durchschnittliche, sondern das Medianeinkommen, das heißt, 50 Prozent verdienen weniger und 50 Pro­zent verdienen mehr. Beherbergung, Gastronomie: Jährliches Medianeinkommen 9 464 €. 50 Prozent verdienen weniger als 9 464 €.

Warum diskutieren wir nicht über das, was heute schon angedeutet wurde? – Natürlich eine Entlastung bei den niedrigen Einkommen, eine Entlastung, die sich nicht nur auf Steuern, sondern auch auf das bezieht, was eigentlich deren Problem ausmacht, näm­lich auf die Abgaben. Ja, auch wir haben Vorschläge. Warum diskutieren wir in dieser Situation nicht, wie wir es schaffen können, zu ausreichenden Mindestlöhnen zu kommen, Mindestlöhnen, von denen man leben kann? (Beifall bei den Grünen.)

Und da nützt es nichts, werte Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie und aus dem gewerkschaftlichen Bereich, auch aus der ÖVP mittlerweile, wenn ihr mir erklärt, der gesetzliche Mindestlohn wäre ein Hineinpfuschen des Gesetzgebers, da halte man sich heraus. Es geht um die Einkommen von Leuten, die von dem, was sie verdienen, nicht mehr leben können! Das ist ein Faktum. Und wenn ich die Zeitungen studiere, dann lese ich immer wieder Meldungen über Leute, die nicht mit irgendeinem Kollektivvertragslohn entlohnt werden, dann ist ganz offen die Rede davon, dass 6 € brutto oder 4 € brutto – auch solche Zahlen gibt es – oder 5 € brutto in Saisonnier-Branchen durchaus üblich sind. Warum diskutieren wir nicht darüber, wie wir sicherstellen können, dass es nicht zu solchen Schandlöhnen kommt?

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre eine Debatte wert, die wir jetzt nicht im Rahmen eines Rechnungshofberichtes über Einkommen allein führen müssten, sondern die wir uns einmal in den verschiedenen Ausschüssen, und zwar ausführlich und nicht nur im üblichen Husch-Pfusch-Verfahren eine halbe Stunde lang und dann haben wir das Kapitel wieder abgehakt, vornehmen müssten.

Ich hoffe, dass es da zu einem Umdenken kommt, denn der Einkommensbericht des Rechnungshofes ist mittlerweile ein Dokument, das in seiner Qualität, auch wenn es unterschiedliche Messmethoden gibt, fast an den Sozialbericht des Sozialministeriums heranreicht. Wir sollten diese Dinge angehen, sonst, fürchte ich, wird es an uns allen – egal, von welcher Partei – hängen bleiben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.07.58

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Präsident des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den heute vor­liegenden Rechnungshofbericht wurde erstmals ein ergänzender Abschnitt zu atypisch


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Beschäftigten aufgenommen. Leider belegt dieser Bericht wieder einmal, dass Frauen in Österreich nach wie vor wesentlich weniger verdienen als Männer. Die Einkom­mensschere zwischen Männern und Frauen hat sich in den vergangenen 14 Jahren kein bisschen verringert. Das durchschnittliche Fraueneinkommen betrug 1998 und auch 2011 nur 60 Prozent des durchschnittlichen Männereinkommens. Das heißt, Frauen verdienen nach wie vor rund 40 Prozent weniger als Männer. Die Ursachen für die Einkommensschere sind nach wie vor eine überproportionale Beschäftigung von Frauen in Niedriglohnbranchen, ein geringer Anteil von Frauen in Führungspositionen, die Teilzeitbeschäftigung, die ein stark weibliches Phänomen ist, sowie der große Frauenanteil bei atypisch Beschäftigten.

Geschätzte Damen und Herren! Auch vollbeschäftigte Frauen verdienen rund ein Viertel weniger als vollzeitbeschäftigte Männer. Am geringsten ist die Einkommens­schere nach wie vor im öffentlichen Dienst. Das mittlere Einkommen der Beamtinnen erreichte 2011 immerhin 94 Prozent des Vergleichswertes der männlichen Kollegen. Bei den Vertragsbediensteten waren es 77 Prozent.

Es liegt an uns, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, den vorliegenden Bericht nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch zu handeln. Gleiche Zugangschancen für Berufe, bessere Bewertung von frauendominierten Berufen, Ausbau hochwertiger und ganztägiger Kinderbetreuungsplätze, eine stärkere Beteiligung der Väter an der Kinder­betreuung und vieles mehr – all das könnten Antworten auf den vorliegenden Bericht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Singer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.10.26

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Bürgermeister darf ich mich mit dem Thema Gemeinden im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes 2012 beschäftigen. Sie wissen ja, seit Jänner 2011 ist der Rechnungshof berechtigt, auch Gemeinden über 10 000 Einwohner zu prüfen. Der Rechnungshof hat 2012 zehn Be­richte vorgelegt. Um der ausgeweiteten Prüfungsmöglichkeit gerecht zu werden, ent­wickelte der Rechnungshof ein Gemeindemonitoring. Dieses Instrument dient dem Rechnungshof einerseits zur risikoorientierten Auswahl von Prüfungsthemen und andererseits dient es auch der Beratung von Gemeinden, das heißt, es steht in Abstim­mung mit dem Österreichischen Gemeindebund auch den Gemeinden zur Verfügung.

Für mich als Bürgermeister ist das sehr erfreulich, da damit die Gemeinden auch unmittelbar von der Kompetenz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Rechnungs­hofes profitieren können und der Beratungsansatz auch außerhalb der Prüfungs­tätigkeit wahrgenommen werden kann. Der Rechnungshof hat für alle 2 356 Gemein­den ein Profil erstellt, das Positionen wie Risikopotenzial, Verwaltungsstruktur, finan­zielle Situation, Transferzahlungen und auch Demographie beinhaltet. Gleichzeitig wird auch ein Vergleich der Gemeinden in den jeweiligen Größenklassen erstellt. Damit, sehr geehrte Damen und Herren, kann jedem Bürgermeister ein aussagekräftiges Instru­ment zur Verfügung gestellt werden, das ihn dabei unterstützt, den Hebel zu mehr Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit gezielt anzusetzen.

Rund 100 Gemeinden haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht, und jede Gemeinde ist eingeladen, dieses Instrument entsprechend abzurufen. Es ist vor allem auch ein Überblick über die finanzielle Entwicklung der Jahre 2008 bis 2011 darin enthalten.


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Auf eine Kritik, die der Rechnungshof ausgesprochen hat, darf ich auch noch hin­weisen, nämlich dass über das Gesamtvermögen und die Beteiligungen der Gemein­den keine sämtliche Gemeinden umfassenden, aussagekräftigen Daten zu Verfügung stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich ist eine Weiterentwicklung des Rechnungs­wesens in Richtung Klarheit und Transparenz und auch hin zu einem einheitlichen Rechnungswesen unterstützenswert.

Abschließend noch zwei Punkte: Der eine beschäftigt sich mit dem Wirkungsgrad der Anregungen des Rechnungshofes, und dieser ist bei den Gemeinden trotz eines allgemeinen Rückgangs sehr erfreulich. 79,6 Prozent wurden auf Gemeindeebene umgesetzt.

Ganz zum Schluss noch mein Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rech­nungshofes für ihre Tätigkeit zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.13.50

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Meine Wortmeldung bezieht sich auf den Tätigkeitsbericht, in dem der Rechnungshof den Fokus vor allem auf die öffentliche Finanzkontrolle gelegt und natürlich auch eine Reihe von Unzulänglichkeiten aufzeigt hat. Der Rechnungshof entwickelt auch konkrete Forderungen, wie etwa die Forderung nach einem Rechnungswesen, das die tatsächliche Wirtschaftsleistung, die wirtschaft­liche Lage transparent macht, das Daten zur Haushaltssteuerung liefert sowie zur Koor­dinierung der Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Es braucht Rechnungsabschlüsse, die ohne zusätzliche Informationen vergleichbar sind, es braucht eine Finanzgebarung, die transparent und ehrlich ist.

Es ist erschreckend, dass wir immer wieder erfahren müssen, dass Steuergelder verschwinden. Die Mittel für Korruption zum Beispiel umfassen im Jahr 2012 27 Milliarden €, wie Wirtschaftswissenschafter Schneider uns mitteilt, jene für Steuer­hinterziehung 2 bis 3 Prozent des BIP, also 5, 6, 7 Milliarden €. Und wie viele Milliarden in Österreich tatsächlich verzockt wurden, das wissen wir bis heute nicht. Wir wissen es nur von Niederösterreich. Da geht es um 1,8 Milliarden €. Es ist verantwortungslos, meine Damen und Herren, dass permanent Steuermilliarden verschwinden, während die Menschen sich immer weniger leisten können.

Die aktuelle Diskussion um Salzburg und Niederösterreich beleuchtet ja nur die Spitze des Eisbergs. Diese Zockereien gibt es seit Jahren angefangen von der Bundesfinan­zierungsagentur über die Länder bis hin zu vielen Gemeinden. Kontrolle ist gefordert, und verborgen gebliebene Probleme mit vorenthaltenen Unterlagen zu begründen ist wohl etwas zu einfach.

Es gibt Probleme mit der Kontrolle ganz allgemein, wie erst heute ein Prüfer im Zusam­menhang mit dem aktuellen Lebensmittelskandal festgestellt hat. Sie ist ein schwie­riges Unterfangen – er meinte die Kontrolle –, und es ist notwendig, den Aufzeich­nungen der Produzenten zu vertrauen. Meine Damen und Herren! Das kann keine Kontrolle sein! Wir brauchen Prüfungen, die auch Verborgenes finden.

Niederösterreich ist ein besonderes Problem. Da zeigt der Rechnungshof einen Milliar­denverlust auf. Der Herr Landeshauptmann deutet das sofort in einen Gewinn um. Der Rechnungshof kann irren, ist die süffisante Antwort des Landeshauptmanns, mit der er


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eine anerkannte Institution lächerlich macht. Meine Damen und Herren! Diese Arro­ganz ist durch nichts zu überbieten.

Es geht nicht an, dass permanent Millionen, ja Milliarden € verschwinden und es dann keiner war. Daher ist es dringend notwendig, dass Zockereien mit Steuergeld verboten werden, dass es auch Haftung gibt, ganz persönliche Haftung. Es ist nicht ein Land oder eine Gemeinde, die Geld verzockt, es stehen immer Menschen dahinter, und genau diese Menschen sind auch bis hin zum Existenzminimum für die Schäden haftbar zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir wollen, dass die Glaubwürdigkeit der Politik wieder etwas steigt, dann wird es auch notwendig sein, wieder politische Verantwortung wahrzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.17.40

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Geschätzte Abgeord­nete! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Der Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz, der allgemeine Einkommensbericht aus 2012 wurde im Februar dieses Jahres im Rechnungshofausschuss umfassend behandelt. Der Rechnungshof berichtet alle zwei Jahre dem Nationalrat und dem Bundesrat über das durchschnittliche Einkommen der gesamten Bevölkerung. Dieses Einkommen, wozu natürlich auch Pensionen gehören, wird getrennt nach Branchen, Berufsgruppen und Funktionen erhoben sowie nach Männern und Frauen aufgeschlüsselt. Als Kooperationspartner für den allgemeinen Einkommensbericht fungiert die Statistik Austria.

Im Vergleich zum Vorjahr gab es 2011 einen Anstieg der Zahl der unselbständig Erwerbstätigen um 2,68 Prozent auf genau 4 004 748 Personen. Davon machen Angestellte mit 46 Prozent die größte Gruppe aus, gefolgt von 40 Prozent Arbeitern und Arbeiterinnen. Der Frauenanteil stieg seit 1998 von 44,3 Prozent auf 47,3 Prozent. Das Bruttoeinkommen im Median berechnet und ohne Lehrlinge betrug 24 843 €. Das niedrigste Einkommen in diesem Bereich ist bei Arbeitern und Arbeiterinnen zu finden. Sie erzielen ein Bruttojahreseinkommen von 18 157 €.

Beamte, welche nur 5 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen ausmachen, haben ein Medianeinkommen von 49 274 €. Dieser Umstand ist auf mehrere Faktoren zurück­zuführen. So sind in dieser Angestelltengruppe am häufigsten Akademiker zu finden. Darüber hinaus stehen sie selten in Teilzeitbeschäftigung und sind meist auch deutlich älter als die Angehörigen anderer Beschäftigtengruppen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Frauen verdienen nach wie vor weniger als Männer. Dieser Wert variiert aber stark je nach sozialer Stellung. So verdienen Beamtinnen 94 Prozent des mittleren Männereinkommens, bei ganzjährig beschäftigten Beamtin­nen ist der Wert sogar ein wenig höher als jener bei männlichen Kollegen. Arbeiterin­nen hingegen erhalten nur 43 Prozent des Männereinkommens.

Ein Teil der Einkommensdifferenz ist auf Teilzeitarbeit zurückzuführen, da 86 Prozent der Teilzeitbeschäftigung von Frauen ausgeführt wird. Die Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, ist – geschlechtsunabhängig – von überaus großer Bedeutung; das möchte ich hier ausdrücklich festhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist auch der Wirtschaftsbereich ein starker Faktor, welcher die Volatilität des Bruttojahreseinkommens erklärt. Bei der Energie­ver­sorgung ist das Einkommen am höchsten, bei der Gastronomie und bei der Beher-


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bergung eher gering. Auch hier kann man mit saisonalen Schwankungen und mit Teilzeitarbeit argumentieren. Werden Bereinigungen, also nur die Zählung der Vollzeit­be­schäftigten vorgenommen, holen die Schlusslichter in diesem Zusammenhang auf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Bericht bietet umfassendes Datenmaterial für Analysen, aber auch für zukünftige Gestaltungen. – Ich danke für Ihre geschätzte Auf­merksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

20.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Sacher zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.21.15

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich möchte abschließend die Frage stellen, ob Kontrolle Wirkung zeigt. Ein Blick ins Nachfrageverfahren sagt uns, dass auf Bundesebene rund 77 Prozent der Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt werden, auf Landesebene 75 Prozent, auf Gemeindeebene rund 79 Prozent.

Das war auch alles schon einmal besser. Man kann mit den Empfehlungen des Rech­nungshofes nämlich auf zweierlei Art umgehen, entweder einsichtig oder uneinsichtig. Ein positives Beispiel: die Reaktion des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie bezüglich des Austrian Institute of Technology im niederösterreichi­schen Seibersdorf zum Beispiel.

Das BMVIT musste dort aufräumen, und es hat auch mit dem aufgeräumt, was in der damals blauen Managementära von Gorbach und dessen Managern angerichtet wor­den ist. Was war dort in dieser Ära los, sehr geehrte Damen und Herren? – Betriebs­wirtschaftliches Versagen, unzureichende Kontrollsysteme, jahrelange Verluste, vor allem aber schwere Verfehlungen der Manager. Die Empfehlungen des Rechnungs­hofes wurden von Bundesministerin Bures und ihrem Ministerium umgesetzt, und die schweren Missstände wurden abgeschafft.

Mir fällt jetzt eine andere, nämlich negative Art ein, wie man mit den Empfehlungen umgehen kann. Der niederösterreichische Landesrat Sobotka hat angesichts der schweren Kritik des Rechnungshofes bezüglich der Verdopplung der niederöster­reichischen Schulden gesagt, der Rechnungshof sei ein politisches Instrument.

Sehr geehrte Damen und Herren! Und sein Schirmherr, der Herr Landeshauptmann, hat sich gar zu der Aussage verstiegen: „Manche Herren im Glaspalast am Donau­kanal sind offensichtlich zu wenig qualifiziert ().“ (Abg. Ing. Westenthaler: Unerhört!) Das ist nicht nur uneinsichtig, das ist überheblich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Mag. Kogler und Mayerhofer.)

Daher möchte ich dem Rechnungshof dafür danken, dass er sich auch neuer Aufgaben unterzieht, wie zum Beispiel der Kontrolle des Medientransparenzgesetzes und des Parteienförderungsgesetzes.

Sehr geehrter Herr Präsident! Da wird nach dem niederösterreichischen Landtagswahl­kampf viel Arbeit auf Sie zukommen, denn wenn ich die Plakat- und Inseratenflut in den niederösterreichischen Medien sehe, dann komme ich zur Überzeugung: Das geht sich mit den vereinbarten 7 Millionen € Wahlkampfkosten sicher nicht aus. Wir werden überprüfen, wer das bezahlt und ob das alles auf gesetzlicher Basis erfolgt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich der Herr Präsident des Rech­nungshofes Dr. Moser gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 223

20.24.01

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich mich einleitend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes bedanke, die ein enormes Arbeitspensum auch im Jahr 2012 mit enormer Qualität abgewickelt haben. Ihnen gebührt Dank. Deshalb bin ich gerne bereit, den Dank, den Sie heute gegenüber der Arbeit des Rechnungshofes ausgesprochen haben, an diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch weiterzugeben. (Allgemeiner Beifall.)

Betrachtet man ganz kurz den Tätigkeitsbericht des Jahres 2012, so geht daraus hervor, dass wir allein in diesem Jahr 57 Berichtsbeiträge an den Bund abgeliefert haben, 100 Berichtsbeiträge an die Länder, 10 Berichtsbeiträge an Gemeinden und Gemein­deverbände. Darüber hinaus haben wir auch EU-Begleitprüfungen durchge­führt und haben weitere Berichte erstellt wie den Bundesrechnungsabschluss oder auch den Einkommensbericht, und wir sind mit einer Reihe von weiteren Aufgaben betreut worden, die tatsächlich die Ressourcen des Rechnungshofes enorm in An­spruch nehmen.

Des Rechnungshofes Reputation erkennt man schon allein daran, dass in den letzten zwei Jahren dem Rechnungshof enorm viel an Mehrarbeit und auch Verwaltungsarbeit übertragen worden ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang die Ausweitung der Kompetenz im Gemeindebereich erwähnen, wobei ich mich herzlich dafür bedanken möchte, dass nunmehr auch von den Bürgermeistern diese Kontrolltätigkeit des Rech­nungshofes enorm gut angenommen wird. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass gerade die Gemeinden den höchsten Umsetzungsgrad bei den Empfehlungen haben beziehungsweise auch dabei sind, die Empfehlungen des Rechnungshofes zu beachten.

Die Tätigkeit des Rechnungshofes wurde auch als Gutachter des Stabilitätspaktes, und zwar nicht nur beim Stabilitätspakt 2011, sondern auch beim Stabilitätspakt 2012 aus­ge­dehnt.

Und wir haben mit dem Medientransparenzgesetz neue Aufgaben bekommen. Es ist heute schon angesprochen worden, dass allein dadurch die Ressourcen für 13 Follow-up-Überprüfungen verbraucht werden, die jetzt für eine Verwaltungstätigkeit verwendet werden und für die Prüftätigkeit nicht mehr zur Verfügung stehen.

Wir haben enorme Aufgaben bekommen im Zusammenhang mit dem Parteiengesetz sowie mit dem Bundeshaushaltsgesetz 2013, wonach der Rechnungshof unter ande­rem auch weitere und umfangreichere Prüfungsaufgaben im Zusammenhang mit § 117 des Bundeshaushaltsgesetzes hat.

Wir sind dabei, den Bundesrechnungsabschluss weiterzuentwickeln, gemeinsam mit Ihnen, damit Sie die Möglichkeit haben, Ihre Budgethoheit dementsprechend auszu­üben.

Und wir haben auch neue Verantwortungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der europäischen Kontrollarchitektur.

Das heißt, es gibt sehr viele neue Aufgaben, die auf den Rechnungshof zukommen. Auf der anderen Seite – wenn man sich den letzten Bundesfinanzrahmen für die Jahre 2013 bis 2016 anschaut – wurde der Rechnungshof im Zusammenhang mit die­sen Neuaufgaben nicht ressourcenmäßig ausgestattet, sondern man geht in die Richtung, dass der Rechnungshof vom Jahr 2013 bis zum Jahr 2016 über 9 Millionen € aus dem eigenen Budget zu tragen hat, indem er die Dienstgeberbeiträge aus eigenem zu bewerkstelligen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 224

Dafür wurden budgetmäßig nur 1,7 Millionen € zusätzlich vorgesehen. Das heißt, dass eine Kluft von mehr als 7 Millionen € besteht. Diese Kluft von 7 Millionen € kann der Rechnungshof nicht schließen, auch wenn er in der Vergangenheit enorm ressourcen­schonend vorgegangen ist und sich eine Rücklage angespart hat. Aber diese Rücklage reicht nicht aus, um tatsächlich diese Aufgaben mit jener Qualität, mit dem Umfang zu bewerkstelligen, wie Sie es gewohnt sind.

Es liegt bei Ihnen, da Sie die Kontrollhoheit und die Budgethoheit haben, darüber zu entscheiden und zu sagen, ob es in dieser Zeit zweckmäßig ist, die Kontrolle in ihrer Kernaufgabe, nämlich Prüfen und Beraten, zu beschränken. Es ist meine Aufgabe, Sie darauf hinzuweisen. Ihre Aufgabe ist es dann, dementsprechend auch die Beschlüsse zu fassen.

Es freut mich, dass auch der Einkommensbericht des Rechnungshofes von Ihnen sehr positiv aufgenommen worden ist. Dies auch deshalb, weil wir auch in diesem Bereich versucht haben, uns weiterzuentwickeln und ihn leserfreundlicher zu gestalten. Wir sind in die Richtung gegangen, da dieser Einkommensbericht nicht nur an den Bund geht, sondern auch an den Bundesrat beziehungsweise auch in die Landtage, dass wir auch die Einkommenssituation bei den Ländern verstärkt beleuchtet haben.

Will man weitere Verbesserungen machen, wird man auch dabei überlegen müssen, dass das Ressourcen in Anspruch nimmt und dass dafür auch die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Was wir mit unseren Ressourcen machen können, werden wir auch im Hinblick auf die Debatte im Rechnungshofausschuss beziehungsweise heute im Rahmen der Debatte bewerkstelligen und eben versuchen, ihn noch weiter auszubauen, um Ihnen eine Handlungsanleitung zu geben, eine Möglichkeit zu geben, die nötigen politischen Schlüsse daraus zu ziehen.

Nochmals herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit und dafür, dass im Zusam­menhang mit dem Spekulationsverbot Sie alle – zumindest alle Fraktionen – einbe­kannt haben, dass wir eine Weiterentwicklung des Haushaltsrechtes benötigen, um gesamthaft steuern zu können. Nochmals herzlichen Dank und auf gute Zusammen­arbeit auch in diesem Jahr! (Allgemeiner Beifall.)

20.28

20.28.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin beziehungsweise der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-371 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Tadler, Kollegin und Kollegen betreffend „Falschaussagen gegenüber dem Rech­nungs­hof“.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 225

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Rechnungshof­ausschusses, den vorliegenden Bericht III-372 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

20.29.10 7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2111 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Unternehmens­gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Verbraucherkreditgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zahlungsverzugsgesetz – ZVG) (2178 d.B.)

8. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979 über die Gemeinnützig­keit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG) sowie das Bundesgesetz, mit dem im Zivilrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen werden, geändert werden (2179 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu den Punkten 7 und 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grosz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.31.00

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Ich verleihe meiner Hoffnung Ausdruck, dass wir mit dem Zahlungsverzugsgesetz möglicherweise den ersten Tages­ordnungspunkt auf der heutigen langen Tagesordnung dieser Plenardebatte haben, bei dem die Namen zweier Bundesländer, wo Wahlkämpfe stattfinden, vielleicht nicht vorkommen.

Bei den letzten Tagesordnungspunkten, acht an der Zahl, hat ja bei fast jedem Debat­tenbeitrag in irgendeiner Form ein Länderwahlkampf hier im Nationalrat stattgefunden. Das bestätigt meine Vermutung, dass es sich bei einem Großteil der Abgeordneten dieses Hauses um sogenannte Monchichis ihrer Landeshauptleute handelt. Das habe ich auch letztes Mal festgestellt. Aber das bringt uns hier in der Bundesgesetzgebung nicht weiter und ist auch nicht unser ursächlicher Auftrag.

Man merkt, es gibt kaum Aufregung über meine Aussagen, weil die meisten Abgeord­neten ohnedies schon schlafen – und auch darüber gibt es keine Aufregung. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Höfinger und Hörl.) Also, da kann man noch viel länger reden, offenbar ist um 20.30 Uhr die Aufmerksamkeit ohnedies gesunken.

Hohes Haus! Meine Fraktion wird dem Zahlungsverzugsgesetz nicht zustimmen, und zwar aus einem einfachen Grund. Unsere Kritikpunkte, die wir im Justizausschuss auch vorgebracht haben, konnten in den letzten Tagen nicht entkräftet werden. Bisher war eine Überweisung an dem Tag der Fälligkeit, wenn sie am Tag der Fälligkeit getätigt worden ist, rechtzeitig. Nunmehr, durch dieses Gesetz, ist die Überweisung dann erfüllt, wenn sie am Tag der Fälligkeit am Konto des Empfängers wertgestellt eingetroffen ist, sehr geehrte Damen und Herren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 226

Daher haben wir in Zukunft die sehr schwierige Situation – auch für Schuldner, auch für jene, die Rechnungen überweisen müssen –, dass die normalen Fälligkeitstage nicht mehr mit der Banküberweisung gelten, sondern der jeweilige Überweiser nach dem Motto „schmeck’s!“ selbst berechnen muss, wann er eine Überweisung tätigt. Wenn bisher eine Überweisungsfrist oder eine Zahlungsfälligkeit von 14 Tagen fest­gelegt war, möglicherweise mit einem Abzug von 3 Prozent Skonto, dann wusste der, der überweist, dass er am 14. Tag unter Abzug der 3 Prozent Skonto überweisen kann. Heute, durch dieses Zahlungsverzugsgesetz ist das nicht mehr so, sondern die Überweisung ist nur dann gültig, wenn sie am Empfängerkonto am 14. Tag bereits eingetroffen ist.

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie haben eine Fälligkeit an einem Montag, dem 5. April, dazwischen liegen aber der Samstag und der Sonntag, zwei Ruhetage, das Wochen­ende, zwei Tage, an denen die Banken keine Überweisungen tätigen. Wann wird der Schuldner überweisen? Am Freitag, dem 2. April? Wird es am Donnerstag, dem 1. April – kein Aprilscherz – überhaupt noch rechtzeitig gewesen sein? Wird er bei Überweisung am 1. April seiner Verpflichtung der Zahlung nachkommen, wird er ein Skonto abziehen können?

Im Ausschuss wurde lang darüber diskutiert. Unsere Kritikpunkte konnten nicht entkräftet werden, auch nicht durch die Tatsache, dass die österreichischen Banken innerhalb einer gewissen Frist überweisen müssen.

Aber was passiert mit den Überweisungen, die ins EU-Ausland gehen? Österreich ist eine große Importnation, eine große Exportnation. Wir sind ja keine Insel der Seligen. Wir treiben mit vielen Ländern Europas Handel. Wir treiben mit vielen Ländern inter­national, weit über die Grenzen Europas mit Ländern anderer Kontinente Handel.

Sie kennen dort die Bankwege. Wenn man dann nach Amerika eine Rechnung zahlen muss, kann man sich nicht sicher sein, dass die Rechnung 24 Stunden nach der Einzahlung bereits auf dem amerikanischen Konto aufscheint; und nach dieser Richtlinie, die – und das ist einer der Kritikpunkte – hier überschießend umgesetzt wird, bringt das auch für Klein- und Mittelbetriebe, für die österreichische Wirtschaft nur Probleme. Wir sind die einzige Fraktion, die dem daher nicht zustimmt. (Beifall beim BZÖ.)

20.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.35.16

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Grosz hat Entscheidendes übersehen – und das war meines Erachtens schon Gegenstand einer sehr umfassenden Aufklärung und Information im Justizausschuss –: dass wir mit dem gegenständlichen Gesetz eine EU-Richtlinie umsetzen und sich daher die Geltung dieser gesetzlichen Norm natur­gemäß auf den EU-Raum erstreckt. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Für den EU-Raum gibt es aber auch die Richtlinie über Zahlungsdienste, die die Ban­ken verpflichtet, im gesamten EU-Raum die Wertstellung einer Überweisung am nächs­ten Werktag durchzuführen. Tut das eine Bank nicht, dann ist sie schaden­ersatzpflichtig. Daher ist der Einwand der Erfüllungsunsicherheit des Schuldners für den EU-Raum unbegründet, und außerhalb des EU-Raums entfaltet diese Norm ohnehin keine Gültigkeit.

Daher verstehe ich neuerlich nicht, wieso das BZÖ einer solchen Regelung nicht zustim­men kann; zumal diese Regelung – das hat Kollege Grosz kurz angedeutet –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 227

einen enormen Fortschritt für die mittelständische Wirtschaft bringt. Denn gerade auf die mittelständische Wirtschaft ist diese Schutznorm ausgerichtet. Warum ist das notwendig? Weil meistens kleine mittelständische Unternehmen Geschäftspartner haben, die entweder Großunternehmen oder die öffentliche Hand sind. Dadurch be­steht gewöhnlich eine Asymmetrie der Machtverteilung zu ihren Lasten.

Um die mittelständischen Unternehmen vor unberechtigtem Zahlungsverzug zu schüt­zen – oder vor sehr lange vereinbarten Zahlungsfristen, die eben aufgrund dieser Ungleich­heit der Machtverhältnisse zu Lasten des mittelständischen Unternehmens durchgesetzt werden –, benötigen wir dieses Gesetz.

Dieses Gesetz stellt sicher, dass der Mittelständler in einer vertretbaren Zeit von seinen Schuldnern die entsprechende Zahlung erhält. Lassen Sie mich an dieser Stelle meine Berufserfahrung einbringen, da die Sparkassen die traditionellen Finanzpartner des Mittelstandes sind. Wie oft erleben wir, dass – und da muss man vor allem an der öffentlichen Hand immer wieder Kritik üben – durch sehr lange Zahlungsziele oder langen Zahlungsverzug das kleine und mittlere Unternehmen in Liquiditätsschwierig­keiten kommt! Das kann mitunter zu einer Existenzfrage werden, oder sie müssen sich sehr teuer zwischenfinanzieren.

Mit diesem Gesetz können wir das zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen künftig ausschließen. Das ist doch von immenser Bedeutung, wenn man sich die Rolle des Mittelstandes in Österreich vor Augen führt. Ich rufe das auch dem BZÖ in Erin­nerung.

Rund 307 000 beziehungsweise 99,7 Prozent der Unternehmen zählen zu den KMUs. Diese Unternehmen beschäftigen über 2 Millionen Menschen – oder, anders gesagt, mehr als zwei Drittel der unselbständigen Erwerbstätigen – und sichern somit sieben von zehn Arbeitsplätzen. Dabei erwirtschafteten die KMUs im Jahr 2010 63 Prozent der Umsatzerlöse und rund 58 Prozent der Bruttowertschöpfung der marktorientierten Wirtschaft.

Für diese Unternehmensgruppe beschließen wir heute dieses Gesetz. Ich halte das für notwendig, richtig und wichtig und bitte daher um breite Zustimmung – und das BZÖ bitte ich noch einmal um Überlegung und ein In-sich-Gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Scheibner ist dran!) – Sie haben wahrscheinlich eine alte Rednerliste. (Abg. Dr. Matznetter: Nein, er ist nicht da, der Scheibner!)

 


20.39.31

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich hätte gehofft, dass Kollege Scheibner dazu sprechen würde, weil er wahrscheinlich die Ausführungen des Herrn Kollegen Grosz richtig­gestellt hätte. Tatsächlich wurde mit dem Zahlungsdienstegesetz – das wir hier vor über einem Jahr beschlossen haben – die Wertstellung binnen eines Tages an die Banken verbindlich geregelt.

Ergänzend zu den Ausführungen des Kollegen Ikrath darf ich sagen: Natürlich ist es im Sinne der KMUs, dass zeitgerecht bezahlt wird und dass daher der Zahlungseingang berechnet werden muss und dieser der relevante Stichtag für die Überweisungen ist. Das heißt, dass jeder, der eine Überweisung durchführt, diese Zahlungszeit und die Wertstellungszeit mit berücksichtigen muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 228

Jene Personengruppen, bei welchen das etwas schwieriger ist – in diesem Fall Konsu­menten, Mieter und ähnliche Gruppierungen – haben wir im Gesetz ausgenommen. Das heißt, da bleibt es so, wie es bisher war, nämlich: Der Zeitpunkt der Zahlungs­veranlassung ist der unmittelbar relevante Tag. Ich glaube, das ist auch sehr sinnvoll.

Dass es sich um eine europäische Norm handelt, die für Gesamteuropa relevant ist, wissen wir ja, daher verstehe ich eigentlich die Einwendungen des Herrn Kollegen Grosz nicht ganz. – Das ist also dazu zu sagen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit allerdings noch etwas anderes unterstreichen, das ist das Rechtspraktikantengesetz, das jetzt in die Diskussion kommt. Es gibt dazu eine Vorlage, und ich habe jetzt mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die Forderung der Kollegin Gisela Wurm, dass man anstelle einer Erhöhung der Auszahlungsbeträge an die Rechtspraktikanten um 100 € im Monat daran denkt, eine Verlängerung der Zeit von fünf auf sechs Monate durchzuführen, jetzt auch hier im Haus auf offene Ohren gestoßen ist. Ich möchte mich dafür herzlich bedanken.

Ich glaube auch, dass es sinnvoll ist. Es kostet wahrscheinlich vom Gesamtaufwand her ungefähr gleich viel. Ich glaube, es ist einerseits den Rechtspraktikanten mehr geholfen, wenn sie einen Monat länger tätig sein können, und der Justiz insgesamt natürlich auch, und zwar auch unter dem Aspekt, dass man aus der Gruppe der Rechtspraktikanten heraus ja auch die Qualifiziertesten für die Justiz selbst, für das Richteramt und das Staatsanwaltsamt, aussucht. Es ist also aus vielerlei Gründen hier eine Verlängerung der Dauer sinnvoll, noch dazu, wenn man die 100 € nimmt (Beifall der Abg. Mag. Wurm– danke schön, Kollegin Wurm – und eine weitestgehende Kostenparität zustande bringt.

Ich bin sehr überzeugt davon, dass wir eine vernünftige Lösung, die auch der Kollege Fichtenbauer mittragen wird, zustande bringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.42.28

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Ich schließe gleich an: Wer hat euch angeschafft, beim Budgetbegleit­gesetz vorvoriges Jahr der Verkürzung zuzustimmen, obwohl wir massiv dagegen Front gemacht haben? (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Das war natürlich eine Geschichte, die äußerst unzweckmäßig war und jetzt repariert werden muss.

Im Übrigen wäre ich dafür, es wieder zumindest auf sieben oder acht Monate anzu­heben, denn das ist ja nicht bloß ein Beschmeichelungsaspekt für die Rechtsprakti­kanten, sondern für die Justiz insgesamt. Es gibt keinen besseren Ort – und das ist schon seit 100 Jahren eingeübt gewesen –, die Praxis des absolvierten Studiums zu erlernen. (Beifall der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Wurm und Mag. Stefan.) Und es ist egal, ob er nachher Richter, Notar, Rechtsanwalt oder was weiß ich was wird, das ist ein Dienst an der Justizqualität selber.

Was die heutige Gesetzesvorlage betrifft, schließe ich im Wesentlichen an meine Vorredner, hauptsächlich an Kollegen Ikrath, an: Die Qualität des Gesetzes ist vor allem die, dass es ein Schutzinstrument für KMUs wird, die tatsächlich bei einem Auftrag­geber öffentliche Hand in der machtmäßig unterschwelligen Ebene sind. Und wenn es also jetzt ab morgen oder ab dem 16. März gelten wird, dass bei Zahlungs­verzug immerhin 9,2 Prozentpunkte zu zahlen sind – der gesetzliche Zinssatz, 9,2 Prozent über dem Basiszinssatz, der nicht unter null sein kann –, dann muss es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 229

sich jeder Finanzreferent einmal überlegen, ob er dem Gläubiger sozusagen durch Nichtzahlung auf der Nase herumtanzt.

Dazu gibt es auch noch die sehr vernünftige korrespondierende Bestimmung – § 459 Unternehmensgesetzbuch neu –, dass grob nachteilige Vertragsbestimmungen oder Geschäftspraktiken nichtig oder zumindest anfechtbar sind, sodass eine gewisse Abstützung zu Lasten des Unternehmers in Einkaufsbedingungen von mächtigen – entweder privatgeschäftlichen oder öffentlich-rechtlichen – Auftraggebern vorhanden ist.

Die aus dem Gesetz resultierenden Fälligkeitsbestimmungen – also Einlangen des geschuldeten Betrages am Konto des Gläubigers – sind im Bereich des Mietrechtes und des Konsumentenschutzrechtes hinlänglich abgefedert, sodass wir aus Vernunft­gründen dieser Materie zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.45.39

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Grosz hat offensichtlich schon die Flucht ergriffen, weil seine Argumente hier auf wenig Resonanz gestoßen sind – ich muss sagen: zu Recht! Es ist eine bemühte Kritik. Ich bin Oppositionspolitiker und versuche natürlich auch, Schwachstellen in Ge­setzen zu finden, aber da hat er doch einiges übersehen.

Wir sind da mehr oder weniger verpflichtet, eine Judikatur des EuGH umzusetzen. Es geht darum, dass der Europäische Gerichtshof entschieden hat, dass zum Fälligkeits­zeitpunkt eine Schuld bereits am Konto gutgeschrieben sein muss. Das ist nun einmal ein Faktum, das man nicht ignorieren kann. Ja, das ist eine Kollision mit der langen österreichischen Tradition, dass Geldschulden Schickschulden sind und ich am letzten Tag der Fälligkeit überweisen muss. Mit dieser Judikatur müssen wir umgehen, und ich glaube, es ist eine gute Lösung gefunden worden.

Warum? – Zum Ersten: Weil es für Unternehmen im professionellen Wirtschaftsverkehr durchaus zumutbar ist, dass man sich darauf einstellt, dass man einen Tag vor Fällig­keit überweist. Das wird für die österreichischen Unternehmen kein Problem sein, sie werden sich darauf einstellen. Es ist nicht das einzige Gesetz, das sie, wenn sie Wirtschaft treiben, berücksichtigen müssen. Das wird kein Problem sein.

Zum Zweiten, und das ist wichtig: Es ist im Begutachtungsverfahren einiges dafür gemacht worden, dass jene, die nicht im professionellen Wirtschaftsverkehr tätig sind, geschützt sind. Das sind zum einen die KonsumentInnen. Für die ist eine ganz spezifische Bestimmung drinnen, nämlich, dass sie nach wie vor am letzten Tag der Fälligkeit überweisen dürfen und trotzdem die Schuld rechtzeitig beglichen haben. Das ist eine Sondervorschrift.

Weiters ist eine Bestimmung für die Mieterinnen und Mieter drinnen, die besagt, dass im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes die Miete zum 5. des Monats über­wiesen werden muss. Das heißt, wenn jetzt ganz traditionell der österreichische Mieter am Anfang des Monats seine Miete überweist, dann ist die Miete rechtzeitig über­wiesen.

Ich glaube daher, dass dieses Gesetz zum einen die EuGH-Judikatur, so wie sie umzusetzen ist, umsetzt und zum anderen für MieterInnen und Konsumenten die not­wendigen Schutzvorschriften berücksichtigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 230

Das einzige Problem, das wir haben, Frau Ministerin, ist ein kleines Detailproblem: dass natürlich nur bei MieterInnen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes diese Schutzbestimmung greift, im Teilanwendungsbereich möglicherweise nicht. Sie setzen, glaube ich, in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung. Das werden wir beobachten.

Aber das zeigt ein anderes Problem auf – und das ist ein anderes Lieblingsthema von mir, wie Sie wissen –, nämlich die Struktur des derzeit geltenden Mietrechtsgesetzes mit seinen völlig unterschiedlichen Schutzmechanismen. Das ist eine Großbaustelle, die politisch angegangen werden muss. Wir brauchen ein neues Mietrechtsgesetz, das möglichst alle Mietobjekte, die es gibt, umfasst. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Heinzl, darf ich Sie bitten, das Tele­fonieren einzustellen? (Abg. Heinzl: Gerne!) – Danke.

Frau Bundesministerin Dr. Karl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


20.48.42

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Zahlungsverzugsgesetz, um das es hier nun geht, setzt für den korrekten und vor allem für den rechtzeitigen Zahlungs­verkehr im Geschäftsverkehr ganz neue Maßstäbe.

Es geht dabei um den Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen und zwischen Unter­nehmen und der öffentlichen Hand. Dieses Gesetz schützt ganz einfach Unternehmer vor mangelnder Zahlungsmoral ihrer Geschäftspartner. Und es ist heute schon mehrfach angesprochen worden, dass ja die Zahlungsmoral von Unternehmen und der öffentlichen Hand dadurch verbessert werden soll und dass dies natürlich insbeson­dere den Unternehmen, und hier vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen, zugutekommt, und damit natürlich insgesamt dem Wirtschaftsstandort Österreich.

Das Gesetz dient im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Gerade die Eindämmung von Zahlungsver­zö­gerun­gen ist doch ein großes Anliegen, denn Sie dürfen nicht vergessen, dass sich ja die Schuldner damit quasi über die Hintertür zum Nachteil der Gläubiger einen Kredit verschaffen können. Auch wenn das die Schuldner vielleicht als Kavaliersdelikt oder als lässliche Sünde sehen, muss man doch auch dazusagen, dass dies für die Gläubiger natürlich doch schlimme Konsequenzen haben kann, insbesondere, wenn mehrere ihrer Schuldner zu einem solchen Verhalten neigen. Zu Recht hat Herr Abgeordneter Ikrath von einer Existenzfrage gesprochen.

Die neuen Regelungen sehen den Ausbau und die Verschärfung des bestehenden Instrumentariums vor, nämlich zur Bekämpfung von Zahlungsverzug durch Unterneh­men und durch die öffentliche Hand. Damit wollen wir eine weitere Hebung der Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr erreichen, und zwar wirklich hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir mehrere Maßnah­men gesetzt, die ich schlagwortartig wie folgt zusammenfassen kann:

Es geht um die Erhöhung des Verzugszinssatzes, um eine pauschale Entschädigung für Betreibungskosten, Höchstgrenzen für Zahlungsfristvereinbarungen, zeitliche Beschrän­kung der Dauer von Abnahme- und Überprüfungsverfahren und um die Pönalisierung grob nachteiliger Vertragsklauseln.

Meines Erachtens darf in diesem Zusammenhang auch ein Blick über die Grenze nicht fehlen, weil immer dann, wenn auf ein unternehmerisches Geschäft österreichisches Recht zur Anwendung gelangt, das natürlich auch für die Zahlungsbedingungen gilt. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 231

ist daher wichtig, dass die österreichischen Unternehmen in ihrer Exporttätigkeit auch durch das nationale Zivilrecht geschützt werden.

Hohes Haus! Die Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr haben wir weiters zum Anlass genommen, die von Herrn Abgeord­netem Steinhauser bereits angesprochene Entscheidung des Europäischen Gerichts­hofes auch umzusetzen. Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes hat sich auf die Rechtzeitigkeit von Überweisungen bezogen, und durch diese Entscheidung ist es auch zu einer ungewissen Rechtslage betreffend die Geldschuld gekommen. Und diese ungewisse Rechtslage wollen wir nun klären. Das heißt: Dabei geht es in Wahrheit um eine sehr, sehr praktische Frage, nämlich um die Frage, wann der geschuldete Betrag überwiesen werden muss. Der Europäische Gerichtshof hat dazu die Auffassung vertreten, dass die Geldschuld im Zeitpunkt der Fälligkeit schon auf dem Konto des Gläubigers sein muss.

Diese Judikatur des Europäischen Gerichtshofes setzen wir nun mit einem neuen § 907a ABGB um. Zugleich haben wir aber auch Maßnahmen vorgesehen, die unan­gemessene Nachteile für die Bevölkerung vermeiden. Im Miet- und Wohnrecht genügt es, wenn die Zahlung am Fünften des Monats auf dem Konto wertgestellt wird. Im Verbrauchergeschäft ist eine Überweisung auch dann rechtzeitig, wenn sie am Tag der Fälligkeit in Auftrag gegeben wird. Das heißt, diese Begleitmaßnahmen sorgen dafür, dass eine an sich sinnvolle Regelung, nämlich die Verpflichtung zur rechtzeitigen und vorzeitigen Zahlung und Überweisung, nicht das eingelebte und sozusagen tradierte Zahlungsverhalten der Bevölkerung durcheinanderbringt.

Es freut mich, dass diese Regierungsvorlage doch auf sehr breite Zustimmung stößt. Ich danke Ihnen dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

20.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.53.41

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin Dr. Karl hat schon sehr klar ausgeführt, worum es hier geht. Zusammengefasst: Das vorliegende Zahlungsverzugsgesetz, das die Richtlinien der EU zur Bekämpfung von Zahlungs­verzug im Geschäftsverkehr umsetzt und auch Änderungen im Mietrechtsge­setz und im Konsumentenschutzgesetz mit einschließt, enthält in seinem Kern Bestim­mungen mit praktischen Auswirkungen, die vor allem terminlich fixierte Zahlungen betreffen. Mit diesem neuen Gesetz soll gelingen, dass die Zahlungsmoral verbessert wird.

Dadurch soll auch die Wirtschaft gestärkt werden. Vor allem kleine und mittlere Unter­nehmen, die unsere Wirtschaft tragen, können es sich nicht leisten, sozusagen ewig auf ihr Geld zu warten. Vielleicht wird der eine oder andere Ausgleich oder Konkurs damit abgewendet.

Anzumerken ist auch noch, dass sich durch dieses Gesetz für die Verbraucher und Verbraucherinnen nichts ändert.

Ich hoffe, dass Sie alle dieser Gesetzesvorlage Ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 232

20.55.04

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätztes Hohes Haus! Es ist schade, dass Herr Kollege Grosz nicht mehr an dieser Debatte teilnimmt, denn sonst hätte er den Ausführungen des Kollegen Ikrath, des Kollegen Jarolim und auch meinen folgen können, nämlich dahin gehend, warum seine Argumentation, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, eigentlich ins Leere läuft:

Im Jahre 2009 haben wir unter anderem das Zahlungsdienstegesetz beschlossen, und demnach hat der Zahlungsdienstleister spätestens am Ende des nächsten Geschäfts­tages sicherzustellen, dass das Geld überwiesen wird.

Zudem haben wir im Zahlungsverzugsgesetz Sonderregelungen für Verbraucherinnen und Verbraucher festgeschrieben. Insbesondere möchte ich da den § 6a KSchG erwähnen. Da geht es darum, wann die Geldschuld einer VerbraucherIn gegenüber einer UnternehmerIn durch Banküberweisung erfüllt wird. So soll es für die Rechtzeitig­keit ausreichen, dass die VerbraucherIn am Tag der Fälligkeit den Überweisungs­auftrag erteilt. Auch für Mieten gibt es eine Sonderregelung sowie auch bei den Ver­sicherungsprämien.

Insbesondere stellt dies ja einerseits eine Umsetzung des EuGH-Urteils Telekom dar, andererseits ist es auch eine Weiterentwicklung der bereits im Jahr 2002 entstandenen Richtlinie.

Ich denke, da das Körberlgeld für die Banken ja eh schon seit längerer Zeit wegfällt, stünde es dem BZÖ gut an, wenn es diesem Gesetzentwurf auch zustimmen würde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Haubner zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57.06

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Ja, sobald eine Leistung erbracht wird, muss sie bezahlt werden. Ich glaube, das ist klar. Österreichs Unternehmer gehen ja hier mit sehr gutem Beispiel voran, sie begleichen ihre Außenstände nach durchschnittlich 31 Tagen. Und wenn man sich da die Europa-Statistik anschaut, dann sieht man, dass die österreichischen Unternehmer immer wieder auf dem zweiten Platz sind. Überholt wurden wir jetzt nur von Finnland, aber wir liegen vor Norwegen. Ich denke, die Zahlungsdisziplin unserer österreichischen Unternehmer ist vorbildhaft.

Trotz der im internationalen Vergleich hohen Abgabenquote von 44 Prozent sind unsere Unternehmer bereit, immer ihre Leistungen finanziell zu erbringen – im Gegen­satz zur öffentlichen Hand, denn die öffentliche Hand zahlt erst nach 42 Tagen. Ich denke, daran sieht man, dass die österreichischen Unternehmer hier wirklich nach­weislich vorbildhaft agieren.

Die „trend“-Umfrage hat ergeben, dass sich mit plus vier Tagen im Vergleich zum Vorjahr die Zahlungsmoral des Staates weiter verschlechtert hat. Auch deshalb kommt dieses Gesetz, glaube ich, goldrichtig. Wir haben hier die zwei Bereiche erfasst: einer­seits den Zahlungsverkehr zwischen den Unternehmen und andererseits die Zah­lungsmoral der öffentlichen Hand, die hier forciert wird.

Also: Das Gesetz kommt zum richtigen Zeitpunkt, und wir haben die richtigen Maß­nahmen gesetzt. Darüber freue ich mich und ersuche alle Parteien, dem zuzustim­men. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 233

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.58.48

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar kurze Bemerkungen zum Mietrecht und zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz machen.

Für diese konkreten Änderungen, die hier vorgenommen wurden, möchte ich mich bei den Mieterschützern und vor allem bei der Mietervereinigung sehr herzlich bedanken, die im Begutachtungsverfahren auf sehr eindrucksvolle Weise auf die Probleme hinge­wiesen haben und so diese sehr gute Lösung, die jetzt entstanden ist, mit ermöglicht haben, denn im Ministerialentwurf war ja ursprünglich als gesetzlicher Fälligkeitstermin der Erste eines Monats für den Mietzins vorgesehen gewesen. Dadurch wäre es für viele Mieter notwendig gewesen, eventuell eine Zwischenfinanzierung vorzunehmen. Und jetzt ist eben der künftige Zahlungstermin der Fünfte des Monats, und so können die MieterInnen mit dem jeweiligen Monatsbezug ihren Mietzins entrichten.

Besonders wichtig für die Sozialdemokratie sind jedoch Neuerungen, die auch auf die Interessen der Mieter besonders Rücksicht nehmen; nämlich erstens, dass der Fällig­keitstermin zugunsten der Mieter einseitig zwingend gestellt werden kann. Das heißt, vertragliche Vereinbarungen über den Zahlungstermin, die diesen vor dem Monats­fünften festlegen, sind unzulässig. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zweitens hat der Vermieter den Mieterinnen und Mietern ein verkehrsübliches Bank­konto bekannt zu geben – alle Bankverbindungen innerhalb der EU gelten als verkehrsüblich –, wobei aber das eingeschränkte Wahlrecht über die Erfüllung des Mietzinses unangetastet bleibt.

Weiters gelten diese neuen Bestimmungen nicht nur für zukünftige Mietverträge, sondern sie sind auch auf bereits laufende Mietverhältnisse anzuwenden.

So erfreulich diese Bestimmungen, und das wurde schon erwähnt, für die Mieterinnen und Mieter, die dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unterliegen, sind, oder auch – nach der Ausschussfeststellung – für jene, die in Wohnungen gemein­nütziger Genossenschaften wohnen, so ist es doch ein Wermutstropfen, dass es nicht für alle Mieter gilt, das heißt, im Teilanwendungsbereich diese Fälligkeitsfrage nicht gilt, wenn auch in den Erläuterungen angemerkt wird, dass diese neue Norm auf andere Segmente ausstrahlen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Hakl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.01.45

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Das heute zu beschließende Gesetz ist besonders wichtig für ein Land wie Österreich, wo der Großteil der Menschen in sehr kleinen oder mittelständischen Betrie­ben beschäftigt ist. Was nämlich in den letzten Jahren, und dies auch verstärkt, auszumachen war, war, dass große Betriebe, auch große Baufirmen gegenüber ihren kleinen Zulieferbetrieben, dass marktbeherrschende, große Unternehmen, aber auch der Staat immer langsamer wurden in der Abwicklung der Zahlungen. Ich habe das auch im öffentlichen Bereich schon vor mehr als zehn Jahren erlebt, als auch bei den Österreichischen Bundesbahnen kleine Zulieferer unglaublich schlecht behandelt wur-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 234

den, was die Zahlungsmoral betrifft, unglaublich aufwendige Rechnungsprüfungs­prozesse für in Wahrheit ganz kleine Aufträge über sich ergehen lassen mussten.

So ist aus meiner Sicht an diesem Gesetz ganz besonders wichtig, dass auch der Staat und sämtliche staatliche Institutionen gebunden sind, in angemessener, kurzer, maximal zweimonatiger Frist die Rechnungen zu begleichen. Das wird sehr viele kleine und mittelständische Unternehmen vor der Insolvenz bewahren oder zumindest sicher­stellen, dass sie sich nicht, wie so oft in der Vergangenheit, von einem übermächtigen Gegenüber, in Tirol sagt man, „herpressen“ lassen müssen. Es war nämlich nicht sel­ten so, dass dann gesagt worden ist: Okay, entweder du bist jetzt damit einver­standen, dass wir diese Abzüge von der Rechnung machen, dann können wir das gleich abschließen und es wird gleich gezahlt, oder du wartest eben länger auf dein Geld. Unter diesem Druck standen sehr viele gerade der kleinen Unternehmen in Österreich.

Ich bin daher sehr glücklich darüber, dass mit dieser neuen gesetzlichen Regelung hier eine Unterstützung gerade für die Klein- und Kleinstbetriebe in diesem Land geschaffen werden konnte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


21.04.03

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine hohe Zahlungsmoral schafft ein gutes Vertrauensverhältnis. Und ein gutes Vertrauensverhältnis ist die Grundlage für gedeih­liche wirtschaftliche Beziehungen und, auf ein Land, auf einen Wirtschaftsraum bezo­gen, auch eine Grundlage für das Vertrauen in den Standort. So gesehen ist dieses Zahlungsverzugsgesetz auch eine Maßnahme, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken, und, weil es sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie handelt, auch insgesamt eine Maßnahme, um den Wirtschaftsstandort Europa zu stärken.

Die inhaltlichen Details wurden von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen eingehend erörtert, auch die wichtigen für Konsumentinnen und Konsumenten, Mieterinnen und Mieter getroffenen Ausnahmen. Mir geht es um das Ziel dieses Gesetzes, um die Hebung der Zahlungsmoral.

Gerade arbeitskräfteintensive Unternehmen leiden sehr oft in einem existenzbedro­henden Ausmaß unter Zahlungsverzügen ihrer Auftraggeber. Die Gehälter sind zu bezahlen, aber die Einnahmen fließen oft nicht im geplanten Ausmaß. Und durch die immer höhere Konzentration, etwa im Bereich des Handels, im Bereich der Handels­konzerne, im Bereich der Bauunternehmungen, wird der Druck auf kleinere Liefer­betriebe immer größer, und vor allem auch der Druck auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und wenn zusätzlich zum extrem starken Preisdruck auch noch Zahlungs­verzögerungen kommen, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass immer mehr Betriebe, gerade im Klein- und Mittelsegment, in die Insolvenz schlittern. Insofern ist dieses Gesetz daher ein Schritt in die richtige Richtung – wenn auch kein Allheilmittel, das ist natürlich auch ganz klar.

Ich habe im Justizausschuss im Rahmen der aktuellen Aussprache auch eine andere Form des Zahlungsverzugs zur Sprache gebracht, nämlich den Zahlungsverzug bei Unterhaltsleistungen, und das ist wohl die verwerflichste Form, Schulden zu machen. Das ist aber der traurige Alltag für viele Kinder in Österreich, dass ihnen oft das Nötigste zum Leben von den Unterhaltsverpflichteten vorenthalten wird. Da haben wir in Österreich ein sehr lückenhaftes System, nämlich das Unterhaltsvorschusssystem. Hier wäre es dringendst notwendig, dieses in ein Unterhaltssicherungssystem umzu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 235

wandeln. Insofern bin ich auch positiv überrascht gewesen, dass Sie, Frau Ministerin, ebenfalls einbekannt haben, dass das derzeitige Vorschusssystem überarbeitungs­bedürftig ist.

In diesem Sinne hoffe ich und freue ich mich auch auf eine gute Zusammenarbeit im Nationalrat, dem ich ja jetzt vier Jahre lang nicht angehört habe. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


21.07.25

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Das Ziel des neuen Zahlungsverzugsgesetzes wurde schon einige Male angesprochen. Es geht darum, die Zahlungsmoral zu verbessern und somit vor allem Geschäfte zwischen der öffentlichen Hand und Unternehmen, aber auch von Unterneh­men zu Unternehmen so zu gewährleisten, dass zukünftig auch die Zahlung rechtzeitig geleistet wird. Gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen ist es wichtig, dass sie rechtzeitig über das Geld verfügen können. Es ist viel zu oft passiert, dass ordnungsgemäß erbrachte Leistungen über Monate hinweg einfach nicht bezahlt wurden. Umgekehrt haben die Unternehmen aber die Gehälter und die Löhne ihrer Mitarbeiter zu bezahlen, Materialkosten, Steuern und Gebühren rechtzeitig zu ent­richten. – Es ist eine Novelle, die ein neues Regelwerk bringt, dessen praktische Auswirkungen vor allem terminlich fixierte Zahlungen betreffen.

Kurz noch einmal die wichtigsten Punkte: Bei Zahlungsverzug kann ein Pauschalbetrag von 40 € an Mahnspesen gefordert werden. Der Verzugszinssatz wird mit 9,2 Prozent über dem Basiszinssatz liegen. Bei öffentlichen Stellen darf die vereinbarte Zahlungs­frist 30 Tage nicht übersteigen, 60 Tage nur bei besonderen Ausnahmen. Geldüber­weisungen müssen in Zukunft so rechtzeitig aufgegeben werden, dass der Geldbetrag bereits bei Fälligkeit am Konto des Gläubigers eingelangt ist, wobei – und hier greift das Zahlungsdienstegesetz – das Bankinstitut des Zahlers sicherzustellen hat, dass der Überweisungsbetrag am folgenden Geschäftstag auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben werden kann.

Um sicherzustellen, dass der Geldbetrag auch rechtzeitig ankommt, ist es im Normal­fall wahrscheinlich kein großes Problem, Überweisungsaufträge rechtzeitig – das heißt schon einen oder zwei Tage früher – zu geben. Aber es bedeutet natürlich für Öster­reich eine Änderung der gängigen Praxis, wobei von diesen Neuerungen des Gesetzes vor allem die öffentliche Hand am stärksten betroffen sein wird. Laut der jährlichen Umfrage betreffend die Zahlungsmoral lag nämlich die durchschnittliche Zahlungs­dauer bei öffentlichen Stellen bei 42 Tagen – das heißt, in Einzelfällen lag man weit darüber. Unternehmen hingegen leisten ihre Zahlungen im Schnitt bereits nach 31 Tagen. Und die raschesten Zahler sind mit 18 Tagen die Privatpersonen, die, und das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich festhalten, von den Regelungen dieser Gesetzesmaterie nicht betroffen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

21.10

21.10.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 236

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend Zah­lungs­verzugsgesetz samt Titel und Eingang in 2178 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundesgesetz vom 8. März 1979 über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen sowie das Bundesgesetz, mit dem im Zivilrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen werden, geändert werden, samt Titel und Eingang in 2179 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.11.35 9. Punkt

Bericht des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union über das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kommission/Jahreswachstumsbericht 2013 (99652/EU XXIV.GP) (2165 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. – Bitte.

 


21.12.03

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ich bin ganz glücklich darüber, dass wir diesen dritten Jahres­wachstumsbericht, der hier vorliegt und der das dritte Europäische Semester einleitet, nunmehr auch hier im Plenum diskutieren können. – Die Frau Glawischnig lacht. Ich habe ihr nämlich kürzlich erklärt, was es mit dem Europäischen Semester so auf sich hat.

Das Europäische Semester ist nämlich insofern von Bedeutung, als entscheidende fiskalpolitische Weichenstellungen auf europäischer Ebene gesetzt werden. Und da hat eben der Jahreswachstumsbericht eine ganz besondere Bedeutung, weil er eben die budgetpolitischen und insgesamt die politischen Prioritäten für diesen Prozess festlegt. Beim nächsten Europäischen Rat wird auf Basis dieses Jahreswachstumsberichts der Europäische Rat seine wirtschafts- und budgetpolitischen Prioritäten festlegen, die dann Eingang in die nationalen Reformprogramme finden sollen. Und auf Basis dieser nationalen Reformprogramme gibt die Kommission dann Empfehlungen, die für die Budgeterstellung in den Nationalstaaten eine sehr wichtige Rolle spielen. Insofern ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 237

dieser Jahreswachstumsbericht und das, was da drinnen steht, auch für die österreichi­sche Budget- und Finanzpolitik von sehr, sehr großer Bedeutung.

Wenn ich mir diesen neuen Jahreswachstumsbericht anschaue, so muss ich sagen, er unterscheidet sich nur äußerst marginal von seinen Vorgängern, auch was die Prioritäten anlangt. Und das hängt damit zusammen, dass sich die Politik der Europä­ischen Kommission im Wesentlichen immer entlang dreier Strategien bewegt, egal, wie die wirtschaftliche Entwicklung ist, egal, wie hoch die Arbeitslosenquote ist, egal, ob wir uns in einer Rezession befinden oder nicht, egal, wie es mit der Stabilität auf den Finanzmärkten aussieht. Und diese drei Säulen sind: Erstens: Budgetkonsolidierung, Budgetkonsolidierung, Budgetkonsolidierung. Das Zweite, das dann kommt, ist: Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaften stärken. Und das Dritte ist dann: Strukturpolitik, Strukturpolitik, Strukturpolitik. Und im Wesentlichen wird darunter verstanden: Flexibilisierung der Arbeitsmärkte.

Was steht nun in diesem Jahreswachstumsbericht an Prioritäten drinnen? – Es werden fünf Prioritäten genannt. Zwei davon erkenne ich durchaus als positiv an. Das eine ist eine differenzierte, wachstumsfreundliche Konsolidierungsstrategie, in der Hinsicht, dass bestimmte Investitionen, nämlich Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung, Innovation und Energie, durchaus von den Konsolidierungsprozessen ausgenommen werden sollen. Wenn man sich das allerdings etwas konkreter anschaut, so ist hier nicht viel mehr an Empfehlungen zu finden als dieses.

Das Zweite, was positiv zu vermerken ist, ist die zweite Strategie, nämlich die Wieder­herstellung der normalen Kreditvergabe an die klein- und mittelständischen Unterneh­men. Wenngleich nun europaweit und auch in Österreich nicht unmittelbar eine Kreditklemme festgestellt werden kann, so wissen wir aber zumindest doch, dass es für Klein- und Mittelbetriebe in sehr vielen Fällen schwieriger geworden ist, an Kredite heranzukommen. Und insofern sind alle Strategien und Bemühungen, die die Kredit­ver­gabe an Klein- und Mittelbetriebe wiederherstellen können, von sehr, sehr großer Bedeutung.

Wir haben vor zwei Tagen, von den Grünen veranstaltet, eine Enquete in dieser Rich­tung gehabt, weil es eben viele Unternehmungen gibt, die diese Schwierigkeiten haben. Ausgelöst wurde diese Debatte in Österreich durch Heini Staudinger, und ich hoffe, dass wir in diesem Haus in dieser Hinsicht auch zu einigen Lösungen finden, die dieses Problem entschärfen können.

Was das dritte Ziel betrifft, die Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, so kann man im Prinzip nichts dagegen einwenden, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbes­sern, etwa durch Neugründungsförderungen oder durch Hebung des Bildungsniveaus und dergleichen.

Wo ich allerdings große Probleme mit diesem Bericht habe, das ist bei dem Ziel „Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Bewältigung der sozialen Folgen der Krise“. Der Bericht sagt nämlich selbst, der Abbau von Arbeitslosigkeit ist kurzfristig nicht zu erreichen, weil die Wirtschaft zu schwach wächst. Und warum wächst sie zu schwach? – Weil wir es eben in Europa EU-weit gleichzeitig mit einer Austeritätspolitik zu tun haben, die auch in Zeiten der Rezession weiter gefahren wird.

Der zweite Punkt ist der, dass gesagt wird, es müssen die Beschäftigungsregelungen flexibler gestaltet werden. Also: Strukturpolitik, Strukturpolitik, Strukturpolitik. – Das habe ich eingangs gesagt.

Und das Dritte, das gesagt wird, ist: Abstimmung der Löhne mit der Produktivitäts­entwicklung. Das heißt, die Löhne sollen bestenfalls mit der Produktivitätsentwicklung steigen, besser aber noch niedriger als die Produktivitätsentwicklung. Und da schließt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 238

sich der Kreis zu dem, was wir früher im Zusammenhang mit dem Einkommensbericht diskutiert haben. Und dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Kommission permanent empfiehlt, dass sich die Löhne unter der Produktivitätsentwicklung ent­wickeln sollen, dass es zu einer Auseinanderentwicklung der Einkommen kommt beziehungsweise überhaupt zu einem schwachen Anstieg der Einkommen in den Wirtschaften der Europäischen Union.

Schließlich das fünfte Ziel, die fünfte Priorität: Modernisierung der Verwaltung. Auch dagegen ist nichts einzuwenden.

Aber es fehlt natürlich auch eine Reihe von Fragestellungen. Vernachlässigt wird etwa die Frage, dass wir in der Europäischen Union auch die Ziele der 2020-Strategie verfolgen wollen, also Armutsbekämpfung. 20 Millionen Menschen sollen sozusagen aus der Arbeitslosigkeit herausgebracht werden. Aber bitte mit welchen Maßnahmen? Es ist auch nicht davon die Rede, dass die Lasten der Konsolidierung gerechter verteilt werden sollen, auch nicht die Lasten der Bankenkrise. Es werden einfach keine Maß­nah­men zur wirtschaftlichen und sozialen Verbesserung der Lage der Länder an der Peripherie im Süden – Griechenland, Spanien, Portugal und dergleichen – ergriffen. Die europäische Steuerkooperation ist ebenfalls kein Thema; ich verweise da auf Steuer-Oasen et cetera.

Konkret fehlen also Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Und das ist auch eine der Schwachstellen dieses Jahreswachstumsberichts, der uns aber noch über einige Monate hier in diesem Haus begleiten wird. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


21.19.19

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst einmal feststellen, dass ich sehr zufrieden bin, dass wir den Jahreswachs­tums­be­richt 2013 heute hier im Plenum diskutieren. Das ist das erste EU-Vorhaben überhaupt, das vom EU-Unterausschuss ins Plenum gebracht wurde. Und das unterstreicht damit auch die Bedeutung, die den neuen Verfahren auf europäischer Ebene zur Koordi­nierung der Budgetpolitik zukommt.

Der Jahreswachstumsbericht ist die erste Phase des sogenannten Europäischen Semesters. Das Europäische Semester haben die EU-Mitgliedsländer 2011 eingeführt, um eine bessere Koordination untereinander zu erreichen und Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen zu können. Damit hat das Europäische Semester mit all seinen Vorschlägen, Analysen und auch Empfehlungen Auswirkungen auch auf unsere eigene Budgetplanung, und es sollte daher selbstverständlich sein, dass wir auch in Zukunft die einzelnen Stufen des Europäischen Semesters genau verfolgen und hier im Plenum debattieren, denn gerade das Budget ist ja eine Angelegenheit, die uns alle betrifft und uns alle angeht.

Der Jahreswachstumsbericht 2013 weist einige richtige, wichtige Forderungen und Empfehlungen auf. So ist erkennbar, dass die soziale Dimension der Wirtschafts- und Finanzkrise mittlerweile viel ernster genommen wird. Das zeigt sich schon daran, dass die Kommission bei der Erstellung des Berichts die europäischen Sozialpartner diesmal frühzeitig eingebunden hat, und ich begrüße diese enge Zusammenarbeit sehr und hoffe, dass sie auch beibehalten wird.

Richtig ist auch, dass der Jahreswachstumsbericht fordert, dass die Sparmaßnahmen nicht die Sozialsysteme verschlechtern dürfen und die Bekämpfung der enormen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 239

Arbeitslosigkeit auch in diesem Jahreswachstumsbericht zur Priorität erklärt werden muss. Um die vor allem in den Ländern des Südens enorme Jugendarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, brauchen wir Maßnahmen. Wir brauchen zum Beispiel die schon so oft genannte europaweite Jugendgarantie. Deren Grundzüge werden morgen im Rat der EU-Sozialminister beschlossen.

Mit dem vom Bundeskanzler erreichten Fonds gegen Jugendarbeitslosigkeit, der mit 6 Milliarden € dotiert ist, steht jetzt endlich auch Geld zur Verfügung, das zur Um­setzung dieser Jugendgarantie notwendig ist. Das mögen zwar Tropfen auf den heißen Stein sein, aber sie sind wichtig. Noch besser wäre es, wenn wir so etwas wie Nägel mit Köpfen machen könnten und würden und eine Obergrenze für Jugend­arbeits­losigkeit einführen würden. Warum soll das, was für Schulden funktioniert, nicht auch gegen Arbeitslosigkeit funktionieren? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. – Bitte.

 


21.23.08

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es geht um diese Mitteilung der Kommission, es geht um den Jahreswachstumsbericht 2013. Das ist eine schriftliche Information gemäß § 6 des EU-Informationsgesetzes an den Nationalrat. Es ist, wie meine Vorredner schon sagten, der dritte Bericht, der seit Einführung des Europä­ischen Semesters eben vorliegt und heute hier im Plenum diskutiert wird.

Ich persönlich bin der Meinung, dass das nicht ein Aneinanderreihen schöner Worte ist, sondern sehr wohl eine Vorgabe betreffend die Zielausrichtung der Union und eine Bezugnahme auf viele Probleme, die wir zweifelsohne haben, auch in dieser Euro­päischen Union – das ist keine Frage.

Von Harmlosigkeit, Herr Mag. Rossmann, ist dieser Bericht – wenn Sie ihn genau studieren, werden Sie das feststellen können – nach meinem Dafürhalten nicht ge­kenn­zeichnet, sondern er geht sehr wohl auf diese Fragen ein, wiewohl es klar ist, dass jedes Land natürlich seine eigenen diesbezüglichen Regelungen und Lösungen treffen kann.

Schon die Einleitung ist interessant. Es steht da Folgendes: 

„Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise in der EU war Auslöser für tiefgreifende Veränderungen. Dies zeigen die weitreichenden Umstrukturierungen, die derzeit in unseren Volkswirtschaften stattfinden. Dieser Prozess ist einschneidend, politisch anspruchsvoll und“ – ich denke, dass wir auch in unserem Land das sehr ernst nehmen und auf viele dieser Prozesse auch wirklich Bezug nehmen – „gesellschaftlich schwierig, aber unumgänglich, um für die Zukunft die Grundlagen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit“ – für eine gute Wirtschaftsentwicklung – „zu legen.“

Er soll einen Entwicklungspfad für die EU-Mitgliedstaaten legen.

Er geht natürlich im Besonderen auf die wirtschaftliche Situation ein, wo auch dargestellt wird, dass die Beschäftigung natürlich ein zentrales Thema ist, weil momen­tan von einer Vermehrung der Arbeitsplätze leider nicht ausgegangen werden kann.

Die fünf Bereiche sind schon angeführt worden. Ich möchte mich tatsächlich deshalb mit der Frage Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auseinandersetzen, weil es nach meinem Dafürhalten nicht darum geht, Löhne und Gehälter zu gewichten, sondern es geht um viel grundsätzlichere Fragen, nämlich darum, Arbeit für die Menschen zu schaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 240

Meine Damen und Herren! Wenn Europa heute 25 Millionen Arbeitslose aufweist und eine Arbeitslosenquote von 10,6 Prozent hat, dann ist die Politik zum Handeln aufgefordert. Besorgniserregend ist für mich vor allem die Jugendarbeitslosigkeit. Ich war anlässlich einer Plenarsitzung des Europarates sehr angetan, als der General­sekretär der OECD sehr deutlich gesagt hat, dass es einige wenige Länder gibt, die die Jugendarbeitslosigkeit tatsächlich gut steuern und im Griff haben, und dabei Österreich genannt worden ist. – Ich denke, das ist ein großes Kompliment.

Dort ist auch gesagt worden, warum das so ist: weil wir vor allem die duale Ausbildung fördern und weil wir da auch die Jugend entsprechend fordern und für die zukünftige Berufswelt ausbilden. – Ich halte das alles deshalb für wichtig, weil Arbeitslosigkeit nicht nur eine Tragödie ist, sondern eine Gefahr für die Demokratie und für die Gesellschaft, weil Arbeitslosigkeit soziale Spannungen auslöst, die Kaufkraft mindert und letzten Endes natürlich Wachstums- und Entwicklungsprobleme einleitet.

Deshalb glaube ich auch, dass man im Rahmen des Finanzrahmens 2014/2020 beson­ders darauf achtgeben muss, dass man auf die ganze Beschäftigungsfrage eingeht. Ich persönlich glaube auch, dass man der ganzen Frage GAP 2014/2020 – da geht es um den Agrarbereich – nicht deshalb mehr Beachtung schenken muss, weil man diskutiert, wer mehr bekommt – dafür, meine Damen und Herren, ist das Thema viel zu ernst –, sondern wegen der Frage, wie man auch in Zukunft möglichst viele Leute in den ländlichen Gebieten beschäftigt. Denn all jene, denen wir draußen keine Hoffnung geben, wandern uns ab in die urbanen Zonen, und dann, bitte, haben wir die Probleme bloß verlagert, aber die Situation verschärft. – Das kann nicht Aufgabe oder Ziel der Politik sein.

Es wird natürlich auch noch eine Reihe von anderen Dingen aufgelistet, unter anderem die Verwaltungsvereinfachung – auch ein Thema für Österreich. Ich denke, dass wir alle darüber nachdenken sollten, wie wir diese Dinge vereinfachen könnten, damit wir Betriebsgründungen und damit Beschäftigung ermöglichen. Was mich freut, ist, dass man von Österreich auch gelernt hat, dass die Sozialpartner in die Entwicklungs­prozesse mit eingebunden werden.

Am Schluss steht, meine ich, dass wir Europa stärken müssen. Eine sinnlose, nicht pragmatische Kritik löst keine Probleme. Wir alle müssen uns einbringen, um Europa nach vorne zu bringen, um es attraktiv zu machen für die Bürger und auch so stark zu machen, dass wir im Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften diesen in unserem Interesse steuern und auch gewinnen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


21.28.34

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Kollege Donabauer, du hast natürlich vollkommen recht: Sinnlose Kritik stärkt niemanden – weder uns noch die EU noch unsere Arbeitskräfte (Zwischenruf des Abg. Donabauer) –, aber sinnlose Repetition der immer gleichen Phrasen hilft auch nichts. – Das ist kein Vorwurf gegen dich, sondern einer, der sich auf den Bericht bezieht. Ich bin schon beim Bericht. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Du hast nur einige sinnlose Phrasen vorgelesen, so zum Beispiel die Präambel, die ersten Sätze. (Abg. Wöginger: Das war eine ausgezeichnete Rede!) Das reiht sich nahtlos in die Aufzählungen des Berichtes ein.

Natürlich beginnt er damit, dass die Lösung immer mehr Europa und nie weniger Europa ist, Zentralisierung und Kompetenzen und Steuerung und Harmonisierung und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 241

so weiter, dass der Binnenmarkt vertieft werden muss, es mehr Wettbewerb geben muss, eine effizientere Verwaltung und eine Vertiefung von allem Möglichen. – Das wissen wir eh! Zumindest seit ich im Parlament bin, seit 2008, lese und höre ich das in den Berichten. Aber das Aneinanderreihen dieser Phrasen bringt uns nicht weiter, ich würde eher sagen, es ist schade um die Zeit, das zu produzieren – da arbeiten viele Beamten –, schade ums Papier und um die Umweltschäden, das zu drucken, und noch mehr schade, das zu debattieren.

Wenn, dann debattieren wir einmal den Kern der Sache! Na, dann lesen wir einmal in dem Bericht: Was sind denn wirklich Maßnahmen, die dort befürwortet werden? – Kollegin Muttonen, das ist vor allem für uns beide jetzt in der Diskussion sehr wichtig.

Zum Beispiel lese ich auf Seite 12 betreffend Arbeitsplatzmaßnahmen, die sehr gerühmt werden, Folgendes: 

In Europa werden derzeit“ – in einigen Ländern – „mehrere ambitionierte Reformen durchgeführt.“ – In diesen Ländern – „wurden Maßnahmen ... zur Reduzierung der Abfindungen bei Beendigung normaler Arbeitsverträge und zur Vereinfachung von Einzel- und Massenentlassungen ergriffen. Darüber hinaus wurden“ – in diesen Ländern – „Schritte unternommen, um die Lohnfindung zu flexibilisieren, zum Beispiel durch Vereinfachung“ – bitte genau zuhören“ – „der Voraussetzungen, unter denen Unternehmen aus höheren Tarifabschlüssen ausscheren können“. – Also das ist interessant. (Abg. Mag. Stefan: Haben Sie das gelesen, Frau Kollegin?)

Das Einzige, was ich da finde, ist eine totale Demontage und die Überführung dieser Länder zu Billigländern. Das heißt, weg mit dem Kündigungs- und Entlassungsschutz, weg mit den Abfindungen und Abfertigungen, Ermöglichung von Einzel- und Massen­kündigungen und Vereinfachung der Lohnsenkungen durch Ausstieg aus den Tarif­verträgen.

Und dann gibt es noch etwas: Es gibt eine Maßnahme (Abg. Mag. Stefan: Wahr­scheinlich das Europäische Semester!), nämlich „die Besteuerung der Erwerbstätigkeit insbesondere im Niedriglohnsektor im Zuge umfassender Bemühungen, um eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit zu begrenzen.“ – Also nur im Niedrigst­lohnsektor. (Abg. Mag. Stefan: Bravo!)

Also wo hier überhaupt die Idee herrührt, dass die Sozialdemokraten da irgendetwas Gutes daran finden, das verstehe ich überhaupt nicht. Das ist das Einzige, was sich nicht in Phrasen erschöpft.

Das, was wirklich an der Krise schuld ist, wird natürlich – wie in den letzten sieben Jahren – verschwiegen, verharmlost, eigentlich überhaupt nicht angesprochen. Das ist erstens einmal die Schuld der europäischen Institutionen – von der Euro-Zone ange­fangen bis zur zentralen Lenkung von Dingen, die zentral nicht lenkbar sind – an dieser Krise. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Das wird natürlich geleugnet und nicht einmal in einem Beisatz oder in einem Wörtchen angesprochen.

Es gibt nicht ein selbstkritisches Elementchen, indem man sagt: Na, vielleicht ist das kein Zufall, dass die Euro-Zone und die Europäische Union weltweit am schlechtesten mit der Krise zurande gekommen sind. Vielleicht ist es doch so, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht der Leuchtturm war, der uns aus der Krise heraus­geführt hat, wie wir das auch in diesem Hause seitens der Regierung seit fünf Jahren hören. Vielleicht war das doch nicht so.

Vielleicht sollten wir uns anderen Fragen widmen, die uns möglicherweise einen Schlüssel geben, warum in einigen Ländern die Arbeitslosigkeit so hoch ist. Gehen wir einmal nach Spanien! 25 Prozent Arbeitslosigkeit, 50 Prozent – mittlerweile habe ich die letzte Statistik gesehen –, 51,8 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Erschreckend!


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Gehen wir jetzt einmal zu den letzten Zahlen von Eurostat über die Zuwanderung. Spanien. – Zuwanderung im Jahr 2011 – die letzte vorliegende vollständige Zahl –, zum Höhepunkt der Krise: 457 649 Personen wandern in Spanien zu. Es sind auch einige abgewandert – ich habe noch nicht die exakten Zahlen –; es waren unter 200 000, das heißt, es gab eine Nettozuwanderung von über 200 000.

Dabei ist das schon eine Verbesserung! Im Krisenjahr 2008 sind in Spanien nicht weniger als 726 000 Personen zugewandert, und noch im Jahr 2005 hat man in Spanien über 1,5 Millionen illegale Einwanderer legitimiert, das heißt, in den offiziellen Arbeitsprozess eingegliedert.

Wie, bitte, liebe Sozialdemokraten oder auch liebe ÖVPler, stellt ihr euch eine Behand­lung – ich rede jetzt nicht einmal von einer Lösung, sondern auch nur eine seriöse Behandlung – des Arbeitslosigkeits- und Jugendarbeitslosigkeitsprogramms vor, wenn in Staaten wie Spanien – die anderen bringe ich jetzt gar nicht – eine halbe Million Leute zuwandert in einen Markt, wo bereits die Hälfte der Jugendlichen keine Arbeit findet. Das kann ich nur so machen, wie das die Kommission vorschlägt: indem ich das Land in ein Billig- und Billigstarbeitsparadies verwandle, wo ich eben für diese Immi­granten irgendwelche Billigstmöglichkeiten finde.

Dass die Jugend es schwer hat, mit Einwanderern aus Mauretanien und Marokko und Algerien und Ecuador und Venezuela und so weiter – Sie können sich einmal die Herkunftsländer anschauen –, zu konkurrenzieren – die also aus Ländern kommen mit einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 150 € –, dass die Jugendlichen es somit schwierig haben und dass es für einen spanischen Jugendlichen nicht attraktiv ist, in den Erdbeerfarmen von Andalusien um 400 €, 500 € zu arbeiten – für diese Bezahlung wird nämlich dort von den Einwanderern gearbeitet –, ist auch klar. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber all diese Fragen finden wir in diesem Bericht nicht einmal in Ansätzen – nicht einmal in Ansätzen!

Es ist so, als ob wir in einer Parallelwelt lebten, als ob dramatische Dinge einfach nicht stattfänden, weil sie nicht stattfinden dürfen. Deswegen ist dieser Bericht komplett – ich sage ja nicht einmal schlecht oder falsch, sondern irre. Es ist wirklich so, als ob wir in einem anderen Universum lebten. (Abg. Krainer: Irre ist in erster Linie Ihre Rede!) –Herr Kollege, bitte schön! Habe ich das einmal zu Ihnen gesagt? Ich werde Sie das nächste Mal auch zensurieren. Also bitte! (Abg. Krainer: Also von Erdbeer-Pflückern ...!) – Der Herr Kollege legt Wert auf die Feststellung, dass meine Rede irre ist. Ja, dass meine Rede irre ist. (Abg. Mag. Stefan: Hören Sie doch zu!) – Ich will jetzt keine Konsequenzen, aber ich werde mir das merken.

Kollege, ich meine, wo Argumente fehlen, da stellt ein blödes Wort zur rechten Zeit sich ein, wie es so schön heißt. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Stefan und Krainer.)

Ich bringe angesichts der angeführten Umstände folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kommission/Jahreswachstumsbericht 2013 (99652/EU XXIV.GP)

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 243

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu aufgefordert, auf europäischer Ebene in den zuständigen Gremien der Europäischen Union ihre Miss­billigung gegenüber dem Jahreswachstumsbericht 2013 der Europäischen Kommission zum Ausdruck zu bringen, da sich dieser inhaltsleer in der Wiederholung altbekannter Phrasen erschöpft und die Verantwortung der Institutionen der Europäischen Union für die Krise leugnet.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mit­teilung der Kommission/Jahreswachstumsbericht 2013 (99652/EU XXIV. GP)

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9 über den Bericht des Ständigen Unter­ausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union über das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kom­mission/Jahreswachstumsbericht 2013 (99652/EU XXIV.GP) (2165 d.B.) in der 191. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 27. Februar 2013

Der von der Europäischen Kommission vorgelegte Jahreswachstumsbericht 2013 ist ein zentrales Element des Europäischen Semesters, das neben der Verbesserung der wirtschaftspolitischen Koordinierung, der Stärkung der Haushaltsdisziplin und makro­ökonomischen Stabilität, zur Verwirklichung der Ziele der Europa 2020-Strategie für „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ beitragen soll.

Eine der zentralen Aussagen des vorliegenden Jahreswachstumsberichts 2013 ist sinngemäß, dass trotz der bisherigen Anstrengungen in den einzelnen Mitgliedstaaten und angeblich erster Erfolge, die Reformanstrengungen aufrechterhalten werden müssen, um zum einen die Krise zu überwinden und zum anderen Wachstum und Beschäftigung zu schaffen und die Mitgliedstaaten langfristig zu stärken.

So weit, so gut. Auch gegen die bereits im Vorjahr festgelegten Prioritäten, nämlich eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung, die Wiederher­stellung einer normalen Kreditvergabe an die Wirtschaft, die Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Bewältigung der sozialen Folgen der Krise sowie die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, ist nichts einzuwenden, handelt es sich dabei doch um ohnehin klare Erfordernisse an eine rationale Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Aber auch im Weiteren folgen in diese Bericht Wiederholungen von Phrasen, wie man sie – leider nichts Ungewöhnliches – in den meisten derartigen Papieren der Euro­päischen Union wiederfindet. Daraus ergibt sich eine besonders visionslose Inhalts­leere, die nicht nur dadurch zum Ausdruck kommt, dass man einmal mehr zen­trale Ursachen für die Probleme der europäischen Volkswirtschaften, bzw. Arbeits­märkte unbeachtet lässt, wie etwa die nach wie vor überbordende Zuwanderung nach Europa. Auch leugnet man weiterhin die große Eigenverantwortung der zentralen europäischen


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Institutionen und Organe für die Ursachen der allgemeinen wirtschaftlichen Krise, deren Ende noch lange nicht in Sicht ist, und – beschränkt man sich weiterhin auf solch inhaltsleere Maßnahmenkataloge – auch nicht in Sicht kommen wird.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu aufgefordert, auf euro­päischer Ebene in den zuständigen Gremien der Europäischen Union ihre Missbilli­gung gegenüber dem Jahreswachstumsbericht 2013 der Europäischen Kommission zum Ausdruck zu bringen, da sich dieser inhaltsleer in der Wiederholung altbekannter Phrasen erschöpft und die Verantwortung der Institutionen der Europäischen Union für die Krise leugnet.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Da es mir unmöglich war, Zwischenrufe hier oben vom Vorsitz zu hören, werde ich mir das Stenographische Protokoll kommen lassen. (Abg. Kickl: Ja, lassen Sie sich das Protokoll kommen! Ich kann es Ihnen auch sagen! – Abg. Neubauer: Ich kann es Ihnen auch sagen!)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort. – Bitte.

 


21.36.17

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Der Jahreswachstumsbericht der Europäischen Kommission ist alles andere als beruhigend. Ein paar Zitate aus diesem Bericht: 

„Nach mehreren Jahren schwachen Wachstums sind die sozialen Folgen der Krise mittlerweile unübersehbar.“

Oder: „Die anhaltende Krise hat nicht dazu beigetragen, die Bemühungen der Mitglied­staaten um Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 in den Bereichen Be­schäfti­gung, Klima und Energie sowie Bildung und Armutsbekämpfung voranzu­treiben.“

Oder weiter: „Die Arbeitslosigkeit ist deutlich gestiegen und Not und Armut nehmen zu.“

Tatsache ist, dass sich in den letzten zwölf Monaten die Zahl der Arbeitslosen in der EU um 2 Millionen auf mehr als 25 Millionen erhöht hat. Die durchschnittliche Arbeits­losenrate in der EU beträgt 10,6 Prozent, in der Euro-Zone 11,6 Prozent. Die Langzeit­arbeitslosigkeit nimmt zu: Einer von zwei Arbeitslosen ist mehr als ein Jahr lang arbeitslos. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt mittlerweile bei über 50 Prozent.

Genau vor dieser negativen Entwicklung infolge des verordneten Sparkurses seitens der EU warnt beispielsweise das WIFO in seinem jüngsten Monatsbericht vom Jän­ner 2013 und kritisiert den Kurs der EU. Es sagt:

Diese Entwicklungen lassen die Sparpolitik als Hauptstrategie zur Verringerung der öffentlichen Verschuldung fragwürdig erscheinen.

Insbesondere kritisiert wird in diesem Zusammenhang der Fiskalpakt. Dazu heißt es im WIFO-Monatsbericht wörtlich:


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Seine Anwendung in einer Situation, in der sich die meisten EU-Länder in einer Rezession oder zumindest Stagnation befinden, könnte einen Aufschwung verzögern und sogar verhindern und damit auch eine mittelfristige Wirtschaftsentwicklung dämp­fen. Dennoch hält die Politik an diesem Fiskalpakt fest.

Die Wahl in Italien hat den Protest der Bevölkerung gegen überzogene Sparmaß­nahmen auf dem Rücken der Bevölkerung eindeutig vor Augen geführt.

Meine Damen und Herren! Die Bevölkerung verliert zusehends das Vertrauen in die EU. Wir brauchen endlich ein Europa für und nicht gegen die Bürger und österreichi­sche Vertreter, die auf EU-Ebene die Interessen der Bürger vertreten und diese nicht verraten. (Beifall beim BZÖ.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


21.39.01

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre auf der Regierungsbank! Ich möchte Ihnen etwas vorlesen, und zwar beginne ich einmal so:

„Insgesamt stellt der Jahreswachstumsbericht der Kommission aus unserer Sicht keine geeignete Grundlage dar, um den massiven wirtschaftlichen und sozialen Problemen in der Europäischen Union auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Vielmehr könnten die bestehenden Probleme durch zentrale Empfehlungen des Berichts verschärft werden, insbesondere durch die Fortsetzung des als ,notwendigen Reformprozess‘ bezeichneten gescheiterten austeritätspolitischen Kurses, der das Wachstumspotenzial in der EU drosselt und die Arbeitslosigkeit drastisch erhöht.“

Das sage nicht ich, sondern das steht im AK-Positionspapier, verfasst im Jänner 2013. Die Arbeiterkammer ist nicht unbedingt eine Vorfeldorganisation des Teams Stronach, sondern wir wissen, dass die SPÖ da ganz stark drinnen steckt, und daher ist mir auch nicht ganz klar, warum Frau Muttonen hier sehr positiv über diesen Bericht gesprochen hat. Das finde ich schon etwas fragwürdig, da ja Ihre Positionen hier nicht wirklich mitgetragen werden. (Beifall des Abg. Markowitz.)

Meine Damen und Herren, dieser Bericht ist nicht das Gelbe vom Ei; das wurde hier schon mehrfach angedeutet. Ich bringe kurz ein paar Zahlen daraus:

Für das Jahr 2012 wurde von einer Schrumpfung des BIP von rund 0,3 Prozent in der EU und 0,4 Prozent im Eurogebiet ausgegangen – das sind also nicht gerade froh­lockende Botschaften.

Im Jahresbericht 2013 wird jedoch für die Erreichung einer Stabilisierung der Wirt­schaftssituation von positiven Reformprozessen in den EU-Staaten ausgegangen. Schauen wir einmal in unser Nachbarland Italien! Da herrscht im Moment etwas das Chaos. Es ist immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft in der EU, und die politische Situation lässt nicht erahnen, was da jetzt noch auf die EU zukommt – also alles in allem eine sehr fragwürdige Situation.

Ich glaube, wir brauchen mehr Wahrheit, mehr Fairness und mehr Transparenz – und dies auch in der EU! (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

21.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Oster­mayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 246

21.41.50

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat, wie ich glaube, klar gezeigt, dass der Wachstumsbericht die Probleme nicht verschweigt, die es in der Europäischen Union – aber auch in anderen Volkswirtschaften oder Regionen der Welt – gibt, sondern dass die Probleme auch ganz konkret angesprochen werden und versucht wird, für diese Probleme Lösungs­vorschläge beziehungsweise Ziele zu definieren.

Eines ist meines Erachtens ganz klar: Würde es die Europäische Union nicht geben, wären die Probleme, in denen wir derzeit stecken, noch wesentlich größer. Ich glaube, es gibt Konsens zu den Zielen. Also ich nehme an, dass auch Herr Abgeordneter Hübner mit den grundsätzlichen Zielen oder Prioritäten – nämlich: differenzierte, wachstums­orientierte oder wachstumsfreundliche Konsolidierung – konform gehen kann.

Man kann durchaus sagen, dass wir mit dem Konsolidierungspaket, das wir beschlos­sen haben, genau in diese Richtung gehen, nämlich Konsolidierung, indem wir einerseits bei den Ausgaben sparen, aber andererseits auch Einnahmen lukrieren, um nicht durch zu starkes Sparen Investitionen zu gefährden, die ihrerseits natürlich wieder Wachstum und Beschäftigung auslösen.

Auch zum zweiten Punkt, der Wiederherstellung einer normalen Kreditversorgung, gibt es Konsens, glaube ich.

Dritter Punkt: Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. – Ich denke, gerade Österreich ist in diesem Bereich durchaus vorbildhaft, was man dann gut sehen kann, wenn man sich das Konsolidierungspaket, das die Regierung letztes Jahr vorbe­reitet und beschlossen hat, vergegenwärtigt.

Vierter Punkt: Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Bewältigung der sozialen Folgen der Krise. – Über den Weg kann man durchaus unterschiedlicher Ansicht sein, aber vom Ziel her ist es, glaube ich – oder hoffe ich –, so, dass es generell in diesem Haus begrüßt wird.

Auch in Bezug auf den fünften Punkt, der Modernisierung der Verwaltung, haben wir in Österreich im Konsolidierungspaket viel vorgesehen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Man kann es am Beispiel Griechenland zeigen: Wir haben gesehen, dass es dort etwa im Bereich der Steuereintreibung, der Steuerbehörden einen großen Nachholbedarf gibt, weil es nicht reicht, dass Steuern sozusagen gesetzlich vorge­sehen sind, sondern sie müssen tatsächlich auch eingehoben werden können.

Ein Punkt, der auch Ausfluss dieses Wachstumsberichtes ist und der vor allem auch aufgrund der Initiativen Österreichs, des Bundeskanzlers, des Sozialministers aufge­nommen wurde, ist das Thema Jugendbeschäftigungspakt, insbesondere die Beschäftigungsgarantie für junge Leute. Die Umsetzung oder die Beschlussfassung ist schon morgen im Sozialministerrat vorgesehen.

Das ist ein Beispiel, das nicht nur im Rahmen der EU, sondern bis hin zu den G 20 thematisiert wurde. Der Bundeskanzler war mit Kommissionspräsident Barroso und letzte Woche auch mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten in einer Lehrwerk­stätte, um zu zeigen, wie wir das machen, und davon zu überzeugen. Diese Über­zeugung ist mittlerweile gelungen.

Warum ist die Europäische Union so wichtig, insbesondere auch für Österreich? – Das ist hier mehrfach und oftmals schon diskutiert worden, und das zeigt sich auch bei den Zahlen Österreichs, die bei der Winterprognose der Europäischen Kommission Niederschlag gefunden haben: Einerseits werden wir auch im Jahr 2013 die niedrigste


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Arbeitslosigkeit in der EU haben, wir werden bei der Jugendarbeitslosigkeit einen sehr niedrigen Wert haben, wir liegen beim Wachstum im Bereich der Eurozone sehr gut. Andererseits ist ein ganz wesentlicher Punkt, dass das Wachstum, das in Österreich stattfindet, die Beschäftigung, die in Österreich stattfindet, in einem sehr hohen Aus­maß vom Export – vom Export in die Euro-Zone, vom Export in die Europäische Union – abhängig ist.

Die Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank sagen, dass etwa 990 000 – also knapp eine Million – Arbeitsplätze durch den Export gesichert werden und dass etwa 500 000 davon allein durch die Exporte in die Eurozone gesichert werden. Ich glaube, das ist ein schlagender Beweis dafür, warum es so wichtig ist, dass wir in der Euro­päischen Union sind, dass die Eurozone stabilisiert wird – und genau das sind die Ziele dieses Wachstumsberichtes, der jetzt vorliegt.

Ich denke, wir sollten alle miteinander alles daransetzen, dass diese Ziele möglichst erreicht werden, dass zumindest die grundsätzlichen Ziele erreicht werden. Wir sollten auch alles daransetzen, dass Europa und Österreich weiterhin so gut dastehen – ohne zu verschweigen, dass es seit der Finanzkrise im Jahr 2008 große Probleme gibt und da noch viel zu tun sein wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hornek.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


21.47.36

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Herr Staatssekretär Ostermayer, du hast gerade ausgeführt, dass wir mit den Zielen, die in diesem Wachstumsbericht vorgeschlagen werden, einverstanden sind. Der Weg ist allerdings nicht immer identisch mit dem, was vorgeschlagen wird (Abg. Scheibner: Aber der Weg ist ja !) – und da bin ich schon bei Herrn Dr. Hübner.

Wir hatten letzten Dienstag im EU-Unterausschuss die Möglichkeit, mit dem Vertreter der Kommission hier in Wien, mit Mag. Kühnel als Experten zu diskutieren. Da in den verschiedenen Berichten – im Stabilitätsbericht, im Wachstumsbericht, in unterschied­lichen Berichten der Kommission (Zwischenruf des Abg. Huber) – immer wieder auch das Pensionsalter zur Debatte gestellt wird, und zwar die frühere Angleichung des Frauenpensionsalters, habe ich die Gelegenheit selbstverständlich ergriffen, das auch in diesem Ausschuss zu debattieren und die Meinung der Kommission zu erfragen. In diesem Punkt bin ich, sind wir von der SPÖ einfach anderer Ansicht als die Euro­päische Kommission, die diesbezüglich Vorschläge gemacht hat.

Ich bin der Überzeugung, dass es sehr wohl darum geht, dass wir das faktische Pen­sionsalter von Frauen und Männern angleichen. Es sind ja de facto nur eineinhalb Jahre Unterschied zwischen dem unterschiedlichen Antrittsalter von Männern und Frauen. Hier wird aber vorgeschlagen, dass die Angleichung des unterschiedlichen Pensionsalters bereits vor der Zeit – also vor 2033, wie es in der Verfassung steht – erfolgen soll, und da bin ich einfach anderer Auffassung, weil die tatsächliche Gleich­stellung in Österreich schlicht und einfach noch nicht stattgefunden hat, weil es da noch wichtiger Maßnahmen bedarf. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wir brauchen zum Beispiel mehr Kinderbetreuung, wir brauchen bessere Anrech­nungs­zeiten, und, und, und. Was wir in diesem Zusammenhang nicht brauchen, ist, dass wir sozusagen über diesen Weg mehr Abschläge für die Frauen haben und noch geringere Pensionen als jetzt schon. (Abg. Wöginger: Wenn sie länger arbeiten ! – Zwischenruf der Abg. Steibl.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 248

Ich erinnere daran: Die durchschnittliche Frauenpension beträgt 778 € und die Män­nerpension 1 200 €; da – wir haben heute schon den Rechnungshofbericht dis­kutiert – müssen wir ansetzen. Die langen Durchrechnungszeiten nehmen auch nicht unbedingt Rücksicht darauf, wie das Erwerbsleben, wie die Biographie von Frauen aussieht.

Daher: Da sollte man andere Wege gehen, den österreichischen Weg fortsetzen und faktische Maßnahmen setzen, um die Arbeitgeber auch mit Anreizen dazu zu bringen, mehr ältere Arbeitnehmer und vor allem Arbeitnehmerinnen anzustellen – das ist ein Punkt –, während der Arbeitszeit höhere Löhne zu bezahlen, aber nicht der Altersarmut Vorschub leisten, indem man Maßnahmen vorschlägt, wodurch die Abschläge noch größer werden und die Pensionen noch geringer. Da können wir von der SPÖ sicher nicht mitmachen, also: Hände weg von einer frühzeitigen Angleichung des Pensions­alters für Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das hat der Hundstorfer vorgeschlagen! – Ruf bei der SPÖ: Ah so?! Ist halt auch ein Mann! – Heiterkeit und Ruf bei der ÖVP: Ist aber euer Minister!)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


21.51.28

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Wenn wir uns ansehen, wie Österreich im Vergleich zu den meisten anderen Ländern in der Europäischen Union aus der Krise gegangen ist, sehen wir, dass wir sehr vieles richtig gemacht haben müssen. Wir haben eine Reihe von Dingen gemacht. Das Erste ist, dass wir durchaus versucht haben, zu sparen, und zwar so, dass es möglichst beschäftigungsneutral ist, also möglichst wenig schlecht für Beschäftigung und möglichst gut für das Wachstum.

Das Zweite, das wir gemacht haben, ist, dass wir auch investiert haben, weil wir ge­wusst haben, dass Bildung, Forschung, Green Jobs Zukunftsinvestitionen sind, die wir tätigen wollen und müssen, auch in Zeiten knapper Haushalte. Das Dritte, das wir gemacht haben, ist, dass wir geschaut haben, dass wir auch – ich sage es einmal so – gerechtere Einnahmen im Staatsbudget herstellen, sprich: Steuern und Abgaben auf Arbeit senken und gleichzeitig Steuern und Abgaben auf Kapital und Vermögen erhöhen. Das ist auch erfolgt.

Wir haben seit der Krise die Steuern und Abgaben auf Arbeit um zirka 3 Milliarden € gesenkt und Steuern auf Kapital und Vermögen um zirka 2 Milliarden € erhöht. Und die Zahlen, die wir sehen – Österreich im Vergleich zu den anderen Ländern in der Europäischen Union –, haben uns recht gegeben und gezeigt, dass die Politik, die wir gemacht haben, richtig war.

Unser Hauptaugenmerk in der Politik galt immer der Frage der Beschäftigung, deshalb gehört Österreich zu den ganz wenigen Ländern, in denen heute mehr Menschen einen Arbeitsplatz haben als vor der Krise; auch wenn es jetzt mehr Arbeitslose gibt als vor der Krise, gibt es trotzdem mehr Jobs. Die meisten Länder haben weniger Jobs als vor der Krise.

Wenn man sich den Bericht der Europäischen Union ansieht, stellt man fest, dass in einigen Bereichen diese Politik, die wir hier in Österreich gemacht haben – nicht nur in Österreich; es gibt auch andere Länder, die erfolgreicher durch die Krise gekommen sind als der Schnitt oder der Großteil der Europäischen Union –, dass einige der Ansätze, die wir gewählt haben, da auch gewählt werden.

Eigentlich in allem, was mit Beschäftigungspolitik zu tun hat, ist Österreich ein Vorbild für alle Länder in der Europäischen Union, unter anderem zum Beispiel hinsichtlich der Jobgarantie, die wir in Österreich bereits eingeführt haben. Jeder junge Mensch in


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Österreich hat innerhalb von sechs Monaten, nachdem er die Schule beendet hat, beziehungsweise er quasi in der Luft hängt, ein Anrecht auf einen Ausbildungsplatz, auf eine Lehre oder auf einen Beschäftigungsplatz. Junge Menschen haben die Ga­rantie, innerhalb dieses Zeitraums einen dieser drei Plätze zu bekommen. Das steht ganz oben bei den Maßnahmen, die die Europäische Union für alle Länder umsetzen will, weil Österreich eben eine so erfolgreiche Beschäftigungspolitik gemacht hat.

Es gibt auch eine Reihe von anderen Fragen, wo man sieht, dass die gute Politik, die wir in Österreich gemacht haben, übernommen wird – aber nicht alles. Es gibt natürlich auch Kritik, zum Beispiel dass die Auswirkungen der Sparpolitik in der Europäischen Union, dieses Kaputtsparen nicht richtig bewertet werden.

Es ist ja so, dass sowohl die Europäische Union als auch der IWF mit ihren Krisen­programmen reingegangen sind und gesagt haben: Wenn wir einen Euro einsparen, bedeutet das, dass ein halber Euro Wirtschaftsleistung verloren geht.

Was hat der IWF gemacht? – Er hat geschaut, was tatsächlich geschehen ist. Tat­sächlich ist nicht ein halber Euro verloren gegangen, sondern es waren in etwa eineinhalb bis zwei Euro. Das heißt, dass die negativen Auswirkungen dieser blinden Sparpolitik viel schlimmer sind, als man gedacht hat.

Der IWF zieht daraus die Konsequenzen und sagt: Wenn unsere Prognose nicht mit der Realität übereinstimmt, dann muss an der Prognose etwas falsch sein. Die Euro­päische Union hat das leider noch nicht zur Gänze kapiert, die glauben immer, dass an der Realität etwas nicht stimmt. Ich behaupte, die Realität stimmt immer, und wenn man etwas falsch vorausgesagt hat, dann liegt es an der Prognose und nicht an der Realität.

Ein Punkt, der leider auch noch nicht den Stellenwert hat, den er in der internationalen Diskussion haben sollte, ist die Arbeitslosigkeit. Es ist vollkommen richtig, dass wir strenge Grenzen bei der Verschuldung haben, strenge Grenzen beim Schuldenstand, aber genauso wichtig ist die Frage der Arbeitslosigkeit. Wenn es quasi ein Verfahren gibt gegen Länder, die übermäßige Defizite haben, sollte es auch ein Verfahren geben gegen Länder, die übermäßige Arbeitslosenzahlen haben, denn die sind noch wesentlich gefährlicher für die Gesellschaft als hohe Schulden.

Das ist etwas, woran wir in der Europäischen Union noch weiterarbeiten müssen, damit die Frage der Beschäftigung den Stellenwert bekommt, den sie in Österreich hat und den sie auch verdient. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Eine sehr kurze Rede war das!)

21.56

21.56.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union, seinen Bericht 2165 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen Union: COM(2012) 750 final – Mitteilung der Kommission/Jahreswachstumsbericht 2013 (99652/EU XXIV.GP).


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 250

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

21.57.3010. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (2133 d.B.): Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwi­schen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits (2174 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


21.58.03

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ich glaube, mäßig effiziente Armleuchter machen da jetzt Politik. Es geht um ein Abkommen, wo es wirklich sehr, sehr wichtig ist, dass wir unsere Bevölkerung schützen, dass wir unsere Arbeitsplätze schützen, dass wir unsere Kaufkraft schützen. Und vor allem geht es um eines: Es geht sehr viel um Kinderarbeit.

Wir vom BZÖ sind die Einzigen, die hier gegen diesen Wahnsinn sind. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wenn ihr heute zustimmt, dass die Republik Vietnam Produkte zollfrei nach Österreich einführen kann, dann ist das, glaube ich, wirklich bezeichnend.

Fürs Protokoll: Der Kollege Hörl von der ÖVP kann nichts wie dumm reinschreien! (Beifall beim BZÖ.)

Es geht doch wirklich um sehr, sehr viel, denn sehr viele Unternehmer in Tirol kommen zu mir, sie sind wirklich verzweifelt, sie sagen – so wie die Stubaier Werke –: Wir entwickeln beste Werkzeuge, wir bringen sie in die Baumärkte. Und was passiert dann? – Nach spätestens drei Monaten werden sie durch Produkte aus China, Indien und jetzt auch Vietnam ersetzt. Und die lassen wir jetzt auch noch zollfrei rein?! Ja, meine lieben Freunde, da müssen wir doch einmal nachdenken! Schicken wir unsere gesamte Kaufkraft in den Fernen Osten und vernichten wir Arbeitsplätze bei uns? – Ich glaube, das ist der falsche Weg.

Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses, Herr Kollege Cap, hat im Aus­schuss groß gesagt, die Vietnamesen produzieren die besten Laufschuhe, ich will billige Laufschuhe – da sind wir dafür!

Herr Kollege Cap, das versteht niemand. Wissen Sie, ob da Kinderarbeit dabei ist? Gibt es da irgendein Siegel, oder kontrolliert das irgendjemand? – Ich glaube, dass das der falsche Weg ist. Ich bin mir auch sicher, dass unsere österreichischen Betriebe, die europäischen Betriebe mindestens gleich gute Schuhe herstellen können. Und ein Herr Klubobmann und ein Herr Funktionär, ewig in der SPÖ, wird sich auch europäische, also österreichische Laufschuhe leisten können. (Abg. Dr. Cap: Sie sind ahnungslos!) Er sagt, ich bin ahnungslos, fürs Protokoll: ich bin ahnungslos. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich bin nicht ahnungslos! Wir brauchen unsere Arbeitsplätze! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Sie sind komplett weltfremd, Herr Klubobmann! Sie leben in einer falschen Welt. Es ist kein Wunder, dass wir heute solche Wirtschaftsdaten haben, dass wir solche Berichte auch von der Europäischen Union erhalten, wie wir sie gerade erhalten haben. Es ist ein Trauerspiel. Und Sie sagen, ich bin ahnungslos. Ja wer ist da ahnungslos? (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 251

Wir haben die Pflicht, unsere Arbeitsplätze zu schützen. Das ist wirklich so. Eine Volkspartei geht her und vertritt einzig und allein die Banken, die Interessen dieses Europa, der UdSSR. Die Folgen haben wir in Russland gesehen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Handeln wir endlich einmal mit Hausverstand! Handeln wir doch endlich einmal solidarisch mit unserer Wertschöpfung, mit unserer Kaufkraft, solidarisch mit unseren Arbeitsplätzen! Herr Kollege Cap! Und eines sage ich Ihnen noch, ich habe Hinweise, dass sehr viele Anzüge heute in Vietnam von Kindern produziert werden. Das wollen Sie alles zollfrei reinlassen? Ich wünsche Ihnen viel Glück! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn wir uns heute hier als Abgeordnete zum Nationalrat keine Gedanken machen, wo unsere Kaufkraft hinfließt, wenn wir uns nicht endlich vor unsere österreichischen Betriebe stellen, vor die europäischen Betriebe, dann wird dieses Europa keine Zukunft haben und dieses Rot-Schwarz wird ausgedient haben. Fangen wir endlich an, dass wir unsere Arbeitsplätze und unsere Wertschöpfung schützen, und schauen wir, dass wir Laufschuhe in Österreich produzieren! Das wäre eine Initiative. (Beifall und Jawohl-Rufe beim BZÖ.)

Aber wir sollten nicht hergehen und sagen, wir fordern Laufschuhe aus Vietnam, die sehr billig sind. Das ist der falsche Weg. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Bravo!)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


22.02.35

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Wir werden das Protokoll aufmerksam lesen und schauen, ob es auch wirklich vollständig ist.

Im Übrigen, Herr Kollege Huber, würde ich wirklich empfehlen, dass du deine Funktion als Sprecher für Entwicklungszusammenarbeit überlegst (Rufe beim BZÖ: Na geh!), denn das, was du hier in diesem Zusammenhang geboten hast, war nicht dieser Rolle entsprechend. (Beifall bei der ÖVP.) Okay, gut. Zurück zum Thema. (Abg. Huber: Das ist entwicklungspolitisch gut!)

1975, am Ende des Vietnamkrieges, wurde ein Begriff geprägt, der auch heute noch im Flüchtlingsbereich gängig ist, nämlich jener der „boat people“. Viele, die diese Zeit medial miterlebt haben, werden noch wissen, wie dieser Krieg verlaufen ist. Am Ende dieses Krieges, 1975, war Vietnam jedenfalls ein zerstörtes Land, und es gab insgesamt 2 Millionen Tote in diesem Krieg.

Deswegen ist es für mich eigentlich etwas unwirklich und auch fast unglaublich, dass wir heute als Europäische Union und Österreich ein Rahmenabkommen über umfas­sende wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Vietnam beschließen. Das zeigt einerseits, dass es hier wirklich eine gute wirtschaftliche Entwicklung gegeben hat. Und daher glaube ich auch, dass es gut und richtig ist, dass wir dieses Abkommen unterzeichnen. Andererseits aber dürfen wir auch nicht vergessen, dass Vietnam nach wie vor eine Diktatur ist, geführt von einer kommunistischen Einheitspartei, und dass es deswegen wichtig ist, dass in diesem Vertrag auf die Menschenrechte und auf die Rechte der Personen und auch der einzelnen Unternehmen entsprechend Bezug genommen wird. Das wird mit diesem Abkommen unter anderem gewährleistet. Und ich glaube daher, dass es gut ist, vor allem auch für die Leute in Vietnam gut ist, dass dieses Rahmenabkommen heute unterzeichnet beziehungsweise ratifiziert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.05



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 252

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


22.05.15

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich darf gleich auf die Ausführungen meines Vorredners, des Herrn Huber, Bezug nehmen. Kollege Huber, ich glaube, es ist Ihnen entgangen, dass sich in diesem Abkommen auch ganz wichtige Bestimmungen im Zusammenhang mit der Beschäftigung, mit der sozialen Sicherheit und der Weiterentwicklung dieses Landes finden. (Abg. Scheibner: Lesen Sie vor!)

Ich halte es für ganz entscheidend und für ganz wichtig, dass die Vertragspartner sich auch dahingehend verstanden haben, dass die anerkannten Standards der Arbeits­organisation, der ILO, künftig auch eingehalten, gefördert werden. Genau das ist ein wichtiger Punkt. (Abg. Huber: Es geht um die Laufschuhe des Kollegen Cap!)

Ich gebe Ihnen schon recht, dass die Arbeitsbedingungen in diesem Land nicht gut sind. Aber genau deshalb muss man auch solche Vereinbarungen treffen, damit man Maßnahmen setzt, dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bessere Bedingungen haben. Das ist entscheidend für die Menschen, die dort leben. Das ist letzten Endes aber auch entscheidend für unsere Kollegen und Kolleginnen auf dem Arbeitsmarkt. Denn wenn sich die Arbeitsbedingungen in diesem Land verbessern, dann bedeutet das ganz einfach auch, dass nicht mehr irgendwelche Firmen, die billig produzieren wollen, dorthin auswandern und die Leute dort ausnüt­zen. Daher finde ich dieses Übereinkommen hervorragend, wichtig und gut.

Lassen Sie mich auch noch auf ein paar andere Punkte eingehen, die in diesem Übereinkommen zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam enthalten sind. Es sind Übereinkommen im Zusammenhang mit der Entwick­lungspolitik, mit Frieden und Sicherheit, Handels- und Investitionsfragen, Gesundheit, Beschäftigung und Soziales. Das sagte ich schon. Und was mir auch ganz wichtig ist, ist, dass auch Bestimmungen enthalten sind, wonach Maßnahmen zu treffen sind, damit die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, am Arbeitsplatz und auch im Zusammenhang mit der Beteiligung am politischen Geschehen dort besser wird. Eine gute Maßnahme, ein gutes Übereinkommen, und ich hoffe, dass es in vielen Bereichen rasch realisiert wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


22.07.35

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Rahmenabkom­men über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Sozialistischen Republik Vietnam andererseits unterstützen wir, weil wir es für wichtig halten, dass die EU endlich auch im Fall von Asien eine eigene Politik entwickelt. Das wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Bekanntlich ist es ja so, dass der EU bis jetzt eine strategische Zusam­menarbeit mit den asiatischen Ländern fehlt.

Von Kollegin Csörgits wurden einige Bereiche aufgezählt, die mit diesem Rahmen­übereinkommen geregelt werden sollen. Diese werde ich nicht alle aufzählen. Ich schließe mich ihren Ausführungen und ihrer Einschätzung diesbezüglich an, möchte aber abschließend trotzdem kritisch anmerken, dass wir dies genau beobachten werden. Sollte es zum Entwurf eines Freihandelsabkommens mit Vietnam kommen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 253

muss man sich das ganz genau anschauen, weil es da selbstverständlich darum gehen wird, ob eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung durch so ein Abkommen gefördert oder behindert werden würde.

Zum Thema Menschenrechte. Auf das Thema Menschenrechte muss man selbst­verständlich auch besonderes Augenmerk legen. Um ein solches Freihandelsabkom­men geht es bei der zur Debatte stehenden Vorlage allerdings nicht. Es geht um ein Rahmenabkommen.

Aus den genannten Gründen werden wir diesem Rahmenabkommen zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

22.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte. (Abg. Grosz: Herr Kollege Heinzl, wir wollen etwas zu den Laufschuhen des Kollegen Cap wissen!)

 


22.09.31

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, dieser Versuch von scherzhaften Zwischenrufen des Herrn Abgeordneten Klein, Entschuldigung Grosz (Heiterkeit), ist im Rahmen dieser Debatte fast unerträglich. (Abg. Grosz: Da haben Sie jetzt Ihre ganze Intelligenz zusammengenommen!) Deshalb möchte ich wirklich zur Sache kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Vietnam werden auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt. Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, sowohl die politischen und wirtschaftlichen als auch die sozialen und kulturellen Kooperationen auszubauen. Von großer Bedeutung ist auch eine nachhaltige Investitionspolitik, da das langfristige Ziel der Entwicklungszusammenarbeit die Beseitigung der Armut sein muss.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe voriges Jahr dabei sein dürfen, als eine große österreichische Wirtschaftsdelegation unter der Führung unseres Bundespräsi­denten Heinz Fischer Vietnam bereist hat. Deshalb weiß ich aus vielen persönlichen Gesprächen und Erlebnissen, dass viele österreichische Unternehmen, vor allem Klein- und Mittelunternehmen, großes Interesse an Handelsbeziehungen zu Vietnam haben.

Was erwarten wir in Österreich, Herr Grosz, von diesem Abkommen? (Abg. Grosz: Billige Laufschuhe für Herrn Cap!) Wir erwarten uns vor allem eine Intensivierung der Beziehungen im Hinblick auf den Hi-Tech-Markt. Das österreichische Interesse liegt hier insbesondere im Bereich Energie, Umwelt und Bildung, Herr Grosz, und nicht nur im Bereich von Laufschuhen. Dies zu Ihrer Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Sehr gut, bravo!)

22.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort hat sich dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 2133 der Beilagen gemäß Artikel 50 Absatz 1 Ziffer 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 254

22.12.2311. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2207/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten Führer der PKK, Abdullah Öcalan (2175 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2028/A(E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (2176 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


22.13.13

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Frau Präsi­dentin hat den Inhalt der Punkte vorgelesen. Es handelt sich bei beiden Punkten um Aufforderungen an die Türkei, Menschenrechtsverletzungen einzustellen und sich, und das sage ich jetzt auch ganz deutlich, an europäische und internationale Normen, was Menschenrechte anbelangt, zu halten oder diese einzuführen.

Insbesondere wenn hier ergebnisoffene Verhandlungen über einen Beitritt zur EU geführt werden, dann ist es, glaube ich, notwendig, dass auch die Türkei Schritte setzt, die zeigen, dass sie es ernst meint, etwa mit Religionsfreiheit – wir haben heute noch einen Punkt auf der Tagesordnung, wo es um das Kloster Mor Gabriel geht, wo wir auch kurz darüber diskutieren werden –, mit Pressefreiheit, Minderheitenschutz, Gleich­berechtigung et cetera.

Jetzt sind wir nicht hier, um Oberlehrer zu spielen, sondern ich glaube, dass es ein Menschenrecht und ein Gebot der Stunde ist, dass sich alle Länder an die internationalen Normen halten. Es ist in der Türkei schon viel geschehen, das darf man auch nicht verleugnen. Ich denke etwa an die Abschaffung der Todesstrafe (Abg. Scheibner: Großartig, ist europäischer Standard!), wobei es in vielen anderen Staaten, beispielsweise in den USA, die Todesstrafe noch gibt. In der Türkei wurde diese 2002 für Friedenszeiten, 2004 für alle Zeiten abgeschafft. Ich glaube, man muss auch anerkennen, dass es Fortschritte in der Entwicklung gibt, aber diese sind noch weit entfernt von Standards.

Was die Religionsfreiheit anbelangt, so ist das ein eigenes Kapitel, nicht nur für die Türkei, sondern für viele islamische Staaten. Gestern fand sich im „Kurier“ die Über­schrift – und es ist mir ein besonderes Anliegen, darauf hinzuweisen –: „Heute sind Christen im Visier von Islamisten“. Und da heißt es:

„In Saudi-Arabien ist Christen die Ausübung ihres Glaubens generell verboten, Muslimen, die konvertieren, droht die Todesstrafe. Und in Nordkorea ist laut der Organisation ,Open Doors‘, die sich weltweit gegen Christen-Verfolgungen einsetzt, die Lage am schlimmsten. 70.000 nordkoreanische Glaubensbrüder‑ und ‑schwestern seien in Lagern interniert.

Global würden 100 Millionen Christen verfolgt.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 255

Darauf muss man auch hinweisen, wenn man exemplarisch über die Einhaltung von Menschenrechten in einem Land spricht. Wir sollten permanent den Finger in die Wunden legen und nicht aufhören, darüber zu reden, denn steter Tropfen höhlt den Stein. Ich bin überzeugt davon, auch hier wird der stete Tropfen den Stein höhlen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


22.16.07

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der gewaltsame Konflikt zwischen der Türkei und der kurdischen PKK hat in den vergangenen knapp 30 Jahren weit über 30 000 Menschen das Leben gekostet und einer ganzen Region eine friedliche Entwicklung verwehrt. Seit Ende 2012 sind nun allem Anschein nach die türkische Regierung und die Kurden­partei PDP und PKK darum bemüht, die Friedensgespräche wieder aufzunehmen. Das sind – bei aller Vorsicht, die hier geboten ist – hoffnungsvolle Entwicklungen.

Der Prozess steht jedoch noch auf sehr wackligen Beinen. Das hat die Ermordung der drei PKK-Aktivistinnen am 10. Jänner in Paris gezeigt. Der genaue Hintergrund der Tat ist zwar nach wie vor unklar, aber die Reaktionen auf beiden Seiten haben deutlich gemacht, dass es sowohl auf türkischer als auch auf kurdischer Seite Gegner der Friedens­initiative gibt. Dass die Gespräche trotz gegenseitiger Schuldzuweisungen nicht abgebrochen, sondern fortgesetzt wurden, halte ich schon für ein ermutigendes Zeichen.

Eine friedliche Lösung des Konflikts wäre hoffentlich das Ende der fürchterlichen Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen, unter denen besonders die kurdische Bevölkerung zu leiden hat.

Das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ein enorm wichtiger Beitrag zur Sta­bilisierung der Region. In weiterer Folge hängt auch die Sicherheit Österreichs und der EU davon ab, das heißt, dies hat auch für die Sicherheit Österreichs und der EU eine große Bedeutung.

Der vorliegende Antrag fordert die österreichische Regierung dazu auf, die Friedens­verhandlungen aktiv und nachhaltig sowohl bilateral als auch auf EU-Ebene und auf Europaratsebene zu unterstützen. Ich hoffe auf eine breite Zustimmung hier im Plenum. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. (Abg. Dr. Hübner: Ich verzichte auf die Wortmeldung! Es ist so schön geredet worden! – Beifall bei der SPÖ.)

Somit ist die nächste Rednerin Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


22.18.40

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei beiden vorliegenden Anträgen geht es um die seit Jahren sehr prekäre und problematische Menschenrechtslage in der Türkei. Im zweiten Antrag, im Antrag von Professor Van der Bellen und mir betref­fend Verbesserung der Menschenrechtslage in der Türkei, haben wir wieder einmal darauf hingewiesen, dass im Besonderen die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit in der Türkei seit Längerem, aber ganz besonders in den letzten zwei, drei Jahren sehr stark unter Druck geraten sind, dass zig Journalisten und Journalistinnen in Haft


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 256

genommen und in monatelangen, ja teilweise jahrelangen Verfahren manchmal sogar ohne konkrete Anschuldigung, ohne konkretes Verfahren im Gefängnis gehalten wurden.

Inzwischen wurden ein paar dieser Journalisten und Journalistinnen freigelassen, stattdessen wurden aber andere verhaftet. Vor zirka zwei Wochen hat es eine große Verhaftungswelle von gewerkschaftlich aktiven Menschen, Gewerkschaftern und Ge­werk­schafterinnen, gegeben. Die Liste der Beispiele könnte man leider traurigerweise fortsetzen.

Das heißt, die Menschenrechtslage in der Türkei ist weiterhin prekär, obwohl in den letzten Jahren im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen auch Verbesserungen erreicht und manche Gesetze novelliert und verbessert wurden. Trotzdem bleiben die Meinungsfreiheit und auch die Religionsfreiheit – darüber werden wir bei den späteren Tagesordnungspunkten reden – sehr stark unter Druck.

Umso mehr ist es unserer Meinung nach unsere Aufgabe, gemeinsam aktiv zu werden und auch die österreichische Bundesregierung aufzufordern, aktiv zu werden und in bilateralen Gesprächen, aber auch im Rahmen der EU auf eine massive Verbesserung der Menschenrechtslage, der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit in der Türkei hinzuwirken.

Es freut mich sehr, dass unser Antrag im Außenpolitischen Ausschuss einstimmig angenommen wurde. Ich gehe davon aus, dass das auch heute hier der Fall sein wird, und es freut uns sehr, dass wir im Nationalrat mit einer Stimme sprechen, was die Menschenrechtslage – in diesem Fall in der Türkei – betrifft.

Zum ersten Antrag: Diesen Antrag von Kollegin Muttonen und Kollegen Amon werden wir auch unterstützen. Es freut uns, dass bezüglich dieses sehr blutigen Konflikts, dem inzwischen zig Tausende Menschen zum Opfer gefallen sind, sowohl auf kurdischer Seite als auch auf türkischer Seite, jetzt ein bisschen Hoffnung besteht, dass er bei­gelegt werden kann. Ende 2012 haben ja Verhandlungen zwischen der türkischen Regierung und der PKK begonnen, und trotz der von der Kollegin Muttonen erwähnten Ermordung von drei kurdischen Aktivistinnen besteht Hoffnung, dass die Verhandlun­gen und die Gespräche weitergehen.

Unsere Aufgabe und die Aufgabe der österreichischen Bundesregierung ist es, diese Bemühungen nach Kräften zu unterstützen, damit dieser Konflikt endlich auf politi­schem Weg gelöst und beigelegt werden kann, damit Kurden und Kurdinnen ihre Men­schenrechte gesichert bekommen, als Minderheitenangehörige, als Bürger und Bürge­rinnen der Türkei selbstverständlich mit denselben Rechten ausgestattet werden und in Sicherheit und Frieden leben können. Eine Beilegung dieses Konfliktes liegt im Interesse aller in diesem Land, aber auch in der Region und in ganz Europa.

In diesem Sinne danke ich für die Unterstützung dieser beiden Anträge. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


22.22.45

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär Lopatka – ich wecke Sie nur ganz kurz, aber ich hätte schon ganz gern von Ihnen gewusst, wie Ihre ... (Zwischenruf des Abg. Klikovits.) – Das sage ich schon, lieber Freund! Du bist auch gerade munter geworden, aber da geht es jetzt wirklich um etwas Bedeutendes, und zwar um ein Versprechen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Klikovits und Eßl.) – Ich komme schon dazu, lieber Kollege! Es geht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 257

um ein Versprechen. Wir reden jetzt über die Türkei, Beitrittskandidat der Euro­päischen Union, falls ihr das nicht mitbekommen habt, und um die dortige Menschen­rechtslage.

Es hat da ein Versprechen gegeben. Herr Kollege Cap, kann ich mich noch erinnern, hat hier eindrucksvolle Reden gehalten, der damalige Abgeordnete Lopatka hat, glaube ich, auch mitgestimmt. Wir alle sind sehr skeptisch hinsichtlich der Möglichkeit, dass die Türkei Mitglied der Europäischen Union wird. Meiner Meinung nach ist es völlig verfehlt, diese Verhandlungen so zu führen. Gescheiter wäre es, eine maßge­schneiderte Partnerschaft mit dem strategisch sicherlich wichtigen Land abzu­schließen, als jetzt einen Vollbeitritt zu verhandeln, der, wie ich glaube, nie realisiert werden kann. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Aber – und das ist jetzt wichtig – es gibt ein Versprechen dieses Hauses – nicht nur der Bundesregierung, weil Bundesregierungen kommen und gehen, sondern dieses Hauses, des Nationalrates –, dass in Österreich, sollten diese Beitrittsverhandlungen einmal zu einem Ende geführt werden, egal, wann das ist, verpflichtend eine Volksab­stimmung darüber abgehalten wird. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Herr Kollege Cap, da geben Sie mir recht? Meine Damen und Herren von der ÖVP, geben Sie mir auch recht? – So. Herr Staatssekretär Lopatka, in der morgigen Zeitung lese ich plötzlich ... (Staatssekretär Dr. Lopatka: Was sage ich?– Das sage ich Ihnen jetzt. Sie werden hoffentlich selber wissen, was Sie gesagt haben. Die Überschrift lautet jedenfalls: „Jein zu Referendum über EU-Beitritt der Türkei.“ (Staatssekretär Dr. Lopatka: Das sage ich nicht!) – Ja, aber was sagen Sie? (Staatssekretär Dr. Lopatka: Das sage ich nicht!) – Sie loben die positiven Signale der Türkei, und dann sagen Sie:

„‚Unter Berücksichtigung neuer Entwicklung in der Türkei und im Beitrittsprozess muss die nächste Regierung den Stand der Verhandlungen bewerten. Das Prinzip der Kontinuität gibt es nicht‘, sagt Lopatka.“ – Und zwar Bezug nehmend auf die Frage, ob es eine Volksabstimmung vor einem Beitritt geben soll oder nicht. (Staatssekretär Dr. Lopatka: Nein, das sagen wiederum Sie!) – Nein, das sage nicht ich! Dann dementieren Sie es! Ich stelle ja nur eine Frage. Es ist wichtig für uns hier und, glaube ich, auch für die Österreicherinnen und Österreicher, dass hier nicht relativiert wird, was wir hier einstimmig beschlossen haben. Das ist auch wichtig für die Österreicher! Sollte es einen Abschluss dieser Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geben, muss es in Österreich eine Volksabstimmung darüber geben! (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich hätte daher gerne heute von Ihnen gehört, dass dieser Bericht falsch ist. Dann ist alles in Ordnung. Ich hätte gerne gehört, dass das falsch ist und dass unser Konsens bezüglich Volksabstimmung weiterhin gilt, denn, meine Damen und Herren, wir werden diesen beiden Anträgen auch zustimmen – überhaupt keine Frage. Aber es ist ungewöhnlich, dass es überhaupt notwendig ist, ein Beitrittskandidatenland der Euro­päischen Union, ein Land, das selbst zu Europa zugehörig sein will, weil ein kleiner Teil geographisch zu Europa gehört, aufzufordern, dass die Menschenrechte gelten sollen, insbesondere das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit, dass Journalisten geschützt werden, dass Journalisten und Politiker freigelassen werden sollen, die aufgrund von menschenrechtswidriger Strafverfolgung inhaftiert werden. Die Türkei wird aufge­fordert, das Protokoll der Vereinten Nationen gegen die Folter umzusetzen, und man hofft, dass die Verhandlungen mit der PKK nicht durch gegenseitige Gewaltan­wen­dung gestört werden.

Nur zur Erinnerung: Die Türkei ist mit Panzern und mit Kampfflugzeugen auch außer­halb der Türkei gegen Dörfer, auch gegen die Zivilbevölkerung, vorgegangen, nur weil


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 258

man gesagt hat, da ist die PKK versteckt. Wenn das ein anderes Land macht, gibt es Sanktionen, gibt es Resolutionen, gibt es herbe Kritik. Bei der Türkei ist das alles sehr ruhig und leise.

Ich sage Ihnen nur: Mit gleichem Maß messen! Es gibt in Europa, in der Europäischen Union wohl unbestrittene Standards der Menschenrechte. Wenn ein Land nicht einmal im Mindesten bereit ist, diese einzuhalten – ein Land der Europäischen Union wird nicht einmal in seiner Unabhängigkeit anerkannt, nämlich Zypern –, dann kann es mit diesem Land eigentlich gar keine Beitrittsverhandlungen geben.

Da brauchen wir nicht Kleinigkeiten groß zu loben, sondern wir sollten ganz einfach zu diesen Grundsätzen und zu diesen Prinzipien stehen. Menschenrechte sind unteilbar, egal, ob etwa Amerika oder andere ein Land als wichtig oder nicht wichtig erachten. Für uns sollte dieses Prinzip gelten, und deshalb sind aus unserer Sicht diese beiden Anträge leider notwendig, aber europawürdig ist ein Land nicht, wenn solche Anträge notwendig sind. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


22.28.23

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Erdogan ist heute in Österreich, wie man aus der morgigen Zeitung erfahren kann, und zwar anlässlich der Allianz der Zivilisation (Staats­sekretär Dr. Lopatka: Der Zivilisationen!) – der Zivilisationen; ich habe mich verlesen, Entschuldigung.

Ich nehme an, dass diese Anträge, die wir jetzt beraten, dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Außenminister bereits vorliegen und dass sie in ihren bilateralen Ge­sprächen mit dem Herrn Erdogan diese Anliegen, die das österreichische Parlament und die österreichische Bevölkerung beschäftigen, natürlich vorgetragen haben. Wie ich aus Medienberichten erfahren konnte, war Herr Erdogan vor Kurzem beim Herrn Bundeskanzler zum Abendessen. Ich nehme an, dass Sie ihm das übermittelt haben, dass er das gleich erledigen kann, damit diese Anträge auch Wirkung zeigen. Sonst würde ich mich nämlich fragen, wozu wir sie hier diskutieren. Das könnten wir ja im schnellen Wege erledigen, da Herr Erdogan in Österreich ist. Ich glaube, dass das der richtige Schritt gewesen wäre. Das haben vielleicht einige hier vergessen zu sagen.

30 000 Tote aufseiten der PKK wurden angesprochen, davon 5 000 Zivilisten. – Das ist eine erschreckende Zahl. Die Zivilbevölkerung zählt bei solchen Konflikten immer zu den Leidtragenden, und ich glaube, dass es äußerst notwendig ist, dass da gehandelt wird. Herr Kollege Scheibner hat das vorhin richtig angesprochen: Ein EU-Beitritts­kandidat, der noch massive Menschenrechtsverletzungen auf dem Kerbholz hat, ist für mich nicht beitrittswürdig.

Derzeit befinden sich in der Türkei 63 Journalistinnen und Journalisten in politischer Haft, kann man ganz klar sagen, weil sie ihre Meinungsfreiheit wahrgenommen haben. Das ist für mich ein totaler Skandal. Meine Damen und Herren, diese Anträge haben ihre Berechtigung, aber, wie gesagt, ich wundere mich, warum das hier erst jetzt behandelt wird, nachdem der Herr Erdogan ja wirklich in Österreich ist und die erste Ansprechperson wäre. Warum hat der Herr Bundeskanzler, warum hat der Herr Außenminister das heute nicht schon auf bilateralem Wege erledigt? (Beifall beim Team Stronach.)

22.30



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 259

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


22.31.01

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich hatte im Juni 2011 die Möglichkeit, als Wahlbeobachterin in der Türkei dabei zu sein. Ich war im Kurdengebiet – also nicht in Istanbul, nicht in Ankara, sondern in Van – und habe die Situation dort erleben dürfen, habe auch die explosive Stimmung direkt in der Stadt erlebt, vor der Parteizentrale der Kurdenpartei BDP, habe die Panzer dort gesehen, habe auch gesehen, was sich vor den Wahllokalen abspielt, habe gesehen, dass teilweise auch Militär in den Wahllokalen war.

Ich habe die Möglichkeit ergriffen, mit Wählerinnen und Wählern vor Ort zu sprechen, und habe natürlich mitbekommen, dass viele noch erlebt haben, dass die Eltern aus ihren Häusern herausgeholt wurden, dass da also noch viel Angst vor dem Militär, vor der türkischen Übermacht geherrscht hat. – Das war das eine.

Auf der anderen Seite haben wir dann am Abend, als es ums Auszählen gegangen ist, auch noch die explosive Stimmung bemerkt, die da geherrscht hat. Es hätte oft nur ein kleiner Funke genügt, um etwas explodieren zu lassen. Dass jetzt die Möglichkeit zu Friedensverhandlungen besteht, dass jetzt die Regierungspartei, die AK-Partei, dazu übergeht, wirklich mit Öcalan, also dem Kurdenführer, und mit anderen Vertretern zu Friedensverhandlungen aufzurufen, dass es möglich ist, dass die kurdische Sprache auch als Amtssprache zum Beispiel bei Prozessen verwendet wird und so weiter, das würde ich schon als Fortschritt werten. In diesem Sinne hoffe ich, dass die Gewalt­taten, die wir im Jänner in Paris erleben mussten, nicht etwas sind, was sozusagen diesen Konflikt wieder anheizt.

Wir brauchen die Stabilität in dieser Gegend, das ist ein wichtiger strategischer Punkt hier in Europa. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn dieses so große Land nach all diesen Jahren wieder Stabilität, Sicherheit und Frieden erleben könnte. Wir haben im Europarat ja auch immer wieder die Gelegenheit, mit den Vertretern und Vertreterinnen der Türkei, aber auch der Kurden zu reden, auch über die Haftbedingungen von Öcalan, die Befürchtungen und so weiter. Wenn dort Ruhe einkehrt, wenn wir als Vertreter Österreichs in bilateralen Gesprächen einen Beitrag dazu leisten können, dann, glaube ich, ist das ein sehr wichtiger Beitrag für unser Europa. Wenn die Gelegenheit ergriffen wurde – Sie werden vielleicht dazu Auskunft geben können, Herr Staatssekretär, was mit Erdogan besprochen wurde –, dann, glaube ich, ist das ein wichtiger Beitrag, ein weiterer Mosaikstein für Friedensverhandlungen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Korun.)

22.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.34.23

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Reinhold Lopatka: Frau Kollegin, weil Sie das angesprochen haben – und ich bedanke mich auch für die Aufforderung des Kollegen Scheibner, Stellung zu nehmen, der ich gerne nachkomme –:

Erster Punkt: Es findet zurzeit hier in Wien eine sehr große Konferenz mit 1 200 Teil­nehmern statt, bei der es genau um die Fragen geht, die bei diesen beiden Tagesord­nungspunkten angesprochen werden, und insbesondere auch um die Rechte von Minderheiten – ob das ethnische Minderheiten sind oder religiöse. Bei all den Ge­sprächen, die seitens des Herrn Bundespräsidenten, seitens des Herrn Außenministers


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 260

und des Herrn Bundeskanzlers, aber auch von mir geführt werden, sprechen wir selbstverständlich immer wieder diese Fragen an, um das ganz klar zu sagen.

Der zweite Punkt, auch sehr deutlich, was die Türkei betrifft: Da bitte ich Sie schon, zwischen dem zu unterscheiden, was Journalisten machen – das sind Schlagzeilen und Untertitel bei Artikeln –, und dem, was ich gesagt habe. Was ich gesagt habe, ist der Stand der österreichischen Verfassung. Ich habe ganz klar betont, bei uns gibt es nicht nur Äußerungen, dass man ein Referendum will, sondern das ist Teil des Regie­rungsprogramms. Und auf die Frage der Journalistin – es ist ja momentan beliebt, diese Formulierung zu verwenden –, ob das in Stein gemeißelt sei, habe ich gesagt, das wird wieder Sache bei der nächsten Bundesregierung sein, bei den Verhandlungen für das nächste Regierungsprogramm.

Wir haben das Prinzip der Diskontinuität, und ich gehe davon aus, dass das, was diese Bundesregierung festgelegt hat, bestehen bleibt. Da diese Bundesregierung erfolgreich arbeitet, werden auch bei den nächsten Regierungsverhandlungen diese Parteien wieder mit dabei sein und ihre Position nicht ändern. (Abg. Scheibner: Also sind Sie jetzt für eine Volksabstimmung?)

Also es ist kein Abweichen von dem, was wir gesagt haben, sondern ganz klar – und ich wiederhole es noch einmal für Sie, Herr Kollege Scheibner, was auch in diesem Artikel steht –: Ich habe gesagt, die nächste Bundesregierung beziehungsweise wer auch immer die Verhandlungen führen wird, wird den Stand zu bewerten haben, und dann wird man zu dem Ergebnis kommen, dass es ein Referendum geben soll. Also noch einmal: Lesen Sie genau, was ich gesagt habe, genau das sage ich hier, und das ist keinen Millimeter anders als in diesem Artikel.

Zweiter Punkt, Herr Kollege Scheibner, um das auch klar zu sagen: Ich rede nicht nur über diese Themen, sondern ich tue auch etwas. Ich war im Mor Gabriel und bin in engem Kontakt mit den betroffenen religiösen Minderheiten dort, weil man auch etwas tun muss. Ich habe das Thema mit dem türkischen Europaminister Bagis besprochen. Es gibt ja mittlerweile eine höchstgerichtliche Entscheidung, und das Kloster hat leider, obwohl es über Jahrhunderte hindurch die Besitzgüter hatte, diese Auseinander­setzung verloren, denn es gibt kein Grundbuch wie bei uns. Aber der Europaminister, und das ist erfreulich, hat mir zugesichert, dass er diese Verhandlungen nun auf politischer Ebene fortsetzen wird. Er hätte sich auch auf den Rechtsstandpunkt stellen können: Höchstgerichtliche Entscheidung, wir tun nichts mehr.

Was will ich damit sagen? Wir dürfen es uns hier nicht leicht machen. Es ist leider viel komplizierter, als man oft glaubt. In dieser Region ist die Türkei der einzige stabile Faktor. Schauen Sie sich die Nachbarstaaten an! Wir dürfen die Türen nicht zu­machen. Daher haben jetzt Frankreich, das da die Türen geschlossen hatte, und auch Deutschland –lesen Sie nach, die Türkei ist sehr aktiv in diesen Tagen, Erdogan ist in Europa unterwegs – gesagt: Nehmen wir diese Verhandlungen wieder auf! Es gibt ein Kapitel, wo die Franzosen jetzt sagen, sie sind bereit, dass dieses geöffnet wird.

Daher stehen wir weiterhin mit der Türkei in Verhandlungen, aber es ist überhaupt nicht absehbar, auch was die nächste Legislaturperiode betrifft, wann diese Verhand­lungen zu Ende geführt werden können, denn es besteht ein riesiger Gegensatz: einerseits die wirtschaftliche Dynamik in der Türkei, die Fortschritte, die man aner­kennen muss, da passiert viel. Ich wünschte mir für die Euro-Zone annähernd das Wirtschaftswachstum, das die Türkei hat. Anderseits aber das riesige Minus, das sind die Defizite bei den Menschenrechten. Da gibt es nichts schönzureden, das wird von uns laufend angesprochen. Wir unterstützen alle Initiativen, um auch da zu Fort­schritten zu kommen. Abgeordneter Großruck hat einen wichtigen Punkt genannt: Natürlich ist es europäischer Standard, die Todesstrafe abzuschaffen, aber es gibt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 261

auch andere große Staaten auf diesem Planeten, bei denen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass dort die Todesstrafe nach wie vor ein Bestandteil der Rechtsordnung ist.

Daher bitte ich Sie also, das so zu sehen, wie ich es gesagt habe. Ich bin froh, dass beim Tagesordnungspunkt zur PKK Einstimmigkeit herrscht. Es hat in der Vergangen­heit Zehntausende Tote gegeben, und jetzt ist man auf einem Weg, um diese schwierigen Fragen friedlich zu lösen. Daher sage ich: Die Fortschritte anerkennen, aber nicht blauäugig sein, was die Türkei betrifft! Das ist mein Standpunkt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


22.40.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte mich einmal bedanken für die Klarstellungen, die der Herr Staatssekretär hier getroffen hat, möchte aber noch ergän­zen, dass in dem „Kurier“-Artikel der Bundeskanzler wirklich eindeutig Position bezo­gen und gesagt hat, es wird Kontinuität bei dieser Forderung herrschen, dass es eine Volksabstimmung über einen allfälligen Beitritt der Türkei geben soll.

Die Verdienste, die die Türkei jetzt außenpolitisch vor allem im östlichen Mittelmeer­raum erworben hat, indem sie dort ordnungspolitisch auftritt, seien ihr unbenommen, obwohl man da und dort auch durchaus kritische Positionen einnehmen kann. Die Menschenrechtsfrage allein ist allerdings nicht die entscheidende Frage, ob die Türkei beitritt, sondern es ist auch damit die Frage verbunden, ob ein Land wie die Türkei überhaupt beitreten soll. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.) Das sind 68 oder 70 Millionen, und es ist die Frage damit verbunden, was das wirtschaftlich von der Integrationsfähigkeit der Europäischen Union her bedeutet.

Also da gibt es eine ganze Liste von Fragen, die damit verbunden sind. Auf das lege ich allerhöchsten Wert, wenn wir das hier diskutieren. (Abg. Öllinger: Du solltest zu Ungarn auch etwas sagen!) Und daher muss man hier sehr genau unterscheiden zwi­schen dem, welche Rolle die Türkei spielt, und dem, dass wir an einer engen, maß­geschneiderten Zusammenarbeit mit der Türkei in höchstem Maße interessiert sind, und sich dann letztlich mit der Frage auseinandersetzen – so wie bei vielen anderen Beitrittsansuchen auch –, ob wir das überhaupt als sinnvoll erachten und ob es nicht generell für den Mittelmeerraum eine spezielle, andere Form der wirtschaftlichen Kooperation, auch für andere Länder, geben kann.

Die Frage stellt sich nämlich schon: Wieso reden wir so viel über die Türkei? Wir könnten genauso zum Beispiel über Algerien reden, das über 100 Jahre mit Frankreich als Kolonialgebiet verbunden war, oder über Marokko oder Tunesien. Diese Beson­derheit der Türkei in diesem Zusammenhang konnte mir bis jetzt noch niemand erklä­ren. Daher, finde ich, muss hier diese Grundsatzdebatte geführt werden, und im Außen­politischen Ausschuss werden wir sicher auch in Zukunft Gelegenheit dazu haben. Aber nochmals danke für die Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

22.41

22.41.10

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 262

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11, die dem Ausschuss­bericht 2175 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten Führer der PKK, Abdullah Öcalan anzunehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 292.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12, die dem Ausschuss­bericht 2176 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Menschen­rechts­lage in der Türkei anzunehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die da die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 293.)

22.42.4613. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1952/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend den Universal Periodic Review Prozess der Vereinten Nationen (2155 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2007/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (2157 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


22.43.31

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Für uns Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten ist der Europäische Menschenrechtsgerichtshof eine sehr wichtige Einrich­tung. Aktuell ist er besonders – und das zeigen die Verfahrenszahlen, die Verurtei­lungs­zahlen – für die Menschen in Osteuropa und in Südosteuropa eine notwendige Speerspitze zur Wahrung der Menschenrechte. Leider gibt es dort neue Gefahren und Aufhol- und Nachholbedarf.

Die Reform des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes soll raschere Verfahren bringen, die Umsetzung der Urteile in den Europaratsstaaten verbessern, aber auf keinen Fall den Zugang erschweren.

Meine Damen und Herren! Der Einsatz Österreichs, das Engagement der österreichi­schen Bundesregierung hat in Europa einen großen Stellenwert. Die Glaubwürdigkeit Österreichs stärkt auch die Umsetzung der Empfehlungen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft im Tagesordnungs­punkt 13.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 263

Meine Damen und Herren! Ich danke für die breite Unterstützung und Zustimmung im Ausschuss und hier im Plenum. (Beifall bei der SPÖ.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


22.45.19

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Obwohl wir alle in verschiedenen Gesellschaften mit verschiedenen Regeln leben, haben wir doch mit den Menschenrechten eine gemeinsame Basis. Diese Menschenrechte wurden 1948 in 30 Artikeln mit einer UN-Konvention verabschiedet.

Es wurde schon gesagt: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straß­burg ist dazu berufen, darüber zu wachen. Gab es dort ursprünglich nur die Möglichkeit von Staatenbeschwerden, kam dann dazu – und das war sehr wesentlich – das Recht der Individualbeschwerde.

Nur, es hilft dieses Recht dann nichts mehr, wenn es praktisch nicht ausgeübt werden kann, wenn zum Beispiel ein Rückstau von 150 000 Fällen vorhanden ist. Deswegen geht es darum, dass diesem Recht zum Durchbruch verholfen wird. Im Wesentlichen geht es auch darum, dass wir die Bundesregierung ersuchen, hier alle Maßnahmen zu unterstützen, dass diesem Recht zum Wohle der Menschen zum Durchbruch verholfen werden kann.

Ich bitte um die Beschlussfassung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


22.46.31

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Ja, wir haben hier im Ausschuss noch zugestimmt, jetzt gibt es aber eine Änderung unserer Position. Grund war die letzte Woche veröffentlichte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen­rechte, die der Kollege Graupner für unbekannte Patienten gegen die Republik Österreich erwirkt hat. (Abg. Bayr: Dem Sie gratuliert haben zur Prozessführung in Straßburg!) – Der hat das sehr exzellent gemacht. Wir waren ja beide dort. Der hat das sehr gut gemacht und auch sehr erfolgreich, wie man an der veröffentlichten Entscheidung sieht, während unsere Vertreterin der Republik Österreich – ich will da niemanden nennen und schlechtmachen – suboptimal gewesen ist. Aber um das geht es nicht.

Es geht darum, dass wir jetzt eine Entscheidung haben, wo der Europäische Gerichts­hof meiner Ansicht nach seine Kompetenzen missbraucht hat und unter dem Vorwand des Schutzes des Menschenrechtes auf Privatsphäre und Nicht-Diskriminierung unser Zivilrecht, und zwar unser Familienrecht, neu schreiben will und uns über eine Beschwerde der beiden Patientinnen des Kollegen Graupner vorschreiben will, wie wir das Adoptionsrecht zu gestalten haben. Und das kann nicht sein! Ein selbstbewusster Staat wird sich zumindest das Recht vorbehalten, sein Familienrecht autonom und nach den Wünschen seiner Bevölkerung, wie sie durch das Parlament repräsentiert ist, zu gestalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube – da wende ich mich sogar an die Kollegin Korun –, dass wir alle, egal, ob uns die Entscheidung gefällt oder nicht, trotzdem das Primat haben sollten, die Regelung des Zusammenlebens unserer Leute, die Regelung des Familienrechts, die


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Regelung der Position Vater/Mutter/Kind, die Regelung der Frage Familie, die Rege­lung, wer adoptiert, wer einen Vater ersetzen kann, selbst zu treffen. Das muss wohl eine Gesellschaft, die einigermaßen etwas auf sich hält, selbst tun können. Das kann kein, noch dazu politisch besetztes Gericht wie der Europäische Gerichtshof für Men­schenrechte machen.

Es ist nicht akzeptabel, dass durch derartige Leute entschieden wird, ob ein leiblicher Vater gegen seinen Willen durch die gleichgeschlechtliche neue Lebenspartnerin der leiblichen Mutter ersetzt wird. Das wollen wir hier selber entscheiden.

Der Antrag geht aber in die Gegenrichtung: Er will den Europäischen Gerichtshof noch stärken. Der letzte Punkt sieht ja bekanntlich vor, die Umsetzung der EMRK- und EGMR-Urteile durch die Europaratsstaaten, einschließlich Österreich, laufend zu verbessern. Das ist nicht die richtige Richtung. Ich glaube, diese Entscheidung muss uns zu einem durchgreifenden Umdenken animieren und überlegen lassen, ob wir hier nicht eine Reform des Gesamtsystems verlangen sollen. Es geht hier darum, das Gesamtsystem auf die Probe zu stellen und auch in Zweifel zu ziehen und hier zu einer Lösung zu kommen, wo Derartiges nicht mehr möglich ist.

Erste Überlegung: Muss die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte in Österreich auf Dauer im Verfassungsrang bleiben? In Deutschland beispielsweise ist sie es nicht. Ich lade daher alle ein, sich entweder dazu zu bekennen, dass wir Entscheidungen von außen willenlos und kritiklos umsetzen – dann müssen wir das alles unterstützen, was dann auf dem Tisch liegt (Beifall bei der FPÖ) –, oder zu überlegen, ob wir unsere nationale Souveränität in dieser zentralen Frage erhalten oder stärken wollen. Daher unsererseits im Plenum ein klares Nein zu diesem Antrag. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


22.50.22

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Was den Antrag zur Reform des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betrifft, sind wir sehr froh und zufrieden, dass der Großteil des Menschenrechtsausschusses, und hoffentlich auch der Großteil im Plenum des Nationalrats, diesem Antrag zustimmen wird. Vor allem unterstützen wir die Stoßrichtung, dass wir gemeinsam als Vertreter der Republik gegen Versuche auftreten und verhindern, dass das Individualbeschwerderecht beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgehöhlt oder weiter eingeschränkt wird.

Dass manchen politischen Richtungen Entscheidungen des EGMR nicht passen, das hat gerade die Rede des Kollegen Hübner bewiesen. Wir gehen davon aus, dass die Europäische Menschenrechtskonvention, die ein sehr fortschrittliches Dokument war und ist, weiterhin in der Republik im Verfassungsrang bleiben wird, und möchten jetzt schon eine Absage dem erteilen, was Kollege Hübner und die Freiheitlichen zu verfolgen angekündigt haben, nämlich dass die Europäische Menschenrechtskon­ven­tion nicht mehr im Verfassungsrang stehen sollte.

Zum ersten Antrag möchte ich kurz etwas anmerken, da es doch wichtig ist, nämlich was die Umsetzung der von Österreich angenommenen Empfehlungen des Universal Periodic Review Prozesses der Vereinten Nationen betrifft. Das ist unserer Meinung nach ein No-na-Antrag. Es sollte selbstverständlich sein, dass es just bei den angenommenen Empfehlungen dieses Prozesses so ist, dass die Regierung das


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weiter vorantreiben wird, damit diese angenommenen Empfehlungen umgesetzt wer­den. Insofern ist bei dem Antrag nicht ganz verständlich, warum man das extra beantragen muss, dass die angenommenen Empfehlungen umgesetzt werden sollen.

In diesem Zusammenhang zwei wichtige Punkte: Das Innenministerium hat es bis jetzt nicht geschafft, unter Einberufung von Menschenrechts-NGOs an der Umsetzung der angenommenen Empfehlungen zu arbeiten. Vielleicht war dieser Antrag dazu gedacht, das Innenministerium ein bisschen in Bewegung zu setzen. Sollte das der Fall sein, begrüßen wir das.

Zweitens ist eine der angenommenen Empfehlungen, weitere Maßnahmen zur Bekämp­fung aller Formen von Diskriminierung umzusetzen. Das würde bedeuten, dass im Gleichbehandlungsgesetz alle Diskriminierungstatbestände Berücksichtigung finden und dass Betroffene aller Formen von Diskriminierung den gleichen Schutz bekommen – Stichwort: homosexuelle Menschen. Genau dieses Vorhaben wurde aber aus der Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes wieder herausgestrichen. Auch da gehen wir davon aus, dass, wenn dieser Antrag jetzt mehrheitlich angenommen wird, an der Umsetzung dieser Empfehlung weitergearbeitet oder überhaupt gearbeitet werden wird. In diesem Sinne: volle Unterstützung auch für diesen Antrag von uns. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


22.54.01

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Ja, es geht um die Menschenrechte und um diesen Menschenrechtsaus­schuss, den wir gehabt haben. Da wird, glaube ich, wieder einmal mit zweierlei Maß gemessen. Nehmen wir nur meinen Antrag bezüglich der Beneš-Dekrete her, von uns schon des Öfteren eingebracht. Der wurde wieder einmal vertagt. Da wird eines der größten Beispiele von Unrecht, die es jemals in Europa gegeben hat, wirklich negiert. Man muss wissen, dass diese Beneš-Dekrete heute noch rechtskräftig sind. Das ist auch der Hauptstreitpunkt zwischen allen Vertriebenenverbänden in Österreich, in Deutschland, in der Slowakei und Tschechien. Und wir negieren das auch noch heute!

Ich glaube, mit der Tatsache, dass man in diesem Menschenrechtsausschuss diesen Entschließungsantrag wieder vertagt hat, haben wir uns von allen Menschenrechten verabschiedet und haben kein Recht mehr, da über Menschenrechte zu reden.

Herr Staatssekretär, ist es heute, im 21. Jahrhundert, noch notwendig, dass man Mord, Folter, Vertreibung amnestiert, dass man da Regierungen deckt, dass man nicht bereit ist, dieses Unheil anzuerkennen?! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Staatssekretär, ich habe Ihnen auch bereits im Ausschuss berichtet, dass ich eine 89-jährige Frau im Bezirk Kitzbühel kenne. Diese Frau war bei der Vertreibung 14 Jahre alt. Ihre Zwillingsschwester ist auf der Flucht verhungert; die Mutter wurde mit einer Schaufel erschlagen.

Diese Dame ist jetzt 89 Jahre und sagt: Herr Abgeordneter, ich will kein Geld! Es geht mir nicht um Geld. Es geht mir nicht um Wiedergutmachung. – Nebenbei bemerkt: Die haben auch einen Landwirtschaftsbetrieb mit 300 Hektar besessen. – Es geht uns nicht um Geld. Es geht uns nicht um eine Rückgabe. Es geht uns einzig und allein um die Anerkennung, dass dieses Unrecht endlich beendet wird!

Herr Staatssekretär, in meinem Antrag steht eigentlich nichts anderes drinnen, als dass ich Sie auch bitte, dass Sie dem Ausschuss, dem Parlament über die Ergebnisse der Historikerkommission Bericht erstatten. Aber auch das verweigern Sie! Mit dieser Ihrer


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Verweigerungspolitik, das kann ich Ihnen sagen, haben Sie sich von den Menschen­rechten verabschiedet, wird von Ihnen jedes Menschenrecht mit Füßen getreten.

Wir diskutieren hier über Menschenrechte, und da möchte ich noch etwas ansprechen: Heute war der Sonderrepräsentant Seiner Heiligkeit des Dalai Lama bei uns im Parlament. Der hat uns ein Schreiben überbracht, in dem auf eines hingewiesen wird: Im Jahr 2012 haben sich in Tibet 83 Menschen verbrannt. Fünf wurden von den chinesischen Behörden erschlagen, darunter Kinder im Alter von unter 15 Jahren.

Herr Staatssekretär, ich ersuche Sie, dass Sie da auch in der Europäischen Union Druck ausüben, da ich weiß, gegen China kann Österreich allein nichts ausrichten. Aber wenn wir so wie davor bei Vietnam mit solchen Abkommen irgendwie in Abhän­gig­keiten kommen, können wir nie Menschenrechte verteidigen. Sprechen Sie das bei jeder Gelegenheit an, Herr Staatssekretär, denn die Bevölkerung hat es satt, dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden! Setzen Sie für die Einhaltung der Menschenrechte endlich auch Taten! (Beifall beim BZÖ.)

22.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


22.57.46

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns im Menschenrechtsausschuss vom 13. Februar, wie auch im Protokoll ersichtlich ist, in vielen Punkten damit befasst, was an Menschenrechtsverletzungen auch in anderen Ländern passiert.

Wenn man hört, dass in Syrien durch das gegenwärtige Assad-Regime schwerste Men­schen­rechtsverletzungen stattfinden, wenn man liest, dass es in Ägypten Tendenzen gibt, dass der demokratisch gewählte Präsident Mursi Ägypten in ein Regime verwandeln könnte, in dem die Rechte von Minderheiten wie etwa der Christen, aber auch besonders die Rechte der Frauen schwerwiegend missachtet werden, und wenn man auch weiß, dass im Nachbarland Ungarn die ungarische Regie­rung in den letzten Jahren in Bezug auf die Einhaltung europäischer Rechte, europäischer Werte ernsthafte Kritik von der Europäischen Union hinnehmen musste, dann kann man sagen: Gelobtes Land Österreich, was die Menschenrechte betrifft!

Was diese beiden Anträge betrifft, die wir nun beraten und auch abstimmen werden: Da kommt Österreich natürlich auch seiner Verpflichtung nach, an der Umsetzung der Empfehlungen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zu arbeiten und die menschenrechtliche Situation auch in Österreich entsprechend ernst zu nehmen. Der Antrag der Abgeordneten Kirchgatterer, Großruck, Kolleginnen und Kollegen legt hier die weitere Vorgangsweise fest.

Derselbe Auftrag gilt auch beim zweiten Antrag, nämlich jenem betreffend Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Gerade Österreich hat sich in den letzten Jahren erfolgreich bei der europäischen Reformdiskussion zur Verbesserung der Menschenrechte in Europa dafür eingesetzt, dass im Rahmen der Brighton-Erklärung vom 20. April 2012 die festgelegten Verpflichtungen der Staaten auch entsprechend umgesetzt werden.

Beide Anträge, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind weitere Schritte für eine noch bessere Situation der Menschenrechte in Österreich und in Europa und daher auch zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.00



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 267

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


23.00.20

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Menschenrechte sind uns wichtig. Wir in Österreich sind eigentlich gut, aber auch wir arbeiten an Verbesserungen. Im Frühjahr 2011 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die menschen­rechtliche Situation in Österreich im Rahmen einer universellen Staatenprüfung erst­mals einer allgemeinen Prüfung unterzogen. Diese Prüfung war Teil einer vom Men­schen­rechtsrat für alle 192 Mitgliedstaaten der UNO verpflichtend durchgeführten periodischen Überprüfung ihrer Menschenrechtssituation. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Diese Beurteilung erfolgt alle vier Jahre; Österreich war 2011 das erste Mal an der Reihe. Im Jahr 2013 soll dem Menschenrechtsrat ein Zwischenbericht geliefert werden, und im Jahr 2015 soll im Rahmen der nächsten periodischen Überprüfung über die Umsetzung der Empfehlungen informiert werden.

Insgesamt wurden von verschiedensten Staaten 161 Empfehlungen ausgesprochen, die sich aber teilweise überschneiden. Wesentliche Empfehlungen sind bereits umge­setzt worden, aber jetzt geht es darum, dass wirklich auch die anderen Empfehlungen, die angenommen worden sind, umgesetzt werden.

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit erspare ich es Ihnen, jetzt alle 161 Empfeh­lungen aufzulisten, ich darf aber noch sagen, dass wir mit diesem Entschließungs­antrag in diese Richtung arbeiten, und ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

23.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


23.02.11

Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zum Thema Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte ist zu sagen, dass es nichts Neues ist, dass sich die Anzahl der Fälle, die bearbeitet werden können, momentan auch durch einige durchgeführte Reformen die Waage halten, dass aber bis zu 150 000 Beschwerden offen sind und ein großer Rückstau besteht. Es gibt also Reformbedarf.

Ausgelöst wurde das Ganze durch ein neues Protokoll, das den Schutz des Eigentums hervorhebt. Wie schon erwähnt, gab es vor Kurzem ein für österreichische Verhältnisse großes Aufsehen erregendes Urteil, das das Familienrecht betraf. Aber wenn man die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geschichtlich betrachtet, so hat gerade dieser Gerichtshof sehr oft sehr weise Entscheidungen getroffen, die oft einige Jahre, manchmal vielleicht einige Jahre mehr brauchten, um Einzug zu halten.

Eines ist aber auch sicher, wenn man sich die Zahlen anschaut: dass gerade Länder, die ihr nationales Recht sehr wenig der Europäischen Menschenrechtskonvention an­passen, die meisten Beschwerden haben, auch offene Beschwerden haben, wie zum Beispiel Russland 20 300 – das allerdings bei der auch sehr hohen Einwohnerzahl von 142 Millionen. Deutschland ist auch nicht schlecht vertreten. Es hat die Menschen­rechtskonvention nicht in der Verfassung, und gerade im Zusammenhang mit den Eigentumsrechten gibt es eine sehr hohe Anzahl von Beschwerden.

Wichtig ist die Unterstützung dieses Antrages, dass weiterhin die individuelle Be­schwerde durchgeführt werden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 268

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist ein international anerkanntes Instrument, um eine deutlich intensivere Vertretung der Menschenrechte zu den einzel­nen Nationen zu bringen – im europäischen Raum mit immerhin 800 Millionen Men­schen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.04

23.04.34

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir stimmen über jeden Ausschussantrag getrennt ab.

Zunächst: Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13, die dem Ausschuss­be­richt 2155 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend den Universal Periodic Review Prozess der Vereinten Nationen anzunehmen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 294.)

Abstimmung über Punkt 14 der Tagesordnung, die dem Ausschussbericht 2157 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Reform des Europäischen Gerichts­hofes für Menschenrechte anzunehmen.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 295.)

23.05.2215. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei (2156 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.05.47

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Das Kloster Mor Gabriel ist eines der ältesten christlichen Klöster weltweit. Dass das Kassationsgericht in Ankara nach jahrelangem Rechtsstreit gegen das Kloster entschieden hat, setzt mit Sicherheit ein bedenkliches Signal für die christliche Minderheit. Immerhin leben rund 100 000 Christen sämtlicher Konfessionen in der Türkei, und dieses Urteil gegen das Kloster Mor Gabriel ist ein Rückschlag für die gesamte syrisch-orthodoxe Gemeinschaft in der Türkei.

Man muss schon auch festhalten, dass die Türkei alle maßgeblichen internationalen, aber auch europäischen Übereinkommen mitunterzeichnet hat – Übereinkommen, die Bürgerrechte wie die Religionsfreiheit garantieren. Am Erhalt des Klosters Mor Gabriel wird sich nun aber auch zeigen, wie ernst diese Übereinkommen tatsächlich gemeint sind. Ich spreche da vor allem auch die Freiheitsrechte an.

Der Staat Türkei ist gefordert – es wäre auch einmal an der Zeit –, darüber nachzu­denken, wie man mit Minderheiten umgeht. Außerdem sollte und muss auch Augen­merk darauf gelegt werden, dass die syrisch-orthodoxe Kirche ihre Rechte unein­geschränkt ausüben kann und den Status einer Rechtspersönlichkeit erhält.

Dieser nun vorliegende Antrag, der heute im Plenum zur Abstimmung kommt, wurde im Ausschuss schon einstimmig beschlossen, und es geht daraus einmal deutlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 269

hervor, dass in Österreich Verstöße gegen Menschenrechte sehr ernst genommen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


23.07.39

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Staatssekretär ist eigentlich schon vorhin auch auf diesen Tagesordnungspunkt einge­gangen und hat uns erklärt und mitgeteilt, dass sich die türkische Seite seitens der Regierung dazu bereit erklärt, ein positives Ergebnis zu erzielen. Ich glaube, das ist auch sehr notwendig, denn bereits im Jahr 2009 haben Kollegin Hagenhofer und ich im Menschenrechtsausschuss einen diesbezüglichen Antrag gestellt, und jetzt ist wiede­rum einer von Abgeordnetem Kopf und Kollegen gestellt worden.

Das zeigt, dass sich vier Jahre lang in dieser Thematik eigentlich nichts entwickelt hat. Ich glaube, wir sollten auch hier immer wieder den Finger in die Wunde legen – so lange, bis es ein positives Ergebnis gibt. Es hat sich auch der Deutsche Bundestag im Vorjahr mit einem Entschließungsantrag befasst, der in etwa wortgleich mit unserem ist. Er weist auch darauf hin, dass hier Handlungsbedarf gegeben ist, dass einem alten Kulturgut – Sie müssen sich vorstellen, dieses Kloster stammt aus dem dritten, vierten nachchristlichen Jahrhundert – einfach die Lebensgrundlage dadurch entzogen wird, dass Glaubensgemeinschaften in der Türkei keine Rechtspersönlichkeit haben und durch die Umwidmung in Waldgebiet, in Forstgebiet dieses Grundstück von mehr als 300 000 Quadratmetern automatisch enteignet worden ist.

Das sind Zustände, die man in einem Rechtsstaat für unmöglich hält, die aber derzeit in der Türkei Gesetz sind. Ich glaube, auch hier ist großer Handlungsbedarf gegeben. Ich darf den Herrn Staatssekretär bitten und ersuchen, aktiv zu verhandeln, dass es da zu einer Lösung kommt.

Wir sind das auch den christlichen Minderheiten, der christlich-orthodoxen Kirche schuldig. Voriges Jahr war der Erzbischof von Aleppo, Gregorius Yohanna, hier im Parlament, und wir waren auch beim Wissenschaftsminister, denn es ist geplant, an der Universität Salzburg – da darf ich Sie auch um Ihre Unterstützung ersuchen – einen Lehrstuhl für syrisch-orthodoxe Christen einzurichten, der einzige auf der ganzen Welt. Das wäre eine große Chance für Österreich. Das wollte ich nur allgemein mitteilen, dass es diesbezüglich Bestrebungen gibt, um diese Religion, die Aramäisch spricht – das ist dieselbe Sprache, die auch Jesus Christus gesprochen hat –, beizubehalten und auch weiter zu pflegen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

23.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


23.10.35

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Staatssekretär, vorweg mein Dankeschön für die Bemühungen und die Unterstützung von Ihrer Seite aus in Bezug auf die Deutschen in Slowenien. Dafür sage ich hier einmal Danke schön.

Zweitens möchte ich die Ausführungen des Kollegen Huber nicht unwidersprochen lassen: Die Beneš-Dekrete, auch neue Gesetze die deutsche Minderheit betreffend, das ist eine weitere Diskussion, irgendwann einmal, wirklich wert und sollte eingehend diskutiert werden. Eine Schande für das Europa des 21. Jahrhunderts!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 270

Ich gehe aber jetzt auf den in Verhandlung stehenden Antrag ein. Ich glaube, die Vorredner haben das schon sehr deutlich klargemacht. Es geht hier an und für sich wieder einmal um die Türkei. Es geht immer wieder um die Türkei, nicht nur um das Strategische und die Minderheiten allein, sondern es geht überhaupt um die Art und Weise und vielleicht auch um die Denkhaltung. Dieser Entschließungsantrag sagt nichts anderes aus, als dass man unter anderem der Benachteiligung christlicher, jüdischer und anderer religiöser Minderheiten entgegentritt.

Ein zweiter Punkt, der auch wesentlich war, war eben dieses Kloster Mor Gabriel. Zur Geschichte – ich wiederhole einige Fakten noch einmal –: Es ist eines der ältesten christlichen Klöster, 397 nach Christus. Denken Sie einmal daran, wie wertvoll das auch als Kultureigentum ist. Es ist eines der letzten intakten christlichen Klöster als geistliches, kulturelles Erbe und Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen Südostana­toliens. Und das Kloster spielt eine entscheidende Rolle bei der Pflege der syrisch-orthodoxen Kirche und deren syrisch-aramäischer Liturgie, wie wir schon vorhin hören durften.

Eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen – ich zitiere nicht, dass der Staat den Besitz dieses Klosters reduziert hat, ich rede nicht davon, dass nicht einmal das Recht auf eine Ausbildungsstätte besteht, ich rede nicht davon, dass es auch kein Recht gibt, religiöse Stiftungen und Schulen zu unterhalten –, das ist eine Schande.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, tätig zu werden. Nur: Wie soll sie es werden? Blauäugig – wir reden nur immer und reden und reden und setzen keine Handlungen! Ich ersuche Sie daher, folgenden Antrag zu unterstützen – die Fakten brauche ich nicht einzeln vorzulesen, ich werde einfach auf die Vielfalt, das Kulturelle, den kulturellen Wert, auch auf den vielleicht spirituellen Wert dieses Klosters hinweisen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weltkultur­erbe Kloster Mor Gabriel

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu aufgefordert, sich in den entsprechenden internationalen Gremien – insbesondere bei der UNESCO – dafür einzusetzen, dem Kloster Mor Gabriel das Prädikat ,Weltkulturerbe‘ zu verleihen.“

*****

Schauen wir uns einmal an, wenn das tatsächlich gelingt, wie sich dann die Damen und Herren, hauptsächlich Herren natürlich, am Bosporus verhalten.

Die nächste Geschichte: Wenn man schon über religiöse Minderheiten spricht, dann würde ich einmal allen, auch den Damen und Herren im Nahen Osten, empfehlen, „Nathan der Weise“ von Lessing zu lesen. Darin gibt es diese schöne Ringparabel. Wäre vielleicht auch einmal im Nationalrat eine Idee, das zu diskutieren.

Wir haben nicht nur die Türkei, wir haben auch den Nahen Osten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es 20 Prozent Christen gegeben, heute gibt es nur mehr 5 Pro­zent. Der Herr Außenminister hat sich in Saudi-Arabien wirklich für viele Men­schen­rechte eingesetzt, aber ich bin überzeugt, dass er über die christliche Minderheit nicht gesprochen hat, denn, wie wir wissen, es ist ja auch ein Teil des Königshauses, der wahhabitischen Doktrin, dass alles Christliche verboten ist. Es ist verboten, Kreuze oder Bücher einzuführen – aber vielleicht kann man „Nathan der Weise“ einführen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 271

dieses Buch hätte man dem Scheich ohne Weiteres vielleicht auch schenken können. Das wäre auch eine Möglichkeit, das vielleicht zu umgehen.

Ich möchte nicht die Mahnung der katholischen Kirche, der Bischofskonferenz in Deutschland zitieren, wo wirklich eindringlich gewarnt wird, die Christen würden von radikalen Muslimen verfolgt, ausgegrenzt und daran gehindert, ihre Religion auszu­üben. Oder Ägypten: 50 000 sind seit dieser schönen Frühlingsrevolution weggezogen, vertrieben worden.

Ich möchte aber auch Bischof Kapellari aus Graz zitieren, der dem „Kurier“ gegenüber sagt, Toleranz könne keine Einbahnstraße sein, die nur die Christen verpflichte. „Ge­gen die Verfolgung von Christen und anderen Minderheiten zum Beispiel in islamisch dominierten Ländern müssten nicht nur Christen, sondern Politik, Medien und die ganze westliche Zivilgesellschaft entschlossener auftreten.“

„Nathan der Weise“, Gotthold Ephraim Lessing lässt in diesem Sinn grüßen. Hundert Millionen Christen sind von Verfolgung bedroht. Es gibt genug Unterlagen von amnesty international, Hilfswerk Open Doors; ich möchte sie nicht alle zitieren, das würde eine Stunde dauern. Eine Schande für die zivilisierte Welt in Westeuropa, dass wir nicht mehr unternehmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.16


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag wird mitverhandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Josef Riemer und weiterer Abgeordneter betreffend Weltkulturerbe Kloster Mor Gabriel

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 15 über den Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei (2156 d.B.)in der 191. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 27. Februar 2013

In der Präambel des Antrages 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei wird folgendes völlig korrekt festgehalten:

„Mor Gabriel, gelegen im Distrikt Midyat, Provinz Mardin, der Republik Türkei, ist eines der ältesten christlichen Klöster weltweit. Wahrscheinlich 397 nach Christus gegründet, stellt es heute als eines der letzten intakten christlichen Klöster das geistliche und kulturelle Zentrum syrisch-orthodoxer Christen in Südostanatolien dar. Das Kloster kann auf eine 1 600 Jahre währende kontinuierliche Ausübung der Liturgie und klös­terlichen Lebens verweisen. Das Kloster Mor Gabriel spielt eine entscheidende Rolle bei der Pflege der syrisch-orthodoxen Kirche und deren syrisch-aramäischer Lithurgie sowie Alltagssprache und sichert institutionell das kulturelle Erbe der syrisch-ortho­doxen Bevölkerung. Schließlich ist das Kloster faktisch seit der Bischofsweihe des Abtes von Mor Gabriel gleichzeitig Sitz des Bischofs Mor Timotheos Samuel Aktas.“

Auf Grund dieser historischen, kulturellen und religiösen Bedeutung des Klosters Mor Gabriel stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 272

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu aufgefordert, sich in den entsprechenden internationalen Gremien – insbesondere bei der UNESCO – dafür einzusetzen, dem Kloster Mor Gabriel das Prädikat „Weltkulturerbe“ zu verleihen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


23.16.20

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon von meinen Vorrednern erwähnt, dass es bereits 2009 einen ähnlichen Antrag zum Erhalt des Mor Gabriel Klosters in der Türkei gegeben hat. Dieser Antrag wurde damals einstimmig angenommen, und ich gehe davon aus, dass der vorliegende Antrag heute auch einstimmig angenommen werden wird. Dieser neue Antrag ist notwendig geworden, weil in der Türkei inzwischen ein Gerichtsverfahren geführt wurde und dieses Gerichtsverfahren vom Kloster Mor Gabriel verloren wurde, woraufhin der Großteil des Besitzes des Klosters vom türki­schen Staat konfisziert wurde.

Wir waren uns auch im Menschenrechtsausschuss erfreulicherweise sehr einig, dass wir uns alle für den Erhalt des genannten Klosters einsetzen wollen, ebenso für das Recht von religiösen Minderheiten, auch in der Türkei Rechtspersönlichkeit zu erwer­ben, um eben für ihre Anliegen eintreten zu können.

Ich möchte abschließend auch betonen, dass es hier selbstverständlich um den Schutz von Minderheitenrechten, also sowohl des Rechts auf freie Religionsausübung, aber im gesamten Ausmaß auch um Minderheitenschutz geht, darum, dass für religiöse Min­der­heiten überall auf der Welt, in allen Ländern die Rechte gewahrt und gesichert werden müssen.

Darin sind wir uns einig, was uns als Grüne sehr freut. In diesem Sinne werden wir diesem Antrag selbstverständlich beitreten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

 


23.18.10

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Kollege Hörl hat mich gerade mit seinem Geschrei auf eine Idee gebracht, eine Tatsache, über die man schon berichten muss. Über das Kloster Mor Gabriel haben wir schon sehr viel gehört. Es ist sehr, sehr alt, es ist eine alte Kulturstätte, und wir tun sicher alles, um es erhalten zu können. Gerichtlich geht es diesem Mor Gabriel gleich wie den Agrargemeinschaften in Tirol. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) Ich muss dir das ganz ehrlich sagen, mit deinem Geplärre hast du es so weit gebracht.

Aber jetzt ganz ohne Spaß: Es geht hier wirklich um Menschenrechte, es geht um ein Kloster, das wirklich jedem von uns ein Anliegen ist. Wir haben jetzt alles darüber gehört, darauf brauchen wir nicht mehr einzugehen. Aber wir sind Europa – haben wir einmal gehört von der ÖVP –, wir sind Europa, und wir könnten schon etwas tun. Wir leben im 21. Jahrhundert, und die EU verhandelt mit der Türkei im Moment, um einen EU-Beitritt irgendwann abzuschließen oder in irgendeine Gerade zu bringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 273

Ich glaube, es ist schon verwerflich, es ist einfach nicht verständlich, und solange Christen in diesem Land verfolgt werden, solange Bischöfe, Priester ermordet werden, geistig rüstige Mörder scheinbar als geisteskrank eingestuft werden und solange der Islam das Christentum weltweit so bedroht, so lange, glaube ich, müssen wir einfach vorsichtig sein. (Beifall beim BZÖ.)

Niemand von uns will irgendeiner Religion irgendeinen Generalverdacht unterstellen, aber wir wissen, dass die Nordafrikaner in pakistanischen Terroristencamps ausge­bildet werden. Diese Marokkaner werden im Bombenbau, in Sprengtechnik, im Töten von Christen ausgebildet. Auch der Herr Staatssekretär wird das wissen, das ist bekannt. Und solche Camps werden, auch das wissen wir, teilweise auch von der Türkei finanziell unterstützt. Daher ist es höchstes Gebot, dass wir und unsere Bundes­regierung da aufschreien, dass wir in der EU einmal sagen, mit wem sie zu verhandeln hat und mit wem nicht.

Wenn heute junge Menschen so ausgebildet werden von den Mullahs – die Mullahs sind die islamischen Rechtslehrer –, dass über jedes Gewissen, über jeden Gewis­sens­biss drübergefahren wird, müssen wir wirklich dagegen auftreten.

Eines möchte ich auch sagen – Kollege Hörl, da wirst du mir recht geben –: Wenn in Telfs in Tirol einem Imam auch nur ein Haar gekrümmt würde, würde es in der Türkei einen so gewaltigen Aufschrei geben, dass Tirol noch erzittern würde. Und eine ähnliche Reaktion erwarten wir uns umgekehrt auch.

Zum Beispiel der Mörder von Bischof Luigi Padovese ist, wie könnte es anders sein, geisteskrank und kommt ein paar Jahre in eine Anstalt. Auch der Mörder von Santoro, einem katholischen Priester in Trabzon in der Türkei, ist als geistesgestört eingestuft worden. Es hat da viele Morde gegeben, deren Aufklärung nicht betrieben wird, daher sind wir es, meine ich, den Christen einfach schuldig, dagegen aufzutreten. Dass man heute Christen weltweit so verfolgt, ist zu einem großen Teil die Schuld der EU (Ruf bei der ÖVP: Geh, hör auf!), denn die EU müsste mindestens gleich stark auftreten, wie es umgekehrt die muslimische Welt macht.

Eine Frau Merkel, eine österreichische Bundesregierung müssen in die Überlegung, mit wem sie verhandeln und mit wem nicht, dieses Gedankengut mit einbeziehen, denn da geht es um Menschenrechte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es kann nicht sein, dass wir, wenn Christen weltweit verfolgt werden, zuschauen, umgekehrt aber immer den Schwarzen Peter haben. Diesbezüglich erwartet sich unsere Bevölkerung etwas anderes! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Großruck: Aber mit Europa hat das wenig zu tun!)

23.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


23.22.27

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Jetzt habe ich die Brille dabei, jetzt kann ich besser lesen. – Religionshass, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sagt Herr Erdogan in der morgigen „Kronen Zeitung“. Erdogan wird da zitiert, und zwar: Die Ursache von Kriegen seien nicht Religionen, die Berufung auf Religion Missbrauch. Religionen seien friedlich, Hass schüren gegen Religionen sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Wie schaut es in dieser Hinsicht in der Türkei aus? – Dort ist das Christentum sehr wohl unterdrückt, das zeigen viele Beispiele, Kollege Huber hat einige gebracht, etwa diese Morde an christlichen Priestern. Ewald Stadler hat hier vor einem Jahr einen Fall vorgebracht und gezeigt, wie brutal und bestialisch dieser Priester ermordet wurde. Es hat ihm, obwohl er hilferufend auf die Straße gelaufen ist, niemand geholfen, man hat


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ihn einfach links liegen gelassen, der Mörder konnte den Priester vor den Augen der Zuschauer zerstückeln. Und das ist schon etwas, was zu denken gibt.

Ich komme jetzt auf dieses Kloster zu sprechen, es ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt und besteht seit 1 600 Jahren. Und jetzt wird in der Türkei ein Urteil – ich möchte es einmal so sagen: ein eher muslimisches Urteil; anders kann ich mir das nicht erklären – getroffen, das dem widerspricht, was Herr Erdogan heute hier von sich gegeben hat.

Die Republik Türkei hat sich im Vertrag von Lausanne am 24. Juli 1923 dazu ver­pflichtet, dass türkische Staatsbürger, die nicht dem muslimischen Glauben angehören, gleichberechtigte Bürger mit gleichen politischen Rechten sind. Dass das in der Türkei derzeit nicht der Fall ist, wissen wir alle aus verschiedenen Berichten. Ich glaube, da ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig.

Ich denke, dass der Herr Bundeskanzler und der Herr Außenminister dieses Thema beim heutigen Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten angesprochen haben.

Wir werden dem Antrag der FPÖ, des Kollegen Riemer zustimmen. Ich glaube, das ist ein vernünftiger Antrag. Etwas, das 1 600 Jahre alt ist, gehört zum Weltkulturerbe, es ist eine der christlichen Wurzeln. Das kann man nur befürworten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abg. Mag. Unterreiner.)

23.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


23.25.12

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dem Entschließungsantrag können wir nicht beitreten, und zwar deshalb, weil das Kloster Mor Gabriel bereits zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wurde. – Das zum Ersten. So schnell kann man Wünsche erfüllen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zum Zweiten: Das Kloster Mor Gabriel wurde eigentlich nicht erst 2008 zum Politikum, sondern bereits 1915, weil so wie die Armenier die christlichen Assyrer im Völkermord 1915 zu Hunderttausenden zu Tode kamen. Da waren auch die christlichen Assyrer dabei. Das Problem der christlichen Assyrer ist, dass sie nicht als Minderheit anerkannt werden und somit auch die Anerkennung seitens der Türkei nicht da ist, sie als Minderheit sozusagen in ihrem Kloster zu sehen.

Worum geht es eigentlich? – Drei Dörfer, die rund um das Kloster liegen, haben An­spruch auf die Ländereien erhoben. Es verhandelt ja das Kloster bereits in mehreren Gerichtsverhandlungen – es laufen bereits vier Gerichtsverhandlungen, in denen es immer wieder um die Enteignung dieser Ländereien geht. Einerseits hat das Gericht entschieden, dass diese Enteignung nicht gerechtfertigt war, weil das Kloster selbst seit 1937 Grundsteuer für diese Ländereien bezahlt hat, andererseits hat aber das Kassationsgericht in Ankara diesen Entscheid aufgehoben, und das ist nicht korrekt.

Dass es jetzt für dieses Kloster sehr, sehr schwierig ist, zeigt sich auch darin, dass es dort jetzt nur mehr drei Mönche und 14 Nonnen gibt. Aber nichtsdestotrotz fahren im Sommer sehr, sehr viele christliche Assyrer dorthin, die dort die aramäische Sprache lernen wollen. Aber dadurch, dass sie nicht als Minderheit anerkannt sind, ist es ganz einfach notwendig, dass es auch durch einen Verein, durch eine Stiftung gestützt und getragen wird.

Viele Familien, die damals vertrieben wurden, versuchen sich dort wieder anzusiedeln. Das wird ihnen aber nicht gelingen, solange es solche Aktionen der Türkei gibt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 275

Jetzt hat das Kloster angekündigt, dass es dieses Urteil beim Europäischen Ge­richtshof für Menschenrechte wieder bekämpfen wird. Und da setze ich noch einmal auf Sie, Herr Staatssekretär, Sie führen ja die Gespräche – Sie haben auch damals in meiner Anfrage im Jahr 2009 bestätigt, dass Sie das machen werden –, dass die Men­schenrechte eingehalten werden und dass das Kloster Mor Gabriel weiter bestehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

23.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


23.27.51

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein paar kurze zusammenfassende Anmerkun­gen zum vorliegenden Antrag. Mit diesem Beschluss, der ja augenscheinlich einstim­mig gefasst wird, wird aus meiner Sicht nicht nur das Kloster Mor Gabriel unterstützt, sondern es wird auch klargemacht, dass nationale demokratisch gewählte Parlamente auch Verpflichtungen haben, die über ihren eigenen nationalen Wirkungskreis hinaus­gehen.

Ich halte es für eine ganz essentielle Verpflichtung einer Volksvertretung, für die Einhaltung der Menschenrechte und den Schutz der Minderheiten weltweit einzutreten, insbesondere auch dann – das ist schon ein paar Mal erwähnt worden –, wenn Staaten wie im gegenständlichen Fall die Türkei entsprechende Verträge, zum Beispiel die Menschenrechtskonvention des Europarates sowie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, unterschrieben haben. Damit sind sie ja auch Ver­pflich­tungen eingegangen.

Das Dilemma der syrisch-orthodoxen Kirche ist allerdings – das hat Kollegin Lueger auch schon gesagt –, dass sie im Vertrag von Lausanne eben nicht als religiöse Minderheit anerkannt wurde. Daher geht es im gegenständlichen Antrag auch um die Rechtspersönlichkeit.

Das Gerichtsurteil vom November bedroht das Kloster in seiner wirtschaftlichen Über­lebens­fähigkeit, aber auch in seinen kulturellen und religiösen Grundfesten ist das Kloster bedroht, einerseits durch das Verbot, Priesternachwuchs auszubilden – das gibt es bereits seit etwa 1980 –, und andererseits durch das Verbot, die aramäische Sprache, also die Ursprache des Christentums, im Rahmen des Unterrichts zu lehren.

Für keine gute Idee halte ich den Vorschlag des Kollegen Huber, den Dialog mit der Türkei nicht durchzuführen beziehungsweise da besonders stark auf den Tisch zu hauen. Ich glaube, dass die Fortschritte, die es für die religiösen Minderheiten in den letzten Jahren gegeben hat – und die hat es gegeben –, durchaus auch auf das Bohren der harten Bretter und den Dialog, den die Europäische Union eben mit der Türkei führt, zurückzuführen sind.

Zusammenfassend kann man sagen: Wir kommen damit einem sehr wichtigen Auftrag nach, nämlich die Einhaltung der Menschenrechte weltweit einzumahnen und einzu­fordern, und es ist sehr stark zu hoffen, dass dieser Antrag wie auch andere ähnliche Anträge aus anderen Parlamenten die Argumentationslinie des Klosters beim Euro­päischen Gerichtshof für Menschenrechte unterstützen und positiv beeinflussen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

23.30

23.30.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wortmeldung liegt dazu keine mehr vor. Ich schließe die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 276

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2156 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei.

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 296.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weltkulturerbe Kloster Mor Gabriel.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Großruck: Ist ja schon eines!)

23.31.02 16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Bürgerinitiative (32/BI): „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“ (2158 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.31.19

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Anliegen dieser Petition „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“ war und ist, Kinder und Jugendliche besser vor Ausbeutung in jeder Form, vor allem aber sexueller Ausbeutung zu schützen.

Dieses so wichtige Thema ist in Österreich von 55 000 Menschen im Rahmen einer weltweiten Initiative unterstützt worden. Seit dem Einlangen dieser Petition im Parla­ment im Sommer 2011 ist auch sehr viel geschehen. Nachdem wir zahlreiche Stellung­nahmen von verschiedenen Ministerien eingeholt hatten, wurde am 12. März 2012 ein Hearing zu diesem Thema abgehalten, an dem zahlreiche Experten von Kinderschutz­organisationen, aber auch VertreterInnen verschiedener Ministerien und natürlich auch die EinreicherInnen dieser BürgerInneninitiative selbst teilgenommen haben.

Zusätzlich fand auf Beschluss des Petitionsausschusses in der zweiten Dezember­woche des vergangenen Jahres eine Ausstellung zum Thema „Menschenhandel“ im Palais Epstein statt. All diese Aktivitäten unterstreichen, wie ernst dieses Thema vom Parlament genommen wird und wurde.

Aus der intensiven inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema sind drei wich­tige Punkte festzuhalten: 16 Prozent der Opfer von Menschenhandel in Europa sind Kinder, zwei Drittel davon Mädchen. Um dagegen ankämpfen zu können, ist es wichtig, die Bevölkerung für die verschiedensten Formen von Menschen- und Kinderhandel zu sensibilisieren. Kinder werden nicht nur sexuell ausgebeutet, sondern zum Beispiel auch gezwungen zu betteln oder kriminelle Handlungen zu begehen.

Opfer von Kinderhandel müssen professionell betreut und über ihre Rechte aufgeklärt werden, sonst besteht eben die Gefahr, dass sie wiederholt zu Opfern werden. Daher hat sich zum Beispiel das Innenministerium für die Einrichtung von entsprechenden Kriseninterventionsstellen in Rumänien und Bulgarien eingesetzt. Und auch in der anstehenden Novelle zum Verbrechensopfergesetz werden Opfer von Menschen­handel entschädigt.

Zuständig für die Opfer von Kinderhandel sind die Jugendwohlfahrten in den Bundes­ländern. Es gibt eine Vielzahl von Betreuungsangeboten, die sich um betroffene Kinder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 277

kümmern. Hierbei ist es wichtig, diese Angebote zu bündeln, zu koordinieren und einheitliche Standards anzustreben. Ich möchte hier nur die „Drehscheibe“ im 20. Bezirk als vorbildliche Einrichtung erwähnen.

Erwähnen möchte ich auch die Task Force, die es seit 2004 im Außenministerium zum Thema Menschenhandel gibt. Im Rahmen dieser Task Force existiert auch eine Arbeitsgruppe zum Thema Kinderhandel, die sich um diese Punkte kümmert. Es gibt auch einen dritten Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels.

In dem zur Bürgerinitiative vorliegenden Entschließungsantrag aus dem Menschen­rechts­ausschuss wird die Regierung ersucht, dem Parlament alle Berichte in diesem Zusammenhang weiterzuleiten, sodass sichergestellt wird, dass dieses Thema Kampf gegen Kinderhandel weiterhin auf unserer Agenda bleibt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


23.34.51

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat das Thema bereits sehr ausführlich erläutert, auch den Entschließungsantrag, den wir im Ausschuss einstimmig beschlos­sen haben. Ich glaube, es herrschen Einstimmigkeit und gemeinsames Bewusstsein, dass wir hier gemeinsam gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern vorgehen müssen. Wir haben seit vielen Jahren eine sehr gute Kooperation zwischen den Ressorts im Rahmen der Task Force. Meine Kollegin Lohfeyer hat es angesprochen.

Meine Damen und Herren! Was besonders wichtig ist, und darauf zielt der Ent­schließungs­antrag ab, ist, dass wir Öffentlichkeit haben, dass wir öffentliches Bewusst­sein schaffen. Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates, Sie alle sind Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Sie alle haben ein Umfeld. Bei uns geht es darum, dass wir uns dessen bewusst sind, dass wir bewusst machen müssen, dass es auch in unserem Umfeld Kinder geben kann, die von Kinderhandel betroffen sein können. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns alle Informationen, die es gibt, die von der Task Force erarbeitet werden, auch ansehen, dass wir hier auch die Augen offen halten und sensibel sind.

Dass die Berichte künftig auch dem Nationalrat automatisch zugeleitet werden, hier diskutiert werden, zielt darauf ab, dass auch wir künftig sensibel gemacht werden, und zwar sensibler als bisher. Und deswegen freue ich mich, dass es hier Einstimmigkeit bei diesem Entschließungsantrag gibt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


23.36.31

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Zuerst einmal ein Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen, dass sie mich auf meinen Fehler aufmerksam gemacht haben. Es freut mich aber, dass ich in der Denkweise richtig gelegen bin, dass das ein Weltkulturerbe ist. Aber danke, gescheiter dürfen wir immer werden. Danke für den Hinweis. (Beifall bei der FPÖ.)

„Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“, das ist schon einmal eine ganz tolle Geschichte, die vom „Body Shop“ und der Kinderschutzorganisation ECPAT initiiert worden ist. Was mich natürlich etwas nachdenklich stimmt, ist, dass der „Body Shop“ – hier habe ich etwas gefunden, was ich beim Kloster nicht geschafft habe – eigentlich zur Firma L’Oréal mit 2 800 Filialen in 65 Ländern gehört. Da frage ich mich, ob das


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nicht auch schon fast Missbrauch einer Geschäftsgeschichte ist. Da müsste man eigentlich besonders vorsichtig sein.

Aber bei dieser Initiative handelt es sich um eine weltweit durchgeführte Kampagne. Ist hier Werbung auch dabei?

Es müssten auch die Hintergründe beleuchtet werden. Kinderprostitution ist ein Milliar­den­geschäft. 1,2 Millionen Kinder werden nach Schätzungen des UN Kinderhilfs­werkes, UNICEF, jedes Jahr weltweit missbraucht. 7 Milliarden bis 10 Milliarden US-Dollar werden laut der Internationalen Organisation für Migration mit dem Menschen­handel verdient. Das ist lukrativer als der Handel mit Drogen.

Schätzungsweise 230 Millionen Minderjährige – und jetzt wird es spannend! – werden laut UNICEF Jahr für Jahr in Familien, Wohnquartieren und Gefängnissen oder an Arbeitsplätzen zu Opfern sexueller Gewalt.

Gehen wir noch weiter: Nicht vergessen dürfen wir das Schicksal jener Kinder, die vielfach von Perversen in Kellern, Verliesen in Deutschland, Belgien, Italien, Frank­reich, vielleicht auch Österreich und sonst wo gehalten werden.

Als Ursachen sieht man eine moralisch-sittliche Verrottung der Gesellschaft, Globali­sierung von Sextourismus, zerrüttete Familien, Heime, Armut und damit Sicherung des Überlebens vieler Familien, Kriege und dann auch Banden, die sich Mädchen einfach holen, um sie als Sexsklavinnen zu halten, HIV-Schutz – denn manche glauben, dass sie, wenn sie mit Kindern verkehren, davor Schutz haben.

Aber das wäre noch harmlos, wenn man sagte, das ist die weite Welt. Liest man aber nach beim Thema „Stoppt Sex-Handel“ und betrachtet die Task Force Arbeitsgruppe Kinderhandel in Österreich, dann sagt diese, in Österreich gebe es ein großes Dun­kelfeld, was die Zahl minderjähriger Opfer von Sexhandel betrifft. Österreich ist dabei nicht nur als Transitland, sondern als Zielland zu begreifen.

Da zieht es einem schon die Schuhe aus. Die Opfer stammen meist aus Südeuropa, aus asiatischen oder afrikanischen Ländern. Wenn sich da die Task Force für Prävention, für Opferschutz, für Strafverfolgung, für eine Evaluierung der Ausbildung der Staatsanwälte, Staatsanwältinnen, Richter, Richterinnen oder der Exekutive ein­setzt, wenn Folder aufgelegt werden, dann frage ich mich: Ist das genug?

Vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte angefangen, gibt es einen riesi­gen, überbordenden Konzeptanteil von Institutionen, von Bundesministerien, von NGOs, von ECPAT und der UNICEF. Hier redet man immer vom Schutz der Opfer. Ich frage mich: Hilft man den Opfern mit Prävention nur durch Folder? – Das kann es ja nicht sein. Das ist meiner Meinung nach viel zu wenig.

Wer in der Öffentlichkeit in Österreich weiß überhaupt von diesen Aktivitäten? Wie haben wir das den Österreichern und Österreicherinnen bekannt gemacht? Wie schaut es denn bitte in Österreich aus, wenn sich Polizisten, wenn sich Journalisten zum Beispiel in diese sogenannte feine Gesellschaft näher verstricken lassen wollen? Wie schaut das aus? Ist das in Österreich risikolos? (Rufe bei der SPÖ: Zeit! – Abg. Riepl: Schlusssatz, bitte!)

Es gibt noch etwas, was nicht unwesentlich sein sollte. Was da an öffentlichen Stellen vorhanden ist, stimmt einen nachdenklich. Österreich ist Zielland. Versagen wir alle bei aktiver Prävention? Oder müssen wir alle näher hinschauen?

Die FPÖ unterstützt diesen vorliegenden Entschließungsantrag, in dem die Bundes­regierung aufgefordert wird, dem Nationalrat die jeweiligen aktuellen Berichte der Task Force Menschenhandel zuzuleiten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 279

Das ist, bitte, wieder Papier! Wo ist der Inhalt? Wo sind die Taten? – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

23.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


23.41.51

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal ein herzliches Dankeschön an die Initiatorinnen und Initiatoren dieser Petition „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“. Das waren hauptsächlich die Organisation ECPAT und auch sehr viele Einzelpersonen, nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern.

Es ist sehr erfreulich, dass so viele Menschen gegen den Sex-Handel mit Kindern und Jugendlichen auftreten. Das haben sie nicht aus bloßem Interesse getan, sondern das haben sie eigentlich mit dem konkreten Ziel getan, dass an den bestehenden Strukturen etwas verbessert wird.

Und da fängt auch meine Kritik an: So nett ich den Antrag der Regierungsparteien auch finde, dem Nationalrat bereits im Internet befindliche Berichte zugänglich zu machen, ein zweites Mal, beziehungsweise zuzuleiten, muss ich doch sagen: Das wird die bestehenden Probleme faktisch noch nicht lösen. Tatsache ist, dass wir in den meisten Bundesländern leider keine effizienten und effektiven Strukturen haben, die dazu dienen, Opfer von Kinderhandel zu identifizieren, entsprechend zu betreuen und zu versorgen. Diese Strukturen fehlen großteils.

Wenn man mit Menschen redet, die sich mit diesem Thema beschäftigen, so hört man hinter vorgehaltener Hand oder unter vier Augen: Na ja, wissen Sie, es besteht nicht wirklich Interesse in den Bundesländern, diesbezüglich etwas zu tun oder etwas zu verbessern, deshalb müssen wir uns leider damit begnügen, dem Nationalrat bereits im Internet zugängliche Berichte zuzuleiten! – So wird das Problem noch nicht gelöst werden, sosehr wir den Regierungsantrag auch unterstützen und da mitstimmen werden.

Es ist wichtig, zu wissen und nicht zu vergessen, dass das eigentliche Anliegen der Leute von ECPAT und sehr vieler Bürger und Bürgerinnen, die sich für diese Petition engagiert haben, heute noch nicht umgesetzt wird. Das möchte ich noch einmal betonen.

Und es hilft nicht sehr viel weiter, wenn wir uns selber auf die Schulter klopfen und sagen: Na ja, wir verabschieden immerhin einstimmig einen Antrag!, wenn uns gleich­zeitig bewusst ist und bewusst sein muss, dass Betreuung, Identifizierung und Unterbringung von Opfern von Kinderhandel in den Bundesländern noch nicht funk­tioniert.

Deshalb werden wir Grüne auf jeden Fall da dranbleiben. Deshalb haben wir auch einen Antrag dazu gestellt mit dem konkreten Ziel, diese Strukturen in den Bundes­ländern zu verbessern. Es dürfte kein Zufall sein, dass dieser Antrag der Grünen mit dem Argument vertagt wurde: Na ja, es passiert ja sowieso einiges! Wir werden dranbleiben und fordern, dass dieser Antrag bald wieder auf die Tagesordnung kommt, denn es ist sicher nicht genug, dass Berichte – um es noch einmal zu betonen –, die es schon gibt, die jeder Interessierte, jeder und jede von uns bis jetzt auch schon hätte haben können, dem Nationalrat zugeleitet werden. Das kann noch nicht der Erfolg dieser wichtigen Bürgerinitiative sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 280

Wir müssen weiter konkrete Schritte setzen, auch in den Bundesländern, auch wenn es in manchem Bundesland heißt: Bei uns gibt es das Bewusstsein und das Interesse dafür nicht!

Wir sind es den Opfern von Kinderhandel schuldig, dass sie zeitnah identifiziert werden können und dass sie auch die beste Betreuung und Begleitung bekommen, die sie als Opfer von Kinderhandel, von Menschenhandel brauchen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


23.45.50

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich als Obfrau des Petitionsaus­schusses darüber, dass diese wichtige Petition, die von so vielen Menschen unterstützt wurde, den richtigen Weg in den Menschenrechtsausschuss gefunden hat, und zwar einstimmig. Wir haben dieses Thema auch im Petitionsausschuss diskutiert, es gab ein sehr umfassendes Hearing. Es geht da um einen Bereich, wo wir tagtäglich dagegen ankämpfen müssen, dass Kinder missbraucht, misshandelt werden, mit der Ware Kind sozusagen Handel getrieben wird, Kinder ausgebeutet werden und weltweit in etwa 1,2 Millionen Kinder betroffen sind. Die Dunkelziffer ist sehr hoch.

Es ist positiv, dass auch im Menschenrechtsausschuss noch einmal die Task Force, die es seit 2009 gibt, hervorgehoben wurde, die den Menschenhandel bekämpft. Es gibt auch einen Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel, der bis 2014 läuft. Aber da kann ich an meine Vorrednerin anschließen: Es nützen die besten Instrumente nichts, wenn nicht in der Praxis die Umsetzung funktioniert.

Die Bundesländer sind schon angesprochen worden: Gerade die Bundesländer agieren und reagieren hier sehr unterschiedlich. Manche Bundesländer haben bereits Betreuungseinrichtungen und sind sehr gut vernetzt, andere wieder nicht. Daher, denke ich, ist es notwendig, dass uns bewusst ist, dass einerseits die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, der Polizei, der Jugendwohlfahrt und den Botschaften gut funktionieren muss, dass aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestens geschult werden und dass vor allem auch notwendige finanzielle Mittel für Betreuungs­einrichtungen vorhanden sind.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass anlässlich dieser Petition die längst fällige Hotline für vermisste Kinder im Familienministerium im Herbst des vergangenen Jahres eingerichtet wurde. Es hat sehr lange gedauert. Es ist dies auch auf einen Antrag von uns, vom BZÖ zurückzuführen, weil wir das sehr vehement eingefordert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit 2011 haben wir in Österreich in der Verfassung die Kinderrechte verankert. Im nationalen Bereich müssen wir sehr viel zum Kinderschutz tun. Das ist uns vom BZÖ ein sehr großes Anliegen. Wir werden nächste Woche im Ausschuss wahrscheinlich auch das neue Jugendhilfegesetz, auf das wir schon sehr lange warten, mit den entsprechenden Rahmenbedingungen be­schließen.

Kinderschutz ist etwas, was auf nationaler Ebene ein ganz wichtiges Anliegen sein muss und sein soll, aber natürlich müssen wir auch auf internationaler Basis unserer Verantwortung gerecht werden.

Dieser Antrag, dem wir heute natürlich auch zustimmen werden, darf keinesfalls ein Abschluss oder eine Beruhigung dahin gehend sein, dass bei uns alles in Ordnung ist, sondern er muss der Anfang eines ständigen Auftrages sein, dass wir die Bevölkerung zu informieren und aufzuklären haben, dass wir hinschauen und nicht wegschauen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 281

dass wir strenge Gesetze machen, dass wir für funktionierende Instrumente sorgen und vor allem die notwendigen Mittel bereitstellen, damit man sich diesem Teil der organisierten Kriminalität wirklich widersetzen kann. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

23.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Kirchgatterer, bitte! – Rufe bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Kirchgatterer –: Heute noch, bitte! Schneller!)

 


23.49.50

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit dem Dank an jene beginnen, die diese Petition eingebracht haben, die sich engagiert haben, die sich für dieses Thema stark gemacht haben. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass im Petitionsausschuss sehr gute Arbeit geleistet worden ist. Kollegin Lohfeyer hat schon über das Hearing und über die Wanderausstellung berichtet, die in allen Bundesländern zu mehr Achtsamkeit, zu mehr Interesse führen soll.

Und das ist auch der wichtigste Punkt, der heute von einigen Rednerinnen und Red­nern schon erwähnt wurde: Es geht darum, dieses Thema einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das ist auch der Inhalt dieses Antrages. Es geht darum, auf Bundesebene, aber auch in den Bundesländern und international gemeinsam zu versuchen, dieses Problem mit den regelmäßigen jährlichen Berichten, auch immer wieder angepasst, anzugehen.

Ich bedanke mich bei allen, die hier mit im Boot sind, dafür, dass die breite Zustim­mung auch dazu führt, dass ein gemeinsamer Erfolg zu erreichen ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte.

 


23.51.40

Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auf internationaler Ebene sind die Durchsetzung der Kinderrechte sowie der Schutz von Kindern vor Menschenhandel Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik. Österreich ist aktiver Partner sämtlicher wichtiger inter­nationaler Abkommen gegen Menschenhandel. Und auch auf nationaler Ebene – das wurde ja schon von Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen – ist der 3. Natio­nale Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels für die Jahre 2012 bis 2014 bereits in Umsetzung. Da arbeitet die Task Force zur Bekämpfung des Menschen­handels an der Umsetzung; diese setzt natürlich Maßnahmen im Bereich des Opfer­schutzes für Kinder.

Unserer Fraktion ist das ganz wichtig. Weiters hat auch das Außenministerium zugesagt, die Anliegen im Kampf gegen Kinderhandel und die bestmögliche Betreuung der Opfer auch weiterhin zu unterstützen und sich für deren Umsetzung einzusetzen.

Im Kampf gegen dieses meiner Meinung nach abscheuliche Verbrechen kann man nie genug tun. Und deswegen will auch der Nationalrat hier mit diesem Antrag seinen Beitrag dazu leisten, die vielfältigen Aktivitäten gegen Menschenhandel und insbeson­dere gegen Kinderhandel zu unterstützen. Und das ist gut so! (Beifall bei der ÖVP.)

23.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 282

23.53.05

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Grundlage für diesen Tagesordnungspunkt ist die Bürgerinitiative 32/BI „Stoppt Sex-Handel mit Kin­dern & Jugendlichen“ – eine Initiative, die der Regierung ins offene Messer läuft, weil ja dazu bereits eine Task Force errichtet wurde, weil es dazu ja bereits einen Nationalen Aktionsplan gibt.

Diese Bürgerinitiative haben wir auch auf breitester Ebene hier im Hohen Haus mitge­tragen. Wir haben sechs Bundesministerien zu diesem Thema befragt und um Stel­lung­nahmen gebeten, haben im Petitionsausschuss ein Hearing abgehalten und haben dieses Thema auch noch im Menschenrechtsausschuss behandelt.

Grundlage für diese Bürgerinitiative ist eine Medienkampagne eines Online-Beauty­produkte-Versandhandels, der immerhin 55 000 Unterschriften in Österreich und sieben Millionen Unterschriften in 20 Ländern gesammelt hat, und zwar im Zeitraum von 2009 bis 2012. Dabei hat er 70 000 € zugunsten dieser Aktion erwirtschaftet. Wie hoch der Umsatz des Versandhandels im gleichen Zeitraum für diese Kampagne war, das steht leider nicht drinnen.

Was hat jetzt die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan für Ergebnisse? – Das BMI hat bekannt gegeben, dass es im Zeitraum von 06/2010 bis 09/2011 vier Schulungen zu diesem Thema abgehalten hat. Es wurde eine bundesweite polizeiliche Menschenhandelshotline eingerichtet, die übrigens sehr kompliziert ist. – Ich habe es dreimal gelesen, ich könnte es hier nicht auswendig zitieren.

Das Bundesministerium für Äußeres unterstützt die Kampagne von ECPAT natürlich, verkauft Handcremen – ich weiß nicht, ob es Aufgabe eines Ministeriums ist, den Verkauf von Handcremen zu unterstützen – und unterstützt mit Vorträgen und Presse­konferenzen die Botschafterin Tichy-Fisslberger als nationale Regierungskoordinatorin.

Das Bundesministerium für Justiz hat im Jahr 2011 das Seminar „Aktiv gegen Men­schenhandel“ für Staatsanwälte und Richter abgehalten und finanziert den Opfer-Notruf des „Weissen Ringes“ mit. – Damit haben wir schon die zweite Hotline.

Das Arbeitsministerium sagt, es habe den Zugang zum Arbeitsmarkt für Opfer und Zeuginnen erleichtert. – Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen.

Das Bundesministerium für Frauen hat die Finanzierung einer Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel, für weibliche Jugendliche ab 16 Jahren unterstützt und eingerichtet. – Die dritte Hotline.

Das Bundesministerium für Wirtschaft hat gesagt, es finanziert Broschüren und Folder, hat eine eigene Webseite Gewaltinfo.at, führt Informationsveranstaltungen an Schulen für Lehrer durch und macht Folder und Roll-Ups. Und es gibt eine Meldeadresse für Kindersextourismus. – Die vierte Hotline.

Das heißt, sechs Ministerien betreiben als Ergebnis eines Nationalen Aktionsplanes mehrere Webseiten und vier verschiedene Hotlines zum selben Thema. Ich weiß nicht, ob das wirklich sinnvoll ist. Es gibt doch einen ganz klaren Notruf der Polizei, die Nummer 133. Und da gab es schon ein Problem: Als ein Junge aus Perchtoldsdorf angerufen hat und leider am Wiener Notruf hängengeblieben ist, hat man ihm einfach erklärt, man sei nicht zuständig.

Also bei jeder weiteren Hotline, die man einrichtet, bei jeder weiteren Nummer, die man einrichtet, besteht die Gefahr, dass dort jemand abhebt, der den eingehenden Anruf nicht versteht. Ich gehe zum Beispiel davon aus, dass es, wenn ein rumänisches Mädchen, das nach Österreich geschleppt wird, anruft und sich nicht auf Deutsch unterhalten kann, Schwierigkeiten bei der Verständigung auf der einen Seite geben wird. Auf der anderen Seite ist es fraglich, ob sich die jeweilige Hotline zuständig fühlt


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oder ob man dort einfach sagt – so wie es im Fall des erwähnten Jungen war –: Wir sind leider nicht zuständig!

Abschließend kann ich nur sagen: Ich weiß nicht, ob es Aufgabe einer parla­men­tarischen Bürgerinitiative ist, Unternehmen finanziell zu fördern. Auf jeden Fall würde es mich freuen, wenn ein Nationaler Aktionsplan folgt, dass man die Zahl der Notruf­nummern auf eine einzige Notrufnummer reduziert.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich von Rot und Schwarz nicht einigen können, dann machen Sie halt zwei Notrufnummern: eine für das rote Ministerium und eine für das schwarze Ministerium, aber nicht vier verschiedene Notrufnummern. (Beifall bei der FPÖ.)

23.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


23.57.42

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Ich will ja nicht die Stimmung unter dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ stören, aber die Redebeiträge – auch jene der Regierungsvertreter – betreffend Kinderhandel und Menschenhandel veranlassen mich dazu, es doch zu tun. Auf Grund dieser „großartigen“ Entschließung der künftigen Volks­anwältin Marek zu glauben, dass Kinder- und Menschenhandel damit in Österreich ein Ende gefunden haben, ist leider Gottes falsch.

Ich will daher diese Rede auch dazu nutzen, zu sensibilisieren, welche Gefahren in Österreich im Bereich des Kinder- und Menschenhandels vorhanden sind. Das, was Frau Abgeordnete Korun in ihrer Rede nicht dazugesagt hat, ist, dass es einen UNICEF-Bericht aus dem Jahr 2008 gibt – ich betone: von UNICEF, dem UN-Kinder­hilfswerk –, wo Österreich massiv kritisiert wird, dass bei uns gegen Kinder- und Menschenhandel nichts getan wird, und das verurteilt – ich wiederhole: UNICEF 2008! – und es im Übrigen in einen direkten Zusammenhang mit der Bettelkriminalität bringt. Es nennt dezidiert zwei große Städte in Österreich, nämlich die Bundeshauptstadt Wien und die Landeshauptstadt Graz, und verurteilt Österreich dafür und fordert uns auch eindringlich auf, bezüglich des Kinder- und Menschenhandels auch daran zu denken, dass es einen direkten Zusammenhang mit der sogenannten Bettelkriminalität gibt.

Wenn wir den Kinder- und Menschenhandel in Österreich eindämmen wollen, müssen wir uns endlich dazu entschließen, auch da härter vorzugehen. Denn: Es ist nämlich kein Menschenrecht, sehr geehrte Frau Kollegin Korun, dass arme, alte, kranke und behinderte Menschen oder schulpflichtige Kinder ausgebeutet werden, dass sie für einen Hungerlohn ihren nackten Hintern auf die Erde setzen und Dinge erbetteln müssen, die dann zu einem großen Teil an ihre kriminellen Hintermänner abgeliefert werden. (Beifall beim BZÖ.)

Es entspricht nämlich nicht meinem Weltbild, auch nicht meinem humanen Weltbild, wie wir in Österreich Menschenrechte umsetzen, wo Sie in Städten wie Graz und Wien, wo Sie Verantwortung tragen, erfolgreich Maßnahmen gegen die Bekämpfung dieser Bettelkriminalität, dieser organisierten Bettelkriminalität setzen und sich damit zu Mittätern dieses Menschenrechtsverbrechens machen, dass wir es als zivilisierter Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts zulassen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Armut ist ein Verbrechen, oder was?!)

Da können Sie noch so schreien, Frau Kollegin Glawischnig, aber: Es ist ein Ver­brechen, arme, alte, kranke und behinderte Menschen auszunutzen, damit sie 90 Pro­zent ihres Tageslohns an Hintermänner abgeben müssen. (Beifall beim BZÖ.) Und es ist kein Menschenrecht, Kinder auszubeuten.


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Es ist ein Menschenrecht, in einer sozial schwierigen Situation nach Hilfe zu suchen und es ist eine menschenrechtliche Verpflichtung, dass Österreich das soziale Netz so eng knüpft, dass Bettelei in unserem Staat, auf unserem Staatsgrund keine Recht­fertigung hat, weil die Menschen eine klare soziale Absicherung haben.

Aber es ist kein Menschenrecht, Kollegin Glawischnig, Kollegin Korun, hier die Bettel­kriminalität zu einem Gewerbe, zu einer Innung der Wirtschaftskammer zu machen und Hintermänner sich eine goldene Nase verdienen zu lassen, indem wir zulassen, dass schulpflichtige Kinder ihrer Schulpflicht entzogen werden und dann in österreichischen Hauptstädten am Arm ihrer Eltern als Sechs-, Siebenjährige wie kleine Kasperln auf der Straße sitzen und das Mitleid der Menschen erregen müssen, damit sie Geld bekommen, das sie dann wieder abgeben müssen. Diesen Kindern, die sieben, acht Jahre alt sind und eigentlich etwas Besseres verdient hätten, sollte man in ihrem Heimatland eine Bildung angedeihen lassen, auf dass aus ihnen in Zukunft etwas wird und sich nicht die Dreigroschenoper des Bert Brecht einmal mehr im 21. Jahrhundert wiederholt und wir hier in Österreich in unseren Großstädten Bettelkriminalität erleben müssen.

Daher warne ich heute, bei all der Euphorie über diese Sechsparteieneinigung und angesichts der Wortmeldungen von Regierungsvertretern und auch von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen: In diesem Bereich werden wir Maßnah­men setzen müssen. Dazu verpflichtet uns auch der Verfassungsgerichtshof, der, volkstümlich gesagt, hoppertatschige Gesetze auf Länderebene reihenweise aufhebt, wie wir wissen. Im Kampf gegen den Menschen- und Kinderhandel wird es eine bundesgesetzliche Regelung geben müssen. (Beifall beim BZÖ.)

0.02


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2158 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Berichte zur Bekämpfung des Menschen­handels und des Kinderhandels.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die dies unterstützen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 297.)

00.02.4917. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2147/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis (2171 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte, Herr Kollege.

 


0.03.10

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde kommen wir nun zur Arktis, aber es herrscht Einigkeit bei diesem Thema. Wir sind uns alle darin einig, dass es mit der Arktis einen schützens­werten und erhaltenswerten Lebensraum gibt, der aufrechterhalten werden muss.

Dieser Fünf-Parteien-Antrag gibt der Bundesregierung den klaren Auftrag, sich national, international und auf europäischer Ebene für den größtmöglichen Schutz des Lebensraumes Arktis einzusetzen. Es geht faktisch darum, dass der Klimawandel und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 285

die wachsende wirtschaftliche Ausbeutung eine Gefahr darstellen, dass das Arktiseis schmilzt. Daher ist es wichtig, dass wir hier Geschlossenheit zeigen und uns einer globalen Verantwortung stellen.

Ich bedanke mich bei den Grünen, die hier die Initiative ergriffen haben und die Parteien geschlossen zusammengebracht haben. Es geht um ein sinnvolles gemein­sames Anliegen, bei dem wir Solidarität und Geschlossenheit zeigen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


0.04.00

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Lieber Kollege Gahr, im Nordwesten Grönlands ist es jetzt zirka 19 Uhr, also Primetime, Hauptsendezeit. Wir liegen mit unserem gemeinsamen Antrag eigentlich in einer guten Zeit.

Kollege Gahr, du hast die Kernpunkte angesprochen. Es geht darum, dass seit den achtziger, neunziger Jahren die Eisdecke des Polargebietes um fast 50 Prozent geschmolzen ist. Es gibt dadurch neue ökologische Bedrohungen für dieses wirklich sensible Naturgebiet, das geht von der Ausbeutung der Ressourcen über ein Aufkom­men von industriellem Fischereigewerbe bis hin zu brutalen Wildereien und vor allem einem Wettlauf um die Ressourcen.

Ich bin sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, aus dieser grünen Initiative einen gemeinsamen Antrag zu formulieren, der eindeutig festlegt, dass sich Österreich auf allen Ebenen für die Einführung eines internationalen Schutzgebietes für die Nordpol­region einsetzen wird, dass sich Österreich darüber hinaus – und das war die zeitliche Brisanz – im März bei der Konferenz um das Washingtoner Artenschutzabkommen für den besonderen Schutz der Eisbären einsetzen wird und dass wir auch innenpolitisch ein klares Signal setzen, indem wir österreichischen Firmen, die eventuell auf die Idee kommen könnten, in der Arktis auf Kosten der Umwelt wirtschaftlich aktiv zu werden, keine Exportförderung gewähren.

In diesem Sinne herzlichen Dank für die gemeinsame Initiative und für die einstimmige Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

0.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


0.06.10

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Schon als Kind hatte ich ein sehr persönliches Verhältnis zur Arktis, stand doch das Wohnhaus meiner Eltern in der Payergasse, Ecke Nansengasse – Payer und Nansen, zwei berühmte Polarforscher in der Arktis.

Als Tierschützer ist mir natürlich auch bekannt, dass die Arktis Lebensraum für 40 be­drohte Tierarten ist. Daher ist es für mich als Tierschutzsprecher selbstverständlich, dass wir diesen Antrag gerne mittragen, leben doch dort Eisbären, Robben, Walrosse, Rentiere, Karibus, Moschusochsen, Polar- und Eisfüchse, Schneehasen, Hermeline, Lemminge und Wölfe. Im Wasser schwimmen Kabeljau und Hering, verschiedene Walarten wie Blauwal, Finnwal, Grönlandwal, Narwal, Buckel- und Zwergwale. Vogel­arten wie Schnee-Eule und Weißkopfseeadler sind auch dort zu finden.

Dieses Ökosystem ist jetzt durch den Abbau von Erdöl und Erdgas gefährdet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 286

Wir hätten diesem Antrag gerne im Ausschuss zugestimmt, aber Kollege Auer hat mit seinen Ausführungen unsere Fraktion im Ausschuss derart provoziert, dass er sie gezwungen hat, auszuziehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Umso mehr freut es uns, heute zustimmen zu können. Wir tragen diesen Antrag gerne mit. (Beifall bei der FPÖ.)

0.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


0.07.46

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schafts­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und Zuseherinnen und Zuseher, falls uns noch immer jemand zuschaut! Wir sind mit diesem Antrag jetzt leider nicht ganz aktuell, weil der Welttag des Eisbären schon kurz vorbei ist. Trotzdem ist es, glaube ich, ein schönes Signal, wenn wir heute den Schutz der Eisbären und der Arktis gemeinsam beschließen können.

Der Eisbär ist ja zu einem Symboltier des Klimawandels und durch den Rückgang des Polareises zu einer bedrohten Art geworden. Aber das Gebiet der Arktis ist nicht nur durch den Klimawandel bedroht, sondern auch durch wirtschaftliche Ausbeutung, denn je kleiner das eisbedeckte Gebiet wird, desto größer werden die wirtschaftlichen Interessen, dort auch noch Ölvorräte auszubeuten. Auch deswegen ist es wichtig, der Arktis als Ökosystem den entsprechenden Schutzstatus zuzugestehen.

Wir haben im Dezember dazu einen Antrag gestellt, der wie die meisten Oppositions­anträge zuerst einmal zur Sicherheit vertagt wurde. Ich freue mich aber, dass wir mittlerweile eine Fünf-Parteien-Einigung erzielen konnten, in der die wesentlichen unserer Forderungen durchgegangen sind.

Sehr wichtig ist auch – und deswegen tragen wir das auch mit –, dass wir diesen Schutzstatus des Eisbären und der Arktis jetzt beschließen, weil im März die Vertragsstaatenkonferenz nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen stattfinden wird, bei der es genau um den Schutzstatus der Eisbären gehen wird. Es ist wichtig, dass der Herr Bundesminister jetzt von uns eine entsprechende Position mitbekommt und dort für den höchstmöglichen Schutz der Eisbären eintreten wird.

Deswegen möchte ich mich auch für diese Zusammenarbeit bedanken, und ich freue mich, dass wir hier diesen gemeinsamen Beschluss fassen.

Auch wenn sich der Minister dafür einsetzt, dass die Arktis ein Schutzgebiet wird, auch wenn der Eisbär diesen Schutzstatus erhält, ist das noch nicht genug, denn es dauert einige Zeit, bis das alles eingerichtet wird. Auch jetzt wird schon nach Öl und Gas gebohrt, und da braucht es Verbote. Ich denke, wir in Österreich müssen so weit sein, dass es überhaupt keine Exportsubventionen gibt, wenn österreichische Unternehmen da auch nur irgendwie beteiligt sind.

Daher braucht es zusätzliche Maßnahmen, und ich bringe noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis II

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 287

1. sich aktiv für den größtmöglichen Schutz der Arktis als Naturlebensraum einzu­setzen und in allen nationalen, europäischen und internationalen Gremien folgende Positionen aktiv zu vertreten:

Ein sofortiges Verbot für Öl- und Gasförderung und -produktion in arktischen Gewäs­sern und die Entwicklung eines entsprechenden internationalen Protokolls;

Moratorium der industriellen Fischerei in jenen historisch nicht befischten Gebieten des Arktischen Ozeans, die bisher ganzjährig von Eis bedeckt waren.

2. keine Exportförderung und -garantien für österreichische Unternehmen zu geneh­migen, die in Industrieprojekte in der hohen Arktis involviert sind.

3. sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Eigentümerin oder Aktionärin, dafür einzu­setzen, dass österreichische Unternehmen, an denen die Republik Österreich beteiligt ist, sich nicht an arktischen Rohstoff- und Industrieprojekten beteiligen.

*****

Es geht hier also um vielschichtige Maßnahmen, die zu treffen sind, und wir geben Ihnen allen mit diesem Antrag noch einmal die Gelegenheit, wirklich der Arktis als einem der unberührten, naturbelassenen Naturgebiete den nötigen Schutz zu gewäh­ren und damit auch den Eisbären zu schützen. Wer den Eisbären schützen will, muss die Arktis schützen und diesem umfassenden Paket auch noch zustimmen.

Ich erwarte mir schon, dass wir nicht nur bei internationalen Konferenzen entsprechend auftreten, sondern auch unsere Hausaufgaben machen. (Abg. Scheibner:  die österreichischen Eisbären schützen!) Dazu gehört auch, dass österreichische Firmen, die auch nur irgendwie an Industrieprojekten in der Arktis beteiligt sind, keine Exportsubventionen bekommen.

Eine wichtige und wesentliche Aufgabe, wenn es um den Schutz der Eisbären und den Klimaschutz geht, wäre nun einmal, dass wir auch unsere Hausaufgaben zum Klima­schutz machen und endlich einmal – da spreche ich auch Sie an, Herr Landwirtschafts­minister, und die Regierungsparteien – dafür sorgen, dass der CO2-Ausstoß zurück­geht und nicht, so wie das in den letzten Jahren der Fall war, weiter steigt.

Eine weitere wichtige Maßnahme: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Gaßner: Jetzt habe ich schon gedacht, Sie haben darauf vergessen!)

0.12


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis II

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2147/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis (2171 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 288

Begründung

Die Arktis ist eines der letzten nahezu unberührten großen Naturparadiese dieser Erde. Dieses einmalige Ökosystem ist jedoch durch den Klimawandel und die wachsende wirtschaftliche Ausbeutung in Gefahr.

Das arktische Meereis schmilzt rasant. Mitte September 2012 schmolz die Eisfläche auf ein neues Sommertief: Mit 3,41 Millionen Quadratkilometern wurde der bisherige Tiefstwert von 2007 (4,17 Millionen km2) um 22 Prozent unterboten. In den letzten 30 Jahren verschwanden damit über 75% der arktischen Eisdecke. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte der arktische Ozean im Sommer 2020 das erste Mal seit Menschengedenken komplett eisfrei sein.

Mit dem Anwachsen der eisfreien Gebiete im Nordpolarmeer wachsen auch die wirtschaftlichen Interessen. Vor allem Ölfirmen wollen sich die Folgen des Klima­wan­dels zu Nutze machen. Fand die Ölförderung bisher auf dem arktischen Festland statt, droht nun die Industrialisierung des Nordpolarmeeres. Das Wettrennen um das Öl hat im Sommer 2012 begonnen: Als erster Konzern plante Shell in Nordalaska fünf Offshore-Probebohrungen durchzuführen. Damit übernimmt Shell eine Vorreiterrolle für andere Ölkonzerne.

Das Ökosystem der Arktis ist verwundbarer gegen Ölunfälle als andere Regionen auf dieser Welt. Niedrige Temperaturen und Eisbedeckungen sorgen dafür, dass die Giftstoffe des Öls lange Zeit im Ökosystem verbleiben und dieses dauerhaft schädigen. Für viele Tier- und Pflanzenarten ist ein intaktes Ökosystem überlebenswichtig, einige von ihnen kommen nur in der Arktis vor: Eisbären, Walrosse, Nar- und Grönlandwale sowie zahlreiche Vogelarten wie Schnee-Eule und Weißkopfseeadler.

Der Klimawandel und der rasante Rückgang des Polareises bedrohen den Eisbären in seiner Existenz. Er ist dadurch zum Symbol des Klimawandels geworden. Eine massive Einschränkung ihres Lebensraumes erfahren die Eisbären bereits jetzt – auch durch die verstärkte Förderung von Erdöl und Erdgas in den arktischen Regionen. Insbe­sondere die Gebiete, in denen sich die Weibchen zur Winterruhe und zur Geburt zurückziehen, sind hiervon betroffen.

Der adäquate Schutz der arktischen Umwelt durch internationale Abkommen ist derzeit nicht gewährleistet. Für den besseren Schutz der Arktis, die im Gegensatz zur Ant­arktis nicht per internationaler Übereinkunft unter nachhaltigem Schutz steht, brauche es verbindliche und nachhaltige Regeln.

Im Antrag 2147/A(E) betreffend Schutz der Arktis in der Fassung des Umwelt­aus­schusses (2171 d.B.) wird von der Bundesregierung unter anderem der Einsatz für die Einrichtung eines internationalen Schutzgebietes gefordert. Auch bei erfolgreichen Verhandlungen wird dieses Ziel sicherlich erst in einigen Jahren erreicht und imple­mentiert werden können. Ein sofortiger Stopp für alle Öl- und Gasförderprojekte sowie ein Moratorium für die industrielle Fischerei in den historisch nicht befischten Gebieten ist deshalb zusätzlich notwendig. Der Arktische Rat entscheidet im Mai 2013 über die Aufnahme der EU. Sollte die EU in diesen Rat aufgenommen werden, muss sich die österreichische Bundesregierung für schnell wirksame Maßnahmen einsetzen, damit die Ökosysteme der Arktis nicht schon vor der Errichtung eines möglichen Schutz­gebietes unwiederbringlich zerstört werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 289

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. sich aktiv für den größtmöglichen Schutz der Arktis als Naturlebensraum einzu­setzen und in allen nationalen, europäischen und internationalen Gremien folgende Positionen aktiv zu vertreten:

Ein sofortiges Verbot für Öl- und Gasförderung und -produktion in arktischen Gewäs­sern und die Entwicklung eines entsprechenden internationalen Protokolls;

Moratorium der industriellen Fischerei in jenen historisch nicht befischten Gebieten des Arktischen Ozeans, die bisher ganzjährig von Eis bedeckt waren.

2. keine Exportförderung und -garantien für österreichische Unternehmen zu geneh­migen, die in Industrieprojekte in der hohen Arktis involviert sind.

3. sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Eigentümerin oder Aktionärin, dafür einzu­setzen, dass österreichische Unternehmen, an denen die Republik Österreich beteiligt ist, sich nicht an arktischen Rohstoff- und Industrieprojekten beteiligen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


0.12.26

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag ist ja umfassend referiert worden. Ich bedanke mich auch bei der Fraktion der Grünen für die Idee, für die Intention. Der Antrag umfasst drei Punkte:

Der erste Punkt ist, sich in internationalen Gremien, europäischen Gremien und auch in Österreich dafür starkzumachen, dass die Arktis ein umfassendes Schutzgebiet wird.

Punkt zwei ist der Schutz des Eisbären – ganz nach dem Motto der Sänger von Grauzone: „Ich möchte ein Eisbär sein“ –, auf dass man sich in der Arktis wohlfühlen kann und geschützt ist und dort kein Handel mehr betrieben wird, der exzessiv ist.

Der dritte Punkt ist, seitens Österreichs keine Exportförderung für umweltgefährdende Projekte zu gewähren. – Dafür sage ich ein Danke an die Grünen.

Was ich aber an der grünen Fraktion kritisiere – und da bitte ich auch um Ihre Aufmerksamkeit, Kollegin Brunner –, ist die politische Verlässlichkeit der Grünen, denn wir haben diesen Antrag gemeinsam im Umweltausschuss diskutiert, und wir haben ihn auch gemeinsam formuliert, und dann kommen Sie heute wieder und bringen einen Entschließungsantrag ein, der wesentlich umfassender ist.

Man kann das machen, aber ich poche darauf, dass das, was im Ausschuss gemein­sam ausgemacht wird, hält und dass das das gemeinsame Resümee aller Parteien hier im Hohen Haus ist.

Zum Umweltausschuss darf ich schon einige Punkte anmerken. Die Tagesordnung der letzten Umweltausschusssitzung umfasste insgesamt neun Punkte. Einer davon war die allgemeine Aussprache mit dem Minister, der jetzt hinter mir sitzt, die zum Teil befriedigend, zum Teil nicht sehr ergiebig war – gerade in Klimaschutzbereichen. Alle anderen Tagesordnungspunkte kamen von der Opposition. Dann kam die Provokation seitens der SPÖ in Richtung LED-Antrag der FPÖ dazu, auch das ist zu verurteilen.

Wir haben wiederholt im Umweltausschuss Probleme mit den Regierungsparteien, weil im Umweltbereich von Ihrer Seite nichts Konkretes kommt, als ob die Umweltthemen nicht wichtig genug wären, um sie abzuhandeln, wohl wissend, dass es sehr viele


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 290

Umweltanträge seitens der drei – oder vier, ich weiß nicht, ob Sie da hinten auch schon einen Umweltantrag eingebacht haben – Oppositionsparteien gibt.

Aber den Grünen muss ich noch eines dazusagen: Diese Unverlässlichkeit setzt sich bei Ihnen ja fort, das haben wir heute beim Spekulationsverbot gemerkt. Da haben Sie ein bisschen verhandelt, dann waren Sie wieder weg, dann haben Sie wieder ein bisschen verhandelt, dann waren Sie wieder weg. Sie zögern letztlich auch das Spekulationsverbot hinaus. (Abg. Mag. Rossmann: Wo ist denn da der Zusam­menhang?) Das verstehe ich nicht. – Das steht im Zusammenhang, Herr Kollegen Rossmann.

Beim ESM haben Sie keine Skrupel gehabt, Milliarden auf den Tisch zu legen, auf dem Altar der Europäischen Union zu opfern, damit wir dafür zahlen müssen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Brunner und Mag. Rossmann.) Das war Ihnen völlig egal. Wenn es aber darum geht, auf die Steuergelder aufzupassen, dann verzögern Sie – das ist das Sittenbild der Grünen.

Worauf will ich hinaus? – Sie sind nicht regierungsfähig, bestenfalls auf einer Eisscholle mit einem Eisbären, aber nicht hier in Österreich! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Mag. Korun: Was sagen die da?)

Liebe Kollegen von der SPÖ, eines sind Sie uns schuldig geblieben: Wir haben intensiv über einen Antiatomantrag diskutiert – Temelín, Ausbau der Blöcke 3 und 4. Da hat es seitens der SPÖ-Fraktion geheißen, da gibt es einen Antrag, der in der heutigen Sitzung eingebracht wird, da gibt es Verhandlungen. Ich vermisse ihn bis heute.

Wenn Sie glaubwürdig bleiben wollen, wenn Sie in der Antiatompolitik Nägel mit Köpfen machen wollen, Kollege Gaßner, dann legen Sie die Anträge, die Sie ankün­digen, auch vor und schleichen Sie sich nicht leichtfertig davon und machen nichts. Das kann so nicht sein, denn das BZÖ wird Garant dafür sein, dass auch in Zukunft die Atomkraft seitens des Parlaments aktiv und massiv bekämpft wird. (Beifall beim BZÖ.)

0.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


0.16.09

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzter Herr Minister! Ich möchte wieder auf das Thema des Antrags zurückkommen. Worum geht es uns? – Um den Schutz der Arktis. Wenn es um die letzten großen Naturparadiese dieser Erde geht, um das Bewahren des arktischen Eises samt den Eisbären, braucht es Engagement, da sind wir ganz überzeugt.

Die Kollegen haben ja schon gesagt, wie dramatisch die Situation derzeit ist. Bleibt die Frage: Können wir als kleines Land überhaupt etwas bewirken? – Ja, wir sind über­zeugt davon, Österreich kann da eine große Rolle spielen. Österreich hat die große Chance, vermittelnd zu wirken und die großen Player an ihre Verantwortung gegen­über der Natur zu erinnern.

Unseren Kindern und Enkeln eine intakte Umwelt zu hinterlassen und zu erhalten, das ist unser aller Ziel. Ich glaube, das ist ein Ziel, für das es sich lohnt zu kämpfen, und ich weiß es bei unserem Umweltminister in guten Händen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.17


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 291

0.17.00

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Schutz der Arktis ist ein wichtiges Anliegen. Die Änderungen in der Arktis haben klimatische Auswirkungen auf die ganze Welt, durch das Auftauen des Permafrostbodens, durch einen Anstieg des Meeresspiegels. Die UNO hat über die UNEP, also das UNO-Umweltprogramm, einen Bericht präsentiert, der sagt, dass sich die Arktis doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt. Das Auftauen des Permafrostbodens bringt es mit sich, dass zwölfmal mehr Methan in die Atmosphäre freigesetzt wird als andere Treibhausgase. Die Eisfläche hat sich seit den achtziger und neunziger Jahren um 50 Prozent verringert.

Die Arktis ist durch ein Seerechtsübereinkommen der UNO erfasst. Es ist daher ein eigener Arktisvertrag nicht möglich, der wird auf internationaler Ebene abgelehnt. Österreich setzt sich aber, wie Frau Abgeordnete Aubauer gesagt hat, sehr wohl in internationalen Gremien auf verschiedenen Ebenen ein, um die Arktis zu schützen – nicht nur das Umweltministerium, sondern auch andere Ministerien wie das BMVIT oder auch das Außenamt. Österreich will zum Beispiel ein Zusatzabkommen zum Seerechtsübereinkommen, damit Schutzgebiete auf hoher See eingerichtet werden und so die Arktis unterstützt wird.

Abschließend: Der Eisbär ist das Symbol der Arktis und das Symbol für den Klima­wandel. Österreich hat sich in der Vorbereitung zur nächsten Vertragsstaatenkonferenz zum Washingtoner Artenschutzabkommen dafür eingesetzt, dass der Eisbär in die Liste im Anhang 1, das heißt der am strengsten geschützten Tiere, aufgenommen wird.

Ich danke für diesen Antrag und für Ihre Unterstützung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


0.19.11

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Umweltminister! Es gibt hier eigentlich nahezu nichts mehr hinzuzufügen. Laut einer UN-Studie der UNEP kommt es zu einer zunehmenden Ausbeutung von Rohstoffen. Insbesondere wird das dadurch ermöglicht, dass die Meereseisdecke immer mehr schmilzt und so auch der Zugang zu bisher unentdeckten Erdgas- und -ölvorkommen erleichtert wird. Nach Schätzungen befinden sich rund 30 Prozent der unentdeckten Erdgasvorkommen in der Arktis.

Deswegen ist es sehr, sehr wichtig, dass wir auch hier im Hohen Haus einen derar­tigen Konsens finden konnten.

Herr Umweltminister, Sie werden ja bald, im März schon, die Gelegenheit haben, unsere Forderungen bei der Konferenz zum Washingtoner Artenschutzabkommen zu artikulieren.

Ich bedanke mich auch namens meiner Fraktion für den großartigen Konsens. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


0.20.00

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Es ist ja schade, dass die Zeit schon so fortgeschritten ist – ich würde gerne so viel sagen –, deshalb werde ich mich kurz fassen. Ich möchte mich bei den


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Grünen bedanken für diesen wichtigen Antrag und dafür, dass es dann zu einer Fünf-Parteien-Einigung gekommen ist. Das Symbol, der Bär, kommt vom Griechischen; Arktis heißt ja eben Bär.

Aber ich möchte auf den Umweltausschuss zurückkommen. Da war nicht der Bär los, da waren dann die Freiheitlichen nicht mehr da. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Es steht der Vorwurf im Raum, dass es eine Provokation von mir gegeben hätte. Also das ist wirklich wehleidig! Ich habe inhaltlich bei einem anderen Antrag erklärt, dass es wirklich unmöglich ist, wie immer mit uns verfahren wird, wenn wir einen Antrag vertagen. Vertagen ist nun einmal eine der drei Möglichkeiten; ich glaube, dass Sie von den Oppositionsparteien sich das endlich einmal sozusagen ins Gedächtnis rufen müssen.

Wir werden auf alle Fälle in Zukunft so entscheiden, wie wir es für richtig halten. Es war keine Provokation meinerseits, und die Presseaussendung, die dann die FPÖ gemacht hat, strotzt nur so von Unwahrheiten. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und vielleicht ein bisschen mehr Humor – Frau Kollegin Brunner, vielleicht ein bisschen mehr Humor und nicht so viel Verbissenheit als Vorsitzende im Ausschuss, würde ich Ihnen auch raten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


0.22.08

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir als Abgeordnete einer Regie­rungsfraktion immer wieder von der Oppositionspartei kritisiert werden, dass wir alle Anträge vertagen, kann man schon sagen, dass es uns hier gelungen ist, gemein­sam im parlamentarischen Betrieb eine sinnvolle Initiative der Grünen zu unterstützen. Es freut mich, dass wir das im Umweltausschuss gemeinsam getragen haben und dass wir die Bundesregierung dazu auffordern, sich international auch für den größtmöglichen Schutz der Arktis einzusetzen.

Ich möchte hier noch eines kurz erwähnen: Im historischen Rückblick schließt sich mit dem heutigen Beschluss auch ein gewisser Kreis, der mit der österreichisch-unga­rischen Nordpolarexpedition von Payer und Weyprecht 1872 bis 1874, also vor knapp 140 Jahren, begonnen worden ist mit dem Franz-Josef-Land. Das Ziel war damals unter anderem auch, mehr Information über das nördliche Eismeer zu erhalten. Nach jahrzehntelangen Diskussionen und sportlichem Expeditionswettbewerb ist es uns gelungen, hier weltweit wissenschaftlich zusammenzuarbeiten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade durch die Forcierung von Energieeffizienz und den schrittweisen Umstieg auf erneuerbare Energie können wir alle hier im Parla­ment einen wertvollen Beitrag vor unserer Haustür leisten. Schauen wir, dass wir hier energieeffizient arbeiten! Auch diese Bundesregierung unterstützt diesen Weg mit dem Ökostromgesetz. Dafür möchte ich mich recht herzlich bedanken. Vor allem auch in meiner Region wird die Windkraft in den nächsten Jahren stark ausgebaut, was ebenfalls einen wertvollen Beitrag zu mehr Energieeffizienz darstellt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 293

0.23.55

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.) Es ist ja schon vieles gesagt worden, aber noch nicht von allen.

Mir ist es wichtig, so wie Vorredner von mir zu erwähnen, dass das Eis in der Arktis massiv schmilzt. Die eisfreien Gebiete wachsen leider von Jahr zu Jahr ständig an. Das ist auch der Grund dafür, dass manche Konzerne diesbezüglich wirtschaftliche Interessen entdeckt haben, wenn es um ganz bestimmte Rohstoffe, insbesondere um das Öl geht. Eigentlich ist bereits ein massiver Wettlauf um diese Rohstoffe – wie gesagt, insbesondere um das Öl – gestartet worden.

Meine Damen und Herren! Ein paar Zahlen, die in diesem Zusammenhang nicht unwichtig sind: In den letzten zehn Jahren ging das Packeis um 11 Prozent zurück. Das ist eine Fläche, die insgesamt 21-mal so groß wie die gesamte Republik ist! Ich denke, das ist ein Problem. Durch diesen rasanten Rückgang des Eises sind natürlich unter anderem auch die Eisbären ganz massiv gefährdet.

Meine Damen und Herren! Das Schmelzen der Arktis hat für uns alle Konsequenzen, vor allem auch für die Menschen in Europa, wenn die Eis- und Schneefläche der Arktis quasi als Kühlschrank, als Klimaanlage weltweit auf dieser Erde verwendet wird. Das soll man doch berücksichtigen. Dieser Kühlschrank ist wichtig, damit die Erde nicht noch mehr aufgeheizt wird. Wenn die Kühlanlage, der Kühlschrank in der Arktis nicht mehr funktioniert, dann bedeutet das auch für Mitteleuropa massive Schwierigkeiten und Konsequenzen. Die Trockenperioden nehmen zu, es gibt mehr Überschwem­mungen, es gibt extreme Hitze und Kälte.

Ich denke, das ist ein Problem. Daher ist viel zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

0.25


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2171 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Schutz der Arktis.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dies unterstützen, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 298.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis II.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abge­lehnt.

00.26.56 18. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (151 BAZ 1837/11i) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (2172 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 294

0.27.13

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Nach dieser eindrucksvollen Willens­kundgebung und intensiven Rednerliste zu den Eisbären fällt es mir natürlich sehr schwer (Abg. Dr. Graf: Etwas Gehaltvolles zu sagen?), jetzt zum Immunitäts­ausschuss zu sprechen, wiewohl ich ja eigentlich vermisst hätte, dass sich vielleicht auch noch Kollege Pendl bei den Eisbären ordnungsgemäß bedankt. Aber das ist uns erspart geblieben.

Hohes Haus! Im März 2010 fand in der Stadtgemeinde Lienz die Gemeinderatswahl statt. Die Gemeinderatswahl 2010 wurde beim Verfassungsgerichtshof durch mehrere Einschreiter, unter anderen den Abgeordneten Gerhard Huber, bestritten. Der Verfas­sungs­gerichtshof hat die Wahlen aufgehoben. Die Gemeinderatswahlen, sprich die Bürgermeisterwahlen, wurden ein weiteres Mal durchgeführt. Die Mehrheitsverhält­nisse haben sich geändert, und eine sozialdemokratische Bürgermeisterin amtiert jetzt in einem Ort, der jahrzehntelang durch die Österreichische Volkspartei an der Spitze vertreten worden war. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der Verfassungsgerichtshof hat massive Missstände bei der Durchführung dieser Gemeinderatswahl namhaft gemacht. Im März 2010 haben sich Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger von Lienz, unter anderen der Lienzer Gemeinderat Dr. Gerwald Lettner von der SPÖ (Abg. Mag. Wurm: Lentner!), Lentner von der SPÖ, an den Abge­ord­neten Huber gewandt mit der Bitte, dass sich der Abgeordnete in seiner Funktion als Mitglied der Bundesgesetzgebung dafür verwendet, dass die Gemeinderatswahl in Lienz aufgehoben wird. Nicht zuletzt deswegen – das sage ich hier auch dazu –, da der Abgeordnete Huber auch Kandidat einer wahlwerbenden Liste in Lienz war und der dort hauptwohnsitzansässige Regionalabgeordnete des Bezirkes ist.

Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung hat Ermittlungen im Zuge dieses Ein­schreitens des Abgeordneten Huber aufgenommen. Es hat festgestellt, dass einige der Dokumente, die Abgeordnetem Huber übergegeben worden waren, nicht richtig waren – eidesstattliche Erklärungen, deren Inhalt falsch war –, und hat daraufhin Ermittlungen eingeleitet, unter anderem gegen den Abgeordneten Huber wegen des § 293 des Strafgesetzbuches, des Vorwurfs angeblicher Verwendung von falschen Beweismitteln – nicht der Fälschung, sondern der Verwendung dieser Beweismittel.

Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung hat im Juli 2010 an die Staatsanwaltschaft Wien einen Abschlussbericht mit der Bitte um allfällige weitere Erhebungsersuchen abgeschickt. In den letzten 24 Monaten ist in diesem Bereich absolut nichts passiert. Und heureka!, im Jahr 2013 kommt nun ein Auslieferungsbegehren an dieses Hohe Haus, wo man versucht, im Wahljahr Ermittlungen gegen den Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber anzustrengen.

Wir haben heute beim Zweiten Präsidenten des Nationalrates eine Diskussion über den Amtsverlust von Mandatsträgern gehabt. Da war ich mit dem Kollegen Cap übereinstimmend der Ansicht, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass sich die Staats­anwaltschaft in Zukunft nach parteipolitischem Gutdünken und Belieben aussucht, wer in diesem Haus der Volksvertretung und der Gesetzgebung sitzt und wer nicht. Die klare Trennung zwischen Judikative und Legislative sollte es auch in Zukunft geben! Ich glaube, da stimmen wir alle überein, dass wir uns nicht sagen lassen, wer hier die Österreicherinnen und Österreicher vertritt. (Abg. Kopf: Ein bisschen eine Ver­drehung!)

Das ist keine Verdrehung, Abgeordneter Kopf! Aber ich werde es dir schon noch zitieren.

Wir haben jetzt im Zuge dieses Immunitätsausschusses und im Zuge der sogenannten hoppertatschigen Praxis des Immunitätsausschusses ein Gutachten bei Universitäts-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 295

dozent Dr. Oberhofer eingeholt, der in seinem Gutachten vom 31. Jänner 2013 – auch an die Präsidentin des Nationalrates geschickt – im Wesentlichen zu dem Schluss kommt, dass sich etliche Gemeindebürger von Lienz, wie schon ausgeführt, an den Kollegen Huber gewandt haben mit der Bitte – unter anderem von Mitgliedern des dortigen Gemeinderates –, eine behördliche Prüfung zu veranlassen, und dass das aus Sicht des Kollegen Oberhofer selbstverständlich von der politischen Immunität eines Abgeordneten umfasst ist, vor allem, wenn man sich den § 293 ansieht, nämlich die Verwendung solcher Beweismittel.

Wir wissen zum Beispiel, dass der Abgeordnete Pilz sehr oft Beweismittel, sogenannte Beweismittel, auch hier im Parlament verwendet, auch, um Anzeigen zu formulieren, was sich im Nachhinein als falsch herausstellt, oftmalig als richtig herausstellt, oftmalig falsch und nichts anderes als eine plumpe Verleumdung war. Wir wissen, dass es auch zum Aufgabenbereich von Abgeordneten gehört, die politische Willensbildung von Bürgerinnen und Bürgern – auch aus Lienz – hier im Parlament zu artikulieren und selbstverständlich auch von Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern, von Staats­bürgern im Allgemeinen gemeldete Missstände zur Anzeige bringen.

Daher ist aus unserer Sicht klar, dass die Immunität des Herrn Abgeordneten Huber in diesem Fall komplett aufrecht ist. Daher verstehen wir auch nicht, dass hier eine Auslieferung erfolgt. Wir haben das im Ausschuss mehrmals thematisiert – der Ausschuss wurde auch unterbrochen und wurde gestern fortgesetzt –, weil wir, und da sind wir einer Meinung mit den Freiheitlichen, auch einen politischen Zusammenhang in dieser Causa sehen und wir diese Causa endlich zum Anlass nehmen sollen, über die Beschlusspraxis des Immunitätsausschusses zu diskutieren.

Die Beschlusspraxis des Immunitätsausschusses ist nämlich zum Krenreiben! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Strache: Das ist absolut richtig!) Es wird in diesem Ausschuss unter einer sehr willfährigen Vorsitzführung, einer Vorsitzführung, die sich mehr auf die Berater und weniger auf die eigenen Unterlagen verlässt, ausgeliefert oder auch nicht ausgeliefert, nach purer Willkür, aber nicht nach einer einheitlichen Urteilspraxis, wie wir sie uns vorstellen würden. (Abg. Strache: Nach politischer Motivation! So würde ich es nennen!)

Es hätte auch der Abgeordnete Zinggl nicht ausgeliefert werden dürfen! Der Abge­ordnete Zinggl ist Kultursprecher der Grünen, er hat damals im Kunsthallenskandal etwas zur Anzeige gebracht, einen Missstand. Es hätten auch viele andere Abgeord­nete, witzigerweise immer solche der Opposition (Abg. Dr. Graf: Amon auch nicht!), nicht ausgeliefert werden dürfen. (Abg. Strache: Amon hätte auch nicht ausgeliefert werden dürfen!) – Auch Kollege Amon hätte nicht ausgeliefert werden dürfen! Er ist in dem Fall sogar von der eigenen Fraktion ausgeliefert worden, das hat auch zu Unver­ständnis in der eigenen Fraktion geführt. (Abg. Strache: Zum Abschuss freigegeben!)

Diese Causa gehört zum Anlass genommen, die Urteilspraxis in diesem Immunitäts­ausschuss, solange wir keine Neuregelung des Immunitätsrechtes haben, endlich zu überdenken, dass wir nämlich im Restbestand noch eine Achtung vor uns selbst und unserer Arbeit als 183 frei gewählte Mandatarinnen und Mandatare der Republik haben und nicht nach purer Willkür ausliefern, nach dem Motto: Jetzt freuen wir uns, jetzt hat es einen anderen wieder „g’schnepft“!

Es wird nämlich eine Auslieferung – bei zwei Dritteln dieser Verfahren kommt im Übrigen nichts heraus, diese werden auch eingestellt – auch in der Bevölkerung so verstanden wie eine Vorverurteilung, weil man im Volksmund von Auslieferung nur dann hört, wenn ein Straftäter von einem Staat an den anderen ausgeliefert wird, weil er irgendwo jemanden umgebracht oder sonstige Straftaten begangen hat. Wir lassen auch jedes Mal mit einer Auslieferung, die so willkürlich passiert, Vorverurteilungen von


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eigenen Mandatarinnen und Mandataren zu und wundern uns dann darüber, dass der Zustand der Politiker in diesem Land nach den Journalisten der schlechteste aller Berufsgruppen ist. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Über das Ansehen von Politikerinnen und Politikern wird ständig diskutiert, dramatisiert und traurig Bericht erstattet. Dann wundern wir uns, wenn wir für uns selbst kein Ansehen mehr haben, hier nach Willkürakten ausliefern und der Staatsanwaltschaft, von der wir wissen, dass sie parteipolitisch motiviert vorgeht in manchen Bereichen, Tür und Tor öffnen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir wissen, Kollege Cap, dass Vorhabensberichte im Justizministerium lange genug liegen, um sie zum richtigen Zeitpunkt zu einer parteipolitischen Bombe werden zu lassen. Wir wissen das. Das Instrument sind nicht die Ermittlungen der Staatsan­walt­schaften. Das Instrument sind die Vorhabensberichte, wo bei Fällen, die längst hätten eingestellt werden sollen, vom Justizministerium angeordnet wird, weitere Erhebungen zu führen, dass der betreffende Politiker oder die betreffende Politikerin ungestraft weiter kriminalisiert werden darf und diese Vorhabensberichte als parteipolitische Waffe einer Fraktion, die dieses Justizministerium in Geiselhaft hält, verwendet werden, sehr geehrte Damen und Herren!

Das sollten wir sehr genau überdenken, nicht nur bei dieser Causa, sondern auch bei vielen anderen Causen, wo mittels Vorhabensberichten der Staatsanwaltschaft Politik betrieben wird, wo in die Justiz direkt eingegriffen wird, um billige Parteipolitik zu machen und Menschen ihrer Rechte, ihrer verbrieften Rechte zu entwürdigen, sehr geehrte Damen und Herren von der Volkspartei! Sehr viele Abgeordnete von Ihnen sagen das auch hinter vorgehaltener Hand und entlarven dieses Doppelspiel, das in Ihrer Fraktion betrieben wird. Einige Abgeordnete haben auch im Ausschuss mehrmals schon Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, wie wir im Immunitäts­aus­schuss mit dem Ansehen von Mandatarinnen und Mandataren in diesem Haus umgehen.

Das begründen wir hier sehr ausführlich, auch zu später Stunde, warum wir der Auf­hebung der Immunität des Abgeordneten Huber nicht zustimmen werden. (Beifall beim BZÖ.)

0.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


0.37.44

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Kollege Grosz hat diese Rede im gestrigen Immunitätsausschuss ja schon angekündigt. Dort haben wir zwi­schenzeitig einmal ein paar Dinge gegoogelt, mittlerweile etwas seriöser, dann auch die Dokumente herausgesucht. Also versuchen wir einmal, die Sachen der Reihe nach abzuarbeiten.

Kollege Grosz ist gestern im Immunitätsausschuss mit einem Gutachten aufgetaucht, das übrigens niemand anderer im Immunitätsausschuss zu sehen bekommen hat. Sie haben es vorgelesen. Ich weiß nicht, an wen es im Parlament übersendet worden ist. (Abg. Grosz: Ich habe es übergeben!) Die Fraktionen haben es auf jeden Fall nicht bekommen.

Dort hat ein Gutachter – ich glaube, Sie haben gestern gesagt, ein unabhängiger Gut­achter – festgestellt, dass es keine Immunitätsauslieferung geben sollte. Der Gutachter ist Bernd Oberhofer. Zum Gutachter Bernd Oberhofer kann man im Internet einiges finden und hineinschauen.

Unter anderem findet man zum Beispiel folgende Formulierungen, beispielsweise eine der jüngeren Anfragen Gerhard Hubers an Landwirtschaftsminister Nikolaus Berla-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 297

kovich. Und: Umfang wie Tendenz lassen vermuten, dass der Tiroler Agraranwalt Bernd Oberhofer Ghostwriter des BZÖ-Abgeordneten ist. (Heiterkeit beim BZÖ.) Er hat offenbar die Anfragen des Herrn Huber geschrieben.

Weitere Dokumente lassen darauf schließen, dass es engere Zusammenarbeiten gegeben hat, dass es diverse gemeinsame Pressekonferenzen des Herrn Abgeord­neten Huber mit Herrn Oberhofer gegeben hat. Herr Kollege Huber kann es wahr­scheinlich bestätigen. Wahrscheinlich hat er bei der Pressekonferenz gleich das Gutachten geschrieben, dass man nicht ausliefern kann.

Herr Universitätsdozent Oberhofer hat übrigens momentan ein Disziplinarverfahren bei der Anwaltskammer laufen, weil er nämlich das Urteil des Verfassungsgerichts als einen „Justizputsch“ bezeichnet hat. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: „Justiz­putsch“?!) Momentan läuft ein Disziplinarverfahren wegen seiner diesbezüglichen Aussagen. (Abg. Strache: Wegen seiner Meinungsäußerung!) – Punkt eins.

Punkt zwei: Man kann sich den Akt auch anschauen. Was ist die Lage des Aktes? – Herr Kollege Huber hat behauptet, dass die Gemeinderatswahl in Lienz verfälscht worden ist.

Jetzt muss ich ein bisschen die ÖVP verteidigen und insbesondere bei dieser Gele­genheit auch sagen, dass ich die Vorbereitungen des Kollegen Epp für den Immu­nitätsausschuss als höchst nachvollziehbar erachte. Ich finde, dass die Vorlagen absolut korrekt sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben das auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass wir in der letzten Zeit fast immer auf diesen Anträgen drauf waren, weil es nämlich keine Willkür ist, sondern nachvollziehbare Praxis darin ist.

Was steht denn in diesem Akt drin? – Das widerspricht nämlich völlig dem, was Kollege Grosz versucht hat darzustellen. Der Stand war der, dass in Lienz das BZÖ nicht genügend Stimmen erreicht hat, um in den Gemeinderat zu kommen. Herr Huber hat behauptet, es hätten viele Leute erklärt, das BZÖ gewählt zu haben, und zwar viel mehr als für ein Mandat notwendig gewesen wären, deshalb muss es falsch ausge­zählt gewesen sein. (Abg. Dr. Graf: Da brauchen wir keinen Ausschuss, fragen wir Epp!)

Dann war natürlich logisch, dass wir das ermitteln, und das ist sehr seriös ermittelt worden. Wenn man in den Akt hineinschaut, sieht man, dass eine ganz Latte von Personen, die angeblich unterschrieben haben, dass sie für das BZÖ ihre Stimme abgegeben haben, dann auch befragt worden sind.

Ich nenne die Namen nicht, ich sage nur die Anfangsbuchstaben der Namen der Personen und was sie dann ausgesagt haben.

Zum Beispiel: Der Herr G. hat gesagt, er habe an der Wahl gar nicht teilgenommen, aber laut Herrn Huber war das egal. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Der Herr D. hat gesagt, er war gar nicht bei der Wahl.

Der Beste war der Herr G., der hat gesagt, erstens, die Unterschrift sei nicht von ihm, und zweitens, er sei kroatischer Staatsbürger und gar nicht wahlberechtigt. (Heiterkeit bei Grünen, ÖVP und SPÖ.) Er hat auch unterschrieben, dass er für das BZÖ die Stimme abgegeben hat, und somit wäre klar gewesen, dass das nicht dort ist.

Der Herr K. hat gesagt – so viel zum Thema, dass der Herr Huber dort quasi für die Bürger vorgetreten ist –, die Vordrucke habe Gerhard Huber zu ihm gebracht. (Abg. Huber: Wer hat das gesagt?) – Der Herr K., wahrscheinlich habt ihr den Akt nicht gelesen. Ich kann auch die Namen dann näher ausführen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 298

Also es fällt alles zusammen. Faktum ist, dann sind die dort gesessen, haben die Beschwerde über die Gültigkeit der Wahl gehabt, haben festgestellt, die Befragten sagen alle, es ist hinten und vorne nichts da, und der Herr Huber ist mit diesen zusammengesammelten Erklärungen – übrigens von einem Mitarbeiter vor allem des BZÖ, der dann immer wieder gesagt hat, eh wurscht, was Sie gewählt haben, das macht nichts – hingekommen und hat das eingereicht.

Was sollen die machen, wenn das vorliegt? Sagen, das ist uns jetzt wurscht? Hat er uns eben irgendwie einen Schmäh aufgebunden und dann lassen wir das stehen? (Abg. Dr. Graf: Wir prüfen nicht materiell!)

Das ist der Grund, warum es dieses Auslieferungsbegehren gibt, und ich finde, dass der Herr Epp es völlig richtig vorbereitet hat, dass der Beschluss korrekt ist, und wir werden der Auslieferung des Herrn Huber natürlich zustimmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

0.42

00.42.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 2172 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ 151 BAZ 1837/11i, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber besteht.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

00.43.18 19. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staats­anwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (15 St 28/12m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Strutz (2173 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt mir dazu keine Wortmeldung vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 2173 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ 15 St 28/12m, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Strutz wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Strutz besteht.

Wer sich diesem Antrag anschließt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 299

00.44.20 Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2212/A bis 2235/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 14090/J bis 14146/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.45 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.45.00Schluss der Sitzung: 0.45 Uhr

 

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