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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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41. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 22. Oktober 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

41. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode    Donnerstag, 22. Oktober 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 22. Oktober 2009: 9.05 – 0.00 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenz­gesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen­vorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Guts­angestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden, Bericht über den

Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie den

Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes

2. Punkt: Bericht über den Antrag 224/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verlängerung der Karenz bis zum Ablauf des 3. Lebensjahres des Kindes

3. Punkt: Bericht über den Antrag 299/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinder­betreuungsgeld

4. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2008

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz und das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 geändert werden (Bergbauabfallgesetz)

7. Punkt: Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 2009)

8. Punkt: Bundesgesetz über die Überwachung des Handels mit Exemplaren wild­lebender Tier- und Pflanzenarten (Artenhandelsgesetz 2009 – ArtHG 2009)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bericht über den 32. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. De­zember 2008)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 98/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Prüfung der wirksamen Verwendung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager

11. Punkt: Bericht über den Antrag 107/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegegeldleistungen mit Auslandsbezug

12. Punkt: Bericht über den Antrag 103/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Bundesgenossenschaft für Pfle­ge und Betreuung

13. Punkt: Bericht über den Antrag 108/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Angehörigen-Regresses

14. Punkt: Bericht über den Antrag 109/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Pauschalierung der Verwaltungsauf­wendun­gen für das Pflegegeld

15. Punkt: Bericht über den Antrag 308/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Förderung und Ausbau der Tagesbetreuung

16. Punkt: Bericht über den Antrag 685/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der „Aktion 500“ und Beibehaltung der Integrationsbeihilfe in voller Höhe

17. Punkt: Bericht über den Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolle­gin und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helfe­rinnen und Helfer

18. Punkt: Bericht über den Antrag 611/A(E) der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Befreiung der Tätigkeit unentgeltlich tätiger frei­williger Helfer bei Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine von der Sozialver­sicherungspflicht

19. Punkt: Bericht über den Antrag 325/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kündigungswelle und Massenarbeits­losigkeit im Zuge der Finanzmarktkrise

20. Punkt: Bericht über den Antrag 439/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung des Unterlaufens und Sicherung der vollen Inanspruchnahme der Übergangsfristen für den Arbeitsmarkt

21. Punkt: Bericht über den Antrag 722/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die Notwendigkeit der Umsetzung von Maßnahmen zur Unterstützung der heimischen Bauwirtschaft und insbesondere des Bauneben­gewer­bes

22. Punkt: Bericht über den Antrag 618/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Schaffung von Lehrstellen bei Beschäf­tigung ausländischer Facharbeitskräfte

23. Punkt: Bericht über den Antrag 144/A der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Bericht über den Antrag 34/A der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Höhe des existenz­sichern­den Mindestlohnes (Mindestlohngesetz)

*****

Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 51

25. Punkt: Ersuchen des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau (GZ 5U 110/09k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Köfer

26. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 501 St 87/09g) um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ..................... 22

Angelobung des Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................. 22

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 22

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wor­tung 2651/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 51

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 196

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 196

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .........................................................  199, 206

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 200

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 201

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 202

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 203

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 205

Vorschlag der Präsidentin Mag. Barbara Prammer, gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau (GZ 5U 110/09k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Köfer (397 d.B.) sowie den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 501 St 87/09g) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (398 d.B.) auf die Tagesordnung dieser Sitzung zu setzen – Annahme ................  51, 51

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 397 und 398 d.B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung .................................................................... 51


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 4

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 52

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz während der Debatte über Tagesordnungspunkt 9 im Zusammenhang mit der Abwesenheit der Abgeordneten des BZÖ ....................... 248

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 288

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 288

Fragestunde (6.)

Finanzen ........................................................................................................................ 23

Kai Jan Krainer (41/M); Franz Glaser, Josef Jury, Mag. Werner Kogler, Mag. Roman Haider

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (36/M); Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Alexander Van der Bellen, Wolfgang Zanger, Dr. Johannes Jarolim

DDr. Werner Königshofer (38/M); Gerhard Steier, Jakob Auer, Maximilian Linder, Mag. Werner Kogler

Josef Bucher (39/M); Mag. Christiane Brunner, Alois Gradauer, Ing. Kurt Gart­lehner, Dr. Peter Sonnberger

Mag. Werner Kogler (40/M); Bernhard Themessl, Heidrun Silhavy, Konrad Steindl, Herbert Scheibner

Mag. Laura Rudas (42/M); Dorothea Schittenhelm, Dr. Martin Strutz, Mag. Wer­ner Kogler, Mag. Roman Haider

Gabriele Tamandl (37/M); Ing. Peter Westenthaler, Dr. Alexander Van der Bellen, DDr. Werner Königshofer, Dr. Christoph Matznetter

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 22

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 49

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend schnellst­mögliche Umsetzung eines „Transferkontos“ (828/A)(E) ......................................................................................... 145

Begründung: Josef Bucher ......................................................................................... 146

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................. 150

Debatte:

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 153

Dr. Josef Cap .....................................................................................................  156, 194

Karlheinz Kopf ...................................................................................................  158, 193

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 160

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 162

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 165


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 5

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 167

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 169

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 170

Herbert Kickl ......................................................................................................  171, 195

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 175

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 176

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 177

August Wöginger .................................................................................................... ... 179

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 181

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 183

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 184

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ... 186

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 187

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 188

Mag. Werner Kogler ..........................................................................................  191, 195

Josef Bucher ............................................................................................................... 194

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema „Transferkonto“ – Ab­leh­nung ...................................  193, 196

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 828/A(E) .............................. 196

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltenge­setz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden, den

Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungs­geld­gesetz sowie den

Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes (362 d.B.) ..................... 52

2. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 224/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ver­längerung der Karenz bis zum Ablauf des 3. Lebensjahres des Kindes (363 d.B.) .......................................................................... 53

3. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 299/A(E) der Ab­geordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld (364 d.B.)   ............................................................................................................................... 53

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 53

Ridi Maria Steibl ........................................................................................................... 56

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 58

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 60

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 63

Staatssekretärin Christine Marek ......................................................................... ..... 66

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ..... 68


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 6

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ..... 70

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 72

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ..... 73

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................  74, 102

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ..... 76

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 78

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ........................................................................... ..... 80

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 81

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 83

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 85

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ..... 86

Anna Höllerer .......................................................................................................... ..... 87

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ..... 88

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ..... 90

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 91

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ..... 92

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ..... 96

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 96

Renate Csörgits ...................................................................................................... ..... 97

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 98

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ..... 99

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 100

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 101

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen – Ablehnung ...............................................  83, 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Vereinheitlichung von Antrags- und Auszahlungsmodalitäten der Familienleistungen in Österreich – Ablehnung ................................................................................................................................  89, 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bevorzugung von Elternteilen am Arbeitsmarkt – Ableh­nung ...............................  93, 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Erhöhung des Wochengeldes für Selbständige – Ablehnung ............................  105, 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld und neue Familienformen – Ab­lehnung ..........................  107, 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld – Ablehnung ............................................................  108, 114

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benachteiligung von Alleinerziehenden – Ablehnung ..........................................  109, 114

Annahme des Gesetzentwurfes in 362 d.B. ................................................................ 112

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 363 und 364 d.B. .............................. 114

4. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesminis­ters für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2008 (III-95/368 d.B.)     ............................................................................................................................. 114


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 114

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 116

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 117

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 118

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 123

Staatssekretärin Christine Marek ......................................................................... ... 126

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 127

Johann Hell .............................................................................................................. ... 129

Kurt List ................................................................................................................... ... 130

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 131

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 132

Josef Jury ................................................................................................................ ... 132

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 133

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 134

Mag. Rosa Lohfeyer ............................................................................................... ... 135

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 136

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Notwendigkeit eines Krisenbewältigungspakets für den heimischen Tourismus – Ablehnung       120, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Radmitnahme im Zug – Optimierung der Bahn-Fahrrad-Schnittstelle im Interesse des Radtourismus in Österreich – Ablehnung .......................................................................................  125, 137

Kenntnisnahme des Berichtes III-95 d.B. ..................................................................... 137

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (312 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Quali­tätssicherungsgesetz und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden (360 d.B.) .................................. 137

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden (Bergbauabfallgesetz) (361 d.B.) ................................................................................. 138

Redner/Rednerinnen:

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 138

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 139

Staatssekretärin Christine Marek ....................................................................  140, 210

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 141

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 142

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 144

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 206

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 207

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 208

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 209

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 209

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 211

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 211

Johann Singer ......................................................................................................... ... 212

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 212


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Konrad Steindl, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Sicherung der guten Roh­stoff­versorgung aus dem österreichischen Bergbau – Annahme (E 51) ..................................................................................................  143, 213

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 360 und 361 d.B. ......................................... 213

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (332 d.B.): Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 2009) (365 d.B.)               214

Redner/Rednerinnen:

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 214

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 214

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 216

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 217

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 218

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ..................................................................  220, 230

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 223

Bundesminister Nikolaus Berlakovich ................................................................ ... 224

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) ............................... 226

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 226

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 227

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 227

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 228

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 229

Christian Faul .......................................................................................................... ... 229

Annahme des Gesetzentwurfes ............................................................................... ... 231

8. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (318 d.B.): Bundesgesetz über die Überwachung des Handels mit Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten (Artenhandelsgesetz 2009 – ArtHG 2009) (348 d.B.) ................................................................................................. 232

Redner/Rednerinnen:

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 232

Petra Bayr ................................................................................................................... 233

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 234

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 235

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 235

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 236

Bundesminister Nikolaus Berlakovich ................................................................ ... 237

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 238

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 238

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 239

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 240

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 241

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 241

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 242

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 242

Annahme des Gesetzentwurfes ............................................................................... ... 243

9. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 32. Bericht (III-63 d.B.) der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2008) (297 d.B.) .............................. 243

Redner/Rednerinnen:

Hannes Fazekas .......................................................................................................... 243

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 244


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 9

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 245

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 246

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 247

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 248

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 249

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 249

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 250

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 251

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 251

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 252

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 253

Volksanwältin Mag. Terezija Stoisits .................................................................... ... 253

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ............................................................................ ... 255

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek ...................................................................... ... 256

Kenntnisnahme des Berichtes III-63 d.B. ..................................................................... 257

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 98/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Prüfung der wirksamen Verwendung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager (369 d.B.) .................................................. 257

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 107/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegegeldleistungen mit Auslandsbezug (370 d.B.)    ............................................................................................................................. 257

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 103/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung (371 d.B.) ............................................................................................. 258

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 108/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Angehörigen-Regresses (372 d.B.)           ............................................................................................................................. 258

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 109/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Pauschalierung der Verwaltungsaufwendungen für das Pflegegeld (373 d.B.) ............................................................................................. 258

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 308/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­fend Förderung und Ausbau der Tagesbetreuung (374 d.B.)         ............................................................................................................................. 258

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 258

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 261

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 262

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 263

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 264

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 265

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 266

Dr. Sabine Oberhauser, MAS (tatsächliche Berichtigung) ....................................... 267

Karl Donabauer .......................................................................................................... 267

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 268

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 269


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Standardisierung des Begutachtungsverfahrens zur Bewertung des Pflegebedarfs – Ablehnung              260, 270

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beschränkung der Dauer des Pflegegeldverfahrens – Ablehnung .....................  260, 270

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 369, 370, 371, 372, 373 und 374 d.B.                         270

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 685/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der „Aktion 500“ und Beibehaltung der Integrations­beihilfe in voller Höhe (375 d.B.) ................................................................ 270

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 271

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 272

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 273

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 274

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 274

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 275

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 393/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­fend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Helfer (377 d.B.) ................................................................................. 275

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 611/A(E) der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Befreiung der Tätigkeit unentgeltlich tätiger freiwilliger Helfer bei Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine von der Sozialversicherungspflicht (378 d.B.)          ............................................................................................................................. 275

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 275

Christian Faul ............................................................................................................. 277

Ursula Haubner .......................................................................................................... 278

August Wöginger ....................................................................................................... 279

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 280

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Berücksichtigung der freiwilligen Mitglieder von Blaulichtorganisationen in der Schwerarbeiterregelung – Ablehnung ............................................................................................................  277, 281

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 377 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung des freiwilligen Engagements und stetigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für Frei­willige (E 52) .................................................................. 281

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 378 d.B. ..................................................... 281

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 11

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 325/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kündigungswelle und Massenarbeitslosigkeit im Zuge der Finanzmarktkrise (379 d.B.) .......................................................................... 281

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 439/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung des Unterlaufens und Sicherung der vollen Inanspruch­nahme der Übergangsfristen für den Arbeitsmarkt (380 d.B.) ......... 281

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 722/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Notwendigkeit der Umsetzung von Maßnahmen zur Unterstützung der heimischen Bauwirtschaft und insbesondere des Baunebengewerbes (381 d.B.)     ............................................................................................................................. 281

Redner/Rednerinnen:

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 281

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 284

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 286

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 286

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 287

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausrichtung der Einheit KIAB – Kontrolle der ille­galen Arbeitnehmerbeschäftigung – Ablehnung (namentliche Abstimmung) .................................................................................  283, 288

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 379, 380 und 381 d.B. .......................... 287

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 618/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Schaffung von Lehrstellen bei Beschäftigung ausländischer Facharbeitskräfte (376 d.B.) ................................................................. 290

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 290

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 292

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 292

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 295

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 296

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 296

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 297

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit – Ablehnung ...................................................  294, 298

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 298

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 144/A der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer Arbeitslosen­anwaltschaft (382 d.B.) ................................................................... 298

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 299

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 300

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 300

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 301

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 302


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 12

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................ ... 302

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 34/A der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz über die Höhe des existenzsichernden Mindest­lohnes (Mindestlohngesetz) (383 d.B.) ........................... 302

Redner/Rednerinnen:

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 302

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 303

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 303

Jochen Pack ................................................................................................................ 304

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 305

25. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirks­gerichtes Spittal an der Drau (GZ 5U 110/09k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Köfer (397 d.B.) ............................................................................................................ 305

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 305

26. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (GZ 501 St 87/09g) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (398 d.B.) ...................................................................................................................... 305

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 306

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 306

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 306

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 307

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 308

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 49

366: Änderung des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR)

392: Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung; Beitritt der Mongolei; Einspruch durch Österreich

395: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundes­gesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009)

396: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird

Anträge der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend schnellstmögliche Umsetzung eines „Transferkontos“ (828/A)(E)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehalts­gesetz 1956 – GehG), BGBl. Nr. 54/1956, geändert wird (829/A)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung von Klein- und Kleinstschulen (830/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 13

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Bankenkonkursordnung (831/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des öster­reichi­schen Verbraucherschutzniveaus (832/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schülerfreifahrt für zum Kinder­gartenbesuch verpflichtete Kinder (833/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Haltungsbedingungen für Welpen und Hunde in Tierhandlungen und Einführung von Mindeststandards für Züchter (834/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedeckung des einkom­mens­abhängigen Teils des Kinderbetreuungsgeldes aus Mitteln der Arbeitslosen­versiche­rung (835/A)(E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungs­gesetz 1975) und die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsaus­schüs­se (Anlage zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates) geändert werden (836/A)

Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartel­gruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein“ (837/A)(E)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehalts­gesetz 1956 – GehG), BGBl. Nr. 54/1956, geändert wird (838/A)

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Wolfgang Zanger, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kenn­zeichnung von Lebensmitteln (839/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Verkauf der Franz-Joseph-Kaserne in Lienz“ (3387/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Schulinvestitionsprogramm für Bundesschulen in Tirol“ (3388/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend „Behindertensportförderung“ (3389/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Verkauf Franz-Joseph-Kaserne Lienz“ (3390/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Bundeskonvikt Lienz“ (3391/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 14

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte des Naturhistorischen Museums, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3392/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte des Völkerkundemuseums, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3393/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte des Österreichischen Museums für angewandte Kunst, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3394/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte des Kunsthistorischen Museums, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3395/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte des Museums Moderner Kunst, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3396/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3397/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Aktivitäten des Ministeriums auf dem Gebiet „e-Touris­mus“ (3398/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die geplante Verlegung des Studienzweiges „Kunst­stofftechnik“ von der Uni Leoben an die Uni Linz und die Auszahlung der zugesagten Mittel für das Polymer Competence Center Leoben (3399/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend spezielle Förderung der „Österreichischen Wirtshaus­kultur“ (3400/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend eine israelische Studie, die den starken Anstieg beim Auftreten von Speicheldrüsenkrebs mit der Benutzung von Mobiltelefonen in Zusammenhang bringt (3401/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Veranlagungen des Bundes (3402/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderungen für bauliche Maßnahmen im Zusam­menhang mit dem Nichtraucherschutz (3403/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sozialbetrug durch Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte (3404/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Patronanz-Erklärungen von Reiseveranstaltern (3405/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mangelnde Sitzplätze in Schulbussen (3406/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 15

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend konsumentenfeindliche Vorgehensweise beim Online-Ticketing (3407/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Asthma bronchiale (3408/J)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3409/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend soziale Standards von JI/CDM-Programmen (3410/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend chronische Schmerzen (3411/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Diabetes – eine Volkskrankheit mit Handlungsbedarf (3412/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Pathologisches Spielen – multidimensionale Herausforderung für die Gegenwart (3413/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3414/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 16

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Oberösterreich (3415/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Erhöhung der Gebühren für unbeglaubigte Aktenabschriften oder ‑ablichtungen und sonstige Kopien (3416/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Tirol (3417/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Kärnten (3418/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Salzburg (3419/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Vorarlberg (3420/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Burgenland (3421/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Steiermark (3422/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Niederösterreich (3423/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Soll-Verzinsung von ausständigen Sozialversicherungsbeiträgen und Korrekturen von Prüfberichten in Wien (3424/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend der Erzeugnisse von Käseersatzprodukten in der Obersteirischen Molkerei in Knittelfeld (3425/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die geplante Verlegung des Studienzweiges „Kunststofftechnik“ von der Uni Leoben an die Uni Linz und die Auszahlung der zugesagten Mittel für das Polymer Competence Center Leoben (3426/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Österreichische Musikzeitschrift (3427/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Vertragsvergaben für Wartungsarbeiten und Serviceleistungen durch das Bundes­kanzleramt (3428/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Sozialbetrug durch Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte (3429/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Drogen in der Schwangerschaft (3430/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Anmeldung in Spitalsambulanzen mit e-card und Lichtbildausweis (3431/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte der Albertina, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3432/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend vorzeitige Abberufung von Dr. Andreas Unterberger als Chefredakteur der „Wiener Zeitung“ (3433/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Rheumatoide Arthritis (rA) (3434/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überweisungsdauer bei heimischen Banken (3435/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend der Vorgangsweise bei der Genehmigung von Schülerfreifahrten durch das Finanzamt Linz (3436/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend geplantes Asylzentrum in Pinkafeld (3437/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 17

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend kanadischen Gentech-Leinsamen in Österreich (3438/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Dienstaufsichtsbeschwerden sowie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 302 (1) StGB gegen die verantwortlichen Landes­schulräte in der Steiermark/Bezirksschulräte für Knittelfeld (3439/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Verbund als Eigentümer einer ehemaligen Hochgebirgsschule (3440/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Verbund als Eigentümer einer ehemaligen Hoch­gebirgsschule (3441/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Deloitte Österreich; Prüfung der Kommunal­kredit und Auftragsmandate des BMUKK (3442/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Linzer „Nudelauge“ und sein Schicksal des Scheiterns (3443/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Kosten für das abgesagte „Michael Jackson Gedenkkonzert“ in Schloss Schönbrunn (3444/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einsatz von Diensthunden in Justizanstalten (2) (3445/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Beirat für Baukultur (3446/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3447/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend kunst- und kulturpolitische Bezirksinitiativen in den einzelnen Bundesländern und deren Förderungsbedarf (3448/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Bezirksmuseen in der Bundeshauptstadt Wien (3449/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 18

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Salzburg (3450/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Vorarl­berg (3451/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Nieder­österreich (3452/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Ober­österreich (3453/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in der Steiermark (3454/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Wien (3455/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Tirol (3456/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG in Kärn­ten (3457/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Liegenschaftsbestand sowie die Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundesforste AG im Bur­gen­land (3458/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Empfehlung des Ministeriums für den Film „Little Alien“ (3459/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 19

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Vorarlberg (3460/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle im Burgenland (3461/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Österreich (3462/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in der Steiermark (3463/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Salzburg (3464/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Tirol (3465/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Wien (3466/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Oberösterreich (3467/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Kärnten (3468/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle im Bezirk Mödling (3469/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anstieg der Kfz-Diebstähle in Niederösterreich (3470/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lohnschere durch Pensions­an­trittsalter (3471/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Studie über Ausgliederung des RSO Wien (3472/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte im Österreichischen Theatermuseum, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3473/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderungspreise des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur 2009 (3474/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte in der Österreichischen Nationalbibliothek, welche im Eigentum des Bundes beziehungs­weise im eigenen Eigentum stehen (3475/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte in der Österreichischen Mediathek, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3476/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte des Technischen Museums Wien, welche im Eigentum des Bundes beziehungsweise im eigenen Eigentum stehen (3477/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sicherung der Kunst- und Kulturobjekte der Österreichischen Galerie Belvedere, welche im Eigentum des Bundes beziehungs­weise im eigenen Eigentum stehen (3478/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­minis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Verbot von Werbeflächen entlang von Autobahnen“ (3479/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend „Verbot von Werbeflächen entlang von Autobahnen“ (3480/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend „Dringend notwendige Realisierung von Fachhochschul-Studienlehrgängen in Lienz“ (3481/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Pyrotechnik in Fußballstadien (3482/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 20

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „strafrechtliche Verfolgung von Exekutivbeamten“ (3483/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die aktuelle Entwicklung am Lehrstellenmarkt (3484/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Krankenstände beim Bundeskanzleramt (3485/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Frauen und öffentlichen Dienst (3486/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Krankenstände beim Bundesminis­te­rium für europäische und internationale Angelegenheiten (3487/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (3488/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Finanzen (3489/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Gesundheit (3490/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Inneres (3491/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Justiz (3492/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Landesver­teidigung und Sport (3493/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Krankenstände beim Bundes­ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (3494/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (3495/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (3496/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (3497/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Krankenstände beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (3498/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend dringend notwendige polizeiliche Einsatzfahrzeuge (3499/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 21

Mag. Josef Lettenbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Maschinenersatzbeschaffung an den Höheren Technischen Bundeslehranstalten Tirols (3500/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Postamtsschließungen in Oberkärnten (3501/J)

*****

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend die Lagerung und mögliche Auslagerung der Erstausstattung des Mobiliars (Hansen) des Hohen Hauses an die BIG (28/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Kosten für die Teilnahme Österreichs an der internationalen Bildungsstudie PIRLS (3358/J) (Zu 3358/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Adelheid Irina Fürntrath-Moretti, Kolleginnen und Kollegen (2895/AB zu 2950/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2896/AB zu 2955/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2897/AB zu 2969/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (2898/AB zu 2994/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (2899/AB zu 2964/J)


09.05.09


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 22

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Keck, Praßl, Dr. Schüssel, Ing. Hofer, Vilimsky und Dr. Lichtenecker.

09.05.50Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner auf sein Mandat ver­zichtet hat und an seiner Stelle Herr Ing. Heinz-Peter Hackl in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Haus anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr Frau Schriftführerin Mag. Lohfeyer um die Verlesung der Gelöb­nisformel.

 


9.06.01

Schriftführerin Mag. Rosa Lohfeyer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

9.06.23

 


Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn wird durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner ver­treten.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung von 9.05 Uhr bis 13 Uhr vom ORF live übertragen wird.

09.06.56Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 23

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für Finanzen vom Rednerpult der Abgeordneten.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller jeder Fraktion ist jeweils 1 Minute Redezeit vor­gesehen. Die Beantwortung der Frage durch den Herrn Bundesminister soll 2 Minu­ten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute dauern.

Wenige Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich auf deren Ablauf durch ein kurzes Läuten aufmerksam machen.

Ich beginne nun – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 41/M, des Herrn Abgeordneten Krainer an den Herrn Bundesminister für Finanzen. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Es gibt unterschiedliche Arten, Geld zu verdienen. Die meisten Österreicherinnen und Öster­reicher machen das durch Arbeit und zahlen dafür relativ hohe Steuern, unabhängig von der Höhe des Einkommens, davon, ob sie sehr viel verdienen oder sehr wenig: zwischen 37 und 40 Prozent an Steuern und Abgaben – beispielsweise die Mehrwert­steuer et cetera.

Gemeinsam verdienen diese Menschen etwas mehr als die Hälfte aller Einkommen in Österreich; etwas weniger als die Hälfte sind Kapitaleinkommen, zum Beispiel Dividen­denerträge oder Spekulationsgewinne. Diese werden in Österreich deutlich niedriger besteuert, teilweise mit null – zum Beispiel wird Aktienspekulation nach der Spekula­tionsfrist mit null Prozent besteuert.

Die SPÖ hat vorgeschlagen, die Spekulationsfrist zu streichen (Abg. Jury: Ist das eine Frage oder eine Rede? – Abg. Ing. Westenthaler: Heute dürfen wir lange begründen!) und damit Arbeitseinkommen gleich wie Spekulationseinkommen zu besteuern. (Prä­sidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Das haben Sie bisher abgelehnt, deswegen meine Frage an Sie: 

41/M

„Welche Schritte werden Sie setzen, dass Einkommen aus Aktienspekulation genauso besteuert werden wie Arbeitseinkommen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Krainer! Zur Frage des Steuerwesens und der Besteuerung in Öster­reich – Sie haben die unterschiedlichen Besteuerungsmöglichkeiten Lohn-, Einkom­men­steuer und Kapitalertragsteuer als die großen Säulen aufgezeigt – muss man klar und deutlich Folgendes sagen:

Wir haben eine Kapitalertragsteuer von 25 Prozent, wir haben auch bei den Aktien­gewinnen innerhalb der Jahresfrist natürlich eine Besteuerung der Aktiengewinne, und wir müssen insgesamt im Auge behalten – das ist ein wichtiger Punkt für die Zukunft –, dass der Finanzstandort Österreich und der Kapitalmarktstandort Österreich und damit auch die Frage einer funktionierenden Börse ein ganz wichtiges Instrument der Finan-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 24

zierung des Wirtschaftsstandortes Österreich sind. – Das heißt, ich sehe derzeit ein sehr ausgewogenes System in der Besteuerung in Österreich.

Wir haben auch für die Lohn- und Einkommensteuer einen Schritt gesetzt wie nie zuvor: Wir haben die Lohn- und Einkommensteuer um insgesamt 3 Milliarden € für Österreichs Familien und für die Menschen, die tagtäglich hart arbeiten, reduziert, und das ist der richtige Ansatz.

Das heißt: Keine Verteilungsdebatte auf dem Rücken Einzelner, sondern dieses Steuersystem insgesamt gemeinsam weiterentwickeln, weil ich denke, dass es hier ein ausgewogenes Verhältnis gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ein konkretes Beispiel, um die Ausgewogen­heit da klarzustellen: Wenn jemand sehr viel Geld verdient, 50 000 € brutto im Jahr, das sind zirka 3 000 € netto im Monat, so wird das, wenn das ein Lohneinkommen ist, wenn die Person also für ihr Geld arbeiten geht, mit Steuern und Abgaben in Höhe von 33 000 € – inklusive Dienstgeberbeiträge – besteuert, also sehr viel. Wenn das jemand durch Aktienspekulation nach der Spekulationsfrist verdient, zahlt er null Euro. – Ich halte das nicht für ausgewogen, und die Frage ist:

Werden Sie Schritte setzen, um das in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, oder sehen Sie das als durchaus ausgewogen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sie wissen ganz genau, dass es das Beispiel 50 000 € Bruttoeinkommen und die Speisung des Steuer­topfes deswegen gibt, weil wir die sozialen Transfers dieser Republik zu finanzieren haben! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist ein Punkt, den man auf den Tisch legen muss: dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler deswegen insgesamt eine Steuerlast von 42 Prozent Abgabenquote zu tragen haben, Herr Abgeordneter, um das zu finanzieren (Beifall bei der ÖVP), was Ihnen offensichtlich nicht mehr so wichtig ist, nämlich die sozialen Transfers, die Direkt­zahlungen entsprechend zu finanzieren. (Abg. Krainer stellt mit seinen Händen eine Waage dar, die aus der Balance geraten ist.)

42 Prozent Abgabenquote! Es muss ein Ziel geben, im internationalen Vergleich darun­ter zu kommen, und wir werden uns darüber unterhalten, wie das Steuermodell – auch in der Balance, in der Verteilung – für die Zukunft aussieht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Glaser.

 


Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Finanzminister! Das Parla­ment hat sich bereits vor einigen Jahren für die Einführung einer Finanztransaktions­steuer auf europäischer Ebene ausgesprochen, und zwar einstimmig. Auch die Regie­rung hat sich diesem Ziel verpflichtet.

Welche Initiativen setzt die Regierung auf europäischer, auf internationaler Ebene für die Einführung dieser Finanztransaktionssteuer?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Glaser! Anschließend an das, was Herr Abgeordneter Krainer vorher gefragt hat: Genau das ist der Weg, nämlich nicht den Wirtschaftsstandort und den Börsestandort Österreich zu schädigen, sondern dafür Sorge zu tragen, dass man mit einer inter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 25

nationalen Finanztransaktionssteuer (Abg. Krainer: Den Arbeitsstandort ...!) auf die Spekulationen der Vergangenheit die richtigen Antworten findet.

Wir werden für diese Finanztransaktionssteuer gemeinsam kämpfen; wir haben in der Bundesregierung im Regierungsübereinkommen auch die entsprechenden Ansagen getätigt. Ich bin darüber hinaus dabei, im Rahmen der Finanzminister dafür zu werben. Es muss uns klar sein, dass es in Europa unterschiedliche Meinungen zur Einführung dieser Finanztransaktionssteuer gibt, aber der Kreis derer, die uns unterstützen, monatlich größer wird. Das heißt, wir werben in allen Ratsformationen dafür, dass man mit dieser Steuer eine Antwort auf die Krise und auch eine Finanzierungsmöglichkeit für die Zukunft findet. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Jury.

 


Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Guten Morgen! Herr Bundesminister, können Sie ausschließen, dass es bei der Mittelstandsinitiative zu einem Zuwachs der Vermögens­steuer kommen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es um die Frage, ob wir in Österreich Vermögenssteuern er­höhen oder einführen wollen.

Ganz offen gesagt, es war ein sozialdemokratischer Finanzminister, der Mitte der 90er Jahre – und das aus guten Gründen! – in der Vermögensbesteuerung einen Weg gegangen ist, der da geheißen hat: Reduktion und weg mit Vermögenssteuern! (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Gaßner.) – Wir haben die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft, und ich bin nicht dafür zu haben, in einer sehr sensiblen Phase des zarten Aufschwunges, der sich für 2010 abzeichnet, diesen zarten Aufschwung in Österreich durch eine breite Eigentums- und Mittelstandssteuer und Vermögenssteuer zu gefähr­den. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Finanzminister, Sie haben die Frage des Abgeordneten Krainer meines Erachtens nicht beantwortet, sondern Sie sind auf die Strukturprobleme des österreichischen Steuersystems eingegangen und haben dann erst wieder nicht beantwortet, ob es jetzt eine Verschiebung der Steuer­belastung weg von den Arbeitseinkommen hin zu den Kapitaleinkommen gibt – es war ja ganz klar, wie er das gemeint hat.

Jetzt frage ich Sie ganz einfach, ob Sie anerkennen, dass im OECD-Vergleich Öster­reich bei der Besteuerung von Kapitaleinkommen einerseits und Vermögen anderer­seits total hinten liegt, auch gegenüber kapitalistischen Ländern, und ob Sie bereit sind, hier eine Verschiebung zugunsten der Entlastung von Arbeits- und Erwerbseinkommen vorzunehmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Kogler, Sie waren ja selbst bei den Diskussionen um die Steuerreform in dieser Re­publik Anfang des Jahres dabei – die größte Entlastung seit Jahrzehnten im Lohn- und Einkommensteuerbereich für die arbeitenden Menschen in diesem Land im Ausmaß von 3 Milliarden €. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das haben wir in der Bundesregierung gemeinsam erfolgreich umgesetzt! Das heißt, wir haben Arbeitseinkommen und Ein­kommen insgesamt massiv entlastet, was die Besteuerung betrifft, vergessen Sie das nicht!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 26

Im internationalen Vergleich sind wir on top; das zeigen alle Studien: Kein anderes Land hat betreffend Konjunkturpakete und vor allem Steuerreform und Stützung der Kaufkraft so viel getan wie Österreich.

Was den OECD-Vergleich betrifft, sage ich Ihnen Folgendes dazu: Es werden oftmals Äpfel mit Birnen verglichen, völlig unterschiedliche Steuersysteme, weil zum Beispiel in England, das dafür gelobt wird, ganz andere kommunale Steuern und andere Dinge eingerechnet werden in die Frage der Abgaben- und Steuerpflicht als in Österreich – aufgrund der Verteilung des Steueraufkommens, nicht bezüglich der Vergleichbarkeit. Also ich bitte, hier auch wirklich Gleiches und Gleiches gegenüberzustellen. (Abg. Krainer: Äpfel und Birnen ...!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Haider.

 


Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Finanzminister! Für Spekulationsgewinne – für Aktienverkäufe, die innerhalb des ersten Jahres getätigt werden – gibt es ja ohnehin schon eine Besteuerung, aber wie gedenken Sie die langfristigen Anleger, die ja eher kleine Anleger sind, die damals, als die Republik die Voest-Aktien billig verschleudert hat, zugegriffen haben, oder die Verbund-Aktien ge­kauft haben, als sie die Republik loswerden wollte, in Zukunft vor Meinl-European-Land-Spekulationen und dergleichen, bei denen die Finanzmarktaufsicht ja wirklich versagt hat, zu schützen? Wie gedenken Sie, in Zukunft diese kleinen Langzeitanleger zu schützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Genau um diese Frage geht es ja, um diesen funktionierenden Aktienmarkt!

Und ich muss Ihnen entgegentreten: Verschleuderung der Voest?! – Wir haben eine erfolgreiche Privatisierung zur Reduktion der Schulden und für ein Zukunftsunter­neh­men Voest auf den Weg gebracht! (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Voest halten heute Aktien, und ich glaube nicht, dass diese wollen, dass wir – genau aus dieser langfristigen Perspektive heraus – durch eine Steuererhöhung in die Taschen dieser Aktionäre, der Kleinaktionäre, der Träger der Unternehmen, greifen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist der Punkt: dass wir langfristig eine ordentliche Finanzierung brauchen und da auch entsprechend Sorge dafür tragen, dass Stabilität und Verlässlichkeit auf Aktien­märkten da ist, die viel dazu beitragen, dass sich der Standort Österreich auch in die richtige Richtung entwickelt.

Was die Frage der Kontrolle und der Aufsicht betrifft: Um Schadensfälle zu vermeiden, haben wir national eine Aufgabe, aber vor allem mit der Finanzmarktaufsicht euro­päisch den richtigen Schritt getan. Wir werden Makro- und Mikroaufsicht besser ver­knüpfen und bessere Netzwerke schaffen. Die Zentralbank in Frankfurt wird wichtige Rollen übernehmen, und es muss alles in den Dienst des Schutzes der Konsumenten auf den Finanzplätzen gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 2. Anfrage, 36/M, des Herrn Abgeordneten Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Die eingereichte Anfrage, 36/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen setzt die EU, um einen der Gründe für die Finanzkrise, dass die Bankenaufseher vor allem jeweils nur ihre eigenen Banken kontrolliert und dabei die grenzüberschreitenden Risiken vernachlässigt haben, in Zukunft zu verhindern?“

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 27

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Finanzminister, eine Frage zur Finanzmarktaufsicht. Wir haben in den letzten Monaten diese globale Finanzkrise erlebt, die sicherlich verschiedenste Ursachen hat, etwa die exzessive öffentliche und private Verschuldung in den USA, die zu enormen globalen Ungleichgewichten zwi­schen China und den USA geführt hat, oder die Tatsache, dass faule Hypothekar­kredite in Wertpapiere verpackt und weltweit verteilt wurden.

Ein Problem war, dass wir keine europäische Finanzmarktaufsicht haben, sondern nationale Finanzmarktaufsichten, was bei grenzüberschreitenden Entwicklungen natür­lich zu wenig ist.

Meine Frage lautet:

Welche Maßnahmen unternimmt die Europäische Union, um eine europäische Finanz­marktaufsicht in Gang zu setzen?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 28

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter! Es gibt eine Lehre aus der Krise, und diese heißt: Es wurden systemische Risiken nicht frühzeitig erkannt, diese haben sich im Hintergrund aufgebaut. Jede nationale Aufsicht hatte ihre ganz spezielle Sichtweise der Risiken im jeweiligen Land, und es ist eine Kernfrage, dass wir die bessere Vernetzung der nationalen Finanzmarktaufsichten europa- und weltweit organisieren.

Es müssen zwei große Schienen gelegt werden: Die eine ist, die Makroaufsicht stärker bei der EZB zu bündeln, europäisch zu bündeln, die andere, auch die Mikroaufsicht in den Ländern national entsprechend zu verbessern. – Auf diesem Weg sind wir.

Wir haben Anfang dieser Woche in Brüssel bei den Finanzministern dieses Signal gegeben, den Startschuss zu einer besseren europäischen Finanzmarktarchitektur. Es gibt Länder in der Europäischen Union, die das nicht wollen – ich muss das in diesem Rahmen auch sagen –, allen voran der Finanzplatz London und England, aber wir wollen eine stärkere Vernetzung, eine bessere Kontrolle: Es darf kein Finanzprodukt mehr in Europa auf den Markt, das keiner Kontrolle unterliegt! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Stumm­voll.

 


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Finanzminister, es ist oft schon schwierig, in einer Koalition einen gemeinsamen Nenner zu finden. Politik ist das Bohren harter Bretter, und ich sage oft, EU-Politik ist das Bohren in Granitblöcken. Daher meine Frage:

Wann rechnen Sie damit beziehungsweise wann kann man damit rechnen, dass solch eine neue europäische Finanzmarktarchitektur in Kraft treten könnte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Man muss dazu sagen, dass sich ja insgesamt viel in der Europäischen Union sehr energisch dreht seit der Krise, seit einem Jahr. Wir haben zum Beispiel jetzt in der Frage der Eigenmittel­vorschriften bei Basel II vor, mit Ende 2010 – da ist die Beschlussfassung sehr weit – bereits die ersten wichtigen Punkte umzusetzen. Da muss man auf die Balance achten, auch für die Finanzierung der Wirtschaft durch die Banken.

Und das Zweite ist: Ich denke, dass die Finanzmarktaufsicht und die Architektur in Europa realistischerweise mit Anfang 2011 umgesetzt werden können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Spadiut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Bundesminister, ist die vom Kolle­gen Stummvoll genannte Problematik Ihrer Ansicht nach auch auf die im Jahresbericht des Antikorruptionsnetzwerkes Transparency International vorgeworfene Verhaberung zwischen den österreichischen Bankenaufsehern, Finanzmarktaufsicht, den Banken und der Politik zurückzuführen, beziehungsweise wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich trete diesen Vorwürfen energisch entgegen. Wir haben eine Architektur der Finanzmarktaufsicht auch im Hohen Haus beschlossen bezüglich der Verteilung der Verantwortung, der Nationalbank auf der einen Seite, der Finanzmarktaufsicht auf der zweiten Seite und dem Finanzministerium auf der dritten, und es wird und muss jeder auf seinen Schienen die entsprechende Verantwortung wahrnehmen. Das wird uns auch inter­national attestiert, und ich sehe nicht einmal im Ansatz eine Verhaberung in diesem Bereich, sondern im Gegenteil: Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten kön­nen sich auf eine wirklich wirksame Architektur in diesem Land, was die Finanz­marktaufsicht betrifft, verlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen.

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Minister, zurückkommend auf die Frage des Kollegen Stummvoll: Ich glaube, wir sind uns einig, dass das ein ernsthaftes Problem ist, dass die meisten größeren Banken jedenfalls transnational agieren, die Bankenaufsichten aber national agieren. Und ich kann nicht finden, dass das, was Sie skizziert haben, was auf EU-Ebene passiert, das Problem lösen wird. Das sind Euphemismen – Netzwerke, Architekturen und so weiter –, aber eine inter­nationale, eine europäische Bankenaufsicht mit Biss wird es nicht geben.

Erste Frage: Finden Sie das befriedigend? Teilen Sie, wenigstens in Grundzügen, meine Meinung? Und zweitens: Sehen Sie noch eine Möglichkeit, dann eben ohne die Briten – das geht mir schön langsam auf die Nerven, dass die Briten alles blockieren! – hier noch zu einer Lösung zu kommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich bin da etwas vorsichtig in der Bewertung der Briten, denn wir sind ein europäischer Kontinent mit 27 Ländern und wir müssen ein Interesse haben, nämlich einen Konsens zu finden in der Weiterentwicklung dieser Europäischen Union. Das ist ein wichtiger Punkt. Es ist mühsam, aber wir müssen uns dieser Diskussion stellen. Ich wäre weiter gegangen, ja, ich gebe Ihnen recht: Es ist unser Ziel, stärker europäisch integriert eine europäische Finanzmarktaufsicht zu entwickeln, aber ich sehe es qualitativ als absoluten Fortschritt, dass wir jetzt bei der EZB hinsichtlich der Makroaufsicht einen wirklichen europäischen Nukleus für diese Finanzmarktaufsicht beschlossen haben.

Das ist ein Anfang – nicht zufriedenstellend, aber der Anfang ist gesetzt, und das Ganze muss nun weiterentwickelt werden. Dieses harte Brett ist zu bohren. Ich gebe Ihnen recht: Es führt kein Weg daran vorbei, die europäische Aufsicht stärker zu integrieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Zanger.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 29

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die Banken haben begonnen, Produkte zu entwickeln, deren Risken man nicht mehr ab­schätzen konnte – Derivate, Swaps, Termingeschäfte et cetera –, und es ist sogar so weit gekommen, dass unter dem Deckmantel eines standardisierten Produkts diese hochriskanten Produkte an sehr einfache Kunden verkauft wurden.

Denken Sie, dass es notwendig ist, die Finanzmarktaufsicht damit zu beauftragen oder eine Prüfstelle zu errichten, die die Produktgestaltung der Bankprodukte beziehungs­weise der Finanzprodukte dahin gehend überprüft, dass die Risken für kleine Anleger nicht überbordend werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Da gibt es zwei unterschiedliche Punkte. Es ist klar, dass in Zukunft – ich habe das bereits gesagt – kein Finanzprodukt mehr unkontrolliert auf den internationalen, europäischen und österreichischen Märkten auftauchen soll. Das ist ein wichtiger Punkt, den man auch von der Finanzmarktaufsicht in der Bewertung verlangen wird müssen, und das wird auch kommen.

Der zweite Punkt ist Anlegerschutz in der Frage der Beratungstätigkeit. Machen wir uns nichts vor! Wir haben bei den Finanzdienstleistern eine Herausforderung, nämlich professioneller und klarer auch Verantwortlichkeiten zuzuteilen und zuzuordnen, damit auch in der Beratung die Dinge klar und offen auf den Tisch gelegt werden.

Das sind also zwei Bausteine: Das eine ist eine bessere Kontrolle der Produkte durch die Finanzmarktaufsicht, das Zweite ist, auch in der Beratung – durch Finanz­dienstleister und andere – klarere Regeln im Sinne des Anlegerschutzes festzulegen und neu zu ordnen und professioneller und klarer auch Verantwortlichkeiten zuzuord­nen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeord­ne­ter Dr. Jarolim.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Vizekanzler, eine kurze Frage. Wir haben jetzt Europa besprochen, aber nun noch einmal zurück zu Österreich. Wir alle kennen die bedauerlichen Vorfälle um den Grasser-Freund Meinl und die Meinl Bank. Wir hatten Tausende Geschädigte, die nahezu ihr gesamtes Vermögen „verspielt“ haben, jedenfalls verloren haben.

Auch wenn jetzt die Gerichtsverfahren gewonnen werden und die Leute teilweise ihr Geld zurückbekommen, hätte man das vermeiden können. Es hat unter dem dama­ligen Finanzminister keine einzige Kontrolle der Meinl Bank gegeben. Das ist natürlich eine fürchterliche Verfehlung.

Wir haben gestern zum Thema Grasser debattiert und die Auswirkungen auch der kriminellen Vorgänge im Zusammenhang mit der BUWOG angesprochen. Sie haben uns den Eindruck vermittelt, dass Sie das möglicherweise nicht so skandalös sehen, wie das viele andere sehen könnten, und Sie haben hier gestern eher beruhigend die Anfragen beantwortet.

Meine Frage: Was können wir erwarten? Wie können wir gemeinsam diese Krise bewältigen, dass es in Zukunft solche Dinge wie bei Meinl etwa nicht mehr gibt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Jarolim, ich sage das Ihnen als Justizsprecher – und das müsste Sie ja ganz beson­ders freuen als Justizsprecher der SPÖ –: Die Justiz ist am Zug, und das gilt für alle


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Verfehlungen, die im Raum stehen, ob das BUWOG ist, wie gestern diskutiert wurde, ob das Meinl ist, wie jetzt diskutiert. Die Staatsanwaltschaft und die Justiz haben zu klären: Wo waren Verfehlungen – in den Aufsichtsbehörden, in den Entscheidungs­gremien, wo auch immer, in den Banken, im Vorgang selbst? Und dabei bleibe ich auch. Die unabhängige Justiz dieses Landes ist stark und reif genug, diesen Fragen auf Punkt und Beistrich auf den Grund zu gehen und die entsprechenden Urteile zu fällen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 38/M des Herrn Abgeordneten Dr. Königshofer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Vizekanzler, Sie haben im Zusammenhang mit dem Bankenpaket die Vergabe von Partizipationskapital an Ban­ken zu Dividendenraten von 8 bzw. 9,3 Prozent immer als gutes Geschäft für den Bund und die Republik bezeichnet. Im Lichte der jüngsten Ertragsentwicklung, vor allem der Hypo Alpe-Adria Bank – Halbjahresverlust 163 Millionen € – und der Volks­banken AG – Halbjahresverlust 139 Millionen € –, stellt sich die Frage, ob sich das tatsächlich als „gutes Geschäft“ darstellt, und deshalb frage ich Sie:

38/M

„Was werden Sie unternehmen, um die Hypo Alpe-Adria-Bank AG und die Öster­reichische Volksbanken-AG vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren, zumal die Ver­lustsituation beider Banken zur ersten Hälfte dieses Jahres als dramatisch bezeichnet werden muss?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Königshofer, ich bin sehr vorsichtig mit der öffentlichen Bewertung von Fragen, die Sie hier in den Raum stellen, denn daran hängen viele Sparer, viele Kreditnehmer und auch die Finanzfähigkeit dieser beiden von Ihnen genannten Banken.

Daher: Vorsicht mit solchen Unterstellungen von Nicht-mehr-Finanzierungsfähigkeit und anderen Dingen! Das tue ich nicht, und an dieser Stelle sage ich auch ganz klar und deutlich: Sie werfen mir vor, dass kein Geld zurückkommt, keine Dividenden­leistung für das geborgte Geld, aber an diesen beiden Banken sehen Sie, wie drin­gend diese im Sinne der Spareinlagen und der Weiterführung der Geschäfte unser Geld gebraucht haben.

Wir werden insgesamt natürlich für das Partizipationskapital der Republik, das wir bis jetzt auch gegeben haben, schöne Erträge erzielen können. Diese beiden Banken können es nicht leisten, weil die Situation sehr angespannt ist, aber wir lassen keine Sparerin, keinen Sparer, keinen Kreditnehmer dieser beiden Banken im Regen stehen! Das ist das Signal, das wir seitens der Politik gesetzt haben (Beifall bei der ÖVP) – einstimmig übrigens hier im Parlament, einstimmig, auch mit Ihrer Stimme.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Königshofer.

 


Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Vizekanzler, die Verlustzahlen sind ja nicht wegzudiskutieren. Das ist ja auch in der Presse gestanden, deshalb habe ich diese Frage gestellt.

Die Zusatzfrage lautet: Herr Vizekanzler, wie sehen Sie die Verantwortung Ihrer Minis­terkollegin Dr. Claudia Schmied, die ja von 2004 bis 2007 Vorstandsdirektorin der Kommunalkredit Austria AG war, also genau in der Zeit, in der die größten Speku-


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lations­räder steuerschonend über eine zypriotische Tochterfirma gedreht wurden, die letztendlich zum Zusammenbruch dieser Bank geführt haben, die dann nur mit Hilfe einer staatlichen Stützungsmaßnahme gerettet werden konnte? Wie stehen Sie dazu?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist ohne Zweifel ein ganz besonderer Fall, der dazu geführt hat, dass wir die Kommunalkredit ver­staatlichen mussten – eine große Herausforderung für den Steuerzahler, für uns alle. Und wenn es hier, wie von Ihnen unterstellt, Unregelmäßigkeiten gegeben hat, gilt dasselbe, was ich zu Abgeordnetem Jarolim gesagt habe: Es ist von der Justiz auf Punkt und Beistrich zu prüfen, wer wann welche Verantwortung gehabt hat in dieser Bank, wer für welche Themen, Aufbau von Derivaten oder anderes, zuständig war, wer für die Spekulationsverluste in dieser Bank verantwortlich ist. Das ist für mich keine politische Frage, das ist eine Frage, die der Staatsanwalt und die Justiz entsprechend zu klären haben. – Und das gilt für das gesamte Management zu dieser Zeit. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abge­ordne­ter Steier.

 


Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Bundesminister, wir leben in wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten. Dabei reichen oft gegebene gesetzliche Bestimmungen nicht aus, um Probleme zu lösen.

Daher meine Frage: Wie stehen Sie zur Einführung des von Herrn Staatssekretär Schieder vorgeschlagenen Bankeninsolvenzrechts?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir müssen uns sicher überlegen, wie wir in Zukunft mit der Frage der Bankeninsolvenz überhaupt umgehen. Es muss aus meiner Sicht einen klaren Fokus geben. Es kann auf Dauer nicht automatisch gut gehen, wenn wir das Signal geben: Jede Bank, egal, was passiert, steht unter dem Schutz der öffentlichen Hand!, sondern wir müssen mit einer ausgewogenen, klugen Gesetzgebung darauf abzielen, dass die Sparer, die Anleger und Kreditnehmer geschützt werden, und wie man damit umgeht bei einer Abwicklung einer Bank, die in ein Problem gerät.

Das ist gemeinsam zu entwickeln, und ich habe auch letzte Woche bei meiner Rede angekündigt, dass wir uns dieses Themas ganz besonders annehmen werden. Also: „Too big to fail“ darf nicht mehr automatisch der Grundsatz für die nächste Zeit sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Auer.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister, in diesem Haus wurde einstimmig ein Bankenpaket beschlossen. Damit wurden die Spareinlagen abgesichert, Kredite abgesichert, damit dieser Blutkreislauf der Wirtschaft funktioniert. Ich frage Sie: Wie viele Mittel aus diesem Finanzmarktstabilitätsgesetz stehen dem Bund noch zur Verfügung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben hier im Parlament einstimmig das Unterstützungspaket für Österreichs Banken im Sinne der Sparer und der Kreditnehmer beschlossen, wichtig für den Wirtschaftskreislauf dieses Landes. Und es hat auch Erfolg gezeitigt: 15 Milliarden € ist der Gesamtrahmen für Partizipationskapital – wir haben bis heute 6,5 Milliarden €, zusammengesetzt aus


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Eigenmittelzufuhren, Haftungen und Anteilserwerb, zugeteilt. Wir haben für das Jahr 2009 insgesamt 10,3 Milliarden € veranschlagt und bis jetzt 6,3 Milliarden € ausgenutzt. Das heißt, wir haben für heuer noch Freiraum, und wir haben insgesamt im 15-Milliarden-Paket auch noch Freiraum, wenn wir Handlungsspielraum für die nächste Zeit brauchen, was ich derzeit nicht sehe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeord­neter Linder.

 


Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Herr Vizekanzler, welche weiteren Maß­nahmen sind geplant, um jene Banken, die Staatskapital und Staatshilfe in Anspruch genommen haben, zu zwingen, an die Realwirtschaft, und hier speziell an die Touris­muswirtschaft, Kredite zu vergeben und so die vorhandene Kreditklemme zu lockern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben mit den Maßnahmen, die wir hier im Hohen Haus beschlossen haben, mit der Zuteilung von Partizipationskapital und mit den Verträgen, die wir mit den Banken geschlossen haben, nämlich Geld zu geben, aber doppelt so viel Kreditvolumen zu verlangen, auch dafür Sorge getragen, dass die Kreditklemme deutlich abgenommen hat. Was wir haben, ist ein Problem mit Konditionen, aber nicht nur am österreichischen, sondern insge­samt am europäischen Markt, weil die Risikoaufschläge und das Risiko insge­samt einer Neubewertung zu unterziehen waren und unterzogen wurden.

Das heißt, dieses Parlament und dann das Finanzministerium mit der Zuteilung der Gelder haben zu einer massiven Entspannung und Entlastung beigetragen, aber es bleibt natürlich ein stärkerer Risikoaufschlag, eine stärkere Risikobewertung als in der Vergangenheit – auch als Lehre aus dieser Krise.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Finanzminister, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir hier im Haus einstimmig ein Rahmengesetz in mehreren Artikeln beschlossen haben, ein sogenanntes Bankenpaket, das speziell Ihrem Ministerium ermöglicht hat, wenn es denn gewesen wäre, über Nacht handeln zu können und zu dürfen. Das war auch der große Sinn, dazu bekennen wir uns.

Ich muss aber trotzdem nachfragen, weil Sie das ja dauernd vor sich hertragen, ob Sie sich auch noch gut an die Zusagen des Finanzministeriums und Ihres Vorgängers erinnern, die da lauteten, dass es auf Ebene der Verordnung des Ministeriums, auf Ebene der konkreten Verhandlungen mit den Banken harte Auflagen geben wird. Also frage ich Sie: Wie hart sind die Auflagen bei Hypo und Volksbanken AG? Dort gibt es wenigstens ein Wandlungsrecht. Allerdings: Wie ist es mit den Vergünstigungen der Managerboni dort oder überhaupt mit den Managergehältern, allenfalls von ver­sagen­den Vorgängern, und warum ist bei Raiffeisen und bei Erste Bank nicht einmal das Wandlungsrecht vorgesehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben sehr klare und harte Verhandlungen geführt mit den österreichischen Banken, die Partizi­pations­kapital gebraucht haben oder wollten – manche haben das nicht in Anspruch genommen. Die Verhandlungen waren hart. Ich habe schon gesagt, als klares Signal gab es zum Beispiel eine Verdoppelung der Menge an Krediten gegenüber dem Geld, das wir gegeben haben. Wir haben natürlich auch für jene klare Regelungen vorge­sehen, die ihr Partizipationskapital nicht bedienen können, im Bereich der Manager-


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boni – überhaupt keine Frage! –, und wir haben alle Verträge im Bereich der FIMBAG auch zur Überwachung und zur Kontrolle vorgelegt, und Sie haben ja auch beim Bank­geheimnis-Paket in diesem Parlament dafür Sorge getragen, dass diese Frage auch zu kontrollieren sein wird im Zuge der Rechnungshofprüfung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur nächsten Anfrage, 39/M, des Herrn Abgeordneten Bucher. – Bitte um die Frage.

Die eingereichte Anfrage, 39/M, hat folgenden Wortlaut:

„Werden Sie das im Mai beschlossene und nachweislich auf falschen Zahlen beruhen­de Budget für das Jahr 2010 durch ein neues, krisengerechtes Staatsbudget ersetzen, um einer explodierenden Staatsverschuldung entgegenzutreten und den Wohlstand der Österreicherinnen und Österreicher zu sichern?“

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Finanzminister, Sie haben im Mai dieses Jahres ein Budget für das kommende Jahr erstellt, das nachweislich auf falschen Daten und Fakten erstellt wurde. Ich frage Sie daher:

Werden Sie in Anbetracht der explodierenden Staatsverschuldung ein neues Budget für das Jahr 2010 vorlegen, damit wir nicht den Schuldenberg weiter erhöhen und in Anbetracht der wirtschaftlich schwierigen Situation ein krisenfestes und ein krisen­sicheres Budget für das kommende Jahr haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Bucher, gerade in Ihrem Fall tut es mir leid, aber ich muss es deutlich sagen: Falsch, was Sie hier sagen! Wir haben ein Budget für 2009 und 2010 auf den Weg gebracht, das hält! Wir haben 3,5 Prozent Defizit veranschlagt nach damaligem bestem Wissen und Gewissen, mit der Vorschaurechnung des WIFO, und wir kommen jetzt im europäischen Spitzenwert auf 3,9 Prozent. Bei der Staatsverschuldung in diesem Jahr liegen wir besser, als ich im Budget prognostiziert habe.

Es besteht also kein Grund, das Budget aufzuschnüren, im Gegenteil: Wir liegen ganz klar in der Bandbreite dessen, was wir uns für 2009 vorgenommen haben. Und wenn 2010 die Prognoserechnungen, die jetzt korrigiert wurden, stimmen, dann werden wir 2010 sogar das Budget entsprechend erfüllen können. Und das sind doch gute Vorgaben! (Beifall bei der ÖVP.)

Und wir haben mit sehr klaren Verhandlungen in den Ministerien auch dafür Sorge getragen, dass die Staatsverschuldung, das Defizit nicht aus allen Rudern läuft.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Bucher.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Wirtschafts- und Budgetexperten sprechen eine völlig andere Sprache als Sie. Sie gehen von anderen Daten aus. Sie wissen, dass aufgrund der schlechteren Arbeitsmarktdaten, aufgrund der schlechteren Wirtschafts­daten und aufgrund der explodierenden Staatsverschuldung auch das Budget 2010 so nicht halten wird, wie Sie das diesem Haus vorgelegt haben und beschlossen haben.

Meine Frage: Werden Sie daran denken, ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutsch­land, eine Schuldenbremse einzuziehen, damit die nächsten Generationen nicht all das ausbaden müssen, was Sie hier verschulden in diesem Land? (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: Westerwelle spricht!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 



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Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich kann nur noch ein Beispiel für die präzise Budgetierung des Jahres 2009 anführen. Bei der Budget­erstellung sind wir von 68,5 Prozent Verschuldensquote beim BIP ausgegangen. Wissen Sie, wo wir liegen werden? – Darunter, besser, trotz Krise: bei 68,2 Prozent.

Das sind richtige Annahmen, das sind die Daten, die sich entwickeln, und darauf sollen wir stolz sein!

Das heißt, was wir hier im Budget beschlossen haben, wird fast auf den Punkt erfüllt, in einem der am schwierigsten zu prognostizierenden Wirtschafts- und Finanzzeiträume, die wir je hatten. Und da sieht man, wie WIFO funktioniert, wie die Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium funktioniert – und dass das Budget auch hält. Sie werden das sehen! Und ich bin überzeugt davon, dass wir im Jahr 2010, wenn die Prognosen stimmen – bis zu ein Prozent Wachstum –, im Budget entsprechend gut liegen werden.

Jetzt, in dieser angespannten Phase, wo keiner weiß, wie die stabilisierenden Maß­nahmen für Arbeitslosigkeit, die steigt, für die Kurzarbeit, wo wir niemanden im Regen stehen lassen wollen, aussehen werden, eine Schuldenbremse einzuziehen, ist kontra­produktiv, würgt den Aufschwung ab, und es ist absolut der falsche Zeitpunkt! Die Frage, ob wir das später einmal, in einer guten, gestützten Konjunktursituation, dis­kutieren, lasse ich dahingestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Brunner.

 


Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Finanzminister, es ist jetzt schon viel über Herausforderungen rund um Wirtschafts- und Finanzkrise gesprochen worden. Ich möchte aber auch festhalten, die Herausforderung für die nächsten Jahre und Jahrzehnte wird die Bewältigung der Klimakrise sein. Wir stehen ja auch kurz vor der entscheidenden Klimakonferenz in Kopenhagen, wo Wissenschafter jetzt schon sagen, dass wir uns zu weit höheren Reduktionszielen werden verpflichten müssen als bisher.

Jetzt hat Österreich die bisherigen Ziele schon weit verfehlt, und es ist klar, dass wir hier massivere Anstrengungen setzen müssen, dass wir uns nicht nur freikaufen dürfen, wenn es um Klimaschutz geht, sondern endlich auch Klimaschutz zu Hause machen müssen. Daher meine Frage an Sie: Was werden Sie tun, um das öster­reichische Budget den Herausforderungen des Klimawandels anzupassen? Werden Sie Mittel für die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung stellen, und wie viele?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ohne Zweifel ist der Klimaschutz eine ganz zentrale Herausforderung, auch abseits und trotz Wirtschafts- und Finanzkrise. Wir haben unter den Finanz­ministern am Montag und Dienstag sehr intensiv diskutiert, wie wir denn ein Zeichen geben können für Kopenhagen.

Ich halte den Abschluss der internationalen Konferenz für Klimaschutz in Kopenhagen für ein ganz zentrales Thema. Ich habe auch im Rahmen der Finanzminister dafür plädiert – und das ist die Antwort auf Ihre Frage –, dass wir uns mit klaren Zahlen in zweistelliger Milliardenhöhe seitens der Europäischen Union dazu bekennen sollen, dass wir bereit sind, Geld jährlich für den Klimaschutz zu geben, und damit Bewegung in die internationale Debatte in Kopenhagen bringen.

Es ist dieses Ansinnen, konkrete Zahlen in einer Übergangsphase und dann in einer jährlichen Klimaschutzfinanzierung auf den Tisch zu legen, gescheitert. Wir haben


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keinen Konsens erzielt, weil allen voran vor allem Polen aufgrund verschiedener Themen – Industrie, Benachteiligung, Aufholbedarf und viele andere Argumente – diese Einigung blockiert hat. Jetzt stehen wir vor der Einigung der Regierungschefs und ich hoffe, dass auf Ebene der Regierungschefs diesbezüglich noch Schritte ge­setzt werden können.

Was die nationale Frage betrifft, ist zu sagen: Natürlich werden wir Umweltförderung und viele andere Themen – ein absoluter Schwerpunkt ist die Unterstützung erneuer­barer Energie – finanzieren. Nikolaus Berlakovich ist ein harter Verhandler, nicht nur in Brüssel, sondern auch national. Wir werden die entsprechenden Geldmittel auch dafür bereitstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gradauer, bitte.

 


Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Finanzminister, Sie haben in Ihrer Rede vom 14. Oktober, also von voriger Woche, im Finanzministerium verschiedene weit­reichende Maßnahmen erwähnt, die das Budget entlasten sollten.

Der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft, Abgeordneter Neugebauer, hat zwar in der Sendung „Report“ gemeint, Sie hätten betreffend Gleichschaltung der Beamten von Bund, Ländern und Gemeinden in einem System ein falsches Redekonzept gehabt. Angesichts der katastrophalen Lage der Staatsfinanzen von derzeit bis zu 200 Mill­iarden € Schulden werden natürlich massive Einsparungen notwendig sein. Ich denke, Sie haben Ihre Ankündigungen schon ernst gemeint.

Können Sie dem Hohen Haus noch einmal diese von Ihnen aufgezählten Budgetein­sparungsmaßnahmen wie zum Beispiel Verwaltungsreform, Transferkonto und so weiter nennen? Wann sollen diese greifen? Wie hoch schätzen Sie, dass die jährlichen Einsparungen für das Budget sein werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter, es würde jetzt den Rahmen sprengen, meine vorgeschlagenen Punkte vorzulegen. Aber ich lasse Ihnen gerne meine Rede zukommen (Heiterkeit bei der ÖVP) – ist überhaupt kein Thema –, aus der Sie ersehen können (Abg. Kopf: Ich habe sie da!), wo wir im Detail welche Perspektiven für Österreich zeichnen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich halte es für von ganz entscheidender Bedeutung für das Projekt Österreich, an diesem Wendepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise die Dinge offen anzusprechen – dort, wo Dinge aus dem Ruder laufen, zu korrigieren, dort, wo richtige Maßnahmen da sind, diese zu unterstützen. (Abg. Scheibner – in Richtung des Abg. Gradauer –: Der Herr Strache könnte Ihnen das sagen!) Das hat eine große Bandbreite, geht über die Frage eines künftigen effizienten öffentlichen Mitarbeiters der Republik bis hin zur Frage, wie das Pensionssystem der Zukunft denn ausschaut. Da haben wir viele Themen auf dem Tisch liegen.

Wir werden immer älter und gehen immer früher in Pension. Wer soll das bezahlen und wie? Die Frage liegt auf dem Tisch. Wir können uns um diese Themen nicht drücken. Die Menschen spüren das; deswegen werden wir das Punkt für Punkt in meinen Vor­schlägen, die ich im Finanzministerium vorgelegt habe, natürlich auch hier im Plenum, im Hohen Haus zu diskutieren haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Schulden­bremse!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Gart­lehner, bitte.

 



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Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben ja schon ausgeführt, dass die österreichische Regierung ein sehr gutes Budget­management betreibt, dass die Abweichungen gering sein werden. Wir wissen, dass Ausgaben natürlich immer gut planbar sind, dass die Einnahmenseite jedoch nicht so leicht zu planen ist.

Herr Bundesminister, wir wissen, dass aufgrund der Wirtschaftskrise die österreichi­schen Unternehmen weniger forschen, weniger entwickeln und dadurch auch aus­gabenseitig weniger Kosten bei der indirekten Förderung anfallen. Die Frage konkret lautet: Da es politischen Konsens darüber gibt, dass wir die Forschungsausgaben insgesamt in den nächsten Jahren plangemäß weiterentwickeln wollen, sind Sie bereit, diese Einsparungen auf der Ausgabenseite, wo Firmen weniger forschen, auf die direkte Förderseite für Forschung und Entwicklung, für Wissenschaften umzuleiten und damit den Forschungspfad beizubehalten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zum Ersten – auch das habe ich in meiner Rede angekündigt –: Ich will Österreich zum Forschungs­knotenpunkt und zur Forschungsdrehscheibe Mitteleuropas machen. Ein wichtiger Punkt ist: Wien und Österreich sind an der Schnittstelle zwischen West und Ost. Dazu werden wir ein Forschungsfinanzierungsgesetz mit einer klaren Finanzperspektive ent­wickeln.

Es ist das Wichtigste für die Forschungs-Community – ob Grundlagenforschung oder angewandte Forschung –, dass alle Möglichkeiten, die wir haben, um Verlässlichkeit zu signalisieren, um diesen Forschungs- und Entwicklungsstandort Österreich zu stärken, gegeben sind. Das ist eine Vision. Dafür werden wir Geld in die Hand nehmen.

Ich sage Ihnen, mit der Budgetierung 2009/2010 haben wir das Ziel 3 Prozent For­schungsquote klar eingestellt und werden es erreichen. Es ist derzeit keine interne Umschichtung notwendig, aber wir müssen weitergehen und bis 2020 eine verbind­liche, gesetzlich abgesicherte finanzielle Perspektive geben, um dieses Wunschziel, Österreich zu dieser Drehscheibe und zum Knotenpunkt für Forschung und Entwick­lung zu machen, auch zu realisieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Sonn­berger, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Werter Herr Vizekanzler und Finanz­minister! Sie waren dabei – im Übrigen nicht nur bei der Eröffnung des Europahauses, sondern Sie waren auch federführend bei der Erarbeitung und Umsetzung des Doppel­budgets, das sehr rasch beschlossen wurde, wo richtige Zahlen da waren. Sie waren bei der Erarbeitung der Konjunkturpakete, die greifen, dabei. Sie haben auch die entsprechenden Budgetmittel zur Verfügung gestellt. Im Übrigen hat uns die gemein­same Währung, der Euro, in dieser Wirtschaftskrise auch sehr geholfen.

Wer liefert die Grunddaten zur Erstellung des Budgets, bitte? (Abg. Ing. Westenthaler: Keine weiteren Fragen!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich war nicht nur dabei, sondern wir haben in den letzten Monaten auch gemeinsam das vorangetrieben, was uns wichtig war. Das soll auch so sein, denn Politik ist ja Gestaltung und nicht, dabei zu sein oder nicht dabei zu sein, sondern Gestaltung, Ziele vorgeben und diese auch erreichen.


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Dazu gehört ein ordentliches Budget 2009/2010. Die Grundlagen für dieses Budget werden im Finanzministerium in den Verhandlungen mit den Ministerien ausverhandelt, aber wir müssen uns auf die Wirtschaftsforschungsdaten des WIFO stützen – das ist lang bewährte Tradition – zum Stichtag und zu dem Zeitpunkt, wenn wir das Budget fertig haben. Das war auch im Mai des heurigen Jahres der Fall.

Wenn ich das, was der Abgeordnete Bucher mir vorgeworfen hat, nämlich zu warten, bis man weiß, was kommt, gemacht hätte, dann hätten wir heute noch kein Budget, denn die Prognosen haben sich monatlich verändert. Das ist die Realität, Herr Abge­ordneter! Wir hätten Unsicherheit, wir hätten Chaos und nicht Sicherheit. Jetzt gibt es ein haltbares, gutes Budget für 2009 und 2010. Das WIFO liefert dafür die Unterlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 5. Anfrage, 40/M, des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler. – Bitte.

Die eingereichte Anfrage, 40/M, hat folgenden Wortlaut:

„Können Sie eine Erhöhung der Umsatzsteuer in dieser Legislaturperiode aus­schließen?“

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Ich glaube, es ist nicht günstig, die Fragestunde dafür zu verwenden, um hier Klub­obleute zu belehren. Wir hätten auch einjährige Budgets beschließen können.

Aber ich komme zu meinem Thema. Da haben wir auch durchaus ein paar positive Gemeinsamkeiten, wenn wir noch einmal über die Steuerstruktur reden und darüber, dass wir künftighin darauf schauen müssen, wie wir überhaupt die Steuereinnahmen gestalten. Da wird es nämlich einiges brauchen.

Warum? – Konjunkturpakete sind grosso modo richtig, weil auch nächstes Jahr noch Ausgaben zur Krisenbekämpfung da sind. Es wird aber dann das Budgetdefizit und vor allem der Schuldenberg in einer Art und Weise ansteigen – Professor Van der Bellen hat es Ihnen ja bei der Budgetdebatte vorgerechnet –, dass wir von 7 auf 10 Milliar­den € bloßer Zinszahlungen kommen. Das sind 3 Milliarden zusätzlich.

So frage ich Sie jetzt, wie der Pfad ausschauen soll, den Sie uns hier dauernd glauben machen wollen, das alles erstens über eine Verwaltungsreform, zweitens über mög­liche Sozialtransferkürzungen und drittens ohne Steuererhöhung zu erreichen. 10 Milliarden Zinsendienste – 3 Milliarden zusätzlich –, wie geht sich das ohne Mehr­wert­steuererhöhung in Ihrem Berechnungsmodell aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir arbeiten sehr intensiv – auch im Ministerium und in weiterer Folge in der Diskussion hier im Hohen Haus – daran, im Laufe des Jahres 2010, wo wir noch keine wirksamen Maßnahmen zur Rückführung der Konsolidierung der Budgetdefizite umsetzen können – wenn man den Prognosen Glauben schenken darf, und es gibt da einhellige Meinung in der Europäischen Union und unter den Finanzministern, wird das Jahr 2010 ein ganz ent­scheidendes Jahr: schaffen wir dort neben dem flachen Aufschwung, der prognostiziert worden ist, wirklich nachhaltige Trends, um 2011/2012 und in weiterer Folge wieder Wachstum zu haben, dass auch die Arbeitslosigkeit zurückgeht? –, wir werden uns also im Jahr 2010 die Zeit nehmen, alle Systeme zu durchforsten.

Ich bin ganz überrascht davon, dass ein Abgeordneter der Grünen von der Kürzung der Sozialtransfers redet. Also das steht bei mir nicht ganz oben auf der Agenda. Im Gegenteil! Es geht um die Frage, wie der Staat effizienter organisiert werden kann, wie


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wir die Systeme – Pension, Gesundheit und andere – effizienter, klarer strukturiert und damit auch auf der Ausgabenseite positiver für den Staatshaushalt organisieren.

Dann werden wir die Diskussionen in einem klugen Mix auch im Parlament führen. Da kommt die Stunde der Wahrheit. Ich habe bereits viele Punkte angesprochen. Das wird im Laufe des Jahres 2010 zu diskutieren sein. Und die Wirksamkeit der ersten Maß­nahmen wird aus meiner Sicht 2011 dann vollinhaltlich auch gelten müssen, um Zukunftsfähigkeit für Österreich wiederherzustellen, die Spielräume in der Finanzierung wieder zu vergrößern und auch den Politikspielraum wiederherzustellen.

Die Schuldenentwicklung ist beängstigend – nicht nur in Österreich, sondern vor allem auch in Europa. Frankreich hat 8 Prozent, 8,9 oder 9 Prozent Defizit heuer und nächstes Jahr. Wir haben 3,9 und 4,7 Prozent. Wir brauchen eine Exit-Strategie für Europa und für Österreich. Wir liegen aber besser, weil wir die letzten Jahre sehr intensiv einen Österreichvorsprung erarbeitet haben, den wir bis heute halten können. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister, wenn wir es jetzt gemeinsam geschafft haben, herauszuarbeiten, dass Kürzungen von Sozialtransfers nicht anstehen, so hat sich diese Fragestunde ja schon hoch rentiert. Ich komme aber auf Ihr Berechnungsmodell zurück, das eine relative Schleierkonstruktion bleibt.

Bei der Verwaltungsreform gibt es etwas Positives zu vermelden. Da arbeiten jetzt ja fünf Parteien daran. Sie wissen, unser Angebot steht. Sie wird aber vermutlich gerade am Anfang nicht so viel bringen können, dass man nennenswerte Beiträge erwarten kann. Das lässt sich schon dadurch erkennen, dass man etwa bei der Schulreform, bei der Umstellung des Besoldungsrechts für LehrerInnen am Anfang höhere Gehälter zahlen muss, um sie später flacher steigen zu lassen. Was heißt denn das? – Das kostet halt am Anfang mehr. Also diese Verwaltungsreformen bringen das nicht.

Ich frage Sie noch einmal – keine Sozialtransferkürzungen: super! –: Wie viel soll die Verwaltungsreform bringen, damit wir dann darauf verzichten können, Mehrwertsteuern zu erhöhen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Was die Frage der Verwaltungsreform betrifft, bin ich froh, dass das österreichische Parlament – im Aus­schuss auch alle fünf Parteien gemeinsam, das halte ich für wichtig – diese Punkte angeht. Wir haben Pakete in Verhandlung gegeben. Bildung ist das erste, es kommen andere an die Reihe, wo wir die Themen gemeinsam mit Bund, Ländern und Gemein­den auch auf den Tisch legen werden.

Ich bin optimistisch, dass wir aufgrund des faktischen Drucks – Steuereinnahmen brechen nicht nur mir als Finanzminister weg, sondern auch den Ländern und Gemeinden – stärker in die Rolle gedrängt werden, gemeinsam in die Rolle gedrängt werden, effizientere Strukturen auf den Weg zu bringen. Ich will hier bewusst keine Summe nennen, weil der Rechnungshof die Summe in seinen Möglichkeiten bewertet hat. Sie wissen, wie hoch die Summe ist. Und ich schließe mich hinsichtlich des Potenzials den Ausführungen des Herrn Rechnungshofpräsidenten Moser durchaus an.

Das ist eine große Anstrengung. Ich sage auch dazu, wir sollten nicht den Eindruck erwecken, dass wir 2011 von dem Schuldenstand, der dann möglicherweise über 70, 78 Prozent liegen wird, innerhalb eines Jahres wieder unter 60 Prozent zurückkom-


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men. Die Defizite zu reduzieren, ist unser vorrangiges Ziel. Aber der Schuldenabbau – wir sind Schulden mit schnell steigender Höhe eingegangen – ist eine Aufgabe der mittelfristigen Rückführung. Das heißt, wer glaubt, wir kommen vom Schuldenstand so schnell wieder herunter, wie wir ihn aufgrund der Krise und Finanzsituation eingehen mussten, dem sage ich ganz ehrlich: Das wird so nicht sein, aber wir werden ambitioniert an die Sache herangehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Themessl, bitte.

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Offensichtlich haben Sie die Fragen des Herrn Mag. Kogler nicht beantwortet. Tat­sache ist: Die Staats- und Verwaltungsreform sollte laut Rechnungshof 2 bis 3 Milliar­den € an Einsparungspotenzial bringen. Ihr ÖVP-Landeshauptmann Herbert Saus­gruber bezweifelt das, spricht von minimalen Einsparungen. Das heißt, um das Budget, das aus dem Ruder läuft, wirklich sanieren oder in den nächsten Jahren berichtigen zu können, braucht es zusätzliche Einnahmen, wenn es nicht möglich ist, auf der Aus­gaben­seite einzusparen.

Deswegen stelle ich die Frage, die Herr Mag. Kogler gestellt hat, an Sie noch einmal: Schließen Sie eine Erhöhung der Umsatzsteuer in dieser Legislaturperiode aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter, es ist spannend, hier mitzubekommen, dass sich vor allem Abgeordnete der Op­position ständig nach Steuererhöhungen sehnen. Ich tue das nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Themessl: Ich frage Sie!)

Wir müssen ausgabenseitig den Schwerpunkt setzen. Wer heute Steuererhöhungen aktiv diskutiert, der schadet dem Aufschwung, der verhindert die Strukturänderung in dieser Republik und nimmt den Druck von der Verwaltungsreform. (Die Abgeordneten Mag. Stefan und Kickl: Antworten! Antworten!) Ausgabenseitige Konsolidierung ist mein Ziel. Und deswegen gibt es auch keinen Anlass, so, wie Sie das wünschen, über die Erhöhung der Umsatzsteuer nachzudenken. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Silhavy, bitte.

 


Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die klare Antwort, die hier abverlangt wird, nämlich ein Ja oder Nein, sind Sie uns schuldig geblieben. Ich kann vorwegnehmen, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten gegen eine Erhöhung der Umsatzsteuer sind, weil sie alle trifft. Sie trifft die Pensionistin genauso wie die kinderreiche Familie. Bei einem Kilo Brot um 3,30 € sind 30 Cent Umsatzsteuer zu zahlen, bei einem Liter Milch sind es 10 Prozent. Und wenn wir jetzt, wo es kalt ist, Winterjacken für die Kinder brauchen, weil sie aus den alten schon herausgewachsen sind, zahlen wir 20 Prozent dafür. Das heißt, unabhängig davon, ob ich viel oder wenig Einkommen habe, ich habe diese Steuer zu zahlen.

Wenn wir vom Arbeitsstandort Österreich sprechen, dann frage ich, warum jemand, wenn er Wertpapiere kauft, in Österreich dafür keine Mehrwertsteuer zahlt. Daher meine Frage: Denken Sie im Sinne von mehr Gerechtigkeit, von mehr Fairness auch daran, eine Börsenumsatzsteuer in Österreich wieder einzuführen? Wäre das nicht fair, gerecht und gerechtfertigt gegenüber den Menschen und gegenüber dem Arbeitsstandort Österreich? (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Frau Abgeordnete, Sie haben jetzt einen spannenden Bogen geschafft, nämlich mich zu fragen, was ge-


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recht und fair ist, und dann zu sagen, wenn etwas alle trifft, sei es ungerecht. Ist das die neue Definition von Solidarität und Ausgleich? Also ein spannender politischer Bogen an dieser Stelle – ich muss das ganz deutlich sagen.

Deswegen reden wir nicht nur über Verteilungsgerechtigkeit – viele Leute schauen heute auch zu –, sondern über Leistungsgerechtigkeit jenen Menschen gegenüber, die täglich das System am Laufen halten, die durch ihre Arbeit ins System einzahlen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Beide Dinge gehören bewertet: Verteilungsgerechtigkeit, aber auch Leistungsgerech­tig­keit. Und deswegen sage ich Ihnen: Auch bei mir stehen Steuererhöhungen nicht an erster Stelle. Überhaupt nicht! Es gibt keinen Beweggrund, in diese Richtung nach­zudenken. Wir werden in der Bundesregierung gemeinsam – in Alternativen –, vor allem ausgabenseitig, die richtigen Antworten zu geben haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Steindl, bitte.

 


Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler, Sie haben ja heute schon auf die Bedeutung der Abgabenquote hingewiesen. Wir wissen, dass eine international wettbewerbsfähige Abgabenquote die beste Grundlage für Wachstum und Beschäftigung ist. Ich glaube, Sie wissen sicher, wie hoch die Abgabenbelastung ist. Wenn beispielweise ein Masseur oder Tischlermeister einem Privatkunden 70 € pro Stunde in Rechnung stellt, wie hoch ist dann die Sozialversicherung, wie hoch ist die Umsatzsteuer und wie hoch ist die Einkommensteuer?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wenn wir dieses Beispiel nehmen, knüpfen wir an die vorherige Debatte betreffend Leistungs­gerech­tigkeit an. Wenn wir 70 € Stundenlohn sagen, dann gehen wir von einer Umsatzsteuer von 11,60 € aus, dann gehen wir von einer Sozialabgabenleistung von zirka 15 € aus und dann gehen wir von einer Einkommensteuer zwischen 20 und 30 € aus. Dann bleiben – sage und schreibe! – von 70 € zirka 20 € übrig. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ein Wahnsinn! – Abg. Steindl: Nicht sehr viel!)

Das ist die Realität in diesem Land. Deswegen habe ich ja auch darauf hingewiesen, dass viele Menschen, die täglich arbeiten gehen, in dieser Frage an der Grenze ihrer Belastung sind, weil sie mit diesem Geld die Verteilungslast aller tragen. Und das muss man ansprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Da geht es darum, dass wir jetzt auch darüber nachdenken, wie wir diese Finanz­ströme transparent machen können, um diese Dinge zu diskutieren. Wie steht die Aufsplittung da? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Abgeordneter Matz­netter, das ist eine spannende Frage, ich habe das heute den Medien entnommen. Ich habe als Landwirtschaftsminister auf Druck der SPÖ natürlich die Transparenz bei den Bauern auf Punkt und Beistrich hergestellt. Das war selbstverständlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn es aber um Sozialtransfers geht, wo ich nicht einmal will, dass das alle sehen können, sondern nur jeder für sich selbst das sieht, wo es hingehen soll, dann gibt es auf einmal ein politisches Problem. Deswegen gehören diese Daten betreffend Ver­teilungsgerechtigkeit auf den Tisch. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Finanzminister! Bezüglich der Dis­kussion um die Finanztransfers wird das BZÖ heute in einem Dringlichen Antrag die


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Nagelprobe mit Ihnen machen. Ich hoffe, dass auch Ihre Fraktion mit dem, was Sie dargestellt haben, konform geht und wir das heute beschließen können.

Sie haben gesagt, man solle nicht über Steuererhöhungen nachdenken, das schade der Wirtschaft und der Konjunktur. Da gebe ich Ihnen recht. Ich verstehe nur nicht, warum gerade von den Regierungsparteien immer wieder diese Überlegungen zur Finanzierung der Konjunkturpakete angestellt werden. Wir wollen in Zukunft eine Senkung der Steuern, etwa über die Einführung einer Flat-Tax, und dass der Finan­zierungsbedarf für die Konjunkturpakete ausschließlich durch eine Verwaltungsreform, durch Einsparungen – ohne Leistungsverluste – im Gesundheitsbereich et cetera hereinkommt.

Deshalb noch einmal meine Frage: Sind Sie bereit und können Sie garantieren, dass das auch aus Ihrer Sicht so sein wird, dass wir diese Einsparungspotenziale aus­schöpfen können und dass es keine weiteren Belastungen der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen und der Österreicherinnen und Österreicher in dieser Legislatur­periode durch Steuererhöhungen geben wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Vizekanzler.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zum Ersten, Herr Abgeordneter Scheibner, herzlichen Dank dafür, dass Sie sich mit einem wichtigen Thema der ÖVP so intensiv auseinandersetzen, nämlich mit dem Transferkonto der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass Sie unsere Ideen aufgreifen. Wir werden uns heute am Nachmittag auch damit auseinandersetzen, welchen Vorlauf und welche Detaildebatte wir dazu brauchen. Ho-ruck-Aktionen aus politischen Gründen haben da nichts verloren (Abg. Ing. Westenthaler: Der erste Rückzug!), sondern wir müssen, ordentlich vorbereitet im Finanzministerium, gemeinsam mit dem Koalitionspartner daran arbeiten, die Details herauszuschälen. Da geht es um viele Fragen.

Das politische Thema ist gesetzt – es wird von uns konsequent verfolgt, davon können Sie ausgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 42/M. (Abg. Scheibner: Frau Präsidentin, der Herr Minister möchte die Frage noch beantworten! Sie haben ihn unterbrochen!) – Herr Vizekanzler, habe ich Sie wirklich unterbrochen? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Ich kann gerne noch etwas sagen, wenn Sie das wünschen!) – Nein, ich habe ihn nicht unterbrochen.

Wir gelangen zur Anfrage 42/M der Frau Abgeordneten Mag. Rudas. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, unter Ihrem Vorvorgänger Karl-Heinz Grasser – ein Schüssel-Liebkind – wurde die Veranlagungsrichtlinie inso­fern geändert, als Steuergelder auch risikoreich, in hoch spekulativen Risikogruppen veranlagt werden können. Das heißt, der Staat konnte risikoreich spekulieren. Unter Ex-Finanzminister Molterer ist das dann ziemlich schiefgegangen, es wurden Millionen an Steuergeldern verspekuliert.

Meine Frage:

42/M

„Wie hoch ist das aktuelle Risikopotenzial der ÖBFA aus ihren Veranlagungen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 42

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Die Österreichi­sche Bundesfinanzierungsagentur fährt eine sehr konservative Veranlagungsstrategie. Ich nenne Ihnen heute auch die Zahlen, weil Sie immer mit Spekulation und anderen Themen kommen.

Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur hat im Gegenzug zu den zehn Jahren unter sozialdemokratischen Finanzministern der neunziger Jahre, ab 2000 Gewinne geschrieben (Beifall bei der ÖVP) – trotz Risikos, das derzeit eingestellt ist. Das ist der Unterschied in der Finanz- und Wirtschaftspolitik dieses Landes.

Wenn Sie dann auch sehen, dass wir insgesamt einen Vorteil für den Steuerzahler ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Kein Grund, nervös zu werden! Ich zeige die Daten auf, damit die Zuseher auch sehen, wie sich die Geschäfte entwickelt haben.

300 Millionen € haben die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler pro­fitiert von den Geschäften der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur und deren Veranlagung – trotz des Risikos von 380 Millionen €. Das heißt, wir haben jedenfalls einen Gewinn, und wenn das Risiko nicht schlagend wird, das sich auch nicht verändert hat, sondern stabiler geworden ist, sogar besser wird, kommen noch Gewinne dazu.

Das ist das Zahlenmaterial, das wir aus der Österreichischen Bundesfinanzierungs­agentur – vom Rechnungshof unterstützt und gestützt – heute hier auch vorlegen können. Es war ein Geschäft für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! (Beifall bei der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 43

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Rudas? – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Ich versuche es noch einmal mit derselben Frage – zumindest geht die Zusatzfrage in dieselbe Richtung –, da ich keine Antwort bekommen habe.

Der Rechnungshof hat die Spekulationen der ÖBFA kritisiert – zu Recht! –, deshalb gab es einen Spekulationsgipfel, bei dem Sie, Herr Finanzminister, sich selbst ver­pflichtet haben, das aktuelle Risikopotenzial der ÖBFA im Rahmen einer Art Zwi­schenabschlussbilanz zum 30. Juni schnellstmöglich vorzulegen. Das ist jetzt zehn Wochen her, und ich würde meinen, der Begriff „schnellstmöglich“ ist mit zehn Wochen durchaus definierbar.

Deshalb frage ich Sie noch einmal: Wann bekommen wir einen Zwischenabschluss? Haben Sie einen Zwischenabschluss? Wann werden die Steuerzahler über das aktuelle Risikopotenzial der ÖBFA endlich informiert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Der Rechnungshof hat das Risikopotenzial mit 380 Millionen € ausgewiesen. Wir haben bei dem Gipfel darüber gesprochen – das ist richtig –, ob man noch einmal schauen kann, ob darüber hinaus Potenziale da sind, die Risiko bedeuten. Wir haben dann versucht – das war damals der Wunsch auch von der SPÖ und war sehr konsensual beim Gipfel –, dass Wirtschaftsprüfer die entsprechenden Prüfungen vornehmen. Das ist nicht gelungen, ist nicht möglich für Wirtschaftsprüfer, deswegen habe ich jetzt persönlich auch den Rechnungshofpräsidenten gebeten, über den Rechnungshof noch einmal, abseits der 380 Millionen € an bekanntem Risiko, den Rest der Vorwürfe, der Unterstellungen, die aus meiner Sicht nicht eintreten werden, auf Punkt und Beistrich zu prüfen, um Klarheit zu haben. Diese Prüfung wird vorgenommen und wird dargestellt – dem Hohen Haus und der Öffentlichkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schittenhelm.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Herr Bundesminister, alles hat natürlich zwei oder mehrere Seiten, so auch die Bundesfinanzierungsagentur.

Ich darf die konkrete Frage stellen: Welchen Nutzen konnte der Bund bislang aus den Veranlagungen der Bundesfinanzierungsagentur ziehen beziehungsweise lukrieren? – Sie haben das schon angesprochen, vielleicht können wir das noch im Detail hören.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben in den letzten zirka 15 Jahren aus den Veranlagungen und aus der Strategie der Bun­desfinanzierungsagentur für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler insgesamt einen Vorteil von 6,1 Milliarden € erwirtschaft. Das sind 2,1 Prozent des Bruttoinlands­pro­duktes 2008. – Eine Zahl, die sich sehen lassen kann! Wenn alle so wirtschaften würden – ich nenne nur Kommunalkredit und andere –, dann hätten wir heute kein Problem im Bereich dieser Sektoren. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeord­neter Dr. Strutz.

 


Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Vizekanzler, Sie haben in Ihrer Beant­wortung von Gewinnen gesprochen, die die Agentur erwirtschaftet hat. Das ist grund­sätzlich positiv. Nun wissen wir aber, dass es bei Spekulationen und bei Veranlagun­gen im Bankgeschäft üblich ist, auch Bonuszahlungen und Provisionen auszuschütten.

Ich frage Sie daher konkret: Wie viele Bonuszahlungen sind an Mitarbeiter der Öster­reichischen Bundesfinanzierungsagentur und wie viele Provisionszahlungen sind an externe Stellen in den Jahren 2007 und 2008 geflossen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zum Ersten: Ich werde in Kürze den Bericht aus der Bundesfinanzierungsagentur, den unabhängigen Expertenbericht – Dr. Pichler war Chefvorsitzender dieser Gruppe, die wir beauftragt haben – vorstellen: Was ist zu tun für die zukünftige Veranlagung von öffentlichen Geldern? Was sollen die Leitlinien für die Zukunft sein? – In den nächsten Tagen werde ich diesen Bericht übermittelt bekommen und, wenn er fertig ist, auch der Öffentlichkeit präsentieren. Dann wird ersichtlich sein, was geschehen ist, was in der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur richtig gelaufen ist und was man verbessern kann für die zukünftige Veranlagung – Bund, Länder und Gemeinden; als Vorschlag auch für die anderen Gebietskörperschaften.

Hinsichtlich der Bonuszahlungen 2007/2008 kann ich Ihnen hier jetzt keine Auskünfte geben. Meinem Informationsstand zufolge hat es keine gegeben, aber ich werde Ihnen die Details natürlich gerne schriftlich übermitteln. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Strutz: Danke!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Finanzminister, ich kann nicht umhin, noch einmal festzustellen, dass das hier eine Fragestunde des Parlaments ist und keine Verdrehungsstunde des Ministers. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Herr Abgeordneter Themessl hat Sie gefragt, ob Sie Umsatzsteuererhöhungen aus­schließen, und Sie haben nicht nur die Frage nicht beantwortet, sondern Sie haben ihm auch noch unterstellt, er würde Mehrwertsteuererhöhungen fordern. – Das ist ein


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Missbrauch der Fragestunde, und wir werden das in der Präsidiale zur Sprache bringen. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben bis jetzt keine Frage beantwortet, und die Frau Präsidentin schaut zu!)

Zur Bundesfinanzierungsagentur. – Ich tendiere nicht in Richtung der Anfragestellerin Rudas, dass Ex-Bundesminister Molterer hier ständig in die Ziehung genommen wird. Mir ist das wichtig, denn wir hier im Haus wissen noch gar nicht – noch nicht, weil wir ihn ja auch noch nicht befragen konnten –, wann er was erfahren hat. Fest steht, dass er diesbezüglich etwas geerbt hat von seinem Vorgänger. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Rufe bei der ÖVP: Frage! Frage!)

Fest steht – ja, ich frage ihn schon –, dass er hier de facto immer wieder beschuldigt wird, obwohl das eigentlich niemand wissen kann. Sie frage ich (neuerliche Rufe bei der ÖVP: Frage!) ... – Ich habe ihn ja verteidigt, wenn Ihnen das recht ist.

Ich habe an Sie die Frage, wie Sie dazu kommen, den Rechnungshof hier herein­zuholen zur Weißwaschung, weil die Fragestellung 

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, so geht es nicht! – Bitte, die Frage! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ich frage, wie Sie zu dieser Weiß­waschung kommen, weil der Rechnungshof nämlich die Zahlen in Bezug auf alter­native Veranlagungen, wo man vielleicht mit weniger Risiko viel mehr hätte heraus­holen können, noch gar nicht vorgelegt hat. Das werden wir erst machen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Kogler, ich versuche – und habe das auch getan! – seit einer Stunde, die Fragen zu beantworten; nichts zu verdrehen, sondern klar und deutlich zu antworten auf die Fragen, die die Abgeordneten mir gestellt haben.

Nun zu Ihrer Frage bezüglich Rechnungshof. – Es war der Wunsch des Koalitions­partners – das auch berechtigt –, nicht nur die Frage des erkennbaren und ausge­wiesenen Risikos durch den Rechnungshof zu bewerten, sondern noch einmal zu evaluieren, ob der Rechnungshof allumfassend alle Veranlagungen der Bundesfinan­zie­rungsagentur geprüft hat oder gesagt hat, Teile davon sind nicht im Risiko, werden deswegen auch nicht bewertet, Risikoteile werden herausgenommen, und dann gibt es den Rechnungshofbericht.

Deshalb habe ich darum gebeten, dass wir hier in aller Deutlichkeit alles, was mög­licherweise an Verdächtigungen da ist, aus dem Weg zu räumen haben. Nicht mehr und nicht weniger! Ich glaube, der Rechnungshof als Organ des Parlaments ist auch jene Stelle, der wir hier am stärksten, am besten vertrauen können. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haider.

 


Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, ich bin nicht so fein wie Kollege Kogler, und ich sage Ihnen: Ich finde, es ist eine Zumu­tung, wie Sie hier bei Anfragen von diversen Abgeordneten wirklich mit Unterstellungen arbeiten und einzelnen Abgeordneten das Wort im Mund verdrehen. Das ist nicht Ihre Aufgabe! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Herr Bundesminister, zur Bundesfinanzierungsagentur. – Der Rechnungshof hat kriti­siert, dass unter anderem in Tag- und Termingeld, aber auch in sogenannte Asset-backed Commercial Papers investiert wurde; das sind eine Form von Geldmarktpapie-


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ren wie Schuldverschreibungen und dergleichen. Darin hat auch die BAWAG in der Karibik investiert, und wozu das geführt hat, wissen wir ja.

Da diese Veranlagungen im Jahr 2007 von 40 auf 62 Prozent gestiegen sind, nun die Frage: Zu wie viel Prozent ist in diesen Asset-backed Commercial Papers noch immer veranlagt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, auch für Sie gilt – ich sage es noch einmal –, dass ich die Fragestunde als Zusammenspiel von Fragen der Abgeordneten und Antworten des Ministers ver­stehe, und so wie es Ihnen unbenommen ist, mich zu fragen, was Sie wollen, ist es mir unbenommen, Statements und Beantwortungen abzugeben, die ich seit einer Stunde sehr deutlich gegeben habe. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Aber keine pole­mischen Antworten!) Die Fragestunde ist keine Einbahnstraße, sondern ein tolles Instrument für das Frage-Antwort-Spiel. (Abg. Mag. Stadler: Ermahnen Sie den Herrn Vizekanzler einmal, Frau Präsidentin!)

Zur Frage der Asset-backed securities, beziehungsweise was immer Sie hier aufge­zählt haben, kann ich Ihnen nicht ad hoc das Zahlenmaterial liefern. Ich werde auch Ihnen diese Frage natürlich gerne schriftlich beantworten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 37/M der Frau Abgeordneten Tamandl. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Wenn das so weitergeht, gibt es eine Reihe von Geschäftsordnungswortmeldungen! – Abg. Ing. Westenthaler: Die Selbstdarstellung hat eh schon im Finanzministerium stattgefunden!)

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Finanzminister! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie wissen das ganz genau, dass ein Regierungsmitglied keine Polemik gegen Abgeordnete, auch nicht in der Fragestunde ...! – Abg. Mag. Stadler: Frau Präsidentin, drehen Sie doch das Mikrophon ab! Sie haben das Mikrophon dort oben!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren Abgeordneten, es ist immer in der Bewertung aller gelegen, wie Beantwortungen der Regierungsmitglieder gesehen werden. Ich als Präsidentin kann hier nicht eingreifen, das wissen Sie ganz genau!

Was die Polemik von der Regierungsbank aus betrifft, so ist das Usus – da gebe ich Ihnen recht! Aber auch dagegen gibt es keine geschäftsordnungsmäßigen Mittel. – Bitte, Frau Abgeordnete! (Zwischenrufe beim BZÖ.)

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (fortsetzend): Vielleicht würden Sie mich jetzt auch meine Frage stellen lassen! – Ich habe Sie auch nicht unterbrochen.

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Europa setzt große Schwerpunkte in Terrorismus- und Schwarzgeldbekämpfung. Auch Österreich hat natürlich seinen Beitrag zu leisten. Geldwäsche muss verhindert werden, das ist ganz klar.

Herr Finanzminister, wären wir auf der Liste der Steueroasen geblieben, hätte das verheerende Auswirkungen für unseren Wirtschaftsstandort, aber natürlich auch für unseren Arbeitsplatzstandort gehabt.

Meine Frage, Herr Finanzminister:


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37/M

„Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand des Amtshilfedurchführungsgesetzes, wodurch es aufgrund der 4-Parteien-Einigung gelungen ist, schwerwiegende wirtschaftliche Schäden von Österreich abzuwenden?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es war ohne Zwei­fel eine große Herausforderung, OECD-Standards umzusetzen. Wir haben in diesem Hohen Haus mit einer Zweidrittelmehrheit die richtigen Schritte gesetzt. Wir sind damit von der Grauen Liste heruntergekommen.

Die Graue Liste hätte für uns in weiterer Folge bedeutet, dass natürlich der Finanz- und Wirtschaftsstandort Österreich in der internationalen Bewertung Schwierigkeiten be­kommen hätte. Deswegen ist es ein sehr gutes Ergebnis, dass wir hier im Hohen Haus mit Zweidrittelmehrheit die Frage der Doppelbesteuerungsabkommen und damit die Umsetzung bezüglich Artikel 26 OECD gemeinsam organisiert haben. Das ist sicher der richtige Weg gewesen und hilft dem Wirtschafts- und Finanzstandort Österreich.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Tamandl, bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Was wird dieses von Ihnen angekündigte Transparenzpaket in diesem Zusammenhang bringen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es liegen über die Frage des Bankgeheimnisses hinaus mit dem Bericht der FATF Richtung Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung Aufgaben vor uns, die es zu erfüllen gibt.

Es werden zehn Punkte sein, die im Wesentlichen dieses Transparenzpaket aus­machen. Eigengeldwäsche soll ein eigener Straftatbestand werden, Trennung von Geldwäsche, Verdachtsmeldung und Strafverfahren, Ausweitung der Verdachtsmel­dun­gen, mehr Kompetenzen der FMA in diesem Bereich – wichtig auch im inter­nationalen Ranking –, mehr Kompetenzen für Geldwäschemeldestelle, klare Befug­nisse für die Beauftragten, Transparenz bei Aktiengesellschaften verbessern und bei Privatstiftungen – eine wichtige Ansage auch Richtung FATF-Bericht –, Verschärfung beim Einfrieren von Vermögenswerten und mehr Kontrolle beim österreichischen Glücksspiel. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Tamandl: Danke, Herr Finanzminister!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Finanzminister, ich denke, die Chance zur Selbstdarstellung haben Sie vor einigen Tagen in Ihrem Finanz­minis­terium gehabt. Hier ist das Hohe Haus, und Sie sind dazu da, die Fragen der Abge­ordneten zu beantworten, und nicht, zu polemisieren. Das soll auch einmal deutlich gesagt werden. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Finanzminister, Sie haben der Öffentlichkeit und auch hier im Hohen Haus, nämlich beim Beschluss des Amtshilfe-Durchführungsgesetzes – das der erste Schritt zur Aufweichung des Bankgeheimnisses war –, versprochen, dass es zu keinerlei weiteren Aufweichungen das Bankgeheimnisses kommen wird. Nun erfahren wir, dass die Europäische Union einen zweiten und dritten Schritt bereits plant, nämlich beim automatischen Steuerabtausch, bei dem alle Kapitalerträge unaufgefordert bereits an die Wohnsitzfinanzämter weitergeleitet werden sollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 47

Außerdem erwähne ich die sogenannten Fishing Expeditions, das heißt, dass wahllos zugegriffen werden soll auf irgendwelche Konten und Konten auch geöffnet werden sollen, was zum endgültigen Ende des Bankgeheimnisses führen würde.

Meine Frage: Können Sie dem Hohen Haus und der Öffentlichkeit garantieren, dass Sie sich dafür einsetzen werden, dass es zu keinerlei weiteren Aufweichungen des Bankgeheimnisses kommen wird? Können Sie garantieren, dass Sie jetzt nicht nur einmal bei der Europäischen Union einen Beschluss verhindern, und auch für die Zukunft gewährleisten, dass es zu keiner Aufhebung des Bankgeheimnisses kommen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Westenthaler, noch einmal zurück zu Ihren Vorwürfen betreffend Polemik: Wenn ich hier in den Fragen konfrontiert werde mit Vorwürfen, Steuererhöher zu sein, Steuer­erhöhungen zu planen, wenn ich konfrontiert werde mit Spekulationsverdächtigungen, dann ist es mein gutes Recht, dazu auch Stellung zu beziehen. Nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus habe ich keine politischen Statements abgegeben. Ich habe mich gewehrt gegen das, was an Verdächtigungen da war, die nicht stimmen. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Sie haben am Montag, Dienstag die Dokumentation meines Verhaltens ja schwarz auf weiß gesehen. Ich habe in Luxemburg gemeinsam mit Luxemburg ein klares Zeichen gesetzt mit unserem Veto, dass es so nicht weitergehen kann, dass wir viele Fragen klären müssen. Wir brauchen ein einheitliches Spielfeld. Und mit den Vorschlägen, die jetzt seitens der Europäischen Kommission in den Verhandlungen mit Liechtenstein, mit anderen Ländern vorliegen, sehen wir keine Zukunftsmöglichkeit. Deswegen werden wir hier eine klare Linie halten. Wir werden uns bemühen, Kompromisse zu erzielen, die nicht zu Lasten des österreichischen Bankgeheimnisses gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen.

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Minister, es ist heute schon vorgekommen, dass Sie einem Abgeordneten, der eine Frage stellt, unterstellen, dass er gerade mit dieser Frage genau das will, was er Sie fragt. – Man darf Sie schon fragen, ob Sie Steuererhöhungen planen, ohne selbst der Meinung zu sein, dass der Abgeordnete diese Steuererhöhungen wünscht. – Also so ganz unschuldig ist das Lamm nicht.

Zum Amtshilfedurchführungsverfahren. – Es wurden Verhandlungen in diesem Zuge eingeleitet, auch mit einigen Kanalinseln, Jersey, Guernsey und so weiter. Es geht dabei aber nur um die Einkommensteuer. Auf diesen Kanalinseln, die ja nicht Teil der Europäischen Union sind, werden systematisch soziale Standards unterlaufen, weil unter anderem Beschäftigte, Angestellte nicht sozialversicherungspflichtig sind. Wird dieses Problem auch im ECOFIN eines Tages angegangen werden, oder beschränkt man sich nach wie vor auf Maßnahmen im Bereich der Doppelbesteuerung von Einkommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Die Frage der Kanalinseln, anderer Offshore-Destinationen in der Frage der Steuerehrlichkeit, auch Sozialdumping, andere Themen, sind genau jene Themen, die mich bewogen haben


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am Montag, Dienstag, darauf aufmerksam zu machen: Solange nicht geklärt ist, dass für alle ein einheitliches Spielfeld in der Europäischen Union und außerhalb hergestellt ist, können wir in diese Richtung, die die Europäische Union vorschlägt, nicht gehen.

Es geht um die Frage der Trusts, Mantelgesellschaften, darum, dass all diese Mög­lichkeiten, die rechtlich auf den Kanalinseln, anderswo, auch im UK gegeben sind, vom Tisch sein müssen. Es nützt uns nichts, wenn es Verträge mit Ländern gibt, die zwar alle Informationen hergeben, aber dann dazu sagen: Wir haben Konstrukte, rechtlich möglich in unserem Land, wo wir nichts wissen; Trusts, andere Themen.

Deswegen sind das Punkte, die wir zu diskutieren haben. Was die Doppelbesteue­rungsabkommen betrifft, hat Österreich natürlich mehr in der Hand, weil wir dort in der Vertragssituation das auch verlangen können. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Königs­hofer.

 


Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Vizekanzler! Im Zuge der Diskussion um die Aufweichung des Bankgeheimnisses haben Sie immer wieder hoch und heilig versprochen, dass dies für die Österreicher nicht der Fall sein wird. Jetzt sehen wir aber schon wieder die ersten Schritte auf europäischer Ebene. Sie haben gerade selbst gesagt, Sie waren dort und haben dem entgegengewirkt. Ich vertraue diesen Zusagen aber noch immer nicht, Herr Vizekanzler!

Deshalb meine Frage: Was werden Sie tun, wenn im Sinne des Gleichbehandlungs­grundsatzes der EU-Gerichtshof nach Anrufung zum Beispiel eines bundesdeutschen Staatsbürgers zur Auffassung kommt, dass die Aufhebung des Bankgeheimnisses auch für österreichische Staatsbürger eben im Zuge des Gleichbehandlungs­grund­satzes notwendig wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter, ich kann mich jetzt nicht mit hypothetischen Fragen, was wäre, wenn der Europäische Gerichtshof welchen Fall entscheidet, auseinandersetzen. Man muss sich die recht­lichen Vorgänge anschauen. Wir sind jedenfalls bei der Beschlussfassung hier im Par­la­ment seitens des Finanzministeriums, seitens der Experten genau davon ausge­gangen, dass wir rechtlich die Frage des Bankgeheimnisses für Österreicher abge­sichert haben und dass mehr Informationen für ausländische Mitbürger oder Bürger, die bei uns Geld zur Verwaltung lassen, gegeben werden.

Das heißt, wir haben sehr wohl auch diese Fragen der Grundsätze der Europäischen Union in unserer Gesetzgebung beachtet und hoffen und gehen davon aus, dass sie auch halten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Matznetter.

 


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Finanzminister, da das jetzt ein bisschen kontrovers war, will ich Ihnen die Chance geben, ein paar Dinge klarzustellen.

Abgeordneter Westenthaler und zuletzt auch der Kollege von der FPÖ haben die Frage angesprochen, ob das Bankgeheimnis durch das Verschulden dieser Bundesre­gie­rung – durch das Amtshilfe-Durchführungsgesetz oder weitere Maßnahmen – abge­schafft worden ist. Ich komme zurück auf die Situation, wie sie wirklich ist: Es gibt in der Europäischen Union eine Zinsbesteuerungsrichtlinie, nach der Österreich, Luxem­burg und Belgien so lange mit einer Quellensteuer arbeiten dürfen und nicht auto­matisch melden müssen, solange sich fünf Länder in Europa nicht den OECD-Standards unterwerfen und die USA kein gleichwertiges Verfahren haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 49

Meine Frage zielt auf die politische Verantwortung ab:

Ist es richtig, dass weder Sie als Finanzminister noch Ihren Vorgänger Willi Molterer, sondern Ihren Vorvorgänger Karl-Heinz Grasser, der von der FPÖ in die Regierung nomi­niert wurde, die Verantwortung trifft, durch seine Zustimmung zu dieser Zins­besteue­rungsrichtlinie im ECOFIN eine künftige endgültige Abschaffung des Bank­geheimnisses für EU-Bürger in Österreich ermöglicht zu haben? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Artikel 10!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wenn man die Geschichte der Zinsbesteuerungsrichtlinien der Europäischen Union kennt, dann weiß man, in welche Amtszeit die Beschlussfassung der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie fällt, nämlich in die Amtszeit von Karl-Heinz Grasser.

Es wurde dann beschlossen, dass die im Artikel 10 geregelte Frage hinsichtlich des automatischen Informationsaustausches für Luxemburg, Österreich und Belgien nicht gilt (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht gilt, Herr Kollege Matznetter!), solange Länder wie Liechtenstein, die Schweiz, Andorra, Monaco und auch die USA keine entsprechenden Verträge mit der Europäischen Union haben – ansonsten würde das auch für Österreich gelten. (Abg. Ing. Westenthaler: Na bitte! Na schau!)

Es ist also eine Beschlussfassung, die in der Amtszeit von Karl-Heinz Grasser einstim­mig in der Europäischen Union zu treffen war. Allerdings ist es ihm zu verdanken, dass diese Ausnahmeregelung überhaupt Eingang in die Beschlussfassung gefunden hat – das muss man auch dazusagen –, und zweitens, dass wir jetzt darum kämpfen, damit ordentlich umzugehen. (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Ing. Westenthaler: Wir haben eine Ausnahmeregelung verhandelt! Abgeblitzt, Matznetter! Eigentor!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es wurden alle Fragen und Zusatzfragen auf­gerufen. Ich beende damit die Fragestunde und bedanke mich beim Herrn Vizekanzler. (Beifall bei der ÖVP.)

10.22.28Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­gen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: Zurückziehung: 3358/J;

2. Anfragebeantwortungen: 2895/AB bis 2899/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG- Novelle 2009) (395 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (396 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 50

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 824/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz für „Whistleblower“ in der Privatwirtschaft;

Außenpolitischer Ausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (386 d.B.),

Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglau­bigung; Beitritt der Mongolei; Einspruch durch Österreich (392 d.B.);

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden (394 d.B.);

Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie:

Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungs­ge­setz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwalts­gesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (393 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 826/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Bisphenol A in Babyschnullern;

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 823/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Erstellung einer Burnout-Studie;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheits­polizei­gesetz geändert wird (367 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die polizeiliche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Polizeiamt (Europol) erlassen wird sowie das Polizeikooperationsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (391 d.B.);

Landesverteidigungsausschuss:

Antrag 822/A(E) der Abgeordneten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz für Alarmstarts durch den jeweiligen Verursacher;

Verfassungsausschuss:

Antrag 825/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutzmaßnahmen für „Whistleblower“ im Beamtendienstrecht,

Antrag 827/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer „Whistleblower“-Hotline bei der Volksanwaltschaft;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 51

Verkehrsausschuss:

Änderung des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) (366 d.B.).

*****

10.22.37Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 828/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend schnellstmögliche Umsetzung eines „Transferkontos“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

10.23.01Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2651/AB

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ferner teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beant­wortung 2651/AB der Anfrage 2773/J der Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Wassereintritt am 23. Juni 2009 und mutmaßliche Bau­mängel an der Albertina durch die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung eines Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Vorschlag gemäß § 49 Abs. 5 GOG und Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich schlage vor, die Tagesordnung um die Berichte des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Na­tionalrat Gerhard Köfer, 397 der Beilagen, sowie über das Ersuchen der Staatsanwalt­schaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber, 398 der Beilagen, mit Zweidrittelmehrheit gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung zu ergänzen und diese als Tagesordnungspunkte 25 und 26 in Verhandlung zu nehmen.

Dies setzt jedoch voraus, dass von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegen­ständlichen Ausschussberichte gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung abgesehen wird.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die der vorgeschlagenen Ergänzung der Tages­ord­nung sowie dem Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Somit ist die Tagesordnung ergänzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 52

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 5 und 6, 10 bis 15, 17 und 18 sowie 19 bis 21 der Tagesordnung je­weils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122 Minuten, Freiheitliche 108 Minuten sowie BZÖ und Grüne je 95 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehübertragung durch den ORF von 10.25 Uhr bis 13 Uhr wur­de folgende Redeordnung vereinbart: eine Runde mit je 10 Minuten, ein Regierungs­mitglied mit 10 Minuten, eine Runde mit je 5 Minuten, ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, dann eine Runde mit je 4 Minuten, eine weitere mit je 3 Minuten und noch einmal eine Redner- und Rednerinnenrunde mit je 3 Minuten.

Der den Vorsitz führende Präsident wird vor Beginn der letzten Runde nach Rück­sprache mit den Klubvorsitzenden die verbleibende Restredezeit für die fünf Fraktionen in der Weise verteilen, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach der Fern­sehübertragung aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.26.251. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen­vorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden, den

Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungs­geld­gesetz sowie den

Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes (362 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 53

2. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 224/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verlängerung der Karenz bis zum Ablauf des 3. Lebensjahres des Kindes (363 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 299/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuver­dienst­grenze beim Kinderbetreuungsgeld (364 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache mit einer 10-minütigen Rede­zeit. – Bitte.

 


10.27.34

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir dis­kutieren heute eine Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz. Es geht um die Einfüh­rung einer weiteren Auszahlungsvariante, und zwar von 1 000 € pro Monat, 12 plus 2 Monate, und außerdem soll eine einkommensabhängige Variante mit gleicher Dauer im Ausmaß von 1 000 bis 2 000 € eingeführt werden.

Das Kinderbetreuungsgeld, das zum Glück eingeführt wurde und nun vorhanden ist, ist eine gute und erfolgreiche Errungenschaft. Ich weiß, dass das noch unter dem Wider­stand der SPÖ zustande gekommen ist – daran sollte man nur erinnern. Es war ein anerkannter Meilenstein in der Familienpolitik, und es ist gut, dass es dieses Kinder­geld gibt, denn das Kindergeld ist ein Weg vom Familienlastenausgleich zum Familien­leistungsausgleich. Wir stehen daher positiv zu diesem Kinderbetreuungsgeld, denn erstmals wird die elterliche Betreuungs- und Erziehungsarbeit, die oftmals vor allen Dingen von Müttern erbracht wird, als Leistung anerkannt und finanziell zumindest teilweise abgegolten. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb war es auch konsequent, dass in den Erläuternden Bemerkungen bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes ganz bewusst formuliert wurde, dass es um die Anerkennung und die teilweise Abgeltung der Betreuungsleistung der Eltern beziehungsweise um eine teilweise Abgeltung der finanziellen Belastung durch die außerhäusliche Betreuung von Kindern geht, denn genau darum geht es.

Leider leben wir in einer Zeit, in der Leistungen, die nicht durch einen Lohnzettel be­wertet werden, oftmals nicht als Leistungen wahrgenommen werden, und genau das ist mitunter sehr negativ für Frauen, die dann zu wenig Versicherungszeiten zustande bringen. Es gibt viele Pensionistinnen in Österreich – nämlich über 300 000, 400 000 –, die mit einer Mindestpension ihr Dasein fristen müssen, was nicht unbedingt als sozial zu bezeichnen ist.

Von dieser groben Fehleinschätzung und Unterbewertung sind eben hauptsächlich Frauen in unserer Gesellschaft betroffen, denn Familienarbeit wird im Falle der Kinder­betreuung eben hauptsächlich von Frauen – Müttern – geleistet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 54

Im Falle der innerfamiliären Pflege ist es auch so, dass oftmals Frauen – als Töchter oder Schwiegertöchter – diese Leistungen erbringen, und die dürfen wir nicht im Regen stehen lassen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sollten diese Familienarbeit endlich auch wertschätzen und politisch alles unter­nehmen, damit diese Leistung auch honoriert wird.

Das Deutsche Statistische Bundesamt hat im Jahr 2001 den Wert der unbezahlten Leistungen, die in Privathaushalten erbracht werden, auf mindestens 820 Milliarden € oder knapp 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts berechnet. Auf unser Land und das Jahr 2008 umgerechnet würden diese unbezahlten Leistungen der österreichischen Privathaushalte einen Wert von ungefähr 110 Milliarden € ausmachen, das ist ein gigantischer Wert. Diese Leistungen werden aber nicht honoriert. Jeder Stau, bei dem die Motoren sinnlos laufen und Treibstoff verbrannt wird, erhöht das Brutto­inlands­produkt, aber Familienarbeit im Ausmaß von über 100 Milliarden € nicht.

Da muss in unserer Gesellschaft dringend umgedacht werden. Es muss ent­sprechen­de Anerkennungen geben, damit die Leistungen jener Menschen auch honoriert werden, denn sonst werden sie diese über kurz oder lang einstellen – und das wäre eine Katastrophe für unsere Gesellschaft und für unsere familienpolitische Entwicklung! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Anstieg der Kinderlosigkeit in unserer Gesellschaft ist ja ein erstes dramatisches Zeichen – und das nicht erst seit heute: Seit über drei Jahrzehnten geht es bergab, der letzte positive, starke Geburtenjahrgang war 1969! Wo waren denn die verant­wort­lichen Politiker in den letzten Jahrzehnten, die doch einmal darüber nachdenken hätten müssen, wie es zu dieser dramatischen Kinderlosigkeit in unserer Gesellschaft kommt und wie wir dieser dramatischen Demographieentwicklung gegensteuern können?

Wie können wir unsere österreichischen Familien stärken und stützen, damit sie sich wieder mehr Kinder leisten können und Kinder und Familie mit der Arbeit wieder in Einklang zu bringen sind? – Darüber müssen wir nachdenken, denn Kinder sind unsere Zukunft. Diesen Satz hören wir in diesen „heiligen Hallen“ sehr oft, aber ihn nur auszusprechen und als Floskel zu verwenden ist zu wenig; es muss rasch etwas geschehen. Wir brauchen eine familienpolitische Umkehr in unserer Gesellschaft, hin zu einer geburtenorientierten Familienpolitik, hin zu einer familienorientierten Wirt­schaftspolitik und nicht zu einer wirtschaftsorientierten Familienpolitik! (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das erleben wir ja auch mit dieser Novelle. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist wichtig, und es wird sehr viel für jene getan, die schon früh nach der Geburt ihres Kindes wieder in die Erwerbstätigkeit zurückgehen. Wir dürfen jedoch nicht, wie es in unserer Gesellschaft zum Teil geschieht, jene vergessen, die länger freiwillig bei ihren Kindern bleiben wollen. Da muss, glaube ich, angesetzt werden, denn je früher der Wiedereinstieg in den Beruf erfolgt, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines zweiten oder dritten Kindes. Und Fakt ist, dass wir genau das er­leben.

Österreich ist heute schon jenes Land in Europa, in dem – neben Italien – der Kinder­wunsch am geringsten ist. Wir haben in unserer Gesellschaft auch den höchsten Anteil an wunschgemäß kinderlosen Frauen. Die Gründe dafür liegen natürlich auch im Wunsch nach einer Karriere, im Wirtschaftsdenken und in eingeschränkten Möglich­keiten in unserer Gesellschaft.

Uns Freiheitlichen sind diese Entwicklungen nicht gleichgültig, denn ohne Kinder gibt es für unsere Gesellschaft und unseren Staat keine Zukunft, und da kann auch – schon rein rechnerisch – der Generationenvertrag nicht aufrechterhalten werden. Wenn es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 55

immer weniger Kinder in unserer Gesellschaft gibt, wird es gar nicht mehr möglich sein, diesen Generationenvertrag in einer überalterten Gesellschaft auf Dauer aufrecht­zuer­halten – und da tragen wir Verantwortung. Das heißt, dass wir gegensteuern und mehr familienpolitische Akzente setzen müssen.

Daher setzen wir uns auch so für ein Familiensteuersplitting, für ein Erziehungsgehalt für österreichische Familien, für eine Bevorzugung von Eltern auf dem Arbeitsmarkt und für eine gerechte pensionsrechtliche Bewertung von Kindererziehungszeiten ein. Mütter sind im Pensionssystem vorrangig zu berücksichtigen. Es sind nämlich die Kin­der dieser Mütter, die die zukünftigen Pensionsbeiträge leisten, und auch das sollten wir einmal wertschätzen – die Kinder, die dieses System später überhaupt aufrecht­erhalten! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe eingangs davon gesprochen, dass das Kinderbetreuungsgeld ursprünglich eine Anerkennung der Betreuungs- und Erziehungsleistung der Eltern darstellte. Von dieser wichtigen Anerkennung entfernen wir uns leider Gottes mit jeder Novelle weiter – auch mit jener, die von Rot und Schwarz heute hier beschlossen wird. Wa­rum? – Durch die Einführung von immer kürzer werdenden Varianten wird die Bewer­tung der Betreuungs- und Erziehungsarbeit vom Zeitpunkt des geplanten Wiederein­stiegs in den Beruf abhängig gemacht. Die Betreuungsleistungen einer Mutter, die ihr Kind bereits nach einem Jahr in einer Betreuungseinrichtung unterbringen will, um wieder zu arbeiten, wird von nun an mit 1000 € pro Monat bewertet. Die gleiche Leistung einer Mutter, die längere Zeit für ihr Kind da sein will, wird pro Monat mit nur 436 € bewertet. (Abg. Steibl: Aber dafür länger! Rufe bei der FPÖ: Unglaublich! Abg. Dr. Rosenkranz: Ein Skandal! Ruf bei der ÖVP: Hören Sie doch auf!)

Das heißt, dass die gleiche Leistung für diese Familie – für den Elternteil, der länger bei seinen Kindern bleiben will – mit nur 436 € pro Monat bewertet wird, während die andere Leistung mit 1 000 € pro Monat bewertet wird. Ein Kinderkrippenplatz kostet zwischen 1 500 € und 2 000 € pro Monat und ein Kindergartenplatz etwa die Hälfte –damit man Vergleichswerte dazu hat, wie minimal Sie diese Leistung auf der einen Seite, aber auf der anderen sehr wohl höher bewerten.

Wir Freiheitlichen wollen unseren Familien keine Almosen geben. Wir wollen eine gerechte Abgeltung und Bewertung von erbrachten Leistungen. Wir bekennen uns zum Familienleistungsausgleich. Daher sind wir der Meinung, dass alle Kinder in unserer Gesellschaft auch gleich viel wert sein müssen. Genau darauf kommt es an! (Beifall bei der FPÖ.)

Es müssen auch die erbrachten Leistungen der Eltern gleichwertig eingestuft werden. Um diese Gleichbehandlung umzusetzen, ist im Kinderbetreuungsgeldgesetz lediglich die Zuverdienstgrenze zu streichen – genau das wäre notwendig! (Abg. Dolinschek: Richtig, ja!) Dies ist eine Forderung, die wir seit Jahren erheben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ich denke, es ist höchst an der Zeit, dieses Thema ernster zu nehmen und öster­reichi­sche Familien zu stärken und zu stützen, damit wir uns wieder mehr Kinder leisten können, damit man sich mehr Kinder zutraut und nicht bestraft wird, wie das heute in der Gesellschaft oftmals der Fall ist, wenn man ein zweites oder gar ein drittes Kind bekommt. Das erleben wir doch heute!

Deshalb nehmen Sie bitte die Familienarbeit ernst, honorieren Sie sie und bewerten Sie sie nicht abschätzig, wie das in diesem Hohen Haus oft geschieht! Es wird Groß­artiges für die Zukunft unserer Gesellschaft geleistet! (Beifall bei der FPÖ.)

10.37



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 56

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.37.24

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundes­minis­terin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur mit zwei Sätzen auf die Ausführungen meines Vorredners, des Herrn Klubob­man­nes Abgeordneten Strache, eingehen. Was Sie sagen, stimmt nicht, denn allein die Kindererziehungszeiten werden im Pensionsrecht im Ausmaß von bis zu 48 Monaten als Leistungsbegründung beziehungsweise Leistungserhöhung angerechnet. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm. Abg. Strache: Zu wenig!)

Ich erinnere auch an die Möglichkeit – das hat auch mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun –, dass ab der Pflegestufe 3 bis zu 380 € im Monat für den, der pflegt, auf das Pensionskonto eingezahlt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen, Herr Abgeordneter Strache, auch noch Folgendes sagen: Schauen Sie auf diese Tafel! (Die Rednerin stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der die Überschrift „Kinderbetreuungsgeld ‚Neu‘“ neben einem ÖVP-Logo sowie darunter ein Balkendiagramm zu sehen sind.) Wenn Sie behaupten, dass der Bezug von 30 plus sechs Monaten ungerecht ist, so muss ich Ihnen sagen, dass das eine dema­go­gische Aussage ist. (Abg. Jannach: Das ist Parteiwerbung! Abg. Ing. Westenthaler: Das kann ja keiner lesen, das ist ja viel zu klein!)

Ich möchte Ihnen sagen, dass gerade wir von der Österreichischen Volkspartei mit unserer Staatssekretärin, mit dem zuständigen Minister (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Dem Wirtschaftsminister!) und mit den zuständigen Regierungsmitgliedern den Wert unserer Familien zu schätzen wissen. Ich danke allen Familien, allen Müttern und Vätern, die in diesem schönen und auch sozialrechtlich gut abgesicherten Land Österreich den Mut haben, Kinder zu haben. Sie wissen auch selbst, dass wir ohne Weiteres mit anderen europäischen Ländern – und auch solchen über Europa hinaus – gleichgestellt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte darauf hinweisen, dass uns gerade Familienfreundlichkeit und die Ver­einbarkeit von Beruf und Familie besonders am Herzen liegen. Wer das Regie­rungsprogramm von SPÖ und ÖVP auch nur annähernd durchgeblättert hat, der weiß, welche Maßnahmen – beim letzten Mal und auch schon davor – festgeschrieben wurden und was in dieser wirklich kurzen Zeit umgesetzt wurde!

Da möchte ich nur paar Beispiele nennen, sei es die 13. Familienbeihilfe, die steuer­liche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, sei es die Erhöhung des Kinder­absetzbetrages und vieles, vieles mehr. Aber ich möchte heute als Erstrednerin und als Familiensprecherin seitens der ÖVP auf diese besonderen Verbesserungen eingehen, die wir heute beschließen, und da möchte ich eines anmerken: Es war für mich im Familienausschuss schon enttäuschend, dass Freiheitliche, Grüne und BZÖ nicht mitgestimmt haben. Beim BZÖ tut mir das besonders leid, weil Frau Kollegin Haubner eine sehr vernünftige Kollegin ist, die vieles auch in Richtung Familie bewegt hat. Aber vielleicht überlegen Sie es sich noch bis zur Abstimmung (Abg. Dr. Stummvoll: Heute noch!) – ja, heute noch, nicht erst übermorgen – und sagen einfach Ja zu diesen guten Leistungen.

Bevor ich auf Details eingehe, möchte ich auch hier ein Danke sagen an diejenigen, die es verhandelt haben: an Frau Staatssekretärin Christine Marek, an ihre Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, aber letztendlich auch an Frau Bundesminister Heinisch-Hosek, dass sie dann diesen Weg mitgegangen ist. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 57

Ich möchte noch einmal untersteichen, dass wir jetzt fünf Varianten des Kinder­betreu­ungsgeldes haben und dass wir jetzt zwei neue Möglichkeiten dazugeben. Diese neuen Möglichkeiten sind zwölf plus zwei Monate, also insgesamt 14 Monate, mit 1 000 € beziehungsweise das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld mit 80 Pro­zent des letzten Nettoeinkommens, mindestens 1 000, maximal 2 000 €.

Ich hoffe, werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehapparaten – das sind mög­licherweise jetzt Mütter und Väter, die in der glücklichen Situation sind und gerade Eltern geworden sind oder Eltern werden (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Da sitzen sie sicher nicht vor dem Fernseher!) –: Ja, es ist, glaube ich, ein guter Tag, eine gute Nachricht im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Eltern. Gerade das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld bildet ja auch einen Anreiz für gut qualifizierte und gut verdienende Mütter und Väter, die auch Ja zu Kindern sagen.

Mir persönlich ist es wichtig, dass wir in allen Berufssparten Männer wie Frauen haben, denn wir brauchen diese breite Palette, aber es gibt auch Mütter und Väter, die in einer Berufssparte sind, wo sie nicht so leicht aussteigen können, und gerade diese Kurz­variante beziehungsweise Kurzvarianten sind hier eine gute Lösung für den Weg zur besseren Vereinbarkeit.

Wenn jetzt davon gesprochen wird, das hätte nicht wirklich damit zu tun, dass Leistung der Mütter, der Väter in der Familie abgedeckt beziehungsweise anerkannt wird, dann muss man auch in die Richtung gehen und sagen, es ist ja auch entscheidend, wie ich selber meine Zukunft absichere. Und die kann ich nur absichern, indem ich auch berufstätig bin. Das heißt nicht, dass Arbeit in der Familie nicht der Berufstätigkeit gleichkommt, aber gerade diese Maßnahmen sind eine Zukunftsabsicherung.

Natürlich gibt es jetzt mehrere Varianten, die Sie hier auch sehen (die Rednerin deutet auf die von ihr am Rednerpult aufgestellte Tafel), und es mag schon sein, dass man da im ersten Augenblick sagt, das ist ein wenig kompliziert, wie soll ich das ausrechnen. Die Opposition schürt hier ja auch richtig und sagt, das ist ja alles nicht durchschaubar.

Ich denke – das ist auch unser Ansinnen, und das möchte ich noch einmal wieder­holen –, dass wir die Eigenverantwortung und die Eigenständigkeit von Eltern nicht unterschätzen sollen, aber auch nicht, dass sie eine Wahlfreiheit wollen. An dieser Stelle möchte ich auch auf die Homepage des Bundesministeriums unter www.bmwfj.gv.at hinweisen, wo man sich auch die Details noch einmal anschauen kann.

Ein weiterer Pluspunkt ist – darauf bin ich besonders stolz, und es war auch ein Anliegen von vielen Elternorganisationen – die Regelung für Mehrlingsgeburten. Bis jetzt ist ja ein Fixbetrag von 218 € pro Mehrlingskind und Monat ausbezahlt worden. Künftig werden je nach gewählter Variante je 50 Prozent des Grundbetrages aus­bezahlt, das heißt bei der Variante 20 plus vier 312 €, bei der Variante 15 plus drei 400 € und bei der Variante zwölf plus zwei als Pauschalvariante 500 € pro Monat und Mehrlingskind, also eine, wie ich denke, wirklich sehr wichtige Besserstellung für Eltern und ihre Kinder.

Da immer wieder diskutiert wird, wie man mit der Situation von Alleinerzieherinnen und Alleinerziehern umgeht: Auch hier wurde auf Härtefälle eingegangen und eine wirkliche Verbesserung geschaffen. Gerade für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher in schwie­rigen Situationen wurde eine Regelung geschaffen, mit der es in bestimmten Fällen eine zweimonatige Verlängerung bei der Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes gibt.

Weil es immer geheißen hat, na ja, wenn das erst ab 1. Jänner 2010 gilt, falle ich hinaus. Es gibt überall Stichtage und Grenzen, aber es ist uns jetzt gelungen, dass die


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einkommensabhängige und die 1 000 € Pauschalvariante für die Geburten ab 1. Okto­ber 2009 gelten, sodass man das, auch wenn man jetzt ein Kind bekommen hat, mit 1. Jänner 2010 beantragen kann.

Alles in allem ist es eine Verbesserung für Mütter, Väter mit Kindern, für Mehrlings­eltern, für Alleinerziehende. Ich möchte daher wirklich an Sie appellieren: Stimmen Sie den Verbesserungen beim Kinderbetreuungsgeld zu, dann zeigen Sie auch, dass Sie ebenso eine Familienpartei sind! (Abg. Strache: Das ist eine Verschlechterung!) Ich möchte Sie einfach bitten, zuzuhören und nicht immer nur Nein zu sagen und immer nur zu kritisieren. Sie waren herzlich eingeladen, nicht nur mitzudiskutieren, sondern auch mitzugehen. (Abg. Strache: Das ist leider eine familienpolitische Verschlech­terung! Da werden wir sicher nicht zustimmen!)

Ich möchte nur abschließen mit einem Satz des Präsidenten des Katholischen Fa­milien­verbandes, vielleicht sind Sie damit einverstanden: Familie hat Zukunft als Lebensmodell. – Davon sind wir seitens der Österreichischen Volkspartei ebenso überzeugt. (Abg. Strache: Leben Sie es endlich!)

Stimmen Sie mit, geben Sie sich einen Ruck und stehen Sie dann bei der Abstimmung auf! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Ihr Taferl nicht vergessen! Das Einzige, was man lesen konnte, war „ÖVP“! – Abg. Steibl holt die Tafel vom Rednerpult und über­reicht diese Abg. Strache, damit er sie sich „genau ansehen kann“.)

10.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 10 Minuten. – Bitte.

 


10.47.15

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! Danke, liebe Kollegin Steibl, für die Einladung zur Abstimmung, aber ich denke, es geht jetzt nicht darum, wer wo mitstimmt, sondern es geht darum, die guten und die weniger guten Seiten einer Novellierung aufzuzeigen. Es geht auch nicht darum, wer die bessere Familienpartei ist, sondern ich glaube, jeder, der hier herinnen ist und dem die Zukunft des Landes und die Zukunft der Menschen am Herzen liegt, weiß, dass wir einerseits in die Bildung viel investieren müssen, denn Bildung ist etwas für die Zukunft unserer Jugend, unserer Kinder, damit sie auch eigenständig und selbstbestimmt leben und arbeiten können, und anderer­seits müssen wir viel tun für die Familien, die Familien auch in wirtschaftlich schwie­rigen Zeiten stärken, begleiten und unterstützen. Das ist unser Weg seitens des BZÖ. (Beifall beim BZÖ.)

Familien sind in ihren verschiedensten Formen die Basis unseres Zusammenlebens. Sie sind die sozialen Netzwerke, sie sind oder sollten ein stabiles Umfeld für Kinder sein, in dem Kinder groß werden können, in dem Kinder erzogen werden, in dem sie Eltern haben, die Zeit und Zuwendung für sie haben. Familien sind aber auch ein Umfeld, in dem Ältere betreut und gepflegt werden.

Die Leistungen, die Arbeit, die in den Familien geschieht, sind bei aller Gleichberech­tigung und bei aller positiven Entwicklung dahin gehend, dass sich Männer mehr einbringen, nach wie vor immer noch in erster Linie in der Hand der Frauen, doch diese wertvollen Leistungen – das muss ich hier an dieser Stelle auch sagen – werden nach wie vor zu wenig anerkannt.

Ich erinnere mich an zwei Maßnahmen der letzten Regierung zwischen 2000 und 2006, wo wir erstmals – Kollegin Steibl hat es ja schon erwähnt – die pensions­begrün­denden Zeiten für Kindererziehung eingeführt haben. Das war etwas, was mir per­sönlich auch sehr wichtig war, vor allem im Wissen darum, welche Fehler in der


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Vergangenheit da passiert sind, dass Frauen, die heute 65, 70 Jahre alt sind und „nur“ – unter Anführungszeichen – ihre Kinder betreut und großgezogen haben, heute arm sind, keine Absicherung haben, keine eigene Pension haben. Und das darf es in Zukunft nicht mehr geben! (Beifall beim BZÖ.)

Daher fordere ich auch alle vernünftigen Kräfte hier herinnen auf, dass wir nicht bei diesen vier Jahren stehenbleiben, sondern dass wir weiterdenken. So wie wir das Kinderbetreuungsgeld weiterentwickeln und nicht stehenbleiben, sollten wir auch bei diesen Pensionszeiten noch etwas anhängen.

Das Kinderbetreuungsgeld, meine sehr geehrten Damen und Herren, das 2002 ein­geführt wurde, war auch in diesem Sinn. Erstmals wurde Familienleistung gleich bewertet wie Erwerbsleistung außerhalb des Hauses.

Daher, denke ich, ist es ganz, ganz wichtig, dass wir diese Verantwortung weiter wahrnehmen, dass Familie in Zukunft leistbar ist, dass Familie lebbar ist, dass Kinder nicht zu einer Belastung werden oder eine Belastung sind, dass Kinder zu haben nicht arm macht, unabhängig davon, welche Lebensplanung man hat, ob man berufstätig ist oder zu Hause seine Familie betreut.

Da gibt es, wie schon meine VorrednerInnen gesagt haben, viele begleitende Rahmen­bedingungen, ob das die steuerliche Entlastung ist, ob das ein besseres Betreuungs­angebot ist, ob es familienfreundliche bessere Arbeitszeitregelungen sind. Ganz wichtig sind auch die finanziellen Leistungen wie das Kinderbetreuungsgeld. Ich freue mich sehr, dass gerade heute in dieser Diskussion unbestritten ist, dass das Kinder­betreuungsgeld als Erfolgsmodell nicht nur weiter bestehen bleibt, sondern dass es auch von den Familien angenommen wird. Das ist ja das Wichtigste, dass die Eltern diese wirklich gute Familienleistung annehmen.

Es sind in den letzten Jahren drei zusätzliche neue Modelle zur Langzeitvariante dazu­gekommen, heute kommt noch ein neues dazu, aber es muss uns auch klar sein, dass die Langzeitvariante nach wie vor von 65 Prozent der Eltern, von 65 Prozent der Mütter und Väter, gewählt wird, also dass diese Form nach wie vor die beliebteste ist. Das sollten wir bei aller Optimierung nicht aus den Augen verlieren.

2002 ist das Kindergeld mit einer ganz klaren Zielsetzung eingeführt worden, nämlich mit der Zielsetzung, die Eltern bei der Betreuung finanziell zu unterstützen, Wahlfreiheit zu geben und einen Beitrag zur Armutsvermeidung zu leisten. Und diese Armutsver­meidung ist gerade heute, wo wir wissen, dass so viele Familien unter der Armuts­grenze leben, etwas sehr, sehr Wichtiges.

Ich weise auch darauf hin, dass bei der ersten Evaluierung des Kinderbetreuungs­geldes durch das ÖIF ganz klar herausgekommen ist, dass die Komplexität der Bestimmungen der Zuverdienstgrenze große Barrieren schafft. Bei dieser Evaluierung wurde auch vorgeschlagen, dass es besonders junge Frauen und besonders gut und höher ausgebildete Frauen begrüßen würden, wenn man unbegrenzt dazuverdienen könnte. Das sind für mich zwei ganz klare Aussagen aus einem Evaluierungsbericht. Daher verstehe ich nicht, warum es für diese Regierung nicht naheliegend und logisch war, zu sagen, wir wissen jetzt, wo der Schuh drückt, was notwendig ist zu tun, und diese Zuverdienstgrenze ersatzlos zu streichen. Das wäre der richtige Weg dahin gehend, dass diese Leistung als einkommensunabhängige Familienleistung zur Verfügung steht. (Beifall beim BZÖ.)

Ich weiß schon, die Frau Staatssekretärin hat im Ausschuss gesagt, das seien 300 Millionen € mehr, die wir nicht haben. Aber wenn man dies mit der Direkthilfe im Rahmen des Bankenpakets vergleicht, wo 15 Milliarden € sofort für die Banken zur Verfügung gestanden sind, dann muss ich sagen, ist das eigentlich ein Minibetrag, ein


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Bruchteil davon, nämlich 0,2 Prozent. Wenn die Familien uns etwas wert sind, dann müssen wir auch für eine gute Absicherung sorgen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Kritik nun an dieser neuen Variante: Diese neue Variante ist als eine Art Ersatzeinkommen gedacht, aber auch nur in Richtung eines schnellen Wiederein­stieges. Dieses Modell geht in Richtung Karenzgeld und hat mit der ursprünglichen Intention des Kinderbetreuungsgeldes nicht mehr viel zu tun. Es geht in Richtung einer Versicherungsleistung, ist ein Geld für Verdienstentgang und kein Geld für Betreuung. Gerade auch die Arbeiterkammer hat festgestellt, dass es nur zirka 10 Prozent der Frauen betreffen wird, die mehr als 1 000 € bekommen, weil die Frauen einfach nicht mehr verdienen. (Abg. Schönpass: Leider!) Daher, sage ich – leider, da gebe ich Ihnen recht –, ist der Anreiz hier für die Frauen relativ gering.

Dieses Modell neu – und das sage ich wirklich mit aller Deutlichkeit – verschärft auch die soziale Grenzziehung innerhalb einer Leistung, die eigentlich für alle Kinder gedacht war, für alle Kinder, weil alle Kinder gleich sein sollten.

Meine weitere Kritik ist, dass dieses Modell oder das Kinderbetreuungsgeld immer komplizierter wird. Wir haben jetzt eine zusätzliche Zuverdienstgrenze, die zwar flexibel ist, aber in der Prüfung, in der Nachprüfung sehr, sehr kompliziert ist. Wir müssen wieder die Härtefälle bei den AlleinerzieherInnen prüfen, wir haben einen steigenden Verwaltungsaufwand. Das steht für mich in absolutem Widerspruch zu dem, was die Regierung sagt: Verwaltungsvereinfachung, Kompetenzbereinigung, Einsparen in der Verwaltung, damit das Geld bei den Menschen bleibt und zu den Menschen kommt. Also hier brauchen wir jetzt schon 13 Millionen € nur dafür, dass dieses Geld verwaltet werden kann, und wir brauchen mehr Personal. Ich sage Ihnen, eine normale Familie braucht in Zukunft Experten, um zu diesen adäquaten Leistungen zu kommen. Und das kann es ja nicht sein, und das wollen wir auch nicht. (Beifall beim BZÖ.)

In einem Bereich wird die Zuverdienstgrenze aufgehoben, und das ist für mich Klientel­politik, nämlich bei jenen, die Einkünfte aus Verpachtung, aus Vermietung und Ähnlichem haben. Dort gibt es auf einmal keine Zuverdienstgrenze, und das soll mir einmal jemand erklären.

Aber lassen Sie mich noch zwei positive Dinge anmerken. Positiv ist sicher, dass der sogenannte Zuschuss in eine nicht mehr rückzahlbare Beihilfe umgewandelt wurde, leider – Wermutstropfen! – nur für ein Jahr, also auch hier wieder die Kürze der Zeit, und positiv sind auch die Verbesserungen bei den Mehrlingsgeburten.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wie dieses neue Modell dann angenommen wird, besonders auch von den Vätern – denn hier erwartet man sich ja sehr viel –, wird die Zukunft zeigen. Für uns vom BZÖ ist für die Familienpolitik eine Weiterentwicklung von guten Familienleistungen wichtig. Das begrüßen wir absolut, aber es darf nicht in die Richtung gehen, dass das System immer komplizierter und teurer wird.

Wir sind auch dafür, dass es mehr Geld für die Familien gibt. Und da sage ich, das Einfachste wäre, die Zuverdienstgrenze zu streichen, damit nachhaltig die Sicherheit für die Familien auch in Zukunft gewährleistet ist – unabhängig von der Lebens­pla­nung. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

10.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort. 10 Minuten. – Bitte.

 


10.57.46

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Eini­gung zum einkommensabhängigen Kindergeld und auch zum Zuschuss für einkom-


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mensschwache Familien macht schlicht und einfach Freude. Es ist eine langjährige Forderung der SPÖ-Frauen gewesen, eine langjährige Forderung der Sozialdemo­kra­tie, ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld einzuführen. Der Weg, meine Damen und Herren, war nicht immer konfliktfrei, manchmal sehr unterschiedlich in der Schwerpunktsetzung, aber schlussendlich kann sich die heutige Lösung, nämlich der Beschluss zum einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld, sehen lassen.

Ich bedanke mich bei Frau Staatssekretärin Christine Marek sehr, sehr herzlich für ihre wichtige und sehr kooperative Arbeit, und ich bedanke mich auch bei Bundesministerin Gabi Heinisch-Hosek für ihre Beharrlichkeit und Standfestigkeit, vor allen Dingen für ihre soziale Kompetenz und für ihre soziale Schwerpunktsetzung. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Haubner, ein Wort zu Ihren Aussagen zur Armutsbekämpfung. Ja, wir müssen uns gemeinsam anstrengen, wobei ich davon überzeugt bin, die beste und effektivste Armutsbekämpfung ist, Arbeit und Einkommen zu haben, wovon Mann und Frau leben können. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ab 2010 stehen Müttern und Vätern, Eltern insgesamt, fünf verschiedene Varianten zur Verfügung. Eine Palette von Angeboten für ganz indivi­duelle Lebensgestaltungen und Lebenssituationen steht ab nun zur Auswahl, und ich denke, Vielfalt statt Einfalt ist die Devise. Und das ist gut so.

Es ist auch ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Eltern, die sich für Kinder entscheiden und dies auch getan haben. Meine Damen und Herren! Beruf, Familie, Erziehungsarbeit, Betreuungsarbeit noch besser vereinbaren zu kön­nen, war das Ziel. Dieser heutige Beschluss macht dieses auf jeden Fall ein Stück leichter erreichbar. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Wir müssen auch auf die verschiedenen Lebens- und Gesellschaftsrealitäten reagie­ren, meine Damen und Herren! Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld ist ein gutes Angebot für Frauen, die wieder rasch und ganz bewusst in ihren Beruf einsteigen möchten. Was heißt einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld? Wie schauen die Leistungen aus? – 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens, mindestens 1 000 €, maximal 2 000 €, 14 Monate lang, wenn beide Eltern eine Zeitlang bei ihrem Kind zu Hause bleiben, mindestens zwei Monate für einen Elternteil.

Herr Kollege Strache, die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes richtet sich nach der Dauer des Bezuges. Deshalb ist keine Ungerechtigkeit festzustellen.

Meine Damen und Herren, es ist auch ein attraktives Angebot an Väter, zu Hause beim Kind zu bleiben, Pflege, Betreuung und auch emotionale Arbeit zu leisten und Zuwen­dung zu geben. Die dadurch erworbenen Kompetenzen und Erfahrungen werden im Leben jedes Vaters sicherlich eine Bereicherung sein. Auch das finanzielle Angebot für Väter, eine bestimmte Zeit in Karenz zu gehen, ist mit diesem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld sehr hoch und erleichtert sicherlich die eine oder andere Entscheidung. Es ist eine Chance für ein Mehr und ein Ja zu einer aktiven Vaterschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Weitere Punkte, die wir heute beschließen: Auch für armutsgefährdete Allein­erziehen­de ist eine gute Lösung zustande gekommen. Gerade diese Mütter und Väter verdie­nen unseren größten Respekt. Sie haben in diesen schwierigen Situationen unsere bestmögliche Unterstützung verdient.

Alleinerziehende, die mit weniger als 1 200 € monatlich auskommen werden müssen und einen Antrag auf Unterhalt vor Gericht gestellt haben, können in Zukunft zwei Monate länger Kinderbetreuungsgeld beziehen – egal, welche Variante Kindergeld sie wählen. Bis zuletzt hat Ministerin Heinisch-Hosek auch dafür gekämpft, dass der bestehende Zuschuss für einkommensschwache Familien nicht gestrichen wird. Dieser


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Einsatz hat sich gelohnt. Es wird weiterhin nach bestimmten Kriterien eine Beihilfe geben, die nicht mehr zurückgezahlt werden muss, aber kontrolliert wird.

Was mir auch besonders wichtig ist und wichtig erscheint, ist die Erhöhung der Mehr­kindzuschläge. Das heißt, ab Jänner des nächsten Jahres, ab 2010 wird der Zuschlag auf 50 Prozent je Mehrlingskind angehoben. Das ist wichtig für Eltern in einer sicherlich schwierigen Situation.

Meine Damen und Herren, natürlich wird – und das haben die KritikerInnen dieser Novelle ja schon ausgeführt – so manche Entscheidung für eine bestimmte Variante nicht einfach sein. Ich beziehe mich auf eine Aussage von Staatssekretärin Marek, die uns im Ausschuss zugesichert hat, dass ein umfangreiches Informationssystem erarbeitet wird, um Auskünfte gut fundiert und umfassend geben zu können.

Meine Damen und Herren, bei dieser Novelle geht es auch ums Geld. Die Kosten des Kinderbetreuungsgeldes belaufen sich auf eine Milliarde €, und trotzdem, meine Da­men und Herren, wird dieses Kindergeld nicht ein Gesetz in Stein gemeißelt sein. Im Gegenteil: Ich versichere Ihnen, wir werden weiter daran arbeiten. Es wird evaluiert, es wird beobachtet, und, wenn notwendig, werden Verbesserungen und vor allen Dingen eventuelle Vereinfachungen im Hinblick auf eine bessere Transparenz erarbeitet werden. Wir werden dabei all jene, die damit konfrontiert sind, mit einbeziehen, bis hin zu den Sozialpartnern.

Uns geht es darum, dass Verlässlichkeit und Planbarkeit für die Eltern, für die Familien gegeben sind, denn die Unterstützung der Familien, der Eltern bei ihrer Erziehungs- und Betreuungsarbeit ist gerade uns SozialdemokratInnen ein großes Anliegen, und es ist uns sehr wichtig. Das zeigt auch die Höhe der finanziellen Leistungen für die Familien in Österreich. Insgesamt 7 Milliarden € stehen zur Verfügung, um Familien zu unterstützen und Kindern Leistungen zu geben – eine Summe, die jedem inter­nationalen Vergleich standhält, die sich sehen lassen kann, auf die wir stolz sein können und die gut und richtig für die Familien ist.

Ein Punkt, den ich noch erwähnen möchte und der ein wesentlicher Bestandteil der Unterstützung von Familien ist, ist natürlich das Thema Kinderbetreuungsein­richtun­gen, Bildungseinrichtungen für die jüngsten Menschen in unserem Lande. Angebot und Qualität müssen einander ergänzen. Wir haben noch einen Nachholbedarf bei den Unter-3-Jährigen. Wir werden gemeinsam mit den Bundesländern, mit den Gemeinden die nötigen Anstrengungen unternehmen, um diese Lücke zu füllen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wichtig dabei ist auch ein Bundesrahmengesetz, damit Qualität, Angebot, Ausbildung und auch Bezahlung der KindergartenpädagogInnen im Einklang sind.

Ein Familienpaket, das sich sehen lassen kann: Kinderbetreuungsgeld, Transferleis­tun­gen, Kinderbetreuungseinrichtungen. Das ist wichtig, damit Kinder und Familien in Öster­reich bestmöglich unterstützt werden.

Ein Ziel, das mir noch besonders wichtig ist und notwendig erscheint, ist, Frauen, Männer, Väter und Mütter FIT zu machen für ihre wichtige Arbeit mit und bei ihren Kindern. Ein alter Slogan der österreichischen Kinderfreunde lautet: „Kinder brauchen Zeit, Raum und Liebe.“ – Dieser hat noch immer Gültigkeit. Kinder haben das Recht auf einen liebevollen Umgang, auf liebevolle Zuwendung, bestmögliche Förderung, auf Respekt und auch auf Wertschätzung.

Die Verankerung der Kinderrechte im österreichischen Rechtssystem würde dies garantieren. Wir werden Nägel mit Köpfen machen, Frau Staatssekretärin! Die Kinder haben sich das verdient.


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Ich fasse zusammen: Fünf Varianten des Kindergeldbezuges stehen zur Auswahl, Einkommensverluste werden verstärkt abgedeckt, die Beteiligung der Väter wird erleichtert, Beihilfen für einkommensschwache Familien werden beibehalten, Allein­erzie­herInnen unterstützt und Mehrlingsgeburten finanziell besser berücksichtigt.

Wir sind auf dem richtigen Weg. Familien erhalten Unterstützung für und bei ihrer wichtigen Arbeit. Die Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Kinder garantieren zufriedene, verantwortungsvolle und verantwortungsbewusste Väter und Mütter. Das ist gut so und das ist uns wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


11.07.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gute Ideen setzen sich durch. Das ist ein Faktum. Vernünftige Vorschläge setzen sich durch, auch wenn es eine Zeitlang braucht.

Ich möchte durchaus zu Beginn auch einmal die Arbeit dieser beiden Regierungs­vertreterinnen honorieren. Sie haben – auch in ihren eigenen Parteien! – um eine neue Variante gekämpft. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld wird ja schon seit zehn Jahren in der österreichischen Öffentlichkeit diskutiert. Die Grünen propa­gieren es auch schon seit zehn Jahren.

Wir haben immer sehr neugierig auf andere Staaten hingeblickt, vor allem auf die skandinavischen Staaten, die sehr, sehr schöne Ergebnisse in familienpolitischen Bereichen haben. Eines davon – das möchte ich besonders hervorstreichen – ist die Beteiligung der Väter an der Familienarbeit.

Ich habe dem Kollegen Strache bei seiner Rede zugehört und habe Stricherl gemacht. Er hat ein einziges Mal „Eltern“ gesagt, ungefähr 15-mal „Mütter“ und kein einziges Mal „Vater“. (Abg. Kickl: Das ist ein biologisches Faktum!) Ich bin der Meinung, es ist einfach wichtig, dass man sich auch in der Politik einer ganz logischen Voraussetzung stellt: Kinder brauchen Liebe, sie brauchen Zeit, aber sie brauchen vor allem Vater und Mutter! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses einkommensabhängige Karenzgeld hat vor allem auch das Ziel, den Männern – das sind in unserer Gesellschaft nach wie vor diejenigen, die mehr verdienen – einen Anreiz zu geben, Kinderbetreuungsarbeit zu übernehmen.

So, leider ist diese gute Idee durch diese großkoalitionäre Mühle gedreht worden, und es gibt einige Tücken im Detail. Eine wurde schon angesprochen, nämlich dass es extrem kompliziert ist. Ich habe mir gestern noch die Mühe gemacht, diese fünf Va­rianten mit fünf unterschiedlichen Zuverdienstgrenzen zu verstehen. Es ist wirklich sehr schwer nachvollziehbar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das für viele Eltern, die ohnehin viel planen müssen, koordinieren müssen, ihre beruflichen Tätigkeiten koordi­nieren müssen, so einfach sein wird. Ich glaube, mit einer Homepage wird es nicht getan sein.

Zur selben Zeit kam mir ein Informationsblatt der Bundesregierung in die Hände. Es wird sehr viel Geld dafür ausgegeben, dass wir ein wunderschönes Bild vom Bundeskanzler, innen ein großes Bild vom Bundeskanzleramt sehen. (Die Rednerin hält das genannte Informationsblatt in die Höhe.) Ich glaube, auf solche Dinge können wir im Grunde verzichten. Ich würde mir wünschen, dass wir, wenn wirklich so komplexe Dinge auf die Bevölkerung zukommen, Geld in die Hand nehmen, um sie im


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Voraus zu informieren und ihre Entscheidungen zu erleichtern. Das brauchen wir eigentlich nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Einen politischen Mangel gibt es nach wie vor jetzt in dieser Einigung. Ich möchte das Bestreben auch ausdrücklich bei der ÖVP honorieren; das klang vor Jahren noch ganz anders. Die Familiensprecherin ... – jetzt habe ich sie übersehen! (Abg. Steibl –ste­hend –: Da, hier!) Sie haben auch einen Sinneswandel vollzogen! Ich rechne Ihnen das auch an, dass Sie sich dessen bewusst sind, dass es auch Frauen gibt, die im Berufsleben mehr verdienen, die an der gläsernen Decke kratzen, und dass man auch diesen mehr Anreiz geben sollte, Kinder zu bekommen und auch Kinderbetreuung zu übernehmen. Das ist ein Ansatz, den Sie früher noch nicht so geteilt haben, aber ich finde es gut, dass Sie das mittlerweile auch so sehen.

Allerdings gibt es nach wie vor eine Benachteiligung von Alleinerziehenden, und nach wie vor wird eine Lebensrealität fast komplett ausgeblendet, nämlich dass es im mo­der­nen Familienleben natürlich auch Trennungen gibt, dass es Patchwork-Situationen und Patchwork-Familien gibt. Und auch diese sind nach wie vor benachteiligt.

So, das ist das Gesetz im Wesentlichen. Ich denke, damit sollten wir uns heute nicht alleine aufhalten, sondern wir sollten auch über andere familienpolitische Bausteine sprechen, die wichtig sind. Da ist eine der Baustellen, die jetzt im Moment dabei ist zu eskalieren, die Kinderbetreuungssituation in Österreich.

Ich weiß nicht, ob irgendjemand von Ihnen am Samstag bei der Demonstration der Kindergartenpädagoginnen und ‑pädagogen vor dem Wiener Rathaus war. Es besteht mittlerweile eine sehr, sehr schwierige Situation in den Kinderbetreuungseinrichtungen. (Abg. Neubauer: Die wird parteipolitisch missbraucht, diese Demo!) – Wenn ich auf eine Demo gehe, ist das kein parteipolitischer Missbrauch! Ich bin auch Mutter und ich darf auch dafür demonstrieren, dass KindergartenpädagogInnen bessere Arbeitsstan­dards haben. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen.) Sie könnten auch hingehen! (Abg. Neubauer: Die haben Sie nicht gebraucht!)

Sehenden Auges wurde der sogenannte Gratiskindergarten im Jahr 2009 eingeführt, sehenden Auges wurde von Ihren Männern in den Parteien – also Pröll und Faymann – viel zu wenig Geld für dieses Projekt in die Hand genommen, und jetzt wird der Druck immens groß. Der Druck, der auf diesen Menschen, vor allem Frauen lastet und der dadurch auch auf den Familien lastet, ist in diesen Einrichtungen immens groß.

Wir sagen alle immer wieder in unseren Reden: Kinder sind das Allerallerwichtigste, sie sind die Zukunft, das höchste Gut! Solche Begriffe kommen da immer wieder daher. Dann frage ich jetzt einmal: Warum ist es dann nicht möglich, wenn das tatsächlich ernst gemeint ist, den Menschen, die unsere Kinder einige Stunden am Tag betreuen, bessere Arbeitsbedingungen zu verschaffen? Warum ist es nach wie vor nicht möglich, einfach mehr Platz zur Verfügung zu stellen? 1,3 Kubikmeter pro Kind, da können Sie sich vorstellen, wie das ist! Gänge werden mit eingerechnet, Gangflächen werden in den Platzbedarf für Kinder mit eingerechnet.

Es gibt keine Möglichkeit, dass Eltern mit den KindergartenpädagogInnen in einem normalen Raum sitzend ein Gespräch führen. Nein, die sitzen auf diesen kleinen Stühlen. Die KindergartenpädagogInnen müssen auch in dieser Atmosphäre ihre ge­samte pädagogische Vorbereitungsarbeit leisten. Ich möchte Ihnen das nicht vergön­nen, einen ganzen Tag auf diesen kleinen Stühlen zu sitzen. Das ist einfach schwierig. Tür- und Angelgespräche finden mit den Eltern statt, es gibt keine Zeit. Es gibt einfach zu wenig Ressourcen für diesen ganzen Bereich.

Wenn Sie diese Aussage: Kinder sind die wichtigste Ressource in unserer Gesell­schaft!, wirklich ernst nehmen, dann müssen wir hier sehr viel mehr Geld in die Hand


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nehmen, auch die SPÖ im Übrigen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Wurm: Kinderbetreuung ist Ländersache!)

Es ist Ländersache, jawohl, allerdings – und damit sind wir bei einem ganz, ganz wichtigen Thema –: Ich möchte nicht, dass die Kinderbetreuungssituation, die Qualität der Kinderbetreuung von der Postleitzahl abhängig ist. Es ist schon auch eine Bun­dessache – wir sind der Bundesverfassungsgesetzgeber –, auch für ein bundeseinheit­liches Rahmengesetz einzutreten. Ich glaube, dafür ist auch die SPÖ, dass es einheitliche Standards für alle Kinder und alle PädagogInnen österreichweit gibt. Ich glaube, das wäre schon ein Ziel. (Beifall bei den Grünen.)

Im Übrigen sind beide auch dafür: Sowohl die Frauenministerin als auch die Staats­sekretärin sind für solche Standards, für ein solches Gesetz. Ich weiß jetzt nicht, an wem es da noch mangelt oder wer da noch Widerstand leistet. Ich vermute, es sind die Länder, aber das könnte man doch auch einmal in die Hand nehmen, die Postleitzahl-Abhängigkeit abzuschaffen und gute Betreuungsstandards zu schaffen!

25 bis 28 Kinder in einer Gruppe, das ist im Moment Realität. Ich habe dem Vize­kanzler bei seiner Rede zugehört, ich habe sie dann auch nachgelesen. Er hat einen sehr interessanten Begriff geprägt, nämlich die „Leistungsträger“ in unserer Gesell­schaft. Er hat von Leistungsgerechtigkeit gesprochen, und er hat das in einen Zusam­menhang gestellt mit Lohn- und Einkommensteuerzahlen.

Ich finde, das ist eine interessante Diskussion. Wer sind wirklich die Leistungsträger in unserer Gesellschaft? Und vor allem: Sind das tatsächlich diejenigen, die Lohn- und Einkommensteuer zahlen? Viele, vor allem Frauen in diesem Bereich zahlen sehr, sehr wenig Lohnsteuer, wenn sie überhaupt Lohnsteuer zahlen. Sie fallen oft unter diese Grenze. Das sind nicht nur die Frauen in der Kinderbetreuung oder in den Volks­schulen, sondern auch in der Gesundheit, in den Pflegeberufen. Aber das sind die tragenden Säulen unserer Gesellschaft! Das sind wahre Leistungsträger. Da möchte ich den Vizekanzler schon herzlich einladen: Er soll sich einmal in eine Gruppe mit 28 Kindern hineinstellen und das den ganzen Tag lang und dann auch noch päda­gogisch wertvolle Arbeit leisten. Diskutieren wir über Leistungsgerechtigkeit und über Leistungsbereitschaft! Das wollte ich jedenfalls nicht unerwähnt lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist nach wie vor ein frauenpolitisches Thema, es ist offenkundig. Es hat sich als Einziger von den Klubobleuten Klubobmann Strache zu Wort gemeldet. Ich finde das schade, ich würde mir auch wünschen, dass genau so wie gestern bei der Frem­denrechtsnovelle auch hier ein bisschen Engagement von den Männern in den Klubs da wäre, dass das nicht nur auf die Frauen  (Abg. Dr. Stummvoll: Man muss auch zuhören können!) – Man muss auch zuhören können! Das ist sehr gut, dass Sie das können!

Trotzdem: Ich würde mir auch wünschen, dass der Vizekanzler und der Kanzler dieses Thema sehr viel ernster nehmen und dass sie diesen Satz: Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft!, nicht nur in Sonntagsreden sagen, sondern dass tatsächlich auch eine Auswirkung spürbar ist.

Wir werden weiter mit allem Nachdruck dafür kämpfen, dass die Situation vor allem für Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, besser wird, dass wir diese 500 Millionen € zur Verfügung stellen, die der Kindergartenbereich nach wie vor braucht. Und wir werden nach wie vor Familien – Väter und Mütter, vor allem auch die Väter – er­mutigen, diese vielen positiven Erfahrungen, die sie machen können, wenn sie Zeit mit ihren Kindern verbringen, zu nutzen. Allerdings: Dass dadurch weniger gesellschaft­liche Nachteile auch für Frauen verbunden sein sollen, werden wir nicht vergessen, und dafür werden wir auch weiter eintreten und kämpfen.


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In diesem Sinne wünsche ich mir weiter eine gute Zusammenarbeit. Vielleicht wird es das nächste Mal doch ein bisschen besser, und vielleicht kann man gewisse schlechte Punkte in diesem Gesetz schon von vornherein lösen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.17


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile nun Frau Staatssekretärin Marek das Wort. – Bitte.

 


11.17.10

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, bevor ich zum aktuellen Tagesordnungspunkt spreche, ein paar sehr persönliche Worte. Genau jetzt findet ein Requiem für einen jungen Mann statt, der vor kurzer Zeit ganz unerwartet gestorben ist: Herr Dipl.-Ing. Holger Fürst ist Ihnen vielleicht ein Begriff. Er hat sehr, sehr engagiert in der Politik, für die Politik gearbeitet, war zwei Jahre lang Kabinettschef von Wirtschaftsminister Bartenstein, war ein Kollege von mir, den wir sehr geschätzt haben. Man konnte mit ihm trefflich lachen, man konnte mit ihm sehr, sehr intensiv und gut arbeiten. Er hinterlässt zwei kleine Kinder, die zwei Jahre und zehn Monate alt sind. Gestatten Sie mir hier, das Mitgefühl mit der Familie auszu­drücken, weil gerade zum jetzigen Zeitpunkt das Requiem stattfindet! – Danke viel­mals.

Zum Tagesordnungspunkt Kinderbetreuungsgeld: Meine Damen und Herren, ich bin sehr stolz darauf, dass wir heute einen Meilenstein in der österreichischen Familien­politik beschließen können, dass wir hier konsequent an der Verbesserung der Rah­men­bedingungen weiterarbeiten, und ich bin auch stolz darauf, dass wir heute das beschließen, was ich vor einem guten Jahr im Sommer präsentieren durfte, mit der zusätzlichen einkommensabhängigen Variante und den Verbesserungen bei der Zu­ver­dienstgrenze.

Wir haben heute hier ein sozial sehr ausgewogenes Paket. Es war uns von Anfang an sehr wichtig, dass wir einerseits für die sozial schwächeren Familien die Rahmen­bedingungen weiter verbessern und ausbauen, dass wir andererseits aber auch gerade den besser qualifizierten jungen Menschen den Mut zum Kind einfach machen, dass wir attraktive Rahmenbedingungen schaffen, weil wir einfach zur Kenntnis neh­men mussten, dass gerade gut qualifizierte Frauen, die dann auch beruflich schon entsprechend aktiv sind, immer weniger Kinder bekommen beziehungsweise den Kinderwunsch immer weiter nach hinten schieben oder ihn ganz aufgeben. Damit ist die Geburtenrate – das hat Herr Klubobmann Strache am Anfang sehr kritisch ange­sprochen – entsprechend niedrig.

Ja, die Geburtenrate in Österreich ist viel zu niedrig; ja, wir haben da Handlungsbedarf. Da verstehe ich aber dann erst recht nicht, warum die FPÖ ein Paket, wo es genau darum geht, die Geburtenrate zu heben, Rahmenbedingungen zu verbessern, ablehnt. Wir wissen aus den internationalen Vergleichen, dass Geld allein die Familien nicht so weit unterstützt, dass sie tatsächlich sich auch zutrauen, mehr Kinder zu bekommen.

Wir haben ein im internationalen Vergleich ausgezeichnetes Netz an Familienleis­tun­gen. Frau Abgeordnete Binder-Maier hat gesagt, 7 Milliarden € machen die Familien­leis­tungen aus. Seit dem Jahr 2002 investieren wir um 700 Millionen € pro Jahr mehr allein an reinen Transferleistungen an die Familien, ganz zu schweigen von den steuerlichen Entlastungen für die Familien, die wir erst in der jüngsten Zeit realisiert haben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir wissen aus internationalen Vergleichen, dass überall dort, wo die Rahmenbedin­gungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gut funktionieren, wo die Frauener­werbs­quote hoch ist, gleichzeitig auch mehr Kinder zur Welt kommen. Ausschließlich Geldleistungen an Familien in einem hohen Ausmaß zu schaffen, das alleine ist also zu wenig. Es geht darum, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen – was wir mit diesem Paket machen –, dass wir in sehr attraktiver Art und Weise Einkommens­verluste, die aus der Entscheidung für ein Kind resultieren, entsprechend kompen­sieren.

Auch das ist also zutiefst familien- und sozialpolitisch: 80 Prozent des letzten Nettoein­kommens für 12 Monate, plus 2 Monate für den anderen Elternteil, entsprechend zu ersetzen, weil dann der Einkommensverlust nach der Geburt eines Kindes nicht so drastisch ist, wie es sonst der Fall ist – und das macht Mut zum Kind. Und genau das ist es, was wir wollen!

Ja, das Paket ist komplex. Ja, wir arbeiten hier mit Hochdruck an Informations­ange­boten. Frau Abgeordnete Glawischnig, Sie können versichert sein, wir arbeiten sehr intensiv bereits seit Wochen an den Informationsmöglichkeiten. Wir werden auch auf unserer Homepage einen Kinderbetreuungsgeldrechner, der die individuellen Zuver­dienst­grenzen einfach berechnen kann, anbieten. Aber Sie wären die Erste, die es kritisieren würde, wenn wir bereits vor einem Beschluss im Parlament mit konkreten Informationen an die Bevölkerung herantreten würden. Ich glaube, da muss schon diese Reihenfolge eingehalten werden. Aber Sie können versichert sein, dass die Informationen zeitgerecht und in einem umfangreichen Ausmaß vorhanden sein werden.

Und: Man kann nicht einerseits Wahlfreiheit fordern und andererseits Wahlmög­lich­keiten einschränken wollen. Auch das ist etwas, wozu wir uns bekannt haben: Die neuen Angebote, die insgesamt nun fünf Varianten beim Kinderbetreuungsgeld berück­sichtigen die individuelle Situation jeder Familie, und das ist genau der Punkt. Familien haben höchst unterschiedliche Anforderungen, sind sehr individuell in dem, was sie brauchen, und genau darauf zielen wir mit dem neuen Kinderbetreuungsgeldsystem ab: dass wir hier für alle die jeweils optimale Leistung anbieten, jede Familien für sich entscheiden kann, wie sie es braucht, und dann optimal für sich das Richtige heraussucht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz wichtig sind natürlich die Rahmenbedingungen, an denen wir arbeiten. Die Kinderbetreuung – es wurde bereits mehrfach angesprochen – ist ein ganz, ganz wesentlicher Punkt bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ja, es ist so, dass wir hier in Österreich durchaus noch Verbesserungspotenzial haben. Aber, meine Damen und Herren, so viel Geld, wie wir von dieser Bundesregierung vom Bund – der eigent­lich hier nicht zuständig ist; das wurde bereits gesagt – in die Hand nehmen, so viel wurde niemals zuvor für Kinderbetreuungseinrichtungen in die Hand genommen: 70 Mil­lionen € jährlich für das Gratiskindergartenjahr beziehungsweise den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten.

Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn Sie kritisieren, dass wir – beziehungsweise die Männer in unseren Parteien, haben Sie gesagt – für das Gratiskindergartenjahr viel zu wenig Geld in die Hand nehmen, dann darf ich Sie bitten, hier wirklich sachlich korrekt zu sein. Sie wissen genau, es geht hier um den Ersatz der Elternbeiträge für die Fünfjährigen, von denen bereits etwa 98 Prozent österreichweit in Betreuung sind. Wenn einzelne Bundesländer, wie gerade Wien – und die Demonstration der Kinder­gartenpädagoginnen am letzten Samstag war zu 90 Prozent ein Wiener Thema (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP – Zwischenrufe bei der SPÖ), das haben alle Demons­trierenden gesagt –, hier Probleme haben, dann können Sie das nicht auf den Bund abschieben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 68

Tatsache ist, hier gibt es noch Probleme, hier gibt es massive Probleme, aber dies ist nicht in allen Bundesländern der Fall, wiewohl ich Ihnen auch zustimme insofern – wir haben schon darüber gesprochen –, als ich selber einem Bundesrahmengesetz sehr, sehr positiv gegenüberstehen würde. Tatsache ist aber, dass die Welt leider nicht so einfach ist, wie Sie es dargestellt haben, Frau Abgeordnete, denn wir haben ein föderalistisches System, die Länder sind zuständig, und wir sind nur einer von zehn Verhandlungspartnern. Und genau das ist der Punkt: dass wir hier gemeinsam daran arbeiten!

Genau deswegen haben wir gemeinsam grundlegende Standards, mit dem Zugang: Qualitätsverbesserung auf allen Ebenen für die Kinderbetreuung, im Regierungspro­gramm verankert. Und mein Politikzugang ist: Wenn ich nicht von Anfang an hundert Prozent bekommen kann, dann muss ich eben zehnmal zehn Prozent machen und bin am Ende des Weges am Ziel. Aber ich glaube, dass wir hier sehr, sehr gut unterwegs sind und die richtigen Schritte in die richtige Richtung setzen.

Ein ganz wichtiger Aspekt beim Kinderbetreuungsgeld, wie Sie es heute hier be­schließen werden, wird der Anteil der Väter sein. Die Väter nehmen immer mehr – und sie wollen das auch selbst – eine aktive Rolle in der Familie ein, sie sollen das, und sie verlangen hier selbst nach Rahmenbedingungen.

Was heute hier beschlossen wird, wird aber noch lange nicht das Ende des Weges sein. Wir werden sehr konsequent an weiteren Verbesserungen, gerade auch für mehr aktive Väter in den Familien, arbeiten und hier die Väter entsprechend unterstützen. Ich verstehe daher gerade die FPÖ nicht, die einerseits immer für die Rechte der Väter kämpft, andererseits aber, wenn es um die Familien geht, gar nicht von Vätern spricht. Also irgendwo ist Ihre Argumentation da nicht ganz durchlässig, meine Damen und Herren von der FPÖ. (Abg. Kickl: Wenn wir von Familien reden, sind die Väter immer dabei!)

Die Pensionszeiten wurden bereits erwähnt.

Was den Vorwurf betrifft, die Familienleistungen gerade von Frauen würden nicht ge­nug geschätzt, darf ich Sie daran erinnern, dass etwa 1,2 Milliarden € pro Jahr für die pensionsbegründenden Zeiten aufgewendet werden. Das ist ausgezeichnet und wirk­lich sehr, sehr viel!

Natürlich kann man sich immer noch wünschen, mehr zu haben, aber die Politik ist eben die Kunst des Machbaren und nicht das, was ich mir wünschen würde. Da geht es um realitätsnahes Arbeiten, da geht es nicht darum, was wir uns wünschen würden.

Damit darf ich Ihnen allen – und ich hoffe, dass diese Novelle eine breite Zustimmung erhält – für die gute Verhandlungsbasis danken, insbesondere meiner Kollegin Gabriele Heinisch-Hosek. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


11.27.15

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Frau Staatssekretär! Natürlich ist viel geschehen in Sachen Familienpolitik – keine Frage –, natürlich geben sich die Damen (mit Blick in Richtung Bundesministerin Heinisch-Hosek und Staatssekretärin Marek) Mühe, etwas zu erreichen – aber dazu haben wir Sie ja auch, oder besser: haben die Regie­rungs­parteien Sie ja auch in diese Positionen gesetzt! (Abg. Heinzl: Sie auch? Das ist aber nett!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 69

Die Einführung einer individuellen Zuverdienstgrenze von 60 Prozent des Letzteinkom­mens, meine Damen und Herren, ist sicherlich ein positiver Schritt in die richtige Richtung und wird von uns auch sehr positiv bewertet.

Allerdings: Wenn wir jetzt von einer zusätzlichen Kurzvariante sprechen, der Einfüh­rung der 80 Prozent des Letzteinkommens, dann muss ich sagen: Das ist schon wieder ein Schritt in die falsche Richtung. Es müssten die Kinder gleich viel wert sein, es dürfte nicht vom Einkommen abhängig gemacht werden, wie viel jeweils ein Haushalt dazubekommt. Wo, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ist da eine durchdachte Familienpolitik? Ein Widerspruch nach dem anderen! (Beifall bei der FPÖ.) – Da muss ich begrüßen, dass auch die grüne Fraktion diesen Widerspruch erkannt hat.

Wenn wir ein Kinderbetreuungsgeld haben, das wir für zweieinhalb Jahre ausbe­zah­len – wobei wir natürlich der Meinung sind, drei Jahre wären da der richtige Zeitraum –, und dann aber nur einen Kündigungsschutz von zwei Jahren haben, dann ist das sicher kein Gleichklang und funktioniert nicht.

Die Karenzzeit ist auf drei Jahre zu verlängern, meine Damen und Herren! (Zwischen­ruf der Abg. Lueger.)

Der Kritikpunkt der Zuverdienstgrenze beim Kindergeld ist natürlich auch gewaltig, denn: Eine Zuverdienstgrenze trifft nicht – wie viele hier publizieren und meinen – die gut verdienenden, sondern eindeutig die schlecht verdienenden Familien. Wenn Eltern gut verdienen, dann können sie es sich natürlich leisten, dass ein Elternteil einmal ein bisschen weniger verdient, und kommen trotzdem über die Runden. Nachteile haben da aber die Alleinverdiener und die schlecht verdienenden Familien, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Denn: Die Schlechtverdienenden und Alleinerzieher brauchen ein geregeltes Einkom­men und sind darauf angewiesen, um ihr tägliches Leben damit bestreiten zu können. Und wenn wir von einer Zuverdienstgrenze von 16 200 € reden, dann muss ich sagen: Das gleicht ja nicht einmal die Inflationsrate seit Einführung dieser Zuverdienstgrenze aus.

Außerdem, meine Damen und Herren, würde es, wenn wir nicht diese vielen Varianten hätten – und wie wir sehen, sind wir noch nicht am Ende mit den Varianten, die auf uns zukommen werden –, auch eine Vereinfachung der Verwaltung bedeuten, und wir würden da schon eine Menge Geld einsparen, auch was die Beratungskosten für die einzelnen Familien betrifft, welche Variante sie sich jetzt am besten aussuchen.

Wir können auch nicht von einer Wahlfreiheit sprechen, wenn wir den Eltern vorgeben, wie sie sich ihr Leben einteilen sollen. Warum kann sich eine Familie nicht selbst einteilen, ob jetzt eine Mutter – oder ein Vater, um auch da dem gerecht zu werden – volle drei Jahre beim Kind bleibt? Müssen sie sich das wirklich teilen, die 30 und sechs Monate?! – Das ist nicht Autonomie der Familie. Wir greifen hier ständig ein und bevormunden damit die Familien! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sollten es den Familien selbst überlassen, wie sie sich das einteilen – ob die Mutter ganz beim Kind bleibt, der Vater die ganze Zeit zu Hause bleibt oder ob sie sich das aufteilen. Das war auch der ursprüngliche Sinn des Familiengeldes.

Genauso, meine Damen und Herren, sind Familien und Familienerhalter – in diesem Fall dann wahrscheinlich meistens Väter – auf dem Arbeitsmarkt zu bevorzugen. Wir haben das ja von unserem Klubobmann schon gehört: Um das Sozialsystem aufrecht­zuerhalten und die Pensionen aufrechtzuerhalten, sind unsere Kinder da, denn wir haben ein Umlagesystem: Was wir heute einzahlen, nehmen unsere Pensionisten


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heute – auch sehr richtig so. Aber was unsere Kinder einzahlen werden, zahlen sie sowohl für Kinderlose ein als auch für diejenigen, die Kinder haben.

Durch diese Tatsache, mein Damen und Herren, gehen jährlich zumindest 3 Milliar­den € vonseiten der Mehrkinderfamilien zu den Kinderlosen. Und da muss man etwas machen. Es ist allerhöchste Zeit, meine Damen und Herren, da umzudenken, Öster­reichern mehr Anreiz zu geben, Kinder zu bekommen. Armutsgefährdet sind vor allem auch Kinder – das sind 15 Prozent – dieser Familien, die drei oder mehr Kinder haben, die hier im Spitzenfeld liegen.

Außerdem, meine Damen und Herren, bitten wir Sie, nicht vorschnell Gesetze zu machen und dann immer wieder nachzubessern, sondern einmal im Vorhinein nach­zudenken und dann ein Gesetz mit Hand und Fuß zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


11.33.00

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Familienstaatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kitzmüller, ich habe so das Gefühl, Sie bewegen sich irgendwo in der Vergangenheit.

Wir beschließen hier überhaupt keine kurzfristigen Gesetzesvorlagen und keine Schnell­schüsse bei Gesetzen, sondern: Dieses Kinderbetreuungsgeld gibt es seit dem Jahr 2002. Es wurde ständig weiterentwickelt. (Ruf bei der FPÖ: Eben! Aber nicht unbedingt zum Besseren! – Abg. Kickl: Alles, was Sie weiterentwickeln, wird schlech­ter!) Wir setzen hier auf Wahlfreiheit. Unsere Familien sind uns sehr viel wert! An dieser Stelle möchte ich mich bei der Frau Staatssekretärin und auch bei der Frau Bundesministerin herzlich bedanken, dass sie hier eine Lösung gefunden haben – ohne Zank, sondern ganz einfach für die Familien in diesem Land eine Lösung gefunden haben, bei der sie sich die von ihnen bevorzugte Variante selbst aussuchen können.

Selbstverständlich ist es kompliziert, Frau Kollegin Glawischnig. Alles im Leben ist kompliziert (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist besonders kompliziert!) – und auch, eine Entscheidung zu treffen, welche Variante man in Anspruch nehmen möchte. Aber neben mir sitzt ein junger Vater, das Baby ist noch nicht einmal ein halbes Jahr alt, und er hat mir jetzt während meiner Vorbereitung gesagt, wie oft er Informations­material bekommen hat (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich habe überhaupt nichts bekommen!) und wie sehr er informiert worden ist, damit er sich für eine Variante des Kinderbetreuungsgeldes entscheiden kann. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich habe überhaupt nichts bekommen! Keine einzige Zuschrift!) Dann weiß ich nicht! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Dann bin ich bei der falschen Partei!) – Mein Kollege ist übrigens Jochen Pack, der junger Vater ist. Er hat mir die ganze Sache erklärt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Kinderbetreuungsgeld wurde ganz einfach wesentlich weiterentwickelt, auch was die Zuverdienstgrenze betrifft. – Frau Kollegin Kitzmüller, vielleicht informieren Sie sich ein bisschen, bevor Sie hier Unwahrheiten verbreiten! Wir haben nämlich überhaupt nichts geändert an der Zuverdienstgrenze für diejenigen, die die längere Variante in Anspruch nehmen – nämlich 30 Monate plus sechs für den zweiten Elternteil –, sondern: Die 16 200 € können sie jetzt auch noch in Anspruch nehmen – oder aber man entscheidet sich für die 60 Prozent des Einkommens vor Bezug des Kinder­betreuungsgeldes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 71

Ich sehe nicht ein, warum das jetzt schlecht sein soll, wenn man draufkommt, dass eine starre Zuverdienstgrenze nicht mehr der Stein der Weisen ist, sondern dass man sich ganz einfach auch für eine Zuverdienstgrenze entscheiden kann, die eben 60 Pro­zent des Letztbezuges beträgt. (Abg. Ursula Haubner: Weg! Weg ...! – Abg. Dr. Fichtenbauer: Weil die Zuverdienstgrenze sowieso ...!) Gerade junge Unterneh­merinnen haben immer wieder gefordert: Keine starre Zuverdienstgrenze! – Das ist doch, bitte, eine Weiterentwicklung, die Sie nicht kritisieren müssen! (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Es ist auch immer wieder die Kritik gekommen – von Frau Kollegin Haubner, oder ich weiß jetzt nicht, wer das genau gesagt hat –, dass wir den Zuschuss zum Kinder­betreuungsgeld überhaupt streichen wollten. – Das stimmt überhaupt nicht! Wir wollten nur nicht, dass er so, wie es bisher war, zurückbezahlt werden muss, wenn sich dann nachträglich im Einkommen etwas ändert. Ich finde es besser, wenn wir für eine gewisse Zeit eine Beihilfe geben, wenn entsprechende Bedingungen gegeben sind – beispielsweise: bei einer Einkommenshöhe von 5 800 € und einer Zuverdienstgrenze beim Partner von 16 200 €, 180 € pro Monat für ein ganzes Jahr –, denn ich glaube, mit einer Beihilfe helfen wir den Familien mehr, als wenn wir ihnen dann irgendwann einmal sagen: So, jetzt zahlst du es wieder zurück!, zu einem Zeitpunkt, wo die Familie das überhaupt nicht leisten kann.

Wahlfreiheit bedeutet auch – wir haben es im Ausschuss auch intensiv besprochen –: Wir denken überhaupt nicht daran, die Langvariante abzuschaffen. Es sind immer noch 80 Prozent aller Kinderbetreuungsgeld-BezieherInnen in der Langvariante. Aber man muss auch den Realitäten ins Auge sehen, dass eben die Väterbeteiligung gerade dort am größten ist, wo jetzt die 800 € für 15 Monate in Anspruch genommen werden können.

Und so werden wir auch mit der 1 000-€-Pauschalvariante für ein Jahr, oder beispiels­weise auch mit dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 80 Prozent der letzten drei Monate vor dem Wochengeldbezug, eine Lösung finden, wo auch Männer es wahrscheinlich mit ihrem Unternehmen für sich möglich machen, dass sie in Karenz gehen. Und das ist nicht schlechtzumachen!

Wenn man jetzt kritisiert, dann möchte ich Ihnen nur sagen: Die Grünen und auch die FPÖ sind damals überhaupt nicht mitgegangen beim Kinderbetreuungsgeld. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aus gutem Grund, ja!) Es ist für mich völlig unverständlich, warum man jetzt nicht für die Weiterentwicklung ist und das immer nur negativ sieht und madig macht. Ich finde, wenn wir für Familien stehen, dann sollten wir auch bei der Beschlussfassung dazu stehen.

Zum Schluss noch die Entwicklung, welche Berufsgruppen Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen – weil uns die FPÖ ja immer vorwirft, wir tun nichts für solche, die bei den Kindern zu Hause bleiben möchten (Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen) –:

Ich kann Ihnen nur sagen – und ich bin schon beim Schluss, Herr Präsident –: 25 800 Haus­frauen beziehen das Kinderbetreuungsgeld. Nur, damit Sie das auch wissen! Und Arbeitslosengeldbezieherinnen sind es 11 800. Das heißt, das sind solche, die gar nicht im Erwerbsleben stehen und denen wir das Kinderbetreuungsgeld ermöglichen, weil uns die Kinder, weil uns die Familien wichtig sind!

Wir sind gut beraten, diesen Kurs weiter zu verfolgen (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen) und auch immer zu evaluieren, wenn etwas wieder geändert werden soll. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 72

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


11.38.36

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Kinder­betreu­ungsgeld ist unbestritten ein familienpolitischer Meilenstein. Es ist im Jahr 2002 eingeführt worden, und gegen eine Weiterentwicklung haben wir im Grunde genom­men gar nichts, sondern es ist sogar von Vorteil, wenn sich das weiterentwickelt.

Auch der Gestaltung des Kinderbetreuungsgeldes in der Form, dass man verschiedene Wahlmöglichkeiten hat, verschließen wir uns nicht, denn jede Familie hat ja sozusagen andere Rahmenbedingungen. Es ist unterschiedlich von einer Familie zur anderen.

Das Wichtigste an dieser Novelle ist, wenn ich mir das jetzt so anschaue: Es gibt zwei neue Varianten dazu.

Auf der einen Seite müssen wir uns immer die Frage vor Augen halten: Wie erreichen wir eine bessere Väterbeteiligung? Wie wird es attraktiv, dass sich auch Väter an der Kindererziehung beteiligen? Wie verbessern wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? – Diese Bewusstseinsbildung muss vorangetrieben werden.

Und andererseits: Wie funktioniert es mit dem Wiedereinstieg ins Berufsleben? – Das ist auch wieder von einem zum anderen Fall unterschiedlich.

Das hat uns gezeigt, dass, wenn jemand länger Babypause macht, es halt schwieriger wird, in den Beruf wieder einzusteigen. – Das ist das eine.

Frau Kollegin Binder-Maier von der SPÖ hat gemeint, das Wichtigste dabei sei eigentlich die Armutsbekämpfung, und die beste Armutsbekämpfung seien Arbeit und Einkommen. Ich kann ihr da zu hundert Prozent zustimmen, das ist so. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Kollegin Binder-Maier, gerade wir sind es, die einen Mindestlohn von 1 300 € brutto fordern, wo mindestens 1 000 € netto herauskommen. Man muss sich einmal hinter die Ohren schreiben, dass das auch wichtig ist, und dazu auch stehen.

Nun, wir haben jetzt eine vierte und fünfte Variante beim Kinderbetreuungsgeld, die auf das Einkommen der Eltern abzielt. Erwerbstätige Eltern sollen 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens bis zum maximalen Betrag von 2 000 € erhalten können, wobei der Bezugsanspruch je Elternteil auf zwölf Monate begrenzt ist. Auf der anderen Seite ist für Personen, die kein oder ein geringeres Einkommen haben, ein Kinderbetreu­ungsgeld in der Höhe von 1 000 € vorgesehen, das zwölf Monate plus zwei Monate ausbezahlt werden soll. Dies ist als Variante neben den bisherigen drei Pauschalmodellen vorgesehen.

Die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld wird um eine individuelle Zuver­dienstgrenze in Höhe von 60 Prozent der maßgeblichen Einkünfte im letzten Kalen­derjahr vor der Geburt des Kindes ergänzt. Es wird also diese Zuverdienstgrenze weiterhin geben, gegen die wir – meine Fraktion und auch ich – uns generell ausge­sprochen haben. Die pauschale Zuverdienstgrenze in Höhe von 16 200 € bleibt weiter bestehen.

Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung, Verpachtung sowie sonstige Einkünfte oder Funktionsgebühren werden dabei nicht berücksichtigt. Das ist meiner Meinung nach eine totale Ungleichbehandlung gegenüber jedem unselbständig Erwerbstätigen. Durch verschiedene Zuverdienstgrenzen wird alles komplizierter und wird der Verwal­tungsaufwand höher. Es gibt natürlich die einzelnen Broschüren, die an die Leute verschickt werden, wo man sich informieren kann. Aber es ist halt einmal so, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 73

durch die Zuverdienstgrenze es zur Ungleichbehandlung und zu einer Steigerung des Verwaltungsaufwandes kommt. Wie ich vorhin schon gesagt habe: Jede Familie hat andere Rahmenbedingungen.

Die Erhöhung des Mehrlingszuschlages – das hat meine Kollegin Haubner schon gesagt – in den pauschalen Kurzvarianten auf 50 Prozent des jeweiligen Tagesbe­tra­ges sehen wir positiv. Wir halten es für außerordentlich positiv, dass da eine Weiter­entwicklung erfolgt ist.

Was wir eigentlich nicht gutheißen, ist, dass man wieder einen Schritt zurück macht. Mit der Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes wird nämlich die ursprünglich erbrachte Betreuungsleistung an den eigenen Kindern zusätzlich zur Familienleistung als Versicherungsleistung oder als zusätzliches Einkommen gesehen. Und dieser Konnex zwischen Einkommen und Betreuungsleistung für die Kinder sollte eigentlich nicht bestehen, denn uns sollte jedes Kind gleich viel wert sein.

Ich meine, durch die Anpassung der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes ist es ja gege­ben, aber nicht durch die individuelle, also unterschiedliche Zuverdienstgrenze. Und dadurch führt man wiederum sozusagen durch die Hintertür das ehemalige Karenzgeld ein.

Geschätzte Damen und Herren! Fazit ist: Die vorliegende Regelung bringt sozusagen keine Aufhebung der Zuverdienstgrenze, der Verwaltungsaufwand wird damit größer. Frau Staatssekretärin, Sie haben im Ausschuss gesagt, es würde Mehrkosten in Höhe von 300 Millionen verursachen, würde man die Zuverdienstgrenze fallen lassen. Aber rechnen Sie einmal jetzt den erhöhten Verwaltungsaufwand dagegen, das wäre dabei auch zu berücksichtigen. (Beifall beim BZÖ.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.44.18

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Heute ist ein wichtiger Tag und ein guter Tag für die zukünftigen Mütter und Väter und ein wichtiger Tag in gesellschafts­politi­scher Hinsicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wollen wir nun mit dieser Beschlussfassung, mit der Einführung des einkom­mensabhängigen Karenzgeldes erreichen? – Vier Ziele möchte ich aufzählen: erstens die Erhöhung der Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung, zweitens die Verbes­se­rung der Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, drittens die Erhöhung der Gebur­tenrate und viertens die Verbesserung der finanziellen Situation der Familien.

Die Erhöhung der Väterbeteiligung ist aus drei Gründen besonders wichtig. Wenn sich Väter mit ihren Babys beschäftigen, wird die emotionale Bindung größer, und das ist auch für die Zukunft wichtig. Wir müssen daran denken, dass sich vielleicht die eine oder andere Familie wieder trennt. Und daher ist es wichtig, dass eine entsprechende Emotion vom Vater zum Kind gegeben ist.

Und es ist wichtig, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir eine Gesellschaft haben, wo sich Väter und Mütter um die Babys, um die Kinder kümmern. Wir brauchen keine vaterlose Gesellschaft, sondern wir brauchen eine Gesellschaft, wo sich beide Eltern­teile zuständig fühlen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieses einkommensabhängige Karenzgeld ist auch für die Verbesserung der Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt sehr wichtig, weil dann der Arbeitgeber selbstver­ständlich damit rechnen muss, dass nicht nur die Frau eine bestimmte Zeit dem


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Arbeitsplatz fernbleibt, sondern auch der Mann. Und wir wissen es aus verschiedenen Beispielen von anderen Ländern, dass dort, wo einkommensabhängiges Kindergeld eingeführt wurde, die Väterbeteiligung massiv gestiegen ist: über 20 Prozent in den skandinavischen Ländern, Island 90 Prozent. Das sind Daten, die uns als Vorbild dienen können. (Abg. Dolinschek: Bei uns sagen die Statistiken 5 Prozent! Bewusst­seinsbildung!)

Sie, Herr Abgeordneter Dolinschek, haben ja auch darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass der Wiedereinstieg möglich ist. Je länger jemand vom Arbeitsmarkt entfernt ist, je länger jemand nicht arbeitet, desto schwieriger ist es, wieder einzusteigen. Ich rede noch gar nicht davon, dass das Einkommen dann geringer ist. Und es ist wichtig, dass die Menschen ein Einkommen haben, mit dem sie auskommen können.

Natürlich müssen wir schauen, dass vor allen Dingen auch die Frauenlöhne ange­hoben werden, weil die Frauen nach wie vor zirka ein Drittel weniger verdienen. Mit dieser Maßnahme – das zeigen uns auch die nordischen Länder – ist es gelungen, die Ungleichheit zwischen den Einkommen der Geschlechter zumindest ein wenig zu mildern. Auch das ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. (Abg. Dolinschek: Bewusstseinsbildung ist sehr wichtig!) Natürlich ist Bewusstseinsbildung wichtig.

Was die Zuverdienstgrenze, die auch Sie erwähnt haben, betrifft, möchte ich sagen: Es geht uns auch darum, dass Eltern, also Väter und Mütter, die Möglichkeit haben sollen, bei ihrem Kind zu bleiben, eine gewisse Zeit für ihr Kind aufzuwenden. Das ist ein ganz wesentlicher Teil. Wir wollen ja, dass bei Müttern und Vätern Zeit für das Kind bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen Rahmenbedingungen – auch das wurde hier schon einige Male er­wähnt –, die über die Zeit des Kindergeldes hinaus wirken, Kinderbetreuungsein­rich­tun­gen, ganztägige Schulformen, und, und, und.

Außerdem – das ist für mich etwas sehr Wichtiges, sehr geehrte Damen und Herren –brauchen wir eine kinderfreundliche Gesellschaft. Es darf Kinderlachen nicht als Störung empfunden werden. Wir brauchen eine Gesellschaft, die Ja zum Kind sagt, die eine Freude hat, wenn sich Kinder im Hof tummeln und dies, wie gesagt, nicht als Belästigung empfinden. Dann machen wir den Menschen Mut zum Kind, dann werden wir dadurch belohnt werden, dass Eltern wieder mehr Kinder bekommen, weil sie die entsprechenden Rahmenbedingungen vorfinden. Frankreich, Schweden, andere Län­der zeigen es uns vor. Hier ist ein wichtiger Schritt gesetzt worden, und ich bin froh darüber. Das ist ein Meilenstein. Herzlichen Dank der Frau Ministerin und der Frau Staatssekretärin. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


11.49.43

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Ministerin und Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte ZuseherInnen im Haus und auch vor den Bildschirmen! Es könnte ein schöner Tag für Österreichs Familien sein, für die Mütter, die Väter, die Kinder.

Es könnte auch ein erfreulicher Tag für uns Grüne sein und für all jene, die seit über einem Jahrzehnt für ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld gekämpft ha­ben. Sie merken an dem „könnte“, an dem Konjunktiv, dass es das nicht uneinge­schränkt ist, denn der Teufel liegt im Detail.

Das Ziel eines Kinderbetreuungsgeldes muss meines Erachtens eine Existenz­siche­rung aller Beteiligten und soziale Gerechtigkeit sein, Väterbeteiligung zu unterstützen


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und den Wiedereinstieg, wie meine Vorrednerin gesagt hat, von Frauen zu fördern. Der vorgelegte Entwurf unterstützt leider nur die Väterbeteiligung und bis zu einem gewissen Maß auch den Wiedereinstieg, aber von sozialer Gerechtigkeit, von Existenz­sicherung kann keine Rede sein.

Sie sind in die richtige Richtung gegangen. Ob jetzt 10 Prozent, zehn kleine Schritte oder große Schritte, mag eine Geschmacksfrage sein. Aber Sie sind – und das habe ich Ihnen schon im Familienausschuss gesagt – leider gleich in die falsche Richtung abgebogen.

Sie, die Damen und Herren von der ÖVP, tun, was Sie immer tun, wenn Sie über Errungenschaften für Familien sprechen und diese abfeiern: Sie meinen damit nur bestimmte Familien – und sparen andere aus! Mittlerweile sollte aber auch bei Ihnen in der ÖVP angekommen sein, dass die heile Familie so, wie Sie sie definieren, nicht mehr ausschließlich existiert. Es gibt AlleinerzieherInnen, es gibt Patchwork-Situ­ati­onen, auch das sind heile Familien, auch das sind existierende Familien. Und wir alle kennen solche Familien.

In Ihrem Gesetz ist kaum Raum für Alleinerziehende und Patchwork-Familien vor­gesehen. Ganz im Gegenteil: Sie schaffen hier sogar zwei verschiedene Gruppen von Alleinerziehenden: erstens jene, wo Sie Härtefälle definieren – keine Frage, die definierten Härtefälle sind tatsächlich Härtefälle, beispielsweise Alleinerziehende, deren Partner verstorben ist, oder Alleinerziehende, wo der andere Elternteil eine Haftstrafe abbüßen muss –, und zweitens jene, denen Sie ausdrücklich oder still­schweigend Missbrauch unterstellen und die Sie daher anders behandeln als die erste Gruppe. Und das darf und kann nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

Aber es geht noch weiter: Sie schaffen einen Zuschuss, der nicht existenzsichernd ist. Gehen wir davon aus, dass jemand die längste Variante wählt: 36 Monate, 436 € monatlich, bekommt einen Zuschuss, der dankenswerterweise oder glücklicherweise jetzt nicht mehr zurückgezahlt werden muss, sondern eine tatsächliche Beihilfe ist, in Höhe von 180 € und darf bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuverdienen, also derzeit 357 €. Diese alleinerziehende Person kommt auf insgesamt 973 €. Die Armutsgefähr­dungsschwelle für eine erwachsene Person mit einem Kind liegt derzeit aber bei rund 1 245 €, also 300 € Unterschied. Und da verstehe ich die SPÖ überhaupt nicht, dass sie hier mitgehen kann. Und da verstehe ich auch Sie, Frau Ministerin, nicht, dass Sie Ihren anfänglichen von uns sehr wohlwollend unterstützten Widerstand dagegen, hier keine Ungleichbehandlung einkehren zu lassen, aufgegeben haben und umgefallen sind. Und das entbehrt auch jeglicher Logik. Mit logischen Argumenten können Sie das nicht erklären.

Aber wir haben Hoffnung, denn gestern hat Kollegin Ablinger gezeigt, dass es auch bei der SPÖ noch Kolleginnen mit Rückgrat gibt, indem sie sich bei der Abstimmung zum Fremdenrechtspaket nicht ihrer Fraktion angeschlossen, sondern sich der Stimme enthalten hat. Und wir hoffen, dass es noch mehrere Kolleginnen und auch Kollegen gibt, die hier Rückgrat zeigen und für Österreichs Familien wirklich soziale Gerechtig­keit wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wollen Armut bekämpfen – und nicht die Armen! Und wir fordern Sie alle auf, uns hier zu folgen.

Kollegin Glawischnig hat es schon angesprochen: Nicht nur das Kinderbetreuungsgeld selbst, sondern auch die Kinderbetreuungseinrichtungen sind eine wichtige Rahmen­bedingung für unsere Familien. Hier wäre es wichtig, auch einmal zu hinterfragen, ob die Tatsache, dass so viele Familien die längere Variante wählen, nicht auch mit der Tatsache zusammenhängt, dass es eben für kleine Kinder nur eine geringe Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungsangeboten gibt. Wir werden entsprechende Anträge ein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 76

brin­gen. Wir werden hier dranbleiben. Ich melde mich später noch einmal zu Wort, um Ihnen die Anträge vorzustellen. (Beifall bei den Grünen.)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek zu Wort. – Bitte.

 


11.54.58

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Frau Kollegin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stehe mit beiden Beinen fest im Leben und auf dem Boden sowieso. Frau Kollegin Musiol, Kindergeld neu heißt für uns nach vorne schauen, auf diverse Fragen, die unsere Familien haben, Antworten geben. Kindergeld neu heißt anerkennen, dass das Kindergeld an sich Zuwachs bekommen musste, damit wir genau diese Antworten geben können. Kinder­geld neu heißt doch auch Lösungen anbieten und nicht in Problemen denken. Und genau das ist es, was wir wollten.

Es ist klar, dass nie jemand mit allem hundertprozentig einverstanden sein kann, auch ich nicht. Ich komme später darauf zurück. Aber es ist doch erfreulich, sagen zu können, dass wir familienpolitisch den nächsten großen wichtigen Schritt heute ge­macht haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Da werden Sie mir doch alle zustimmen, oder? – Genau.

Es ist nämlich insofern wichtig, darüber zu reden, dass Familienarbeit nicht Frauen­sache alleine sein kann, wie das heute der erste Redner der FPÖ gesagt hat. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ist nicht wahr! Hat er überhaupt nicht gesagt!) Er hat gesagt, das ist eine Katastrophe. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie sind eine Katastrophe!) – Ja, eine Katastrophe ist, wenn Männer sich nicht an der Familienarbeit beteiligen. Und genau damit setzen wir doch jetzt den ersten Schritt, dass wir das möglich machen. Diese dicke Mauer an Ausreden und Vorurteilen ist doch jetzt wirklich dadurch einzuschlagen, dass wir es jungen Vätern ermöglichen, dass sie in Karenz gehen. Das ist ja nicht nichts, wenn ich sage, mindestens 1 000 €, maximal 2 000 € können Mütter oder Väter in Anspruch nehmen bei zwölf beziehungsweise 14 Mo­naten. Ich denke, die Glaubwürdigkeit von uns allen ist ja auch gefragt.

Wir wären am Puls der Zeit, wenn hier auch Vorbilder wären, wenn nächstes Jahr Abgeordnete mit Kinderwagen, Schnuller und Babyfläschchen antanzen würden. Das würde mich freuen. Dann wären die Männer hier im Hohen Haus – 20 Prozent, mehr will ich nicht – Vorbilder auch für andere. Und genau das wollen wir damit. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir hätten gerne, dass jeder fünfte Vater in diesem Land auch sagt, ja, ich bekenne mich dazu, es ist wichtig, dass ich eine Zeitlang beim Kind daheim bleibe. Und genau so wichtig wäre es, dass wir in den Betrieben eine Kultur schaffen, die das auch ermöglicht. Da sehe ich noch diverse Widerstände. Da spüren wir noch, dass es nicht so gewünscht ist, dass auch Männer in Karenz gehen. Ich weiß nicht, ob hier Ängste da sind, ob es Vorurteile sind. Es ist, so glaube ich, wichtig, auch die Unternehmer und Unternehmerinnen zu motivieren, dass sie sagen: Ja, es ist schön, wenn ich möglichst viele Väter in meinem Betrieb habe, die sich um ihre kleinen Kinder kümmern wollen, weil jetzt die Möglichkeit da ist, nicht nur für die Väter selber vom Geld her, sondern weil auch die Unternehmen sagen können, da können wir alle profitieren.

Apropos profitieren – um mit noch einem Missverständnis aufzuräumen –: Wir haben jetzt eine brandaktuelle Untersuchung, die besagt, dass Frauen, die einen Beruf haben, diesen auch ausüben können, auf dem Arbeitsplatz sind, ein höheres Wirt­schaftswachstum in einem Land ermöglichen. In Österreich werden es um bis zu


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32 Prozent mehr. Das hat der zuständige EU-Kommissar letztens präsentiert. Es wäre wichtig und an der Zeit, dass wir erkennen, dass, wenn es unseren Familien gut geht, wenn Frauen Arbeit haben, auch mehr Geburten in einem Land sind – das wurde heute auch schon sehr missverständlich hier dargelegt –, das Wirtschaftswachstum höher ist. Es gibt da einen unmittelbaren Zusammenhang. Dort, wo mehr Geburten sind, haben die Frauen auch einen guten Job, weil sie wählen können.

Wir haben jetzt mit diesem neuen Kindergeld eine neue Variante geschaffen, dass diese Wahlmöglichkeit wirklich da ist. Es gibt kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Und ich glaube, es ist wichtig, das an dieser Stelle zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Familie ist mehr als nur Mutter, Vater, Kind. Das ist, so glaube ich, auch unbestritten. Familie ist eine Alleinerzieherin mit Kind, ein Alleinerzieher mit Kind. Familien setzen sich heute neu zusammen. Es gibt die verschiedensten Lebensformen. Und ich denke, diesen Rechnung zu tragen, ist das Allerwichtigste für moderne und fortschrittliche Familienpolitik. Und dass hier die ÖVP diesen Schritt mitgeht, das verdanken wir letztendlich auch meiner Kollegin Christine Marek, wo ich sagen möchte, dass wir gemeinsam in den letzten Monaten für die Familien in Österreich wirklich vieles weitergebracht haben, weil wir eben dieses Kindergeld neu heute anbieten können, das wir heute beschließen.

Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob Sie den „Schmetterlingseffekt“ kennen, der besagt, dass schon der Flügelschlag eines Schmetterlings Stürme auslösen kann. Und ich wünsche mir, dass dieses Kindergeld neu einen Ansturm entfacht, einen Ansturm von Vätern, die in Karenz gehen, weil ich glaube, dass dieses Angebot eines ist, das niemand mehr in diesem Land ablehnen kann.

Auf der anderen Seite möchte ich auch zu bedenken geben, dass wir uns sehr darum kümmern müssen, dass Frauen, die ihre Kinder alleine großziehen, oder auch Männer, die ihre Kinder alleine großziehen, gut abgesichert sind. Da gebe ich durchaus zu, es waren nicht 100 Prozent, mit denen ich zufrieden war, aber viele Prozente, weil auch hier ein wichtiger Schritt gelungen ist. Und es war noch nie der Fall, dass das mitdiskutiert wurde beim Kindergeld, noch nie!

Zum ersten Mal beschließen wir heute mit, dass es auch für alleinerziehende Frauen unter gewissen Bedingungen einen um zwei Monate längeren Bezug des Kindergeldes geben kann. Ja, da hätte ich mir mehr gewünscht, aber dieser Kompromiss, den wir heute vorlegen, den Sie heute beschließen, ich hoffe, mehrheitlich beschließen, das ist ein guter Kompromiss. Aber trotzdem müssen wir darauf schauen, dass wir den Frauen, die es ohnehin nicht leicht haben, wenn sie alleine mit einem Kind sind, auch die Leistungen zukommen lassen, Sozialleistungen vor allem, die sie vor Armut be­wahren.

Es wurde heute schon gesagt: Aufgabe einer Frauenministerin, Aufgabe einer Fa­milien­staatssekretärin ist es doch auch in erster Linie, diese Vereinbarkeit für die Frauen auf der einen Seite, aber auch für die Männer zu gewährleisten. Und da würde ich mir wünschen, dass es tatsächlich Wirklichkeit werden kann, dass 20 Prozent der Väter auch das Kindergeld in Anspruch nehmen.

Ich verhehle nicht, dass alleinerziehende Frauen in diesem Land zum Teil keine Zeit für sich haben. Ich glaube, wir können uns das nicht vorstellen mit einem kleinen Kind zuhause. Wenn ich keine Steuern bezahle, weil ich zu wenig verdiene, kann ich auch nichts absetzen von der Steuer. Die Kosten für die Kinderbetreuung abzusetzen ist für diese Frauen schon sehr schwierig oder gar nicht möglich. Daher: Genau ein Auge darauf zu haben, wie wir Armut vermeiden können in unserem Land, ist sehr wichtig,


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vor allem für Männer und Frauen, die es nicht leicht haben im Leben und Kinder haben.

Wir müssen auch auf junge Familien achten, dass sie, wenn sie gewisse Leistungen bekommen, nicht benachteiligt werden. Es ist wichtig, dass wir darauf schauen, dass Sozialtransfers in der Höhe auch Familien und Einzelpersonen, weil Familien sind auch Frauen mit Kindern oder Männer mit Kindern, zugute kommen.

Es darf aber nicht sein, dass dort, wo Leistungen notwendig sind, Leistungen weg­gekürzt werden, um eine Gruppe gegen die andere auszuspielen. Das ist abzulehnen – und ich glaube, das ist von Ihnen allen hier im Hause abzulehnen, aber darüber wird heute noch ausreichend geredet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich setze beim Kindergeld neu auf eine neue Möglichkeit, nicht eine Variante, sondern fünf. Das Geld, das zur Verfügung gestellt wird, ist viel, aber nicht alles, und es geht darum, den nächsten Schritt anzudenken: Wenn jemand jetzt diese Variante wählt – und ich wünsche mir, dass es für viele eine neue Möglichkeit ist, schneller wieder in den Beruf zurückzukehren, mehr Väter zu motivieren; ich habe es heute schon dreimal gesagt, es ist mir so wichtig! – und nach vierzehn Monaten wieder in den Beruf einsteigen möchte, muss auch gewährleistet sein, dass die Kinder gut untergebracht werden können.

Diesbezüglich werden wir mit den Ländern weiterreden, weiterverhandeln, weil auch ich der Meinung bin – nicht nur ich, auch meine Kollegin in der Regierung ist der Mei­nung –, dass es wichtig wäre, dass Kinder in ganz Österreich die gleichen Bedingun­gen vorfinden, dass nicht im Westen der Kindergarten zu Mittag zusperrt und am Nachmittag vielleicht wieder aufsperrt und im Osten vielleicht der Kindergarten nur über Weihnachten geschlossen ist und sonst das ganze Jahr offen hat. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl. – Gegenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich nenne Tirol, ich nenne Vorarlberg mit zehn Schließwochen im Jahr. Ändern wir gemeinsam die Situation, Frau Kollegin, dann haben alle Kinder in diesem Land die gleichen Möglichkeiten! Ich glaube, dass niemand hier etwas dagegen hätte, die Frauen rechtzeitig wieder in ihre Berufe zurückkehren zu lassen. Und das muss der nächste Schritt sein!

Der nächste Schritt muss sein, dass wir mit den Ländern sehr klar und deutlich in Verhandlungen treten, dass Kinder acht Stunden am Tag mindestens die Möglichkeit haben, betreut zu werden, dass Kinder ein warmes Mittagessen in den Kinderbetreu­ungs­einrichtungen bekommen, dass fünf Tage in der Woche offen ist. Und jeder Mensch soll dann die Möglichkeit wählen, die er oder sie möchte. Wir schreiben das niemandem vor, aber das Angebot zu erweitern, das wäre der nächste Schritt, der notwendig wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.05.06

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Frauenministerin, Sie haben jetzt im letzten Satz noch etwas gesagt, nämlich: Wir müssen darauf schauen, dass wir mit den Ländern in Gespräche treten, damit das Angebot für die Kinder gut wird, die Betreuung geregelt wird. – Das ist ein Beispiel dafür, dass Sie es genau verkehrt angehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zuerst, Frau Frauenministerin, zuerst müssen die Rahmenbedingungen passen, zuerst muss ich mir einmal überlegen: Was mache ich dann mit den Kindern, die mit zwölf


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oder 14 Monaten eine Kinderbetreuungseinrichtung brauchen? Das hätten Sie sich vorher überlegen müssen! Das ist jetzt Ihr nächster Schritt, und das ist genau der Grund, warum dieses ganze Gesetz ein Murks, ein Chaos ist und in Wirklichkeit an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihr Ziel, Frau Ministerin, ist es – und das haben Sie ja unverfroren hier gesagt, ich habe es mitgeschrieben –, Sie wünschen sich, dass viele, viele Eltern von diesem Angebot Gebrauch machen und schneller in den Beruf zurückkehren. – Und was machen die dann mit den Kindern? Da treten Sie jetzt einmal in Gespräche mit den Ländern ein.

Frau Frauenministerin, Sie haben das Thema völlig verfehlt, ganz ehrlich gesagt.

Diese Gesetzesvorlage geht an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Es wurde ein Kinderbetreuungsgeld eingeführt, und das ist heute zu Recht als Erfolgsmodell be­zeichnet worden. Und das ist immerhin noch eine Variante ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Frau Silhavy, melden Sie sich zu Wort, wenn Sie etwas sagen wollen! (Abg. Silhavy: Ich habe gar nichts gesagt!)

Das ist eine Variante, die immer noch 60 Prozent aller Eltern in Anspruch nehmen wollen. Da gibt es natürlich verbesserungswürdige Dinge. Da gibt es eine Zuverdienst­grenze, die es den Eltern schwer macht, hier eine freie Entscheidung zu treffen.

Klar ist: Die ursprüngliche Intention des Kinderbetreuungsgeldes war schon, dass die Eltern entscheiden können: Nehme ich das Geld und bleibe ich zuhause, nehme ich das Geld und leiste mir eine Tagesmutter oder leiste ich mir einen Kindergarten mit diesem Geld und gehe arbeiten? – Genau dies frei zu entscheiden, das war natürlich durch diese Zuverdienstgrenze nicht möglich. Diese Zuverdienstgrenze abzuschaffen wäre ein wichtiger Schritt gewesen. – Eine Möglichkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Zweite, was ganz dringend notwendig wäre: Wir haben ein 36-Monats-Modell, aber nur dann, wenn beide Elternteile in Karenz gehen beziehungsweise wenn ein Elternteil mindestens sechs Monate in Karenz geht. Haben Sie einmal schon die Le­bensrealitäten in der Wirtschaft draußen beobachtet? Frauen, die sich für lange Modelle entscheiden, haben sehr häufig Probleme mit dem Wiedereinstieg. Und dann sollen die Männer auch noch in Karenz gehen? Damit beide Elternteile womöglich gekündigt werden und beide Probleme haben?! Das ist dann die Familienarbeits­losigkeit, auf die Sie mit diesem Modell zusteuern. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Ihnen kann man es nie recht machen! Sie sind immer dagegen – egal, was geschieht!)

Ein weiteres Problem ist der Kündigungsschutz während der Karenz, der ja nur für 24 Monate gilt. Da sagen Sie, Frau Staatssekretärin, Sie wollen den Eltern keinen Sand in die Augen streuen?! Na ist das nicht Sand in die Augen streuen, wenn Sie sagen: Ihr könnt zwar 30 Monate Kinderbetreuungsgeld beziehen, aber ihr seid nur 24 Monate kündigungsgeschützt?! Das ist doch Sand in die Augen streuen! Da hätten Sie ansetzen sollen! (Beifall bei der FPÖ.)

Und was machen Sie jetzt? – Sie locken Eltern mit mehr Geld, damit sie ja recht kurz nur zuhause bleiben, damit sie sich ja entscheiden, nach einem Jahr wieder in den Arbeitsprozess einzusteigen. Und das muss doch einen Grund haben! Ich sage Ihnen, Frau Staatssekretärin, Sie sind ja nur dem Wirtschaftsminister untergeordnet, weil sich die ÖVP längst davon verabschiedet hat, eine Familienpartei zu sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben ja das Familienministerium aufgegeben, meine Damen und Herren von der ÖVP, und Sie reden nur noch der Wirtschaft das Wort! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie wollen die Frauen so schnell und so rasch wie möglich in den Wirtschaftsprozess zurückschicken, damit die Wirtschaft billige Arbeitskräfte hat, damit sie billige Kassie-


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rerinnen an der Supermarktkassa hat, Frauen, die in Callcentern arbeiten, Frauen, die im Gastgewerbe ausgebeutet werden. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist Ihr Ziel, und genau dort arbeiten Sie hin! Und diesen Weg wollen wir nicht mitgehen!

Wir stehen zu diesen Familien, und die Familien in Österreich wünschen sich, dass sie bei den Kindern bleiben können. Viele, viele Frauen wollen zuhause bleiben und wollen ihre Kinder selbst betreuen!

Sie von der ÖVP haben sich von der Familienpartei verabschiedet, aber wir werden da nicht mitgehen. Und dass Ihnen von der SPÖ das ideologisch gefällt, ist mir schon klar, denn Sie glauben ja wirklich bis heute, es ist die Selbstverwirklichung jeder Frau, als Callcenter-Agent oder als Serviererin Karriere zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


12.09.26

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich versuche jetzt wieder ein bisschen Ruhe hereinzubringen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), weil ich nicht glaube, dass die Zuseher und Zuseherinnen an einer Schreierei interessiert sind, wo sie überhaupt kein Wort verstehen, zumal noch sehr, sehr schnell gesprochen wurde. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich muss auch gleich mit einer Falschmeldung aufräumen. – Frau Abgeordnete Haubner! Ich schätze Sie wirklich sehr, aber das, was Sie über die Banken gesagt haben, war nicht richtig, und ich glaube, da muss man auch einmal ehrlich sagen, wie das war.

15 Milliarden € für die Banken, das stimmt. Aber wofür? Die Banken müssen es ers­tens zurückzahlen, sie zahlen 8 bis 9 Prozent Zinsen dafür, und das ist nicht wenig. (Abg. Dr. Königshofer: Eben nicht!) Das Geld ist für die Haftungssicherstellung beziehungsweise für die Liquiditätssicherung. Das muss man auch einmal festhalten. Also wir haben das nicht den Banken in den Rachen geschoben. – Das nur einmal eingangs. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für mich ist es auch ein Freudentag, dass wir dieses Kinderbetreuungsgeldgesetz neu beschließen. Ich freue mich insbesondere auch deswegen, weil ab 1. Jänner 2010 für alle, die jetzt schon Kinderbetreuungsgeld bekommen, die 60-Prozent-Zuverdienst­grenze möglich ist. Wenn das keine tolle Geschichte und kein toller Beschluss ist, dann frage ich mich, was uns sonst hilft. (Beifall der Abg. Csörgits.)

Warum freue ich mich noch bei diesem neuen Kinderbetreuungsgeld? – Wir Frauen sind sehr gut ausgebildet, wir Frauen sind selbstbewusst und wir Frauen wollen natür­lich auch unseren Beruf ausüben, das ist ganz klar! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen selbst für uns vorsorgen, damit wir unabhängig sind, für uns und für unsere Kinder. Und ich habe es schon gesagt, wir wollen auch Familie und Kinder, und durch diese Möglichkeiten können wir das auch.

Wenn wir ehrlich sind, ist zu sagen, wir haben schon sehr, sehr viel für die Familien und für die Kinder gemacht. Wir haben die 13. Familienbeihilfe im Vorjahr beschlossen: eine Familienbeihilfe mehr pro Jahr. Wir haben seit 1. Jänner die steuerliche Ab­setzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, und zwar bis 2 300 €. Das ist doch bitte ganz etwas Wesentliches, das ist eine langjährige Forderung gewesen – nicht nur von den


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Grünen, sondern, ich glaube, die Ersten, die das gefordert haben, waren Unterneh­merin­nen, weil es sie besonders trifft.

Und wir haben noch eine andere Möglichkeit geschaffen: Wir haben es geschafft, dass ein Elternteil 500 € steuerfrei vom Arbeitgeber bekommen kann. Das ist ein freiwilliger sozialer Aufwand. Und mit diesen 500 € kann der Elternteil – egal, ob Mutter oder Vater – für die Kinderbetreuung zusätzlich sorgen.

Was haben wir noch gemacht? – Es wurde heute schon gesagt: Wir haben die Gratis­kindergärten, wobei ich mich freue, dass wir das verpflichtende letzte Kindergartenjahr vor Kurzem hier beschlossen haben; mehr an Verpflichtung möchte ich aber nicht, das habe ich hier auch schon einmal gesagt.

Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek, Sie haben gesagt, Sie wollen 20 Prozent Väterbeteiligung in der Karenz. Ich kann Ihnen sagen, wir Unternehmer haben das schon. Wenn wir uns die Zahlen von Unternehmern anschauen, die Kinderbetreuungs­geld in Anspruch nehmen, dann kann ich Ihnen sagen, 77,4 Prozent der Frauen, sprich: Unternehmerinnen, und 22,6 Prozent der Männer nehmen das in Anspruch. Also bitte, die Wirtschaft ist ja wirklich familienfreundlich. (Beifall bei der ÖVP.)

Am Schluss noch etwas, und darüber freue ich mich ganz besonders, weil es auch immer um Signale geht: Frauen, die Familie und Beruf vereinbaren. Es gibt in Ober­österreich eine designierte Landesrätin, 36 Jahre jung – ich bewerte das immer positiv –, Frau Doris Hummer, im Übrigen eine Unternehmerin. Und sie hat heute in einem „Presse“-Interview gesagt, sie möchte auch Familie und Kinder haben. – Was gibt es Schöneres?! (Beifall bei der ÖVP.)

12.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


12.13.50

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für das einkommensabhängige Kinder­geld spricht einiges, aber es gibt auch durchaus berechtigte Zweifel, wie wir heute in der Diskussion schon gehört haben. Ob sich die erwünschten Erfolge tatsächlich einstellen werden, wie etwa die höhere Väterbeteiligung oder eben die Erhöhung der Geburtenrate, wird eine Evaluierung zeigen.

Bei der neuen Gestaltung des Kinderbetreuungsgeldes hat ein Vorhaben in der Öffent­lichkeit für besonderes Aufsehen gesorgt, nämlich dass die sogenannten Besser­ver­diener durch das neue Modell 80 Prozent ihrer Einkünfte, also bis zu 2 000 €, bekom­men sollen. Was den Großteil der österreichischen Frauen angeht, kann ich nur eines feststellen: Frauen, die von dieser Regelung profitieren, sind keine Besserverdiener, sondern die wären dann schon Bestverdiener, denn die Frauen, die dann tatsächlich diese 2 000 € in Anspruch nehmen können, sind in Österreich eine absolute Minderheit und eine Ausnahmeerscheinung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist ja auch so, dass jedem Baby in Österreich sozusagen schon in die Wiege ein Gehaltszettel hineingelegt wird, und da ist in den meisten Fällen eines sicher: Bei den Buben steht drauf: mehr, und bei den Mädchen steht drauf: weniger. Hier müssen wir endlich für Chancengerechtigkeit sorgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Eines ist aber auch klar: Würde die Arbeit in den Familien, die bei der Kinderbetreuung und bei der Pflege geleistet wird, tatsächlich in barer Münze abgegolten werden, dann müsste die überwiegende Mehrheit der Frauen in Österreich zu den Besserverdienern


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 82

zählen, denn die unentgeltlichen Leistungen, die für Familien erbracht wird, beziffern sich auf rund 60 Milliarden € im Jahr. Und 80 Prozent dieser Familienarbeit wird von Frauen geleistet. In Zahlen würde das 48 Millionen € entsprechen. Würde man dieses Geld den Frauen ausbezahlen, dann bräuchten wir heute über kein Kinderbetreuungs­geld zu sprechen, denn dann hätte es keine Frau oder keine Familie mehr notwendig. (Beifall beim BZÖ.)

Dieses Beispiel ist nur zur Veranschaulichung für all die Leistungen, die in unserem Land gratis und von Frauen erbracht werden.

Ich kann somit festhalten, dass Frauen in Österreich insgesamt Mehrleisterinnen, aber Wenigverdienerinnen sind. Wir sollten uns auch nicht in eine Diskussion verrennen, wo wir das Trennende vor das Gemeinsame stellen. Leistung muss sich lohnen – diese Devise ist richtig und wichtig.

Was die Leistung der Familienarbeit angeht, haben die Männer noch Nachholbedarf. Hier brauchen wir definitiv eine Stärkung des Leistungswillens.

Aber nun zurück zum Gesetzentwurf. Auch in diesem Gesetzentwurf ist keine Index­anpassung für das Kinderbetreuungsgeld vorgesehen. Ich darf daran erinnern, dass das Kinderbetreuungsgeld im Jahr 2002 eingeführt wurde und es seit dieser Ein­füh­rung keine Erhöhung erfahren hat. Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Pflegegeld erfuhren einmalige Erhöhungen, was aber die stetige Teuerung bei Weitem nicht wettmacht. Allein der Wertverlust beim Kinderbetreuungsgeld beträgt 18 Prozent, der Wertverlust bei der Familienbeihilfe 13 Prozent, trotz Einführung der 13. Familien­bei­hilfe, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier gibt es keine Erhöhung im Gegensatz zu den Pensionen und der von der Regierung versprochenen bedarfsorien­tierten Mindestsicherung.

Wir vom BZÖ werden uns weiterhin für die Familien, für die Kinder in unserem Land einsetzen, wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Leistungen entsprechend gestaltet und umgesetzt werden. Die Valorisierung der Familienleistungen ist mehr als überfällig, und ich darf daher in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Schenk und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine jährliche Anpassung des Kindergeldes, der Familienbeihilfe, des Pflegegeldes und des Kinderabsetzbetrages an den Verbraucherpreisindex vorsieht.“

*****

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 83

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Martina Schenk und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen,

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1 in der 41. Sitzung des Nationalrates am 22.10.2009

Über die gesellschaftspolitische Bedeutung hinaus stellen die Familien auch einen wesentlichen wirtschaftlichen Faktor dar. Die Leistungen, die in österreichischen Fa­milien gratis erbracht werden, sind von zahlreichen Erhebungen und Unter­suchungen gestützt. Aktuelle Schätzungen, die den zeitlichen Aufwand für die unentgeltlichen Leistungen der Familien (Erziehung, Pflege etc.) in Geld messen, kommen zu dem Ergebnis, dass sich der Wert der Familienarbeit in Österreich pro Jahr mit rund 60 Milliarden Euro (berechnet nach Mindestlohntarifen brutto inklusive Überstunden­abgeltungen) beziffern lässt. Rund 80% der Familienarbeit wird von Frauen getragen.

Nach den Schätzungen des WIFO betragen die direkten Kinderkosten rund 500 € pro Kind und Monat. Der Verdienstentgang von Frauen erreicht − je nach Kinderzahl und Erwerbstätigkeit der Mutter − kumuliert bis zum 17. Lebensjahr des Kindes zwischen 107.000 € und 220.000 €. Die öffentlichen Transfers betragen im Durchschnitt aller kinderbetreuenden Haushalte 10% des Nettohaushaltseinkommens und gleichen damit die Kinderkosten nicht aus.

Seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes unter der damaligen Bundesregierung Schüssel/Riess-Passer im Jahr 2002 wurde diese Familienleistung nicht erhöht. Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Pflegegeld erfuhren einmalige Erhöhungen, was aber die ständige Teuerung bei weitem nicht wettmacht. Der Wertverlust des Kinderbetreuungsgeldes beträgt bereits über 18%, jener der Familienbeihilfe trotz der Einführung der 13. Familienbeihilfezahlung liegt bei 13%.

Im Gegensatz zu den Pensionen bzw. der von der Regierung versprochenen bedarfs­orientierten Mindestsicherung werden Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Kinder­ab­setzbetrag und Pflegegeld nicht regelmäßig erhöht. Angesichts einer Inflationsrate seit 2000 von 20% wird die Notwendigkeit einer Anpassung der Familienleistungen immer augenscheinlicher. Für die Pensionen ist ab 2009 eine jährliche Valorisierung mit dem Verbraucherpreisindex vorgesehen. Angepasste Familienleistungen stärken nicht zu letzt die Kaufkraft der Familien und damit die österreichische Wirtschaft.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine jährliche Anpassung des Kindergeldes, der Familienbeihilfe, des Pflegegeldes und des Kinderabsetzbetrages an den Verbraucherpreisindex vorsieht.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


12.18.20

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 84

freue mich sehr, dass wir heute sehr wichtige Schritte für eine ganz besondere Lebens­phase beschließen werden, für eine Lebensphase, in der es um das Zusammenleben mit kleinen Kindern geht. Jeder von uns, der kleine Kinder gehabt hat, denkt gerne daran zurück, weiß aber gleichzeitig, es ist eine schöne, aber eine schwierige Lebens­phase, weil kleine Kinder alles auf den Kopf stellen und weil man wirklich Unter­stützung in dieser Lebensphase braucht.

Ich habe mich seit vielen Jahren dafür eingesetzt, das Kindergeld zu verbessern, weil das Kindergeld in der ursprünglichen Form ein sehr starres System war, wo man zwar Geldleistungen bekommen hat, es aber auch viele Ungerechtigkeiten gegeben hat. Das wurde in den letzten Jahren schon verbessert, und heute können wir weitere wichtige Schritte dahin gehend setzen, dass nicht nur diejenigen, die das Kindergeld ganz lange in Anspruch nehmen und ganz lange zuhause bleiben, davon profitieren und dass nicht diejenigen, die andere Modelle, andere Vorstellungen haben, wie sie ihr Leben mit Kindern gestalten wollen, die Verlierer, die Verliererinnen sind.

Heute kommen zwei weitere Modelle dazu, Modelle, die dem Prinzip entsprechen, dass diejenigen, die kürzer zuhause bleiben, nicht zu den VerliererInnen gehören, aber dass auch diejenigen, die weiterhin länger bei den Kindern zuhause bleiben wollen, das weiterhin können.

Das ist dadurch gewährleistet, dass der Grundsatz besteht, dass diejenigen, die über einen kürzeren Zeitraum das Kindergeld in Anspruch nehmen, dafür pro Monat mehr Geld bekommen.

Ein ganz wichtiger Schritt ist auch das einkommensabhängige Kindergeld – eine der möglichen Varianten, die dazu führt, wirklich maßgeschneiderte Systeme für die je­weiligen Bedürfnisse der Familien aussuchen zu können. Dieses Modell soll uns einen ganz wichtigen Schritt dahin gehend weiterbringen, noch mehr Vätern – noch viel mehr Vätern! –, die mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen, dies auch zu ermöglichen.

Das ist in der Vergangenheit sehr häufig daran gescheitert, dass die Familie auf das Einkommen des Vaters, das in der Regel höher ist als das der Mutter, schwerer verzichten konnte. Durch diese Maßnahme soll es jungen Vätern nun leichter gemacht werden, auch eine bestimmte Zeit zuhause beim kleinen Kind zu bleiben. Ich denke, dass ist wirklich eine Sache, die wir unmittelbar angehen wollen, weil da alle zu den Gewinnern gehören: die jungen Väter, die mehr Zeit mit ihren kleinen Kindern verbringen können, und die kleinen Kinder, die eine bessere Beziehung zu ihren Vätern aufbauen können, und die Mütter, die auch entsprechend entlastet werden.

Mit der Zuverdienstgrenze, die auch ein ganz starres System war, schaffen wir auch mehr Möglichkeiten, das entsprechend der eigenen Lebenssituation individuell zu gestalten. Die Abschaffung würde, muss ich dazu sagen, nichts bringen. Denn: Denken Sie an die vielen Väter, die nicht zuhause bleiben wollen! Denen würden wir dann einfach nur Geld auszahlen, ohne dass wir für die Kinder eine Minute mehr Zeit vonseiten der Eltern erreichen würden.

Natürlich ist auch wichtig als Rahmenbedingung, dass wir Geld sinnvoll einsetzen, nämlich bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Da passiert jetzt nach jahrelangem Stillstand auch auf Bundesebene viel. Es wird mehr Geld in die Hand genommen, Initiativen werden gefördert. Ich freue mich auch sehr, dass Wien da vorangeht mit dem Beispiel, gleich für die ganz kleinen Kinder Gratiskinderbetreuungseinrichtungen anzubieten.

Auch von Kinderrechten war die Rede. – Wir wollen die Kinderrechte in der Ver­fassung verankern und insgesamt Rahmenbedingungen schaffen, damit es junge


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 85

Menschen, junge Frauen leichter haben, ihren Kinderwunsch zu erfüllen und vor allem das Leben mit Kindern zu erleichtern. (Beifall bei der SPÖ.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


12.22.48

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Frau Staats­sekre­tärin! Frau Ministerin! Liebe Besucherinnen und Besucher! Wir haben es mehrmals schon betont, die neue Kindergeldvariante ist tatsächlich zu begrüßen. So viel kann ich Ihnen schon verraten: Wir Grüne werden auch in dritter Lesung dieser Gesetzes­änderung zustimmen. Aber wir sind nicht ganz zufrieden. Wir sind der Meinung, dass es sich hiebei teilweise um Kompromisslösungen handelt – Kompromisslösungen, die Sie im Sommer miteinander ausgefochten haben. Sie haben einfach viel zu schnell Dinge beschlossen, die nun einer gewissen Überarbeitung bedürfen. Diesbezüglich bringen wir daher heute – das hat Kollegin Musiol schon erwähnt – noch einige Ent­schließungsanträge und Abänderungsanträge ein. Ich hoffe, dass diese auch bei Ihnen Berücksichtigung finden. (Beifall bei den Grünen.)

Insgesamt ist natürlich vor allem zu begrüßen, dass sich künftig mehr Männer beziehungsweise Väter an den neuen Varianten beteiligen können. Wir hoffen, dass das einkommensabhängige Kindergeld Väter nicht nur in dem Gedanken bestärkt, bei ihren Kindern zu bleiben, sondern diese das künftig auch in die Tat umsetzen.

Offensichtlich hat die SPÖ auch im Zuge der Verhandlungen im Sommer sehr viel von den eigenen Anliegen über Bord geworfen und sich sehr schnell dem Harmonie­gedanken unterworfen, denn sonst ist es nicht zu erklären, warum es für Allein­erzieherinnen bei der neuen Regelung nicht sehr gut ausschaut. Auch das Familien­bild, das der neuen Kindergeldregelung zugrunde liegt, entspricht, glaube ich, nicht unbedingt dem SPÖ-Bild, wie wir es kennen, sondern einem sehr herkömmlichen Familienbild.

Es gibt immer Vater, Mutter und Kind, in jeder Familie, aber Vater, Mutter und Kind leben nicht immer unter einem Dach. Es gibt manchmal eine Mutter mit einem Kind, die miteinander leben, manchmal einen Vater mit einem Kind, manchmal Vater, Lebensgefährtin und Kind und so weiter; dieses Spiel kann man sehr weit fortsetzen. Es ist mittlerweile Realität in Österreich, dass eben nicht immer Vater, Mutter und Kind zusammenleben. Und im Hinblick darauf gibt es, gerade was getrennt lebende Elternteile betrifft, doch noch einige Ungereimtheiten bei der Möglichkeit, das Kinder­betreuungsgeld auch zu bekommen. Da gilt nämlich nur der gemeinsame Haushalt, und der gemeinsame Haushalt ist eben nicht immer die Realität.

Wenn sich nämlich Partner voneinander trennen, heißt das ja nur, dass sich Vater und Mutter voneinander trennen, und nicht, dass sich Vater und Mutter von den Kindern trennen. Das heißt, ihre Erziehungsaufgaben nehmen sie weiterhin in Verantwortung wahr, auch wenn sie nicht gemeinsam leben.

Bereits erwähnt wurden die Verhinderungsgründe bei AlleinerzieherInnen. Das sind unter anderem „Tod“ oder „Gefängnis“; das klingt ja beinahe euphemistisch. Es ist auch erstaunlich, dass Sie bei der Regelung für den Fall der Alleinerziehung, nämlich zwei Monate länger beziehen zu können oder nicht, in erster Linie vom Missbrauch als Regel ausgehen und sich nicht Gedanken darüber gemacht haben, Regeln zu finden, die den Missbrauch verhindern. (Beifall bei den Grünen.)

Sie gehen einfach davon aus, dass Menschen das System benützen und sich be­reichern wollen. Das verstehe ich nicht ganz vom Ansatz Ihrer Politik her, und das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 86

zeugt von wenig Vertrauen in die Menschen unseres Landes. Wir werden auch dies­bezüglich entsprechende Entschließungsanträge einbringen.

Ein Punkt, den ich noch erwähnen möchte, ist die Zuverdienstgrenze. Das ganze Land redet gerade über das Transferkonto, über die Offenlegung von Leistungen durch den Staat. Was ganz interessant ist in diesem Zusammenhang, das ist der Umstand, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen, auch das, was eine Frau oder ein Mann aus der Miete oder aus der Verpachtung verdient, einfach nicht in die künftige Zuverdienstgrenze einberechnet werden. Das heißt, man kann aus Kapitaleinkünften Unmengen verdie­nen. Wenn ich aber eine Alleinunternehmerin bin, wird mir sofort nach einem Jahr die Zuverdienstgrenze bei meinem Jahreseinkommen einberechnet. Das ist tatsächlich eine Ungleichbehandlung, die wahrscheinlich auch nicht verfassungskonform ist. Das sagen auch Experten, und das wird hoffentlich auch geprüft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


12.27.09

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­des­ministerin! Frau Staatssekretärin! In Anbetracht der langen Bedenkzeit und Ver­hand­lungszeit, die Sie für dieses neue Kinderbetreuungsgeldgesetz beansprucht haben, ist das Ergebnis dieses Prozesses ziemlich dürftig.

So ist die neue einkommensabhängige Variante mit 80 Prozent des letzten Netto­gehaltes schon aufgrund der geringen Dauer von zwölf plus zwei Monaten familien­politisch sehr bedenklich. Sie bewirkt, dass Kleinkinder in den ersten 14 Monaten die Zuwendung ihrer Eltern erhalten können. Aber was ist danach? – Es kann doch nicht Zielsetzung einer Regierung sein, kleine Kinder und Unter-Zweijährige künftig gleich­sam mit Gewalt in Fremdbetreuung zu drängen? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Wurm: „Mit Gewalt“?!) – Na ja.

Wie wir heute schon mehrmals gehört haben, gibt es ungleich mehr Frauen, die eine dreijährige Variante bevorzugen würden, anstatt einer temporären Minimalvariante. Entwicklungspolitische Studien haben bewiesen, wie wichtig es ist, eine gleiche Bezugsperson für ein kleines Kind in den ersten drei Jahren zu haben. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Bei einer Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau in Österreich soll jedes Baby gleich viel wert sein, unabhängig davon, ob die Frau Mindestlohnempfängerin oder Spitzen­verdienerin ist. Daher sollte auch ein einheitliches Kindergeld gefördert werden.

Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Sie sprechen in anderen Zusammen­hängen immer sehr gerne von Diskriminierung. In diesem Fall müssen Sie sich aber selber an der Nase nehmen, denn sollte man nicht schon bei der Geburt mit Gleich­behandlung anfangen?

Sehr geehrte Damen und Herren! Von der völligen Gleichstellung von Alleinerzie­herin­nen sind wir mittlerweile meilenweit entfernt. Anstatt allen Kindern ein Kinderbetreu­ungsgeld in gleicher Höhe auszubezahlen, wird es für Alleinerzieherinnen weiterhin unnötige Sonderbestimmungen geben. Der Tatsache, dass Eineltern-Haushalte ein dreifach höheres Armutsrisiko im Vergleich zur Restbevölkerung aufweisen, wird man erneut nicht gerecht. Es bräuchte hier einen gezielten Umgang mit Sozialtransfers und ein umfassendes Betreuungsangebot, damit auch alleinerziehende Frauen in die Lage versetzt werden, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 87

Während man anderswo Kinder fast schon gewaltsam in eine außerfamiliäre Betreu­ungseinrichtung treiben möchte (Abg. Mag. Wurm: „Gewaltsam“?!), greift sie dort, wo sie benötigt wird, oft zu kurz. Die Reform des Kinderbetreuungsgeldes wäre eine Chance gewesen für Gerechtigkeit – eine Chance, die vertan wurde. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


12.30.14

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Familie muss lebbar sein, Familie muss leistbar sein, und die Familienleistungen sollen vor allem auf die Lebenssituationen der Väter und Mütter einwirken. Uns von der ÖVP geht es um die Wahlmöglichkeit. Die Frauen und die Männer sollen die Möglichkeit haben, aus den Varianten, die jetzt im Angebot stehen, die idealste für ihre Familiensituation aus­zuwählen.

Fünf Varianten gibt es, und selbstverständlich ist es möglich, auch die Langvariante zu leben und sie auch zu wählen. Da spricht nichts dagegen, sehr geehrte Damen und Herren von den Freiheitlichen. Es haben immer die Frauen die Möglichkeit, auch diese Variante zu wählen, um möglichst lange bei den Kindern bleiben zu können.

Schauen wir einmal, wie die Situation der Frauen im ländlichen Raum ausschaut – insbesondere die der Frauen, aber natürlich auch die der Männer! Da wird zu Kindern noch ein deutliches Ja gesagt – auch zum Beruf und auch zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Realität ist, dass die Bäuerinnen im Durchschnitt 2,5 Kinder haben. Das ist eine hohe Geburtenrate. (Beifall bei der ÖVP.) Auch sie sind berufstätig, sie sind Unter­nehmerinnen, und auch sie müssen Beruf und Familie in Einklang bringen. Sie sind auch außerhalb der Landwirtschaft berufstätig, und zwar übt ein Viertel der Bäuerinnen einen außerlandwirtschaftlichen Beruf aus, und da gilt es auch, die Kinderbetreuung bestmöglich zu organisieren; da müssen die Vorraussetzungen stimmen.

Wir haben Gott sei Dank in Niederösterreich ein sehr gutes flächendeckendes Angebot an Kindergärten. Schon seit 20 Jahren gibt es dort einen Gratiskindergarten – im wahrsten Sinne des Wortes! –, und zwar am Vormittag. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig ist auch, dass das Kinderbetreuungsangebot möglichst flexibel gestaltet wird, denn gerade auf dem Land sind Frauenarbeitsplätze oft weit weg vom Wohnort; da sind auch längere Wegstrecken zurückzulegen und die Wegzeiten eben entsprechend zu berücksichtigen. Da ist ein Vormittagsangebot vielleicht zu wenig. Das reicht nicht immer aus.

Wir haben nun beim Kinderbetreuungsgeld neue Varianten, und diese neuen Varianten bieten den Frauen mehr Wahlmöglichkeit und den Vätern mehr Möglichkeiten, sich an der Kinderbetreuung zu beteiligen, aber auch jenen Eltern Vorteile, die sich für mehrere Kinder entscheiden, und zwar auch dort, wo oft in kurzen Abständen Kinder geboren werden. Auch das müsste man entsprechend berücksichtigen.

Den Einkommensbegriff, der in Diskussion war, möchte ich auch noch ansprechen. Uns ging es vor allem darum, dass ein sehr einheitlicher Begriff gewählt werden sollte. Es hätten die Kapitaleinkünfte und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auch in die 80-Prozent-Variante hineingenommen werden müssen. Das bedeutet, da beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld 80 Prozent des letzten Netto­ein­kommens herangezogen werden, hätten auch diese Einkommen berücksichtigt werden müssen. Wir wissen aber, dass sehr wenige junge Leute, die im gebärfähigen Alter


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 88

sind, tatsächlich Kapitaleinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung haben. Daher ist das wirklich vernachlässigbar. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Infol­ge­dessen ist ein einheitlicher Einkommensbegriff geschaffen worden, der vernünftig und nachvollziehbar ist, und der hier zur Anwendung gekommen ist.

Nun auch noch ein Wort zum Wochengeld. – Ich muss sagen, wir haben gerade im Selbständigenbereich hier ein Defizit, und zwar sind wir mit täglich 25,57 € benach­teiligt. Es ist uns ein großes Anliegen, eine Verdoppelung zu erreichen. Wir bedanken uns da für die Unterstützung der Frau Staatssekretärin, die uns bei dieser Forderung eine große Hilfe ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


12.34.03

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Zu den zurzeit geltenden Varianten, das Kindergeld zu beziehen, kommen weitere hinzu. Dadurch wird die Wahlmöglichkeit erhöht, es wird mehr Geld in die Hand genommen, und das ist nicht so schlecht. Tatsache ist aber, dass die vorliegende Regelung keine Verbesserung der komplizierten Strukturen des Kinderbetreuungsgeldes bringt. Im Gegenteil: Die Varianten werden unübersichtlicher und der Verwaltungsaufwand wird größer.

Um herauszufinden, welche Variante für einen die beste ist, braucht man schon einen Experten, der einen berät, was man nehmen könnte, so nach dem Motto: Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht?

Frau Kollegin Tamandl – sie ist leider nicht da, sie löst wahrscheinlich gerade ein kompliziertes Problem ihr Hungergefühl betreffend (Zwischenrufe bei der ÖVP) – hat gesagt, alles im Leben sei kompliziert. Das trifft vielleicht für die Kollegin Tamandl zu und für ihre Kollegen von der ÖVP, für meine Freunde beim BZÖ und für mich aber sicher nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Unerlässlich, um die Familienförderungen effizient durchzuführen, ist eine Verein­heit­lichung der Antrags- und Auszahlungsmodalitäten bei den Familienleistungen in Öster­reich. Familien werden in Österreich hauptsächlich auf Grundlage dreier Fa­milien­förderungsmaßnahmen im Rahmen des österreichischen Sozialsystems unter­stützt: Das sind das Kinderbetreuungsgeld, die Familienbeihilfe und der Kinderab­setzbetrag. So wesentlich die Effekte aus dem Zusammenwirken dieser Maßnahmen für die Familien in Österreich sind, so schwierig gestaltet sich die praktische Inan­spruch­nahme dieser Unterstützungen.

Für die Antragstellung des Kinderbetreuungsgeldes ist die jeweilige Gebietskranken­kasse zuständig. Die Familienbeihilfe sowie die erhöhte Familienbeihilfe wegen erheb­licher Behinderung sind beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt mit entsprechenden Formularen zu beantragen. Zur Geltendmachung des Kinderabsetzbetrages ist kein besonderer Antrag nötig.

Nicht nur die verschiedenen Auszahlungsstellen, sondern auch der Zeitpunkt, zu dem die Zahlungen erfolgen, sollten im Sinne einer modernen und bürgernahen Verwaltung vereinheitlicht werden. Das Kinderbetreuungsgeld wird erst am Sechsten des Nach­folgemonats, in dem Anspruch besteht, den Anspruchsberechtigten überwiesen. Die Familienbeihilfe wird überhaupt nur alle zwei Monate ausbezahlt. Das führt insbe­sondere bei einkommensschwachen Familien zu Lücken im Budget.

Durch Vereinheitlichung der Auszahlungsmodalitäten und durch Festlegung eines Zahltages könnte dies verhindert werden. Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 89

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Vereinheitlichung von Antrags- und Auszahlungsmodalitäten der Familien­leistungen in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, der die Vereinheitlichung der Antrags- und Auszah­lungs­modalitäten der Familienleistungen in Österreich, insbesondere den Zeitpunkt und die zuständige Stelle betreffend, vorsieht.“

*****

Danke. (Beifall beim BZÖ.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag steht mit in Ver­hand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen  betreffend Vereinheitlichung von Antrags- und Auszahlungsmodalitäten der Familien­leistungen in Österreich,

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1 in der 41. Sitzung des Nationalrates am 22.10.2009

Familien in Österreich werden hauptsächlich auf Grundlage dreier Familien­förderungs­maßnahmen im Rahmen des österreichischen Sozialsystems unterstützt. Kinder­betreu­ungsgeld, Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag. So wesentlich die Effekte aus dem Zusammenwirken dieser Maßnahmen für die Familien in Österreich sind, so schwierig gestaltet sich die praktische Inanspruchnahme diese Unterstüt­zungen bzw. Förderungen.

Für die Antragstellung und Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes etwa, ist jene Gebietskrankenkasse zuständig, bei der der Antrag gestellt wird. Die Familienbeihilfe sowie erhöhte Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung sind dagegen beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt mit einem entsprechenden Formular zu beantragen.

Jedem Steuerpflichtigen, dem Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der ge­mein­samen Auszahlung mit dieser ein Kinderabsetzbetrag zu, der die Unter­halts­belastung abgelten soll. Empfänger dieser Steuererleichterung ist jener Elternteil, der auch die Familienbeihilfe bezieht, ein gesonderter Antrag ist in diesem Fall nicht nötig.

Nicht nur die verschiedenen Auszahlungsstellen, sondern auch der Zeitpunkt zu dem die Zahlungen erfolgen, sollten im Sinne einer modernen und bürgernahen Verwaltung vereinheitlicht werden. Das Kinderbetreuungsgeld beispielsweise wird erst am Sechs­ten des Nachmonats, in dem Anspruch besteht, den Anspruchsberechtigten über­wiesen. Die Familienbeihilfe wird überhaupt nur zweimonatlichen ausbezahlt. Dies führt im Besonderen bei einkommensschwachen Familien zu Lücken im Budget, die durch die Vereinheitlichung der Auszahlungsmodalitäten und Festlegung eines „Zahltages" verhindert werden könnten. Darüber hinaus sollte mittels einer detaillierten Auflistung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 90

aller an die betroffene Familie ausbezahlten Leistungen mehr Transparenz geschaffen, und die Auszahlungsbelege derart gestaltet werden, dass auf einen Blick Aufschluss über den Stand der Auszahlungen erlangt werden kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, der die Vereinheitlichung der Antrags- und Aus­zahlungsmodalitäten der Familienleistungen in Österreich, insbesondere den Zeitpunkt und die zuständige Stelle betreffend, vorsieht."

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


12.37.44

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Zuhörer auf der Galerie! Werte Fern­sehzuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst ein Wort zur Kollegin Gartel­gruber: Niemand beabsichtigt, die Kinder frühzeitig abzuschieben, es werden nur Wahlmöglichkeiten geschaffen, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, mit dem Geld ihr Leben zu gestalten.

Ich möchte darauf hinweisen, dass jetzt eine Möglichkeit geschaffen wurde, die es nun Männern erleichtert, sich mehr der Kindererziehung zu widmen – und da ist unsere Frauenministerin lobend zu erwähnen, die das immer sehr in den Vordergrund gestellt hat. Die Einkommen der Männer sind leider Gottes noch immer wesentlich höher als die der Frauen, und daher nehmen oft Männer das Kinderbetreuungsgeld nicht in Anspruch, weil sie es sich einfach von der Einkommenssituation der Familie her nicht leisten können. Daher ist es wichtig, dass nun auch das einkommensabhängige Kindergeld kommt. Dieses wird auch von den Experten begrüßt, die es als sozial treffsicher bewerten.

Verbunden mit diesem Gesetz ist auch die Einführung einer relativen Zuverdienst­grenze, die in vier Varianten bis 60 Prozent des Bruttoeinkommens vor der Karenz bedeutet. Es gibt den Mehrkinderzuschlag, der auf 50 Prozent angehoben wird, ge­nauso eine längere Bezugsdauer für Alleinerziehende mit einem Einkommen unter 1 200 €, wenn der Antrag auf Unterhalt gestellt wurde.

Noch etwas ganz, ganz Wichtiges: Wir haben hier im Hohen Haus vor wenigen Monaten beschlossen, dass Menschen, die den Kindergeldzuschuss bekommen haben, nun diesen nicht zurückzahlen müssen. Das wird jetzt in eine wirkliche Beihilfe umgewandelt und diesen Menschen zumindest ein Jahr lang stark geholfen. (Beifall bei der SPÖ.)

All diese Faktoren sind wichtig, und daher müssen die Eltern dementsprechend infor­miert sein. Wenn man diese fünf Varianten auf einer Seite zusammenschreibt und der Kindergeldrechner noch dazukommt, dann kann sich jeder genauestens informieren, was dieses Gesetz für den Einzelnen bedeutet.

Ich darf nun ganz kurz zum Antrag der Abgeordneten Kitzmüller Stellung beziehen. Wir von der SPÖ legen unser Hauptaugenmerk nicht auf eine möglichst lange Karenz,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 91

sondern auf einen frühen Wiedereinstieg, denn es ist wichtig, in dieser schnelllebigen Zeit, aber auch wegen der Veränderungen in der Berufswelt den Menschen die Möglichkeit zu geben, wieder in ihren Beruf einzusteigen.

Da Kollege Dolinschek hier sitzt: Du kennst die Aktion „Baby.Comeback“ der Arbeiterkammer Kärnten. Wir haben gerade bei dieser Aktion gemerkt, dass es, je länger Menschen aus der Arbeitswelt draußen waren und besonders Mütter draußen waren, umso schwieriger war, sie wieder dort hinzubringen. Deswegen können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Eines möchte ich auch sagen, Frau Belakowitsch-Jenewein: Das Motto der FPÖ, „Frauen zurück an den Herd“, können wir schon überhaupt nicht unterstützen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Sagt ja niemand! Hat niemand gesagt! Sie sollen da nicht Unwahrheiten zum Besten geben!)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Hermann Lipitsch (fortsetzend): Danke, Frau Ministerin! Danke, Frau Staatssekretärin! Es werden Ihnen nicht nur die Eltern danken, sondern besonders die Kinder, wenn beide Elternteile die Möglichkeit haben, mehr Zeit mit ihnen zu ver­bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


12.41.23

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Das Kindergeld ist komplex und schwer durchschaubar. Das ist nicht nur eine der Hauptkritiken der Grünen, sondern das wurde auch schon von vielen Abgeordneten hier im Hohen Haus bestätigt. 12 plus 2, 15 plus 3, 20 plus 4, 30 plus 6 – das ist keine mathematische Übung für dieses Hohe Haus, sondern das sind die Pauschalvarianten, die hier nun angeboten werden. Zusätzlich kommt dann auch noch die einkommensabhängige Variante dazu.

Kompliziert ist es auch, weil es um Zuverdienstgrenzen geht; es geht um Härtefälle, es geht um Beihilfen, Einbeziehung neuer Partner oder Partnerinnen, Mindestbezugs­dauern, Verlängerungsmodus, was alles nicht einheitlich geregelt ist. (Abg. Dolinschek: Wer die Wahl hat, hat die Qual!) Ein sozial gerechtes System für Familien, für Kinder, für Mütter und Väter sieht anders aus, und gerade für die Kinder ist hier noch großer Nachholbedarf gegeben! (Beifall bei den Grünen.)

Sozial gerecht ist es auch deshalb nicht, weil Alleinerziehende und Patchwork-Familien nicht mit den traditionellen Familienformen gleichgestellt werden. Die Väterbeteiligung in der Kindererziehung, in der Beziehungsarbeit mit den Kindern, ist enorm und ist wirklich essenziell, braucht aber nachhaltige Regelungen, gerade in Bezug auf den Arbeitsmarkt, gerade auch in Bezug auf das soziale System und auf die Gleichstellung der Familiensysteme.

Es braucht Wahlfreiheit für Mütter und Väter, das stimmt. Aber Wahlfreiheit für Mütter und Väter bedeutet auch ganz klare Informationspolitik! Eine Homepage allein wird hier nicht reichen. Es braucht aktive Beratung und Begleitung, um diesem System, diesem komplizierten System auch gerecht zu werden in der Wahlfreiheit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 92

Was es braucht, ist nicht nur dieser erste kleine Schritt. Es braucht ganz klare Ver­besserungen und nachhaltige Rahmenbedingungen für ein wirklich effizientes ein­kommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


12.43.48

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Meine Damen und Herren, schon im antiken Rom wurden Mehrkinderfamilien geför­dert, um gegen den Geburtenschwund vorzugehen. Auch im modernen Frankreich sind viele familienrechtliche Erleichterungen und Vorteile von der Anzahl der Kinder abhängig. In Österreich sind die Anreize dafür, ein Kind oder mehrere Kinder zu bekommen, gleich null. (Ruf bei der SPÖ: Bitte?)

Der Wiedereinstieg in das Berufsleben nach einer längeren Phase der Familienarbeit muss erleichtert und einfacher gestaltet werden. Eltern erfüllen Betreuungs- und Erziehungspflichten gegenüber ihren Kindern und leisten damit einen großen Beitrag zur Aufrechterhaltung unserer Sozial- und Umlagesysteme. Diese Systeme sind vor allem durch den Kindermangel in Gefahr.

Es ist nur gerecht, Elternteile am Arbeitsmarkt zu unterstützen und bei gleicher Qualf­ikation zu bevorzugen. Wir verlangen ein Bevorzugungsmodell von Elternteilen am Arbeitsmarkt, die nach einer längeren Phase der Familienarbeit (Abg. Öllinger: O Maria! Das ist ja ganz furchtbar!) wieder ins Berufsleben einsteigen wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Dabei sind die dienstgeberseitigen Lohnnebenkosten in Abhängigkeit von der Kinderanzahl zu reduzieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Strache, Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Bevorzugung von Elternteilen am Arbeitsmarkt

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche eine Reduzierung der dienstgeberseitigen Pensions­versicherungs­beiträge für erwerbstätige Elternteile nach längerer Familienarbeitsphase vorsieht. Dabei hat sich die Bundesregierung an folgenden Punkten zu orientieren:

1. Familienarbeitsphase von zumindest 20 Monaten

2. Dienstgeberbeitrag zur Pensionsversicherung reduziert sich je Kind um 2 Pro­zent­punkte

3. Deckelung der Ersparnis bei 3 Kindern

4. Ersparnis hat beim Dienstgeber zu verbleiben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 93

Darüber hinaus ist in dieser Regierungsvorlage vorzusehen, dass bei gleicher Quali­fizierung von Bewerbern für eine Anstellung Elternteile gegenüber Kinderlosen zu bevorzugen sind.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Strache, Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Bevorzugung von Elternteilen am Arbeitsmarkt,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landar­beitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden, den Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreu­ungsgeldgesetz sowie den Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreu­ungsgeldes (362 d.B.), in der 41. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Oktober 2009.

Schon im antiken Rom wurden Mehrkindfamilien gefördert, um gegen den Gebur­tenschwund vorzugehen. Unter Kaiser Augustus (63 v. Chr. - 14 n. Chr.) wurde das „ius trium liberorum“ (Drei-Kinder-Recht) eingeführt. Damit wurden Bürger Roms ausgezeichnet, wenn sie mindestens drei Kinder hatten oder sich um Rom verdient gemacht hatten. Mit diesem Recht waren beispielsweise ein leichterer Zugang zu und schnellerer Aufstieg in Ämtern sowie steuerliche und erbrechtliche Vorteile verbunden. Mütter von mehreren Kindern wurden durch dieses Recht zu juristischen Personen erhoben. Im Gegenzug verloren beispielsweise Unverheiratete durch die Gesetze des Augustus das Anrecht auf Erbschaften, kinderlosen Ehepaaren wurde nur die Hälfte des Erbrechts zugesprochen. Von bestimmten höheren Ämtern wie der Prätur und der Verwaltung von Provinzen blieben Kinderlose ausgeschlossen. Mütter von drei oder mehr Kindern wurden zudem beim Tode ihrer Gatten von der sonst üblichen Vormundschaftspflicht freigestellt.

Auch im modernen Frankreich sind viele familienrechtliche Erleichterungen und Vor­teile von der Anzahl der Kinder abhängig. So wird beispielsweise für die ersten beiden Kinder im Familiensplittingsystem der Faktor 0,5, für das dritte Kind hingegen der Faktor 1 für die Berechnung der Lohn- und Einkommensteuer herangezogen. Dadurch wirkt sich das Steuersplitting ab Geburt eines dritten Kindes überproportional aus.

In Österreich sind die Anreize, mehr als ein Kind zu bekommen, gleich null. Die Statistik Austria hat erhoben, dass das äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen 2007 mit der Anzahl der Kinder massiv sinkt. Verfügen Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 94

über ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 95

Äquivalenzeinkommen in Höhe von durchschnittlich 24.387,- Euro (der mit Abstand höchste Wert aller Haushalte in Österreich) sinkt dieses mit der Kinderzahl deutlich ab. Es liegt bei Mehrpersonenhaushalten mit einem Kind bei 21.311,- Euro, bei einem solchen mit zwei Kindern bei 19.236,- Euro und bei drei und mehr Kindern nur noch bei 16.166,- Euro. Auch im Bereich der Armutsgefährdung liegen Haushalte mit drei und mehr Kindern mit einem Anteil von 15% im traurigen Spitzenfeld, obwohl die Bruttoeinkommenssituation solcher Haushalte überproportional gut ist – es sich also um Leistungsträger unserer Gesellschaft handelt.

Um Elternteilen von mehreren Kindern wenigstens den Wiedereinstieg in das Berufs­leben nach einer, naturgemäß längeren, Phase der Familienarbeit zu erleichtern, ist es angebracht für diese (zumeist Mütter) die Phase der Reintegration in das Erwerbsleben einfacher zu gestalten.

Eltern erfüllen Betreuungs- und Erziehungspflichten über ihre Kinder und leisten damit einen großen Beitrag für die Aufrechterhaltung unserer Sozial- und Umlagesysteme. Diese Systeme sind vor allem durch den Kindermangel (Kinderlosigkeit) und die Überalterung unserer Gesellschaft in Gefahr. Da heute die Übernahme von Verant­wortung für Kinder und damit für die Zukunft unseres Landes zwar für die Gesellschaft Vorteile, für den Einzelnen jedoch Nachteile bringt, ist es nur gerecht, Elternteile am Arbeitsmarkt zu unterstützen.

In Anbetracht des Beitrags zur Aufrechterhaltung der Sozial- und Umlagesysteme durch die Leistungen an der zukünftigen Generation ist eine Bevorzugung im Bereich der Lohnnebenkosten (Pensionsversicherungsbeiträge) sachlich gerechtfertigt. Sind es doch die Kinder, die in der Zukunft die Beiträge zur Aufrechterhaltung des Pen­sionssystems leisten. Im Gegensatz zu den Müttern, die auf die geleisteten Beiträge ihrer eigenen Kinder im Alter nur einen ungenügenden Anspruch haben, und nur mit Niedrigstpensionen rechnen dürfen, sind es durchgehend erwerbstätig gebliebene Kinderlose, die die höchsten Pensionsansprüche ihr eigen nennen dürfen. Diese Ansprüche werden wiederum im Alter ausschließlich durch Beiträge fremder Kinder abgedeckt. Durch diese Schieflage fließen jährlich zumindest 3 Mrd. Euro von Mehr­kindfamilien zu Kinderlosen. Bewusste Kinderlosigkeit zahlt sich damit in Österreich finanziell aus.

Die Antragsteller verlangen ein Bevorzugungsmodell von Elternteilen am Arbeitsmarkt, die nach längerer Phase der Familienarbeit wieder in die Erwerbstätigkeit einsteigen wollen. Dabei sind die dienstgeberseitigen Lohnnebenkosten (Dienstgeberanteil an den Beiträgen zur Pensionsversicherung – derzeit 12,55%) in Abhängigkeit von der Kin­deranzahl zu reduzieren, um dem betroffenen Elternteil einen Ausgleich für den durch die Familienarbeitsphase vermeintlich entstandenen Qualifikationsnachteil zu verschaf­fen. In Wahrheit wiegen die im Zuge der Familienarbeit erlangten Zusatzqualifikationen im Bereich der sozialen Kompetenz (Neudeutsch: „softskills“) die Unterbrechung der Berufserfahrung mehr als auf. So sinkt beispielsweise das Mobbing durch die Einbe­ziehung von Mehrkindmüttern in Arbeitsgruppen nachweislich.

Die Dienstgeberbeiträge zur Pensionsversicherung sollen sich nach einer Karenzzeit von zumindest 20 Monaten um 2 Prozentpunkte (ausgehend von 12,55%) je Kind, für das Familienbeihilfe bezogen wird, vermindern. Der Maximal-Effekt der Einsparung soll mit 6% (DG-Beitrag dann 6,55%) gedeckelt werden. Die dadurch eintretende Ersparnis soll beim Arbeitgeber verbleiben und nicht etwa die Lohnsteuerbemessungsgrundlage oder die Beitragsgrundlage für die Sozialversicherung erhöhen.

Dadurch entstehen arbeitgeberseitig folgende Entlastungen:

                                                Bruttolohnsumme      Ersparnis (in Euro) pro Kind u. Monat

                                                          1.000,00                                                       20,00

                                                          1.500,00                                                       30,00

                                                          2.000,00                                                       40,00

                                                          2.500,00                                                       50,00

                                                          3.000,00                                                       60,00

                                                         3.500,00                                                       70,00

                                                          4.000,00                                                       80,00

Höchstbeitragsgrundlage:     4.020,00                                                       80,40

Beispiel: Eine Mutter von 3 Kindern steigt nach 7-jähriger Familienarbeitsphase wieder in den Beruf ein. Bei einem Brutto-Teilzeiteinkommen von 1.500,- Euro erspart sich der Dienstgeber durch die Anstellung der Mutter 90,- Euro pro Monat an Dienst­geber­beiträgen gegenüber einem kinderlosen Mitarbeiter.

Mit diesem Modell würden betroffene Elternteile zwar selbst nicht mehr verdienen, sie kämen aber dem Arbeitgeber günstiger. Gerade nach längerer Abwesenheit vom Erwerbs­arbeitsmarkt könnte damit der durch die Familienarbeitsphase entstandene Nachteil abgeschwächt werden.

Neben diesen Auswirkungen sind von dieser Maßnahme auch andere positive Effekte zu erwarten. Die Wirtschaft und hier vor allem die KMU, die besonders unter hohen Lohnnebenkosten leiden, könnten zielgerichtet (nämlich in einem größeren, gebur­tenorientierten Kontext) gefördert werden. Auch würde sich für Firmen die Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitmodellen besser bezahlt machen.

Darüber hinaus sollten Elternteile am Arbeitsmarkt bei gleicher Qualifikation generell bevorzugt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche eine Reduzierung der dienstgeberseitigen Pensionsversicherungs­beiträge für erwerbstätige Elternteile nach längerer Familienarbeitsphase vorsieht. Dabei hat sich die Bundesregierung an folgenden Punkten zu orientieren:

1. Familienarbeitsphase von zumindest 20 Monaten

2. Dienstgeberbeitrag zur Pensionsversicherung reduziert sich je Kind um 2 Pro­zentpunkte

3. Deckelung der Ersparnis bei 3 Kindern

4. Ersparnis hat beim Dienstgeber zu verbleiben

Darüber hinaus ist in dieser Regierungsvorlage vorzusehen, dass bei gleicher Qua­lifizierung von Bewerbern für eine Anstellung Elternteile gegenüber Kinderlosen zu bevorzugen sind.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 96

12.46.37

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Die Lebensrealität der Familien ist sehr unterschiedlich, und mit dem Beschluss des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes erhöhen wir die Wahlfreiheit für die Familien. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird verbessert. Zudem hoffen wir, dass wir einen Anreiz für Väter schaffen, sich mehr an der Kin­derbetreuung zu beteiligen. Ein zusätzlicher Anreiz in Richtung Väterbeteiligung ist ja auch das Recht auf Elternteilzeit, das entsprechend gesetzlich verankert ist.

Neben einer stärkeren Väterbeteiligung ist mit der Flexibilisierung bei den Zuver­dienst­grenzen zudem zu erwarten, dass Frauen, die neben der Kinderbetreuung auch weiter ihrem Beruf nachgehen wollen, ihren Kinderwunsch leben können. Sinn und Zweck des Kinderbetreuungsgeldes ist es, jungen Familien in den ersten Lebensmonaten ihrer Kinder finanziell unter die Arme zu greifen. Das ist genau die Zeit, in der die Kinder auf die Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Mutter und/oder Vater angewiesen sind.

Als zusätzliche soziale Leistung für Familien, die sich in einer schwierigen finanziellen Situation befinden, ist der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld eine notwendige Hilfe. Leider ist dieser Zuschuss in den letzten Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten, weil er lediglich als Kredit gedacht war. Die gesetzeskonforme Zurückzahlung hat Familien immer wieder vor eine schwierige Aufgabe gestellt.

Ich bin froh darüber, dass dieser Zuschuss von immerhin rund 180 € pro Monat ab 1. Jänner 2010 nicht mehr zurückgezahlt werden muss. Den sozial Schwachen helfen wir damit ein Jahr lang bei der Bewältigung ihrer finanziellen Situation – für Mütter, deren eigenes Zusatzeinkommen nicht mehr als 5 800 € pro Jahr beträgt bezie­hungs­weise das Einkommen des Partners nicht über 16 200 € pro Jahr liegt. Auch diese Hilfe entspricht der Lebensrealität in den Familien. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiteres Highlight in der Novelle des Kinderbetreuungsgeldes ist die Neuanpas­sung des Zuschusses für Zwillingsgeburten und Mehrlingsgeburten in der gewählten Pauschalvariante. Statt zusätzlich 7,27 € pro Tag wird es in Zukunft entsprechend 50 Prozent des Pauschalbetrages geben. Damit wird dem Mehraufwand bei Mehrlings­geburten Rechnung getragen.

Die Neugestaltung des Kinderbetreuungsgeldes stellt eine echte Modernisierung dar, die dem Lebensalltag von Familien mit kleineren Kindern entgegenkommt und einen Anreiz dafür schaffen soll, dass sich auch jene den Kinderwunsch erfüllen, für die es bisher aus finanziellen Gründen offenbar nicht machbar schien.

Mit insgesamt fünf Varianten für das Kinderbetreuungsgeld schaffen wir gute Rahmen­bedingungen hinsichtlich der finanziellen Anerkennung. Damit allein ist es aber nicht getan. Wenn wir wollen, dass sich mehr Menschen als bisher zu Kindern bekennen, dann müssen wir gemeinsam mehr in die gesellschaftliche Anerkennung von Kindern und vor allem von Mehrkindfamilien investieren. Dies gilt für den städtischen wie ländlichen Bereich gleichermaßen.

Wir sollten mehr als bisher auf die positiven Seiten achten, die mit Kinder verbunden sind. Es geht hier um Werte, für die es sich lohnt, sich einzusetzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


12.49.54

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Bundesminis-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 97

ter, wenn Sie heute in Ihrer Rede beklagen, dass die Einzelverdiener oder die Frauen mit niedrigem Einkommen keinen Steuervorteil haben, so tut es uns leid, dass Sie erst heute draufkommen! In Ihrer Stellungnahme im Zuge des Begutachtungsentwurfs zur Steuerreform haben Sie noch ganz klar gesagt, Sie begrüßen die Maßnahme zur Ent­lastung der kleinen und mittleren Einkommen. Wir haben damals schon darauf hinge­wiesen, dass Frauen mit geringem Einkommen diesen Vorteil nicht nützen kön­nen. Schade für die Leute, dass Sie erst heute draufkommen! (Beifall beim BZÖ.)

Das Kinderbetreuungsgeld wurde 2002 nach dem Vorbild des Kärntner Kinderschecks oder Kinderbetreuungsgeldes eingeführt, und es ist gut, dass es weiterentwickelt wird. Ich freue mich darüber, dass mehr Flexibilität hineinkommt, dass es Vätern wie Müttern möglich sein wird, das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch zu nehmen und zu nützen.

Da die Frau Bundesministerin heute in ihrem Beispiel mit dem Flügelschlag der Schmetterlinge gesagt hat, dass sie sich wünscht, dass es wie ein Sturm losgeht und möglichst viele Väter in Karenz gehen, sage ich: Das ist nicht unser Ziel, das ist nicht mein Wunsch als Bürgermeister! Mir ist es egal, ob Väter oder Mütter in Karenz gehen. Mir ist es wichtig, dass wir in den Gemeinden und in den ländlichen Gebieten viele Kinder haben! (Beifall beim BZÖ.)

Ziel sollte es sein, dass wir unsere Schulen voll bekommen, dass wir in den Gemein­den unsere Bevölkerungszahlen halten und dass wir in den ländlichen Gebieten nicht von Abwanderung bedroht sind.

Was die Kindergärten betrifft, wurde von Frau Glawischnig beklagt, dass es in Wien eine wirklich schlechte Ausstattung gibt, dass es keine Besprechungsräume und keine geeigneten Sitzmöglichkeiten für die Kindergärtnerinnen gibt. Wir in Kärnten haben Mindeststandards, die erfüllt sind und bei denen wir wirklich darauf schauen, dass sie eingehalten werden. Wien erhält das Doppelte pro Bürger an Ertragsanteilen, Wien sollte daher darüber nachdenken, ob ihm die Kinder wirklich viel wert sind. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ein großer Wunsch wäre das von der Frau Staatssekretärin angeregte Bundesrahmen­gesetz. Aber, liebe Frau Staatssekretärin, schauen Sie auch darauf, dass wir Ge­meinden die Mehrkosten aus zusätzlichen Investitionen abgedeckt bekommen! Denn so werden wir es nicht mehr schaffen, das abzudecken. (Abg. Hörl: Ihr seid sowieso ...!)

Ein Wunsch von meiner Seite wäre es, die Zuverdienstgrenze aufzuheben und nicht so, wie es von der ÖVP gemacht wird, nur eine bestimmte Klientel auszunehmen. Wenn es dazu kommt, dann muss es uns für jedes Kind gleich viel wert sein, dass wir die Zuverdienstgrenze aufheben und dass wir es freistellen. Ich weiß, dass die Finanzierung schwierig ist. Aber wenn wir über die Mindestsicherung diskutieren, hat man den Eindruck, dass Geld keine Rolle spielt. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Ich glaube, die Kinder sollten uns mehr wert sein als so mancher Arbeitsunwillige. (Beifall beim BZÖ.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


12.53.19

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Eine Vorrednerin von der FPÖ hat beklagt, dass der österreichi­schen Bundesregierung die Familie und die Kinder nichts wert seien. Sehr geschätzte Frau Kollegin, wie lässt sich denn das damit vereinbaren, dass Österreich im Zusam­menhang mit Familienleistungen im Rahmen der OECD an zweiter Stelle steht? – Ich glaube, das passt überhaupt nicht zusammen. Das zeigt schon ganz deutlich, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 98

Österreich und die österreichische Bundesregierung einen ganz besonderen Schwer­punkt auf eine gezielte, gute Familienpolitik legen. – Das einmal zu Beginn. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten: Sie haben auch einen Entschließungsantrag zur Bevorzugung von Eltern­teilen auf dem Arbeitsmarkt eingebracht. Dazu darf ich festhalten, dass wir die­sen Antrag ablehnen werden. Wir werden ihn auch deshalb ablehnen, sehr geschätzte Damen und Herren (Abg. Strache: Keine Jobsicherheit für Eltern! Sie wollen keine Jobsicherheit für Eltern! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), weil darin gefordert wird, dass es zu einer Einsparung der Lohnnebenkosten im Zusammenhang mit der Pensionsversicherung kommen soll. (Abg. Strache: Es geht um Jobsicherheit für Eltern!)

Das heißt auf Deutsch: Die Arbeitgeber zahlen keine Abgaben zur Pensions­ver­sicherung. Die Eltern haben davon überhaupt nichts. (Abg. Strache: Jobsicherheit! Sie haben Jobsicherheit!) Die Eltern haben davon überhaupt nichts, Herr Kollege Strache! (Abg. Strache: Sie sind nicht arbeitslos, wie heute oftmals!) Was damit auch noch im Zusammenhang steht, ist, dass diese Abgaben, die dann nicht geleistet werden, später wieder in der Sozialversicherung fehlen. – Das einmal vorweg. (Abg. Strache: Es geht um Anreize für die Jobsicherheit! Das haben Sie nicht verstanden!)

Ich habe das sehr wohl verstanden. Nur betreiben wir eine andere Familienpolitik, die wesentlich sinnvoller ist. Wir beschließen heute ein einkommensabhängiges Kinder­geld (Abg. Strache: Wo Kinder ungleich behandelt werden!), und zwar in eine ganz, ganz wichtige Richtung (Abg. Strache: Ungleichbehandlung von Kindern!), nämlich dahin, dass vor allem auch Väter – und das ist ja heute schon erwähnt worden – sich verstärkt der wichtigen Verantwortung stellen und auch im ersten Lebensjahr von Kindern mit dabei sein können, sich eine Auszeit nehmen können (Abg. Strache: Wenden wir uns endlich der gemeinsamen Obsorge zu!) und dafür eben einkommens­abhängiges Erziehungsgeld beziehen können. (Ruf bei der FPÖ: Glauben Sie das wirklich?)

Das ist eine ganz, ganz wichtige Maßnahme! Das sagt vor allem auch eine kürzlich veröffentlichte WIFO-Studie, die belegt, dass dieses Kinderbetreuungsgeld-neu auch umverteilende Wirkung haben wird, nämlich zwischen den Geschlechtern, und zweitens die Chance auf dem Arbeitsmarkt verstärken wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren, all jene Maßnahmen, die dazu führen, insbe­sondere Frauen, aber vor allem auch Eltern insgesamt länger vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, lehnen wir ab. Wir setzen uns für mehr Kinderbetreuungseinrichtungen ein, für mehr Möglichkeiten für Väter und Mütter, Beruf und Familie zu vereinbaren. Damit helfen wir jungen Eltern, damit schaffen wir gute Arbeitsplätze (Zwischenrufe bei der FPÖ), und damit haben wir auch gute Qualifizierungsmaßnahmen für die Kinder.

Ich danke schön, und herzlichen Dank an die Frau Bundesministerin und an die Frau Staatssekretärin! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


12.56.29

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben schon gesagt, wir werden der vorliegenden Regelung in dritter Lesung zustimmen. In zweiter Lesung sind wir mit einigen Punkten nicht einver­standen.

Ich sage Ihnen aber, was meines Erachtens grundsätzlich das Problem ist, nicht nur bei dieser Regelung, sondern bei allen Varianten des Kinderbetreuungsgeldes: Die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 99

Regierungspolitik kann sich nicht entscheiden, was sie mit dem Kinderbetreuungsgeld will! – Wollen Sie die Betreuung durch die Eltern oder durch die Betreuungsein­rich­tungen? – Das lässt das Kinderbetreuungsgeld offen.

Wollen Sie die berufliche Vereinbarkeit, ja oder nein? – Wenn ich sie will, dann brauche ich eher ein kurzes Modell, da nach drei oder vier Jahren der Wiedereinstieg kaum möglich ist. Das ist ja die Erfahrung oder eine der Erfahrungen, die auch jetzt zu dieser einkommensabhängigen Variante geführt haben.

Wollen wir, wollen Sie eine gemeinsame Betreuung durch Vater und Mutter? – Das lassen das Modell beziehungsweise die unterschiedlichen Modelle wieder offen. Wir hätten uns da stärkere Vorstellungen auch von der Politik, von der Regierungspolitik gewünscht, was wirklich erwünscht ist.

Und zuletzt: Ist das Kinderbetreuungsgeld ein Kindergeld oder ein Betreuungsgeld? – Auch das ist nicht entschieden, weil es sonst nicht die Frage gäbe, warum es ab einer bestimmten Stufe wegfällt. Ich halte das Kinderbetreuungsgeld – wie es ja der Name andeutet – für ein Betreuungsgeld.

Das heißt, all diese Fragen sind im Lauf der verschiedenen Varianten eigentlich nie entschieden worden beziehungsweise man hat Konsequenzen aus der Entwicklung beim Kinderbetreuungsgeld gezogen, man hat sich aber nicht entscheiden wollen, wohin die Reise mit dem Kinderbetreuungsgeld gehen soll, sondern man hat eine Variante hinzugefügt und die nächste dann wieder als Ergänzung der alten Variante gesehen.

Jetzt komme ich zu einer Frage, die an und für sich nicht zur Debatte steht, die aber in diesem Kontext wichtig ist. Das betrifft vor allem die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP. Sie haben in der letzten Woche eine Debatte um Sozialtransfers losgetreten – diese werden wir heute Nachmittag im Rahmen einer dringlichen Debatte noch weiter­führen –, über die ich sage: So, wie sie losgetreten wurde, ist das eine Sozial­schma­rotzer-Debatte, wie ich sie mir in Österreich nicht wünsche! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen auch, warum; Frau Kollegin Steibl, ich sage Ihnen auch, warum: weil zum Beispiel in den Unterlagen, die in dieser Studie veröffentlicht werden, beklagt wird, dass Alleinstehende Steuern zahlen müssen und dass Alleinstehende belastet werden, und zwar gegenüber Familien mit Kindern. Das kann es nicht sein!

Ich habe gehofft (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), dass es vor allem mit der ÖVP bisher immer in Konsens war, dass Personen, die Kinder zu betreuen haben, vor allem dann, wenn sie ein niedriges Einkommen haben, mehr an Sozial­leis­tungen erhalten. Aber da wird jetzt in der Studie gesagt (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen), dass das ein Problem sei. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie macht es ja transparent, die Studie!) Ich habe sie schon, zumindest die Kurzfassung. (Abg. Kopf: Haben wir die Studie gemacht?)

Da würde ich doch sehr an die ÖVP appellieren: Sie sollten sich überlegen, wohin die Sozialpolitik in diesem Land gehen soll! (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


13.00.11

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Öllinger, in diesem Haus der ÖVP „Sozialschmarotzer-Debatten“ vorzuwerfen kann ich nur auf das Schärfste zurückweisen, denn da gibt es andere Parteien, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 100

dafür prädestiniert sind, aber sicherlich nicht wir von der ÖVP! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Ja, bisher!)

Zum Zweiten, weil Sie gesagt haben, die ÖVP möge sich entscheiden, was sie denn eigentlich wolle: Genau das ist der springende Punkt, es geht ja nicht darum, was wir wollen, was wir als einzelne Politikerinnen und Politiker wollen, sondern es geht darum, was die Eltern wollen, was die Eltern für ihre Kinder wollen. Und deshalb ist es sehr wohl ein Kindergeld und ein Kinderbetreuungsgeld. (Abg. Öllinger: Entweder – oder!) Und das, wofür wir Sorge getragen haben, ist mehr Wahlfreiheit. Deshalb sollen auch die Eltern entscheiden, wie sie Familie leben wollen und wie sie ihre Kinder erziehen möchten. Was wir tun, ist, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld mit der neuen Pauschalvariante – das wurde schon mehrfach gesagt; ich sage das auch als Betroffene – ist natürlich eine Motivation für gut ausgebildete junge Frauen. Es ist auch eine Motivation für Unternehmerinnen, weil vor allem die individuelle Zuverdienstgrenze eine Erleichterung bringt. – Ich denke, dass es notwendig war, auch diesen Schritt zu setzen.

Ja, ich wünsche mir, dass dieses neue Kinderbetreuungsgeld auch dafür sorgen möge, dass sich letztendlich mehr Väter an der Kinderbetreuung beteiligen. Aber auch hiefür können wir seitens der Politik nur die Rahmenbedingungen schaffen, die Letztent­scheidung steht und fällt bei der Familie. – Ich denke, was unsere Pflicht ist, haben wir jedenfalls getan.

Auch was Härtefälle und betroffene alleinerziehende Elternteile angeht, denke ich, dass wir damit die notwendigen Schritte gesetzt haben.

Was den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld betrifft – das hat ein Vorredner bereits erwähnt –: Nachdem es im Vorfeld auch zu Irritationen gekommen ist, meine ich, dass es notwendig war und richtig ist, hier eine Umwandlung von einem Kredit in eine echte Beihilfe herbeizuführen.

Da hier die Jobsituation angesprochen wurde, möchte ich das auch noch erwähnen: Ich meine, dass wir gerade mit dem Recht auf Elternteilzeit ein sehr gutes Instrument geschaffen haben, das für mehr Jobsicherheit für Eltern sorgt.

Ich denke, das, was wir heute hier vorlegen, stärkt die Familien – ich denke es nicht nur, sondern ich bin überzeugt davon! –, und es passt auch in die aktuelle Realität des Familienzusammenlebens. Wir stellen das Kind in den Mittelpunkt, das haben wir vor einiger Zeit schon durch die Einführung der Gratiskindergärten für alle 5-Jährigen gezeigt und das werden wir in der Zukunft auch mit der Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung tun.

Ich meine also, die ÖVP wird ihrem Ruf, Familienpartei zu sein, sehr wohl gerecht, und da danke ich vor allem unserer Staatssekretärin! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: ... der Freiheitlichen!)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Jannach. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.03.37

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Ich glaube, wir – Regierung und Opposition – werden uns nicht ganz einigen bezüglich des neuen Gesetzes. Wir glauben, dass alles sehr, sehr viel komplizierter wird und dass in der Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes große Schwierigkeiten auf uns zukommen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 101

Ich möchte aber noch auf einen weiteren Aspekt der Familienförderung eingehen, betreffend den wir heute noch einen Antrag einbringen. Wir haben ja das verpflich­tende Kindergartenjahr eingeführt – wir als Freiheitliche haben uns immer gegen die­ses verpflichtende Jahr ausgesprochen, weil wir im Grunde die Wahlfreiheit haben wollen, und daher lehnen wir diese Verpflichtung zum Kindergartenjahr für die 5-Jäh­rigen, also im letzten Jahr vor der Schule, ab.

Was jedoch von der Bundesregierung und auch hier im Parlament nicht bedacht wur­de, ist, dass es mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr auch eine Verpflichtung der Eltern gibt, die Kinder zum Kindergarten zu bringen – bis auf wenige Ausnahmen –, und dass dadurch sehr, sehr hohe Kosten für die Eltern entstehen.

Wir verlangen in unserem Antrag, den wir heute einbringen, die Übernahme auch dieser Kosten für die Eltern durch den Bund, denn für die Schülerfreifahrt für den verpflichtenden Schulbesuch gibt es eine Unterstützung – das kostet die Eltern nicht einmal ganz 20 € im Jahr –, aber der Transport der Kinder im verpflichtenden letzten Kindergartenjahr (Abg. Prinz: Schauen Sie nach Oberösterreich, Herr Kollege! Dort gibt ...! – Abg. Strache: Schauen Sie nach Kärnten! Dort kostet er zu viel!) kostet die Eltern ein Vielfaches davon, denn großteils müssen die Eltern die Kinder mit dem Privat-Pkw transportieren, und dort, wo Gemeinden Busse organisieren, müssen die Eltern einen Selbstbehalt zahlen. Deswegen verlangen wir, dass der Bund, wenn er ein verpflichtendes Kindergartenjahr einführt, auch die Kosten dafür übernimmt – wir ver­langen einfach nur die Gleichbehandlung. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Gesetzgeber kann kein Gesetz mit einer Verpflichtung erlassen, ohne dafür zu sorgen, dass die Kosten für die Eltern übernommen werden. Wir denken, es wäre eine sinnvolle Förderung der Familien, wenn der Bund die Kosten für den Transport der Kinder in den Kindergarten im verpflichtenden Kindergartenjahr übernimmt. Einen dies­bezüglichen Antrag werden wir heute einbringen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Schönpass. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.06.13

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Ja, mit der Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes wird eine wichtige und langjährige Forderung der SPÖ umgesetzt – ursprünglich war das Kinderbetreuungsgeld ja einkommensabhängig.

Ich danke in diesem Zusammenhang unserer Ministerin sowie der Frau Staats­sekre­tärin für ihren Einsatz. Da haben sich zwei Frauen gefunden, die wissen, worum es geht, aber alle ihre Wünsche wurden auch nicht erfüllt.

In diesem Gesetz wurden bewusst zwei verschiedene Philosophien kombiniert. Damit kommen wir den unterschiedlichen Lebenssituationen der Frauen und Männer entge­gen, und wir bieten mit diesen Varianten eine größtmögliche Wahlfreiheit.

Die SPÖ richtet ihr Hauptaugenmerk auf eine nicht zu lange Karenz, sondern auf einen frühen Wiedereinstieg, denn dieser ist essenziell für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Daher lehnen wir die Anträge auf Verlängerung der Karenz bis zum Ablauf des dritten Lebensjahres des Kindes ab. Auch wäre die Finanzierbarkeit einer solchen Maßnahme aus heutiger Sicht problematisch.

Ebenfalls lehnen wir die generelle Abschaffung der Zuverdienstgrenze ab, da es in Zukunft neben der jetzigen Zuverdienstgrenze auch möglich sein wird, 60 Prozent des bisherigen Einkommens zusätzlich zum Kinderbetreuungsgeld dazuzuverdienen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 102

Ja, Familienarbeit gehört honoriert, sie darf nicht auf Kosten der Frauen, auf Kosten der Selbstbestimmung des Lebens gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol; zweite Wortmeldung. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.08.19

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe jetzt einige Anträge – einen Abänderungsantrag und vier Ent­schließungs­anträge – ein, die wir angekündigt haben, die Ihnen zum einen die Mög­lichkeit geben sollen, gleich jetzt mit uns die richtige Richtung einzuschlagen, und zum anderen für die Zukunft vielleicht die eine oder andere Baustelle, die sich im Kinder­betreuungsgeld nach wie vor befindet, aufzeigen.

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenz­ge­setz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen­vor­sorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Guts­angestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (362 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 Z 9 wird folgendermaßen geändert:

In § 5 Abs. 4a entfällt der letzte Satz.

2. Art. 1 Z 17 wird folgendermaßen geändert:

§ 13 Abs. 2 entfällt. Abs. 3 erhält die Bezeichnung Abs. 2.

3. Art. 1 Z 17 wird folgendermaßen geändert:

In § 14 erster Satz entfällt die Wortfolge: „längstens für 12 Monate ab erstmaliger Antragstellung und nur“.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhö­hung des Wochengeldes für Selbständige

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzent­wurf vorzulegen, der eine Erhöhung des Wochengeldes bei selbständig tätigen Frauen vorsieht.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder­betreu­ungsgeld und neue Familienformen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 103

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzentwurf vorzu­legen, der getrennt lebenden leiblichen Elternteilen sowie Stiefelternteilen und Lebens­gefährten eines Elternteils, die am selben Hauptwohnsitz wie das Kind wohnen, den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ermöglicht.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzentwurf vorzu­legen, der die Höhe der Grenzbeträge bei der Beihilfe dahingehend ändert, dass Fa­milien ein Leben über der Armutsgefährdungsschwelle führen können.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benach­teiligung von Alleinerziehenden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzentwurf vorzule­gen, der eine Gleichstellung von Alleinerziehenden gegenüber Paaren im Kinder­betreu­­ungsgeldbezug vorsieht sowie Alleinerziehenden ein Leben über der Armutsge­fährdungsschwelle ermöglicht.

*****

Ich erlaube mir noch eine abschließende Anmerkung, Frau Staatssekretärin, zu Ihrer Äußerung zu den Demonstrationen der KindergartenpädagogInnen:

Ja, es war eine Demonstration in Wien; ja, es sind zirka 3 500 Kindergarten­päda­gogInnen – eine Berufsgruppe, die bislang noch nicht auf der Straße war – gekommen, um für ihre eigenen Interessen einzutreten; ja, es waren auch Eltern dabei.

Nein, es waren nicht nur PädagogInnen aus Wien anwesend, sondern auch zahlreiche PädagogInnen aus den Bundesländern.

Ja, es wird am 21. November einen österreichweiten Aktionstag geben, bei dem Kin­dergartenpädagogInnen in ganz Österreich auf Ihre Situation aufmerksam machen, und Sie sowie alle Landesregierungsmitglieder, die dafür zuständig sind, sind gut beraten, das nicht kleinzureden, sondern ernst zu nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.11



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 104

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen sowie die vier soeben eingebrachten Entschließungsanträge der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolle­ginnen und Kollegen sind ausreichend unterstützt, stehen in einem sachlichen Zusam­menhang und daher mit in Verhandlung.

Diese fünf Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

Der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.) betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutter­schutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvor­sorge­ge­setz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestellten­gesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozial­gerichtsgesetz geändert werden

und über den Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungs­geldgesetz

sowie über den Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes (362 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenz­gesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen­vorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Guts­angestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (362 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. Art.1 Z.9. wird folgendermaßen geändert:

In §5 Abs. 4a. entfällt der letzte Satz.

2. Art.1 Z.17 wird folgendermaßen geändert:

§13 Abs.2 entfällt. Abs. 3 erhält die Bezeichnung Abs.2.

3. Art.1 Z.17 wird folgendermaßen geändert:

In §14 erster Satz entfällt die Wortfolge: „längstens für 12 Monate ab erstmaliger Antragstellung und nur“.

Begründung

Bisher kann nur durch den abwechselnden Bezug des Kinderbetreuungsgeld durch beide Eltern eine Bezugsverlängerung erwirkt werden.

Für besondere Härtefälle soll das Gesetz nun Ausnahmen vorsehen. Wenn ein Eltern­teil verhindert ist, soll eine Bezugsverlängerung im Ausmaß von 2 Monaten auch ohne Wechsel zwischen den Elternteilen möglich sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 105

Die Verhinderung eines Elternteils muss von einer derartigen Dauer sein, dass der gemeinsame Haushalt mit dem Kind als aufgelöst gilt.

Keinen Anspruch auf Verlängerung soll laut Regierungsvorlage bestehen, sofern der nicht verhinderte Elternteil eine Ehe oder nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person als der Kindsmutter oder dem Kindsvater eingeht.

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb durch das Eingehen einer Ehe oder einer Lebens­gemeinschaft von Alleinerziehenden der Anspruch auf zwei zusätzliche Monate Kinderbetreuungsgeld verloren geht.

Ehepartner und auch neue Lebenspartner haben gegenüber dem Kind keinerlei Unterhaltspflicht. Es ergeben sich somit keine Änderungen in der Sachlage. Zudem haben neue Partner ebenso wenig, wie der vom Kind getrennt lebende leibliche Eltern­teil, Recht auf Kinderbetreuungsgeldbezug.

Dies geht an der Lebensrealität der Familienformen im 21. Jahrhundert gänzlich vorbei.

Die Erhöhung der Väterbeteiligung ist ein ausdrücklicher Wunsch der mit der Regie­rungsvorlage erreicht werden soll. Offensichtlich ist Väterbeteiligung jedoch nur in Vollfamilien – in klassischen Vater-, Mutter- und Kind- Familien, ein Ziel. Väter­beteiligung bei getrennt lebenden Paaren sowie das Einbeziehen von Stiefelternteilen wird mit diesem Gesetzesvorschlag verhindert.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld soll mit 1.1.2010 in eine nicht rück­zu­zahlende Beihilfe umgewandelt werden. Die Höhe von 6,06 Euro täglich wird bei­behalten.

Während der Zuschuss für die gesamte Dauer des Kinderbetreuungsgeldes bezogen werden kann, soll die Beihilfe auf maximal 12 Monate verkürzt werden.

Wenngleich es als Fortschritt erachtet werden muss, dass man sich vom System des Zuschusses als Kredit verabschieden möchte, gibt es einen BezieherInnen-Kreis, der gegenüber dem bisherigen Modell mit drastischen Einschnitten zu rechnen hat:

Jene Alleinstehenden sowie Nicht-Alleinstehenden sowie Ehepaare die so wenig verdienen, dass ihr Jahreseinkommen nie die Höhe erreicht, aber der sie bis jetzt zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet sind. All jene bekommen anstelle des Zuschusses von bisher maximal 36 Monaten (längste Dauer KBG) einen Zuschuss von 181 euro monatlich für nur mehr 12 Monate.

Hier werden Einsparungen vor allem bei jenen vorgenommen, die auf jede zusätzliche finanzielle Unterstützung angewiesen sind.

Die Beihilfe beinhaltet zudem die Neuerung, dass als nicht alleinstehend auch jene Väter und Mütter gelten, die in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person als der Kindsmutter oder dem Kindesvater leben. Obwohl neue Lebenspartner weder gegenüber dem Elternteil, noch gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig sind, wird ihr Einkommen in der Beihilfenberechnung herangezogen. Ungerechtfertigt er­scheint diese Neuerung insbesondere, weil neue Lebenspartner nicht einmal Recht auf Kinderbetreuungsgeldbezug haben.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Er­höhung des Wochengeldes für Selbständige


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 106

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreu­ungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betrieb­liche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (362 d.B.)

Begründung

Selbständig tätige Frauen, die schwanger sind, haben in der Regel nur zwei Alter­nativen. Entweder sie arbeiten bis kurz vor der Geburt und gleich nachher wieder oder sie bringen sich und ihr Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten.

Die derzeitige Regelung zum Wochengeld für Unternehmerinnen lässt ihnen keine Wahl: Unternehmerinnen erhalten entweder Betriebshilfe oder rund 770 Euro Woche­ngeld pro Monat (Tagsatz 25,57 Euro). Dieser Betrag wird acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt ausbezahlt (längerer Zeitraum bei Mehrlingsgeburten etc.). Zudem muss die Unternehmerin, von dem ohnehin schon unter der Armuts­grenze liegenden Wochengeldbezug, ihre aliquoten Sozialversicherungsbeiträge weiter bezah­len. Der Erhalt des Wochengeldes bei Unternehmerinnen ist zudem in der Regel an die zusätzliche Einstellung einer betriebsfremden Arbeitskraft geknüpft. Diese muss an mindestens vier Tagen pro Woche im Ausmaß von 20 Wochenstunden für den Betrieb tätig sein. Eine passende Vertretung einzustellen, ist auch angesichts des geringen Wochengeldes oftmals gar nicht oder nur sehr schwer möglich. Ohne die Anstellung einer betriebsfremden Arbeitskraft erhalten Unternehmerinnen in den Zeiten vor und nach der Geburt in der Regel überhaupt keine finanzielle Unterstützung.

Die von der SVA angebotene Alternative zur Auszahlung des Wochengeldes, die Inanspruchnahme einer Betriebshilfe, geht an den Bedürfnissen der Praxis oft vollkommen vorbei. Gerade die Dienstleistungsbranche, in der selbständige Frauen oft tätig sind, ist sehr personengebunden. Eine Vertretung wird daher von den Kunden und Kundinnen oft gar nicht akzeptiert. Selbst dann, wenn während des Wochen­geld­bezuges ausnahmsweise keine Vertretung angestellt werden muss, kann eine Unter­nehmerin von rund 770 Euro monatlich abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge kaum überleben.

Vor allem im Vergleich zu unselbstständig Beschäftigten, die 100 Prozent ihres letzten Einkommens weiter erhalten, sind Selbstständige beim Bezug des Wochengeldes gegenüber unselbstständig Beschäftigten stark benachteiligt.

Hinzu kommt, dass die Bestimmungen rund um den Bezug des Wochengeldes bzw. einer Betriebshilfe und das Kinderbetreuungsgeld für selbständig tätige Frauen sehr kompliziert sind und dadurch viele Missverständnisse und Unklarheiten entstehen. Das Beratungsangebot rund um sozialversicherungsrechtliche Belange sollte daher unbe­dingt ausgebaut und verbessert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 107

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzes­entwurf vorzulegen, der eine Erhöhung des Wochengeldes bei selbständig tätigen Frauen vorsieht.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder­betreuungsgeld und neue Familienformen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinder­betreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeits­ge­setz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

und über den Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungs­geldgesetz

sowie über den Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes (362 d.B.)

Begründung

Voraussetzung für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ist der gemeinsame Haus­halt des beziehenden Elternteils mit dem Kind, für das auch Kinderbetreuungsgeld bezogen wird. Ein gemeinsamer Haushalt soll nur dann vorliegen, wenn der Elternteil und das Kind auch an derselben Adresse hauptwohnsitzlich gemeldet sind.

Im Falle von Trennungen/Scheidungen kommt es fast immer zur Auflösung des gemein­samen Haushalts. Das Kind, selbst wenn es zu beiden Elternteilen einen intensiven Kontakt pflegt, wird nur bei einem Elternteil hauptwohnsitzlich gemeldet sein. Dies hat zur Konsequenz, dass der vom Kind getrennt lebende Elternteil, kein Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen kann. Dies geht jedoch an der Lebens­realität der Familienformen im 21. Jahrhundert gänzlich vorbei und ist angesichts steigender Scheidungszahlen sowie Trennungen nicht nachvollziehbar.

Die Erhöhung der Väterbeteiligung ist ein ausdrücklicher Wunsch der mit der Re­gierungsvorlage erreicht werden soll. Offensichtlich ist Väterbeteiligung jedoch nur in Vollfamilien – in klassischen Vater-, Mutter- und Kind- Familien- ein Ziel. Väter­beteiligung bei getrennt lebenden Paaren wird mit diesem Gesetzesvorschlag ver­hindert.

Ebenso problematisch ist die angestrebte Gesetzeslage für Stiefelternteile sowie neue Lebensgefährten. Zwar werden diese Personen, so die Regierungsvorlage, bzw. deren Einkommen für die Anspruchsberechnung bei der Verhinderungsverlängerung sowie der Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld herangezogen. Ein Recht Kinderbetreu­ungs­geld in Anspruch zu nehmen gibt es für die neuen „sozialen“ Elternteile jedoch nicht. Angesichts steigender Zahlen von Lebensgemeinschaften und Patchworkfamilien ist das ein großes Versäumnis.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 108

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, der getrennt lebenden leiblichen Elternteilen sowie Stiefelternteilen und Lebens­gefährten eines Elternteils, die am selben Hauptwohnsitz wie das Kind wohnen, den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ermöglicht.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinder­betreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeits­ge­setz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

und über den Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreu­ungs­geldgesetz

sowie über den Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes (362 d.B.)

Begründung

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld soll mit 1.1.2010 in eine nicht rück­zuzahlende Beihilfe umgewandelt werden. Die Höhe von 6,06 Euro täglich, d.h. 181 Euro monatlich, wird beibehalten. Während der Zuschuss für die gesamte Dauer des Kinderbetreuungsgeldes bezogen werden kann, soll die Beihilfe auf maximal 12 Monate verkürzt werden. Zudem wird der BezieherInnen-Kreis durch die niedrigen Grenzbeträge der maßgeblichen Einkünfte deutlich verringert. Alleinerziehende sind vom Bezug der Beihilfe ausgeschlossen wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte 5.800 Euro übersteigt. Bei Nicht-Alleinstehenden sowie Ehepaaren darf der Gesamt­betrag der Einkünfte des Partners/Ehepartners die Freigrenze von 16.200 Euro nicht überschreiten.

Wenngleich es als Fortschritt erachtet werden muss, dass man sich vom System des Zuschusses als Kredit verabschieden möchte, gibt es gegenüber dem bisherigen Modell auch Nachteile für viele BezieherInnen:

Alleinstehende Personen sowie Nicht-Alleinstehende sowie Ehepaare die so wenig verdienen, dass ihr Jahreseinkommen nie die Höhe erreicht, aber der sie bis jetzt zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet sind, bekommen anstelle des Zuschusses


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 109

von bisher maximal 36 Monate (längste Dauer KBG) einen Zuschuss von 181 Euro monatlich für nur mehr 12 Monate. Hier werden Einsparungen vor allem bei jenen vorgenommen, die auf jede zusätzliche finanzielle Unterstützung angewiesen sind.

Das Absenken der Zuverdienstgrenze, um überhaupt Anspruch auf die Beihilfe zu bekommen, ist vor allem für Alleinerziehende Elternteile ein Problem. Zwei Drittel aller BezieherInnen des Kinderbetreuungsgeldes nehmen die längste Variante in Anspruch (30+6 Monate). Monatlich bekommen sie demnach 436 Euro. Um den Beihilfen-Anspruch nicht zu verlieren, können sie künftig nur mehr geringfügig dazuverdienen. Einem Alleinerziehenden Elternteil stehen somit in der Langvariante 436 Euro Kin­derbetreuungsgeld, 357 Euro geringfügiger Verdienst sowie 180 Euro Beihilfe zur Verfügung. Das sind gesamt 973 Euro monatlich. Die Armutsgefährdungsschwelle für einen Erwachsenen und ein Kind liegt aktuell bei rund 1.245 Euro.

Alleinerziehende haben somit die Wahl zwischen einem Leben unter der Armutsgrenze trotz Beihilfe oder einer Berufstätigkeit die weit über die Geringfügigkeit hinaus geht, jedoch zu einem Verlust der Beihilfe führt.

Weiters laufen Alleinerziehende, die eine nicht ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person als der Kindsmutter oder dem Kindesvater eingehen, Gefahr die Beihilfe zu verlieren, weil das Einkommen des neuen Lebenspartners, obwohl dieser weder gegenüber dem Kind noch gegenüber der alleinstehenden Person unterhalts­pflichtig ist, in der Beihilfenberechnung herangezogen wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, der die Höhe der Grenzbeträge bei der Beihilfe dahingehend ändert, dass Familien ein Leben über der Armutsgefährdungsschwelle führen können.

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benach­teiligung von Alleinerziehenden

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (340 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinder­betreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsge­setz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

und über den Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungs­geldgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 110

sowie über den Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes (362 d.B.)

Begründung

In aufrechten Beziehungen können Paare den Bezug des Kinderbetreuungsgelds verlängern, in dem sie sich im Bezug abwechseln. Für Alleinerziehende gibt es diese Möglichkeit nicht. Im Vergleich zu Paaren haben sie somit bis zu 6 Monate weniger Kinderbetreuungsgeldbezug.

Für besondere Härtefälle soll das Gesetz nun Ausnahmen bei Alleinerziehenden vorsehen. Wenn ein Elternteil verhindert ist, soll eine Bezugsverlängerung im Ausmaß von 2 Monaten auch ohne Wechsel zwischen den Elternteilen möglich sein.

Die Verhinderung eines Elternteils muss jedoch von einer derartigen Dauer sein, dass der gemeinsame Haushalt mit dem Kind als aufgelöst gilt.

Als Verhinderungsgründe gelten Tod, Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt, gerichtlich oder behördlich festgestellte Gewalt, sowie das Verbüßen einer Freiheits­strafe. Anspruch auf zwei zusätzliche Monate haben zudem nur jene Alleinerzie­henden, die weder Unterhalt noch Unterhaltsvorschuss bzw. ein durchschnittliches Einkommen von 1.200 Euro netto nicht überschreiten.

Die Situation von Alleinerziehenden wir dadurch nicht verbessert. Denn die grund­sätzliche Problematik, alleine für die Kinderbetreuung aufkommen zu müssen, wird dadurch nicht gelöst. Das legistische Vorhaben unterteilt Alleinerziehende künftig in zwei Kategorien: es wird Alleinerziehende mit einem Recht auf längeren Kinder­betreuungsgeld-Bezug geben und alle anderen, denen diese Möglichkeit verwehrt bleibt.

Verwehrt wird Alleinerziehenden der Bezug von zwei zusätzlichen Monaten relativ rasch: sämtliche Familienleistungen (inkl. Kinderbetreuungsgeld) werden in die Berech­nung des Einkommens (max. 1.200 Euro) einbezogen. In kurzen Varianten liegt der Kinderbetreuungsgeldbezug bereits bei 800 bzw. 1.000 Euro. Wenn Familienbeihilfe, Einkünfte nach Einkommenssteuergesetz, sowie diverse landesgesetzliche sowie bundesgesetzliche Zuschüsse hinzugefügt werden, ist die Grenze von 1.200 Euro bald erreicht.

Für Alleinerziehende bleibt daher de facto keine Wahlmöglichkeit. Sie sind auf die längeren Varianten, in denen die Kinderbetreuungsgeld-Höhe viel niedriger ist, einge­schränkt, wenn sie die Verhinderungsverlängerung in Anspruch nehmen wollen.

Die Voraussetzung, dass weder Unterhalt noch Unterhaltsvorschuss bezogen werden darf, wenn Alleinerziehende die Verhinderungsverlängerung in Anspruch nehmen wollen, kann zudem folgende Situation herbeiführen: für das Kind wird zwar Unterhalt geleistet wird. Die Höhe des Unterhalts bzw. des Unterhaltsvorschusses ist jedoch so gering, dass der/die Alleinerziehende trotz allem unter 1.200 Euro bleibt, jedoch kein Recht auf zwei zusätzliche Monate hat.

Zum Nachteil für Alleinerziehende wird auch die Neuregelung des Zuschusses sein. Die Kürzung der Bezugsdauer auf maximal 12 Monate, wird vor allem jene Allein­erziehenden treffen, die ohnehin so wenig verdient haben, so dass sie den Zuschuss nie zurückzahlen mussten.

Auch das Absenken der Zuverdienstgrenze, um überhaupt Anspruch auf die Beihilfe zu bekommen, ist vor allem für Alleinerziehende Elternteile ein Problem. Zwei Drittel aller


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 111

BezieherInnen des Kinderbetreuungsgeldes nehmen die längste Variante in Anspruch (30+6 Monate). Monatlich bekommen sie demnach 436 Euro. Um den Beihilfen-Anspruch nicht zu verlieren, können sie künftig nur mehr geringfügig dazuverdienen. Einem Alleinerziehenden Elternteil stehen somit in der Langvariante 436 Euro Kin­derbetreuungsgeld, 357 Euro geringfügiger Verdienst sowie 180 Euro Beihilfe zur Verfügung. Das sind gesamt 973 Euro monatlich. Die Armutsgefährdungsschwelle für einen Erwachsenen und ein Kind liegt aktuell bei rund 1.245 Euro.

Alleinerziehende haben somit die Wahl zwischen einem Leben unter der Armutsgrenze trotz Beihilfe oder einer Berufstätigkeit die weit über die Geringfügigkeit hinaus geht, jedoch zu einem Verlust der Beihilfe führt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, der eine Gleichstellung von Alleinerziehenden gegenüber Paaren im Kinder­betreu­ungsgeldbezug vorsieht sowie Alleinerziehenden ein Leben über der Armuts­gefährdungsschwelle ermöglicht.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.12.09

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Danke für diese Vorlage, danke für die Möglichkeit, dass wir mehr Modelle und mehr Varianten beim Kinderbetreuungsgeld haben. Ich glaube, mit der Zustimmung der Sozialdemokratischen Partei auch zu dieser heutigen Vorlage zeigt sich, dass die Familienförderung für die SPÖ immer einen hohen Stellenwert hatte, und das wird auch so bleiben. Ich erinnere an die 13. Familienbeihilfe – gleichfalls mit unseren Stim­men beschlossen –, ich erinnere an die Steuerreform 2009, die Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten – ebenfalls mit den Stimmen der SPÖ beschlossen.

Die Geburt eines Kindes, das wissen wir alle, sehr verehrte Damen und Herren, bringt eine neue Lebenssituation für die Eltern mit sich. Es geht um die Fragen, wer zu Hause bleibt, den Einkommensentfall im Familieneinkommen, die Erwerbsunterbrechung, wie lange man das machen wird, was besser ist: kürzer oder länger? – Die Diskussion hat ja die verschiedenen Positionen der einzelnen Parteien dargelegt.

Auch betreffend Arbeitsplatzsicherheit stellen sich Fragen: Kann ich wieder zurück? Werden sie mich dort noch brauchen, wo ich bisher gearbeitet habe, oder muss ich einen Wechsel machen? Geht es Teilzeit oder muss ich Vollzeit arbeiten? Kann ich Vollzeit arbeiten? Darf ich nur Teilzeit arbeiten? Wie steht es mit dem Einkom­mensverlust, mit der Qualifikation? Versäume ich etwas im Berufsleben? Früher wieder zurück in das Erwerbsleben oder später? – Das sind die großen Fragen, und all das spielt, denke ich, bei der Entscheidung, welche Variante für das Kinderbetreuungsgeld angewendet wird, welche präferiert wird, eine Rolle.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 112

Ich sage, eine oder zwei Varianten mehr, wie wir das jetzt diskutieren, ist besser als eine oder zwei Varianten weniger. Die Auswahl ist größer, es besteht für jede Familie die Möglichkeit, eine punktgenaue Lösung für ihre persönliche Situation zu finden, und ich denke, das ist es wert, dass wir heute hier eine sehr intensive Diskussion mit über 30 Debattenrednern geführt haben und dass wir auch zu einer Entscheidung kommen.

Jetzt kann man entscheiden zwischen 12 Monaten oder 36 Monaten, zwischen 436 € im Monat oder bis zu 2 000 € im Monat – also ich denke, all das zusammengefasst: ein guter Tag für unsere Familien! Auch diese Verbesserung zeigt: Die Familienpartei in Österreich ist eindeutig auch die SPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutz­gesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 340 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen, ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Ursula Haubner sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolle­ginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher entsprechend der Systematik des Gesetzentwurfes über die von dem erwähnten Abänderungsantrag beziehungsweise den Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Zunächst kommen wir zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 5 des Gesetz­ent­wurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 Z 9.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich komme somit zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen haben weiters einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 Z 17 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag nähertreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 113

Ich komme somit sogleich zur getrennten Abstimmung des Art. 1 Z 17 des Gesetz­entwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Ich komme nunmehr zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 19 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regie­rungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 114

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt. (Abg. Strache: Keine Valorisierung!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung von Antrags- und Auszahlungsmodalitäten der Familienleistungen in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bevorzugung von Elternteilen am Arbeitsmarkt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhöhung des Wochengeldes für Selbständige.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld und neue Familienformen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beihilfe zum Kinderbetreu­ungsgeld.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benachteiligung von Allein­erziehenden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 363 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 364 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Angenommen.

13.21.144. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeit­wirtschaft in Österreich 2008 (III-95/368 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Hörl. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.21.50

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für diesen ausführlichen Touris­mus­bericht bei Ihnen, Frau Staatssekretär, und vor allen Dingen bei den Mitarbeitern und unserer Super-Sektionschefin, Frau Dr. Udolf-Strobl. 2008 war ein erfreuliches Touris­musjahr: so viele Gäste wie noch nie, 126,7 Millionen Nächtigungen, also 4,5 Prozent mehr, davon alleine 42 Millionen in Tirol. Es gab 181 000 unselbständig Beschäftigte und einen Tourismusbeitrag von 8,2 zum BIP, mit der Freizeitwirtschaft waren es sogar 16 Prozent.

Die Seilbahnwirtschaft als die Schlüsselwirtschaft des Ferien- und Wintertourismus erwirtschaftet beispielsweise für jeden Österreicher 370 €, also rund eine Million alte österreichische Schilling für die Mitglieder dieses Parlaments, und stolz liefern wir auch 640 Millionen an Mehrwertsteuer ins Budget. Jeder Arbeitsplatz bei den Seilbahnen begründet sechs weitere in der Region. Heuer wurden sagenhafte 550 Millionen € in der Seilbahnwirtschaft investiert, um 5 Prozent mehr als im letzten Jahr.

Der Tourismus, das kann man mit Fug und Recht sagen, ist die Wirtschaftsform mit der größten Wohlstandsverteilung, auch in die entferntesten Regionen unserer Heimat. Auch ist der zunächst befürchtete Einbruch im heimischen Tourismus 2009 nicht einge-


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treten – nicht im Winter, dem umsatzstärksten, nicht im vergangenen Sommer; in Tirol hatten wir in einigen Tälern hier sogar Steigerungen.

Der österreichische Tourismus kommt gut durch die Krise. Dies führe ich in erster Linie auf die tollen, international gut aufgestellten Betriebe, die fleißigen Mitarbeiter und motivierten WirtInnen und Unternehmer zurück. Auch die erhöhten Werbe-Etats bei der Österreich Werbung und in den Ländern haben zu unerwartetem Erfolg geführt. Ich danke dafür unserem Minister Mitterlehner ausdrücklich.

Die Stadt-Hotellerie hatte allerdings Einbußen hinzunehmen – in Wien 6 Prozent –, und Besorgnis erregend ist nach wie vor die Situation in den Nationalparks, wo teilweise starke Nächtigungsrückgänge zu beklagen sind, und zwar seit 30 Jahren. Es reicht dort eben nicht aus, nur die Ökologen und die Bauern auf hohem Niveau zu pflegen, hier müssen Produktpflege und Marketing Bestandteil und Aufgabe der National­parkver­wal­tungen werden.

Nachhaltig begeistern kann man die einheimische Bevölkerung in den Parks nur dann, wenn sie auch wirtschaftlich einen Erfolg haben. Hier bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Minister – Frau Staatssekretär, richten Sie ihm das bitte aus –, für die Einrichtung der Task Force, einer Plattform, auf der in Ihrem Haus dieses Problem hochprofessionell bearbeitet wird.

Österreich hat also internationale Marktanteile gewonnen. Die Werbeanstrengungen im Inlandsmarkt und auch auf den Nahmärkten haben sich gelohnt. Die Budgets der Österreich Werbung mit rund 50 Millionen werden durch die LTOs und Mittel der Länder auf ungefähr 100 Millionen ergänzt.

Wir sind damit international vergleichbar. Richtig ist aber, dass die Abstimmung und der Einsatz dieser Mittel zwischen den Organisationen noch besser koordiniert werden müssen. Die großen Verbände im Westen gehören bei den gemeinsamen und koor­dinierten Bewerbungen der Märkte in die Pflicht genommen. Diese Tourismusverbände haben mehr Nächtigungen als manches Bundesland, wie Burgenland, wie Nieder­österreich, wie Oberösterreich, und gehören deshalb in die notwendigen Koordina­tionen am Markt eingebunden. Auch hier sind Sie sehr aktiv, Herr Minister, Frau Staats­sekretär – auch hier herzlichen Dank!

Positive Auswirkungen auf die Tourismuszahlen hat sicher auch die europäische Kultur­hauptstadt Linz 2009 gehabt.

Erfreulich ist auch die Zunahme der Förderanträge bei der Österreichischen Hotel­treuhand. Hier wird unter Dr. Mücke und Dr. Hartl hervorragende Arbeit und profes­sionellste Beratung geleistet.

Der Restrukturierungsfonds, ein Sanierungsprogramm für in Not geratene Betriebe, hat erfreulicherweise kaum Zuwachs. Die viel zitierte Bankenkrise ist im Tourismus kaum angekommen. Ich bin seit 32 Jahren Wirt, habe in meiner Jugend die Kreditsperre in den Siebzigern noch mitbekommen und die Hochzinsphase Anfang der achtziger und später in den neunziger Jahren am eigenen Leib erfahren. Unsere Bankenprobleme heute sind zumindest im Tourismus derzeit vergleichsweise gering.

Das größte Problem haben wir nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt. Hier ist es uns trotz enorm gestiegener Arbeitslosigkeit nicht gelungen, Arbeitslose aus der Industrie zu motivieren, im Tourismus Jobs anzunehmen.

Dienstleistung muss leider auch zu unattraktiven Tages- und Wochenzeiten erbracht werden. Dieses Problem, nämlich die Annahme der Jobs in Dienstleistung, kann der Tourismus nicht alleine lösen. Die Unternehmungen im Tourismus müssen für marktkonforme Löhne, ordentliche Arbeitsbedingungen und vernünftige Unterkünfte


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sorgen. Das tun sie auch. Dass offene Jobs angenommen werden, ist eine gesell­schaftspolitische Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen müssen.

Neben der Lösung des Mitarbeiterproblems wünschen wir uns Erleichterungen bei der Gewerbeordnung und in der Umweltbürokratie. Auch brauchen wir Hilfe bei den leider schwindenden Schülerschikursen. Hier passiert viel, in den Bundesländern etwa Gratisfahrten bei den Seilbahnen. Das gehört koordiniert, und wir brauchen hier einen Koordinator. Herr Ministerialrat Redl, der hier gute Arbeit geleistet hat im Unterrichts­ministerium, ist in Pension gegangen und wird nicht nachbesetzt. Auch die 70-pro­zentige Zustimmungsklausel, ob man auf Schulschikurs fährt oder nicht, ist zu hinter­fragen.

Alles in allem sind wir stolz auf unsere Betriebe und die fleißigen Mitarbeiter. Wie sagt Wolfgang Schüssel immer so trefflich?: Tourismus ist harte Arbeit mit einem freund­lichen und charmanten Lächeln auf den Lippen. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. 4 Minuten Redezeit – Bitte.

 


13.27.00

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Der Bericht über die Lage des Tourismus und der Freizeitwirtschaft in Öster­reich 2008 ist wieder einmal eine Möglichkeit, über die Bedeutung der Branche für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich zu sprechen.

Wenn wir bedenken, dass 2007 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts direkt oder in­direkt von dieser Branche erwirtschaftet worden sind, so, glaube ich, können wir alle miteinander stolz sein auf die Leistungen, die diese Branche für unser Land erbringt. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Wichtig erscheint mir auch, dass sich – und das geht aus dem Bericht eindeutig hervor – die Ausgaben für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft nach den Arbeits- und Einkommensverhältnissen der Menschen richten. Mich persönlich freut auch, dass, glaube ich, erstmals in einem solchen Bericht festgestellt wird, dass eine relativ hohe Lohnrunde bei sinkender Inflationserwartung natürlich nachfragestimulierend wirkt. Ich denke mir, auch dies sollten die Lohnverhandler, die derzeit am Werk sind, berück­sichtigen, da es ganz wichtig ist: Wenn es den Menschen gut geht, dann – und die Tourismus- und Freizeitwirtschaft zeigt das besonders deutlich – geht es auch der Wirtschaft gut. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Umso nachdenklicher, meine Damen und Herren, stimmt es aber, dass Herr Finanz­minister Pröll in der heutigen Fragestunde eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in dieser Periode nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. (Abg. Grillitsch: So ein Blödsinn!) Beim Konsum von Tourismus- und Freizeitangeboten müssen wir Umsatzsteuer zahlen, beim Erwerb von Wertpapieren nicht. Ich persönlich meine, dass es gescheiter wäre, für den Konsum und für das Wirtschaftswachstum gerade in dieser Branche zu überlegen, ob wir nicht wieder eine Börsenumsatzsteuer einführen sollten, aber dafür die Umsatzsteuer in diesem Bereich – und ich weiß, dass das ja auch eine Forderung der Branche ist – zu senken. Damit wäre es auch einkommensneutral zu gestalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind uns alle dessen bewusst, dass die Tourismus- und Freizeitwirtschaft mit rund 180 000 Beschäftigten auch zu den wichtigsten Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen in Österreich zählt. Daher ist es sehr, sehr wichtig – und Kollege Hörl hat die Problematik


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ja bereits angesprochen –, dass wir die Rahmenbedingungen für die Beschäftigung so gestalten, dass die Beschäftigung auch tatsächlich attraktiv wird.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist zweifelsohne ein Problem für viele in dieser Branche, und diese Branche ist, wie wir wissen, auch eine frauendominierte Branche. Die Frage der Arbeitszeit und natürlich auch die Frage der Entlohnung sind wesent­liche Punkte, ob ein Job attraktiv ist oder nicht – das brauchen wir gar nicht besonders zu erwähnen –, aber ich glaube, auch Aufstiegschancen sind ein wichtiges Kriterium.

Vor allem aber müssen wir uns alle miteinander bemühen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ganzjährige Jobs und Vollzeitjobs ermöglichen, auch in dieser Branche. Den Tourismus als Chance sehen – nicht nur für den Wirtschaftsstandort, sondern auch als Chance für Beschäftigung: Das ist die Zielsetzung, die wir gemeinsam verfol­gen sollten!

Dazu gehört eine bessere Bettenauslastung, dazu gehört mittelfristig auch eine bessere Internationalisierung. So positiv die Nahmarktaktion war, und so toll es ist, dass wir jetzt durch diese Aktion sehr viele Gäste auch aus unseren Umländern wieder gewinnen konnten: Längerfristig müssen wir internationaler werden!

Ganz wichtig sind kommunale Freizeiteinrichtungen, weil sie ein touristisches Plus sind, weil sie aber zugleich für die Bevölkerung ein Gewinn sind, also eine Win-win-Situation für Gäste, Bevölkerung und Unternehmen darstellen.

Die Schaffung eines tourismusfreundlichen Klimas in Österreich ist ganz wesentlich. Der Tourismus ist eine Querschnittmaterie. Daher ist es auch wichtig, dass Angebote auch von der heimischen Bevölkerung genutzt werden können. Heute ist im „Standard“ ein Artikel über Schulskikurse. Natürlich geht es da auch um langfristige Kunden­bindung für die Freizeitwirtschaft, aber letztendlich ist auch da wieder die Frage: Können sich die Menschen, die Wohnbevölkerung vor Ort, das auch leisten?

Und auch da gilt wieder das Sprichwort: Geht es den Menschen gut, geht es der Wirtschaft gut. Und darum sollten wir schauen, dass es den Menschen in Österreich, und zwar allen, so gut wie möglich geht. (Beifall bei der SPÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.31.38

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Über die Mehrwertsteuer, zumindest in einem gewissen Bereich, der auch den Herrn Hörl besonders betrifft, haben wir ohnehin im Tourismus-Ausschuss letzte Woche gesprochen (Abg. Hörl: 40 Millionen!) – ah, du bist ohnehin da! Ist aber vertagt worden, da geht es ja eigentlich um nichts.

Ich werde jetzt nicht einstimmen in den Chor derer, die die tollen Maßnahmen der Regierung loben, die sagen, dass so ein toller Lagebericht des Tourismus 2008 zu­stande gekommen ist. Das werde ich nicht tun, denn die Regierung hat ja auch wirklich nichts dazu beigetragen. Der Lagebericht über den Tourismus 2008 ist des­wegen ein wirklich hervorragender, weil er erstens noch die Zeit vor der Krise beleuchtet, und zweitens, weil unsere österreichischen touristischen Unternehmen, unsere Tourismus-Betriebe wirklich sehr gut aufgestellt sind und nach wie vor gute Arbeit leisten. Denen gratuliere ich zu diesem wirklich tollen Bericht 2008! (Beifall bei der FPÖ.)

Völlig allein gelassen worden sind die touristischen Unternehmen und Betriebe allerdings im Jahr 2009, und sie werden auch im Jahr 2010 allein gelassen werden. Ich erinnere nur an die Kreditklemme, die zwar immer wieder abgestritten wird, aber ich


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habe mir aus dem Internet jetzt gerade einige aktuelle Zeitungsmeldungen heraus­geholt:

14. Oktober: Die Banken haben im August weniger Kredite vergeben als im Jahr zuvor.

23.09.: Firmen nahmen im Juli weniger Kredite auf. Österreichs Banken waren im Juli zurückhaltend bei neuen Krediten. EZB ermittelt. Banken lassen kleine Firmen abblitzen. In der Wirtschaftskrise lassen Banken besonders kleinere Firmen bei Kredit­anfragen abblitzen, und so weiter und so fort.

Wir wissen ja, wir hören es ja laufend von unseren Betrieben, dass sich die Kredite, wenn sie überhaupt noch vergeben werden, einfach enorm verteuert haben.

Es gibt als noch genug Baustellen im österreichischen Tourismus, wo man die ohnehin schon sehr guten und fleißigen Tourismusbetriebe noch stärker unterstützen könnte. Da ist es nur ein i-Tüpferl, dass in der Wirtschaftskammer gerade darüber gesprochen wird, dass es durch eine neue Gesetzesauslegung notwendig sein wird, Betriebs­anlagengenehmigungen für Gastgärten und ähnliche „Wahnsinnigkeiten“ jetzt auf einmal neu an die Tourismusbetriebe heranzutragen. Hier ist es notwendig, sich dage­gen zu wehren, dass man in dieser Zeit den Unternehmen das Leben auch noch unnötig schwer macht.

Eines ist mir auch vor Kurzem aufgefallen: Was die Zukunft des österreichischen Tourismus betrifft, hat die Regierung offensichtlich überhaupt keine Perspektive. Wenn man nämlich bei „Google“ die Worte „Urlaub“ und „Österreich“ eingibt, dann kommt keine staatliche Seite, keine Seite von der Republik, so wie es in jedem anderen Land der Fall ist (Abg. Hörl: 127 Millionen!), dann kommt, lieber Franz Hörl, www.austria.at, und das ist die Homepage einer privaten Werbeagentur aus Salzburg. Und als zweiter Treffer kommt, wenn man die Worte „Urlaub“ und „Österreich“ eingibt, die Homepage von Tchibo-Kaffee Austria. Erst an sechster Stelle kommt dann die Österreich Wer­bung, und das zeigt auch die Zukunftsorientierung unserer Bundesregierung bezüglich des Tourismus und wie man mit neuen Medien und E-Commerce im Internet und dergleichen umgeht, was den Tourismus betrifft.

Nichtsdestotrotz gibt es eine wunderbare Aktion der Österreich Werbung, die ich wirklich unterstütze und die ich Ihnen allen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nahelege: Gehen Sie auf http://schneeballschlacht.austria.info und nehmen Sie teil an der dort stattfindenden Schneeballschlacht. Es hilft dem österreichischen Tourismus! (Beifall bei der FPÖ.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Linder. 4 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.35.59

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade wird im Saal unser Entschließungsantrag verteilt, auf dem ich auch im Folgenden eingehen möchte.

Die Wichtigkeit des Tourismus ist heute schon angedeutet worden: 181 000 Mitar­beiter, jeder fünfte Vollarbeitsplatz ist dem Tourismus zuzurechnen, 16 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden über den Tourismus generiert, und die Infrastruktur in den Gemeinden vor Ort draußen ist nicht zuletzt deshalb so gut, weil es immer wieder gelingt, über den Tourismus Investitionen zu tätigen.

Die Prognosen für das Jahr 2009 haben aufgrund der Krise nicht sonderlich gut aus­gesehen, und unter dem Aspekt, dass die Österreich Werbung, die Österreichische Hoteliervereinigung und der Tourismus-Ausschuss der letzten Gesetzgebungsperiode


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eine permanente Erhöhung der Werbemittel für die Österreich-Werbung gefordert haben, hat sich die Regierung bequemt, drei Millionen plus eine Million von der Wirtschaftskammer für ein Sonderwerbebudget zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt aufgrund dieses Budgets ist es gelungen, den Sommer doch gut über die Bühne zu bringen und mit 1,8 Prozent minus mit einem blauen Auge davonzukommen.

Diese 4 Millionen € sind für den Nahmarkt Deutschland und Österreich eingesetzt worden. Österreicher, die in Österreich Urlaub gemacht haben, haben wir sogar um 0,6 Prozent mehr gehabt.

Weil diese Mittel so gut eingesetzt wurden und der Tourismus von solcher Bedeutung ist, verstehe ich nicht, dass der Bundesminister bei der letzten Ausschuss-Sitzung gesagt hat, es seien keine Sondermittel mehr vorgesehen. Das heißt, wir müssen wieder mit dem alten Geld, mit dem Budget, das mittlerweile schon einen Wertverlust von zehn Millionen € erlebt hat in der Österreich Werbung, zurechtkommen.

Ein weiteres Problem im Tourismus ist die absolut vorhandene Kreditklemme. Mücke und Hartl haben uns bestätigt, dass sie selbst zwei Monate lang fast kein Geld auftreiben konnten. Wir erleben auch immer wieder, dass die Banken sehr einfallsreich sind, wenn es darum geht, die niedrigen Bankzinsen am Markt mit irgendwelchen Zusatzkonditionen zu bestücken, sodass die Betriebe hier wirklich Probleme haben. Und nicht zuletzt heute in der Fragestunde hat uns der Finanzminister selbst bestätigt, dass die Kreditklemme vorhanden ist und es noch großer Anstrengungen bedarf, hier dagegen zu wirken und den Betrieben zu helfen.

Ein großes Problem ist sicherlich auch die Eigenkapitalausstattung, vor allem der kleinen und Kleinstbetriebe. Betriebe mit einem Umsatzvolumen von ein bis zwei Millionen € haben eine Minuseigenkapitalausstattung von 0,9 Prozent, und die Kleinst­betriebe mit 300 000 € Umsatz haben 12,4 Prozent Negativeigenkapitalausstattung. Ich glaube, es wird notwendig sein, gerade den Klein- und Kleinstbetrieben zu helfen, denn sie sind es, die die typische österreichische Gastlichkeit ausmachen, die Garant dafür sind, dass wir unverkennbar sind, dass der Tourist weiß, hier bekommt er Österreich und nicht die Systemgastronomie, die uns eigentlich international gleich­macht. (Beifall beim BZÖ.)

Ein wichtiger Bereich für uns sind auch die Mitarbeiter. Gerade da haben wir immer wieder Probleme. Um die von Ihnen, Frau Kollegin Silhavy, erwähnte Vollbe­schäfti­gung zu erreichen, brauchen wir mehr Flexibilität, mehr und längere Durchrechnungs­zeiten. Wir möchten die Mitarbeiter lange im Betrieb behalten – das ist für uns Kapital –, sind aber leider immer wieder vom Gesetz her gehemmt und können das nicht machen.

Ganz wichtig sind unserer Meinung nach die Schul-Schikurse. Ich freue mich, dass wir gemeinsam mit den übrigen vier Parteien einen Fünf-Parteien-Antrag in der nächs­ten Sitzung des Tourismusausschusses einbringen können. Wir wissen, dass wir auch da von der Wirtschaftskammer unterstützt werden. Ich glaube, wir sollten es uns zum Ziel machen, die österreichischen Kinder wieder Schifahren zu lehren, ihnen die Freude am Wintersport beizubringen und so für unsere Betriebe auch eine Saison­verlängerung zu erwirken.

Von der Werbeschiene her hat sich die „Allianz der Zehn“ gebildet, haben sich die neun Tourismusorganisationen der Länder mit der Österreich Werbung, zusammen­getan. Wir sollten darauf hinarbeiten, dass diese Linie auf die Gemeinden hinunterge­brochen wird, dass wir die 88 Tourismusregionen mit ins Boot bekommen, um eine einheitliche Werbeschiene für den österreichischen Tourismus zu erreichen und dadurch einheitlich auftreten zu können.


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Wenn auch vor Beginn dieser Gesetzgebungsperiode der Tourismusausschuss in Frage gestellt wurde, so wissen wir doch: Tourismus ist zwar Ländersache, aber Tourismus geht uns alle etwas an. Ich glaube, der Tourismusausschuss dient dazu, die Probleme und die Angelegenheiten des Tourismus auf breiter Basis zu diskutieren, über eine breite Schiene in die Öffentlichkeit zu tragen, und vor allem dient der Tourismusausschuss auch dazu, den Forderungen der Tourismuswirtschaft und der Betriebe Nachdruck zu verleihen. Manchmal habe ich nämlich den Eindruck, dass der Tourismus in den Regierungsparteien zu wenige Lobbyisten und zu wenig Lobby hat. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hörl: Jetzt reicht es aber!)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Sehr geehrter Herr Kollege Linder, Sie haben zwar angekündigt, dass ein Antrag eingebracht wird, Sie müssen den Antrag, der ja verteilt wurde, aber im wesentlichen Kern erläutern. (Abg. Ing. Westenthaler: Das hat er schon gemacht!) Sie haben hier viele Punkte stehen, ich habe mir das genau angesehen. Tut mir leid, Sie haben weder die Österreich Werbung noch die Mitglieds­beiträge erwähnt. Sie haben auch nichts zu Basel II gesagt und vieles andere mehr.

Darf ich Sie bitten, dass Sie das noch tun, dass Sie formell sagen, Sie bringen den Antrag ein, und drei, vier wesentliche Punkte erwähnen?! – Danke.

 


Abgeordneter Maximilian Linder (fortsetzend): Selbstverständlich!

Folgende Punkte sind uns im Entschließungsantrag wichtig:

die Erhöhung des Budgets für die Österreich Werbung um 10 Millionen €;

der Abschied von Basel II ist ein ganz wichtiger Punkt;

die Liquiditätsstärkung der KMUs und EPUs;

die vorzeitige Absetzung für Abnutzung ist durch eine Investitionsprämie zu ersetzen;

die verpflichtende Abhaltung von Schulskikursen in allen Schulstufen;

eine einheitliche beziehungsweise eine abgesprochene Ferienregelung, um eine Entzerrung der Urlauberströme zu erreichen,

und eine verpflichtende Einführung von Herbstferien, um unseren Mitarbeitern die Mög­lichkeit zu bieten, mit ihren Familien Urlaub zu machen, aber auch eine Saison­verlängerung zu erwirken. (Beifall beim BZÖ.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde in seinen wesentlichen Kernpunkten erläutert, wurde gemäß § 53 Abs. 4 GOG bereits an die Abgeordneten verteilt und steht somit auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Notwendigkeit eines Krisenbewältigungspakets für den heimischen Tourismus

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 22. Oktober 2009 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 4: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2008 (III-95/368 d.B.)

Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise haben nun mehr auch die heimi­sche Tourismuswirtschaft erreicht. So geht aus dem Bericht des Bundesministers für


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Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2008 hervor, dass „deutliche Nachfragerückgänge im I. Quartal 2009 (reale Tourismusexporte – 12,8 %) sowie der herrschende Pessimismus der befragten Hotellerie- und Gastronomiebetriebe in Bezug auf die erwartete touristische Nachfrage­entwicklung bis zum Sommer 2009 aufzeigen, dass sich der österreichische Tourismus der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht entziehen kann.“

Die Zahlen belegen diese Tatsache eindrucksvoll!

In der diesjährigen Sommersaison (Mai bis Juli) ist die Zahl der Übernachtungen um 5,2 Prozent auf 29,3 Millionen zurückgegangen. Die Ankünfte verringerten sich um 3,3 Prozent auf 8,3 Millionen, was den Werten der Jahre 2007 beziehungsweise 2003 entspricht. Nach Wifo-Berechnung sanken die Tourismus-Umsätze um 5,3 % auf 5,2 Mrd. Euro. Die Nächtigungen gingen von Jänner bis Juli dieses Jahres um 3,7 % zurück.

Auch wenn die Augustzahlen 2009 einen Teil dieser Rückgänge kompensieren konn­ten, so ist in diesem Jahr dennoch mit einem Rückgang der Tourismusexporte 2009 um real zumindest 5 % zu rechnen.

Dazu kommen Unsicherheiten insbesondere in Hinblick auf die Entwicklung der Zahlen der deutschen Touristen, die in Österreich einen relativ hohen Nächtigungsanteil haben und 54 % der ausländischen Nachfrage abdecken. Aufgrund der Tatsache, dass Deutschland von der Finanz- und Konjunkturkrise relativ stark betroffen ist, wird dies auch Österreich verstärkt zu spüren bekommen.

Zusätzlich werden die nicht gerade rosigen Aussichten für den heimischen Tourismus durch die wirtschaftliche Situation der Hotellerie und Gastronomie verschärft, wie aus dem gegenständlichen Bericht hervorgeht.

So ist insbesondere die Hotellerie von der derzeitigen Kreditklemme betroffen und „profitiert von den Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank derzeit nicht“, wie seitens der Hoteliers kürzlich festgestellt wurde.

„Während die Geldmarktzinsen im Laufe der letzten Jahre einen sinkenden bzw. stabilen Verlauf nahmen, haben sich die der Hotellerie verrechneten Zinsen deutlich erhöht,“ bestätigt der Tourismusbericht 2008 diese Position und kommt zu dem Ergebnis, dass sich bei verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen das im Durchschnitt ohnedies knappe Ergebnis verschlechtern wird. Dies wird die wirtschaftliche Stabilität einiger Unternehmen auf einen harte Probe stellen.“

Ebenso wie die Hotellerie hat auch die Gastronomie insbesondere hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung mit teils großen Problemen zu kämpfen.

Auch wenn für diesen Bereich im vorliegenden Bericht darauf hingewiesen wird, dass sich die Einnahmen und in der Folge auch die wirtschaftlichen Ergebnisse gegenüber den Vorjahren verbessern, so ist es nach wie vor erschreckend, dass die Betriebe bis zu einem Umsatz von zwei Mio Euro über eine negative Eigenkapitalausstattung verfügen.

Gastronomiebetriebe mit einem Umsatz bis zu 0,3 Mio Euro haben eine Eigenkapital-Ausstattung von – 12,4 %!

Dazu kommt, dass laut Bericht diese Statistiken zugunsten der großen und umsatz­starken Betriebe verzerrt sind, da nur die bilanzierenden Unternehmen erfasst werden.

Angesichts dieser Fakten mag es nicht überraschen, dass das Gastgewerbe mit 945 Insolvenzen massiv am Insolvenzgeschehen teilnimmt und im Vergleich mit anderen Branchen eine vordere Positionierung in der Statistik einnimmt.


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Vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten, im Interesse der Unterstützung der heimischen Tourismuswirtschaft und im Sinne der Bewältigung der Auswirkungen der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung bzw. die jeweils ressortzuständigen Bundesminister werden aufgefordert, nachstehende Maßnahmen eines Tourismus-Krisenbewältigungspakets umzusetzen bzw. die entsprechenden Gesetzesentwürfe im Sinne der Umsetzung dieser Maßnahmen umgehend dem Nationalrat zuzuleiten:

1. Die für dieses Jahr budgetierte Sonderdotierung des Budgets für die Österreich Werbung ist jedenfalls auch für das Jahr 2010 sicherzustellen.

2. Darüber hinaus ist alles daran zu setzen, die dringend erforderliche Erhöhung der Mitgliedsbeiträge für die Österreich Werbung um zehn Millionen Euro jährlich herbei­zuführen.

3. Die Werbemittel sind insbesondere vor dem Hintergrund der zu erwartenden nega­tiven Effekte der Wirtschaftskrise auf die Anzahl der Urlaubsgäste aus Deutschland verstärkt in den Nahmärkten einzusetzen und ist in diesem Zusammenhang insbe­sondere auf die Einsparungen bei der Anreise sowie die spezifische Attraktivität im österreichischen Tourismus hinzuweisen.

4. Im Interesse der vornehmlich klein- und mittelständisch strukturierten Gastronomie und Hotellerie sowie im Sinne einer Abkehr vom gegenwärtigen Modell einer grund­sätzlich abstrakten d.h. ohne konkreten Bezug zur Person bzw. zum Unternehmen und ohne Berücksichtigung des langfristigen Entwicklungspotentials erfolgenden Risikobe­wertung ist im Sinne der Erleichterung der Zurverfügungstellung von Investitionskapital ein sofortiger Abschied von „Basel II“ zu vollziehen.

5. Angesichts der nach wie vor bestehenden Kreditklemme mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Hotellerie ist die Anwendbarkeit des kürzlich beschlos­senen Liquiditätsstärkungsgesetzes auch auf KMUs und EPUs auszuweiten, um die Liquidität gerade der Tourismusbetriebe deutlich zu stärken.

6. Zur Verbesserung der Attraktivität von Krediten ist die staatliche Kreditvertrags­ge­bühr im Sinne des Gebührengesetzes abzuschaffen, da diese Gebühr Kredite unnötig verteuert, womit negative Auswirkungen auf die Investitionsfreudigkeit verbunden sind.

7. Weiters ist die Möglichkeit der vorzeitigen Absetzung für Abnutzung (AfA) durch eine Investitionsprämie (10 % der Investitionssumme) zu ersetzen, da diese auch jenen zugute kommt, die keinen Gewinn machen.

8. Die verpflichtende Abhaltung von Schulskikursen bzw. Wintersportwochen ist – wie es bereits früher der Fall war – gesetzlich zu verankern, mit der Zielsetzung, dass jede Schülerin und jeder Schüler einmal während des Volksschulbesuchs sowie jeweils einmal in der Unterstufe der AHS bzw. Hauptschule und in der Oberstufe der AHS bzw. der BHS in den Genuss solcher Veranstaltungen kommen.

9. Auf Europäischer Ebene sind Maßnahmen aktiv voranzutreiben, die durch eine entsprechende Abstimmung der Ferienzeiten eine Entzerrung der Urlauberströme gewährleisten.

10. Im Interesse insbesondere der in der Gastronomie und der Hotellerie selbständig bzw. unselbständig Beschäftigten sowie deren Familien ist eine neue Ferienordnung


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dahingehend zu gestalten, dass künftig an allen Schulen Herbstferien verpflichtend ein­geführt werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 4 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

13.44.15

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gehen wir gleich mitten in die Diskussion! Herr Kollege Linder, ich bin ja dankbar dafür, dass Sie noch einmal einen Anlauf nehmen, Dinge, die im Sinne des Tourismus sind, hier als Entschließungsantrag zu positionieren. Das ist eine ganze Latte. Ich bin dafür, dass die Mittel für die Österreich Werbung aufgestockt werden. Wir haben ja bereits einen Antrag in Verhandlung, dass hier die 10 Millionen € zumindest an Inflationsabgeltung endlich einmal geleistet werden.

Ich bin auch dafür, dass die Kreditklemme im touristischen Bereich und auch insge­samt bei den Klein- und Mittelbetrieben entfernt und geschwächt wird. Das trage ich durchaus mit, denn ich sehe überhaupt nicht ein, dass wir als Staat groß für Inves­titionen im Großindustriellenbereich haften und dort, wo die eigentliche Wertschöpfung stattfindet, nämlich bei den Klein- und Mittelbetrieben, dort, wo das eigentliche Steuer­aufkommen stattfindet, wird nach wie vor mit Krediten sehr, sehr zurückhaltend agiert.

Herr Kollege Linder, Sie sind ja nicht mehr da, aber ich rede gerne auch für die Wand. (Abg. Linder – aufzeigend –: Ich bin da!) Ich sehe aber auf der anderen Seite nicht ein, dass wir jetzt Eltern dazu verpflichten sollen, die Schulskikurse mitzutragen, denn – ich kann es gerne vorrechnen, du wirst es ja selber am eigenen Leib oder in der eigenen Familie auch nachrechnen können (Abg. Linder: In Kärnten ist der Lift gratis!) –: Wenn eine Familie drei oder vier Kinder unterschiedlichen Alters hat, dann ist die Ausrüstung doch eine relativ große finanzielle Belastung. Ich rede noch gar nicht von der Liftkarte, ich rede noch gar nicht von den Unterkünften et cetera, ich rede nur von der Aus­rüstung. Wenn die Tourismusindustrie Interesse an verstärkten Schulskikursen hat, dann ist meines Erachtens ein preisgünstiges Paket für Leihskischuhe, für Leihski et cetera, teilweise auch für günstige Kleidung bereitzuhalten, sonst ist das für kinder­reiche Familien nicht tragbar. – Das ist der eine Punkt, wo ich nicht mitgehen kann.

Das Zweite sind verpflichtende Herbstferien. Meine Damen und Herren! Gestern haben wir über die Maturaform diskutiert, haben wir insgesamt beim Kapitel Unterricht auch grundsätzliche Erwägungen angestellt. Und heute sollen wir einfach so ad hoc wieder für zusätzliche Herbstferien eintreten, wo ja gerade der Herbst die einzige Jahreszeit ist, in der nach meiner Erfahrung in der Schule wirklich etwas weitergeht, die Kinder noch einigermaßen ausgerastet sind, man es bis Weihnachten glücklicherweise schafft, oft den halben Jahresstoff zu bewältigen. Nachher kommen Unterbrechungen en suite: die Semesterferien, die Osterferien, Pfingsten, Fronleichnam, die geblockten schulautonomen freien Tage. Da geht oft nichts mehr ordentlich weiter in der Schule.

Wesentlich sind für mich nicht unbedingt wieder neue Ferienordnungen zugunsten der Tourismusindustrie. Wesentlich sind für mich echte touristische Förderungsmaß­nah­men.

Ich möchte jetzt erstens den Mitarbeitern im Kabinett persönlich danken. Der Bericht ist wirklich sehr ordentlich. Er gibt immer wieder eine gute Orientierung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Hörl.) Ich möchte auch noch meine Bitte daran anknüpfen, dass wir in Zukunft vielleicht die Aspekte wirtschaftliche Krisenentwicklung und Energiepreisent­wicklung, Ölpreisentwicklung in diesem Bericht wiederfinden.


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Ich sehe eine dringende Notwendigkeit – da pflichte ich auch meinem Vorredner Hörl und meiner Vorrednerin Kollegin Silhavy bei –, dass wir darauf achten, dass wirklich die Arbeitsbedingungen im Tourismus so attraktiv und so günstig werden, dass sich mehr Menschen dafür interessieren. Es gibt ja wirklich eine Diskrepanz. Wir haben auf der einen Seite relativ hohe Arbeitslosigkeit, aber auf der anderen Seite im Touris­mus­bereich relativ viele offene Stellen.

Es besteht das Problem der Saisonniers; darüber haben wir heute noch gar nicht diskutiert. Wir brauchen eine andere Saisonnier-Regelung, denn dieses sozusagen Köpfe-Zählen pro Bezirk und diese bürokratische Abwicklung ist für die Tourismus­branche relativ aufwendig. Meines Erachtens müssen wir gerade im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Italien, gegenüber der Schweiz, auch gegenüber Deutschland diesbezüglich etwas großzügiger sein. Oder wir müssen insgesamt die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass die einheimischen Kräfte diese Joboptionen auch verstärkt wahrnehmen. Da sind wir einer Meinung. Es geht auch um Kinder­betreuungseinrichtungen, es geht um Wohnmöglichkeiten. Da ziehen wir an einem Strang. (Demonstrativer Beifall des Abg. Hörl.)

Wo wir auch an einem Strang ziehen sollten, ist natürlich der Mobilitätsbereich. Da haben wir Grüne einen Vorstoß unternommen. Es wird ja im Tourismusbericht auch darauf hingewiesen, es ist sozusagen ein Oppositionsanliegen gewesen, dass die Mitarbeiter im Kabinett das aufgegriffen haben. Aber meines Erachtens gehört das ausgebaut. Es gibt jetzt zwar 1 Million € Förderung im Tourismusbereich für Rad­tourismus et cetera, aber das ist relativ wenig.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein – Herr Präsident, ich lese ihn vor –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rad­mitnahme im Zug – Optimierung der Bahn-Fahrrad-Schnittstelle im Interesse des Radtourismus in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, für Verkehr, Innovation, Technologie und für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­ser­wirtschaft werden aufgefordert, den wirtschaftlich wie klimapolitisch vorteil­haften Fahrradtourismus in Österreich durch die Verbesserung der Möglichkeiten zur Radmitnahme in Öffentlichen Verkehrsmitteln im innerstaatlichen und grenzüber­schreitenden Verkehr weiter zu stärken.

Insbesondere soll die Fahrradmitnahme in Zügen tariflich deutlich attraktiviert sowie die Fahrradmitnahme in allen neu angeschafften Zugsgarnituren der ÖBB ermöglicht werden und künftig von vornherein Pflicht-Ausschreibungsbestandteil bei Neuanschaf­fungen sein.

*****

Sie wissen es ja: Der Railjet fährt quasi radlos, also da kann man kein Rad mitnehmen. Das ist so konzipiert.

Das ist meines Erachtens kontraproduktiv, denn EU-weit gilt eine Verordnung, dass die Radmitnahme auch von den jeweiligen nationalen Bahnen besser angeboten wird. Das wäre unser Beitrag. An sich war ja ausgemacht, dass wir bis heute einen Allparteien­antrag fertig haben. Dieser ist aus verschiedenen Gründen nicht vorliegend; deswegen


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sehen wir uns veranlasst, diesen Entschließungsantrag heute noch zur Abstimmung zu bringen, was aber nicht ausschließt, dass wir eine weitergehende gemeinsame Be­schluss­fassung treffen, die den gesamten Mobilitätsbereich im Tourismus umfasst. Das sind Verhandlungen, die bis Dezember einigermaßen beschlussreif vorangetrieben werden sollten.

Insgesamt werden wir Grüne dem Bericht zustimmen. Wir haben auch immer wieder Anregungen gebracht. Teilweise sehe ich die Notwendigkeit, dass wir im Tourismus wirklich das Potential nützen, das uns in anderen Wirtschaftssparten fehlt, nämlich das Potential des geringeren Einbruchs in diesem Sektor, des Durchstartens durch die Krise hindurch. Das geht zurück auf eine schöne Landschaft in Österreich, auf die gute Servicequalität vor Ort und auf die attraktiven Maßnahmen, die insgesamt gesetzt worden sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht im Zusammenhang mit der Materie und daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rad­mitnahme im Zug – Optimierung der Bahn-Fahrrad-Schnittstelle im Interesse des Radtourismus in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Tourismusausschusses (368 d.B.) über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2008 (III-95 d.B. XXIV.GP)

Der Radtourismus wird seit Jahren forciert – zurecht, ist er doch umwelt- und klima­verträglich und gesund sowie tourismus- und regionalpolitisch vorteilhaft: Er eröffnet auch für viele zB ihrer Topographie wegen bisher touristisch weniger gefragte Re­gionen die Chance touristischer Inwertsetzung mit noch dazu überproportionalen täglichen Ausgaben der Gäste.

Wichtig für die Mobilität der RadtouristInnen vor Ort – nicht nur für sie, aber für sie ganz besonders - ist ein möglichst attraktives Angebot im Öffentlichen Verkehr.

Hier bestehen im Bereich der Bahn-Rad-Kombinationsmöglichkeiten derzeit leider zahlreiche Einschränkungen bei der Fahrradmitnahme, bis hin zu tariflichen und sonstigen Schikanen. Auch das Anbieten unattraktiv weit von den Bahnsteigen ent­fernter Abstellplätze im Bahnhofsumfeld gehört in diese Kategorie. Besonders ärgerlich ist, dass derzeit mit dem „Railjet“ die Auslieferung einer hohen Anzahl neuer Fern­verkehrsgarnituren für die ÖBB am Beginn steht, bei denen keine Fahrradmitnahme­möglichkeit miteingeplant wurde. Dies ist umso erstaunlicher, als bekanntlich im 3. EU-Eisenbahnpaket die verpflichtende Ausrüstung von Zügen mit entsprechenden Mög­lichkeiten zur Fahrradmitnahme vorgesehen ist. Somit könnten sogar teure Umbauten kurz nach Inbetriebnahme neuer Garnituren drohen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, für Verkehr, Innovation und Technologie und für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, den wirtschaftlich wie klimaschutzpolitisch vor­teilhaften Fahrradtourismus in Österreich durch die Verbesserung der Möglichkeiten zur Radmitnahme in Öffentlichen Verkehrsmitteln im innerstaatlichen und grenzüber­schreitenden Verkehr weiter zu stärken.

Insbesondere soll die Fahrradmitnahme in Zügen tariflich deutlich attraktiviert sowie die Fahrradmitnahme in allen neu angeschafften Zugsgarnituren der ÖBB ermöglicht werden und künftig von vornherein Pflicht-Ausschreibungsbestandteil bei Neuanschaf­fungen sein.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staats­sekre­tärin Marek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.51.53

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Hauses ganz herzlich bedanken. Der letztjährige Tourismusbericht, der mittlerweile fast zum zwanzigsten Mal erscheint, und das jährlich, gibt auch diesmal wieder einen ausgezeichneten Überblick für alle am Tourismus Interessierten über die in der Tourismuswirtschaft Tätigen und zeigt auch, was für ein wichtiges Standbein der Tourismus insgesamt in der öster­reichischen Wirtschaft ist. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Tourismusbericht zeigt, dass das vergangene Jahr ein hervorragendes, sehr erfolgreiches Jahr war. Wir hatten 32,6 Millionen Ankünfte mit einem Plus von fast 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Herr Abgeordneter Haider! 32,6 Millionen Men­schen waren sehr wohl in der Lage, nach Österreich zu finden. (Beifall des Abg. Hörl.)

Im Jahresdurchschnitt hatten wir insgesamt knapp 181 000 unselbständig Beschäftigte. Das zeigt – wir haben es bereits mehrfach gehört –, dass der Tourismus ein wirklicher Beschäftigungsmotor gerade auch jetzt in der Krise ist. Auch wenn wir da und dort immer wieder Verbesserungspotential haben – das wissen wir natürlich –, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran und sind hier auf einem sehr guten Weg.

Ich bedanke mich auch bei all den Beschäftigen in der Tourismuswirtschaft, bei den Hoteliers, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass der Tourismus in Österreich diesen Stellenwert und diese hohe Qualität hat. Das ist natürlich auch auf die schöne Natur, die Rahmenbedingungen, aber ganz besonders auf die Menschen zurückzuführen. Der Tourismus lebt vom Service, der Tourismus lebt von der Qualität, durch das, was die Menschen einbringen, und das ist der Grund dafür, warum wir weltweit so gut unterwegs sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Viel interessanter als das letzte Jahr ist aber wohl gerade in der aktuellen Situation die Ausgangslage: Was ist zu erwarten, wie entwickelt sich der Tourismus? Da sehen wir zwar natürlich Rückgänge, wie auch in anderen Branchen, es kamen im ersten Halb­jahr um 2,8 Prozent weniger ausländische Gäste als bisher. Wenn wir uns aber die schwierige Situation international ansehen, dann haben wir hier ein durchaus acht­bares Ergebnis erzielt, zwar mit Rückgängen, die aber in diesem Bereich deutlich geringer sind als in anderen Branchen. Und das zeigt uns, dass es goldrichtig war – Frau Abgeordnete Moser hat es auch gesagt –, hier zu investieren und die Wett­bewerbs­fähigkeit zu stärken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 127

Es war, glaube ich, auch eine gute Entscheidung, dass wir in die Nahmarkt-Kampagne der Österreich Werbung investiert und gerade jetzt in der Krise gesagt haben: Mach’ Urlaub in Österreich, bleib’ im eigenen Land! Es waren 1,9 Prozent mehr Öster­reicherinnen und Österreicher in unserem Land auf Urlaub, das heißt, auch da effizient investiertes Geld.

Frau Abgeordnete Silhavy, natürlich ist das eine jetzt in dieser Situation wichtige Aktivität der ÖW gewesen, aber es ist auch weiterhin ganz, ganz wesentlich, die Internationalisierung der österreichischen Tourismuswirtschaft zu forcieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken; auch für den Winter. Nach einem wegen des Wetters sehr erfolgreichen Sommertourismus geht es darum, wieder entsprechend das Engagement zu forcieren: 15 Millionen € für die Österreich Werbung für den Wintertourismus, für eine Kampagne mit der Kernaussage „Österreich erfüllt Winterträume“, um auch ganz konkret mit Emotionen zu spielen. Ich glaube, es sind genau diese Bilder, die mit Österreich verbunden werden. Das macht uns stark, und damit punktet die Österreich Werbung sehr gut.

Herr Abgeordneter Haider, Sie haben gesagt, wir haben keine Vision, wir wissen nicht, wo es hingeht. – Ich darf Ihr aktuelles Wissens auf den letzten Stand bringen. Es gibt natürlich die gemeinsame Tourismusstrategie für das neue Tourismus-Jahrzehnt mit ganz konkreten Punkten: Wo wollen wir hin?, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, die internationale Position erfolgreich zu machen und diese nicht nur zu halten, sondern sogar auszubauen. Dass wir Platz 10 weltweit bei den Reise­verkehrs­einnahmen sind, das ist hart erarbeitet. Da arbeiten wir weiter daran und werden mit der Kick-off-Veranstaltung Ende Oktober den Strategieprozess offiziell starten und setzen ganz konkrete Maßnahmen.

Herr Abgeordneter Haider, Sie haben auch unterstellt, wir ließen die Unternehmen gerade in der Krise im Stich. – Auch da darf ich Ihr Wissen auf den letzten Stand bringen. Wir haben natürlich das Maßnahmenpaket für den Tourismus geschnürt und ganz konkrete Maßnahmen gesetzt, zusammen mit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank. Wir haben – ich kann Ihnen die aktuellen Septemberzahlen sagen – die Förderungen massiv ausgeweitet. Wir haben an eingelangten Förderansuchen plus 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr, an bereits genehmigten Förderungen plus 43 Prozent und an gefördertem Investitionsvolumen plus 20 Prozent. Der Trend geht zu mehr kleineren, weniger größeren Investitionen. Bei der Jungunternehmer-Förderung wurden um 72 Prozent mehr genehmigt, 29 Prozent mehr eingebracht. Und ganz neu wurden die ERP-Kleinkredite eingeführt, wo von 80 Anträgen bereits 54 genehmigt wurden. Ich denke, das ist ein herausragendes Ergebnis und zeigt, dass wir in der Krise die richtigen Schritte gesetzt haben.

Abschließend ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Linder, der gesagt hat, mit der Systemgastronomie können wir international nicht punkten. – Ich wüsste nicht, wo in der österreichischen Tourismuswerbung irgendwo System­gastro­nomie vorkäme. Das, was ich wahrnehme, ist etwa „Genuss Region Österreich“, die sehr erfolgreich mit der typischen Kulinarik ist. Da habe ich bis jetzt noch keinen Burger gesehen, Herr Abgeordneter. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Obernosterer. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.58.24

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 128

Tourismusbericht, glaube ich, sind wir uns von allen Fraktionen her einig. Dieser ist auch im Jahr 2008 wieder eine Erfolgsgeschichte. Das wurde auch von jedem Redner so gesagt. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zeigt sich, dass der Tourismus stabil ist. So wie eigentlich in der Nachkriegszeit der Tourismus zur Wertschöpfung und auch ein bisschen zum Wohlstand in diesem Land beigetragen hat, zeigt sich, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Tourismus stabil ist.

Jetzt Zahlen zu wiederholen, die gerade vor mir die Frau Staatssekretärin genannt hat, ist nicht Sinn der Sache. Ich möchte mich bei den Kollegen aller Fraktionen und bei allen Fraktionsführern des Tourismusausschusses wirklich recht herzlich für die kon­struktive Arbeit für den Tourismus bedanken. Es ist aber natürlich ganz klar, dass seitens der Opposition nicht alles gelobt werden kann und immer ein bisschen populistische Anträge eingebracht werden müssen, wie zum Beispiel jener des Herrn Linder vom BZÖ.

Um gerade auf den Punkt hinzuweisen, dass wir immer wieder über die Aufstockung der Mittel für die Österreich Werbung reden, möchte ich eigentlich sagen, dass Geld allein nicht zum Erfolg führt.

Es geht um den Inhalt, es geht um die Rahmenbedingungen und einfach darum, wie effizient dort gearbeitet wird, intern, in der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, der Tourismusorganisationen und der Österreich Werbung gemeinsam mit den Ländern und den Regionen am internationalen Markt.

Es sollte aber auch nicht Aufgabe des Tourismusausschusses sein, der Österreich Werbung, wo die Profis sitzen, zu sagen, ob wir in England 1 Million € oder 2 Mil­lionen € einsetzen, ob wir in die Ukraine oder sonst wo hingehen, sondern Aufgabe der Politik soll es sein, diesen Institutionen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie ordentlich arbeiten können.

Ich nenne Ihnen jetzt nur ein Beispiel aufgrund von Fakten und Zahlen, dass Geld nicht alles ist. Heuer im Frühjahr haben gewisse Persönlichkeiten in diesem Land, unter anderen auch von der ÖHT, von zweistelligen Minuszahlen gesprochen, die uns erwarten werden, und dass wir ich weiß nicht wie viele Millionen € zusätzlich ein­bringen müssen. Im Jänner schon haben das Wirtschaftsministerium und die Öster­reich Werbung und die Wirtschaftskammer reagiert und kurzfristig – wir haben es schon gehört – Mittel in der Höhe von 4 Millionen € bereitgestellt.

Die Schweiz wurde immer als Beispiel dafür hergenommen, kurzfristig 20 Millionen € in die Hand zu nehmen, um die Tourismuswirtschaft in der Schweiz wieder auf Vor­dermann zu bringen. Ich sage Ihnen, wie die Zahlen ausschauen: Österreich hat das Geld, das zur Verfügung steht, ordentlich und effizient eingesetzt und auch mit den Lan­desorganisationen und dem Markt abgestimmt.

Der Erfolg war, dass Österreich in dieser schwierigen Zeit ein Minus von 1,8 Prozent gehabt hat – das ist immer noch zu viel. Die Bayern haben im Vergleich ein Minus von 3,7 Prozent gehabt, und die Schweizer, die 20 Millionen € eingesetzt haben, haben ein Minus von 7,4 Prozent gehabt. (Abg. Kickl: Weil sie so teuer sind!) Das zeigt, dass es nicht das Geld ist, sondern die Effizienz, wie man die Mittel einsetzt. Von den Kana­rischen Inseln und von Mallorca gar nicht zu sprechen, wo die Minuszahlen zweistellig waren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte alle Fraktionsführer im Tourismusausschuss bitten: Beschäftigen wir uns mit dem, wofür wir verantwortlich sind. Versuchen wir, gute Rahmenbedingungen für den Tourismus gerade im Kleingewerbebereich zu schaffen. Aus dem Bericht ist ersichtlich, dass gerade die Betriebe bis 500 000 € Umsatz die größten Probleme


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 129

haben. Versuchen wir, diesen Betrieben zu helfen, aber nicht pauschal, wie es immer wieder von der Opposition gesagt wird: Förderung, Förderung, Förderung.

Ich sage, wenn jeder Betrieb eine Förderung braucht, dann haben wir nicht ein Förderproblem, dann haben wir ein Steuerproblem. Ich glaube nicht, dass es ein reines Steuerproblem ist. Ich sage es ganz klar: Es ist nicht verständlich – und mit dem sollten wir uns auseinandersetzen –, dass Kleinbetriebe die gleichen bürokratischen Aufwen­dungen und die gleichen gewerblichen Voraussetzungen bis 500 000 € haben, wie Betriebe oder Hoteliers mit Hotels mit 20 Millionen € Umsatz, 30 Millionen € Umsatz, 50 Millionen € Umsatz. (Beifall bei der ÖVP.)

Setzen wir uns zusammen, helfen wir den kleinen Betrieben, denn diese Betriebe braucht die österreichische Wirtschaft! Diese Betriebe sind ein Arbeitsmarktgarant, und mit diesen Betrieben ist die österreichische Tourismuswirtschaft auch groß gewor­den. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Hell. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.04.14

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Was wäre Österreich, was wären die Bundesländer, was wären die Regionen und viele Gemeinden ohne den Freizeit- und Tourismusbereich? Wir sprechen über den größten Wirtschaftszweig in Österreich mit 16 Prozent des BIP; das wird in dem Bericht auch eindeutig dargelegt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen – das ist auch aus dem Bericht zu er­sehen – hat der Tourismus- und Freizeitbereich ein hervorragendes Ergebnis eingefahren.

Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Entwicklung erbringen jene Menschen, die im Tourismus beschäftigt sind. Die Zahlen sind heute schon genannt worden, 181 000 unselbständig Beschäftigte sind direkt mit dem Tourismus verbunden, indirekt sind es insgesamt nahezu 700 000 beschäftigte Menschen, die spezielle Aufgaben für den Tourismus übernehmen.

Es sind heute auch schon die Arbeitsbedingungen angesprochen worden. Leider ist es so, dass in diesem Bereich familienfeindliche Arbeitszeiten vorherrschen. Mobilität ist hier in einem viel höheren Ausmaß gegeben als in anderen Bereichen, und es gibt geringere Aufstiegschancen. Das mag wohl der Grund dafür sein, warum laut Umfragen acht von zehn Beschäftigten nach kurzer Zeit wieder versuchen, sich beruf­lich zu verändern.

Meine Damen und Herren, auch wenn in diesem Tourismusbericht nur kurz auf die Entwicklung des ländlichen Raumes eingegangen wird, so haben gerade diese kleinregionalen Projekte in Bezug auf Beschäftigung doch einen ganz wichtigen und hohen Stellenwert. Die Bedeutung der kleinen Gemeinden für den Tourismus und die Freizeitwirtschaft ist in der Vergangenheit dramatisch unterschätzt worden, daher sind verstärkte Anreize für gemeinde- und gemeindeübergreifende Projekte entsprechend stark zu fördern. Tourismus ist auch Landessache, das soll man hier auch sagen.

Meine Damen und Herren, schaffen wir gemeinsam die notwendigen Vorausset­zungen, damit sich auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Tourismuswirtschaft im weltweiten Wettbewerb entsprechend aufstellen kann! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hörl.)

14.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 130

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.07.08

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren im Plenum! Der Urlaubsgast wird immer spontaner und flexibler. Er gibt für Urlaube in Österreich am Tag rund 109 € aus. In der Wirtschafts­krise aber müssen wir vermehrt um jeden einzelnen Gast werben, und zwar mit dem Ziel, dass sich ein Österreicher beim Urlaub in der Heimat besonders wohl fühlen können soll.

Die Mittel dafür, nämlich 4 Millionen €, sind aber zu wenig. Nach Ansicht der Touristiker sind das viel zu wenig Mittel. So hatte der Präsident der Österreichischen Hotelier­vereinigung, Schellhorn, vor Kurzem in Richtung Bundesregierung gewettert und be­stätigt: Wir brauchen sofort zweistellige Millionenbeträge, um die Nachfrage im Touris­mus nachhaltig anzukurbeln.

Die Regierung verschläft die Krise im Tourismus, und das ist für die Zukunft fatal. Frau Staatssekretärin, wir verlangen: Machen Sie rasch zusätzliche Finanzmittel für die Werbung locker! Richten Sie Ihrem Bundesminister Mitterlehner aus: Wir brauchen zusätzliche Mittel, die ausreichen! (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, diese zusätzlichen Werbemittel sollen entsprechend ausgerichtet werden. Es sollen neue Märkte erobert werden, es soll auch Jahres­auslastungen geben, so wie es Kollegin Heidrun Silhavy gesagt hat. Der Hoffnungs­markt schlechthin für den Tourismus muss aber im Osten gesucht werden. Wir müssen vermehrt auf Gäste aus Ungarn, Polen, Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Russland setzen. Das bestätigen auch die Zahlen in den diversen Statistiken der Touristiker.

Je mehr Arbeitsplätze, desto mehr Gäste. Österreich ist selbstverständlich ein Land, das vom Tourismus lebt. Bekanntlich sind gegenwärtig 181 000 Personen haupt­beruf­lich in der österreichischen Tourismuswirtschaft tätig – 181 000 Personen, die vom Touris­mus leben und ihre Arbeitsplätze in Österreich behalten, weil diese Dienstleis­tungen nicht ausgelagert werden. Das heißt, krisensichere Arbeitsplätze mit Standort­garantie.

Geschätzte Damen und Herren, einige Beispiele wie man den Tourismus verbessern könnte: etwa indem man die diversen Vereine unterstützt – den Alpenverein, der sich um die Pflege und Markierung der Wege kümmert – oder die Bauern, im Besonderen die Bergbauern, die als Landschaftspfleger unsere Berge pflegen und gleichzeitig indirekt für den Tourismus arbeiten. Auch den Kleinbetrieben muss geholfen werden, wie es Kollege Obernosterer gesagt hat.

Gleichzeitig sind aber auch verstärkt öffentliche Gelder in regionale und touristische Leitprojekte zu investieren. Wir haben in diesem Bericht Modellregionen angeführt – das sind Regionen, die die touristische Querschnittsmaterie in Österreich darstellen, angefangen vom Montafon über Reutte in Tirol bis zum Naturpark Tiroler Lech, dem Wörthersee-Tourismus und auch dem Steirischen Thermenland, das mir als Steirer persönlich besonders am Herzen liegt. (Beifall des Abg. Markowitz.)

Ein paar Anmerkungen zum Steirischen Thermenland: Wir wollen Qualitätsthermen in der Steiermark haben, die auf hohem Niveau arbeiten. Dafür müssen die Angebote im Thermentourismus neu ausgerichtet werden. Wir hoffen nämlich, dass es mit den Informationen über diese Modellregionen, die uns in Bälde überreicht werden, gelingen wird, dass die Ergebnisse und Zielvorgaben erreicht werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 131

Abschließend noch ein paar Worte zu dem Bericht, der sagt, derzeit seien Vorarbeiten für eine neue Tourismusstrategie im Gange: Geschätzte Frau Staatssekretärin, ich sage, das ist schon sehr spät! Ich würde sagen, diese angekündigte Tourismus­strategie muss in Zeiten der Wirtschaftskrise rasch entwickelt werden – je rascher, umso besser für den Tourismus.

Die Krise bietet aber auch dem Tourismus eine Chance, die genutzt werden muss. In Österreich ist der Tourismus allen Menschen etwas wert. Wachstum wäre in diesem Bereich möglich, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen. Kollegin Heidrun Silhavy hat es gesagt: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, dann können wir auch im Tourismus noch etwas Wachstum erreichen. Frau Staats­sekre­tärin, machen Sie mit Ihrem Bundesminister eine offensivere Tourismuspolitik! (Beifall beim BZÖ.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Schultes. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.11.55

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Verehrte Frau Staatssekretärin! Geschätztes Hohes Haus! Der Tourismus in Österreich hat eine wunderbare Geschichte, eine gute Gegenwart und wahrscheinlich eine große Zukunft, und das deswegen, weil wir alle miteinander wollen, dass der Tourismus funktioniert. Der Tourismus ist eine Angelegenheit all jener Menschen, die davon und darin leben. 188 000 Beschäftigte, das ist eine eindrucksvoll Zahl, aber es ist nur deshalb möglich, weil wir, weil ganz Österreich ein gastliches Land sein will, ein Land, das den Gast willkommen heißt – nicht nur den Gast aus Österreich, sondern natürlich auch den Fremden.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns dessen bewusst sind, dass unser Tourismus unser Bild in der Welt prägt. Wie Österreich gesehen wird, hängt auch davon ab, ob sich der Gast hier wohlfühlt, wie er aufgenommen wird, wie über den Fremden geredet wird. Das ist ein Thema, das im Augenblick durchaus sehr bewusst in den einzelnen politischen Fraktionen dieses Hauses diskutiert werden sollte. Ständiges Hindreschen auf die Fremden wird den Tourismusstatus Österreichs nicht verbessern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte mich bei allen Menschen bedanken, die mit sehr großer Sorgfalt – das muss man wirklich sagen – den Tourismus, die Tourismuswirtschaft in Österreich und die Gastlichkeit pflegen; das ist sehr wichtig für uns. Man bemüht sich um die Details, um die Einzelheiten, und Freundlichkeit ist auch sichtbar und erlebbar. Das ist der große Unterschied zu vielen anderen Destinationen in dieser Welt, die dieses Thema kommerziell abhandeln. Bei uns ist Sorgfalt dabei, Gastlichkeit, viel Innovation und natürlich die Vielfalt und Kreativität eines Kulturlandes, wie Österreich eines ist.

Deshalb haben auch sehr viele etwas davon. Es haben all jene, die in der Touris­muswirtschaft leben, etwas davon, aber natürlich auch Menschen in der Region – die Kulturschaffenden genauso wie die Landwirtschaft. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei all jenen bedanken, die mit der Landwirtschaft gut zusam­menarbeiten. Spe­ziell im Bereich Gastronomie möchte ich mich bei jenen bedanken, die stolz darauf sind, dass sie auf ihrer Speisekarte einheimische Produkte ausweisen können, und bei jenen, die das auch deklarieren wollen.

Ich muss dazu sagen, auch die oft gescholtene Systemgastronomie sagt gerne dazu, dass die Pommes Frites, das Rindfleisch und die Semmeln aus Österreich sind – ein Thema, das wir, glaube ich, in diesem Haus noch diskutieren werden. Jemand hat


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 132

gesagt: Hier bekommen Sie Österreich, immer dann, wenn der Wein aus dem Wein­viertel, der Most aus dem Mostviertel und das Rindfleisch allgemein aus Österreich ist. (Abg. Hörl: Und der Speck aus Tirol!) – Über den Speck diskutieren wir noch. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

Meine Damen und Herren, eines ist ganz sicher: Tourismus ist ein gutes Beispiel für das Miteinander, denn wenn alle Ressorts zusammenwirken, von der Steuerseite über die Frage der Beschäftigung bis zur Frage der Ausgestaltung unserer Naturräume und der Erhaltung der Landwirtschaft, dann wird der Tourismus in Österreich eine gute Zukunft haben. Österreich kann das, und wir machen es auch weiter. Bleiben Sie in Österreich, freuen Sie sich daran! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.15.14

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Im Bericht des Wirtschaftsministeriums lesen wir über die Lage der Tourismus- und Freizeit­wirtschaft: Der intakte Natur- und Lebensraum ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil des österreichischen Tourismus.

Das gilt natürlich vor allem für die sechs Nationalparks in Österreich und für ähnliche und auch angrenzende Tourismusregionen. Im Bezirk Liezen sind es vor allem die Dachstein-Tauern-Region, das steirische Salzkammergut, der Naturpark Gesäu­se/Ei­sen­wurzen, der Naturpark Sölktäler und natürlich der Nationalpark Gesäuse, die alle durch ihr Tourismusangebot einen der wichtigsten Wirtschaftszweige im Bezirk dar­stellen.

Immerhin arbeiten rund 11 Prozent aller Beschäftigten des Bezirkes Liezen im Touris­mus. Gerade die Zusammenarbeit der einzelnen Regionen – vom steirischen Salzkam­mergut über die genannten Regionen bis hin zum Nationalpark Gesäuse – und die Erfolge, die daraus entstanden sind, zeigen die Wettbewerbsfähigkeit des ländlichen Raumes und auch, was er in Zukunft sein kann.

Wir im Bezirk Liezen können für jede und jeden etwas bieten, sei es im Winter das Skifahren mit den bekannten Veranstaltungen wie dem Schladminger Nightrace und der Skiflug-WM am Kulm, oder sei es das Narzissenfest im Ausseerland. Gerade im Nationalpark Gesäuse wurde durch einen gezielten Angebotsausbau wie zum Beispiel Wildwasserfahrt, zusätzliche Wanderwege oder auch Kulturfestivals das Angebot für den Sommertourismus immer mehr ausgebaut.

Im Jahr 2007 haben wir im Parlament einen Entschließungsantrag beschlossen, in dem es um eine ganzheitliche Strategie für die österreichischen Nationalparks geht. Eine ganzheitliche Strategie – bitte richten Sie das der steirischen Verkehrslandesrätin aus – bedeutet nicht, dass man die Gesäuse-Eisenbahn einstellt, die mitten durch den Nationalpark geht, denn das ist nicht nur eine verkehrspolitische Katastrophe für die Menschen vor Ort, sondern es verhindert die Möglichkeit einer verstärkten Touris­musförderung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hörl.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Jury. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.17.31

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Schultes, wenn konstruktive Vorschläge einer Oppositionspartei und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 133

eines Vorsitzenden des Tourismusausschusses der Republik als ständiges Hinhauen auf die Primadonnen der ÖVP in der Tourismuswirtschaft abgetan werden (Abg. Hörl: Hat er ja nicht gemacht!) – natürlich! –, wenn Sie das sagen, dann, muss ich sagen, Herr Kollege Hörl, verstehe ich (Zwischenrufe bei BZÖ und ÖVP), dass ihr in eurer Arroganz nicht zur Kenntnis nehmt, dass im Jahr 2008 die Türkei Österreich als beliebtestes Urlaubsland der Deutschen abgelöst hat.

Für mich läuten ob solcher Daten und Informationen und Realitäten die Alarmglocken. Wir wissen, dass die österreichische Tourismuswirtschaft irrsinnig stark ist. Wir wissen, dass der Winter stark ist, Gabriel Obernosterer, aber wir wissen auch, dass der Som­mer irrsinnig schwächelt. (Ruf: ... Kärnten!) – Vor allem auch in Tirol, wenn man sich die Nationalparks anschaut, etwa den Nationalpark Hohe Tauern. Ich darf kurz die Statistik darbringen: In Tirol haben die Nationalpark-Gemeinden über einen Zeitraum von 20 Jahren circa 600 000 Nächtigungen verloren. (Abg. Hörl: Die Daten hast du von mir!)

In Kärnten haben wir die Zahl bei circa 1 Million Nächtigungen gehalten, und in Salz­burg, lieber Kollege Hörl, haben sie die Zahl der Nächtigungen um 600 000 gesteigert, weil die Salzburger etwas tun – siehe Pinzgauer Almenweg –, um den Nationalpark erlebbar zu machen. Das ist auch unsere Intention, Herr Kollege Hörl: mit Vorschlägen die Tourismuswirtschaft in Österreich weiterzuentwickeln, damit wir am Ende des Tages nicht eine böse Überraschung erleben. (Beifall beim BZÖ.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schmuckenschlager. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


14.20.25

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Touris­musbericht 2008: 32,6 Millionen Ankünfte, 126,7 Millionen Nächtigungen, 181 000 unselbständig Beschäftigte in den Betrieben. – Hinter diesen eindrucksvollen Zahlen, geschätzte Damen und Herren, stehen viele Bemühungen der heimischen Tourismuswirtschaft und viele Leistungen unserer Betriebe, wohl aber auch natürlich der Arbeitnehmer in den Betrieben. Der Wirtschaftsfaktor Tourismuswirtschaft ist hier im Haus sicherlich unbestritten.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass ein ganz großer Faktor im Tourismus selbstverständlich unser schönes – es wurde schon oft darauf hingewiesen – Landschaftsbild in Österreich ist. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht vergessen zu erwähnen, dass es die österreichische Land- und Forstwirtschaft ist, die sich in der Pflege der österreichischen Landschaft sehr verdient macht.

Gerade diese Zusammenarbeit über die Branchengrenzen hinweg ebnet, glaube ich, den Weg für eine erfolgreiche Zukunft im österreichischen Tourismus.

Wenn wir einen Ausblick in die nächsten Jahre wagen, so müsse wir, wie wir schon gehört haben, aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen auch im Touris­mus mit Rückgängen rechnen, und ich hoffe, dass wir alle Anstrengungen bemühen werden, dass das nicht so ist. Gerade wir als Politiker haben da Vorbildwirkung.

Besonders irritiert hat mich am Sonntag ein Artikel in der Tageszeitung „Kurier“, in dem unter der Überschrift „Jetzt hetzen sie die Jungen auf“ ein Reisebericht der SPÖ-Pensionisten zu lesen war. Ich zitiere:

„4000 (...) folgten heuer dem Ruf ihres Chefs, Karl Blecha.

Um 550 € im Vierstern-Hotel inklusive der Ausflüge war man dabei.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 134

„Karl Blecha schwor die ,Pensis‘ auf Widerstand ein. Die Urlaubswoche in Porec war trotzdem gemütlich.“

„Im Frühjahr heben die ,Pensis‘ zu Flugreisen ab, im Herbst wird per Bus gefahren.“

Herzlichen Dank für diesen „Beweis“ politischer Verantwortung und diesen „großen“ Ausdruck von Patriotismus und Heimatliebe. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht könnten aber die werten Kollegen auf ihren mächtigsten Verbandsobmann etwas einwirken, um in den nächsten Berichten und Statistiken auch über Buchungen Ihres Verbandes lesen zu können. Man muss wirklich nicht aus Angst davor, dass die Jungen auf die Pensionisten gehetzt werden, nach Kroatien flüchten, denn – ich kann Ihnen da wirklich die Angst nicht rauben – auch in Kroatien gibt es junge Menschen.

Bleiben wir gemeinsam in Österreich, frei nach dem Motto: Wo Urlaubsglück so nahe liegt, das muss Österreich sein! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


14.23.25

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekre­tärin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schmuckenschlager, wenn jeder den Patriotismus so lebt, wie Sie ihn vorbeten, dann kommen die Fremden auch nicht zu uns; das muss uns schon klar sein. (Abg. Schmuckenschlager: Das verstehe ich jetzt nicht!)

Herr Kollege Linder, Sie haben im Ausschuss mehr gemeinsame Anträge moniert. – Ich glaube, ich war auf einer falschen Veranstaltung: Sie stellen sich hierher und brin­gen einen sehr langen, ausführlichen Entschließungsantrag ein – da habe ich von „gemeinsam“ nichts gehört. – (Zwischenruf des Abg. Linder.) – Kommen Sie herunter, melden Sie sich noch einmal zu Wort. Bezüglich des Antrages betreffend Schul­schikurs, über den Sie gesprochen haben, ist auch noch nichts verhandelt, darauf warten wir noch.

Die Vorgangsweise ist: Zuerst reden wir darüber, und dann stellen wir uns hierher und verkaufen es. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Linder.)

Frau Kollegin Moser, wir haben im Ausschuss einen Antrag betreffend ÖBB mit Fahrrad verhandelt. Sie bringen den Antrag heute neuerlich ein, mit dem gleichen Fehler wie damals; einen Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gibt es nämlich nicht mehr. Ich halte es auch nicht für besonders gescheit, dann, wenn es bereits Verhand­lungen gibt, noch einmal einen Antrag einzubringen.

Ich denke, in Zeiten der Wirtschaftskrise ist Kreativität gefragt und nicht, mit der Gießkasse Geld auszuschütten – da bin ich ganz bei Herrn Kollegem Obernosterer. Es ist besser, für einzelne Projekte, die erfolgreich zu sein scheinen, Geld auszugeben, anstatt einfach nach dem Gießkannen-Prinzip vorzugehen.

Ich habe es in der Budgetdebatte schon gesagt: Investitionen in touristische Ziele schaf­fen erst die Möglichkeit und die Voraussetzung, dass Touristen unsere Des­tinationen besuchen.

Zum Thema Kreativität. – Der ländliche Raum wurde schon angesprochen. Es ist nicht zielführend, wenn sich einzelne Tourismusziele ständig Soloprogramme liefern und vergessen, sich zu vernetzen. Man darf nicht mit Neid auf den anderen schauen, sondern es muss versucht werden, Synergien zu nutzen, um sich gegenseitig die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 135

Kunden zu bringen. Diesbezüglich sind auch die regionalen Tourismusorganisationen gefordert.

Ein äußerst positives Beispiel ist die gelungene Vernetzung „kulturSpitze weinviertel“. Die Kulturbetriebe im Weinviertel haben sich zu intensiver Zusammenarbeit ent­schlossen und sind gemeinsam erfolgreich.

Trotz des gelungen Berichts über die Lage des Tourismus, meine Damen und Herren, ist noch sehr viel zu tun, aber Presseaussendungen bestätigen uns: Die Touristiker starten optimistisch in den Winter. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


14.26.17

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf das Thema Nationalpark zu sprechen kommen. Die Nationalparks stellen als europäisches Kultur- und Naturerbe eine absolute Besonderheit dar und bilden in ihrer Einzigartigkeit einen wichtigen Grundpfeiler für nachhaltigen und naturnahen Tourismus in Österreich. Die National­parkregionen bemühen sich, im Rahmen der vorgegebenen Modelle des Tourismus­marketings und der Förderung mit mehr oder weniger Erfolg, ihr Produkt zu verkaufen.

Um diesbezüglich einen Impuls zu setzen, fordert ein Fünf-Parteien-Entschließungs­antrag des Tourismusausschusses vom November 2007 eben eine ganzheitliche Stra­tegie für die Nationalparks und ein professionelles Marketing-Konzept. Die darin vorge­schlagene Task Force klärt nun strategische, organisatorische und finanzielle Fragen, und dazu wurden in den letzten zwei Jahren auch zahlreiche Schritte gesetzt. Neueste Ergebnisse dazu sollen uns im November 2009 präsentiert werden. Schon die bisherigen Ergebnisse und Empfehlungen aus dieser Task Force sollten aufgegriffen und weiterentwickelt werden.

Als interessanten Ansatz finde ich die Überlegung, mittelfristig ein internationales Kolleg für Nationalpark-Management zur Aus- und Weiterbildung in Österreich zu etablieren. Das Problem Nationalpark und Tourismus ist praktisch in allen National­parks der EU bekannt, und ich denke, Österreich könnte da eine wichtige Vorreiterrolle übernehmen.

Bezüglich der Organisation liegt die Produktverantwortung klar bei den National­parkverwaltungen als strategischen Inputgebern. Mit einem Gütesiegel „Offizielle Part­ner der österreichischen Nationalparks“ könnten Tourismusbetriebe als Partner gewon­nen werden und ihren internationalen Marktauftritt deutlich verbessern. Derartige Partnerbetriebe haben sich am Beispiel des Nationalparks Hohe Tauern sehr bewährt.

Einen wichtigen weiteren Punkt sehe ich in der Hinwendung zu einem Konzept der regionalen Entwicklung. Ein Zusammenfassen der Strukturen und ein Einbinden der Fördergeber und – hier auch ganz wesentlich – der ansässigen Bevölkerung würde ich als einen richtigen Impuls sehen, um die wirtschaftliche Entwicklung im regionalen Umfeld voranzutreiben. Die Kleinheit und Vielfalt der touristischen Strukturen auch in den Nationalpark-Regionen können ein Erfolgsrezept sein, wenn es gelingt, ent­sprechende Rahmenbedingungen und innovative Konzepte für einen erfolgreichen nachhaltigen Tourismus zu schaffen. Es wurde ja schon das erfolgreiche Beispiel der Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern mit dem Nationalpark Zentrum Mittersill erwähnt.

Ich meine, ein solches Konzept ist unter anderem eine gemeinsame Dachmarke für die österreichischen Nationalparks. Das ist auch für jene, die nicht so gut dastehen, eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 136

Chance, sich gemeinsam weiterzuentwickeln, und kann unseren österreichischen Nationalparks weit über unsere Landesgrenzen hinaus bekannt machen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Steier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.29.42

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass wir heute im Nationalrat anhand des Tourismusberichts 2008 über Entwicklungen im Bereich des Tourismus und der Freizeitwirtschaft in Österreich diskutieren können.

Einleitend darf ich anmerken, dass dieser Bericht in sehr anschaulicher und umfas­sender Form eine Fülle von Zahlen, Daten und Fakten zur Situation der Touris­muswirtschaft bietet. Ich darf allen, die mitgewirkt haben, diesen Bericht zu erstellen, ein herzliches Dankeschön sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bravoruf des Abg. Pendl.)

Sehr positiv ist die Tatsache, dass das Thema Klimawandel mittlerweile einen sehr pro­minenten Schwerpunkt auch in der Tourismuswirtschaft bildet. Als Tourismusland leben wir verstärkt von unseren natürlichen Ressourcen wie sauberem Wasser, guter Luft und naturnahen, unberührten Landschaften, die es auch nachhaltig zu erhalten gilt.

Im Jahr 2007 hat hier im Hohen Haus eine Enquete zum Thema Tourismus und Klima­wandel mit sehr interessanten Ergebnissen stattgefunden, die es auch sukzessive umzusetzen gilt.

Noch stärkeren Einfluss auf den Alltag der touristischen Infrastruktur sollten zukünftig Fragen der Energieeffizienz und der Ressourcenschonung finden. Es gibt eine Reihe von sehr guten Ansätzen bei Energie, Wasser, Bauen, Mobilität, wie Tourismus­be­triebe Kosten sparen und gleichzeitig das Klima schützen können.

Fest steht, klimafreundliches Handeln trägt nicht nur zum guten Image bei, sondern wird auch dafür sorgen, dass der Tourismus auch morgen noch ein bedeutender Wirt­schaftsfaktor in Österreich sein wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.31.33

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich jetzt als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ein bisschen Resümee ziehen darf, dann möchte ich sagen: Die Opposition schwächelt leider, vor allem BZÖ und FPÖ. Ich habe mir die Ausführungen angehört – und ich habe sie mir alle sehr gut angehört – und muss sagen, da sind schon Anzeichen von Schwäche erkennbar. (Abg. Gartelgruber: Geh, Josef! – Weite­re Zwischenrufe beim BZÖ.) Wenn ich als Gemeinderat in meinem kleinen Heimatort – 2 300 Einwohner – im Inntal eine Fundamentalopposition machen würde, die keine Substanz hätte, dann hätten mich die Mitbürgerinnen und Mitbürger schon längst abgewählt; irgendwann wird das für Sie auch im Bund kommen.

Zwei Beispiele: Wenn ich mir das, was Herr Haider gesagt hat, zu Gemüte führe, muss ich sagen: Herr Haider, wir haben bei der Diskussion in Innsbruck miteinander ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 137

sprochen, da waren Sie ein ganz anderer Mensch! Wenn Sie hier im Hohen Haus ans Rednerpult treten, dann sind Sie völlig anders und wollen nur Fundamental-Opposition machen. – Das kommt nicht an bei den Leuten! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Frau Staatssekretärin Marek hat es Ihnen gesagt. Sie hat im Detail aufgelistet, was alles von dem, was Sie gesagt haben, nicht gestimmt hat. Die ERP-Kreditmittel im Tourismus sind aufgestockt worden, der Haftungsrahmen ist verdoppelt worden – von 250 Millionen auf 500 Millionen – und so weiter.

Ich darf auch Herrn Linder ansprechen. – Herr Linder, Sie haben vom Googlen ge­sprochen, davon, was passiert, wenn man die Wörter „Österreich“ und „Urlaub“ googlet, und dann haben Sie von „Tchibo“ gesprochen. (Abg. Linder: Das war aber auch der Haider, nicht ich!) – Das war auch der Herr Haider? Okay, gut; auf alle Fälle ist es gesagt worden. – Nun, mein Kollege Kurt Gaßner hat das gemacht: völlig andere Ergebnisse! Ich weiß nicht, auf welche Seiten Sie kommen, wenn Sie googlen. Das Ganze zeigt, dass das schon schwierig ist.

Auf alle Fälle: Der Tourismus ist ein wirkliches Erfolgsprogramm bei uns in Österreich, und das kommt nicht von ungefähr. Der Vorwurf, dass die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP schlecht arbeiten, führt sich ad absurdum.

Ein Bericht aus der „Tiroler Tageszeitung“ zeigt, allein Tirols Seilbahnen lassen 240 Millionen rollen. Wir sind also auf einem sehr guten Weg. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Tourismusausschusses, den vorliegenden Bericht III-95 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Notwendigkeit eines Krisen­bewältigungspakets für den heimischen Tourismus.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Radmitnahme im Zug – Opti­mierung der Bahn-Fahrrad-Schnittstelle im Interesse des Radtourismus in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist daher abgelehnt.

14.35.365. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungs­vorlage (312 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitäts­siche­rungsgesetz und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden (360 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 138

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden (Bergbauabfallgesetz) (361 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weinzinger. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.36.20

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftstreuhänder, Wirt­schafts­treuhandberufsgesetz und Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz – schwie­rige Titel, aber auch ein schwieriges Metier.

Wir haben in Österreich das Glück, einen sich seit Jahrzehnten bestens entwickelnden Berufsstand der Steuerberater zu haben, zusammengefasst in der Kammer der Wirt­schaftstreuhänder; Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer, selbständige Buch­halter, alles das zusammengefasst. Der Beruf hat sich zu einem schon fast aka­demischen Berufsstand entwickelt – fast durchgängig –, zu einem Berufsstand, der eine ganz beachtliche und hohe Aus- und Weiterbildung verlangt.

Man wird nicht so einfach Wirtschaftstreuhänder, man wird nicht so einfach Steuer­berater. – Man hat nach dem entsprechenden Studium eine Praxis von drei Jahren in einem einschlägigen Betrieb zu absolvieren, man hat dort anschließend eine Prüfung abzulegen, eine Prüfung, die sehr, sehr aufwendig ist und eine hohe Qualität vor­aussetzt. Dann ist man Steuerberater.

Wenn man dann die nächste Stufe nehmen und Wirtschaftsprüfer werden will, hat man weitere drei Jahre Praxis in einem einschlägigen Betrieb zu absolvieren. Dann hat man eine ebenfalls sehr schwere, sehr langwierige Prüfung abzulegen, und man hat sich weiter fortzubilden. Dann erst kann man in das richtige Berufsleben eintreten und vielleicht dann doch ein bisschen ins Verdienen kommen, was wir ihnen ja gönnen wollen – wenn ich sage „ihnen“, so meine ich meinen Berufsstand, denn wie Sie vielleicht wissen, bin ich Wirtschaftstreuhänder. (Abg. Dr. Moser: Spätestens jetzt!)

Dieser Berufsstand ist mit dafür verantwortlich, dass sich die Wirtschaft in unserer Republik Österreich in den letzten Jahren recht erfolgreich entwickelt hat. Dieser Berufsstand ist aber auch ein bisschen in Gefahr geraten. Wenn Sie einmal – wozu ich vor 15 Jahren Gelegenheit hatte – nach Kenia auf Fotosafari fahren, wird man Ihnen sagen: Jetzt kommen die „Big Five“, die schauen wir uns an! Das sind ein Löwe, ein Leopard, ein Nashorn, ein Elefant, und ich glaube, es handelt sich auch um einen (Ruf bei der ÖVP: Büffel!) ... – Ganz egal. Bei uns in Österreich gibt es inzwischen die „Big Four“. Das sind vier große Wirtschaftstreuhandkanzleien, die keine Kanzleien im alten Sinn mehr sind, sondern Konzerne, und zwar internationale Konzerne, globalisierte Konzerne. Und diese Konzerne haben offensichtlich dieses Abschlussprüfungs-Qua­litätssicherungsgesetz maßgeblich beeinflusst, denn das, was hier verlangt wird, ist im Endeffekt nichts anderes als die Voraussetzungen, unter denen diese „Big Four“ prüfen.

Und wenn jetzt die anderen Wirtschaftsprüfer aus dem Mittelstand, wenn ich das im Bereich der Wirtschaftstreuhänder so nennen darf, diese Qualifikationen noch zu­sätzlich zu ihren ohnehin vorhandenen Qualifikationen erwerben müssen, dann kostet das sehr viel Geld.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 139

Die „Big Four“ haben es schon, die anderen müssen es sich nachkaufen. Das kostet viel Geld – mit dem Ergebnis, dass nach meiner Information jetzt schon an die 50 Pro­zent der derzeit als Wirtschaftsprüfer tätigen Wirtschaftstreuhänder gesagt haben, unter diesen Voraussetzungen stellen sie die Wirtschaftsprüfung ein.

Meine Damen und Herren, möglicherweise handelt es sich hier um einen durch Lobbyismus erzeugten Verdrängungstatbestand, und dem können meine Fraktion und ich nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. 4 Minu­ten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


14.41.03

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute die Novelle zum Abschluss­prüfungs-Qualitätssicherungsgesetz. Im Wesentlichen geht es um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, und ich stelle – ganz im Gegensatz zu meinen Vorrednern – fest, lieber Lutz Weinzinger, dass das schon auch wirklich notwendig ist.

Wir haben alle – beispielsweise beim Banken-Untersuchungsausschuss – gesehen, dass es da und dort schon Schwächen gegeben hat. Bezüglich der Finanzmarkt­trans­aktionen haben wir jetzt wieder gesehen, dass deren Kontrolle wirklich große Schwächen aufgewiesen hat, und deswegen ist es wichtig und richtig, ein stan­dardisiertes Werk zu haben, ein Werk, dass in der Europäischen Union überall gleich gilt und vor allem auch die EWR-Staaten miteinbezieht, einschließlich der Schweiz.

Wenn man zumindest einmal einheitliche Standards hat, kann man, glaube ich, doch die Qualität der Prüfungen, der Testate entsprechend verbessern – und das hatten wir bisher in dieser Form nicht.

Es geht in dieser Novelle auch darum, eine entsprechende Fortbildung zu sichern, die bestimmt auch wichtig ist, weil die Dinge ja ständig im Fluss sind und sich pausenlos verändern, gerade was die Rechtsmaterien anbelangt. So gesehen ist es auch wichtig, dass es entsprechende – externe – Qualitätsprüfer gibt, die die Qualitätssicherung vornehmen und dann auch bescheinigen.

Von der Kostenseite, lieber Lutz Weinzinger, ist das durchaus vertretbar, denke ich, wenn sich ein Abschlussprüfer in einer Abfolge von drei Jahren so einer Qualitäts­prüfung zu unterziehen hat. Wir alle wissen, dass auch diese Abschlussprüfungen entsprechendes Geld kosten, und somit findet das dann wohl auch in der Kalkulation mit Sicherheit eine entsprechende Deckung.

Abschließend darf ich noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 312 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz und das Wirtschaftstreuhandberufsge­setz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes 360 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

In Art. 2 wird nach der Überschrift die Wortfolge


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 140

„Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:“

gestrichen.

Begründung:

Redaktionelle Änderung.

*****

Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Marek zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte.

 


14.44.55

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Weinzinger, ich meine, dass wir die Kirche im Dorf lassen sollten. (Abg. Mag. Stadler: Er hat nicht von „Dorf“, er hat von Afrika gesprochen!) Worum geht es hier? Es geht nicht um eine Wettbewerbsverzerrung, sondern es geht darum, den Wirtschafts- und Finanzstandort Österreich bestmöglich abzusichern.

Ich denke, wir erkennen alle durchaus die Notwendigkeit von Weiterbildungs­maß­nahmen und sehen auch einen Sinn dahinter, und dass nunmehr ein jährlicher Nach­weis über Weiterbildungsmaßnahmen mit zumindest 120 Stunden innerhalb von drei Jahren beziehungsweise zumindest 30 Stunden pro Kalenderjahr erbracht werden muss, ist großen wie auch kleineren Unternehmen durchaus zuzumuten.

Im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit und der Transparenz – und das gerade in einer Zeit, in der der Vertrauensverlust gerade im Bereich der Finanzwelt ein massives Thema ist – haben wir hier, glaube ich, ganz besonders großen Handlungsbedarf und liegen daher mit unserer Novelle durchaus richtig.

Von welcher Dimension sprechen wir insgesamt? Wie viele betrifft es? Derzeit gibt es knapp 2 500 Wirtschaftsprüfer in Österreich, davon sind 741 Abschlussprüfer, und ausschließlich diese betrifft es, Herr Abgeordneter! Dort, wo Pflichtverletzungen vorlie­gen, geht es darum – und auch das ist durchaus zu unterstützen –, dass wir Geld­strafen verhängen können.

Wenn man insgesamt ein stabiles System mit hoher Qualität haben will – und Sie haben es ja gesagt, wir haben insgesamt ein hochqualitatives System, was aber auch deswegen so ist, weil wir konsequent und kontinuierlich die Rahmenbedingungen verbessert und angepasst haben und natürlich sehr konkret daran arbeiten –, dann geht es um Qualitätssicherung und um Transparenz, weil künftig der Prüfer nicht mehr direkt vom Geprüften bezahlt werden wird, was aber gleichzeitig keine höheren Kosten mit sich bringt. Das sind Punkte, die ja wohl durchaus zu begrüßen und sehr unter­stützenswert sind. (Beifall bei der ÖVP.)

14.47



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 141

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.47.18

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir werden der vorliegenden Regierungsvorlage bezüglich Qualitätsverbesserung bei der Abschluss­prü­fung von Betrieben selbstverständlich zustimmen. Dadurch kommt es zu einer Ver­besserung der öffentlichen Aufsicht, und das ist auf jeden Fall zu begrüßen.

Was die Bergbaurichtlinie betrifft, werden wir nicht zustimmen, und zwar deshalb, weil sie nur mehr Bürokratie und höhere Kosten bringt, aber keinerlei Nutzen.

Da es heute um Wirtschaftsthemen geht, erlaube ich mir, einige Worte über die Wirt­schaftskrise zu verlieren, weil das aus meiner Sicht sehr wichtig ist. Es sprechen ja alle schon davon, dass die Krise bereits zu Ende ist, aber es ist leider nur ein Durchatmen. Wir atmen jetzt in der Krise durch, und die Krise wird spätestens nächstes Jahr noch viel härter zuschlagen, als wir das schon erlebt haben, und zwar deshalb, weil die Ursachen nicht beseitigt wurden.

Es ist ja so, dass die Welt aus dieser Krise nichts gelernt hat. Was ist denn jetzt anders als vor der Krise?! All die Probleme, die wir vorher hatten, sind ja immer noch da. Wir haben uns nur „drübergerettet“, mit gewaltigen Milliardenbeträgen, die in das Wirt­schaftssystem gepumpt wurden, aber das wird sich rächen, und zwar nächstes Jahr.

Man braucht sich nur die Ursachen dieser Krise anzuschauen, zum Beispiel die Tatsache, dass im Moment 50 Billionen – also 50 000 Milliarden – US-Dollar in soge­nannten Credit Default Swaps liegen  das sind Kreditderivate. Das ist mehr als die gesamte Wirtschaftsleistung dieses Planeten.

Der gesamte Derivatemarkt umfasst die unvorstellbare Summe von 500 Billionen US-Dollar. Das ist mehr als das Zehnfache der gesamten Weltwirtschaftsleistung.  Und genau das ist das Problem, vor dem wir stehen.

Geld war ursprünglich einmal ein Tauschmittel. Mittlerweile ist Geld pervertiert worden, Geld ist mittlerweile zu einer Ware geworden, die unbegrenzt vermehrbar ist, und genau das wurde auch gemacht. Die internationalen Banken und ihre Helfershelfer haben in einem abenteuerlichen Akt eine Casino-Mentalität an den Tag gelegt, im Zuge derer Geld unbegrenzt vermehrt wurde, und jetzt stehen wir vor den Problemen, die daraus resultieren.

Man hat in Luftschlösser investiert, anstatt in reale Werte, und genau das war das Problem. Geld ist unfruchtbar! Wenn Geld vergeben wird, muss in der Realwirtschaft Mehrwert geschaffen werden. Seit ungefähr zehn Jahren hat man Mittel und Wege gefunden, um Geld an sich zu vermehren – ohne die Realwirtschaft und ohne Wirt­schaftsleistung zu generieren. Genau das ist das Problem, vor dem wir stehen, und dieses Problem ist nicht gelöst, und deshalb ist diese Wirtschaftskrise, die aufgrund einer Finanzkrise entstanden ist, auch nicht gelöst.

Jeder, der glaubt, dass es vorbei ist, nur weil wir hier ein Strohfeuer erleben, der irrt sich und wird nächstes Jahr ziemlich hart in die Realität zurückgeholt werden. Deshalb müssen wir rasch die Banken wieder auf das reduzieren, was sie sind, nämlich Mittler zwischen jenen, die Kapital zur Seite legen, und jenen, die Kapital brauchen, um reelle Güter zu produzieren. Sie sind nicht dazu da, um irgendwelche Luftschlösser zu bauen, die nicht nachhaltig sind. Das ist mein Appell: Wir müssen wieder eine nach­haltige Wirtschaft fördern, auch wenn es dabei keine Renditen gibt, die abenteuerlich sind. Nur so können wir langfristig und nachhaltig – und das ist wichtig – unseren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 142

Wohlstand sichern, und nur ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist auch langfristig gut für dieses Land und für den Rest der Welt. Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.51.38

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekre­tärin! Ganz kurz zu Ihnen, Herr Kollege Lugar: Es ist zwar nicht ganz das Thema gewesen, aber Sie haben mit Ihrer Analyse völlig recht, wenn Sie sagen, dass die Investitionen der letzten Jahre in die falsche Richtung gegangen sind. Mir tut es nur leid, dass Sie damals nicht in der FPÖ/BZÖ-Fraktion gesessen sind. Sie hätten so viele Gelegenheiten gehabt, gegen die eigene Regierung zu stimmen, zum Beispiel als die letzten Investitionsbegünstigungen abgeschafft worden sind oder als eine Begüns­tigung nach der anderen für Spekulationen auf Kapitalmärkten gekommen ist. Ihre Rede wäre damals super gewesen, da hätten Sie dem Herrn Grasser sagen können, was das für ein Unsinn ist, den er macht. Schade, dass es damals nicht möglich war! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber jetzt muss ich sagen: Kompliment, Sie haben mit Ihren Ausführungen recht gehabt!

Ich möchte ganz kurz mit einer Klarstellung die Qualitätssicherung betreffend begin­nen. Herr Kollege Weinzinger, ich bin nicht ganz Ihrer Meinung, und ich möchte begründen, warum. Das fünfte Tier der „Big Five“ ist übrigens der Wasserbüffel. Dieser Wasserbüffel bei den großen Kanzleien war Arthur Andersen. Diese Kanzlei musste in Konkurs gehen und wurde zugesperrt, weil sie beim Enron-Skandal – einem der größten Betrugsskandale im Bereich der Aktienbörsen, den wir je erlebt haben – aktiver Mittäter war. Daher sind es nur noch vier.

Sie haben recht damit, dass wir alles tun müssen, um diese Monopol-Stellung mög­lichst zurückzudrängen, und Sie haben auch recht damit, dass die Qualität mittel­ständischer Kanzleien und der vielen tausend Kolleginnen und Kollegen mindestens so gut ist wie die der amerikanischen Großkanzleien. Aber diese Schlacht gewinnen wir nicht, indem wir hier gegen ein Gesetz stimmen, durch das sichergestellt ist, dass die Qualität per gesetzlicher Kontrolle die gleiche ist – egal, ob die Kanzlei aus zwei, fünf, hundert oder tausend Leuten besteht. Dieses Gesetz stellt nämlich sicher, dass der Abschlussprüfer qualifiziert und nach dem Gesetz für seine Aufgabe geeignet ist – das ist nämlich die erste Voraussetzung dafür, dass es gleichen Wettbewerb gibt.

Die zweite Frage, nämlich was wir tun können, damit die amerikanischen Großkanz­leien nicht völlig monopolartig den Markt im Griff haben, ist ein anderes Kapitel. Aber diese Regelung brauchen wir – und daher bitte ich Sie, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken und zu überlegen, ob Sie nicht doch zustimmen wollen.

Zum zweiten Teil möchte ich anmerken, dass wir zwei sehr unterschiedliche Tages­ordnungspunkte zusammengezogen haben, und zwar einerseits das soeben be­sprochene Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz und das Wirtschaftstreu­hand­berufsgesetz, und andererseits das Bergbauabfallgesetz und das Mineralrohstoff­gesetz.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir auch schon im Ausschuss darüber diskutiert haben. Es geht dabei um eine Anpassung, die an sich unprob­lematisch ist. Es gibt einen Punkt, den wir diskutiert haben: Es ging dabei eigentlich um so etwas wie eine Erinnerung an jene Mineralstoffe, die vor rund zehn Jahren –1998 – in die Kategorie der „bergfreien“ Mineralstoffe aufgenommen wurden (speziell Diabas).


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 143

Die Frage war, ob diese komische Zwitterstellung dort klaglos funktioniert: Sie sind zwar „bergfrei“, sind aber weiter an das Grundeigentum angeknüpft, was eine Hybrid­lösung ist. Normalerweise ist es so, dass ein mineralischer Rohstoff, wenn er „bergfrei“ ist, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen abgebaut werden kann und der Grundstückseigentümer dabei nur eine festgelegte Entschädigung bekommt.

Im Fall Diabas ist der Mineralstoff zwar „bergfrei“, aber der Grundeigentümer kann für den Abbau verlangen, was er will. Wir wurden dann aufgeklärt, dass es im Bereich dieser Mineralien derzeit keine Probleme gibt, aber dass es einen hohen Bedarf an diesen Stoffen gibt – vor allem an Diabas, den wir für mehrere Dinge brauchen: einerseits für den Geleisebau – dank unserer starken Infrastrukturinvestitionen in die Eisenbahn –, aber auch für den Straßenbau und eine Reihe anderer Applikationen.

Ich möchte daher in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag einbringen, der ein „keep on eye“ durch den Wirtschaftsminister festschreibt. Er wird aufgefordert, sich anzuschauen, ob die Situation bleibt, wie sie jetzt ist – dann haben wir keinen Handlungsbedarf –, und darüber dann auch entsprechend zu berichten.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, innerhalb der nächsten zwei Jahre zu evaluieren, ob und welche Probleme bei der Vollziehung des § 3 Abs. 1 Z 4 MinroG, insbesondere in Bezug auf Diabas (basaltische Gesteine) soweit dieser (diese) als Festgestein(e) vorliegt (vorliegen), aufgetreten sind.“

*****

Die sorgfältige grammatikalische Form ist Bestandteil des Entschließungstextes. – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Bucher: Klammer zu!)

14.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in Zusammenhang mit der Grundmaterie und daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Konrad Steindl, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Sicherung der guten Rohstoffversorgung aus dem österreichischen Bergbau

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6): Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie (313 d.B.) über die Regierungsvorlage (361 d.B.) betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden (Bergbauabfallgesetz)

Basaltische Gesteine sind ein wichtiger Rohstoff für die österreichische Wirtschaft. Vorhandene Lagerstätten ermöglichen eine weitgehende Versorgung mit diesem Ab­bauprodukt. Wichtig ist dabei insbesondere Diabas.

Im Jahr 2008 wurden aus 7 Betriebsstätten insgesamt  2,280 Mio. t Diabas produziert (2006: 1,885 Mio. t; 2007: 2,241 Mio. t) und abgesetzt. Der jeweilige Absatz hängt dabei primär von den großen Infrastrukturprojekten (Straße, Bahn) ab. Auf Grund der qualitativen Eigenschaften des Diabases wird der hochwertige Anteil des Rohstoffs auch in namhaften Mengen exportiert (Slowenien, Bayern etc).


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 144

Die Vorräte der einzelnen Bergbaubetriebe reichen je nach Standort von einigen Jahr­zehnten bis über 50 Jahre. Eine Verknappung von Diabas aus den bestehenden Gewinnungsstätten ist mittelfristig nicht zu erwarten. Diabas kann in seiner Verwen­dung als Hartstein in vielen Anwendungsfällen auch durch Granulit, Dunit und Bronzit ersetzt werden. Für die Mineralwolleerzeugung kann Diabas überdies auch durch andere Rohstoffe wie Basalt ersetzt werden.

Seit ungefähr einem Jahrzehnt zählt Diabas zu den bergfreien mineralischen Roh­stoffen, ist aber im Unterschied zu anderen Rohstoffen wie z.B. den Erzen nicht vom Grundeigentum ausgeschlossen. Die derzeitigen rechtlichen Regelungen und die geübte Praxis scheinen bisher ausreichend zu funktionieren. Ein Änderungsbedarf ist daher aus heutiger Sicht derzeit nicht gegeben. Allerdings halten es die unterzeich­nenden Abgeordneten für sinnvoll, dass der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend die Situation in einem angemessenen Zeitraum evaluiert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, innerhalb  der nächsten zwei Jahre zu evaluieren, ob und welche Probleme bei der Vollziehung des § 3 Abs. 1 Z 4 MinroG, insbesondere in Bezug auf Diabas (basaltische Gesteine) soweit dieser (diese) als Festgestein(e) vorliegt (vorliegen), aufgetreten sind.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.56.17

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich in meiner Rede auf das Mineralrohstoffgesetz beziehen, das ich im Gegensatz zu meinem Vorredner für nicht ganz so unproblematisch erachte. Man kann es aber, finde ich, durchaus differenziert betrachten. Es gibt einige Verbesserungen – mit denen ich auch beginnen möchte –, aber die Umwelt betreffend, und vor allem aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürgern sehe ich hier doch einige Missstände, und daher werden wir diesem Gesetz auch nicht zustimmen.

Die Verbesserungen bestehen meiner Ansicht nach darin, dass jetzt ein Abfallbewirt­schaftungsplan für Anlagen, die Bergabfall entsorgen, obligatorisch ist. Somit muss man sich auch im Vorfeld mit Abfallbewirtschaftungskonzepten und der Wiedernutzbar­machung von Flächen, auf denen solche Anlagen stehen, befassen. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich finde es positiv, dass man sich, bevor man sich mit einem Projekt auseinan­der­setzt, auch überlegt, was eigentlich nach der Stilllegung der Anlage passiert. Das ist, wie gesagt, das Positive; ich komme jetzt aber auch schon zum Negativen – vor allem zur Beteiligung der Öffentlichkeit.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist vorgesehen, das ist eine Verbesserung, aber dies gilt nur für Umweltorganisationen und nicht für Bürgerinitiativen, und das ist aus meiner Sicht ein Mangel. Also wenn eine solche Anlage in Ihre Nachbarschaft gestellt wird, haben Sie als Bürgerin, als Bürger keine Möglichkeit, sich am Verfahren zu betei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 145

ligen. Auch wenn Sie eine Bürgerinitiative gründen, hat diese Bürgerinitiative in diesem Verfahren keine Parteienstellung, und das ist ein gravierender Missstand. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dr. Matznetter: ... Misstrauensantrag!)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal auf die schon angesprochene Kategorie der neobergfreien Rohstoffe eingehen, die auch kritisch zu betrachten ist. Neobergfreie Rohstoffe sind zum Beispiel Kalkstein oder Quarzsand, die in Österreich durchaus massenhaft vorkommen. Daher sollten diese aus unserer Sicht in die Kate­gorie der grundeigenen Rohstoffe eingeteilt werden.

Warum ist das so wichtig, ob sie neobergfreie oder grundeigene Rohstoffe sind? Weil bei den grundeigenen Rohstoffen strengere Genehmigungsvorschriften gelten und mehr BürgerInnen-Beteiligung vorgesehen ist. (Abg. Weinzinger: Bürger!) Also diese Kategorie dient letztlich dazu, dass Genehmigungen erleichtert werden und die Betei­ligung von Bürgerinnen und Bürgern wiederum ausgeschlossen wird – und das kann es aus unserer Sicht nicht sein! Da ist Partizipation nicht ausreichend gewährleistet, wie im Übrigen auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung.

Apropos Umweltverträglichkeitsprüfung: Ab einer gewissen Größenordnung ist auch die Gewinnung von Massenrohstoffen UVP-pflichtig. Aber auch da erleben wir, dass wie bei Projekten, die normalerweise der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, ständig eine Stückelung vorgenommen wird, damit man keine strengeren Genehmi­gungs­vorschriften in Kauf nehmen muss und damit man die Beteiligung von Bürge­rinnen und Bürgern an Verfahren ausschließen kann. Das ist einfach nicht akzeptabel, da müssen wir weiterarbeiten, da brauchen wir viel mehr Umweltinteressen in der österreichischen Gesetzgebung und auch eine Stärkung der Bürgerinnen und Bürger.

In diesem Zusammenhang bin ich der Meinung, dafür braucht Österreich ein unab­hän­giges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 5 und 6 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dring­lichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.29Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend schnellst­mögliche Umsetzung eines „Transferkontos“ (828/A)(E)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 828/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Eine Studie von Dr. Franz Prettenthaler und Mag. Cornelia Sterner von der renom­mierten Grazer Joanneum Research Forschungsgesellschaft offenbart, dass Familien mit sehr unterschiedlichen Bruttoeinkommen durch den Bezug der vielfältigen staat­lichen Beihilfen der unterschiedlichen Gebietskörperschaften finanziell fast gleich ge­stellt sind.

Die Schaffung eines Transferkontos wäre das geeignete Mittel, um mehr Transparenz in das System der staatlichen Transferleistungen zu bringen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 146

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich die geeigneten Maßnahmen zu setzen, um ein „Transferkonto“ zu schaffen, in dem alle staatlichen Trans­ferleis­tun­gen erfasst werden."

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantrag­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Klubobmann Bucher als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.01.05

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Vizekanzler oder „Schattenkanzler“ der Republik hat letzte Woche in einer Rede in seinem eigenen Haus eine neue Denkoption ausgesprochen, die in den letzten Tagen für Aufsehen gesorgt hat. Der Ideenreichtum der Bundesregierung ist schon so schmal und gering, dass selbst ein einziges Wort, nämlich „Transferkonto“, in dieser Republik schon für Aufsehen sorgt. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns heute zum Ziel gesetzt, in einem Dringlichen Antrag, in einem sehr kurzen Antrag, weil er nur auf das Wesent­lichste eingehen sollte, nämlich auf die Bedeutsamkeit dieser Idee, einen Formulie­rungstext zu wählen, der, wie ich glaube, für jeden in diesem Haus leicht verdaulich ist. Man muss sich nicht eingehend damit auseinandersetzen oder diesen lange durch­lesen, sondern es soll klar zum Ausdruck kommen, was wir wollen.

Wir wollen, dass die Bundesregierung – und in dem Fall der Herr Bundeskanzler als jener, der dieser Bundesregierung vorsteht – die Entscheidung trifft, ein solches Trans­ferkonto einzurichten. (Beifall beim BZÖ.)

Die Ausgangslage für diese Diskussion ist ja eine Studie, die schon im Vorjahr heraus­gekommen ist, über die ich schon einmal in einer Rede berichtet habe, nämlich eine Studie von der Joanneum Research Forschungsgesellschaft, von der ein Einkommens­vergleich in Österreich gemacht wurde, der natürlich nicht repräsentativ ist, keine Frage! Jeder, der sich in dem Land mit Steuerpolitik auseinandersetzt, weiß, dass das nicht über einen Kamm geschoren werden kann, weil es natürlich eine Reihe ... (Abg. Krainer: Die Beispiele gibt es aber gar nicht! – Abg. Kickl – in Richtung des Abg. Krainer –: Aber die Richtung stimmt!)

Die Beispiele gibt es schon, ansonst wäre es ja keine Studie, die jetzt herumgereicht wird und die jeder Steuerrechtler in den Händen hält, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen! (Abg. Kopf: Dann wird sich das auf dem Konto sehr schnell zeigen!) Dass Sie sich nicht den Kopf zerbrechen, Herr Kollege Krainer, liegt an etwas anderem! (Beifall beim BZÖ.)

Schauen Sie: Man hat drei Familien und ihre Einkommensverhältnisse herangezogen und ist draufgekommen, dass sie trotz ihrer unterschiedlichen Einkünfte von 950 € bis 3 800 € im Wesentlichen über dasselbe Familieneinkommen verfügen, mit unter­schied­lichen Differenzen von nur 400 €. Diese Studie war auch der Auslöser, einmal darüber


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nachzudenken, ob wir in Österreich nicht Handlungsbedarf haben, ob wir in Öster­reich – und das sage ich jetzt bewusst – nicht über die soziale Gerechtigkeit dis­kutieren und über die Umverteilung von Sozialleistungen diskutieren sollen, sondern – und ich will das tun – über das Steuersystem in Österreich diskutieren sollten, denn ich weiß und glaube, dass das Steuersystem in Österreich nicht zukunftsfähig ist, auch nicht krisenfähig ist und dass es uns im Wettbewerb gegenüber den anderen Ländern rund um Österreich herum zurückwerfen wird, meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Das ist der eigentliche Grund. (Beifall beim BZÖ.)

Der eigentliche Grund ist aber auch die enorme Schuldenentwicklung, der wir in den nächsten Jahren entgegensehen. Sie wissen, dass allein die vorausschauenden Be­rech­nungen des Bundesministeriums für Finanzen für das Jahr 2013 einen Schul­denstand von 240 Milliarden € ausweisen. Da sind all jene Schulden der ÖBB von 22 Milliarden € und der ASFINAG mit weiteren 15 Milliarden € gar nicht dabei. Ins­gesamt sind das also 280 Milliarden € an Schulden, die wir im Jahre 2013 haben wer­den.

Diese Situation müssen wir uns heute schon vor Augen führen, wenn wir den nächsten Generationen nicht eine Schuldenlast aufbürden wollen, ihre Spielräume einengen wollen, sodass sie keinerlei Bewegungsfreiheit im Bereich der Pensionen, der Gesund­heitsversorgung haben und damit jegliche Politik und politische Spielräume in der Zukunft eingedämmt sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. Darum geht es in dieser Diskussion! (Beifall beim BZÖ.)

Es geht nicht darum, Sozialleistungen zu schmälern, sondern es geht darum, Trans­parenz zu üben, endlich einmal zu wissen: Von wem gehen welche Sozialleistungen aus in diesem Land? Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass einmal Einsehen und Er­kenntnis vorhanden sind, auf deren Basis wir ein neues Steuersystem aufbauen können.

Es wird auch entscheidend sein, wenn wir den Schuldenstand von 280 Milliarden € im Jahr 2013 sehen, dass wir heute schon eine Schuldenbremse einführen, die notwendig ist, wenn man die Begehrlichkeiten der Gewerkschaften sieht und wenn man sieht, wie unverantwortlich eigentlich in dieser Bundesregierung mit den Geldern herum­ge­schmissen wird und teilweise Steuermittel verspekuliert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Versäumnisse gehen auf die Jahre zu­rück, als wir noch einen relativen Wohlstand, ein relatives Wachstum von Prozentsät­zen hatten, die heute nicht mehr erzielbar sind und auch in Zukunft nicht mehr erzielbar sein werden. Wir haben eine Regulierungswut vorangetrieben in Österreich. Wir haben eine Bürokratie und wir haben einen Verwaltungsaufwand, die schlicht und einfach nicht mehr finanzierbar sind und die auch für viele Betriebe nicht mehr finanzierbar sind! (Beifall beim BZÖ.)

Wir hören bei jeder politischen Debatte zu Wirtschafts- und Steuerthemen, ob in Öster­reich oder auf europäischer Ebene, dass man sich vorgenommen hat, die Bürokratie um 20 Prozent zurückzunehmen. Bei jedem Regierungsantritt hören wir, 20 Prozent sind das Einsparungsziel in der Bürokratie. Bis zum heutigen Tag – ein Jahr Regie­rungs­arbeit, Herr Bundeskanzler! – ist noch nicht eine Maßnahme erfolgt und umge­setzt, die die Bürokratie zurückgehen lässt und Deregulierung bedeutet, nicht eine einzige Maßnahme, Herr Bundeskanzler! (Beifall beim BZÖ.)

Was wir brauchen, sind echte Verwaltungsreformen, echte Einsparungsziele. Seit Jahr und Tag übergibt Ihnen der Rechnungshofpräsident über 200 Empfehlungen, anhand deren Sie ablesen können, welche Einsparungspotentiale es in dieser Republik gibt. Sie drucken um Steuergeld großartige Broschüren, wo Sie sich ablichten lassen, wo


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keine einzige Maßnahme drinnen ist, die die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land entlastet. Damit belasten Sie die Bürger, Herr Bundeskanzler! (Beifall beim BZÖ.)

Sie, Herr Faymann, sollten als sozialistischer Bundeskanzler dafür sorgen, dass es den Menschen besser geht! Beginnen Sie einmal damit, bei den Staatsorganen darüber nachzudenken, ob wir 183 Nationalräte brauchen, ob wir neun Landtage brauchen, ob wir neun Landesregierungen brauchen, ob wir die Landesschulräte, die Bezirks­schulräte in diesem Land brauchen! (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Vergleichen Sie das einmal mit dem Freistaat Bayern mit 14 Millionen Einwohnern, der eine Landesre­gierung und einen Landtag hat, die auch eine sorgsame Regierungsarbeit an den Tag legen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Jetzt sind Sie aber ganz woanders gelandet!)

Herr Bundeskanzler, worauf warten Sie, um endlich einmal Maßnahmen zu setzen?! Sie entpuppen sich gemeinsam mit Ihren Freunden von der Sozialdemokratie immer mehr zu einer Begleitpartei der ÖVP. Ja, eine Begleitpartei der ÖVP sind Sie gewor­den! Sie getrauen sich ja überhaupt nicht einmal mehr, einen Vorschlag zu machen. (Abg. Schönpass: Das ist ja ungeheuerlich!) Bei jedem einzelnen Vorschlag, den Sie machen, treten Sie hinterher schon wieder den Rückzug an. Das ist die SPÖ der Gegenwart, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, gestern haben wir zum Thema ÖBB diskutiert. Fangen Sie einmal bei den ÖBB an, für Ordnung zu sorgen! (Abg. Grosz – in Richtung SPÖ –: Die haben Sie auch ruiniert! Alles, was Sie angreifen, geht schief! – Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Krankenstandstage wurden von 27 auf 17 Tage reduziert, und die Gewerkschaft schreit auf. Sie schreit auf, weil sie sagt: Liebe Belegschaftsvertreter, ihr habt ein An­recht auf Krankenstandstage! – Ja, wo kommen wir denn da hin in dieser Republik, wenn man ein Anrecht auf Krankenstandstage propagiert!? (Beifall beim BZÖ.)

Wo kommen wir hin, wenn man die Belegschaftsvertreter mit 52 Jahren in Pension schickt, wo das durchschnittliche Pensionsalter bei 58 Jahren liegt? (Abg. Schopf: Das stimmt ja nicht!)

Mit diesen Maßnahmen werden wir den Wohlfahrtsstaat in Österreich nicht erhalten können, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da werden wir mit wehenden Fah­nen untergehen und den Wettbewerb gegenüber allen unseren Nachbarländern verlieren. (Beifall beim BZÖ.)

Beginnen Sie bei der Oesterreichischen Nationalbank, deren Bedienstete 70 000 € Durchschnittspension bekommen, von der Putzfrau bis zum Gouverneur oder General­direktor: 70 000 € Durchschnittspension!

Was ist mit Ihrer Ankündigung, den Herrn Michaelis von der ÖIAG in die Wüste zu schicken, wie Sie das so großmundig angekündigt haben, der 700 000 € pro Jahr an Gehalt kassiert, und niemand weiß wofür? (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Nur damit er die Kursentwicklungen in den Zeitungen lesen kann.

Setzen Sie doch auch einmal irgendetwas von dem um, über das Sie ständig reden und was Sie ständig fordern, Herr „Schattenkanzler“ Faymann!

Sie haben gesagt: Wir werden auf europäischer Ebene eine Transaktionssteuer einfüh­ren. Ich bin dafür und werde dafür kämpfen. – Bis heute gibt es in dieser Entwicklung noch keine Zwischenergebnisse.

Sie werden bei der Hacklerregelung umfallen. (Abg. Neubauer: Ist er ja schon!) Das kann ich Ihnen heute schon prophezeien, wenn Sie so weitermachen und an Stand­festigkeit verlieren. Aber gerade diese Hacklerregelung war eine Maßnahme für die


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Tüchtigen und Fleißigen in diesem Land, die es sich mit 45 Arbeitsjahren verdient haben, dass sie in Pension gehen können. (Beifall beim BZÖ.)

Der nächste Anschlag ist die Mindestsicherung, wo es unter den Sozialdemokraten völlig unterschiedliche Positionen gibt. Sie sagen: 733 €, die Gewerkschaft will gleich 860 €. (Abg. Schopf: Was wollen Sie?) Wenn man sich das heute in der Zeitung anschaut, dann sieht man, dass durch die Mindestsicherung jene, die 58 Kilometer zur Arbeit fahren, weniger verdienen würden als jene, die Sie im Faulbett liegen haben wollen! Das ist doch ein Skandal!

Was glauben Sie denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, in welche Richtung das geht? Das geht in die Richtung Leistungsfeindlichkeit in unserem Land. Das wollen wir nicht! Wir wollen, dass diejenigen die Mindestsicherung erhalten, die es brauchen, aber nicht diejenigen, die es wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist ein großer Unterschied! (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte bei dieser Gelegenheit schon darauf hinweisen, dass die Wirtschaftskrise nach wie vor anhalten wird und dass wir uns nicht darauf ausruhen können, dass es jetzt schon wieder bergauf geht. Viele sprechen davon, das V sei erreicht, es gehe schon wieder tendenziell bergauf. Aber das U nach dem V, das wartet auf uns, der Talboden, der in den nächsten Jahren auf uns zukommt, auf die Realwirtschaft zu­kommt, zwar nicht auf die Banken wahrscheinlich, aber auf die heimischen Wirt­schaftstreibenden in unserem Land, auf die kleine mittelständische Wirtschaft! Diese wird die Krise erst in den nächsten Monaten erfassen.

Daher brauchen wir ein leistungsförderndes Steuersystem, das sich für all jene bezahlt macht, die arbeiten, die zur Arbeit gehen, die Leistung erbringen, die auch Überstun­den leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren, und kein so leistungsfeindliches Steuersystem, wie es die Sozialdemokratie vor einigen Jahren eingeführt hat! (Beifall beim BZÖ.)

Die Steuerlast ist viel zu hoch! Wir haben in Österreich eine Steuerlast von über 42 Prozent. 120 Milliarden € zahlen die Österreicherinnen und Österreicher jährlich an Steuern und Abgaben und auch Sozialversicherungsbeiträgen. Das ist entschieden zu viel. Vergleichen Sie das mit unseren Mitbewerber-Ländern, beispielsweise mit der Schweiz! Die Schweiz kommt mit 30 Prozent aus. Das ist ein Unterschied von 12 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Abg. Riepl: Sie können nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)

Ich habe in der Schweiz noch niemanden hungern gesehen. Ich habe bei meinen Besuchen in der Schweiz nur florierende Betriebe und motivierte Mitarbeiter gesehen, die mit dieser Steuerlast ihr Leben und ihre Begehrlichkeiten und Wünsche finanzieren können. In diese Richtung müssen wir uns bewegen: herunter von der hohen Steuer­last und von den hohen Steuersätzen in Richtung unter 40 Prozent, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Daher sind wir für die Einführung eines Transferkontos, aber nicht, damit wir – das sage ich ganz bewusst – Neid und Missgunst fördern, das wollen wir nicht. (Abg. Öllinger: Das war aber jetzt unvermittelt! – Zwischenruf des Abg. Katzian.) – Das hat damit nichts zu tun. Wir wollen nur einmal wissen, wohin die Gelder gehen.

Unser Konzept ist das Konzept einer Flat-Tax, meine sehr geehrten Damen und Herren: 44 Prozent Einheitssteuersatz für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, mit 11 000 € als Freibetrag. (Abg. Riepl: ... „großen“ Verdiener!) Das ist das fairste Modell, das ist ein progressives Modell, das die Bezieher kleiner Einkommen entlastet, das die Bezieher mittlerer Einkommen entlastet und die Bezieher höherer Einkommen etwas stärker zur Kasse bittet.


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Dafür sollten Sie eigentlich sein, wenn Sie für Steuergerechtigkeit eintreten! Sie, die Sozialdemokratische Partei, Sie haben ein Steuersystem in Österreich implementiert, ein sozialistisches Steuersystem, das den Menschen das Geld aus der Tasche zieht und über eine teure Umverteilung und Verwaltung wieder in Form von Almosen zurückgibt. Dagegen wehren wir uns, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Wir fordern als Konsequenz dieses Transferkontos eine allumfassende Eintreibungs- und Auszahlungsstelle, ein Finanzamt, das alleine das Geld verwaltet und an die Bürger wieder weitergibt, und nicht zehn, zwanzig Stellen in dieser Republik, wo einer nicht weiß, was der andere gibt, und wo völlige Intransparenz herrscht und auch sozialer Missbrauch betrieben wird, meine Damen und Herren! Dagegen wehren wir uns. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen mit dieser Initiative den Herrn Bundeskanzler auffordern, endlich auch, wenn Geld für die Banken zur Verfügung gestellt wird, einmal für Folgendes zu sorgen. Und ich hoffe, Kollege Matznetter gibt auch einmal in diese Richtung grünes Licht, weil er es auch weiß, dass die österreichischen Banken sich zwar sehr gern Geld von den Staatsbürgern und von den Steuerzahlern leihen, aber auch klar ist, dass alle österreichischen Banken Konten und Niederlassungen in Jersey, Singapur oder auf Zypern haben und dass sie sich dort Steuern sparen und dass dieser Betrag an die 2 Milliarden € ausmacht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! 2 Milliarden € macht allein dieser Betrag aus, den sich die Banken durch ihre Niederlassungen außerhalb Österreichs, außerhalb der Europäischen Union sparen.

Wir wollen, dass dieses Transferkonto eingeführt wird, dass es zu einem gerechten Steuersystem in Österreich in Richtung einer sozialen Flat-Tax kommt, die die unteren und mittleren Einkommensschichten entlastet. Wir wollen keinen Neid und keine Miss­gunst, wir wollen einen schlanken Staat, und wir wollen ein gerechtes Steuer­system. – Danke sehr. (Anhaltender Beifall und Bravorufe beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Eine völlig absurde Rede, völlig absurd!)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­stei­gen. – Herr Bundeskanzler, Sie sind am Wort.

 


15.17.28

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Mitglie­der der Bundesregierung! Sehr verehrte Damen und Herren! Wie man so lange reden kann, ohne zum Kern zu kommen, nämlich wie dieses Konto ausschauen soll, ist auch eine Kunst. (Abg. Kickl: Sie können uns das jetzt zeigen, gerade Sie!) Ich möchte Ihnen auch sagen, warum Sie so lange um den heißen Brei reden. Wenn man Trans­ferleistungen als Sachleistungen der öffentlichen Hand definiert, die einzelnen Per­sonen zugute kommen, dann muss man sich, wenn man das verlangt, zuerst einmal ans Rednerpult stellen – so wie ich Politik verstehe, nämlich konkret zu werden (ironische Heiterkeit bei BZÖ und FPÖ – Abg. Ing. Westenthaler: Die eigene Fraktion lacht da!) – und sagen, welche Leistungen da gemeint sind.

Sind da die Geldleistungen gemeint, die Sachleistungen gemeint, die indirekten Leis­tungen gemeint? Sind hier alle Leistungen gemeint, die dem Einzelnen zugute kommen? Und wie schaut denn so ein Konto tatsächlich aus?

Das haben Sie uns aus gutem Grund verheimlicht. Die Absicht ist unschwer zu erkennen. Es ist auch gar nicht schlecht in der Demokratie, wenn man auf verschie­denen Seiten steht. (Abg. Ursula Haubner: Danke! – Abg. Bucher: Das ist sehr


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großzügig!) Sie wollen ein Neidkonto vorbereiten und Menschen gegeneinander ausspielen, wir werden uns gegen jede Art von Sozialabbau zur Wehr setzen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das sagt der „Sozialabbaubundeskanzler“!)

Sie haben doch ganz am Anfang von der Verwaltungsreform gesprochen. Das ist ein „schöner“ Beitrag zur Verwaltungsreform: so ein Konto, bei dem alle Direktzuschüsse, alle Beihilfen, alle Wohnbeihilfen, alle von den Ländern durchgeführten Bereiche, alle indirekten Leistungen, alle Kosten für das Schulbuch bis hin zu indirekten Leistungen im Bereich der Kulturförderung aufgelistet werden. Das wird alles aufgelistet, das ist Ihr Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung! Jetzt weiß ich auch, was Sie unter Verwal­tungsreform verstehen. Auch davor können wir gar nicht genug warnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe unter Verwaltungsreform, dass wir die Vorschläge des Rechnungs­hofprä­sidenten aufgreifen (Abg. Bucher: Und schubladisieren!) und in dieser Legislatur­periode umsetzen. Wir haben bei den Parteiengesprächen regelmäßig mit dem Rech­nungshofpräsidenten einen Weg festgelegt, der uns zwar nicht ermöglicht, in drei Monaten alles umzusetzen, aber in dieser Legislaturperiode in einer Größenordnung von 3,5 Milliarden € diese konkreten Vorschläge des Rechnungshofpräsidenten in die Tat umzusetzen. (Abg. Bucher: Ja, wann?)

Das ist ein engagiertes Ziel, betrifft viele Bereiche von liebgewordenen Gewohnheiten, betrifft Interessenvertreter, betrifft Vertreter der einzelnen Bundesländer – bedarf also eines Diskussionsprozesses, der sicher weder in einer allgemein polemischen Parla­mentsrede noch in einem Konklave abzuarbeiten ist. Das verlangt mehr, konkrete Politik, und wir sind davon überzeugt, dass etwa 1 bis durchaus 1,5 Prozent bei diesen Einsparungsvorschlägen, wenn sie konkret sind, wenn sie durch harte Arbeit verhandelt werden, erzielbar sind.

Aber machen wir uns doch nichts vor! Die Wirtschaftskrise, der Kampf gegen die Wirt­schaftskrise, die Folgeerscheinungen werden den öffentlichen Haushalt stärker belas­ten, als wir durch diese 1 oder 1,5 Prozent an konkreten Einsparungsmaßnahmen – die auch nicht vom Himmel fallen, sondern nur durch harte, konkrete Arbeit umsetzbar sind – realisieren können, sie werden mehr benötigen.

Und nun gehen die Meinungen auseinander, wie jene zur Kasse gebeten werden, von denen Sie meinen, dass sie bei den Transferleistungsbeziehern zu finden sind (Abg. Bucher: Das stimmt ja gar nicht! – Haben Sie nicht zugehört? Sie sind hinter mir gesessen, da werden Sie ja wohl ein bissel was verstanden haben!), und andere mei­nen, dass man diese Leistungen bei den Schwächsten in der Gesellschaft streicht, wogegen wir meinen, dass es bei der Beseitigung der Schäden und der Bezahlung der Kosten der Krise weder die Ärmsten in unserer Gesellschaft noch die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer treffen darf. Die haben die Krise nicht verursacht, und die werden daher von uns auch nicht die Rechnung erhalten! Und sollte ihnen jemand die Rechnung zustellen, dann werden wir uns dagegen aussprechen! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun gehen wir also davon aus, dass wir 4 oder 5 Prozent Defizit zu erwarten haben und durch Verwaltungsreform nur 1 oder 1,5 Prozent in der Bürokratie einsparbar ist – wobei ja vieles darüber hinaus, das effizienter werden soll, nicht zu direkten Ein­sparungen führt. Nehmen wir etwa die Bildungsreform: ganztägige Schulformen, klei­nere Gruppen, eine bessere Schule – es wird doch keiner glauben, dass wir zum Schluss weniger für das Bildungssystem ausgeben!

Es wird also gespart, damit wir weniger ausgeben, aber unterm Strich in über­schau­baren Größenordnungen (Abg. Bucher: „Alles soll so bleiben“!); und es wird effizienter gestaltet werden müssen, damit unsere Systeme, wie etwa Bildung, auch Forschung,


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besser und effizienter gestaltet werden. Daher wird man auch zu anderen Maßnahmen greifen müssen, um die Rechnung aus der Krise zu bezahlen.

Da gibt es die von uns allen wünschenswerten Maßnahmen, nämlich Maßnahmen, die zu mehr Wachstum führen, weil sie die Einnahmenseite erhöhen – das ist der Bereich der Bildung und der Forschung im engeren Sinn, aber durchaus auch der Infrastruktur und anderer Teile unserer beschlossenen Konjunkturprogramme. (Abg. Dr. Moser: Denken Sie auch ein bisschen an den Klimaschutz!)

Damit erreicht man ein Wachstum, das aber nicht allein in Österreich erzielbar ist. Wir sind sehr stark vom Export abhängig, und „Erfolg im Export“ bedeutet ja schon, dass wir nicht alleine von Maßnahmen im eigenen Land abhängig sein können, sondern auch abhängig sind von Maßnahmen und der wirtschaftlichen Entwicklung und damit auch wachstumsfördernden Maßnahmen in Europa. Daher ist ja auch unsere wesent­liche Forderung innerhalb der Europäischen Union, dieses Wachstum voranzutreiben, Forschung und Entwicklung etwa voranzutreiben, Stabilität herzustellen, damit Finanz­märkte auch Aufträge, die vorhanden sind, finanzierbar machen. Daher haben wir ja die­sen umfassenden Begriff an Unterstützung der Wirtschaftspolitik und Stabilitäts­politik in Europa, weil wir sehr genau wissen, wie hoch der Anteil der Exporte an dem, was wir erwirtschaften, ist.

Aber dann gibt es schon noch – neben der Verwaltungsreform und der Bekämpfung der Bürokratie einerseits, neben den Maßnahmen wie Bildung, Forschung, Stabilität, internationale Politik im Bereich des Wachstums, das wir erzielen müssen, anderer­seits – den dritten Teil, nämlich die Frage, ob wir auch zusätzliche Einnahmen erhal­ten.

Bei den zusätzlichen Einnahmen denken wir an diese von Ihnen genannte Finanztrans­aktionssteuer, wo es mittlerweile aus Frankreich, Italien, Luxemburg, Polen, Belgien und zum Teil aus Deutschland erstmals ebenfalls Überlegungen in diese Richtung, die öffentlich geäußert werden, gibt.

Der eine sagt, wir sollten uns stärker nach den Vorschlägen der Tobin-Steuer richten, die anderen sagen – wie wir –, wir sollen die Finanztransaktionen heranziehen. Aber es gibt immer mehr Länder in diesem gemeinsamen Europa, die sehr genau wissen, dass wir nicht mit irgendeinem Konto, von dem keiner weiß, wie es ausschaut und wofür es sein soll, sondern mit zusätzlichen Einnahmen die Schäden dieser Krise be­heben müssen.

Wir sagen, ein Steuersatz von 0,1 Prozent würde für Österreich 2 Milliarden € bringen, europaweit 240 Milliarden. Aber selbst bei einem Steuersatz einer Finanztransaktions­steuer, laut WIFO-Studie, von 0,01 Prozent wären das 0,7 Milliarden € – also wichtige Beträge, die wir brauchen. In europäischer Abstimmung müsste das deshalb erfolgen, weil jeder weiß, dass nationale Spielräume – es heißt ja auch schon so – an ihre Grenzen stoßen.

Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch im eigenen Land in der Lage sind, Spiel­räume zu nutzen. Es geht nicht darum zu sagen: Wenn Europa nichts macht, dann stellen wir uns in die Ecke, ärgern uns, ballen die Fäuste und machen gar nichts. Daher wird etwa ein Ende der Spekulationsfrist bei Aktienausschüttungen – wie es viele vorschlagen, nicht nur wir allein – dazu führen müssen, dass wir mehr Beiträge erhalten unter dem Titel der Steuergerechtigkeit. Steuergerechtigkeit wird nämlich in den nächsten Monaten und Jahren eine Frage sein, wo die Bevölkerung uns sehr genau beurteilen wird, ob wir als Reaktion auf die Krise die Sozialleistungen kürzen oder für mehr Gerechtigkeit sorgen. Und wir wollen für mehr Gerechtigkeit sorgen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Josef Pröll hat heute in seiner Rede gesagt: Kürzungen von Sozialleistungen stehen „bei mir nicht ganz oben auf der Agenda“. – Bei mir auch nicht in der Mitte und nicht am Schluss der Liste! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Jene, die glauben, sie können eine Neiddiskussion vorbereiten, nicht um den Miss­brauch, wenn er wo vorhanden ist, zu kritisieren (Zwischenrufe bei der ÖVP) – es ist immer hinzuschauen und nie wegzuschauen! –, nein, um den konsequenten Abbau von Sozialleistungen voranzutreiben (Ruf: Das stimmt ja nicht! – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Grillitsch sowie weiterer Abgeordneter der ÖVP – Abg. Strache: Das sind schon wieder die Schaukämpfe!), müssen mit unserer entschiedenen Gegnerschaft rechnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Show-Kämpfe sind das schon wieder!)

In einem Punkt möchte ich Sie zum Schluss unterstützen, nämlich in folgendem: Wenn man in der Politik – und wir haben hier gemeinsam Übereinstimmung erzielt – Men­schen verspricht, dass sie nach 40 und 45 Versicherungsjahren in Pension gehen können, und sich damit etwa 100 000 Menschen darauf einstellen, wie es in den nächsten paar Jahren bis 2013 aussieht, dann ist es für mich ein Vertrauensgrundsatz, dass jede Änderung, die notwendig ist für danach, hier offen zu diskutieren ist. (Abg. Strache: Das ist richtig!) Aber Vertrauensgrundsatz heißt, dass wir bis 2013 das, was wir vor einem Jahr beschlossen haben, auch einhalten! (Anhaltender Beifall und Bravo­ruf bei der SPÖ. – Abg. Strache: Na gut, das ist richtig! Zum Schluss kann ich Ihnen ausnahmsweise einmal zustimmen!)

15.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub steht eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zur Verfügung. (Abg. Dr. Cap: Wieder eine Dringliche, die daneben­gegangen ist!)

Herr Abgeordneter Scheibner gelangt als Erster zu Wort. (Abg. Dr. Cap: Das wird heut’ nichts mehr!) Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


15.30.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Kollege Cap sagt schon: Wieder eine Dringliche, die danebengegangen ist; das wird heut’ nichts mehr!

Kollege Cap, ihr habt heute offensichtlich den Tag der Polemik, denn, Herr Bundes­kanzler, auch Ihre Polemik am Beginn gegen unseren Klubobmann war völlig unange­bracht, nämlich sowohl vom Prinzip her als auch vom Inhalt her. – (In Richtung SPÖ:) Mahlzeit, Herr Kollege in der vorletzten Reihe!

Herr Kollege Cap, wir wollen mit dieser Dringlichen Anfrage erreichen – Ihnen ist das vielleicht schon völlig fremd –, dass man einmal versucht, hier im Parlament auch über grundsätzliche Fragen der Zukunft zu diskutieren, Herr Bundeskanzler. Und da fragen wir Sie schon: Sie sind in der Regierung, zwei große Parteien sind in der Regierung (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) – was heißt „Gott sei Dank!“, meine Damen und Herren? –, und was bringen Sie uns hier heute wieder für ein Schauspiel?

Klubobmann Bucher und wir vom BZÖ wollen eine Grundsatzdiskussion über einen möglicherweise interessanten Vorschlag des Vizekanzlers. – Ich sage „möglicher­weise“, denn wir wollen ja ins Detail hineingehen, aber es ist einmal ein Ansatz. Und ich gehe einmal davon aus, dass wir in einer Bundesregierung jetzt nicht dauernd eine Auseinandersetzung haben, bei der der Vizekanzler uns heute in der Früh A sagt, der


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Bundeskanzler am Nachmittag B – und die Bevölkerung soll sich dann herauspicken, was jetzt die Regierungslinie ist.

Meine Damen und Herren, Sie haben hier eine Verantwortung für das Land wahrzu­nehmen – und nicht Ihre merkwürdigen parteipolitischen Streitereien auszutragen! (Beifall beim BZÖ.)

Und das ist ganz wichtig, meine Damen und Herren, das fragen die Menschen: Wie geht es denn hier weiter? – Die Diskussion um die Fragen: Wie geht es mit dem Gene­rationenvertrag weiter?, Wie schaffen wir es, ein gerechtes Steuersystem zu haben?, Wie schaffen wir es, dass auch Gerechtigkeit bei den Sozialtransfers stattfindet?, das sind doch wichtige Fragen der Zukunft! Die kann man hier nicht mit einem „Neidkonto“ und mit irgendwelchen polemischen Dingen abtun!

Selbstverständlich, Herr Bundeskanzler, ist es wichtig, dass wir auch der älteren Gene­ration Sicherheit geben für ihre Lebensplanung im Lebensabend – darüber gibt es überhaupt keine Diskussion –, aber gerade Sie als Bundeskanzler haben auch die Verantwortung, der jungen Generation, auch den Menschen, die hier auf der Besucher­galerie sitzen und die fragen: Was wird denn in 10, 20 oder 30 Jahren mit uns sein?, eine Antwort zu geben, damit auch sie die Möglichkeit haben, angesichts einer schwie­riger werdenden Alterspyramide, wo längere Ausbildungszeiten notwendig sind, wo wir Gott sei Dank eine längere Lebenserwartung haben, aber immer weniger Kinder, sodass dieser Generationenvertrag nicht mehr funktionieren kann wie in der Vergan­genheit, ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Da sollte man keine Zwischenrufe machen, sondern da sollte man versuchen, durch ein gerechtes Steuersystem (Abg. Mag. Wurm: ... einkommensabhängige ...!) den Men­schen der jungen Generation auch die Spielräume zu schaffen, dass sie sich auch in der Selbstversorgung nicht nur eine Familie aufbauen können, nicht nur einen entsprechenden Wohlstand schaffen können, sondern auch für ihren Lebensabend Vorsorge betreiben können. (Beifall beim BZÖ.)

Das wären die Diskussionen, die wir zu führen hätten! Und da haben wir zu tun, etwa durch Garantien bei den Pensionskassen, damit diese nicht das Geld verspekulieren, so wie das jetzt in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, sondern dass sie Maß halten müssen, dass sie konservativ veranlagen müssen. Die bieten ja Produkte mit Kapitalgarantien an – dann sollen sie das auch für die Pensionskassen entsprechend machen! – Das wären interessante Dinge, über die wir hier diskutieren möchten.

Was die Verwaltungsreform betrifft, Herr Bundeskanzler: Wir haben den Herrn Vize­kanzler heute Vormittag leider nicht dazu bringen können, dass er uns garantiert, dass der notwendige Finanzbedarf für die Zukunft ausschließlich durch derartigen Büro­kratieabbau und Verwaltungsreform hereingebracht wird und nicht über Steuer­erhö­hungen. Das wäre ganz wichtig! – Vielleicht bringen Sie heute noch diese Garantie? (Ruf bei der SPÖ: Im Gegenteil! Er hat es doch gesagt! – Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das ist auch eine Frage der Planung für die Zukunft. Wir wollen, meine Damen und Herren, Herr Kollege Krainer, dass endlich die Menschen mehr von dem, was sie sich erwirtschaftet haben, selbst behalten können. Das ist wichtig! (Beifall beim BZÖ.)

Hilfe natürlich für die sozial Schwachen – aber jene, die über ihre Steuerleistung unser Sozialsystem erhalten, müssen auch entsprechend entlastet werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald.) Das hat nichts mit Grasser zu tun, sondern mit Vernunft, Herr Kollege von den Grünen!

Das System, das Sie nämlich wollen, dass alles der Staat organisiert, hat spätestens 1989 Schiffbruch erlitten. Und wir wollen auch nicht, Herr Bundeskanzler, die Steuer-


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leistungen durch Steuererhöhungen vergrößern, sondern durch die Verbesserung der Beschäftigung – denn jeder, der in Beschäftigung ist, leistet mit seiner Lohn- und Einkommensteuer einen Beitrag für das Sozialsystem – und nicht über Steuererhö­hungen, die nur die Wirtschaft gefährden, die Kaufkraft gefährden und womit man genau das Gegenteil von dem erreicht, was wir eigentlich haben wollen. (Abg. Mag. Gaßner: Was wollt denn ihr?)

Aber das ist alles nicht wichtig bei Ihnen, sondern es wird wieder gestritten. Jetzt hat es ja eine Zeit lang, ein Jahr lang, so ein bisschen den Versuch gegeben, nur ja nicht in das Fahrwasser der alten Koalition zu kommen, wo dauernd in der Öffentlichkeit gestritten worden ist. Es ist halt leider nicht sehr viel passiert, denn wenn man nicht diskutiert und nicht zumindest Meinungen austauscht, weil man Angst hat, es gibt gleich wieder Streit, dann kommt auch nichts heraus.

Jetzt macht man das anscheinend wieder ein bisschen anders – die Wahlergebnisse haben da entsprechend etwas bewegt. Nur, Herr Bundeskanzler – und Sie sind hier verantwortlich in der Regierung, aber ich spreche auch die ÖVP an –, in gewissen Dingen sollten Sie jetzt endlich einmal handeln und Entscheidungen treffen! Nämlich auch was das Ansehen Österreichs im Ausland und in der Europäischen Union angeht: Was hier aufgeführt wird rund um die Frage des Kommissars, des österreichischen Kommissars, das ist eine Blamage für diese Bundesregierung und leider auch eine Blamage für ganz Österreich! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Entscheiden Sie endlich! Entscheiden Sie endlich – das haben sich die Österreicher verdient! Wir sind doch nicht die, die in irgendwelchen Parteizentralen dann die Kandidaten ausschnapsen müssen, sondern wir müssen doch stolz darauf sein, dass wir gute Kandidaten haben, die wir nach Brüssel hinaus senden, und die haben wir ja auch! (Abg. Strache – in Richtung ÖVP –: Der Schüssel ist schon in Tibet, gell?) Entscheiden Sie endlich, damit endlich Ruhe ist in diesem Bereich und damit wir uns endlich auch wieder mit den wichtigen Dingen beschäftigen können! (Abg. Öllinger: Etwas zum Thema, bitte!)

Die Verwaltungsreform ist ja noch ein spannendes Thema – Sie haben es ange­sprochen, Herr Bundeskanzler. Ja, wir diskutieren in einem Unterausschuss des Verfas­sungsausschusses, aber ich bin mir nicht sicher, ob das dann auch wirklich alles so umgesetzt werden kann, wie es der Rechnungshof vorgeschlagen hat. Es ist richtig, dass in der Schulverwaltung und in der öffentlichen Verwaltung ein Einsparungs­poten­zial bis zu 3 Milliarden € definiert worden ist, aber wenn ich mir anschaue, wie schwierig es ist, alleine jetzt bei der Schulverwaltung darüber zu diskutieren, dass die Lehrer eben wieder mehr bei den Kindern in den Schulklassen sein sollten, wie schwie­rig wird es dann erst sein, dass man sagt: Neun verschiedene Bauordnungen hat ein kleines Land wie Österreich nicht notwendig, das schadet nicht nur der Wirtschaft, sondern es schafft unnötige Bürokratie!, dass man sich einmal über die Kompetenzen den Kopf zerbricht? Da bin ich schon gespannt, was die Landeshauptleute sagen, auch Ihre Landeshauptfrau in Salzburg oder der Landeshauptmann im Burgenland oder der Bürgermeister – wie immer er heißen mag in der Zukunft; vielleicht sitzt er neben Ihnen – von Wien.

Das wären doch die wichtigen Dinge, über die wir uns auch den Kopf zerbrechen sollten, dass wir hier klar zum Ausdruck bringen: Dieser Standesdünkel, dieses Kas­ten­denken, das muss vorbei sein – denn der Steuerzahler will die Zeche für diese Schrebergartenmentalität in der Zukunft nicht mehr bezahlen! Hier gehört vielmehr endlich eine offensive Diskussion ohne Tabus geführt, wie wir die Gesellschaft, wie wir den modernen Staat der Zukunft gestalten können. (Beifall beim BZÖ.)


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Herr Bundeskanzler, das mit dem „Neidkonto“ können Sie ganz einfach nicht so stehen lassen, denn es ist Gegenstand der Diskussion, wenn jemand die doppelte Gage hat und aufgrund der Transferleistungen dann nur 50 € mehr im Monat verdient. Wir brauchen die Leistungsanreize! Das hat nichts mit Kapitalismus oder sonst was zu tun, sondern ganz einfach mit einem Signal, dass wir für die, die es brauchen, natürlich alle Unterstützung geben müssen, aber dass wir auch klarstellen, dass wir den leis­tungsbereiten Menschen auch entsprechende Unterstützung geben, dass wir unseren kleinen und mittleren Unternehmen Unterstützung geben.

Das wäre auch interessant: dass wir – wir haben das doch schon oft diskutiert – auch jetzt in der Krise den kleinen und mittleren Unternehmungen, die keine große Lobby haben, endlich auch die notwendige Unterstützung geben, dass sie durch diese Krise hindurchfahren können und auch die Beschäftigung entsprechend für uns garantieren können.

Herr Kollege Cap, ich hoffe, dass auch Ihr Beitrag etwas zur Qualität der Debatte über diese Dringliche Anfrage beitragen kann, denn das Thema ist wichtig! (Abg. Dr. Cap: Wie immer! – Abg. Strache – zu Abg. Dr. Cap –: Wird es heute wieder lustig?) Es geht hier nicht um ein Instrument, sondern es geht uns um die Inhalte – und das ist die Zukunft all dieser Menschen, die uns heute hier zuschauen. Und da ist Polemik sicher­lich nicht angebracht! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Oh-Rufe bei der SPÖ.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Strache: Ist die Rede von vor sechs Jahren umgeschrieben?)

 


15.39.22

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Die Redebeiträge des Kollegen Bucher und des Kollegen Scheibner erinnern mich etwas an die Koala- und Pandabärsituation. Da sind Sie auch hier heraußen gestanden und haben nicht gewusst: Habe ich gerade einen Koalabären oder gerade einen Pandabären in der Hand? – Und so geht es bei Ihnen jetzt mit diesem Transferkonto. Ich habe noch nie zwei Reden über eine Dringliche gehört, bei denen die Redner einfach nicht gewusst haben, worüber sie gerade reden und warum sie die Dringliche gerade eingebracht haben. – Also das war sensationell.

Aber ich will Ihnen ein bisschen helfen, denn anscheinend brauchen Sie wirklich meine Hilfe, und ich werde den Aufruf des Kollegen Scheibner hier auch wirklich befolgen.

Was ist das, was Sie hier einbringen? – Das kann entweder eine verdeckte Initiative in Richtung Sozialabbau und Kürzungen sein, seien es Kürzungen über Besteuerung oder andere Kürzungen. Nur die zwei Dinge können es sein. (Zwischenruf des Abg. Bucher.) In diese Gegend komme ich gleich. Sie haben das gerade eingebracht und hier angesprochen.

Sie haben nie das Transferkonto definiert, übrigens auch nicht der Erfinder Pretten­thaler, der ja, wenn man die Liste seiner Veröffentlichungen sieht, Experte für Klima­schutz war. (Abg. Bucher: Klima in der Bundesregierung!) Wie der plötzlich zu diesem Thema kommt, darüber rätselt die gesamte Expertenwelt. Mit dem sozialen Klima hat er sich anscheinend auch nicht beschäftigt, wenn er da den Neid schürt. Jedenfalls war es halt keine fundierte wissenschaftliche Arbeit.

Aber was ist dieses Transferkonto? – Es konnte bis heute weder Josef Pröll noch Josef Bucher, noch sonst jemand erklären, was das ist. Wenn man es nämlich zu Ende denkt, dann kommt man zu dem Schluss, dass man sämtliche Transferleistungen hineinrechnen muss, die Geldleistungen genauso wie die realen Leistungen. Wenn


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jemand eine Betriebsansiedlung macht und die Gemeinde oder das Land dort eine Straße baut, dann ist es eine Leistung. In welches Konto kommt es dann hinein? Welche Bürokratie schreibt das dann hinein? Wenn ein Kollege dieses Hauses in die Oper ginge und somit eine reale Leistung über die Subventionierung der Oper in An­spruch genommen hätte, müsste es theoretisch in sein persönliches Transferkonto hineinkommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.) Wer verwaltet den Namen des Kontos, die Adresse des Kontos? Wer stellt klar, was in welchem Ausmaß veröffentlicht wird und ob es überhaupt veröffentlicht wird? Wir könnten das fortsetzen ohne Ende.

Jetzt sage ich Ihnen das Allerwichtigste: Dieses Transferkonto ist ein Anschlag auf die Mittelschichten. Wissen Sie, warum auf die Mittelschichten? – Dort ist es ergiebig. Und nicht nur bei den unteren Mittelschichten, wie Sie es sowieso hier in Überlegung gehabt haben, nein, bei den Mittelschichten. Ich könnte jetzt sofort 16 Maßnahmen anführen, die mittelschichtrelevant sind, wo es sich entweder um Kürzung, Besteue­rung, Abschaffen von Befreiungen oder Absetzmöglichkeiten handelt. Sie müssten also bei jedem einzelnen Punkt eine politische Entscheidung treffen, ob die entsprechende Absetzmöglichkeit beseitigt oder eine Kürzung vorgenommen wird. Wer gibt das da hinein? Wer entscheidet das bei dem Konto? (Abg. Bucher: Steuererklärung!)

Man müsste das ganze Packel nehmen und an den Erfinder von der Grazer Universität zurückschicken, weil das an Absurdität nicht zu übertreffen ist.

Ich kann Ihnen aber Beispiele nennen: 1,8 Millionen Kinder, Familienbeihilfe: 3,4 Mil­liar­den €. Also hinein, zack, ins persönliche Konto. Was wollen Sie damit machen? – Besteuern? Kürzen? Was haben Sie vor? Sagen Sie es! Das gehört dazu.

1,4 Millionen beitragsfrei unfallversicherte Schüler und Studenten, Leistungsvolumen: 133 Millionen €. – Besteuern? Kürzen? Was haben Sie vor?

2,1 Millionen beitragsfrei mitversicherte Angehörige in der Krankenversicherung, Leis­tungs­volumen: 1,9 Milliarden. – Was haben Sie vor? Besteuern oder kürzen? In welches Konto soll es reingehen? Welche Beamten, welche Bürokratie soll das verwalten? Und mit welchen Kosten?! Allein die Bürokratiekosten würden 1, 2 Milliar­den € betragen. Das ist ja sagenhaft. Das, was Sie ausgeben, bekommen Sie ja nicht einmal mehr aufgrund von Kürzungen herein! (Abg. Bucher: Wer macht es denn heute?)

Herr Bucher, Ihre Anfrage ist ja blanker Nonsens! Geben Sie es doch zu! Kommen Sie noch einmal heraus und geben Sie es endlich zu! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann Gratiskindergarten, Pendlerpauschale, Wohnbauförderung – ist die übrigens leis­tungs­feindlich?, weil das immer mit Leistungsfeindlichkeit in Zusammenhang gebracht wird: Transferüberweisungen sind zugleich leistungsfeindlich.

Da möchte ich meine heutige Morgenlektüre zitieren, „Standard“, Seite 44, interes­san­ter Satz:

„Und wenn Pröll schon von Leistungsgerechtigkeit spricht, sollte er auch jene Men­schen nicht aus den Augen verlieren, die sich eines leistungslosen Einkommens erfreuen, aus dem sie kaum etwas für den Sozialstaat abliefern.“

Deswegen haben wir über die EU-Transaktionssteuer diskutiert. Deswegen haben wir gesagt, dass man eigentlich auch die Frage der Stiftungsvermögen und der Besteue­rung der Stiftungen berücksichtigen soll. Wenn, dann soll man sich die gesamte Verteilungswirklichkeit anschauen und nicht nur vermutete, kleine Ausschnitte, wie es hier zum Ausdruck gekommen ist. Denn das bedeutet, dass diejenigen, die unter der Wirtschaftskrise am meisten zu leiden haben, die unteren und Mittelschichten, auch


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noch die Zeche für die Wirtschaftskrise bezahlen sollen. Na mit uns wirklich nicht! Das kommt mit Sicherheit nicht in Frage, dass das in diese Richtung geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit wir einander richtig verstehen: Natürlich ein Ja zu Leistungen, aber kein Aus­spielen von Leistungen und Transferüberweisungen des Staates, egal, ob monetär oder real. Natürlich gegen Missbrauch! Wer aber einen Rechtsanspruch hat, der soll diesen auch haben. Wenn wir der Meinung sind, dass gewisse Staffelungen der Sozial­leistungen intelligenter zu machen sind, na dann machen wir es! Dafür brauche ich doch dieses Konto nicht, das alle verwirrt und im Endeffekt nichts bringt außer Verwal­tungskosten und dazu auch noch ungerecht ist. Nicht durchdacht! (Abg. Bucher: Nur nichts ändern! Alles soll so bleiben!)

Ein Klimaschutzexperte! Woher soll ein Klimaschutzexperte es auch wissen, wenn er so etwas erfindet?! Das Klima kann es nicht gewesen sein, das Sozialklima wird jeden­falls dadurch geschädigt.

Es kommt noch etwas dazu. Ich habe mir das Interview von Generalsekretär Kalten­egger in der „Presse“ heute genau durchgelesen. Heißt das, dass im Hintergrund eine Familienbesteuerung steckt? Soll das Haushaltseinkommen auch die Grundlage von Besteuerung sein? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist eine Diskussion. Wir diskutieren gerne darüber, wir greifen diese Diskussion auch auf, sie ist gewünscht, also machen wir es auch. Das kann es doch nicht sein! Das bedeutet, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen, die seit den sieb­ziger Jahren eine Errungenschaft ist, auch noch beseitigt wird.

Also nein, zurück an den Start, vergessen wir das ganze Transferkonto! Das Ganze ist jedenfalls mit Sicherheit nicht das, was es sein soll. (Abg. Bucher: Alles an den Start!) Sie können sich dann gleich zu Wort melden und den kleinen Leuten das Wort reden und sich da auch noch einbringen.

Es ist jedenfalls kein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit, kein Beitrag zu Verteilungs­gerech­tigkeit, es ist kein Beitrag im Kampf gegen Missbrauch, es ist schon gar kein Beitrag, wenn einem Leistungsgerechtigkeit ein Anliegen ist, und es ist kein Beitrag zu einer Verwaltungsreform. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Es ist eigentlich gar kein Beitrag, für gar nichts. Daher können wir das im Endeffekt wirklich nur ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


15.46.39

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Mitten in einer, wie ich meine, dringend notwendigen Grundsatzdebatte oder am Beginn dieser Debatte lassen Sie mich einen Gast in unserem Haus begrüßen, den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Günther Oettinger. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Ja, Herr Ministerpräsident, Sie sind mitten in einer grundsätzlichen Debatte, wie wir sie, wie ich meine, hier in diesem Haus öfter führen sollten.

Am Beginn eines, meine Damen und Herren: Wenn Leistung sich nicht lohnt, ist der Sozialstaat in Gefahr. (Beifall bei der ÖVP.)

Das WIFO hat kürzlich in einer umfassenden Studie festgestellt, dass in Österreich in den letzten 15 Jahren die Einkommensunterschiede geringer geworden sind. Verant­wortlich dafür, das soll man auch in aller Seriosität festhalten, ist nicht so sehr das


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Steuersystem, sondern vielmehr unser Transfersystem. Es findet Umverteilung in Öster­reich in großem Maße über eine Fülle von Transferleistungen statt, und es sind hier insbesondere – und das sage ich durchaus auch ein bisschen mit Stolz – Familien­leistungen, die dazu beitragen. Dafür ist die Familienpartei ÖVP sehr maßgeblich verantwortlich. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber, meine Damen und Herren, Sozialleistungen müssen in einem Land auch verdient werden. Verdienen kann man aber etwas nur, wenn auch eine Leistungsbereitschaft da ist. Grundvoraussetzung für eine Leistungsbereitschaft ist, dass die Menschen auch das Gefühl haben, dass Leistungsgerechtigkeit herrscht. Das ist die Grundlage dafür, dass Leistungen überhaupt erbracht werden, aufgrund deren man dann letzten Endes Sozialleistungen finanzieren kann.

Also es geht in dieser Debatte in besonderem Maße um Gerechtigkeit. Kollege Guger vom Wirtschaftsforschungsinstitut hat kürzlich festgestellt und etwas vereinfacht ge­sagt: Die untere Einkommenshälfte gewinnt durch unser Transfersystem, und die obe­re Hälfte bezahlt. Und ich sage, bis zu einer bestimmten Grenze ist das auch in Ord­nung so. (Abg. Öllinger: Bis zu welcher?) Darüber reden wir, und ich komme gleich dazu.

Aber es hat eine Studie des Joanneum Research Instituts in Graz auch anhand vieler Beispiele aufgezeigt, dass unser Sozialsystem, unser Transfersystem in vielen Be­reichen überschießende Verteilungswirkung hat, sodass in vielen Fällen Leistende, die über ihre Arbeitsleistung ihr Auskommen finanzieren, sich nahezu dumm vorkom­men müssen. Das Beispiel ist schon genannt worden: doppeltes Einkommen und unter dem Strich nahezu gleiches Nettoeinkommen unter Einbeziehung der Transferleistungen. Da stimmt etwas nicht.

Wir alle bekennen uns in diesem Land, denke ich, mit mehr oder weniger Überzeu­gung – wir mit großer Überzeugung – zum einzig funktionierenden gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Modell: zur sozialen Marktwirtschaft. Und dieses Modell lebt davon, dass Leistungsorientierung auf der einen Seite und Solidarität auf der anderen Seite in Balance gehalten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt aber, meine Damen und Herren, wir müssen gleichberechtigt und gleich­zeitig über Verteilungsgerechtigkeit (Abg. Öllinger: Ja!) und über Leistungsgerech­tigkeit diskutieren. Das eine nicht ohne das andere. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wenn wir diese Diskussion führen wollen, dann brauchen wir eine seriöse Grundlage dafür. (Abg. Öllinger: Eine seriöse Chance!) Nur reflexartig zu sagen: Mit einem Transferkonto, mit der Sichtbarmachung der Transferleistungen könnte man Negatives tun – Herr Kollege Cap, Sie gehen sogar einen Schritt weiter, Sie unterstellen uns sogar schon, dass wir die Absicht hätten, das zu tun –, das ist ein sehr einfacher, um es nicht anders auszudrücken, Reflex, weil man sich offenbar davor fürchtet, eine Grundsatzdebatte zu führen. Nichts anderes wollen wir. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und dafür braucht man eine seriöse Grundlage.

Ich zitiere noch einmal Guger vom WIFO – beileibe nicht jemand, der der Christ­demo­kratie besonders nahesteht –, der gesagt hat:

Ein Transferkonto „würde transparenter machen, was jeder bekomme – wie beim Leistungsnachweis der Krankenkassen“. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das heißt, Herr Bundeskanzler: Wovor fürchten Sie sich? – Vor Transparenz als Grund­lage für eine seriöse Diskussion?


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Es war immer die SPÖ, die über Verteilungsgerechtigkeit geredet hat. Ja, reden wir über Verteilungsgerechtigkeit! Aber Gerechtigkeit verlangt Transparenz, sonst wissen wir ja nicht, wovon wir reden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.) Das verlangt Kenntnis von Fakten. Und ein Transferkonto ist ein geeignetes Instrument, um diese Fakten zu schaffen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Und ein Wort zum Abschluss, eine Bemerkung an die Damen und Herren vom BZÖ. Sie wollen sein wie die deutsche FDP – habe ich gehört, habe ich gelesen. Parteichef Westerwelle hat vor Jahren einmal einen Spaßwahlkampf geführt. Er ist dann drauf­gekommen, dass das keinen großen Erfolg bringt, weil die Menschen von der Politik Ernsthaftigkeit und Seriosität wollen und nicht Spaßveranstaltungen. Nur, was Sie mit diesem Antrag hier bezwecken, kommt eher offenbar aus dieser Spaßgesinnung, die ich ja manchmal bei einigen von Ihnen höre, nämlich eine Woche nachdem ein Vor­schlag auf den Tisch gekommen ist, die Regierung zu beauftragen, das umzusetzen. Das ist unseriös!

Die ÖVP hat einen Vorschlag gemacht. Gott sei Dank wird darüber sehr intensiv diskutiert. Die SPÖ und die Grünen sind reflexartig dagegen, das WIFO ist interes­santerweise dafür. Aber wenn Sie jetzt gekommen wären, liebe Freunde, und gesagt hätten: Machen wir beispielsweise eine mehrtägige Enquete darüber!, dann hätten wir sofort zugestimmt. Aber jetzt zu sagen, wir beschließen das sofort, das ist so etwas von unseriös, dass es fast nicht wert ist, darüber zu reden.

Reden sollten wir über Verteilungsgerechtigkeit, über Leistungsgerechtigkeit, über Ge­rech­tigkeit generell. Dafür wäre ein Transferkonto ein geeignetes Instrument. Also reden wir über dieses Transferkonto! Denn wenn sich Leistung, meine Damen und Herren, noch einmal gesagt, nicht lohnt, dann ist der Sozialstaat in Gefahr. (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

15.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. 7 Minuten. – Bitte.

 


15.54.22

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Re­gie­rungsbank! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interes­sant: Da wird nur das Wort „Transferkonto“ in den Mund genommen, und alles redet von Sozialabbau und nur von Sozialleistungen. Die Herren und Damen von der Sozial­demokratie müssen ja furchtbare Angst haben, wenn man dieses Thema anspricht. Offensichtlich läuft so vieles falsch in diesem Land, dass Sie furchtbare Angst davor haben, dass man Daten transparent macht.

Jetzt sage ich Ihnen etwas: Die EU hat sich selbst eine verpflichtende Darstellung aller Förderungen im Agrarbereich und auch im Fischereibereich sowie von Umwelt­förde­rungen auferlegt. Diese sind täglich online zugänglich auf einer Transparent-Daten­bank. Und ich sage Ihnen, es spricht überhaupt nichts dagegen, Daten transparent zu machen, im Gegenteil, es wäre sogar wichtig ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Sie können sich dann zu Wort melden, wenn Sie etwas dazu zu sagen haben! Jetzt wäre es vernünftiger, Sie würden zuhören! Dann werden Sie sehen, dass ein Trans­ferkonto sich nicht nur auf Sozialleistungen bezieht, sondern generell alle Förderungen in diesem Land einmal beleuchten soll und transparent darstellen soll. Es geht nicht nur um Sozialleistungen.

Herr Bundeskanzler, Sie müssen wirklich furchtbare Angst haben davor, dass man Sozialleistungen transparent macht, wenn Sie jetzt im Zuge dieser Diskussion auch


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gleichzeitig von einem Sozialabbau sprechen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeord­neten des BZÖ.)

Wenn Sie von Gerechtigkeit sprechen, Herr Bundeskanzler, dann, so meine ich, wäre es Ihre Verpflichtung, diese Daten transparent zu machen. Und wenn Sie Angst haben, dass sich das mit einer Verwaltungsreform nicht vereinbaren lässt, dann frage ich mich, mit welchen EDV-Systemen Sie arbeiten, denn Transferzahlungen erfolgen tagtäglich zu Tausenden. Und wenn Sie diese transparent machen wollen, dann genügt ein Druck auf Ihrem EDV-System, sonst fragen Sie Ihren EDV-Koordinator, und der wird Ihnen sagen, dass das überhaupt keine zusätzliche Belastung für eine Ver­waltung darstellen wird. – So einfach ist das Ganze! (Abg. Strache: Das kann der Kanzler nicht wissen! Der war nie in der Privatwirtschaft!)

Jetzt sage ich Ihnen, was transparent noch heißt. Transparenz führt dazu, dass natürlich ein bestimmter Personenkreis Zugang zu Daten hat und man dann, wenn man nichts zu verbergen hat – und das ist bei Ihnen offensichtlich nicht der Fall –, ganz offen darüber diskutieren kann.

Ich sage Ihnen nur ein Beispiel. Die Agrarzahlungen in Vorarlberg wurden öffentlich zugänglich gemacht, und siehe da, der größte Förderungsnehmer beziehungsweise ‑bezieher war die Firma Rauch in Vorarlberg. Ein großer Aufschrei unter den Bauern. Aber wenn man es richtig erklärt, dann war das überhaupt kein Grund für eine Aufregung.

Die Firma Rauch verwendet zur Herstellung ihrer Fruchtsäfte heimischen Zucker, und dafür gibt es Förderungen. Also ist das überhaupt nichts Böses, man hat das trans­parent dargestellt. Im Gegenteil, man könnte sagen, die Firma Rauch ist interessiert daran, österreichischen Zucker und damit die österreichische Industrie zu unter­stützen. – So einfach ist das. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Und so geht das bei allen anderen Transferzahlungen eben auch.

Ich weiß nicht, ob ich den Herrn Bucher richtig verstanden habe, aber ich beziehe dieses Transferkonto auf alle Förderungen, die in diesem Land gewährt werden, und zwar nicht nur Staatsförderungen, sondern auch Landesförderungen und in weiterer Folge EU-Förderungen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Und dann würde ich mir das schon anschauen, ob da nicht mehr Gerechtigkeit auch im wirtschaftlichen Bereich zu erwarten wäre. Dann würde nämlich aufhören, dass die ÖVP permanent Lobbying für die Großindustrie betreibt, wenn man nämlich offenlegen würde, was sogenannte Leitbetriebe in Österreich laut Definition der ÖVP wirklich an Förderungen bekommen. Wie schaut es aus mit Förderungen für staatsnahe Betriebe, wo die Regierung direkt Einfluss hat und direkt auch Einfluss ausübt mit ihrem Proporz­system, das sie ja nach wie vor vehement betreibt? Wissen Sie, das würde Trans­parenz bringen und das würde viel mehr Gerechtigkeit bringen, als Sie jetzt befürchten, dass dadurch untergehen kann. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.) Lieb gewonnene Begehrlichkeiten wären damit natürlich auch aus der Welt geschafft.

Wenn Sie so Angst haben, dass dadurch Sozialabbau betrieben werden könnte, dann sage ich Ihnen noch einmal, dass Sie einfach furchtbare Angst davor haben, dass man Zahlen transparent macht, wo Sie Erklärungsbedarf hätten und der Bevölkerung bei­bringen müssten, warum Wenigverdiener unter dem Strich wesentlich mehr an Förde­rungen und Transferzahlungen bekommen als zum Beispiel die Mittelschicht oder der Mittelstand oder was auch immer.

Herr Klubobmann Kopf, ich gebe Ihnen recht. Wenn es sich in diesem Staate nicht mehr lohnt, fleißig zu sein, mehr zu tun als der Durchschnittsbürger, und sich das dann unter dem Strich nicht rechnet, dann haben Sie völlig recht, wenn Sie meinen, dass


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unser Sozialstaat in Gefahr ist, und zwar in höchster Gefahr. Wir wissen ja jetzt schon, dass 2,7 Millionen Österreicher keine Steuern zahlen, weil sie eben so wenig Ein­kommen haben und nicht noch dazu verdonnert werden können, zusätzlich zu den Sozialabgaben Steuern zu zahlen, weil sie sonst ihre Familien nicht mehr ernähren könnten.

Im Sinne der Gerechtigkeit sage ich Ihnen eines: Das Transferkonto wird von uns unter­stützt, aber dann in allen Bereichen, sei es in der Wirtschaft, sei es bei staats­nahen Betrieben, sei es bei jenen Betrieben, wo die SPÖ und die ÖVP direkt Einfluss üben bei der Besetzung von Posten (Beifall bei FPÖ und BZÖ), und all diesen Dingen mehr. Und dann schaffen Sie es auch, dass Gerechtigkeit in diesem Land herrscht. Und dann werden Sie auch feststellen, dass speziell im wirtschaftlichen Bereich die Kleinbetriebe massiv an Ungerechtigkeit leiden gegenüber der Großindustrie, wofür Sie seit Jahrzehnten Lobbying betreiben. Und das muss aufhören! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

16.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.00.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also bis jetzt war die Debatte schon sehr interessant. (Abg. Bucher: Eine gute Dringliche! Die gestern von euch war zum Vergessen!) Die einen sagen, wir wollen etwas, aber wir sagen nicht, was wir wollen, und wir sprechen auch nicht darüber, was wir wollen. Das betrifft vor allem ÖVP und BZÖ. Tut mir leid.

Man kann natürlich einen Dringlichen Antrag auch zur Kummernummer machen, wo man sich über alles beschwert – auch möglich. Aber mit dem eigentlichen Thema, nämlich Sozialtransferkonto, Herr Klubobmann Bucher, haben Sie sich nicht beschäf­tigt und auseinandergesetzt. Soll so sein.

Ich habe ohnehin den Verdacht, dass das Sozialtransferkonto, so wie es uns vorge­stellt wurde (Abg. Dr. Stummvoll: Transferkonto heißt das! Nicht Sozialtransfer­konto!) – ich werde auch versuchen, das zu begründen –, nicht nur eine Nullnummer oder eine Luftnummer oder eine Luftgolatschen ist, sondern auch einen Zweck hat, nämlich nicht die Debatte über soziale Gerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit, oder was auch immer Sie an Begriffen verwendet haben, zu führen, sondern eine Sozial­schmarot­zerdebatte in Österreich zu eröffnen. Und ich werde auch versuchen, Herr Abgeordneter Kopf, Ihnen das zu begründen. (Abg. Weinzinger: Das ist ja in Ord­nung!)

Ich kann Ihnen sagen, wir wissen, was wir in dem Zusammenhang wollen. Ja, Herr Abgeordneter Themessl, mit dem, was Sie gesagt haben, könnte ich schon etwas anfangen. Wenn Transparenz, dann in allen Bereichen! Dann wollen wir die vollkom­mene Einkommens-, Vermögenstransparenz (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ), dann wollen wir die Sozialtransparenz, dann wollen wir alles veröffentlicht haben. Reiner Tisch!

Nur, ich bin mittlerweile ein gelernter Österreicher. Und ich kann mich gut erinnern: Als wir von den Abgeordneten hier im Haus versucht haben zu verlangen, dass alle Ein­kommen, auch die Nebeneinkommen – ohne Sozialeinkommen, ohne Sozialtransfers –, veröffentlicht werden, da war es sehr still bei der ÖVP. Das wollen Sie nämlich nicht! (Abg. Kopf: Wir reden nicht von Veröffentlichung, Herr Kollege!) Ich komme dazu. Ich sage Ihnen, was wir wollen.


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Wir wollen die Öffentlichkeit, wir wollen die Transparenz! Sie wollen keine Trans­parenz, das ist mir schon klar. Sie wollen gar nichts. Sie wollen nur eine schlimme Debatte initiieren. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt sage ich Ihnen, was wir noch wollen. Wir wollen nicht nur Transparenz, was Einkommen, Vermögen, Subventionen, Sozialtransfers betrifft – über all das kann man mit uns reden, nur: es wird nicht kommen, denn es wird an Ihnen scheitern, das ist mir schon klar –, wir wollen auch einen etwas gerechteren Sozialstaat.

Natürlich – und das betrifft alle hier in diesem Haus – gehen unsere Vorstellungen von Sozialstaat oder von Gerechtigkeit auseinander. Eines aber sollte doch gemeinsamer Konsens sein – und den haben Sie mit dieser Debatte in Frage gestellt, und das ist das, was ich Ihnen vorwerfe –: Es sollten im Sozialstaat diejenigen mehr erhalten, die wenig oder kein Einkommen haben. Es sollten im Sozialstaat diejenigen mehr erhalten, die mehr Kinder zu versorgen haben, als diejenigen, die keine Kinder zu versorgen haben. Ganz einfache Prinzipien! Da brauchen wir ... (Abg. Kopf: Was habe ich gesagt? Ich habe mich dazu bekannt!)

Herr Abgeordneter Kopf, ich komme auf die Beispiele, und ich komme auch auf die berüchtigte Claque-Schrift von Prettenthaler und Co., ich komme darauf zu sprechen, was da drinnen steht. Da steht nämlich etwas anderes drinnen, als Sie in Ihrer Rede gesagt haben.

Herr Abgeordneter Kopf, Sie haben gesprochen von sozialer Gerechtigkeit, Vertei­lungs­gerechtigkeit, und Sie haben auch den Begriff „Leistungsgerechtigkeit“ verwen­det. Im Duden steht dazu gar nichts drinnen. Auf Wikipedia findet man zu dem Begriff „Leistungsgerechtigkeit“ folgende Erklärung, die ich gerne hier in die Debatte einführen würde: „Das Einkommen einer Person“ muss „der Marktleistung für andere ent­sprechen“. – Das kann ich voll unterstreichen: Das Einkommen einer Person soll der Marktleistung für andere entsprechen, also dem, was man für andere herstellt. Da soll es keine Differenz geben. (Abg. Dr. Stummvoll: Das Nettoeinkommen!)

Da würde ich doch vorschlagen, dass man den Herrn Meischberger sozusagen als Beispiel dafür heranzieht, wo das Einkommen einer Person offensichtlich nicht einer Marktleistung entspricht. Reden wir doch über die echten Schweinereien, die in diesem Land passieren, was das Einkommen betrifft! (Abg. Kickl: Was hat die Sauerei mit Meischberger mit anderen Sauereien zu tun?) Und das spielt sich nicht in einer Kategorie ab, wo es um 1 000 € oder 1 500 € geht.

Soziale Gerechtigkeit kann unterschiedlich ausschauen. Wir haben bestimmte Vor­stellungen. Ich bin nicht der Überzeugung, dass alles das, was dieser Sozialstaat leis­tet – und er leistet durchaus einiges –, in allen Punkten sozial gerecht ist. Darüber könnten Sie mit uns diskutieren.

Aber jetzt komme ich zur Studie: Was sagt die Studie aus? Sie sagt etwas völlig anderes aus – und da komme ich auf das zu sprechen, was Sie in der „ZiB2“ gesagt haben: Sie vergleicht nicht Personen, die keine Arbeit haben, mit Personen, die Arbeit haben, sondern sie vergleicht Familien, die Arbeit haben, mit unterschiedlichen Ein­kommen. Und sie sagt, dass die Familie mit zwei Kindern mit 950 € brutto im Monat durch Sozialtransfers ein Einkommen in der Höhe von 2 800 € erzielt – auf zwölf Monate gerechnet, nicht auf 14 Monate.

Finden Sie das falsch? Oder finden Sie das richtig? – Beantworten Sie mir die Frage!

Ich sage Ihnen einen Anhaltspunkt dazu: Der Armutsschwellenwert für eine Familie mit zwei Kindern wäre 2 000 €, auf zwölf Monate gerechnet. Wenn es in Zukunft, wenn das beschlossen wird, was Sie ja noch immer nicht wollen, eine Mindestsicherung gibt,


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dann würde diese Familie ohne Erwerbseinkommen zirka 1 500 € erhalten müssen. Vier Personen, zwölf Monate.

Im Beispiel von der Simulationsstudie wird angenommen, dass diese Familie von Graz nach Leibnitz mit dem Auto fährt, um dort zu arbeiten für 475 € brutto pro Person – unabhängig davon, wie realistisch das ist, dass Mann und Frau dasselbe Einkommen laut Studie erhalten, nämlich in der Höhe von 475 € brutto, auf zwölf Monate ge­rechnet. Auf 14 Monate gerechnet heißt das 340, 350 € netto. Netto!

Diese Familie erhält 2 800 €. Ist das zu viel? Ist das zu wenig? Also ich würde sagen, das ist eigentlich kein Beleg dafür, dass diese Familie ein inadäquates, ein unge­rechtes Einkommen erhält, dass sie zu viel erhält, sondern das ist eigentlich der Beleg dafür, dass diese Familie entsprechend ihrer familiären Situation, entsprechend auch ihrem Einkommen ein Einkommen erhält, mit dem man über die Runden kommen kann.

Wissen Sie, was noch in der Studie steht und worüber sich die Studienautoren bekla­gen? Dass ein Alleinstehender mit 2 700 € brutto nur 60 Prozent netto erhält. Stimmen Sie dieser Schlussfolgerung der Studienautoren zu, dass das zu viel an Steuern ist? – Ich stimme ihr nicht zu. Ich sage, natürlich, ein Alleinstehender wird wohl nicht Sozialtransfers erhalten. Die Studienautoren regen sich aber darüber auf, dass er zu viel an Steuern und Abgaben zahlen muss. Stimmen Sie mit dem überein? Ich hoffe, nicht. Genau da bin ich bei den Fragen, wenn man das gelesen hat, wo man hinsollte. Da wollen Sie aber nicht hin! (Abg. Kopf: Das können wir alles diskutieren!)

Ich sage Ihnen noch eines zu diesem Sozialtransferkonto (Abg. Dr. Stummvoll: Trans­ferkonto!), weil Ihr Generalsekretär das angesprochen hat. Jetzt ist mir klar, dieses Sozialtransferkonto soll ja gar nicht öffentlich sein. Es sollen die Betroffenen bezie­hungsweise der Finanzminister wissen. Der Generalsekretär Kaltenegger wird gefragt, da ja Sozialtransfers oft haushaltsbezogen ermittelt und auch ausbezahlt werden: Wo sollen denn die Sozialtransfers beispielsweise für die Ehepartnerin, beispielsweise für die Kinder angerechnet werden? Und da sagt Ihr Generalsekretär, der eigentlich eine Vorstellung davon haben sollte, wie das funktioniert: Was die Kinder bekommen, muss man irgendwie auf die Eltern aufteilen, so beide mit den Kindern zusammenleben.

Spannend: irgendwie aufteilen! – Das ist die Transparenz, die Sie sich bei einem Sozialtransferkonto vorstellen? Irgendwie muss man das halt aufteilen? – Da steckt überhaupt keine Vorstellung dahinter, wie ein Sozialtransferkonto wirklich funktionieren könnte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie haben keine Ahnung davon, was die Sozialtransfers betrifft. Sie wollen eine billige Polemik in Öster­reich inszenieren, und dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eigentlich das Thema zu schade.

Natürlich wären wir dabei, wenn man sich die Frage stellen würde, wenn man es so annimmt, wie Sie es tun, Herr Klubobmann Kopf: Es gibt möglicherweise zwischen den Sozialleistungen von Bund, Ländern und Gemeinden gewisse Abstimmungsprobleme. Nehmen wir das einmal an!

Wie löst man dieses Problem? Indem man ein Transferkonto macht, wo der Betroffene und der Finanzminister wissen, was er an Sozialleistungen erhalten hat?

Wie löst man das Problem? – Indem man Bund, Länder und Gemeinden dazu ver­pflichtet, gemeinsam an der Lösung dieses Problems zu arbeiten. – Aber ganz sicher nicht über ein Sozialtransferkonto, mit dem eine Sozialneiddebatte inszeniert wird und wo es nicht um echte Lösungsvorschläge geht. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

16.10



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 165

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten nicht übersteigen soll. – Bitte.

 


16.10.48

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kollegen! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Wer immer im privaten oder im geschäftlichen Leben steht, wird, wenn er vernünftig und seriös agiert, niemals Ziele fassen oder Strategien umsetzen, ohne vorher eine Analyse vorzunehmen.

Wenn Sie sich die Situation im Sozial- und im Einkommensbereich anschauen, dann haben Sie sehr wohl eine Steuer- und Abgabenquote, Sie haben auch eine Sozial­quote, aber Sie haben keine Zusammenführung der beiden Bereiche. Das heißt, Sie sehen nicht, was die Auswirkungen der beiden Systeme insgesamt erbringen.

Daher, Herr Kollege Öllinger, verstehe ich nicht, wenn Sie uns jetzt unterstellen, nur weil wir diese Angelegenheit diskutiert haben wollen, das einzige Ziel wäre eine pole­mische Auseinandersetzung oder wäre eine Kürzung der Sozialleistungen. Ich weiß nicht, warum Sie die ganze Angelegenheit so verkürzt diskutieren wollen. (Abg. Öllinger: Weil es drinnen steht in der Studie!) Wir diskutieren auch nicht eine Studie, Herr Kollege, sondern wir diskutieren die Idee eines Transferkontos!

Kollege Cap hat angesprochen, was an Sozialleistungen, Familienbeihilfen und so weiter geleistet wird; das wissen wir. Wir wissen aber nicht, was die einzelnen Länder, was die Gebietskrankenkassen und Gemeinden, aber auch andere Einrichtungen dort und da noch dazuzahlen. Darüber hat kein Mensch mehr einen Überblick.

Daher, meine Damen und Herren: Es geht nicht nur darum, Solidarität zu üben und Leistungsbereitschaft zu zeigen und umzusetzen, sondern es ist auch ein Recht, Geleistetes zu hinterfragen. Und nichts anderes tut man mit diesem Vorschlag! (Abg. Öllinger: Alles offenlegen! Alles offenlegen! Auch das Vermögen!)

Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, es geht um die öffentliche Hand, und Sie wollen die Leistungen, die die öffentliche Hand gibt, hinterfragen. – Ja, die öffentliche Hand ist nichts anderes als der Steuerzahler, und der Steuerzahler hat ein Recht, dass seine Leistungen, die er gibt, auch bilanziert und hinterfragt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, meine Damen und Herren, ist eigentlich die Grundlage einer seriösen Debatte.

Der Herr Bundeskanzler hat auch etwas Zweites angesprochen. Er hat gesagt, es geht letzten Endes nicht darum, dass wir irgendwo kürzen, sondern es geht am Ende des Tages darum, dass wir in Bildungsfragen, in Qualifikationsfragen, in Sozialfragen mehr Geld in das System stecken.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Auf Basis welcher Weichenstellung soll denn diese Mittelverwendung erfolgen, wenn das System, was die Leistungsgerechtigkeit anbelangt, nicht funktioniert? Wenn man sich nicht einmal diese Frage stellt, dann werden sämtliche weiteren Erhöhungen diese falsche Weichenstellung nur weiter verschärfen.

Daher: Was wir wollen, ist nichts anderes, als über die Wirkungen und Auswirkungen aller Leistungen eine Information zu haben. Diese Information kann mit einem derar­tigen Transferkonto durchaus seriös erstellt werden.

Wenn Sie sich immer fragen, was am Ende des Tages sein kann, dann frage ich Sie: Beginnen Sie den Tag mit dem Ende des Tages oder beginnen Sie ihn am Anfang?


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Und am Anfang und in der Mitte sollten wir uns fragen: Was tun wir mit den Leistungen, was bewirken wir mit den Leistungen?

Ich glaube, da kann man durchaus anknüpfen an das, was Sie gesagt haben, Herr Öllinger. Wenn jemand feststellt, da gibt es ein Wirrwarr, da gibt es Unübersicht­lichkeiten, da gibt es auch hohe Administrations- und Systemkosten, dann liegt es doch auf der Hand, dass man die Betroffenen zur Debatte einlädt. Wer soll eingeladen werden? Wenn Sie ein Konto haben wollen, wo Sie alles sehen können, dann kann es nur so sein, dass die Gebietskörperschaften, die Länder zu diesen Gesprächen einge­laden werden, denn letzten Endes muss es bei einer Umsetzung eine 15a-Ver­einbarung oder etwas Ähnliches geben. Warum sollten sich die Länder diesen Ge­sprächen verweigern? Es geht ja nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen, sondern es geht darum, mehr Systemsteuerung, mehr Effizienz im System insgesamt zu haben.

Die Vorgangsweise, auch was die Technik anbelangt, meine Damen und Herren, ist eine recht einfache, und da würde ich auch darum bitten, dass wir hier Gleiches mit Gleichem vergleichen.

Wenn Kollege Hundstorfer in der „Pressestunde“ angesprochen hat – heute ist es schon erwähnt worden –, es besteht die Gefahr, dass damit die Anonymität verletzt wird, dann möchte ich Sie darauf hinweisen, niemand sieht diese Gefahr, wenn es um Förderungen im Bauernbereich geht, niemand sieht die Gefahr, wenn es um Förderungen für Gewerbetreibende geht.

Wir wollen aber auch gar nicht diese Transparenz, weil sie nur eine Neiddebatte aus­löst, sondern was wir wollen, das ist das Verfügen des Einzelnen über eine Einsicht­nahmemöglichkeit und auf ganz wenige Stellen konzentriert auch die Systemsteue­rungsmöglichkeit. Und da, meine Damen und Herren, glaube ich, dass das für den Einzelnen auch kein Nachteil wäre, und ich sage Ihnen auch, warum.

Schauen Sie einmal genau, wer mit welchem System wie umgeht! Wir haben im Bereich der Arbeitslosen eine relativ niedrige Arbeitslosenunterstützung. Aber was tut der Könner? Der hat längst alles in Bewegung gesetzt: Wohnbeihilfe, Telefon­gebüh­renbefreiung, Fernsehgebührenbefreiung und vieles mehr, und er kommt damit auf ein relativ gutes Einkommen. Derjenige aber, der kein Systemkenner ist, kann das nicht in dieser Art und Weise handhaben.

Wenn Sie jetzt ein ganz normales Konto haben, wo jeder die Einsichtmöglichkeit hat, wird der Betreffende informiert – genauso wie über die Leistungen, die er im Gebiets­krankenkassenbereich bezieht. Damit bekommt er Kostenbewusstsein, aber er be­kommt auch eine Übersicht über Fristen, er kriegt auch die Möglichkeit, das System für sich zu nutzen – allerdings auf einer unterschiedlichen Basis, und diese Basis garantiert eine entsprechende Objektivität. (Abg. Mag. Kogler: Das geht ja nach hinten los! Da suchen ja noch mehr an! – Abg. Dr. Moser: Das weckt Begehrlichkeiten!)

Daher: Wenn wir in einem Bereich die Diskussion nicht vermeiden konnten und auch geführt haben, sehe ich auch nicht die Notwendigkeit, im anderen Bereich nicht darüber zu diskutieren, weil nur eine objektive, seriöse Grundlage tatsächlich auch Handlungsspielraum ergibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, sehen Sie diese Thematik daher völlig emotionslos! Das wäre vielleicht auch Gelegenheit für die weitere Debatte, denn Sie brauchen nicht zu glauben, dass das ein künstlich hochgefahrenes Thema ist. Schauen Sie einmal, wie die Rückmeldungen der Bürger sind, schauen Sie in Ihre Mails! Das ist ein richtiges Thema! Und es ist mehrfach, auch vom Kollegen Kopf, schon angesprochen worden: Es hat niemand Verständnis, wenn er mit doppeltem Einkommen eigentlich viel weni-


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ger erreicht als jemand, der die Hälfte verdient und mit Transferleistungen mehr hat. Es ist die Berechtigung für diese Systematik zu hinterfragen: Ist das richtig oder falsch? (Abg. Öllinger: Meinen Sie Politiker mit Mehrverdienern? – Abg. Rädler – in Richtung des Abg. Öllinger –: Sie sind ein Kommunist! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich komme schon zum Schluss. – Was wir brauchen, ist eine relativ emotionslose Diskussion in unserem Rahmen. Ich hoffe, dass auch der Koalitionspartner bereit ist, diese Diskussion zu führen. Wenn er sie nicht führt, wird sie eben von der Basis geführt werden.

Meine Damen und Herren, wir reden so oft über Gerechtigkeit. (Abg. Mag. Kogler: Wo wird das verbucht, was die Landeshauptleute so verteilen?) Sie reden über Gerechtig­keit, Herr Kogler, Herr Öllinger, der Herr Bundeskanzler, jeder, aber, meine Damen und Herren, Gerechtigkeit ist keine Frage der Ideologie, Gerechtigkeit setzt auch Objek­tivität, setzt auch Transparenz, setzt Information voraus. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher: Transferkonto – ja, muss diskutiert, muss weiterentwickelt werden; aber Debat­ten­verweigerung – nein, danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Transparenz!)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.18.59

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Wir sehen jetzt das Dilemma: Die eine Partei hat ein Transferkonto auf den Tisch gelegt, und keiner hat eigentlich gewusst, wohin die Reise geht. Der Koalitionspartner, der die Mehrheit in dieser Bundesregierung stellt, sagt: Das ist ein Neidkonto, damit will die ÖVP über die Hintertür nur wieder die Familienbesteuerung einführen.

Für eine Familienbesteuerung sind auch wir nicht zu haben, und dafür wird es, glaube ich, in diesem Hause auch keine Mehrheit geben. Wir sind nämlich sehr für die Individualbesteuerung. Das ist einmal das eine.

Was aber die Transferleistungen insgesamt in Österreich betrifft, so ist Transparenz die Grundlage für das Vertrauen, und so soll es auch sein. (Beifall beim BZÖ.)

Bei den Transferleistungen – dem kann ich einiges abgewinnen – gehört alles auf den Tisch; das haben wir heute schon gehört. Herr Bundesminister Mitterlehner, Ihr Wort in Gottes Ohr: Alle Sozialleistungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden müssen wir auf den Tisch legen und uns einen Überblick darüber verschaffen!

Wir brauchen einen Überblick über unterschiedliche Zahlungen aus öffentlichen Gel­dern, über EU-Förderungen, über Bundes- und Landesförderungen, über die Wirt­schaftsförderung an Großunternehmen, über staatliche Subventionen an Staatsbe­triebe, Industriebetriebe, kleine Gewerbebetriebe.

Das soll man alles offenlegen, Herr Klubobmann Cap. Ich weiß nicht, wieso Sie sich so dagegen wehren, dass man alle Förderungen offenlegt. Dann sehen wir wenigstens, wohin das Geld fließt, und dann wissen alle Leute darüber Bescheid. Aber Sie wollen halt unter der Tuchent weiter mauscheln, ein bissel verstecken, ein bissel da hingeben, ein bissel dort hingeben, und niemand weiß so recht Bescheid. – So geht es aber ganz einfach nicht! Transparenz ist in diesem Bereich angesagt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Das gilt für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft genauso, Herr Kollege Matznetter, inklusive der EU-Förderungen, der Katastrophenhilfe, sämtlicher Stützun-


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gen und Förderungen, die es in diesem Bereich gibt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Ja, ich kenne das System, Herr Kollege, es ist halt so.

Wenn man das offenlegt und jeder nachlesen kann, wie das ist – das ist so ähnlich wie bei der Sozialversicherung, wo man für die Leistungen, die man in Anspruch genom­men hat, die Kosten aufgelistet bekommt –, dann schafft man damit Kostenbewusst­sein, und das finde ich gut.

Herr Sozialminister! Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist in Wahrheit nichts anderes als die Zusammenführung unterschiedlicher Sozialleistungen in einem Be­reich, damit man einen Überblick hat über die unterschiedlichen Transfers der Länder und Gemeinden, um zu sehen, was dort ausbezahlt wird. Die Mindestsicherung ist im Prinzip nichts anderes als eine Bündelung von Leistungen in einem größeren Ausmaß. Dazu sagen wir: Wenn, dann für alle! Für Selbständige genauso wie für Unselb­ständige. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben in Österreich momentan eine soziale Schieflage: Auf der einen Seite werden Aktien und Stiftungen wenig besteuert, auf der anderen Seite ist unser Steuersystem hauptsächlich auf die Arbeitskraft abgestellt. Da sage ich: Die Arbeitskraft muss in Zukunft entsteuert werden, um das Problem zu lösen, dass jemand mit einem geringen Einkommen oft nicht viel weniger herauskriegt als jemand, der ein großes Einkommen hat.

Zur Prettenthaler-Studie möchte ich sagen: Studien sind so, wie man sie liest. Ich halte nicht viel davon, weil darin das eine mit dem anderen vermischt wird. Es gibt kaum ein Familieneinkommen, wo zwei Einkommen brutto nur 980 € ausmachen. Das macht mich stutzig. Aber dadurch wurde auf jeden Fall bewirkt, dass der eine oder andere Missstand aufgezeigt wurde.

Eines ist unumgänglich – und da appelliere ich an diese Bundesregierung, weniger zu streiten und mehr miteinander zu arbeiten –: die Durchführung einer Verwaltungs- und Bundesstaatsreform. Das hat heute auch schon unser Klubobmann gesagt: Diese Reform ist unumgänglich! (Beifall beim BZÖ.)

Wir müssen die Zweigleisigkeit der Verwaltung von Bund und Ländern endlich beseitigen, ob es die Landesschulräte, die Bezirksschulräte, die Bezirkshauptmann­schaften und so weiter sind. Wir haben heute dreimal so viele Gemeinden in Österreich wie Postämter. Da muss man auch einmal prüfen, ob das noch zeitgemäß ist. Wir haben Bezirksgerichte, die zur Zeit Maria Theresias eingeführt worden sind, wo man die Entfernung so gewählt hat, dass jemand mit einem Ochsengespann in einer Tagesreise hin und zurück gekommen ist. So ist es! Und das besteht heute noch. Das gehört endlich einmal verändert.

Die Mehrleistung wird in Österreich bestraft anstatt belohnt. Wir brauchen mehr Leistungsgerechtigkeit! Leistung muss sich lohnen.

Zur Armutsbekämpfung, die wir heute auch schon einmal diskutiert haben, möchte ich sagen: Arbeit und Einkommen, das ist die beste Armutsbekämpfung!

Noch einmal: Wir brauchen mehr Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit in Österreich. Dafür müssen wir sorgen. Und um das zu erreichen, ist eine Verwaltungs- und Bun­desstaatsreform unumgänglich. (Beifall beim BZÖ.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Csörgits gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 6 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 169

16.24.18

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Herren von der Bundesregierung! Ich habe die Diskussion hier mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, und was mir ganz besonders haften geblieben ist, waren die Aussage des Herrn Klubobmanns Bucher, der gemeint hat, es sei alles so undurchsichtig, man könne nichts nachvollziehen, und die Ausführungen des Herrn Bundesministers Mitterlehner, der gemeint hat, es fehle der Überblick über die Leistungen, die in den Bundesländern im Zusammenhang mit Sozialtransferleistungen vorhanden sind.

Ich hätte da für diese beiden Herren einen Buchtipp, und zwar herausgegeben von der Arbeiterkammer (Rufe beim BZÖ: Na geh!), im ÖGB-Verlag erschienen, mit dem Titel: „Sozialstaat Österreich. Sozialleistungen im Überblick“. Hier (das erwähnte Buch vorweisend) kann man sich sehr gut von A bis Z, nämlich vom AlleinerzieherInnen-Absetzbetrag bis zum Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, einmal anschauen, welche Leistungen sowohl auf Bundesebene als auch in den einzelnen Bundesländern ausbezahlt werden. Ich meine, das wäre eine gute Investition. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann mir nicht ganz vorstellen, dass der Grund für diesen Antrag einzig und allein der ist, hier Licht ins Dunkel zu bringen. Mich beschleicht eher das Unbehagen, dass hier vielmehr Einsparungen angedacht sind. Und da sollte man sich wirklich vor Augen halten, wie auch die schon öfters zitierte WIFO-Studie festgestellt hat, dass es bei diesen Transferleistungen zu einer Umverteilung kommt, nämlich von den höheren Ein­kommen zu den niedrigeren, und dass diese Umverteilung hauptsächlich aus Staats­ausgaben erfolgt und Steuern und Abgaben kaum umverteilende Wirkung haben.

Wenn man versucht, hier zu sparen, und nicht das Bewusstsein im Hinterkopf hat, dass diese Sozialleistungen zu einer Umverteilung von oben nach unten führen, dann bedeutet das, dass das genau den gegenteiligen Effekt hat, nämlich dass es dann wieder zu einer Verteilung zu den besseren Einkommen kommt. Und glauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, eine Umverteilung von den Armen zu den Reichen kommt für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht in Frage! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir eine Verteilungsdiskussion führen, dann muss sie fair geführt werden und dann darf man nicht auf dem rechten Auge blind sein, dann gehört es ebenso dazu, dass man sich anschaut: Wie schaut es aus mit der Besteuerung von Vermögen, von Einkommenszuwächsen und so weiter? Das darf man auch nicht außer Acht lassen!

Noch einmal: Eine Umverteilung von jenen Menschen, die diese Leistungen besonders brauchen, zu den Besserverdienenden ist mit uns nicht zu machen!

Es ist, glaube ich, vom Herrn Klubobmann Kopf gesagt worden, dass es zu einer Ver­rin­gerung der Einkommensunterschiede im Zusammenhang mit treffsicheren Sozial­leis­tungen kommt. Nun muss man aber auch ganz deutlich sagen, dass wir in der Situation sind, dass es zu einer steigenden Ungleichheit zwischen den Bruttolöhnen und den Einkommen gekommen ist, und das hat mehrere Gründe. Ein Grund sind konjunkturelle Schwierigkeiten, ein anderer Grund ist, dass wir in Österreich, so wie in vielen anderen Ländern auch, eine sehr starke Zunahme von Teilzeitbeschäftigung, von atypisch Beschäftigten haben, dass es einen Globalisierungsdruck gibt und dass es zu einer Verschiebung von der Arbeit zum Kapital kommt. Und da greift der Staat ein – Gott sei Dank! – und gleicht das aus.

Diese Sozialleistungen sind Familienleistungen, und bei diesen Familienleistungen werden die unteren Einkommensschichten ganz besonders bevorzugt. Die Leistungen im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes und die Leistungen, die im ersten Lebensjahr des Kindes ausbezahlt werden, kommen ganz genau jenen Familien zugute, die dieses Geld brauchen, die wenig Einkommen haben.


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Auch die Leistungen im Bildungsbereich, die Ausgaben für Bildung sind ganz ent­scheidend, weil damit sichergestellt ist, dass Kinder aus jenen Familien, die nicht so betucht sind, gleichen Zugang zur Bildung haben. Viele, die Bildungsleistungen kon­sumiert haben, haben es so geschafft, von der unteren Einkommensschicht zur mittleren Einkommensschicht mit höheren Einkommen zu gelangen.

Sehr geschätzte Damen und Herren, etwas, was mir auch noch sehr am Herzen liegt, ist, da eine frauenspezifische Sicht hereinzubringen. Es ist zu Beginn dieser Diskus­sion davon gesprochen worden, dass solch ein Transferkonto für Familien eingerichtet werden soll. Das kann meiner Meinung nach der erste Schritt in Richtung Familien­besteuerung sein. Und das, sehr geschätzte Damen und Herren, lehnen wir ab, denn das führt dazu, dass Frauen wieder nur als Dazuverdienerinnen betrachtet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir von der SPÖ wollen, dass Frauen ein Einkommen haben, mit dem sie auch ein Auslangen finden. Das ist die beste Garantie, damit sie nicht im Alter der Armut preisgegeben werden.

Sozialleistungen, sehr geschätzte Damen und Herren, sind kein Luxus, sie sind aber auch kein Almosen. Mit Sozialleistungen sichern wir Existenzen und Chancen für Menschen. Sie sind aber letztlich auch ein ganz, ganz wichtiger Wachstumsmotor. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl zu Wort. Die Uhr stelle ich wunschgemäß auf 4 Minuten. – Bitte.

 


16.30.24

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch in der heutigen Debatte wird von den Gegnern des Transferkontos immer wieder vorgebracht, dass es unklar sei, worin der Mehrwert eines Transferkontos liege. – Diese Auffassung beruht entweder auf einer Unkenntnis des österreichischen Sozial- und Steuersystems oder auf einer Realitätsverweigerung oder schlimmstenfalls auf beidem.

Es sprechen nämlich sehr gute Gründe für die Einführung eines Transferkontos. Einer dieser Gründe wurde heute schon mehrmals erwähnt und heißt Transparenz. Es soll sowohl für die zuständigen Stellen als auch für die Leistungsbezieher selbst Trans­parenz darüber geschaffen werden, welche Transferleistungen in welcher Höhe in Anspruch genommen werden. Das bedeutet aber keineswegs, dass diese Daten auch öffentlich gemacht werden müssen. Ein solches Transferkonto führt somit keineswegs zur immer wieder angeführten Neiddebatte, sondern einfach zu mehr Transparenz (Rufe bei der SPÖ: Für wen?) für die zuständigen Stellen und für die Leistungs­emp­fänger. (Neuerliche anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, einfach so zu tun, als wäre Transparenz etwas Vernachlässigenswertes, ist schlichtweg fahrlässig und auch scheinheilig (Beifall bei der ÖVP) – scheinheilig nämlich deshalb, weil an anderer Stelle Transparenz sehr wohl begrüßt wird.

Ein sehr gutes Beispiel für bereits gelebte Transparenz ist die Informationspflicht im Bereich der Krankenversicherung. Die Krankenversicherungsträger müssen die Ver­sicher­ten über die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen informieren. Bitte, haben Sie da eine Neiddebatte vernommen, als diese Informationspflicht eingeführt wurde? Hat die Einführung dieser Informationspflicht zu einem Auseinanderdividieren der Solidargemeinschaft in der Krankenversicherung geführt? Hat diese Einführung der Informationspflicht zu einer Verkürzung der Gesundheitsleistungen geführt? – All diese Fragen sind mit einem klaren Nein zu beantworten.


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Ein weiterer Vorteil, den das Transferkonto hat, liegt darin, dass es kontraproduktive Schwellenphänomene aufzeigt. Für viele Erwerbstätige lohnt sich die Leistung nicht mehr, weil Sozialtransfers plötzlich wegfallen, die Steuerprogression aber voll zu­schlägt. Arbeit muss sich aber lohnen; das ist heute bereits mehrmals gesagt worden. Wenn Arbeit sich nicht mehr lohnt, dann besteht dringender Handlungsbedarf. Ich halte es daher für eine vordringliche Aufgabe, Leistungen nicht negativ zu besetzen, sondern vielmehr Leistungsanreize zu schaffen.

Klubobmann Bucher hat ja bereits angesprochen, dass wir ein leistungsförderndes Steuersystem brauchen. Wir brauchen aber auch ein leistungsförderndes Sozial­system. Leider gibt es in unserem Sozialsystem eine ganze Reihe von Leistungs­hem­mern. Dazu zählt zum Beispiel das sogenannte Alles-oder-Nichts-Prinzip. Das heißt, dass eine Sozialleistung zur Gänze wegfällt, wenn man nur einen Cent über einer bestimmten Einkommensgrenze verdient. Im Bereich der Sozialversicherung ist das in der Regel die Geringfügigkeitsgrenze. Wenn man nur einen Cent darüber verdient, fällt die gesamte Leistung weg. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Denken Sie zum Beispiel an einen Arbeitslosengeldbezieher, der 1 000 € Arbeitslosen­geld bezieht, eine Teilzeitbeschäftigung in Höhe von 500 € angeboten bekommt, und wenn er diese Tätigkeit annimmt, verliert er 1 000 €. Das heißt, für den Betroffenen bedeutet 500 € verdienen, 1 000 € an Sozialleistung zu verlieren. Ist das ein positiver Leistungsanreiz? Meines Erachtens nicht! Solche negativen Anreize müssen wir suchen und müssen wir beseitigen.

Ein Transferkonto ist auch deshalb zu begrüßen, weil es die Möglichkeit eröffnet, Trans­ferleistungen, die von verschiedenen Stellen auf Bundes-, Landes- und Gemein­deebene geleistet werden, zu koordinieren. Damit kann man auch die Treffsicherheit erhöhen.

Es wurde auch vom Bundeskanzler angesprochen, dass die Ärmsten der Armen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht die Rechnung der Krise zahlen sollen. Das wollen wir auch nicht! Was wir wollen, ist, dass diejenigen, die die Leistungen brauchen, diese Leistungen auch bekommen, weil sie mit mehr Treffsicherheit aus­gestattet sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend kann man ganz klar sagen, was die Vorteile des Transferkontos sind, nämlich: ein Mehr an Transparenz, ein Beseitigen der Leistungshemmnisse und eine stärkere Treffsicherheit der Leistungen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.) All das sind Vorteile, zu denen man nicht von vornherein nur Nein sagen sollte, sondern die man sehr wohl auch diskutieren sollte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kickl zu Wort. 7 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.35.28

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Im Unterschied zu so manchen, die hier schon zu Wort gekommen sind, bin ich sehr, sehr froh darüber, dass wir heute die Gelegenheit haben, in einer ersten Initialzündung einmal über ein Thema zu reden, über das wir wahrscheinlich schon seit Längerem hätten reden sollen.

Ich möchte es nicht ganz verkürzen auf eine Steuerdebatte, so wie das aus den Reihen des BZÖ gekommen ist, sondern ich glaube schon, dass es notwendig ist – und wir sehen das zumindest aus freiheitlicher Sicht so –, dass wir bei der ganzen Diskussion, die wir permanent hier herinnen führen, wo es um verschiedene Mittel geht, je nachdem, an welcher Schraube man herumdreht, um irgendetwas zu verän-


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dern, nicht ganz die Kommunikation und die Verbindung zwischen Mittel und Zweck verlieren. Insofern bin ich sehr, sehr froh, dass wir wieder einmal eine Debatte führen, wo es in Richtung Gerechtigkeit geht und wo wir uns mit diesem Begriff wieder auseinandersetzen, denn neben der Sicherheit und der nationalen Identität ist der Begriff der Gerechtigkeit etwas, was für uns Freiheitliche im Zentrum der politischen Überlegungen stehen soll. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube auch nicht, dass man hier Denkverbote und Entwicklungsverbote aus­sprechen sollte, wie der Herr Cap das hier getan hat. Ich glaube, er hält sich für die Reinkarnation von Gottfried Leibniz in Österreich-Abwandlung, wo er meint, dieses Österreich im gegenwärtigen Zustand sei das beste aller möglichen. Das ist ein großer Irrtum, und das erlebt jeder, der mit offenen Augen und Ohren durch diese Welt geht. Da gibt es einiges zu verbessern. Ich glaube, da ist man ganz schlecht beraten, wenn man versucht, den gegenwärtigen Zustand einzuzementieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir von Gerechtigkeit reden – und ich glaube, da sehen wir uns in einem Boot mit dem Großteil der österreichischen Bevölkerung –, dann reden wir natürlich von Verteilungsgerechtigkeit, die auf der anderen Seite auch Belastungsgerechtigkeit sein muss. Wir reden von Steuergerechtigkeit, und wir reden natürlich auch von sozialer Gerechtigkeit, aber wir reden natürlich auch von Leis­tungsgerechtigkeit. Und wenn man es auf den Punkt bringen will, dann geht es eigent­lich um nichts anderes als um eine gerechte Verteilung von Lasten und Pflichten innerhalb einer Gesellschaft, die sich als Gemeinsamkeit oder als Gemeinschaft definiert. Es darf doch nicht verboten sein, über diese Dinge nachzudenken.

Meine Damen und Herren, da verstehe ich es schon überhaupt nicht, dass man insbesondere vonseiten der SPÖ in den letzten Tagen, seitdem dieses Thema hier aufs Tapet gekommen ist, ein derartiges Gegackere aufführt, wie Sie es machen. Wenn man weiß, dass das Geld hinten und vorne knapp ist – und das zieht sich wie ein rot-schwarzer Faden durch alle Debattenbeiträge über alle Tage, die wir hier herinnen stehen in dieser Gesetzgebungsperiode, aber auch schon in der letzten im Übrigen, und damals haben wir mit der Krise noch gar nichts am Hut gehabt; da ist schon viel eigener Mist dabei, den Sie uns eingebrockt haben –, wenn man also weiß, dass das Geld besonders knapp ist, wenn man weiß, dass die Schulden explodieren – ich weiß nicht, wir haben heute am Vormittag ausführlich darüber diskutiert, dass wir da vor einem Haufen stehen, den man im Grunde genommen eigentlich gar nicht mehr in den Griff kriegen kann; also auch hier hapert es hinten und vorne –, wenn man weiß, dass die sozialen Sicherungssysteme schon beinahe zusammenbrechen – und ich nenne jetzt nur den Bereich der Krankenkassen, wo jetzt Millionen und Abermillionen zugeschossen worden sind, aber nicht, um etwas zu sanieren und auf den richtigen Weg zu bringen, sondern nur, um einmal den Zusammenbruch und das Schlimmste zu verhindern –, und wenn man weiß, dass es bei der Wiener Gebietskrankenkasse im nächsten Frühjahr schon wieder ordentlich „stauben“ wird – Sie können dann dreimal raten, warum wahrscheinlich Wien am ehesten davon betroffen sein wird; ich werde es Ihnen dann auch sagen, wenn Sie selber nicht draufkommen –, wenn man also sieht, dass die sozialen Sicherungssysteme nicht nur wackeln, sondern schon schwer am Taumeln sind, dann kann man sich doch einer solchen Debatte allen Ernstes, noch dazu als Regierungspartei, nicht wirklich verschließen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Allerlustigste dabei ist dann der Beitrag des Herrn Sozialministers – das muss man auch sagen – mit diesem Unfug. Ich nenne es bewusst „Unfug“, auch wenn mir das jetzt einen Ordnungsruf einbringt. Seit Tagen und Wochen rennt er nämlich herum und erzählt den Österreichern das Märchen, dass wir Zuwanderung brauchen, um die sozialen Systeme in Österreich abzusichern. – Das ist der größte Blödsinn, der seit Langem von dieser Regierungsbank aus verkündet worden ist! Ich sage Ihnen: Hören


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Sie auf, der Bevölkerung dieses Märchen einzureden! (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Ich würde einmal gerne wissen, woher Sie das haben. Denn: Ihr Vorgänger, der Herr Buchinger, hat noch ganz anders argumentiert. Als wir uns nämlich gefragt haben: Wie schaut es denn überhaupt aus mit der Kostenwahrheit im gesamten Bereich der Zuwanderung?, da hat er gesagt: Da haben wir ja überhaupt keine Zahlen, da kennen wir uns nicht aus!, nach dem Motto: Da einmal hineinzuschauen, wäre doch der größte Akt der Unmenschlichkeit, den man überhaupt aufführen kann.

Interessanterweise verfügt der neue Herr Sozialminister, seines Zeichens ehemaliger ÖGB-Präsident, offensichtlich sehr wohl über diese Informationen – oder er hat auch eine Studie irgendwo in Auftrag gegeben, möglicherweise in seinem eigenen Hinter­kammerl, mit der er jetzt seit ein paar Tagen hausieren geht und die Österreicher für dumm verkaufen will.

Meine Damen und Herren (Abg. Silhavy: Die Qualität Ihres Beitrages steigt auch nicht mit der Länge!), es kann schon sein, dass Sie sich vielleicht daran stoßen, dass der Begriff jener des „Transferkontos“ ist. Das mag ja sein. Sie haben ja mit Ihrer Politik auch dazu beigetragen, dass der Begriff „Konto“ bei den meisten Österreichern tatsächlich negativ besetzt ist, weil bei den meisten vorne schon ein dickes Minus steht. Ihre Belastungspolitik, Ihre ungerechte Politik hat dazu einen entsprechenden Beitrag geleistet! (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Es gibt aber auch andere Beispiele. Der Herr ist heute nicht da – Sie haben es ja auch sonst so mit Transparenz, und wenn man vom Soll zum Haben gehen will, könnte man es vielleicht den „Habenzettel“ nennen, in Anlehnung an Herrn Haberzettl, der ein System der eisernen Transparenz zumindest in den ÖBB, was Kranken­standsauf­zeichnungen betroffen hat, mitgetragen hat. Da haben Sie also gar nichts gegen Trans­parenz gehabt, und das macht mich ein bisschen stutzig.

Sie argumentieren es von der EU bis herunter auf die letzte Ebene, gestützt auf Brüs­seler Entscheidungen, dass Sie das ganze System mittragen und für Transparenz sind. Sie gehen überall her und wollen alles und jedes evaluieren, was noch nicht einmal niet- und nagelfest ist. Manche behaupten, dass die ganze Aktivität von neuen Bundes­ministern überhaupt in erster Linie darin besteht, Dinge zu evaluieren, von denen wir ohnehin schon lange wissen, wie der Sachverhalt tatsächlich abläuft. In dem Bereich aber wollen Sie es interessanterweise überhaupt nicht! Deswegen glaube ich, dass Sie überhaupt kein Interesse daran haben, dass gerade im Sozialbereich die Fakten endlich einmal auf den Tisch kommen, obwohl genau dieser Bereich – wir sagen aber nicht ausschließlich, sondern ergänzend zu allen anderen – derjenige Bereich sein müsste, in den man wirklich einmal ordentlich hineinleuchtet. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines ist schon klar, und so verstehe ich auch den heutigen Antrag nicht als Lösung der ganzen Angelegenheit, sondern als Initialzündung, als weiteren Impuls, um auch eine Debatte in Richtung Verwaltungsreform, in Richtung gerechtes Steuersystem überhaupt einmal weiterzuführen, die ja schon wieder im Begriff ist, abzusterben, wenn ich den heutigen Ausführungen des Herrn Finanzministers folge, der noch vor ein paar Tagen in einem anderen Ambiente recht mutig ausgeholt hat. (Abg. Öllinger: Ich kenne mich nicht aus bei der FPÖ, wenn Sie ...!) Heute war er schon mit einem Fuß auf dem Gas und mit dem anderen auf der Bremse, und bald werden wir nur noch auf der Bremse sein.

Wir sollten diese Debatte weiterführen, weil es, glaube ich, nur im Besitz eines ordent­lichen Befundes überhaupt notwendig und sinnvoll ist, eine entsprechende Therapie für die Sicherung dieser Systeme herzustellen. Dafür, dass es hinten und vorne nicht zusammenpasst, war ja der beste Beitrag der des Herrn Cap; er hat gesagt, es kennt


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sich kein Mensch aus, man weiß nicht, was man wo hineinrechnen soll, keiner weiß, woher etwas kommt, und so weiter. – Da muss es doch Ihr oberstes Interesse sein, Klarheit in diesem Bereich zu schaffen, damit wir alle hier herinnen überhaupt einmal gemeinsam wissen, wovon wir reden! (Abg. Öllinger: Ja, aber Sie auch!)

Das ist genau der Punkt: Wenn man sich hierher stellt, insbesondere Rot/Grün, und von der Verteidigung eines Sozialstaates redet, dann muss man sich doch einmal die Frage stellen: Kommt denn die soziale Unterstützung überhaupt, und zu welchem Pro­zent­satz, bei denjenigen an, die sie brauchen? – Ich weiß, dass Sie diese Frage nicht gerne hören, aber diese Frage muss gestellt werden, na selbstverständlich! Ist es tatsächlich so effizient, dass lauter schwarze und rote kleine Funktionäre mit lauter kleinen Förderungsgießkannen, von der Bundesebene bis hinunter in die letzte Gemeinde, herumrennen und dort ein System der Freunderlwirtschaft aufrechterhalten, das ihnen vielleicht bei der einen oder anderen Wahl persönlich nützt, aber insgesamt der Volkswirtschaft einen schweren Schaden bringt?! (Beifall bei der FPÖ.)

Ist es nicht sinnvoll, überhaupt einmal darüber nachzudenken, ob dieses Sozialsystem in der Art und Weise, wie es aufgebläht ist und wie es existiert, sich nicht schon lange selbst gegen seine eigene Intention richtet? – Das wäre doch einmal etwas nach vorne Gewandtes, statt immer so zu tun, dass sich ja nichts ändern darf und alles, was nachgedacht wird, ein Anschlag auf die soziale Gerechtigkeit in diesem Land ist. So ist es nämlich nicht!

Ich bringe Ihnen nur ein Beispiel. In Deutschland wird ja eine ähnliche Debatte geführt, und wenn man sich anschaut – ich glaube, das kann man ohne Weiteres überlegen –, dass dort für den Bereich des Einkommens und für den Bereich der Sozialförderungen 49 verschiedene Stellen zuständig sind und man dort darüber redet, ob es nicht sinnvoll wäre, das zusammenzufassen, dann wäre es, so sage ich Ihnen, auch bei uns höchst an der Zeit, sich mit diesen Dingen einmal ernsthaft auseinanderzusetzen! Aber wir wissen ja, warum Sie es nicht wollen, und darauf gehe ich noch ganz kurz ein.

Sie regen sich deshalb darüber auf, weil da – wahrscheinlich unter der Federführung des Bundeskanzlers mit seinem Beitragstäter, möchte ich in diesem Fall sagen, dem Herrn Sozialminister – zurzeit die größte Vertuschungs-, Unterdrückungs- und Be­schwin­delungsaktion der heimischen Bevölkerung läuft! Das ist genau der Punkt, um den es Ihnen geht, und deshalb wollen Sie dieses Konto im Sozialbereich nicht haben, weil man dann nämlich schwarz auf weiß das hätte, was die Widerlegung der Thesen des Herrn Sozialministers ist, und das, was jeder Österreicher mit Hausverstand weiß, dass nämlich die Zuwanderung etwas ist, was sich nie und nimmer rechnet! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie können doch nicht hergehen und jemandem erklären, dass Familienerhalter – so schaut es eben meistens aus, und jetzt zitiere ich eine Studie, das ist nicht die vom Joanneum Research –, die meistens sehr, sehr schlecht qualifiziert sind, was zur Folge hat, dass sie sehr, sehr schlecht verdienen, was zur Folge hat, dass wenige Beiträge geleistet werden, was zur Folge hat, dass sie meistens wahrscheinlich überhaupt steuerfrei sind oder allenfalls sehr, sehr wenig Steuer zahlen, und die gleichzeitig ein gigantisches System der Mitversicherung aufrechterhalten, wobei die Arbeitslosigkeit den dreifachen Wert jener von Österreichern hat, dass das unterm Strich ein System ergibt, das sich für die Österreicher rechnet! Da sage ich, ich habe dieses Konto lieber heute als morgen, damit Sie endlich einmal sehen, dass Sie diesen Pallawatsch wahr­scheinlich nicht einmal mehr dem eigenen Parteivorstand erzählen können. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Ich komme schon zum Schluss, Sie können sich wieder beruhigen.


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Es geht in dieser Frage um einen ganz, ganz wesentlichen Punkt: Es geht um den Punkt der Gerechtigkeit! Bei der Gerechtigkeit kann man nicht lange herumtun. Ge­rechtigkeit kann man nicht verschieben, denn wenn man Gerechtigkeit verschiebt, dann verhindert man sie. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wir wollen nicht die Verhinderer sein, sondern wir wollen sie umsetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz zu Wort. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.45.49

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Zuschauer! Ich glaube, wir brauchen jetzt alle ein bisschen Zeit, um uns von diesem Redeschwall zu erholen. Es ist nicht viel bei mir hängen geblieben, außer: Ausländer sind böse! – Aber gut, atmen wir einmal kurz durch! (Abg. Neubauer: Das ist aber auch eine intellektuelle Fragestellung!)

Das Thema ist das Sozialtransferkonto, das das BZÖ beantragt hat. Was ist ein Sozialtransferkonto? – Eigentlich müssen wir alle zugeben: Wir wissen es nicht! Es ist eine einzige große Seifenblase. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wir schon! Sie wissen es nicht!) Es ist schwarz auf weiß nichts da. Jeder ÖVP-Politiker, der sich dazu zu Wort meldet, gibt uns einen weiteren Happen, je nachdem, wie es gerade passt. Und das BZÖ interpretiert in diesem Dringlichen Antrag sowieso alles, was irgendwie in seinem Programm steht, in dieses Thema hinein. Fakt ist, es ist völlig unseriös, was da debattiert wird. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nichtsdestoweniger muss man diese Happen, die da kommen, irgendwie aufgreifen und schauen: Was ist da das Thema? – Hängen geblieben ist bei mir immer wieder: Wir brauchen mehr Leistungsgerechtigkeit. Schon wieder so eine Luftblase: „Leis­tungsgerechtigkeit“; ein PR-Begriff: „Leistungsgerechtigkeit“! Ich würde jetzt einmal gerne wissen, wie die ÖVP Leistung definiert, und noch spannender: Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang Gerechtigkeit? Wie machen Sie das? (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen wir es uns an. (Abg. Hörl: Diese Rede ist anders!) Wie bewerten Sie die Leistung, sagen wir, einer Abwäscherin in einem Großrestaurant, die bis spät in die Nacht große Kochtöpfe in Laugenwasser schrubbt und große Körbe mit schmutzigem Geschirr herumschleppt? Wie bewerten Sie das in Bezug auf Leistungsgerechtigkeit? (Abg. Hörl: 1 100 € netto! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Oder schauen wir weiter: Ein PR-Berater, sagen wir, ein regierungsnaher PR-Berater verdient ungefähr doppelt so viel am Tag wie diese Abwäscherin im Monat, für Tele­fonate und Besprechungen. Schauen wir uns die Leistungsgerechtigkeit an! Was diesem PR-Berater dann noch übrig bleibt, die paar Tausender, die kann er durch Aktienspekulationen vermehren. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Wie bewerten Sie diese Leistung? Das Leistungseinkommen, wie bewerten Sie das? (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Hans Rauscher hat im „Standard“ am 21. Oktober im Rahmen dieser Sozialtransferdebatte etwas Interessantes geschrieben:

„Worüber aber niemand redet, ist die Frage, warum überhaupt in einem hochent­wickel­ten Land so viele ein so geringes Einkommen erreichen, dass praktisch die eine Hälfte die andere in diesem Ausmaß alimentieren muss.“

Ja, genau, kann ich nur sagen, denn das ist doch die Frage! Wenn wir von gerechter Verteilung sprechen, wenn wir über Leistungsgerechtigkeit sprechen, meine Damen


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und Herren, dann schauen wir, bitte, auf die Grundlagen und auf die Ausgangs­situ­ation, auf die Primärverteilung.

Ein paar Eindrücke dazu: Das Medianeinkommen liegt in Österreich bei 1 311 € netto; das heißt, 50 Prozent aller Österreicher verdienen weniger als 1 311 €. Ein weiteres Highlight: Die untersten 20 Prozent der Einkommen haben einen Anteil von 7,2 Prozent am Gesamt-Einkommensvolumen, wohingegen die obersten 20 Prozent einen Anteil von 40,7 Prozent haben – eine extrem enorme Kluft! Das geht auch noch weiter aus­einander, meine Damen und Herren, diese Kluft geht auseinander. Ja, lassen Sie uns von Einkommensgerechtigkeit sprechen! Lassen Sie uns davon sprechen, dass fast 400 000 Menschen in diesem Land, obwohl sie arbeiten, obwohl sie einen Job haben, ein Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle haben.

Die Sozialpartner bekommen dieses Problem offensichtlich nicht in den Griff, weil die Situation nach wie vor so ist, also muss die Politik eingreifen. Es gibt dazu gesetzliche Möglichkeiten. Es gibt die Möglichkeit, Mindestlöhne gesetzlich zu definieren. Es gibt die Möglichkeit, Arbeitszeitgesetzregelungen zu verändern, und vieles andere mehr.

Meine Damen und Herren, der erste Schritt, den man tun muss, ist, bei den Primär­einkommen anzusetzen. 65 Prozent aller armutsgefährdeten Menschen in Österreich haben einen Job, sie arbeiten! Dann schauen wir uns das Steuer- und Abgabensystem an, und dann kommen wir zu den Transferleistungen. Aber das, was jetzt irgendwie im Raum steht, ist ein Husch-Pfusch, das ist eine Seifenblase. Vor allem ist das Ziel nicht klar. Es ist offen, aber eigentlich wissen wir es: Es geht natürlich um eine Reduktion der Sozialtransferleistungen!

Sagen Sie uns nicht, es geht um Transparenz. Sagen Sie uns das doch nicht! Heute in der Fragestunde hat mein Kollege Kogler den Herrn Finanzminister eindeutig gefragt: Und wie schaut es aus? Planen Sie Kürzungen bei den Sozialausgaben? – Haben Sie genau hingehört? Ich habe sehr genau hingehört. Der Herr Finanzminister hat gesagt: Das steht nicht auf der Agenda – kurze Pause –, nicht ganz oben! Also, was ist dann mit dem Transfer, und was ist mit dem Zweck in dieser Sache?

Meine Damen und Herren, wir sind für Transparenz, wir sind für Transparenz in allen Einkommensbereichen. Aber wir sind auch für existenzsichernde Mindestlöhne, für eine gerechtere Verteilung bei den Einkommen, insgesamt für grüne Leistungs­gerechtigkeit. Das wäre nämlich der Punkt: Wir wollen eine existenzsichernde Grund­sicherung. Für all das braucht man a priori nicht ein Transferkonto, sondern einfach den politischen Anspruch, dass Armut in Österreich keinen Platz haben darf! (Beifall bei den Grünen.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Linder gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.52.26

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Kollegin Schatz, Fleiß oder Nicht-Fleiß unterscheidet sich für mich nicht danach, ob ich Abwäscher oder irgendwo Manager bin. Es unterscheidet sich für mich insofern, ob ich arbeiten will oder nicht arbeiten will. Hier haben wir, glaube ich, Handlungsbedarf. (Beifall beim BZÖ.) Wenn es dann noch so ist, dass 65 Prozent der Menschen, die arbeiten, armutsgefährdet sind, so ist gerade deshalb das Transferkonto gerecht und notwendig.

Wir diskutieren heute über das Kinderbetreuungsgeld. Bei den Kindergärten haben wir über die Kosten pro Platz diskutiert, darüber, ob diese gerechtfertigt sind. Wir disku-


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tieren noch über das Pflegegeld, wir werden noch über die Integrationsbeihilfe dis­kutieren, wir werden über den Mindestlohn diskutieren, liebe Kollegen, und eigentlich alles im Blindflug, ohne etwas vergleichen zu können! Ich glaube, das allein zeigt schon, wie wichtig es ist, dass wir ein Transferkonto bekommen. (Abg. Dr. Cap deutet in Richtung Regierungsbank.)

Haben Sie Probleme, Herr Abgeordneter? Haben Sie Schwierigkeiten, Herr Kollege? Wollen Sie zum Doktor gehen, wenn Sie zittern? Zum Doktor gehen, wenn Sie Prob­leme haben? – Probleme haben, zum Doktor gehen, wenn Sie Schwierigkeiten haben! (Beifall beim BZÖ.)

Gerade deshalb ist es, glaube ich, wichtig, dass wir ein Transferkonto einrichten, damit wir Vergleichbarkeit haben und damit wir wissen, wer welche Leistungen bekommt. Der Bund, die Länder, die Gemeinden – von allen Seiten wird gefördert und ausbezahlt, ohne zu wissen, wer wem wie viel gibt. Wir brauchen hier Klarheit, und zwar Klarheit, um auch diesen Titel „Sozialschmarotzer“ einzugrenzen, denn ich glaube, dass er sehr oft ungerechtfertigt verwendet wird. Deshalb meine ich, wir brauchen ein Trans­ferkonto, um Vergleichbarkeit zu haben. Leistung und Fleiß müssen sich lohnen, und diejenigen, die Sozialtransfer brauchen, sollen ihn bekommen. (Abg. Mag. Kogler: Ja, eh! Aber wer ist denn das?)

Herr Bundeskanzler, eine Verwaltungsvereinfachung erwarte ich mir von diesem Konto sehr wohl, denn viele von uns wissen, wie oft man einen Einkommensnachweis brin­gen muss, wie oft man Einkommensteuerbescheide abliefern muss, nur um nachzu­weisen, dass irgendeine Leistung gerechtfertigt ist und man sie bekommen kann. Allein heute haben wir wieder gehört, dass bei der Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes die Überprüfung rund 12 Millionen € kosten wird. Das wäre meiner Ansicht nach viel, viel einfacher, wenn es ein Konto gäbe, auf dem man nachschauen kann, wer wie viel bekommt, und sich die Frage beantworten lässt: Stehen ihm weitere Leistungen zu? (Beifall beim BZÖ.)

Steuergerechtigkeit sehe ich absolut nur mit unserem Thema Flat-Tax gegeben. Wir wollen das Transferkonto für Gerechtigkeit, nicht aber, um Sozialabbau zu betreiben, nicht aber, um den Neid zu schüren. Wir wollen es auch nicht zur Veröffentlichung, so wie es große Teile der SPÖ damals gefordert und mit Freude genossen haben, als das AMA-Transferkonto beziehungsweise das AMA-Transparenzkonto gekommen ist. Wir wollen diese Prostitution nicht haben. Wir wollen einfach ein vergleichbares Konto haben, damit wir Leistungen vergleichen und noch gerechter und sozial fairer ausschütten können. (Beifall beim BZÖ.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ganz kurz eine Information für alle, die es betrifft: Die Besprechung der Vorsitzenden der parlamen­ta­rischen Gruppen findet nicht jetzt um 17 Uhr, sondern im Anschluss an die Abstim­mung statt.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Katzian zu Wort. – Bitte.

 


16.56.05

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mit­glieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich habe zuerst geglaubt, als Kollege Kickl von Gerechtigkeit gesprochen hat, dass das ein guter Einstieg ist und wir vielleicht einen gemeinsamen Weg in der einen oder anderen Frage finden können. (Abg. Kickl: Jetzt bin ich mir sicher!) Was mich ein bisschen enttäuscht hat, ist, dass Ihnen das Wort „soziale Gerechtigkeit“ nicht über die Lippen gekommen ist.


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Ich möchte sagen, bei der Gerechtigkeit ist es so wie bei vielen anderen Begriffen, bei vielen Begriffen, die heute hier diskutiert werden. (Abg. Kickl: Sie sind ein Sach­verständiger, oder?) Die Frage ist: Wer entscheidet, was gerecht ist? Was ist über­haupt Gerechtigkeit? – Ich meine, hier bestimmt der Standort den Standpunkt. Ich kann Ihnen nur sagen, für uns von der Sozialdemokratie heißt Gerechtigkeit soziale Gerech­tigkeit, und das heißt für uns, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – die­jenigen, die besser verdienen, und vor allem diejenigen, die nicht so gut verdienen – nicht unter die Räder kommen! Das verstehen wir unter Gerechtigkeit, und dafür kämpfen wir. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Verstehen wir auch darunter! Und deshalb muss man schauen, dass es so bleibt!)

Wir haben heute dankenswerterweise auch zur Kenntnis bekommen – und die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer werden das ad notam nehmen –, wie der Kurswechsel im BZÖ in Richtung einer wirtschaftsliberalen Partei ausschaut. Das haben wir heute sehr deutlich gehört an den Aussagen, die Herr Klubobmann Bucher hier getroffen hat. (Abg. Neubauer: Warum kümmern Sie sich um eine andere Partei? Kümmern Sie sich um die eigene!) Da kann ich nur sagen, viel haben sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier nicht zu erwarten. Das ist zumindest für mich sehr deutlich geworden.

Meine Damen und Herren, nun zum Transferkonto: Rufen wir uns vielleicht kurz in Erin­nerung, wie die ganze Debatte, die jetzt läuft, zustande gekommen ist! Der Finanzminister hält eine Rede, er beschäftigt sich mit den Auswirkungen und mit der Finanzierung der Krise, und im Zuge dieser Rede taucht die Frage des Transferkontos auf. Es ist aus meiner Sicht kein Zufall, dass im Zusammenhang mit der Diskussion über die Konsolidierung des Staatshaushaltes, über die Finanzierung der Kosten der Krise, eigentlich eine Sozialdebatte losgetreten wurde, die ganz gut in das Bild darüber passt, wie diese ganze Diskussion läuft. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin der Meinung, wir sollten nicht um den heißen Brei herumreden und nicht so tun, als wüssten wir nicht alle Bescheid, worum es geht. (Abg. Neubauer: Das tut ihr!) Das ganze Gerede über das Transferkonto, mit dem Fokus auf den Sozialtransfers, dient doch nur einem einzigen Zweck, nämlich dem, eine Kürzung von Sozialleistungen vorzubereiten! (Abg. Kickl: Blödsinn!) Hier wird Neid gesät, hier wird Missgunst gesät, hier werden Begriffe wie „Faulbett“ und „Hängematte“ hineingeworfen. (Abg. Kickl: Nein! Falsch!) Mit all dem wollen Sie in Wirklichkeit die Sparpakete von morgen vor­bereiten. Das gibt es mit uns nicht, und dem muss man ein klares Nein entgegen­halten! (Beifall bei der SPÖ.) Nennen Sie es doch gleich Sozialabbaukonto! Dann wissen nämlich alle, wie sie dran sind. (Ruf bei der ÖVP: Transparenzkonto!) – Ja, Trans­parenzkonto.

Ich bin sehr dafür, dass wir das ehrlich diskutieren. Die Ehrlichkeit haben wir heute auch gesehen: Sie wollen die Gesellschaft in Leistungsträger und Nicht-Leistungs­träger auseinanderdividieren, in solche, wie Sie behaupten, die arbeiten wollen und die nicht arbeiten wollen. Sie schüren damit den Neid zwischen Arbeitnehmern und den ganz Armen, nur damit ja niemand auf die Idee kommt, sich das Geld dort zu holen, wo es wirklich ist: bei den Grassers, bei den Meischbergers (Abg. Kickl: Dort auch!), bei jenen, bei denen die große Kohle ist und die immer außen vor gelassen werden. Diese Diskussion, meine Damen und Herren, müssen wir führen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollen mit dieser Diskussion davon ablenken, dass wir ein massives Verteilungs­problem in Österreich haben, dass nämlich 10 Prozent der Bevölkerung 70 Prozent der Vermögen besitzen, und das völlig steuerfrei, dass die Reichen es sich richten können, während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Einkommen 60 Prozent des Gesamtsteueraufkommens bezahlen. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)


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Sie wollen davon ablenken, dass sich die Verteilung des Volkseinkommens seit den siebziger Jahren zu Lasten des Faktors Arbeit verschoben hat. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Sie wollen von dem Thema ablenken, um das es wirklich geht: Es geht um die Verteilungsungerechtigkeit in diesem Land. Sie wollen davon ablenken, dass diejenigen, die die Krise verursacht haben, bisher völlig ungeschoren geblieben sind und dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits jetzt mit Einkommens­einbußen und mit Arbeitslosigkeit ihren Beitrag geleistet haben. (Abg. Bucher: Sie stellen den Bundeskanzler! Er sitzt hinter Ihnen!)

Sie wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Zeche für die Krise bezahlen, die sie nicht verursacht haben! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Bucher.) Das wird mit uns nicht machbar sein! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage ist: Warum wollen Sie gerade die Sozialleistungen für die Ärmsten in unserer Gesellschaft, für die VerliererInnen der Krise unbedingt offenlegen? Fordern Sie doch die Offenlegung aller Unternehmensförderungen! (Abg. Kickl: Auch!) Fordern Sie die Offenlegung der Subventionen im Agrarbereich! Schauen wir uns die Boni und Sonderdividenden, die bereits wieder an die Manager und Eigentümer ausbezahlt werden, an! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Oder noch besser: Fordern Sie die Transparenz doch bei den Tätern der Krise und nicht bei den Opfern! Fordern Sie, dass die Banken, die Millionenbeträge an Staatshilfe bekommen haben, offenlegen, wie viele Steuern sie mittels Steueroasen hinterzogen haben! (Abg. Kickl: Genau!) Fordern Sie Transparenz bei den Gehältern von Männern und Frauen! All das könnten Sie verlangen! (Abg. Bucher: Ist das ein Antrag?)

Sie versuchen, deutlich zu machen, dass aus Ihrer Sicht Sozialleistungen Almosen sind. – Das ist aber nicht der Fall! Sozialleistungen und soziale Transfers sind ein wichtiger Kitt in dieser Gesellschaft, und wir dürfen nicht zulassen, dass durch solche Aktivitäten und Aussagen, wie Sie sie setzen, diese soziale Gesellschaft in Frage gestellt wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Da sind wir nicht dabei, und ich glaube, Sie haben sich heute selbst ins Knie geschossen, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

17.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


17.02.27

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Fürchtet euch nicht! Bei uns im Innviertel würde man sagen: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum diese Aufregung? Das, was Kollege Katzian gerade hier abgeliefert hat, bestärkt uns eigentlich bei diesem Thema Trans­ferkonto, und ich weise das für die Volkspartei entschieden zurück!

Ich weise diese Unterstellungen und diesen Klassenkampf zurück, der hier zwischen den Berufsgruppen betrieben wird. Das hat mit dem Vorschlag eines Transferkontos absolut nichts zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich ist ein soziales Land, und das wollen wir auch bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren! 41,7 Prozent beziehungsweise etwa 30 Milliarden eines Jahres­budgets geben wir für Sozialleistungen aus.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es muss doch möglich sein, dass wir in diesem System bei den Sozialtransfers über mehr Transparenz nachdenken. Nicht einmal


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Experten kennen sich in unserem Förderdschungel und in unserem Zulagendschungel aus. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Frau Kollegin Csörgits, du bist eine Expertin in diesem Bereich; du hast dich jahrelang mit diesem Thema auseinandergesetzt. Aber das Buch von der Arbeiterkammer, das du hier gezeigt hast, kannst du Herrn und Frau Österreicher nicht geben, denn diese brauchen ein ganzes Jahr, damit sie die Förderungen zusammenzählen können, die sie zum Beispiel im Bereich der Familie erhalten.

Meine Damen und Herren, das können wir der Bevölkerung so nicht zumuten! Vielmehr geht es uns um einen Gesamtüberblick: Wer erhält welche Leistungen? Und ich verstehe überhaupt nicht, wie man gegen Transparenz und gegen Leistungs­überblick sein kann! (Abg. Neubauer: Ich schon!)

Gerade in Zeiten wie diesen, meine Damen und Herren, sollten wir keinen Nährboden für eine Neiddebatte schaffen, sondern wir sollten die Bewusstseinsbildung bei der Bevölkerung fördern, wie wir das auch bei der Gebietskrankenkasse mit dem Leis­tungsnachweis, für den wir hier alle gestimmt haben, eingeführt haben. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Dafür stehen wir: Keine Neiddebatte in schwierigen Zeiten, aber Transparenz, Be­wusst­seinsbildung und Leistungsgerechtigkeit. Das wollen wir mit dem Transferkonto, und das hat der Vizekanzler angesprochen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wovor fürchten Sie sich überhaupt, Herr Bundeskanzler und meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von SPÖ und Grünen? Vor Transparenz? Vor Leistungs­gerechtigkeit? Vor einer Debatte um das Transferkonto? (Abg. Öllinger: Wir fürchten uns nicht! Aber Sie vielleicht!)

Nur davon hat der Vizekanzler in seiner Rede gesprochen, nicht von Sozialabbau, nicht von Menschen, die man gegeneinander ausspielt und nicht von Kürzungen bei Transferleistungen. Das hat der Vizekanzler nicht angesprochen. Das unterstellen Sie uns hier heute mit Ihren Reden! (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht um Leistungsbereitschaft genauso wie um Solidarität mit den Schwachen, und beides ist voneinander nicht zu trennen. Aber Leistung muss sich lohnen, meine Damen und Herren, denn es sind die Leistungsträger, die die Steuertöpfe füllen, und daraus wenden wir auch die Transferleistungen auf. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Herr Kollege Öllinger, das Beispiel des Joanneum Instituts in Graz beweist eindeutig, dass man bei Einkommen mit über 900 €, bei mehr als doppelten Einkommen von 1 900 € oder bei dreifachen Einkommen mit den Transferleistungen in etwa das gleiche Familieneinkommen zur Verfügung hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Das wird man wohl aufzeigen dürfen! Die Transferleistungen erbringen aber jene, die durch ihr höheres Einkommen die Steuertöpfe füllen, weil davon die Transferleistungen bezahlt werden. Und wenn dann der Unterschied rund 200 € innerhalb dieser Familien oder rund 70 € pro Familienmitglied beträgt, dann wird man dieses Thema wohl auch ansprechen dürfen. (Abg. Öllinger: Sie haben keine Ahnung!)

Wir von der ÖVP wollen das auf jeden Fall, und wir tun es auch. Wir wollen eine Diskussion über ein Transferkonto mit allen Transfer- und Sozialleistungen. Einblick in dieses Transferkonto sollten alle auszahlenden Stellen und der Bürger und die Bür­gerin selbst haben.

Wir wollen keinen gläsernen Menschen, sondern einen Gesamtüberblick über Sozial­trans­fers, mehr Effizienz im System und eine Vermeidung von Doppelgleisigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)


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Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, setzt Transparenz voraus. Dazu, Herr Bun­deskanzler, ist nein sagen allein aber zu wenig. Reden Sie mit uns über das Trans­ferkonto, um ein wichtiges Signal vor allem auch an die leistungsorientierte Bevölke­rung zu senden! (Beifall bei der ÖVP.)

17.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


17.07.24

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie! Was Sie gerade vom Herrn Genossen Katzian geboten be­kamen, war wohl der letzte untaugliche Versuch eines sozialistischen Klassenkampfes im 21. Jahrhundert! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Mit solchen Kampftiraden muss endlich Schluss sein! Wir müssen endlich konkrete Politik für die Menschen in diesem Land machen und nicht für ein paar Genossen, um die Umverteilung lediglich in eine einzige Richtung zu gewährleisten. Damit muss endlich Schluss sein! Wir fordern Transparenz für alle und nicht nur für ein paar wenige. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das muss endlich auch in die Köpfe der Sozialisten Eingang finden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir haben Sie damals gewarnt, als Sie in diese Koalition gegangen sind, weil wir ein gebranntes Kind waren. Wir haben Ihnen gesagt: In diesem Regierungsprogramm liest man nur Ankündigungsparolen, aber nichts von tatsächlichen Taten. – Sie haben das damals abgetan. Sie haben das weggewischt, und jetzt sind Sie in einer Situation, die mir bereits Mitleid abringt. (Heiterkeit der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

In jeder Sitzung werden Sie von der SPÖ hergewatscht, weil Sie alles andere sind als eine sozialdemokratische Partei. Niemand mehr in diesem Haus und in Österreich glaubt Ihnen, dass Sie überhaupt noch Kompetenz haben, in diesem Land irgendetwas und irgendjemanden zu bewegen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Cap hat gemeint: Alles ist so fürchterlich schlecht; zurück an den Start! – Herr Kollege Cap, wissen Sie, was beim Schwimmen geschieht, wenn man drei Fehl­starts gemacht hat? Dann wird man disqualifiziert. (Abg. Großruck: Oder man geht unter!)

Sie sind jetzt vom Wähler schon mehrfach disqualifiziert worden. Bitte lernen Sie doch endlich daraus! Machen Sie keinen Fehlstart mehr! Ich ersuche Sie wirklich von Herzen darum. Ich habe wirklich nichts gegen Sie persönlich. Das sage ich Ihnen jetzt, weil Sie mich zuerst gefragt haben. Aber so kann es in diesem Land nicht weitergehen!

Wir haben 330 000 Arbeitslose, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie decken das zu! Wir haben 137 000 Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher, die derzeit an der Armutsgrenze leben. Wohin soll denn das mit Ihrer tollen sozialdemokratischen Politik führen? Sie belügen und betrügen Senioren. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler ist damals als Minister dort gesessen. Warten Sie! Seien Sie ein bisschen unangestrengt! Ich sage es Ihnen schon: Der damalige Herr Minister Faymann ist dort hinten gesessen und hat mir in die Hand versprochen, dass das Senioren-Ticket für 7 € aufrecht bleibt!

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, nach diesem Satz haben Sie die Chance, sich zu entschuldigen. „Belügen und betrügen“ ist nicht unsere Wortwahl! – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Neubauer (fortsetzend): Ich entschuldige mich dafür.


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Aber ich darf Ihnen vorhalten: 59 € plus 30 € Vorteilscard sind 89 €. Das ist das Ver­sprechen des österreichischen Bundeskanzlers an 2,2 Millionen Senioren in Öster­reich, nämlich die Verteuerung von 7 € auf 89 €. (Abg. Rädler: Wahnsinn!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Senioren, nehmen Sie sich ein Beispiel an diesem Bundeskanzler! Er tut wirklich etwas für Sie. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Während nämlich – und das ist genau die Frage der Transparenz in diesem Land! – alle ÖBB-Bediensteten um 5 € ein ganzes Jahr lang in diesem schönen Land fahren dürfen, müssen die Senioren 89 € zahlen!

Wenn wir jetzt von Mindestsicherung reden: Die Senioren bekommen nicht einmal die Mindestsicherung, und genau das ist die Fehlleistung, der Sie unterliegen, meine Damen und Herren! Diese Ungleichbehandlung wollen Sie nicht öffnen und deshalb auch nicht nach außen hin klarlegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit der Hacklerregelung, die Sie für 40 oder 45 Jahre vorgesehen haben, muss jetzt auf einmal Schluss sein. Wo ist das Versprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie? Sie sind hier genauso umgefallen! Sie haben dem, was die ÖVP hier sagt, dass das 2013 auslaufen soll, nichts entgegenzusetzen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, tun Sie noch eines, bevor Sie die Hackler­regelung auslaufen lassen: Ersuchen Sie Ihren Landeshauptmann in Wien noch einmal händeringend darum, dass er endlich die Pensionen in diesem schönen Bundesland Wien harmonisieren möge, damit das Pensionsantrittsalter von 51 Jahren – man höre und staune! – in Wien auf das gesetzmäßige Antrittsalter angehoben werden kann! Dann können wir uns nämlich auch die Pensionen in diesem Land wieder leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber was will man sich von einem Bundeskanzler erwarten, der bei jeder solchen Debatte einfach meint, das sei eine Neiddebatte? – Wir wollen keine Neiddebatte meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen gleichermaßen Gerechtigkeit und Transparenz für alle. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, ich muss Ihnen noch etwas sagen: Sie werden wissen, dass die Sozialdemokratie ihr 120-jähriges Bestandsjubiläum feiert. Victor Adler, Engelbert Pernerstorfer und all diese berühmten und wirklich tollen Männer der Sozialdemokratie haben diese Bewegung ins Leben gerufen.

120 Jahre nach Entstehen dieser Sozialdemokratie geben Sie ein Interview, und in diesem Interview gaben Sie folgenden Satz von sich:

„Es wird schon noch der Moment kommen, wo wir für eine sozialere Maßnahme, für eine wärmere, engagiertere, arbeitnehmerfreundlichere Maßnahme als der Koalitions­partner eintreten.“ (Abg. Großruck: Wer hat das gesagt?)

Herr Bundeskanzler, Sie geben in diesem Interview bekannt, dass die ÖVP der sozialere Partner ist als Sie von der Sozialdemokratie! Das ist doch eine Bank­rotterklärung der Sozialdemokratie! Das ist ein Wahnsinn! (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Sie von Ihren Genossen überhaupt noch als Bundeskanzler gehalten werden, kann wohl nur Parteidoktrin sein, ansonsten kann es wohl nichts mehr sein!

Ich ersuche Sie: Tun Sie uns und dem Parlament das nicht mehr an! Ich ersuche Sie: Nehmen Sie den Antrag für ein Transferkonto auf! Nehmen Sie ihn wohlwollend im Sinne der österreichischen Bevölkerung zur Kenntnis! Tragen Sie einmal Ihrem sozialistischen Gewissen Rechnung und stimmen Sie dem Antrag zu! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Keck.)

17.14



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 183

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


17.14.32

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP! Parteiobmann Pröll hat mit seiner Rede im Finanzministerium eine Debatte eröffnet, nämlich wer die Kosten dieser Krise tragen soll. Und die Debatte, die wir heute über das Transferkonto führen, ist ja nur ein Vorgeplänkel, wobei uns die Begleitmusik hellhörig machen muss, denn die Botschaft ist klar: Arbeit lohnt sich nicht, und das aufgrund der Sozialleistungen.

Wenn einem da nicht „Sozialabbau“ einfällt, dann muss man unter Verwirrung leiden! Wenn es ihm nämlich um die Löhne ginge, dann hätte er einen ganz anderen Beitrag liefern können, nämlich dass die Nettolöhne in den letzten Jahren kaum gestiegen sind, weil die Produktivitätssteigerungen der UnternehmerInnen nicht mehr weiter­gegeben wurden. Das wäre das richtige Thema gewesen.

Aber nein! Die Sozialleistungen sind in den Fokus der ÖVP gekommen, und die ÖVP verhehlt gar nicht, was sie will. Da heißt es dann: Warum unterstellen Sie uns Sozialabbau? – Meine Damen und Herren! Sie sagen es ja ganz offen! Sie sagen, dass als Ergebnis der Krise ausgabenseitig gespart werden muss. Sie können uns dreimal die Verwaltungsreform verkaufen. Das ist ein kleiner Beitrag. Aber wenn Sie ausgabenseitig sparen wollen, dann sparen Sie bei den Sozialleistungen. Machen wir uns doch nichts vor! Da können Sie uns erklären, was Sie wollen! Sie planen hier einen Sozialabbau. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sollten uns einmal genau anschauen, was es heißt, ausgabenseitig zu sparen. Klubobmann Kopf hat heute schon die WIFO-Studie präsentiert, und diese besagt ganz klar, wie die Verteilungssituation in Österreich ist. – Wenig überraschend: Die Ver­teilung der Markteinkommen wird immer ungleicher. Das haben wir schon erwähnt. Die Produktivitätssteigerungen werden nicht weitergegeben. Dazu kommt, dass bei dieser Studie die Kapitaleinkünfte gar nicht berücksichtigt sind. Berücksichtigt man die Kapitaleinkünfte, dann geht die Einkommensschere noch einmal weiter auseinander.

Weiters besagt die WIFO-Studie, dass das Steuersystem nicht umverteilend wirkt. Was umverteilend wirkt, sind die Sozialausgaben. Ergo: Wer bei den Sozialausgaben kürzt, der wird die Schere weiter auseinandertreiben, der spart auf Kosten der Ärmeren in dieser Gesellschaft.

Etwas wird dabei sicherlich nicht gehen: Dass diejenigen, die schon einmal Opfer der Krise geworden sind, nämlich die Kleinen, die die Ersten waren, die von Arbeitslosig­keit betroffen waren und die mit niedrigen Lohnabschlüssen und mit Kurzarbeit bereits einen Beitrag geleistet haben, jetzt ein zweites Mal für die Krise zahlen, indem bei den Sozialtransfers gespart wird. (Beifall bei den Grünen.)

Das Ganze ist eine äußerst kurzsichtige Strategie, weil die Folgekosten des Sparens bei den Sozialtransfers in diese Rechnung auch mit einzubeziehen sind: Armut erhöht die Gesundheitsausgaben. Armut erhöht die Sicherheitsausgaben.

Schauen Sie in den heutigen „Kurier“! – Unter dem Titel „In der Krise floriert das Ver­brechen“ heißt es: „Die ... Massenkriminalität wird weiter zunehmen, ... Begründet wird das mit der durch die Wirtschaftskrise verschärften Arbeitsmarktsituation: Manche Betroffene könnten leichter und schneller bereit sein, kriminell zu werden.“ 

Man wird niemandem unterstellen, der arbeitslos ist, dass er sofort kriminell wird. Aber in einer Gesellschaft, in der die Gegensätze zwischen Arm und Reich größer werden, ist die Kriminalitätsneigung höher. Das ist vielfach bewiesen. Das kann man an vielen europäischen Beispielen sehen. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 184

Meine Damen und Herren, lassen wir uns den gesellschaftlichen Zusammenhalt etwas kosten! Am Ende ergibt das einen positiven Saldo. Eine Debatte über Sozialabbau können und wollen wir uns nicht leisten, denn wir werden mit Sicherheit nicht jene, die schon einmal von der Krise betroffen waren, ein zweites Mal zu ihren Opfern machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


17.18.53

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Die Debatte wurde durch eine Studie des Grazer Joanneums ausgelöst. Wir haben schon erfahren, dass der Studien­autor an und für sich ein Klimaexperte ist – und kein Experte für das Sozialsystem. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Wenn man sich die Studie genau anschaut, sieht man auch, dass es hier nicht um reale Familien geht, sondern um fiktive Familien. – Ich möchte Sie in diesem Zusam­menhang bitten: Zeigen Sie mir die Familie in Graz, auf die folgende Situation zutrifft: Beide gehen ganztags arbeiten, beide verdienen 475 € brutto, beide fahren mit dem Auto nach Leibnitz, haben ein einjähriges und ein vierjähriges Kind – diese Altersstufen sind nicht zufällig gewählt –, die in ganztägiger Betreuung in einer Kinderkrippe beziehungsweise in einem Kindergarten sind.

Diese Familie gibt es in Graz nicht! Aber es ist egal: Die anderen zwei Familien gibt es auch nicht!

Diese Debatte wird doch nur als Vorwand genommen, um hier so zu tun, als ob es in der Realität der Fall wäre, dass alle am Ende von Sozialtransfers gleich viel Geld hätten. Und das stimmt einfach nicht!

Und wenn es heißt, es gebe dieses Wissen nicht, dann bitte schauen Sie sich ... (Abg. Mag. Donnerbauer: Warum sind Sie gegen Transparenz?) – Ich habe überhaupt nichts gegen Transparenz – null! –, aber Sie erklären uns, die Transparenz wäre die, dass die Leistungsempfänger wissen sollen, welche Leistungen sie bekommen: Na die schauen sich den Kontoauszug an und wissen, welche Leistungen sie bekom­men! – Also für die gibt es nicht mehr Transparenz.

Sie sagen, die auszahlenden Stellen sollen die Transparenz haben. – Na die werden wohl genau wissen, wem sie Geld überweisen! Für die gibt es nicht mehr Transparenz. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Und veröffentlichen wollen wir es nicht – also wieso soll da plötzlich mehr Transparenz im System sein? – Das ist ja lächerlich, bitte! (Abg. Öllinger: Da muss ich einen Antrag stellen!)

Wollen Sie mir ernsthaft erklären, dass wir für acht Millionen Menschen in Österreich irgendwo, in irgendeinem Ministerium, Konten eröffnen, dass in ganz Österreich Beamte sitzen, die irgendwelche Zahlen eintippen, die ihnen direkt/indirekt übergeben werden, und dann sitzt noch jemand da und schaut das durch: Ist das gerecht bei dem oder ist das gerecht bei dem?! – Das ist doch absurd! Wollen Sie jetzt eine Einzel­fallprüfung aller acht Millionen Österreicher machen, um herauszubekommen, wie das Sozialsystem funktioniert? (Abg. Öllinger: Der Minister hat uns das versprochen!) – Geh bitte, das ist doch lächerlich! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Wenn Sie das wissen wollen: Es gibt ja diese Studien! – Sie erwähnen das WIFO? – Das WIFO macht in der Umverteilungsstudie ja nichts anderes, als dass es sich das ganz genau anschaut. Die machen das nicht aufgrund fiktiver Hirngespinst-Familien,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 185

sondern auf Basis real existierender Familien in Österreich, aufgrund von Mikrozensus-Daten (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer), aufgrund der Daten der Sozialversicherungsträger, des Finanzministeriums, der Länder, der Gemeinden! Das, was für die Politik interessant ist, ist doch nicht, ob der Herr Franz Meier so viel Geld bekommt, sondern wie viel diese Gruppe bekommt und wie viel jene Gruppe bekommt und welche Auswirkungen das hat. – Und die Studie besagt relativ klar: Ja, es findet Umverteilung statt.

Schauen Sie sich die Umverteilungsstudie an! (Abg. Mag. Kogler: Ja!) Sie ist gerade einen Monat alt; es ist bereits aus ihr zitiert worden. Darin haben Sie genau diese Transparenz, darin sehen Sie genau, wohin die Umverteilung führt. Dass nämlich eine Gruppe – die ärmsten 10 Prozent –, wirklich deutlich Sozialleistungen empfängt: Das sind vor allem die Arbeitslosen. – Natürlich! Welches Einkommen haben die außer ihrem Arbeitslosenbezug, der eine Sozialleistung ist? Es ist ja wohl kein Wunder, dass das so ist! Aber schauen Sie es sich an: Das fällt schrittweise ab, und man kann sagen, dass in diesem Bereich die oberen 50 Prozent in etwa die unteren 50 Prozent finanzieren und dass es niemals zu derartigen Verzerrungen kommt wie in irgendwelchen Hirngespinst-Familien. Die Realität schaut ganz anders aus!

Schauen Sie sich die Studie an – da sehen Sie, wie die Realität ausschaut –, und nicht irgendwelche Propaganda-Studien, die mit der Realität nichts zu tun haben! (Abg. Mag. Donnerbauer: ... das Konto! Aber bitte sehr, das ist ja kein Problem, wenn Sie das ...!)

Was ich überhaupt nicht verstehe, ist Folgendes: Wir reden den ganzen Tag von Verwaltungsreform, davon, wie wir Geld einsparen, und dann kommt eine Idee, die ohne irgendeinen Mehrwert zig Millionen € kostet. Also, mir ist das ein Rätsel, welchen Sinn das haben soll. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Aber in Wirklichkeit ist es äußerst ernst, worum es hier geht! Eine der wesentlichen politischen Fragen ist doch: Wie finanzieren wir dieses Defizit, das wir alle jetzt in der Krise bewusst in Kauf genommen haben? Das ist doch die Frage: Wie finanzieren wir das? – Ich sage, es gibt zwei Gruppen von Einkommen in Österreich: Das eine sind die Arbeitseinkommen, die wahnsinnig viel Steuern zahlen – aus der Studie geht auch hervor, dass nicht zwei Millionen Österreicher keine Steuer zahlen, nein, die ärmsten 10 Prozent der Arbeitnehmer-Haushalte zahlen 37 Prozent, die reichsten 40 Prozent Steuern und Abgaben, also relativ gleich viel (Abg. Öllinger: Richtig!), und gemeinsam verdienen sie alle ein bisschen mehr als die Hälfte des Gesamteinkommens in Österreich –, und das andere sind die Kapitaleinkommen (Abg. Mag. Kogler: Genau!), die fast die Hälfte verdienen. Und wie viel Steuer zahlen die? – Null bis 25 Prozent! (Abg. Mag. Kogler: Transferkonto für Stiftungen! ... nicht einmal die Stiftungen auf!)

Wenn ich mir nur gewisse Sachen anschaue, wozu das dienen soll, dann zitiere ich Ihnen aus dem morgigen „Kurier“ den ÖVP-Abgeordneten Peter Haubner, der hier ganz klar sagt, es sollen Bruttolohn und die Sozialleistungen zusammengerechnet und dann gemeinsam versteuert werden. – Es geht um die Versteuerung der Sozial­leistungen: Sie wollen sie besteuern, das steht im „Kurier“! (Zwischenruf der Abg. Fürntrath-Moretti.)

Wenn es um die Frage geht, wie wir dafür sorgen können, dass die Kapitaleinkommen auch einmal einen gerechten Beitrag zu unserem gemeinsamen Staat leisten, dann höre ich Vizekanzler Pröll heute in der Früh, wie er hier sagte: Wir wollen die Transaktionssteuer auf europäischer Ebene! – Pröll sagte das hier am Vormittag, und was machen die Abgeordneten der ÖVP im Europäischen Parlament am Nach­mittag? – Sie stimmen dagegen: ÖVP im EU-Parlament geschlossen gegen Steuer auf Finanztransaktionen auf europäischer Ebene. (Abg. Mag. Kogler: Ja, richtig!) Das ist


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doch, bitte, eine doppelzüngige Politik, am Vormittag in Österreich im Fernsehen zu sagen: Wir sind dafür, dass es das gibt!, und am Nachmittag stimmt man dort, wo es darauf ankommt, dagegen! (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Bitte überlegen Sie sich einmal, was für ein Signal das ist – nicht nur auf europäischer Ebene (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), sondern für Ihre eigenen Wähler: Am Vormittag im Fernsehen zu sagen, dass ich etwas will, und am Nachmittag stimme ich dagegen. – Mit dieser Art von Politik können wir sicher nicht mit! (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Bucher: Da hat er aber recht gehabt, der Krainer!)

17.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Grillitsch –: Der Grillitsch wird uns jetzt alles erklären!)

 


17.25.29

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe die Aufregung um dieses Transferkonto wirklich nicht – ich sage Ihnen das ehrlich. (Abg. Öllinger: Weil Sie das Transferkonto nicht verstehen!) – Entschuldigung, ich verstehe das einfach nicht!

Wir alle, wie wir hier in diesem Parlament sitzen, wissen, dass es in Österreich in Wirklichkeit ein Sammelsurium von unzähligen Sozialleistungen von Bund, Ländern und Gemeinden gibt (Abg. Öllinger: Der Bund hat kein Sammelsurium!), eigentlich ein sehr dichtmaschiges Netz für unsere Bürgerinnen und Bürger, durch das kaum einer durchfallen kann, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Schatz: Ja, nur 1 Million ...!) Und trotzdem darf man nicht fragen, ob es da eine richtige, leistungsgerechte Vertei­lung gibt? – Das verstehe ich einfach nicht. (Abg. Öllinger: Was ist „leistungsgerechte Verteilung“?) Warum darf man nicht fragen, meine Damen und Herren? Ich glaube, es ist wichtig, dass dieser unkontrollierte Wildwuchs endlich transparent wird.

Ich kann mich an viele Diskussionen hier erinnern, Herr Dr. Cap (Abg. Dr. Cap: Sie sind 23 Jahre in der Regierung! 23 Jahre in der Regierung!), in denen man Trans­parenz bei den Bauerngeldern eingefordert hat. – Wir haben es gemacht! Wir haben es europaweit vorgezeigt, weil wir nichts zu verbergen haben, meine Damen und Herren, weil wir Nachvollziehbarkeit liefern wollen, weil wir der Öffentlichkeit Transparenz liefern wollen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Ich, wir und die Bürger in Österreich wollen wissen: Wer trägt wirklich zum Gemeinwohl bei? Wer profitiert wirklich von diesem Gemeinwohl? Ist das ein Geheimnis? Wollen wir das weiter vergeheimnissen? – Machen wir es transparent! (Abg. Mag. Kogler: Wenn es nach euch gegangen wäre, wäre ... eingesperrt worden im Keller!) Ich glaube, dass das wichtig und notwendig ist.

Es geht nicht nur um Verteilungsgerechtigkeit, sondern es geht auch um Leistungs­gerechtigkeit, meine Damen und Herren. Und gerade der Mittelstand – das wissen Sie alle – ist die tragende Säule unserer Gesellschaft, und auch durch seine Leistun­gen werden erst die staatlichen Leistungen ermöglicht. (Abg. Dr. Cap: Wie lange sind Sie in der Regierung? Wie lange? Wie lange sind Sie in der Regierung?)

Meine Damen und Herren, wir wollen Klarheit darüber, wie viele Sozialleistungen es für die Haushalte gibt, damit wir daraus auch eine gerechte Sozial- und Steuerpolitik ableiten können. Ich sage Ihnen: Leistung muss sich in Zukunft auch lohnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Was haben Sie in 23 Jahren ...? – Abg. Mag. Wurm: 23 Jahre!)


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Herr Kollege Cap, ich kenne die Neiddiskussionen der SPÖ auf dem Rücken der Bauern. Ich sage Ihnen, Sie wollen Intransparenz, und in Wirklichkeit wollen Sie diese Neiddiskussion in Österreich weiter fortführen, meine Damen und Herren – und das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen den Menschen zeigen, was die öffentliche Hand jetzt schon für sie tut. Wir wollen die Treffsicherheit dieser Leistungen aufzeigen (Abg. Mag. Kogler: Ja! Das trifft eh immer Bürger, die ...!), und wir wollen eine Debatte auch über jene führen, die in diese Systeme einzahlen – und auch über die, die mehr einzahlen, als sie heraus­bekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Kein guter Redetext! Kein guter Redetext! Wer hat das geschrieben? – Abg. Mag. Kogler: Bei so einer Vertretung wundert es uns nicht, wenn die Bauern immer weniger werden!)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


17.28.46

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Kolle­gin Schatz hat gesagt, damit verstärkt sich die Armut in Österreich. – Genau das Gegenteil ist der Fall, wenn wir das Transferkonto installieren können!

Warum? – Nur dann, wenn Leistung auch entsprechend honoriert wird, nur dann, wenn es überhaupt Leistung im Lande gibt, wird es möglich sein, sich all diese sozialen Leistungen leisten zu können. Ich glaube, da sind uns wohl einig.

Herr Kollege Katzian hat gesagt, die Banken sind Steuerhinterzieher. – Da muss ich Ihnen sagen: Dann reichen Sie doch eine Klage ein (Zwischenruf des Abg. Öllinger), dann tun Sie etwas, und reden Sie hier nicht und machen Sie keine Unterstellungen! (Abg. Mag. Kogler: Transferkonto für Liechtenstein-Flüchtlinge!)

Worum geht es denn eigentlich? – Die Aufregung ist wirklich herbeigeredet und gar nicht notwendig. Es geht um Transparenz und Gerechtigkeit in unserem System, einem System, von dem die Experten sagen, dass es nicht mehr durchschaubar ist, fast nicht mehr vollziehbar ist und wo von Transparenz keine Rede sein kann. Es geht um die Frage der Leistungsgerechtigkeit und es geht um die Solidarität auch mit den arbeitenden Menschen – auch da haben wir Solidarität zu üben! (Beifall bei der ÖVP.)

Unser jetziges System führt ja dazu, dass auf der einen Seite ein Monatsgehalt für ArbeiterInnen und Angestellte bis 1 205 € steuerfrei ist – das haben wir beschlossen; das heißt, 2,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger zahlen keine Lohn- und Einkom­mensteuer –, und gleichzeitig sind es genau diese Menschen, die die Hauptempfänger zahlreicher einkommensabhängiger Beihilfen sind. (Abg. Riepl: Ist das gut oder schlecht? Sagen Sie doch, ob das gut oder schlecht ist!) – Das ist in Ordnung, das führt aber auf der anderen Seite dazu, meine Damen und Herren, und das ist der Punkt, dass die sogenannten Steuerzahlerfamilien oft ein weit niedrigeres Familienein­kommen haben als jene, die gar keine Steuern zahlen, dafür aber Anspruch auf staatliche Beihilfen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Riepl: Ist das Ihr Vorschlag? Keine Antwort!)

Ich frage mich – und das sollten wir uns alle fragen –: Ist das Verteilungsgerechtigkeit?

Vergessen wir auch nicht Folgendes, das wurde heute schon gesagt: Gerade jene Menschen, die Steuern zahlen, sind die Stützen im Staat, jene Menschen, die Steuern zahlen, bringen die Leistung, die wir brauchen. (Abg. Mag. Kogler: Es zahlen ja eh alle: Mehrwertsteuer!) Mit diesen Leistungen sind die anderen staatlichen Leistungen wie Bildung, Gesundheit, Soziales, Pensionen oder Infrastruktur überhaupt erst mög-


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lich. Wir wissen doch, wovon wir reden, und alle, die wir auch in der Kommunalpolitik tätig sind, erleben das tagtäglich.

Ein Weiteres, wofür wir, die ÖVP, nicht zu haben sind: Wir wollen keine neuen Steuern (Zwischenrufe bei der SPÖ), denn diese belasten jene Bürgerinnen und Bürger, die das System erhalten und stützen, aber was wir brauchen, meine Damen und Herren – was wir dringend brauchen (Abg. Mag. Kogler: Genau, die Stiftungen!) –, ist eine neue Steuerpolitik, die sich am Prinzip der Leistungsgerechtigkeit orientiert. (Abg. Mag. Kogler: Ohne die Stiftungsmillionen wäre das Land schon den Bach hinunterge­gangen! Das sind die Leistungsträger!)

Wir sind heute am Anfang der Diskussion, daher wird die Einführung eines allgemeinen Transferkontos eine notwendige Voraussetzung sein müssen, um alle staatlichen Beihilfen pro Haushalt zusammenzuführen und darstellen zu können. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Meine geschätzten Damen und Herren, woher kommt denn die Leistung? (Abg. Mag. Kogler: Meischberger ist ein Leistungsträger?!) Sie kommt ja von den Frauen und Männern, die in Betrieben und Behörden arbeiten, die an den Werkbänken stehen, in den Spitälern stehen, in Schulen und Universitäten stehen, in Forschungslabors, aber auch auf den Höfen der Bauern, der Landwirte, stehen und arbeiten und auch die Leistung in unseren Familien erbringen, aber auch die Leistung in unseren Gemeinden erbringen. Und es wäre schon sehr reizvoll und hochinteressant zu fragen: Wie schaut denn da wirklich die soziale Arbeit in den Gemeinden aus, wer leistet hier wirklich soziale Unterstützung? (Ruf: Der Bürgermeister!)

Ich nehme hier eine Gemeinde, die unverdächtig ist, weil sie nicht meine ist, nämlich die ÖVP-Gemeinde Bad Erlach im Vergleich zu Wiener Neustadt, einer sozialistischen Gemeinde: In Bad Erlach gewährt der Bürgermeister, Kollege Rädler, jeden Monat einen Heizkostenzuschuss von 45 € (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen); in Wiener Neustadt sind es pro Jahr 100 €. In Bad Erlach gibt es den Kindergartenbesuch am Nachmittag gratis; in Wiener Neustadt muss man voll bezahlen. Den Zuschuss für kostenlose Impfungen gibt es in Bad Erlach, nicht in der sozialistischen Stadt Wiener Neustadt! – Also auch hier wäre es hochinteressant, einen Vergleich durchzuführen, aber das wäre ein wenig zu weit gegriffen.

Was wir brauchen, um nicht nur die Krise zu überstehen, sondern neu zu beginnen und unser System und die Standfestigkeit, die Stabilität des Sozialstaates zu halten und auch weiter auszubauen, ist ein einfaches, transparentes Steuersystem. Wir wollen keinen Sozialabbau, aber wir brauchen eine Debatte über Gerechtigkeit bei der Leis­tungsbereitschaft und wir brauchen die Solidarität nicht nur den Schwachen gegen­über, sondern auch jenen gegenüber, die bereit sind, die Zukunft zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Meischberger!)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


17.33.52

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Minister! Am Vormittag hören wir den Herrn Finanzminister, Josef Pröll, der sagt, es gibt keine neuen Steuern; am Nachmittag hören wir den Herrn Bundeskanzler, der sagt, es gibt neue Steuern – Transaktionssteuer, Steuer auf Kapitalerträge.

Wir hören vom Klubobmann der ÖVP, dass das eine Spaßanfrage sei, gemeint ist der Dringliche Antrag der BZÖ-Fraktion (Abg. Riepl: Da hat er aber recht!) – bitte? (Abg. Riepl: Da hat er aber recht!) –, gleichzeitig kommt Herr Minister Mitterlehner und


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sagt, es sei dankbar dafür (Abg. Mag. Kogler: Der will auch Spaß haben!), dass es diese Debatte heute gibt, er danke dem Hohen Haus dafür, dass er überhaupt darüber debattieren kann. – Bemerkenswert dabei ist, dass er permanent Abgeordneten Öllinger anspricht und eigentlich Bundeskanzler Faymann gemeint hat.

Das heißt, um das einmal auf den Punkt zu bringen: Das ist eine einzige Therapie­sitzung, meine Damen und Herren! Das ist nicht mehr die Regierungsbank, das ist eine Therapiebank, die da hinten ist (Beifall beim BZÖ), eine Regierung, die heute froh ist, dass sie überhaupt noch über Kollegen Öllinger untereinander kommunizieren kann! (Abg. Öllinger: Das mache ich gerne!) – Ja, ich habe sowieso gedacht, dafür be­kommst du wahrscheinlich einen Sonderorden. Die können untereinander schon nicht einmal mehr darüber reden, was sie jetzt eigentlich meinen, ohne dass sie das Parla­ment dafür zur Verfügung haben.

Gerne, das leisten wir, ich möchte aber Herrn Kollegem Kopf Folgendes sagen: Wir werden gleich sehen, ob seine politischen Angebote zwei Stunden überdauern, denn ich werde jetzt einen Antrag stellen (Abg. Mag. Kogler: Noch einen?), und den bringe ich hiemit ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema: „Transferkonto“

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Enquete zum Thema ,Trans­ferkonto‘ unter Einbindung maßgeblicher Experten, Institutionen, Gebietskörper­schaf­ten sowie von Abgeordneten der im Nationalrat vertretenen Parteien abzuhalten.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

Jetzt wollen wir hören und sehen, was die Österreichische Volkspartei damit machen wird.

Kollege Kopf hat gesagt, dem Antrag selbst kann er nicht zustimmen, aber eine Enquete hätte er gerne. – Die hat er jetzt! Jetzt können Sie es sich überlegen – ein paar Minuten haben Sie noch Zeit, das ist nicht wirklich schwierig –, und dann können Sie Ihre Therapie beenden oder dort auf Regierungsebene mit uns gemeinsam fort­setzen.

Aber das hat noch einen Vorteil, denn dort sitzen dann auch die Vertreter der Gebiets­körperschaften, von Bund, Ländern und Gemeinden, beieinander: Dann kann man gleich über eine Artikel-15a-Vereinbarung reden, denn die wird notwendig sein.

Um 15.46 Uhr hat Kollege Kopf diese Ankündigung gemacht. – Jetzt werden wir sehen, was er dann, irgendwann um 17.40 Uhr, davon hält, wenn die Abstimmung beginnt, meine Damen und Herren, Hohes Haus. Ich bin auf die Verlässlichkeit der Öster­reichischen Volkspartei gespannt – es könnte ja sein, dass man eine Überraschung erlebt.

Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass hier ganze Fraktionen herauskommen und per­manent bekennen, dass sie nicht wissen, was Gerechtigkeit sei. (Abg. Mag. Kogler: Na ja, das ist ja nicht so einfach!) – Ich bin ja schon froh, dass das keine Live-Übertragung war, meine Damen und Herren! Wenn der Österreicher und die


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Österreicherin sieht, dass hier Abgeordnete sitzen, dass hier Gewerkschaftsbosse sitzen, die der Reihe nach herauskommen und sagen: Ich weiß nicht, was Ge­rechtigkeit ist, aber ihr wisst es auch nicht, deswegen bin ich beruhigt!, meine Damen und Herren, dann sieht man, wie weit es mit der politischen Klasse in Österreich gekommen ist.

Wir wollen schon noch Gerechtigkeit haben, und die ist sogar in Zahlen ausdrückbar – aber nur dann, wenn ich auch entsprechendes Zahlenmaterial habe. Ich hätte durch­aus gerne den Einzelvergleich gemacht, meine Damen und Herren, denn, lieber Kollege Krainer, wenn Herr Prettenthaler eine virtuelle Familie mit einer virtuellen Familie vergleicht, dann wollen wir Ihnen mit dem Transferkonto die Chance geben, eine reale Familie mit noch einer realen Familie und noch einer realen Familie und noch einer realen Familie vergleichen zu können, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Sie können das endlos fortsetzen – und nicht nur Familien, damit das klar ist, sondern einen realen Betrieb mit einem anderen realen Betrieb und noch einem realen Betrieb und einen realen Bauern mit einem weiteren realen Bauern (Abg. Mag. Kogler: So viele Bauern gibt es ja gar nicht mehr!) und noch einem realen Bauern, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: So viele reale Bauern gibt es ja gar nicht mehr!) Real können Sie Vergleiche über Transferleistungs- und über Transferkonten haben, die Sie derzeit nicht anstellen wollen.

Noch etwas. Es geht nicht um Sozialkonten, Herr Kollege Öllinger, sondern es geht darum, dass alle Transferleistungen – alle Transferleistungen! – vergleichbar werden sollen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Die Idee eines derartigen Kontos ist nämlich gut, und deswegen werden Sie die Debatte auch verlieren – glauben Sie mir das, die Debatte verlieren Sie!

Sie versuchen, die Debatte zu einer Debatte über den Klassenkampf zu machen. Das interessiert draußen genau niemanden mehr. Jeder hat in seiner unmittelbaren Um­gebung Fälle – Sie brauchen nur einmal einen echten Wahlkampf zu machen, nicht nur vom Parteisekretariat aus, sondern draußen –, von denen er sagt, das ist so eine Schweinerei: Der kassiert Schwarzgeld, der kassiert Arbeitslosengeld, der arbeitet die halbe Zeit überhaupt nicht und kriegt am Schluss noch mehr mit dem, was er sich vom Staat holt, als ich, wenn ich arbeiten gehe. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Natürlich wird Schwarzgeld nicht am Transferleistungskonto sein, aber Schwarzgeldbezieher werden dadurch begünstigt, dass Sie nicht wissen, was die in Wirklichkeit an Sozialleistungen bekommen, wovon sie im Grunde gar nicht leben können dürften, da sie sich bestimmte Dinge gar nicht leisten können dürften.

Das gilt auch für Unternehmen, das sage ich Ihnen gleich dazu – auch für die Unter­nehmen dieses Landes! –, daher kann man dieses Konto auch zu einem Abwicklungs­konto ausbauen. Wenn in Zukunft Förderungen nur noch über dieses Transferkonto abgewickelt werden, dann habe ich absolute Vergleiche. (Abg. Mag. Wurm: ... in Ihrer Regierungszeit?!) – Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, was Sie erheitert. Wenn ich mir ihre Wahlerfolge anschaue, dann hätte ich nicht so viel Heiterkeit, wie Sie sie hinter mir haben. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn ich Ihre Heiterkeit heranziehe, dann kann sie nur mehr Realitätsverweigerung sein. Aber das ist auch ein guter Therapieansatz, das sage ich Ihnen, das hat schon manch einen über die schwierigsten Zeiten gerettet.

Ich sage Ihnen nur, Sie werden die Debatte über ein Transferkonto verlieren, weil es die österreichische Öffentlichkeit will, meine Damen und Herren, weil es der Bürger haben will: Weil er endlich Klarheit haben will, weil er schon längst das Gefühl hat, dass hier etwas in Schieflage geraten ist. (Beifall beim BZÖ.)


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Was kann man gegen Wahrheit haben? Was kann man gegen Leistungswahrheit haben? Was kann man gegen Zielerreichungswahrheit haben? Was kann man gegen Verteilungswahrheit haben? Was kann man gegen Verteilungsgerechtigkeit haben? Was kann man gegen Belastungsgerechtigkeit haben? Was kann man gegen die Abgabengerechtigkeit haben, meine Damen und Herren? (Abg. Kickl – auf Abg. Kopf weisend, der mit Abg. Dr. Cap etwas bespricht –: Jetzt wird gerade die Enquete ein­gefädelt!) – Ja, jetzt sind sie schon am Beraten, ob sie zustimmen dürfen oder nicht. Geh, Karlheinz (in Richtung des Abg. Kopf), sei einmal mutig!

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie alle, Ihre Aufmerksamkeit auf diese Debatte hier zwischen Klubobmann Kopf und Klubobmann Cap zu lenken! Hier muss Klub­obmann Kopf nachfragen, ob der denn einem Antrag, den er vorher sogar initiiert hat, den wir ihm natürlich in entsprechender Beflissenheit auch zugearbeitet haben, jetzt zustimmen darf oder nicht. Und jetzt sind wir gespannt, was der Genosse Cap dazu sagt. Darf er? Darf er zustimmen? Plazet? – Hurra! (Heiterkeit beim BZÖ.) Wir haben heute die Chance, meine Damen und Herren, dass die Österreichische Volkspartei doch noch einen Rest an Mut zusammenbringt. (Beifall beim BZÖ.)

17.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


17.41.04

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Die grüne Fraktion wird dem vorliegenden Entschließungsantrag der BZÖ-Fraktion, obwohl er erst so knapp gekommen ist, zustimmen. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Zweitens möchte ich schon anmerken, wir sollten das jetzt auch ein bisschen wieder auf die ernstere Schiene bringen. Das ist nichts, worüber man sich lustig machen muss, denn wir wissen, wie es in Koalitionen ist: Die Partner müssen sich eben auch verständigen. Tun wir doch nicht so, als ob das in Österreich auf einmal ganz anders sein könnte! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und wenn sie jetzt zustimmen, wird es uns recht sein müssen.

Wir müssen schon einmal auch dorthin kommen, worum es geht. Und ich stimme auch nicht überein mit der Ironie des Kollegen Stadler – die ich ja regelmäßig genieße, das muss ich schon zugeben (Heiterkeit beim BZÖ) –, aber dass jetzt keiner weiß, was Gerechtigkeit ist, das will ja so niemand zum Ausdruck bringen. Was wir zum Ausdruck bringen, ist, dass es unterschiedliche, wenn schon nicht Ideologien, aber inhaltliche Zugänge gibt, und genau aus dieser Perspektive ist jeweils etwas anderes gerecht. Das ist dem Begriff immanent. Das ist so, sonst wären gar keine wirtschafts- und sozialpolitischen Programme unterschiedlichen Zuschnitts notwendig. Da brauchen wir jetzt nicht das Standardwerk vom Pelinka zu zitieren, es ist einfach so.

Jetzt aber zu unserer Perspektive oder dazu, wo wir glauben, uns zu unterscheiden.

„Leistungsgerechtigkeit“ – dieser Begriff ist eingeführt worden –, ein seltsamer Begriff, möchte man meinen, aber er macht Sinn. Pröll sagt ja: keine Verteilungsgerechtigkeit ohne Leistungsgerechtigkeit. Her damit! Der Begriff der Leistung ist ja durchaus auch interessant. Kollege Steinhauser hat das auch ausgeführt, und das ist ganz wesentlich: Wo definieren wir jetzt Leistung?

Wir müssen uns einfach einmal um die sogenannte Primärverteilung kümmern, sonst hat die ganze Debatte keinen Sinn in der Betrachtung. Was verdient jemand brutto – Klammer auf: Welche Vermögensbestände hat er überhaupt?; Klammer zu –? Nur damit Sie ein paar Hinweise bekommen, was alles auf solche Konten drauf muss, damit das überhaupt sinnvoll handhabbar wird.


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Herr Bundesminister Mitterlehner, auch Sie schätze ich, Sie wissen das, Sie sind einem Irrtum unterlegen, denn wir sind nicht von vornherein dagegen. Wir greifen das jetzt auf und wir sind noch für viel mehr, und jetzt hören Sie sich an, wofür wir alles sind. Und jetzt schauen wir uns an, ob Sie da dabei sind.

Wir sind nämlich dafür, das Problem dort zu betrachten, wo es anfängt. Der Markt erzeugt völlig unterschiedliche Einkommen, und es ist ja die Idee von Umverteilung und Sozialpolitik, dass man dann eingreift. Jetzt tut das in Österreich das Steuersystem ja schon überhaupt nicht mehr. Das zeigt diese Studie. Aber da brauchen wir keine Grazer Studie, das wissen wir vom WIFO. Dort geht nichts, also geht es bei den Transfers.

Jetzt ist aber die Frage, was man dort will oder nicht. Ich rede aber nicht von einem Transferkonto, sondern ich rede – und das unterscheidet uns auch – von einem Trans­parenzkonto, und dieses Transparenzkonto soll auch öffentlich zugänglich sein. (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.) Der Herr Kaltenegger widerspricht sich ja heute dauernd in der Presse: Nein, das ist ein Geheimtransferkonto – oder was? Für wenn soll denn das sein? Bürokratie für nichts, nur damit man selber sieht, was man bekommt! Das werde ich ja wohl noch auf meinem Kontoauszug sehen, was ich kriege. Das ist also völlig widersinnig.

Aber das, was zum Beispiel in Skandinavien üblich ist, wollen Sie – bis jetzt zumindest, aber ich höre ja vielleicht eine Änderung – genau nicht. Das ist in Österreich auch durchaus nicht üblich. Da schrecken sich wahrscheinlich jetzt viele, aber wenn wir das schon machen, dann müssen wir es überall machen, um überhaupt das Problem zu erfassen, dass es völlig unterschiedliche Einkommen gibt. Das muss jetzt gar nichts mit mehr oder weniger Leistung zu tun haben. Das ist ja genau das Beispiel von der Frau Schatz gewesen, das Sie noch lächerlich machen wollten: dass jemand, der viel arbeitet, aber weniger verdient, kein Leistungsträger sein soll, das glaubt ja nicht einmal die ÖVP! Das steht Ihnen auch nicht an, sonst müssten Sie das Wort „christlich-sozial“ aus Ihrem Parteiprogramm herausnehmen.

Wenn jemand viel arbeitet, aber weniger verdient, dann ist unter Umständen, wenn man eine individuell unterschiedliche Gerechtigkeitslatte hat, dass eine Familie mit soundso vielen Kindern auf soundso viel Einkommen kommen soll, auch diese Trans­ferleistung genau darin begründet. Was gibt es denn da zum Herumdeuten?

Und jetzt machen wir das transparent! Aber es geht um die Transparenz, und bitte nicht den Transfer von vornherein in Frage stellen, sonst müssten Sie sagen, dass Sie ein anderes gesellschaftspolitisches Modell haben wollen. Ist ja auch legitim, vielleicht beim Kollegen Bucher, wenn er der FDP in Deutschland nacheifern will. Wie die dazu denken, weiß ich nicht.

Aber ich sage Ihnen jetzt, was da noch alles hinein muss und für wen. Da gibt es einen Haufen Kandidaten.

Fangen wir an bei der Wirtschaft! Wir wissen viel zu wenig darüber. Die gehören auch hinein! Schauen Sie sich die Förderberichte der Bundesregierung an: Die können wir alle wegschmeißen unter dem neuen Titel! Ich will wissen, welche Firma in den letzten fünf Jahren welche Förderungen bekommen hat. Wir wissen, dass sich Magna um weitere 300 Millionen € anstellt, die wir hier als Haftung beschließen sollen. Es ist fast nicht herauszubekommen, wie viel Förderungen die schon gekriegt haben und jetzt mit Arbeitsplatzabzug drohen.

Der Herr Sigi Wolf verdient 4 Millionen €, und das ist schon die Hälfte vom vorigen Jahr! – Ja, wo ist denn jetzt die Leistungsgerechtigkeit, wo ist sie denn? Wir geben öffentliche Mittel, um diese Firmen zu stützen, und die bezahlen die Manager in Mil-


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lionen­höhe!? Und da muss man kein Kommunist sein, um endlich einmal daran Anstoß zu nehmen! Ich sage Ihnen das, und das wird die Debatte werden! (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Her damit! Her mit dem Transparenzkonto für die Herbersteins, für alle diese, für die Stiftungsbegünstigten, für all diese Ihre Klientelen! Vielleicht kommen wir dann auch drauf, dass die Parteispenden bei Ihnen (zur ÖVP gewandt) zurückgehen, und auch dafür brauchen wir ein Transparenzkonto. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor von Herrn Abgeordnetem Mag. Stadler ein­gebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema: „Transferkonto“

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 22.10.2009 im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag betreffend schnellstmögliche Umsetzung eines Transferkontos

Angesichts der vielfachen Missverständnisse und Fehlinterpretationen des Vorschlags auf Einrichtung eines Transferkontos ist die Abhaltung einer entsprechenden Enquete zur inhaltlichen Vertiefung der Diskussion dringend erforderlich.

Der Klubobmann der ÖVP Karlheinz Kopf erklärte sich in seiner Rede anlässlich der Behandlung des Dringlichen Antrages betreffend schnellstmögliche Umsetzung eines Transferkontos bereit, der Abhaltung einer mehrtägigen Enquete zu diesem Thema zustimmen zu wollen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Enquete zum Thema „Trans­fer­konto“ unter Einbindung maßgeblicher Experten, Institutionen, Gebietskörper­schaf­ten sowie von Abgeordneten der im Nationalrat vertretenen Parteien abzuhalten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Wortmeldung: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


17.46.46

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Wir haben hier jetzt eine, wie ich meine, sehr spannende und differenzierte Debatte gehabt. Herzlichen Dank dafür! Ich habe in meinem Redebeitrag vorhin am BZÖ kritisiert, dass Sie nach nur einer Woche Debatte oder kurzer Debatte über diesen Punkt schon einen Antrag auf quasi Einführung dieses Kontos stellen. Das muss ja zuerst diskutiert werden.

Jetzt kommt ein Antrag daher, weil ich auch vorgeschlagen habe, stattdessen zunächst einmal eine Enquete abzuhalten. Ich halte diesen Vorschlag natürlich aufrecht, aber


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jetzt kommt wieder ein Antrag daher, der in dieser Form nicht zweckmäßig ist. (Leb­hafte Heiterkeit beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, der richtige Ort, um eine Parlamentarische Enquete zu beantragen, ist der Hauptausschuss des Nationalrates – und nicht das Plenum. Mein Selbstverständnis der Debatte ist, dass wir das natürlich hier in diesem Hohen Haus debattieren werden, im Rahmen einer Parlamentarischen Enquete. Wir werden daher in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses einen solchen Antrag einbringen bezie­hungsweise wollen Ihnen auch den Vortritt natürlich nicht nehmen und das allenfalls auch mit Ihnen besprechen, dass Sie den Antrag einbringen oder wir ihn gemeinsam einbringen können. Aber es wird überhaupt kein Problem sein, dass wir solch eine Parlamentarische Enquete im nächsten Hauptausschuss miteinander be­schließen. (Beifall bei der ÖVP. – Oje-Rufe beim BZÖ.)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Wortmeldung: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


17.48.30

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich glaube, dass das von der Geschäftsordnung schon so vorgegeben ist, dass der Hauptausschuss der Ort ist, wo das zu beschließen ist. Ich bin auch dagegen, dass man einfach auf Zuruf hier Beschlüsse fasst, sondern da müssen sich alle fünf Parteien zusammensetzen, und die müssen einmal den Titel dieser Enquete diskutieren. Der Titel könnte zum Beispiel lauten „Verteilungs­gerech­tigkeit in Österreich“, und dann kann man natürlich verschiedene Titel mit behandeln.

Es sollte jedenfalls eine Enquete sein, wo alle fünf Parteien dem zustimmen können, wo wir dann beschließen, welche Experten, welche Vertreter der Gebietskörper­schaften daran teilnehmen. Das sollen möglichst viele sein, und dann, glaube ich, kann das eine gute Arbeit sein. Daher setze ich darauf, dass wir uns sehr rasch zusam­mensetzen und hier die Grundlagen für eine Enquete mit diesem von mir genannten Obertitel dann diskutieren und allenfalls beschließen. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe beim BZÖ: Umgefallen!)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Wortmeldung: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


17.49.29

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Wir nehmen das natürlich zur Kenntnis, über­haupt keine Frage. Es war ein konstruktiver Beitrag einer Oppositionspartei, um der Regierungsmannschaft und dem Bundeskanzler etwas unter die Arme zu greifen (Bundeskanzler Faymann: Danke, ich verzichte!), um mit neuen Ansätzen vielleicht auch die Regierungsgespräche zu intensivieren. Wir alle haben ja heute hier fest­gestellt haben, dass über dieses eine Thema in der Regierung noch nicht ein Mal ge­sprochen wurde. Sonst hätte das nicht eine solch therapeutische Auswirkung gehabt, wie wir das heute erlebt haben.

Wir wollten aber eigentlich auch eine Beschleunigung in diese Debatte hineinbringen und heute schon eine Enquete beschließen, weil wir wissen, dass Dinge oft, gerade wenn sie von der Regierung ausgehen, etwas länger brauchen. Bevor wir ein soge­nanntes Transparenzkonto in Österreich haben, werden Jahre vergehen, und um das zu beschleunigen, wollten wir heute den ersten Anstoß geben. Das war in unserem Sinne, und nichts anderes war gewollt. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 



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17.50.34

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident. Es ist halt wieder das, was wir einmal mehr aus der Richtung, einmal mehr aus der anderen Richtung kennen: ein klassischer Bauchfleck, der da hingelegt wird, wo man weit hinter dem zurückbleibt, was man vor einigen Tagen noch selbst sehr vollmundig und großspurig angekündigt hat.

Es bleibt der schale Beigeschmack – und daran ändert auch nichts, wenn man sich jetzt hinter den Buchstaben der Geschäftsordnung versteckt und es in irgendeinen anderen Kanal fließt, um es vielleicht irgendwo versanden zu lassen –, es bleibt also der wirklich schlechte Beigeschmack, dass die Inszenierung, die die ÖVP jetzt gewählt hat, und das, was die SPÖ hier macht, viel mehr Teil eines gegenseitigen Eskalations- und Aufschaukelungspotentials im politischen Bereich ist, als dass es darum geht, eine entscheidende Lösung, die eine Verbesserung der sozialen Situation für die Öster­reicher bringen könnte, voranzubringen.

Ich bin sehr enttäuscht darüber, weil es, glaube ich, sinnvoll gewesen wäre, beiden Anträgen, dem ersten und dem zweiten des BZÖ, die Zustimmung zu geben, nicht, weil wir damit irgendetwas Fertiges beschließen, sondern weil wir damit die Bereit­schaft bekunden: Es muss in diesem Bereich etwas passieren – so, wie es bisher ist, kann es nicht weitergehen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Wortmeldung: Herr Klubobfrau-Stellvertreter Mag. Kogler. – Bitte.

 


17.51.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Eben noch habe ich die Bundesregierung verteidigt. Ich tue es in dem Sinne, dass sie sich zumindest ab­sprechen dürfen, wenn es so knapp hergeht, natürlich weiterhin.

Was mich allerdings jetzt stutzig macht, Herr Kollege Kopf, ist die Begründung der Doch-Ablehnung. Korrekt ist der Antrag allemal: Die Bundesregierung wird aufge­fordert, und so weiter, sonst könnten wir uns ja nicht entschließen. – Wenn Sie das als Schönheitsfehler interpretieren, geht es jetzt hier im Haus in Wirklichkeit um etwas ganz anderes.

Es ginge darum, dass bei allen Unterschieden zum Zugang ein gemeinsames Signal ge­setzt wird, das hier unter allen Abgeordnete, so viel eben anwesend sind, zu demonstrieren. Wir können leicht – und deshalb würde ich immer noch um Zustim­mung werben – im Hauptausschuss dann noch einen anderen Antrag formulieren, so wie Sie das gemacht haben, und das Dinge am Schluss sogar noch sinnvoll fusio­nieren.

Aber es geht ja in der Politik auch um Signale. Sie wissen das ganz genau, Sie tun den ganzen Tag nichts anderes. Und deshalb ist es doch vernünftig, hier zuzustimmen und sich nicht an irgendwelchen Dingen zu stoßen, sonst muss man sich der inhaltlichen Kritik der anderen Oppositionsparteien ja noch anschließen. Aber wenn es so weiter­geht, glaube ich, dass ein Transparenztransferkonto für den Karl-Heinz Grasser viel schneller da sein wird – und im Übrigen auch notwendiger und sinnvoll sein wird. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 828/A(E) der Abgeord­neten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend schnellstmögliche Umsetzung eines Transferkontos.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema „Transferkonto“.

Wenn Sie dem beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

17.53.47Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2651/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur mit der Ordnungszahl 2651. Die Anfragebeantwortung ist bereits verteilt, sodass sich eine Ver­lesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf. Der Erstredner zur Begründung hat eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Die Debatte wird von Frau Abgeordneter Mag. Unterreiner eröffnet. – Bitte.

 


17.54.31

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie ich aus sicherer Quelle erfahren habe, hat am 15. September 2009 wiederum ein Wasser­einbruch in der Albertina stattgefunden. (Wui-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Jetzt ist das noch immer nicht dicht?) Und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Rie­senskandal, weil das nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist. Die Frau Ministerin und auch ihr Ressort hat die ganz Sache vertuscht. (Unruhe im Saal.)

Ich möchte nur daran erinnern, wie sich die ganze Sache Albertina entwickelt hat. Sie können sich sicher alle erinnern ...

 


Präsident Fritz Neugebauer: Entschuldigen Sie, Frau Kollegin! – Meine Damen und Herren, die Frau Kollegin hat ein Anrecht auf Aufmerksamkeit! – Bitte. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

 


Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (fortsetzend): Also, wie gesagt, falls man mich nicht gehört hat: Am Anfang wollte ich noch einmal bekunden, dass es einen neuerlichen Wassereinbruch gegeben hat und dass das die Öffentlichkeit nicht erfahren hat. Im Juni, können Sie sich erinnern, hat ja ganz Österreich gebangt, ob die Kunstschätze, die wir in der Albertina haben, überhaupt noch überleben können, ob sie gerettet sind oder nicht. Über viele Jahrhunderte sind sie in der Albertina aufbewahrt gewesen, Grafiken, Gemälde, und sie waren in größter Gefahr, völlig zerstört zu werden. Einzigartige Schätze, die Weltkriege und andere Katastrophen überstanden haben, wären fast durch Schlamperei und Fehlentscheidungen vernichtet worden.

Wasser war in den Tiefspeicher eingedrungen. Die Kunstschätze konnten nicht sofort evakuiert werden, wie Sie sich erinnern können. Da gab es einen Roboter, aber die


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einzige Möglichkeit, überhaupt zu diesen Gemälden zu kommen, war ausgefallen, denn der Roboter war defekt. Und Sie können sich erinnern: absolute Hilflosigkeit und Verzweiflung.

Nach langem Bangen kann man zwar den Herrn Direktor Schröder mit aufgeweichten Mappen im Fernsehen sehen, aber immerhin, er hat noch sagen können, die großen Kunstwerke sind noch unbeschadet geblieben, wie durch ein Wunder, sagt er. Die Grafiken und die Bilder werden in improvisierte Ausweichräumlichkeiten ausgelagert.

Erneuter Wassereinbruch, wenn Sie sich erinnern können – erneute Hilflosigkeit, er­neute Verzweiflung. Krisenstäbe werden eingesetzt, Krisensitzungen finden statt. Nach tagelangen Aufregungen Erleichterung: Die Meisterwerke aus allen Epochen – Sie wissen es ohnehin: Dürer, Rembrandt, Botticelli, Degas und so weiter –, es gibt sie noch. Zufälligerweise, muss man jetzt dazusagen. Die ersten Forderungen, die Ver­antwortlichen dieser Katastrophe zu finden, werden laut, die ersten Fragen nach Kon­sequenzen werden gestellt. Doch niemand ist schuld daran – niemand! Weder der Burghauptmann Wolfgang Beer, bei dem ja die unmittelbare Verantwortung liegt, noch der Herr Direktor Schröder, noch die Bauherren, die ja kurz zuvor, oder sagen wir Jahre zuvor, die Albertina revitalisiert haben und neue Bauten ausgeführt haben.

Auch die zuständigen Bundesminister Mitterlehner und Schmied ziehen keinerlei Kon­sequenzen. Es wird still um die Sache, alles bleibt beim Alten. Sogar der Roboter, der im entscheidenden Moment total versagt hat, und der es ja unmöglich gemacht hat, dass man in der Notsituation die Sachen herausholen hätte können, wird weiterhin eingesetzt. Schwamm drüber! Das Netzwerk des Vertuschens wird eng geknüpft.

Eine parlamentarische Anfrage von mir ergibt, dass hier alles in Ordnung sei. Sie, Frau Bundesministerin, beantworten 84 Fragen mit matten zwei Seiten. Sie verweisen beim Großteil der Fragen, auch bei denen, wo Sie ganz allein verantwortlich sind, auf Ihren Kollegen Mitterlehner. Auch der antwortet nur ganz oberflächlich. Auf die Frage, wer zum Beispiel aus Ihrem Ressort verantwortlich ist für dieses ganze Debakel, gibt es keine Antwort. Dabei müsste man ja annehmen, dass gerade jemand aus Ihrem Res­sort sehr wohl wissen muss, was man in so einer Notsituation macht. Man kann das doch nicht ganz allein einem Computer überlassen! Wenn Sie sich erinnern können: Erst viele Stunden später, sieben Stunden später hat man überhaupt erst gemerkt, dass etwas defekt war. Die großen Kunstwerke hätten ja auch hinweggespült werden können.

Man ist aber zu der Entscheidung, den Roboter anzuschaffen, gestanden. Man findet, dass es auch gut ist, dass man die Kunstwerke weiterhin in automatischen Hoch­regalen unterbringt, und man hat ganz bewusst darauf verzichtet, Menschen, also lebende Menschen, einzusetzen, wenn so eine Krise entsteht. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist natürlich eine grobe Fehlentscheidung. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zuständige Minister Mitterlehner und Sie, Frau Ministerin, scheinen sich – ich sage es einmal vorsichtig – nicht weiter um die Konsequenzen zu kümmern. Es gibt keinerlei Lehren, die daraus gezogen werden, im Gegenteil: Sie, Frau Ministerin Schmied, erklären mir in Ihrer Beantwortung, wie großartig dieser Tiefspeicher sei.

Es wird angeführt, er habe ein großes Maß an Einbruch- und Diebstahlsicherheit. Ge­lobt wird auch die kompakte raumsparende Einlagerung der Kunstwerke. – Das ist ja alles ganz nett, kann man sagen, aber was bei wirklichen Katastrophen wie zum Beispiel bei diesem Wassereinbruch oder bei einer Feuersbrunst geschieht, das kann man noch immer nicht sagen. Es ist nicht klar, was man in so einer Situation tun wird, denn man bleibt weiterhin bei diesem Roboter, denn er ist eine gute Sache und er funktioniert ja. Man musste aber inzwischen leider die Erfahrung machen, dass das Ganze natürlich nicht so ist.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus kennen wir noch immer nicht ganz allgemeine Konzepte für die österreichischen Bundesmuseen, nämlich: Gibt es Evakuie­rungspläne, gibt es Maßnahmen in Katastrophenfällen? Auch diese Dinge wer­den in keiner Weise diskutiert oder in der Öffentlichkeit bei einer Pressekonferenz vorgestellt.

Mit den 84 Fragen wollte ich von Ihnen wissen, wie Sie künftig die Aufbewahrung der Kunstwerke der Albertina gestalten wollen. Sie verweisen – welch Überraschung! – wiederum auf den Herrn Minister Mitterlehner, obwohl er überhaupt nicht dafür zu­ständig ist, denn das sind Sie. Sie sind aufgrund des Bundesmuseengesetzes die­jenige Person, an die man sich in so einem Fall wenden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Albertina-Skandal – daran möchte ich erin­nern – ist ja nicht der einzige Skandal und nicht die einzige Katastrophe, die in unseren Bundesmuseen passiert ist. Sie alle können sich daran erinnern, wie leicht es war, als man von ein paar Jahren eines unserer wertvollsten Kunstwerke aus dem Kunsthis­torischen Museum ganz einfach entwenden konnte.

Hier geht es nämlich – und dort möchte ich jetzt hin – um eine ganz grundsätzliche Einstellung zu unserem Kulturerbe. Es geht um die grundsätzliche Einstellung zu den Aufgaben von Museen. Der Schwerpunkt dieser Aufgaben hat sich in den letzten Jahr­zehnten weg vom Sammeln, vom Bewahren, vom Forschen hin zum Präsentieren verändert. Das hat sich verschoben: Im Scheinwerferlicht bei Ausstellungen zu bril­lieren ist nur eine der Aufgaben von Direktoren, denn, von ICOMOS festgeschrieben, die vier Grundpfeiler der Aufgaben von Museen sind natürlich das Sammeln, das Be­wah­ren, also das Aufbewahren und das Forschen.

Sehr geehrte Damen und Herren, unser Kulturgut ist auch unser Stolz, ist der Stolz unseres Landes, und unser Kulturgut wird von Generation zu Generation weiterge­geben. Museen haben nun einmal eine sehr große Bedeutung für unsere Identität. Sie sind identitätsstiftend. Das ist wichtig, weil das den Zusammenhalt in unserer Gesell­schaft fördert.

Österreich sei ein Kulturland, heißt es immer wieder. Aber wenn man sich jetzt zum Beispiel daran erinnert, dass der Bundeskanzler bei seiner Antrittsrede kein einziges Wort zum Kulturland Österreich verloren hat, oder wenn man sich daran erinnert, was zum Beispiel im Regierungsprogramm steht  das sind nur Oberflächlichkeiten auf sieben Seiten, zum Beispiel Machbarkeitsstudie für Popmusik oder solche Dinge.

Frau Ministerin, der freie Eintritt in die Museen ist eine gute Sache. Aber dass Sie die Kosten dieses freien Eintritts von der Basissubvention abziehen, ist ja auch ein Beweis dafür, dass Ihnen die Aufgaben der Museen nicht wirklich am Herzen liegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, finde ich, ist eine Schande, denn diese ganze Albertina-Geschichte ist eben ein Symptom einer Reihe von Unzulänglichkeiten.

Sehr geehrte Frau Ministerin, die Art und Weise, wie Sie sich der Sache Albertina angenommen beziehungsweise nicht angenommen haben, zeigt, dass Sie einen bürokratischen Zugang zu dieser Problematik haben und dass Ihnen unser Kulturerbe nicht am Herzen liegt.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie wissen, ich schätze Sie sehr, aber diese Einstellung zu unserem Kulturerbe kann auch sehr verhängnisvoll sein. (Beifall bei der FPÖ.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 



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18.04.34

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Unterreiner, ich möchte zu Beginn meines Statements über eines ganz klar reden, darüber haben wir uns im Kulturausschuss auch schon ein­gehend auf Anfrage des Abgeordneten Petzner unterhalten: Das ist die Frage der Ver­antwortung. Es ist mir immer ganz wichtig, das vorneweg auch klar darzulegen.

Die Verantwortung hinsichtlich der Bau-, Sanierungs- und Sicherheitsmaßnahmen in den Bundesmuseen ist im Bundesministeriengesetz klar geregelt. Dem Wirtschafts­ministerium obliegt die Planung, Beauftragung und Durchführung notwendiger Bau- und Sanierungsmaßnahmen. Das bedeutet im Fall der Albertina die gesamte bauliche Errichtung und Erhaltung des Tiefspeicherdepots und alle Maßnahmen zum Einbau des Lagersystems. Also mir ist es wichtig, da die Verantwortung klarzulegen.

Dem Bildungs-, Kunst und Kulturministerium obliegen die Einrichtung der Räumlich­keiten und die Sicherheitsmaßnahmen für die Kunstwerke. In der Albertina bedeutet das die Ausstattung mit Warnsystemen und Sicherheitsplänen. Ich habe daher – und nur aus diesem Grund! – in Beantwortung der heute zur Diskussion stehenden Anfrage jene Fragen, detailliert beantwortet, ausgeführt, die meine Ressortzuständigkeit betref­fen, und bei jenen Fragen, die in die Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums fallen, auf die Beantwortung der teilweise gleichlautenden Anfrage verwiesen.

Selbstverständlich haben zu diesem Thema, zur Beantwortung auch Ihrer Anfrage Abstimmungen zwischen den beiden Ressorts stattgefunden. Das entspricht einem koordinierten Vorgehen innerhalb der Bundesregierung. Und selbstverständlich sind die beiden Ministerien hier auch laufend in ständigem Kontakt. Insbesondere bei Fra­gen nach bautechnischen Details habe ich auf Antworten des Wirtschaftsministeriums verwiesen, da diese Fragen in die alleinige Kompetenz des Wirtschaftsministeriums fallen.

Ausschreibungen, Beauftragungen und Durchführungen von Bauarbeiten an den Bun­desmuseen werden von der Burghauptmannschaft in deren alleiniger Verantwortung durchgeführt. Es werden auch alle anfallenden Baukosten vom Wirtschaftsministerium getragen. Alle Konsequenzen, die sich mit der Bautätigkeit im Rahmen der Sanierung ergeben, also Reparatur oder andere Folgekosten, werden vom Wirtschaftsministerium getragen. Zu Fragen der baurechtlichen Verantwortlichkeit und Haftungen habe ich daher verwiesen und verweise auch heute auf die Beurteilung des Wirtschafts­minis­teriums.

Nun zu jenem Teil der Fragen, die mein Ressort betreffen. Das Vorgehen der Albertina in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, das ja zur Sicherung der Kunst­werke auch in meine Ressortzuständigkeit fällt, die Evakuierung und Lagerung in der Basteihalle waren – und das möchte ich betonen – vorbildlich und immer im Sinne der Sicherheit der Kunstwerke.

Der Kontakt mit Direktor Schröder ist engstens, und ich werde laufend über die aktuel­len Entwicklungen und die zu setzenden Schritte informiert. Die Sanierungsarbeiten werden in den nächsten Wochen abgeschlossen sein, und Direktor Schröder hat ges­tern in diesem Zusammenhang auch die Öffentlichkeit über die positive Entwicklung informiert, dass die derzeit als provisorisches Depot genutzte Basteihalle ab Ende Jänner 2010 wieder für Ausstellungszwecke genutzt werden kann.

Frau Abgeordnete, Sie haben den Wassereintritt vom September angesprochen. Ich wurde umgehend von Direktor Schröder informiert. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Kunstwerke bereits evakuiert und es ging auch eine kurze Information von Direktor Schröder an die Medien, die aber offensichtlich nicht weiter aufgegriffen wurde.


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Zur Frage der Ursachen. – Die Ursachen für den Wassereintritt sind klar, sind auch in der Öffentlichkeit schon besprochen worden. Das ist im Zusammenhang mit dem Einbau passiert. Die Haftungsfragen werden zurzeit geklärt.

Zu Ihrer Schlussbemerkung betreffend Basisabgeltung möchte ich klarstellen, dass es ab Jänner 2010 den Gratiseintritt in die Bundesmuseen für Jugendliche bis 19 geben wird, dass die Basisabgeltung aber nicht abgezogen und reduziert wurde bei den Bun­desmuseen, sondern ich erinnere an die Budgetbeschlüsse: Die Basisabgeltung für die Bundesmuseen wurde signifikant erhöht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Petzner und Dr. Zinggl.)

18.10


Präsident Fritz Neugebauer: In der Debatte stehen jeweils 5 Minuten Redezeit zur Verfügung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


18.10.33

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Kollegin Unterreiner, mir ist völlig unklar, warum diese Besprechung einer Anfragebeantwortung durch die Frau Kunstministerin verlangt wurde, denn der Herr Minister Mitterlehner wäre ja hier gewesen. Und die Fragen, die Sie angeschnitten haben, betreffen die Fragen der baulichen Zuständigkeit, und das ist in der Verantwortung von Herrn Minis­ter Mitterlehner. Also wenn sich für Sie herausstellt, dass Sie Fragen an eine unzu­ständige Ministerin stellen, dann kann man das anders auch lösen (Abg. Weinzinger: Das ist aber die Kunstministerin, wie Sie gesagt haben!), aber deswegen da herum­zukonstruieren, das halte ich für eine Vergeudung von Zeit. Und der Herr Minister Mitterlehner wäre ja hier gewesen. (Abg. Weinzinger: In der Albertina wird Kunst gezeigt!)

Noch einmal: Wir müssen klar trennen, wer wofür politisch verantwortlich ist. Die Frau Ministerin hat es eben klar gesagt: Sie ist politisch zuständig für die Sicherheit der Kunstwerke. Das ist ihre politische Zuständigkeit.

Was hat sie getan, nachdem sie umgehend vom Wassereinbruch erfahren hat? – Es stimmt, dass das ein Problem ist; um halb zwei war der Wassereintritt, um acht Uhr in der Früh ist er festgestellt worden. Aber Sie werden doch nicht erwarten, dass sich die Ministerin ins Museum setzt und zuschaut, oder? (Abg. Weinzinger: Aber dass Alarmanlagen da sind!) Das ist doch nicht ihre politische Verantwortung. Als sie das erfahren hat, hat sie sofort das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium infor­miert, sofort die Stadt Wien benachrichtigt. Sie hat sich vor Ort ein Bild gemacht und mit dem Direktor Schröder gleich die nächsten Schritte diskutiert. Die Kunstwerke sind abtransportiert worden.

Apropos Kunstwerke: Mittlerweile wurde auch durch ein Gutachten festgestellt, dass diese Kunstwerke glücklicherweise keinen Schaden genommen haben. Es sind ent­sprechende Maßnahmen im Tiefspeicher gesetzt worden, was die Entfeuchtung betrifft, auch was die Sicherheit betrifft, das notwendig Personal ist zur Verfügung gestellt worden. Mitte November, glaube ich, wird die Rückstellung vorgenommen.

Was den zweiten Bereich betrifft, den viel wesentlicheren, was die Baufehler angeht, so fällt das in die Zuständigkeit der Burghauptmannschaft und damit in die Zuständig­keit des Wirtschaftsministers. Da gibt es eine Ursachenforschung, eine Beweissamm­lung, die mittlerweile fast abgeschlossen ist. Es gibt auch noch ein externes Gutachten, und dann geht es um die Haftungsfragen, um die Fragen von Klagen und Prozess­einschätzungen. Diese Fragen müssen Sie an den zuständigen Minister stellen.


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Ganz abschließend: Eine Frage werden wir in diesem Haus nicht klären können, näm­lich warum an diesem Tag so viel Wasser vom Himmel gekommen ist. Das werden wir hier herinnen nicht klären, und dafür sind wir auch nicht zuständig. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Zinggl.)

18.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


18.13.28

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wenn ich jetzt in diesem Ton fortfahre, müsste ich sagen, nein, es ist eigentlich nicht der Herr Mitterlehner schuld (Abg. Weinzinger: Bitte nicht!), sondern die Frau Bun­desministerin hat sehr wohl eine Schuld zu tragen. (Abg. Ablinger: Ich habe nicht gesagt, dass er schuld ist!) Ich tue es nicht, weil ich nicht glaube, dass wir uns auf diese Art und Weise miteinander unterhalten sollten. Gott sei Dank wurde in dieser Krisensituation nicht zuerst die Schuldfrage diskutiert, sondern es wurde sofort gehan­delt. Das ist auch der Grund dafür, warum wir jetzt so schnell wieder rückstellen kön­nen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ablinger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube nämlich, dass alle Beteiligten und alle Verantwortlichen – dazu zählt die Albertina, dazu zählt das Wissenschaftsressort, dazu zählt natürlich auch das Wirtschaftsressort, völlig klar –, dass alle drei beteiligten Partner ihre Verantwortung übernommen haben. (Abg. Petzner: Der Herr Mitterlehner nicht! Das Wirtschaftsministerium nicht!) Ich weiß, dass die Burghauptmannschaft in Kombination mit dem Wirtschaftsministerium selbstverständlich in höchster Verantwor­tung auch Schadensbegrenzung betrieben hat; das war auch notwendig.

Ich denke, dass es letztendlich, wie die Frau Kollegin Unterreiner beanstandet hat, eben nicht bürokratisch abgegangen ist, sondern sehr wohl rasch und auch in enger Abstimmung gehandelt wurde. Alle Beteiligten haben dasselbe Ziel verfolgt, nämlich möglichen Schaden zu verhindern, auch Kosten zu minimieren. Das ist gelungen, indem kein externes Depot, wie es ursprünglich ausgesehen hat, in erster Linie heran­gezogen werden musste, sondern in der Albertina selbst eine Wechselausstellungs­halle zur Verfügung gestellt wurde. Das alles sind in so einer Krisensituation letzt­end­lich Merkmale, die unter dem Strich dann auch positiv zu sehen sind. (Abg. Petzner: Wo sind die Konsequenzen, Frau Fuhrmann?)

Die Konzentration der Bemühungen liegt natürlich in der Sicherung der Sammlung. Frau Kollegin Ablinger hat darauf hingewiesen, es sind Gott sei Dank keine Schäden festgestellt worden. Ich denke, das muss oberste Priorität haben.

Was die Sanierung betrifft, so bin ich eigentlich selbst auch überrascht davon, wie schnell sie vonstatten gehen konnte. Die Oberflächensanierung, für die die Burghaupt­mannschaft zuständig ist, wird bereits Anfang November abgeschlossen sein. Die baulichen Maßnahmen, für die die Albertina selbst Sorge zu tragen hat, sprich die interne Organisation, werden mit 15. November fertig gestellt sein. Die Rücküber­siedlung dauert dann in etwa einen Monat, das heißt, wir werden sehr rasch einen Regelbetrieb haben.

Ich möchte davor warnen, hier eine Skandalisierung in die Wege zu leiten. Ganz im Gegenteil! Ich möchte appellieren, eher davon Abstand zu nehmen. Ich denke, unser Interesse muss auf der einen Seite in der Aufklärung liegen – dafür ist schon viel passiert –, und unser Hauptinteresse muss vor allem darin liegen, möglichst rasch wieder einen Regelbetrieb herzustellen.


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Ich bin zuversichtlich, dass auch alle Verantwortungsträger, nämlich alle drei Betei­ligten – also zwei Ressorts und die Albertina selbst –, ihr Bestmögliches tun werden. Es sind einige Maßnahmen in Angriff genommen worden, wie zum Beispiel, für beson­dere Kunstwerke eine eigene Zone für weitere Notfälle einzurichten, wobei ich hoffe, dass die niemals eintreten werden. Rascher und besser evakuieren zu können, das sind Dinge, die wir unterstützen.

Ich denke, seitens der Politik sollten wir vor allem auch die Handlungsträger unter­stützen und nicht, nachdem in Wirklichkeit die Krise schon bewältigt ist, Öl ins Feuer gießen. Insofern kann ich mich nur bei der Albertina, bei der Frau Bundesministerin und auch beim Herrn Bundesminister, bei der Burghauptmannschaft dafür bedanken, dass das im Sinne der Krisenbewältigung sehr ordentlich und verantwortungsbewusst vonstatten gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ablinger.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.17.29

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Am 15. September wiederum ein Wassereintritt ohne Echo in der Öffent­lichkeit! Angeblich hat es auch eine Notiz seitens des Leiters der Albertina, im Volks­mund auch „Albrechtina“ genannt, an die Medien gegeben, aber das hat an sich keinen mehr interessiert. Dem werden wir natürlich nachgehen, und zwar mit welchem Infor­mationsgehalt und mit welcher Informationsintensität so etwas berichtet wird.

Was mich eigentlich wundert ist, da geht auf einmal ein Ruck durch den Blätterwald, weil man merkt, dass einzigartige Kunst- und Kulturgüter der Republik Österreich nur knapp der Vernichtung entronnen sind. Man kann, wenn man sich genau ansieht, dass da ein Roboter tätig war, fast sagen, wir haben Glück gehabt, dass Kunstwerke aus Menschenhand letztlich nicht durch Robotertechnik vernichtet wurden.

Wir sind dieser Katastrophe entgangen, aber was ich aus dieser Diskussion jetzt mitnehme, ist, dass einerseits der Leiter der Albertina gemeint hat: Durch ein Wunder sind wir gerettet worden, durch Gottes Hand. Die Frau Kollegin Ablinger hat aber gemeint, das ist ja letztlich alles von oben gekommen, das war der Regen, der da mitspielte.

Das Wasser kommt von oben, eigentlich auch Gottes Wille. Man kann fast sagen, der Schutz unserer Kunstwerke vor Vernichtung oder nicht hängt nur noch vom göttlichen Willen ab. Wozu brauchen wir dann überhaupt noch Sicherungsmaßnahmen oder Ähnliches? Überlassen wir es doch gleich generell dem göttlichen Willen, was passiert!

Aber das eigentlich Erschreckende dabei ist – gerade bei einem Wasserschaden –, mit welcher Trockenheit hier in der Debatte vorgegangen wird. Da ist kein Herzblut dabei, wenn es um unsere Kulturschätze geht. Da sagt man: Bitte, die Zuständigkeit ist dort gegeben, ich bin zwar Kulturministerin, aber wo das Kunstgut gelagert wird, dafür ist der Bautenminister zuständig. Ich nehme den Ordner eins heraus, den Ordner zwei hinein, drücke auf den Knopf eins, die Tabelle hier, das Excel-Sheet dort und so weiter. Das ist offensichtlich das, wie man hier mit Kulturpolitik umgeht (Beifall bei der FPÖ), statt dass da Herzblut dahinter wäre, dass man hier merken würde – auch aus dem Redebeitrag der Frau Kollegin Ablinger –, dass da vielleicht irgendetwas dahinter steckt. Bitte, wir fragen die Falsche!

Die Kunstministerin ist zwar auch für die Sicherheit der Kunstwerke verantwortlich, die in der Albertina sind, aber bitte fragen Sie jemanden anderen! Und auch die Burg­hauptmannschaft ist schuld, und damit ist das Ganze ad acta gelegt. Und unsere


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Kultur­güter – mein Gott! Einmal sind sie halt kaputt, und einmal sind sie vielleicht durch ein Wunder nicht kaputt. – Was auch immer.

Und dann kommt bei der Anfragebeantwortung noch dazu heraus, es sei auch nicht üblich, dass man solche Kulturgüter versichert. Kulturgut im Bundeseigentum wird nicht versichert, weil es auf der einen Seite wahrscheinlich zu teuer sein wird, auf der anderen Seite, weil Kulturgüter ja so gut gesichert sind, dass man das gar nicht braucht.

Wie gut sie gesichert sind, das sehen wir, und sogar während der Umbaumaßnahmen tritt tatsächlich ein neuer Wasserschaden ein. Gott sei Dank war noch nichts drin. Man kann nur sagen: Hoffentlich dauern die Renovierungsarbeiten noch möglichst lange, weil ich glaube, dann sind die Bilder, die Kunstwerke besser gesichert, als wenn sie dort sind, wo sie ursprünglich sein sollten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Herr Kollege Bartenstein, wenn Sie ein Bild an die Wand hängen, es kann sogar ein Foto sein, es ist immer ein Bild. Ich habe jetzt nicht von der Technik der Graphik, des Kupferstiches, des Aquarells, der Gouache, des Ölbildes, des Holzschnitts, des Linol­schnitts – vielleicht haben Sie so etwas selbst einmal in der Volksschule produziert, vielleicht wird es auch einmal einen würdigen Platz dort drin finden – gesprochen. Auf das brauchen wir uns nicht einzulassen. Ich nehme an, Sie leben nicht bilderlos, wie andere in manchen schicken Designvillen oder ähnlichem, aber es geht letztlich um Bilder, die man an die Wand hängt und auf denen etwas abgebildet ist, zumindest bei einem Kulturbewusstsein, das wir haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt vielleicht auch Bilder, wo nichts abgebildet ist, auf die vielleicht nur etwas drauf­geschüttet worden ist. Die einen bezeichnen das auch als Kunst, auch wenn es aus Tierblut ist. Wie auch immer.

Wir sind der Meinung, dass die Debatte um die Sicherheit unserer Kulturgüter eine derart wichtige ist, dass es sich sehr wohl lohnt, mit der Ministerin, die ja für das Kultur­gut verantwortlich ist, zu diskutieren und nicht nur zu sagen: Bitte, sind alle Gummi­dichtungen dicht? Sind alle Fenster zugemacht worden in der Nacht? – Und vielleicht sagt uns das dann auch noch der Roboter. (Beifall bei der FPÖ.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


18.22.04

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Faktum ist, dass es am 23. Juni 2009 einen Wassereinbruch mit über 2 000 Liter in der Alber­tina gegeben hat, der 950 000 Kunstwerke gefährdet hat. (Abg. Hörl: Neues ist das nichts!) Wir wissen in weiterer Folge auch, wie das jetzt von der Fraktion der Frei­heitlichen gekommen ist, dass es Mitte September einen weiteren Wassereinbruch gegeben hat. Wir wissen aus öffentlichen Stellungnahmen, dass es insgesamt schon über fünf Wassereintritte im Depot der Albertina gegeben hat. (Ruf bei der ÖVP: Na, so was! – Abg. Gahr: Das ist ein Skandal!) – Das ist schon: Na, so was!, weil es sind 950 000 Kunstwerke drin, die unbezahlbar sind und die wir sichern müssen. Das ist auch die Frage, die man heute stellen muss.

Wenn das fünfmal und öfter passiert, stellt sich die Frage: Wer ist politisch verant­wortlich, und wo sind die Konsequenzen? – Diese Konsequenzen sind bisher ausge­blieben, und das ist, glaube ich, das Problem und die Schwierigkeit in dieser Dis­kussion.

Wenn man von der Konsequenz und den Verantwortlichkeiten spricht, dann teile ich durchaus die bereits geäußerte Meinung, dass Frau Ministerin Schmied die Falsche ist, die kritisiert und angegriffen wird. Verantwortlich – und das geht aus einer anderen


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parlamentarischen Anfragebeantwortung hervor – für den Bau und die Bauaufsicht ist die Burghauptmannschaft, und die gehört wiederum zum Wirtschaftsministerium. Das heißt, verantwortlich sind der jetzige Wirtschaftsminister Mitterlehner beziehungsweise der damalige Wirtschaftsminister Bartenstein, zu denen die Burghauptmannschaft ge­hört, die, wie gesagt – Anfragebeantwortung Wirtschaftsministerium – für den Bau, die Bauaufsicht und damit auch für allfällige Baufehler politisch verantwortlich ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein Faktum, meine Damen und Herren von der ÖVP, das Sie einfach zur Kenntnis nehmen müssen.

Das heißt, ich fordere nicht die Frau Bundesminister Schmied, sondern den Herrn Bundesminister Mitterlehner auf, die Konsequenzen vor allem in der Burghauptmann­schaft und beim Burghauptmann Beer zu ziehen, der für diese Causa politisch veran­twortlich ist und jetzt auch die Aufgabe hat, Konsequenzen zu ziehen und sicher­zustellen, dass nicht weiterer Schaden, nicht nur für die Kunstwerke, sondern auch für den Steuerzahler, entsteht. Ich verweise darauf, dass sich bisher schon die Kosten für diesen Wassereinbruch auf über 1 Million € belaufen. Das heißt, wenn Frau Fuhrmann sagt, es sei kein Schaden entstanden, so stimmt das nicht. 1 Million € Schaden für den Steuerzahler ist entstanden, Frau Kollegin Fuhrmann. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, das ist ein Faktum.

Das Wirtschaftsministerium ist aufgefordert, auch im Wissen, dass es ein Baufehler beim Einbau des Roboters war, der zu diesem Wassereinbruch geführt hat, dass man einerseits gegen die Baufirma klagt und andererseits in der Burghauptmannschaft, wie ich gesagt habe, die Konsequenzen zieht.

Dass das notwendig ist, auch wenn Frau Fuhrmann von einer tollen Evakuierung spricht, das zeigt eine Aussage des Herrn Direktor Schröder selbst. Ich habe ihn einmal bei einer Diskussion gefragt: Wo ist der Dürer-Hase? – Herr Schröder hat die Frage beantwortet und gesagt, er hat den Dürer-Hasen in seinem Tresor aufbewahrt, um – Zitat wörtlich – eine Risikostreuung vorzunehmen.

Das muss man sich einmal vorstellen! Da geht es um unwiederbringliche Kunst­schätze, und Herr Schröder erklärt: Weil schon fünfmal Wasser eingebrochen ist, gebe ich den Dürer-Hasen in den Tresor, 50 Kunstwerke gebe ich dorthin und die nächsten 100 Kunstwerke dorthin, damit, wenn irgendwo etwas passiert, ein paar überbleiben und der Schaden nicht allzu groß ist.

Das kann doch bitte nicht die Verantwortlichkeit sein, das kann doch nicht der Umgang der Kulturnation Österreich mit wertvollen Kunstschätzen sein! Das heißt, in diesem Bereich ist schon auch die Ministerin gefordert, für entsprechende Sicherheits­vor­kehrungen zu sorgen. Ich hoffe, dass das auch tatsächlich passiert. Herr Schröder hat es ja auch angekündigt, damit er den Dürer-„Hasen“ dorthin geben kann, wo er hin­gehört, nämlich nicht in seinen Tresor. Ob er dort so gut aufgehoben ist, das stelle ich hier einmal in Frage.

Wir sollten diesen Wassereinbruch in der Albertina auch zum Anlass nehmen, öster­reichweit die Sicherheit in Galerien, in Museen zu hinterfragen und zu prüfen, ob über­all die Sicherheit gewährleistet ist.

Es gibt auch entsprechende Stellungnahmen von Sicherheitsexperten, die von – wört­liches Zitat – problematischen Sicherheitslücken in Gemäldegalerien in ganz Öster­reich sprechen.

Nehmen wir diese Causa Albertina auch zum Anlass, um in ganz Österreich die Sicherheit unserer Kunstwerke – dazu gehört auch die Kunst des Hermann Nitsch, weil


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der Herr Rosenkranz das vorhin zitiert hat; für mich ist das Kunst – zu gewährleisten. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


18.26.57

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Jetzt stehe ich schon zum zweiten Mal da mit dieser langweiligen Frage. Ich muss ganz ehrlich sagen, es interessiert mich nicht wirklich. Das ist nicht meine Vorstellung von Kulturpolitik. Das mag die Ihre sein oder auch die vom BZÖ. Das BZÖ hat immerhin kapiert, dass das jetzt nicht die Verantwortung der Ministerin ist, sondern die von Minister Mitterlehner – beim letzten Mal noch nicht, da haben Sie dazugelernt, das ist schon okay.

Ich finde es sehr löblich, Frau Unterreiner, dass Sie die Kontrollfunktion des Parla­mentes wahrnehmen, aber Sie stellen überhaupt nicht die entscheidenden Fragen. Sie wollen zwar wissen, wer schuld ist, aber Sie haben es nicht gefragt.

Sie haben in den 84 Fragen alles Mögliche gefragt. Welche Firma hat welche Schrau­be wo montiert? Sie haben sogar gefragt, ob Hans Hollein als Architekt irgendwie beteiligt war. Das hat ja alles mit der eigentlichen Frage, die Sie stellen wollten – Wer ist schuld an dem Ganzen? –, nichts zu tun.

Diese Frage haben Sie nie gestellt. Sie haben nicht gefragt: Wer trägt die Verant­wortung? Wer zahlt das? Was kostet das? – Diese Fragen fehlen. Die Ministerin hat gesagt, sie wird eine Kommission einrichten. Sie hätten fragen können: Was ist bei der Kommission herausgekommen?

Das wären die vier entscheidenden Fragen gewesen. Kommission, was ist raus­gekommen? Was hat das gekostet? Was hat der Schaden gekostet? Wer kommt dafür auf?

Dann hätten wir eventuell eine Antwort bekommen. So haben Sie 84 Fragen gestellt, und die Ministerin hat völlig recht, wenn sie drei Viertel dieser Fragen sozusagen an Minister Mitterlehner weitergibt, weil der tatsächlich zuständig ist.

Minister Mitterlehner hat diese Fragen auch ganz gut beantwortet, kann man sagen. Da hätte man schon auch einmal nachschürfen können. Wenn Sie Minister Mitter­lehner zitiert hätten, hätte man schon was daraus machen können, denn die Themen Burghauptmannschaft, Qualitätskontrolle und so weiter hätten mich eventuell noch interessiert. Da wäre aber nicht ich zuständig gewesen, sondern meine Kollegin Lichtenecker. Ich hätte es gerne an sie abgegeben, ich habe es ohnehin probiert, aber es ist nicht gelungen, also muss ich das halt jetzt machen.

Weil mir schon so langweilig war mit den Fragen, habe ich sie mir doch genauer ange­schaut, und da habe ich drei Fragen entdeckt, die Sie, Frau Ministerin, zwar übernommen, aber nicht beantwortet haben. Das muss ich schon ehrlich sagen.

Die Frage 16 – Sie können es nachlesen –: Welche Bereiche und Personen des Bun­desministeriums für Unterricht, Kultur und Kunst waren in die Arbeiten der Neuge­staltung involviert? – Das haben Sie dem Minister Mitterlehner weitergegeben. Also, das geht nicht, das kann es ja wohl wirklich nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

Eine andere Frage: Wurden mit den Unternehmen Haftungsrücklässe vereinbart? – Das ist auch ganz interessant, das hätten Sie eigentlich dem Mitterlehner rübergeben können. Sie haben es übernommen, haben es aber nicht beantwortet. Haftungsrück­lässe bedeutet, dass eine Firma sozusagen nicht alles Geld bekommt, und falls ein Schaden entsteht, dann hat die Republik wenigstens eine kleine Sicherheit. Diese Din-


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ge hätten mich vielleicht noch irgendwo interessiert, aber letztlich ist das Ganze ziem­lich uninteressant. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet hat sich nochmals Frau Bundes­minis­terin Dr. Schmied. – Bitte.

 


18.29.46

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Ich möchte in fünf Punkten noch zu den Debattenbeiträgen Stellung nehmen, weil mir das wichtig ist.

Erster Punkt: Was waren die Ursachen? – Die Ursachen sind geklärt. Der Wasser­eintritt ist entstanden durch die Öffnung der Dachluken.

Zweiter Punkt – und das schließt an die Ausführungen von Abgeordnetem Petzner an, wenn er Konsequenzen einfordert –: die Frage der Haftungen. Diese Fragen – es hat sie auch Herr Abgeordneter Zinggl angesprochen – sind noch nicht geklärt, genauso wie sämtliche anfallende Kosten noch nicht gesamthaft dargestellt sind.

Diese beiden Punkte, nämlich welche Kosten entstanden sind und letztlich die Haf­tungs­frage – Wer hat Schuld, wer hat auch diese Kosten zu tragen? – müssen geklärt werden und werden noch geklärt.

Dritter Punkt: Robotersystem. Der Roboter ist nicht das Problem. Das Problem, die Ursache war der Wassereintritt.

Vierter Punkt: Noch einmal zurückkommend auf den 15. September, auf den neuer­lichen Wassereintritt zu dem Zeitpunkt, als die Kunstwerke bereits evakuiert waren, möchte ich betonen, dass zu diesem Zeitpunkt die Sanierungsmaßnahmen noch nicht begonnen hatten, weil Gutachter noch mit der Ursachenforschung beschäftigt waren.

Fünfter Punkt, weil Sie auch meine Emotion angesprochen haben: In Krisensituationen und vor allem dann, wenn es um Kunstwerke geht, ist für uns, für alle Beteiligten, ein Prinzip vorrangig, welches lautet: Kunstwerke zuerst.

Das zweite Prinzip lautet: enge Kooperation. Da unterstreiche ich das, was Frau Abge­ordnete Fuhrmann gesagt hat, und möchte das erweitern um das Innenministerium und um das Militärkommando. Es haben in dieser schwierigen Krisensituation alle vor­bildlich zusammengearbeitet. – Vielen Dank! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

18.32


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

18.32.15Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir nehmen die Verhandlungen über die Punkte 5 und 6 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


18.32.28

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Ich darf zur Novellierung des MinroG ein paar Worte verlieren. Das MinroG ist das Nachfolgegesetz des Berggesetzes 1999. Die Wirtschaft hat eigentlich gute Erfahrungen damit gemacht. Es ist eine bundeseinheitliche Regelung für alle mineralischen Rohstoffe in einem Rechtsraum. Die Gleichbehandlung der Wirtschaft im


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ganzen Bundesgebiet ist sichergestellt, und durch die Verankerung der Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaften in diesem Gesetz ist die Bürgerbeteiligung einerseits, aber auch die Praxisnähe gewährleistet.

Grundsätzlich ist die Gesetzesanpassung an den EU-Rechtsrahmen für Bergbau­abfälle, die zwischen Wirtschaft und Montanbehörde akkordiert wurde, in Ordnung. Wir können das so beschließen.

Bezüglich der geforderten Sicherheitsleistungen – ein Abfallbewirtschaftungsplan, Wie­der­nutzbarmachung der Oberfläche, auch die Pläne zur Gewinnung – ist zu sagen, dass das auch jetzt schon bewilligungspflichtig war. Die Mehrkosten für die Wirtschaft und der zusätzliche bürokratische Aufwand halten sich hier in Grenzen.

Es ist in der Betriebspraxis sicher darauf zu achten, dass es nicht zur überschießenden Verwaltungspraxis kommt – mehrfache Sicherheitsleistungen und so weiter. Ich denke aber, Hausverstand und Augenmaß werden bei den Bezirkshauptmannschaften doch großgeschrieben.

Kollege Matznetter hatte recht im Ausschuss, wenn er davor warnte, den Schotter- und Gesteinsabbau sowie den Abbau der Flussbausteine im Inland bürokratisch zu behin­dern, weil dies dazu führt, dass diese schweren Materialen quer durch Europa, quer durch unsere Bundesländer herangeschafft werden müssen.

Die Ökobilanz solcher Transporte ist wesentlich schlechter als der Abbau möglichst am Ort der Verwendung. Das sollten auch Sie, Frau Kollegin Brunner – sie ist, glaube ich, nicht hier –, beherzigen.

In meiner Heimat, dem Zillertal, gibt es ein solches Problem. In den Tälern rund um Mayrhofen gibt es genügend Steine, die Talböden der Talschlüsse sind voll davon. Steinlawinen, Felsstürze und Staublawinen im Winter bringen immer wieder Nach­schub. Es gibt aber auch Almen und das Ruhegebiet Zillertaler Hauptkamm. Die Bauern sind froh, wenn aufgeräumt wird. Wir brauchen andererseits jährlich über 30 000 Tonnen solcher Steine für Natur- und Bachverbauungen, für Straßenmauern und für Stützmauern.

Die Entnahme bedingt aber eine Bewilligung nach dem MinroG. Eine solche erfordert aber einen Planungs- und Sachverständigenaufwand in der Höhe von mehreren 100 000 €. Dies bedingt, dass sich solche Verfahren nur für Großentnahmen von mehreren zigtausend Tonnen lohnen.

Im Ruhegebiet, im Erholungsgebiet auf den Almen wären kleinere Entnahmen ge­scheiter, für die Bauern nützlicher und für den Tourismus verträglicher. Deshalb sollten wir danach trachten, für örtlich, zeitlich und mengenmäßig begrenzte kleine Abbauten ein vereinfachtes und damit billigeres Verfahren zu entwickeln. Damit würden wir auch kurze Transportwege haben und dieses Problem leichter lösen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


18.35.30

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Wie man so viel Positives aus dem Bergbau­gesetz herauslesen kann, Herr Hörl, ist mir ein Rätsel. Ich kann Ihnen in drei Dingen sagen, was an diesem neuen Gesetz eigentlich nicht gut ist:

Es führt verstärkt zu bürokratischen Auflagen, wir sind noch stärker der Willkür der Be­hörden ausgesetzt, es ist für den heimischen Rohstoffhandel überhaupt kein Schutz-


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paket, sondern wir liefern uns eher dem internationalen Rohstoffhandel aus. So viel, um Ihre positive Sicht der Dinge ein bisschen ins rechte Licht zu rücken.

Jetzt zu den Wirtschaftsprüfern. Warum wir das ablehnen, hat mein Kollege Lutz Weinzinger schon erklärt, weil er ja selber als Wirtschaftsprüfer immer damit beschäf­tigt ist und tatsächlich tagtäglich damit zu tun hat.

Tatsache ist aber, dass diese Gesetzesänderung maßgeschneidert für die vier Big Player auf diesem Markt gemacht wird. Das zeigt wieder mal das Lobbying der ÖVP für die Großindustrie und für internationale Konzerne. Das führt nämlich überhaupt nicht dazu, den Schutz der heimischen und kleinstrukturierten Wirtschaft in Österreich zu gewährleisten. – Das ist das eine. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Wenn es darum geht, dass man der ÖVP in diesem Bereich Lobbying vorwirft, dann kommt Herr Kollege Steindl hier heraus und sagt: Ja, wissen Sie, eigentlich geht es ja nur darum, dass wir hier eine EU-Richtlinie österreichweit anpassen!

Das ist wieder ein Paradebeispiel für die ÖVP, dass alles, was die EU vorgibt, sofort, ohne nachzudenken und ohne Wenn und Aber in diesem Parlament beschlossen wird. Dass sich die SPÖ von der Wirtschaftskompetenz ohnehin schon lange verabschiedet hat, das wissen wir, und dass die ÖVP jetzt auch noch das Lobbying der EU fördert, das kann man jetzt sehen, wie man will.

Offensichtlich ist dem Herrn Steindl nicht klar, dass es in dieser EU mit 27 Mit­gliedstaaten in der Zwischenzeit eine Unzahl von Staaten gibt, die sich in vielen Be­reichen Sonderrechte ausverhandelt haben – nehmen Sie nur England oder Irland und etliche andere Länder mehr her.

Das heißt also, wenn man EU-Vorgaben im Parlament eins zu eins umsetzt – und die ÖVP ist bekannt dafür, dass sie das ohne Wenn und Aber macht –, dann wird natürlich verleugnet, dass in der EU auch nur Lobbying für Großindustrie betrieben wird. Oder glauben Sie, dass die glückselige Glühbirnenverordnung, die von der EU kommt, oder alles, was in den letzten Jahren mit der Ölindustrie oder mit anderen Industriesparten in Verbindung steht, auch nichts mit Lobbying zu tun hat? – So viel nur zur Wirtschaftskompetenz. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Steindl, seit einem Jahr sind wir in einer wirtschaftlich schwierigen Situ­ation, und dann haben wir so alle heiligen Zeiten einen Wirtschaftsausschuss mit vier oder fünf Punkten auf der Tagesordnung, die an und für sich schon draufgehören, weil sie behandelt gehören, aber wichtige Themen, wie der Arbeitsmarkt, die ständig steigende Anzahl der Arbeitslosen, die Lehrlingsproblematik et cetera stehen nicht auf der Tagesordnung. Ich würde mir von Ihnen als Vorsitzendem des Wirtschaftsaus­schus­ses schon erwarten, dass öfters Wirtschaftsausschusssitzungen abgehalten werden und dort Themen behandelt werden, die zur Linderung oder zur Lösung dieser Krise beitragen und nicht so Nullachtfünfzehn-Geschichten und damit war es das. – Danke! (Beifall bei der FPÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


18.39.21

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Kollegen auf der Regie­rungs­bank! Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Die FPÖ-Position zu diesem Thema ist zwar von Sorgen geprägt, ich glaube aber, dass, wenn es wirklich zu einer europäischen Harmonisierung kommt, es auch für kleine Wirt­schaftstreuhänder wesentlich leichter möglich wird, sich international zu Gruppen zu


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koordinieren. Heute ist es etwas schwierig, weil man ja den Kolleginnen und Kollegen in diesen Ländern nicht immer trauen kann.

Ich sehe das auch so, dass nicht nur diese vier Großen übrigbleiben werden, denn wenn man den Madoff-Skandal verfolgt, dann weiß man, dass zwei weitere Große möglicherweise sehr stark ins Wanken kommen oder ähnliche Schicksale erleben werden. (Abg. Weinzinger: Die haben aber dieses System, das hier verlangt wird, und trotzdem haben sie die Probleme! Trotzdem!) – Trotzdem, ja. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) Richtig!

Ich glaube daher, dass eine strengere europäische Regelung insgesamt positiv ist und auch den KMUs unter den Wirtschaftstreuhändern die Chance bietet, ein bisschen internationaler zu werden. Ich sehe diesen positiven Ansatz. In diesem Sinne bin ich auch für diese Regelung. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


18.40.57

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um das Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden, kurz gesagt, um das Bergbauabfallgesetz.

Wir wissen, Österreich hat ein gutes Bergbaugesetz. Warum hat Österreich so ein gutes Bergbaugesetz? – Leider aus einer Tragik heraus. Uns allen ist noch die Ka­tastrophe in Lassing in Erinnerung. Aufgrund dieser wurde das Bergbaugesetz evalu­iert, neu ausgerichtet in den Jahren 1998/99. Es ist jetzt zehn Jahre in Kraft, und wir sehen, dass es richtig ausgearbeitet wurde.

Heute geht es um eine Umsetzung von EU-Richtlinien in diesem Zusammenhang, aber im Grunde wird nicht viel geändert. Wie gesagt, Österreich hat ein gutes Gesetz, auf das wir stolz sein können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


18.42.00

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Obernosterer, Sie haben wahrscheinlich nicht verstanden, worum es hier geht, wenn Sie von Bergbau sprechen. Die Steiermark, insbesondere die Obersteiermark hat eine langjährige Bergbautradition.

Es geht darum – ich erkläre es Ihnen anhand eines Beispiels –: Magnesitabbau. Da werden die Trümmer herausgesprengt aus dem Berg, werden dann zerbrochen, kom­men in den Ofen, werden dort gesintert, das heißt, geschmolzen, kontrolliert ge­schmolzen, damit sich das Material verdichtet. Dann wird noch einmal gemahlen, und dann wird mit Filtersaugern bis zu einer bestimmten Körnung abgesaugt. Das geht so lange, bis dieses „weiße Gold“ Magnesit vollends heraußen ist und das taube Gestein übrig bleibt. Damit dieses taube Gestein dann wieder auf eine Halde zurückgebracht werden kann, braucht es einen Abfallbewirtschaftungsplan, und hier zeigt sich aufgrund einer EU-Richtlinie, zu der Herr Hörl nur sagt, es hätte noch viel schlimmer kommen können, seien wir doch froh, dass es nur das ist, wieder einmal ein typischer Kniefall vor der EU. Nichts anderes ist das! (Beifall bei der FPÖ.)


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Ein anderes Thema: Der Bergbau hat, wie gesagt, in der Obersteiermark Tradition. Leoben besitzt mit der Montanuniversität eine hervorragende Bildungsstätte, die inter­national anerkannt ist. Diese Bildungsstätte bekommt jetzt Konkurrenz in einem Studienzweig, nämlich in Kunststofftechnik, an der Johannes Kepler Universität in Linz. Dazu gibt es von der Politik keine klaren Stellungnahmen und schon gar nicht von der steirischen Landespolitik; Voves und Schützenhofer schweigen vornehm. (Abg. Amon: Wer ist denn zuständig?) – Ich weiß, dass der Bund zuständig ist, aber trotzdem brauchen die Stadt Leoben und die Montanuniversität eine klare, eine ganz klare Rückendeckung aus der Landespolitik, Herr Kollege Amon. (Abg. Rädler: Wir sind im Parlament!)

Konkurrenz belebt das Geschäft, heißt es. Die Frage ist nur, ob das angesichts eines so engen Marktes notwendig ist und ob wir dadurch nicht Kompetenz dort schmälern, wo das gar nicht notwendig wäre. Ich fordere von der Politik ein – insbesondere von den beiden großen Fraktionen hier in diesem Haus –, dass der Standort Leoben mit dem Bereich Kunststofftechnik gesichert wird, damit es nicht durch eine meines Erach­tens unnotwendige Konkurrenz zu einem Niedergang der großartigen Bergbau­tradi­tionen und der großartigen wissenschaftlichen Leistungen an der Montanuniversität Leoben kommt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Staatssekretärin Marek zu Wort. – Bitte.

 


18.45.09

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren, insbesondere meine Damen und Herren von der FPÖ! Ich habe es in der Debatte vor dem Aufruf des Dringlichen Antrages schon einmal gesagt, ich wiederhole es aber gerne; es ist seither offensichtlich viel Zeit vergangen. Es geht um Vertrauensbildung in den Wirtschafts- und Finanzstandort Österreich. Wir brauchen – Kollege Matznetter hat das sehr ausführlich dargestellt – gleiche Qualitätsstandards. Vor allem in einem Bereich, der mit Vertrauensverlusten konfrontiert ist, braucht es gerade für die „Kleinen“, damit die sich verbreitern können, entsprechende Standards.

Was schlecht sein soll an verpflichtender Weiterbildung mit einem Minimalniveau, frage ich mich schon. Gerade in diesem Bereich tut sich sehr viel. Ständige Gesetzes­änderungen sind, glaube ich, sehr wichtig.

Warum es schlecht sein soll, dass bei absoluten Verfehlungen, bei Dienstpflicht­verfehlungen auch Strafen verhängt werden, weiß ich nicht. Wo liegt da das Problem? – Ich glaube, ganz im Gegenteil, das trägt sehr zu entsprechender Vertrau­ens­bildung bei.

Sie haben selbst gesagt, Herr Abgeordneter Weinzinger, wir haben ein hohes Niveau. – Das haben wir uns schwer erarbeitet, und wir müssen weiter sehr intensiv daran arbeiten, dass es auch so bleibt und noch besser wird; vor allem für die von Ihnen ja angesprochenen „Kleinen“, die auf besondere Herausforderungen stoßen.

Ich glaube, dass das der Weg in die richtige Richtung ist und die Chancen dadurch auch besser werden. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Weinzinger.)

18.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 211

18.46.54

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Kollege Weinzinger, melden Sie sich zu Wort, jetzt bin ich dran. – Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! In der aktuel­len Debatte geht es um die Anpassung von Gesetzen an EU-Richtlinien. Ich bin Ihrer Meinung, Frau Staatssekretärin, es ist schon mehr als vier Stunden her, dass Sie hier gesprochen haben, man kann natürlich etwas vergessen.

Ich möchte mich der Änderung des Mineralrohstoffgesetzes und des Abfallwirtschafts­gesetzes widmen. Es gibt neue Regelungen, die Verpflichtungen auferlegen, Abfall­wirtschaftspläne zu erstellen, und Bestimmungen zur Abfallentsorgung von Bergbau­anlagen werden ergänzt.

Der Entwurf regelt die obligatorische Erstellung eines Abfallplanes schon im Vorfeld der bergbaulichen Tätigkeit bei der zuständigen Behörde. Ich bin der Meinung, das ist kein überbordender Bürokratismus, sondern einfach eine notwendige Maßnahme, weil sichergestellt wird, dass sich der zukünftige Betreiber bereits vor der Inbetriebnahme der Bergbauanlage Gedanken über das Danach, also die Zeit nach der Einstellung des Abbaues, machen muss.

Auch die Öffentlichkeitsbeteiligung im Bewilligungsverfahren wird verbessert.

Ja, Frau Kollegin Brunner – sie ist jetzt nicht da –, man kann natürlich unterschiedlicher Meinung sein, es kann natürlich immer ein bisschen mehr verlangt werden, auch das ist gutes Recht der Opposition, aber fest steht jedenfalls – und darüber herrscht Einig­keit –, dass die Anpassung, die wir heute beschließen, eine Verbesserung in Bezug auf die Beteiligung der Öffentlichkeit bedeutet.

Sehr geehrte Damen und Herren, noch kurz einige Worte zum Entschließungsantrag, den Kollege Matznetter eingebracht hat zum Thema Diabas; vulkanische Gesteine, die außergewöhnlich hart, zäh, griffig und abriebfest sind. Aufgrund dieser Eigenschaften wird Diabas im Straßenbau und als Gleisschotter beim Ausbau des Schienennetzes bei Eisenbahnen zum Einsatz kommen.

Im Jahr 2008 wurden aus sieben Betriebsstätten in Österreich rund 2,3 Millionen Ton­nen Diabas produziert und abgesetzt. Der Absatz hängt natürlich von den Investitionen in die Infrastrukturprogramme ab, und gerade in diesem Bereich hat sich heuer sehr viel getan und wird auch in den nächsten Jahren sehr viel geschehen. Momentan gibt es keinen Engpass, was die Diabas-Versorgung betrifft, und damit das auch in Zukunft so bleibt, haben wir eben diesen Entschließungsantrag eingebracht, mit dem der Bun­desminister beauftragt wird, die Versorgungssituation zu evaluieren, ob und welche Probleme bei der Vollziehung des MinroG insbesondere in Bezug auf Diabas aufge­treten sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


18.49.29

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Ich habe absolut kein Verständnis für die Haltung des Herrn Abgeordneten Zanger, der das als „Kniefall vor der EU“ und als „unnötige Bürokratie“ bezeichnet hat. (Abg. Zanger: Selbstverständlich!) Ich finde auch die Meinung der Kollegin Brunner, die hier Parteienstellung für NGOs wollte, überschießend. Ich glaube, es geht hier ganz eindeutig um mehr Sicherheit für Mensch und Umwelt, und das ist etwas, das wir nur befürworten können.

Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, dass, bevor mit einem derart großen Bauvorhaben begonnen wird, ein Abfallentsorgungskonzept vorhanden ist, dass man weiß, wie die gewonnenen Rohstoffe verwendet werden, wie Zwischenlager angelegt


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werden, wie die Abfälle entsprechend weiterverwendet werden. Es handelt sich hier um enorme Mengen, und es ist daher wichtig, dass man weiß, wie diese Lager kon­trolliert werden. Es ist wichtig, dass diese Halden auch halten und nicht irgendwann einmal ein Problem darstellen.

Ich glaube, dass all die Maßnahmen, die in diesem Gesetz geschaffen werden, absolut sinnvoll und wichtig sind. Es sind darin auch Maßnahmen für die Anlagensicherheit, das heißt für die Sicherheit des Menschen, vorgesehen, und es sind durchaus auch weiterführende Maßnahmen für den Umweltschutz vorgesehen.

Alles in allem glaube ich, dass das einfach eine sinnvolle Erweiterung dieses Gesetzes ist, der wir eigentlich nur zustimmen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


18.51.07

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Staats­sekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde auf die von der Bun­des­regierung vorgelegte Novelle zum Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz ein­gehen. Ziel dieser Änderung sind Anpassungen im Berufsrecht für Abschluss­prü­fungen auf hohem Niveau, auf einem Niveau, das im gesamten EU-Bereich Geltung hat.

Wesentlich ist, dass strenge Kriterien für die kontinuierliche Fortbildung geschaffen werden, die die Qualität sichern.

Auch wird die Unabhängigkeit der Prüfer gestärkt. Die Errichtung eines finanziellen und personell ausreichend dotierten Systems der öffentlichen Aufsicht sichert die Kontrolle. Durch diese externe Qualitätsprüfung, der sich alle Prüferinnen und Prüfer alle drei Jahre unterziehen müssen, werden klare Richtlinien zur Sicherstellung einer hohen Qua­lität festgelegt, einheitliche Standards geschaffen, und der Erstellung von Gefälligkeitsgutachten wird ein Riegel vorgeschoben. Das heißt, auch die Kontrolle wird kontrolliert, und das extern. (Beifall bei der ÖVP.)

All das sind Maßnahmen, die der Sicherung der Qualität dienen, die aber den ver­träglichen Rahmen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften durch überzogene Richtlinien nicht überschreiten dürfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine hohe Qualität der Prüfung hat eine besondere Bedeutung für unsere Betriebe und deren Mitarbeiter und dient auch der Sicherung von Arbeitsplätzen. Die Steigerung der Qualität sollte gerade in diesen Zeiten der Verän­derung eine wesentliche Zielsetzung sein, denn nur so können wir diese Um­bruchs­phase nutzen, um gestärkt in die Zukunft zu gehen, um den Wirtschaftsstandard Österreich mittel- und langfristig abzusichern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


18.53.09

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine geschätzten Damen und Herren! Zur Anpassung des Berufsrechts der Abschlussprüfer an EU-Normen, vor allem an die 8. EU-Richtlinie über Personen, die mit der Pflichtprüfung von Rechnungsunterlagen beauftragt sind, hat die Bundes­regie­rung diese heute vorhandenen Änderungsentwürfe zum Abschlussprüfungs-Qualitäts­sicherungsgesetz und zum Wirtschaftstreuhandberufsgesetz vorgelegt.


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Meine Vorredner haben schon die wesentlichsten Punkte dieser notwendigen Novelle aufgezeigt: dass man eben die Schwächen der Vergangenheit ausbessert, dass es endlich sozusagen zu einem gleichen Standard innerhalb der Europäischen Union und der EWR-Staaten kommt, dass Aus- und Fortbildung sowie die Qualifikation ent­sprechend gesichert werden.

Frau Staatssekretärin Marek hat in ihren zwei Wortmeldungen immer wieder erwähnt, dass der Hintergrund natürlich auch der ist, den Wirtschafts- und Finanzstandort Öster­reich auszubauen und abzusichern, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie hat in Ihrer Wortmeldung meiner Meinung nach die wesentlichsten offenen Fragen beant­wortet.

Meine Damen und Herren von der Opposition, stimmen Sie diesen beiden Vorlagen zu! (Beifall bei der ÖVP.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz und das Wirtschafts­treu­handberufsgesetz geändert werden, in 360 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Steindl, Dr. Matznetter, Kollegen und Kolleginnen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 2 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag gestellt wurde, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Wenn Sie sich dafür aussprechen, bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Bergbauabfallgesetz samt Titel und Eingang in 313 der Beilagen.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Matznetter, Steindl, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Sicherung der guten Rohstoffversorgung aus dem österreichischen Bergbau.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ange­nommen. (E 51.)


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18.56.097. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (332 d.B.): Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 2009) (365 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager; er möchte keinen Bericht erstatten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


18.56.34

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Weingesetzes sieht in § 8 vor, die Bezeichnung „Tafelwein“ aufzuheben. Der bisherige Tafelwein hat ja an Grund­anfor­derungen nur, nicht verdorben zu sein. Es durften Etiketten weder kleinere geo­graphische Angaben, Jahresbezeichnungen oder Sortenbezeichnungen aufweisen.

Die neue Regelung sieht eine Hektar-Höchstbegrenzung von 9 000 kg oder 6 750 Liter Wein sowie auch eine typische Eigenart hinsichtlich Rebsorte und Jahrgang vor. – Damit endet aber die angebliche Verbesserung zum alten Tafelwein schon. Hinkünftig kann dieser Wein nämlich Etiketten mit der Sortenbezeichnung und/oder dem Jahr­gang aufweisen. Somit könnten oder können qualitativ minderwertige Weine durch ent­sprechende Flaschen und Etiketten genauso aussehen wie hoch qualitative Produkte.

Die Winzer begrüßen diese Änderung. Interessant ist aber, dass im Herbst 2008 der Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes, Josef Pleil, wenig Freude mit dieser Änderung hatte, hat er doch gesagt: Wir müssen es schaffen, dass wir nicht guten österreichischen Qualitätswein zugunsten eines sortenbezeichneten Tafelweins zu Grabe tragen! Anders hört sich das schon im September 2009 an. Da hat er gesagt: Wir brauchen dringend den Beschluss des österreichischen Weingesetzes, damit das Qualitätsniveau des österreichischen Weines keinen Schaden nimmt und weder Produzenten noch Konsumenten bezeichnungsrechtlich verwirrt werden! Der Grund für diesen Sinneswandel ist rätselhaft. Vielleicht war die Aussage im Herbst des Vorjahres auch durch die bevorstehenden Nationalratswahlen beeinflusst.

Mit der neuen Bezeichnung ist es für den Konsumenten schwer möglich, zwischen min­derwertigem und qualitativ hochwertigem Wein zu unterscheiden. Der Käufer muss sich bis ins Detail mit den Etiketten beschäftigen, um den Unterschied herauszufinden.

Wir müssen diesem Gesetz die Zustimmung versagen, da es die Qualität öster­reichischer Weine in der Vermarktung zu verschleiern hilft und bestehende regionale Qualitätsmerkmale benachteiligt. (Beifall beim BZÖ.)

Gerade in Österreich, das sich nach dem Weinskandal durch intensive Bemühungen vor allem um die gute Qualität seinen Namen auf dem internationalen Weinmarkt zurückerkämpft hat, sollte solch ein Paragraph in einem Weingesetz nichts verloren haben. (Beifall beim BZÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schla­ger. – Bitte.

 


18.59.33

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf kurz auf das


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Weingesetz 2009 zu sprechen kommen. Wir haben aufgrund der im Jahre 2008 be­schlos­senen Weinmarktreform der EU Anpassungen vorzunehmen.

Diese Reform gliedert sich in zwei Teile.

Das eine ist der weinmarktrelevante Teil – schon 2008 in Kraft getreten –, wo wir durch Umstrukturierung und Umstellungsmaßnahmen im Bereich der Weingärten Förderun­gen von der EU bekommen und ausschütten, um die Weingärten umzustellen. Weiters geht es um Investitionsmaßnahmen in Verarbeitung und Verkauf, sowie um den Export in Drittländer.

Ziel ist es, höchstmögliche Traubenqualität schon vom Weingarten heraus zu produ­zieren und dann mit modernster Technik zu keltern. Von der schonenden Trauben­übernahme über eine gekühlte Gärung bis hin zu einer absolut modernen Topabfüllung möchten wir dem qualitätsverwöhnten österreichischen Kunden des Weines wirklich beste Qualität ermöglichen, und wir sind sehr stolz darauf, dass wir so einen Zuspruch haben.

Der zweite Teil ist der weinrechtliche Teil. Da kann ich meinen Vorredner, glaube ich, leider nicht aufklären. Wir haben es schon im Ausschuss versucht, konnten es ihm aber auch dort nicht klarmachen. Es gibt eine Neueinteilung in die Kategorien Wein ohne Herkunft und Wein mit Herkunft. Das gliedert sich in das EU-Lebensmittelrecht ein, weil wir da die Herkunft besser deklarieren müssen.

Wir haben es aber geschafft, das bisherige Qualitätsregime des österreichischen Wei­nes – das heißt, die Qualitätspyramide – weiterhin zu erhalten. Das ist der große Sieg, der uns da gelungen ist. Der Wein ohne nähere Herkunftsangabe, der bisher als Tafel­wein bezeichnet wurde, wird in Zukunft nur mehr mit der Bezeichnung „Wein“ in den Verkauf kommen.

Hat er den Zusatz eines Rebsortenweins – das heißt, wenn er mit dem Ausdruck der Sorte versehen ist –, muss er dem höheren Qualitätslevel entsprechen, was Hektar­höchstertrag sowie natürlich fehlerfreie Sensorik und Sortentypizität betrifft. Da sind wir schon in der nächsten Qualitätsebene, und das ist der Wein mit geschützter geo­graphischer Angabe. Das war bisher der Landwein. Diese Bezeichnung bleibt auch weiterhin erhalten. Dieser Wein muss zu 100 Prozent aus der namensgebenden Wein­bauregion stammen.

Das höchste Level in diesem Bezug ist der Wein mit geschützter Ursprungs­bezeich­nung. Da sind die Qualitätsweine – die DAC-Weine – sowie die Prädikatsweine (Abg. Zanger: Giebelkreuzwein! Heiterkeit bei der FPÖ) – Spätlese, Auslese, Beerenaus­lese, Ausbruch, Trockenbeerenauslese und Eiswein – enthalten.

Neuerungen gibt es beim Qualitätswein hinsichtlich der Bezeichnungen keine – die werden komplett beibehalten. Das heißt, für den erprobten Konsumenten ändert sich nichts, und auch die Praxisbewährung in der Produktion für den Produzenten ändert sich nicht. Das sind ganz wichtige Punkte.

Die Neuerung ist jedoch, dass wir nun die Möglichkeit bekommen, Qualitätswein auch in andere Behälter abzufüllen. Da ist immer wieder von den „Bag-in-Boxes“ die Rede. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, um auf den Exportmärkten für den österreichischen Qualitätswein auch punkten zu können, denn gerade in den skandinavischen Ländern und im britischen Raum sind diese Bag-in-Boxes sehr gängig. Wir konnten da bisher noch nicht Fuß fassen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Die Banderole als Zeichen des Qualitätsweins österreichischer Herkunft darf jedoch nur auf inländisch abgefüllten Glasflaschen getragen werden. Die Banderole ist das Symbol für Qualitätswein aus Österreich. Dieses Zeichen für österreichischen Wein


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wollte der Österreichische Weinbauverband Ihnen allen heute eigentlich zur Verfügung stellen, gemeinsam mit der Broschüre über den österreichischen Wein. Leider wurde uns das von der Frau Präsidentin dieses Hauses nicht genehmigt. (Abg. Zanger: Ihr wollt immer nur ..., das ist ein Wahnsinn!)

Das ist für mich persönlich eine große Enttäuschung, muss ich sagen. Das ist auch eine Abfuhr für die Mitarbeiter der „Österreichischen Weinmarketing“ sowie für die Mitarbeiter im Österreichischen Weinbauverband und nicht zuletzt eine plakative Geringschätzung für den österreichischen Wein und die heimischen Winzer. Da hätten wir uns schon die gleiche Solidarität wie bei vielen anderen Aktionen und Initiativen, die es hier im Haus schon gegeben hat, gewünscht.

Doch zurück zum Verfahren. Im Gesetz sind noch weitere önologische Verfahren enthalten, die ich Ihnen gerne erläutern würde, aber ich glaube, das würde den Rah­men sprengen.

Ich darf aus aktuellem Anlass auch ein bisschen auf die aktuelle Weinlese 2009 ein­gehen. Als Winzer sehen wir das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits haben wir leider geringe Erträge, verursacht durch Hagel und witterungs­bedingte Probleme (Abg. Zanger: Das heißt, ... schon wieder teurer!), andererseits haben wir eine hohe Qualität, die sich schon in der hohen Zuckergradation der Moste abzeichnet, eine schöne Säurestruktur, die für die Frische und Fruchtigkeit unserer typischen österreichischen Qualitätsweine so bemerkenswert ist, und gerade der Ar­beitseinsatz der Winzer in der Vegetationsphase hat diese Qualitäten hervorge­bracht.

Um in diesem Sinne bestmöglicher Qualität für die Konsumenten zu erlangen, beste Produktionsmöglichkeiten für die Winzer zu garantieren und eine klare Kennzeichnung und Kontrolle zu gewährleisten, um unser hohes Qualitätsniveau auch in Zukunft abzusichern, bitte ich Sie, diesem Weingesetz 2009 zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mag. Gaßner: Dürfen wir die Broschüre sehen?)

19.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.05.24

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner konnte mich leider Gottes auch jetzt nicht überzeugen, obgleich in diesem Gesetz auch wirkliche Verbesserungen enthalten sind – ich denke da an die Parteistellung der Kellerinspektoren.

Der springende Punkt ist der § 8. Wen betrifft es? – Es gibt in etwa 32 000 Betriebe, 13 000 davon alleine in Niederösterreich, und es gibt viele Konsumenten, die jetzt wohl einigermaßen verwirrt werden.

Rückblende: Mitte der achtziger Jahre. Damals hat sich der Gesetzgeber nach dem riesigen Weinskandal zu entscheiden gehabt – damals gab es die kleine Koalition, es muss also nicht immer die ÖVP sein, die für diesen Stand etwas Gescheites macht; federführend war der niederösterreichische Abgeordnete Sepp Hintermayer –, und dann hat man voll auf Qualität gesetzt. Sepp Hintermayer hat sich einiges von dieser Seite anhören können, hat einiges verbal abbekommen, Länge mal Breite. Es war aber der richtige Weg, und diesen Weg sehen wir jetzt in gewisser Weise vor einer Gabelung.

Bei der Qualität blüht Ihnen jetzt etwas, das Sie im Vorfeld noch mächtig kritisiert haben. Es ist ja schon vom Erstredner erwähnt worden, was der Herr Pleil alles gesagt hat: Wir müssen es schaffen, dass wir nicht guten österreichischen Qualitätswein zugunsten eines sortenbezeichneten Tafelweines zu Grabe tragen. (Abg. Höllerer: Wir


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haben es geschafft!) – Das war natürlich vor der Wahl. Nach der Wahl war schon wie­der alles anders; jetzt begrüßt er das.

Da auch die Österreichische Weinmarketing zitiert worden ist, kann ich nur sagen – ich zitiere den „Kurier“ –: „Verwirrung vor dem Weinregal“. – Das war schon die Prophe­zeiung. – „Wer den Winzer kennt, hat es einfach. Für alle anderen könnte das neue Weingesetz einige Fehlkäufe bringen.“ – Es ist Ihnen nicht gelungen, diese Kritik mit diesem Gesetz zu entschärfen.

Was hat der Geschäftsführer der Österreichischen Weinmarketing, Klinger, gesagt? „Wir sind mit der EU-Regelung nicht glücklich. Hier haben sich die Billigproduzenten und Handelslobbys durchgesetzt.“

Wir können daher, obgleich einige Verbesserungen vorhanden sind, dieser Gesetzes­vorlage die Zustimmung nicht geben. Ich glaube, dass Sie hiemit den guten Weg Richtung Qualität, der von anderen Parteien vorgegeben wurde, leider verlassen. (Beifall beim BZÖ.)

19.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.08.06

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bekenne, ich bin stolze Besitzern von zwei Weinstöcken der Sorte Isabella mit einer Nettoernte von 15 Kilo. Deshalb bin ich zwar nicht gleich prädestiniert dafür, über das Weingesetz zu reden, aber es ist ungeachtet dessen eine wichtige und not­wendige Novelle. Denn es geht darum, dass wir die neue europäische Weinmarkt­ordnung im österreichischen Gesetz umsetzen.

Herr Kollege Schmuckenschlager, Sie haben beklagt, dass Sie Werbematerialien hier im Plenum nicht verteilen durften. Dafür habe ich Verständnis, aber ich kann mir vorstellen, dass Sie Ihre Informationen nach Rücksprache mit den verschiedenen Klubs sicher in den Klubs auflegen dürfen – je nach Bedarf und Wunsch. (Abg. Jakob Auer: Wein auch! Abg. Mag. Gaßner: Das Flascherl auch dazu! Heiterkeit.)

Zurück zur Weingesetz-Novelle: Meine Damen und Herren, begleitet wird diese natio­nale Umsetzung von Umstellungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen im Bereich der Weingärten, der Verarbeitung, des Absatzes und der Vermarktung. Aus diesem euro­päischen Weinmarktordnungsbudget stehen mit der Umsetzung in Zukunft – vor allem aber auch nach dem Jahr 2013 – beträchtliche budgetäre Mittel zur Verfügung. Dass es ein gutes Gesetz ist, zeigt schon die hohe Zustimmung im Ausschuss. Ich be­dauere, dass das BZÖ dem nicht zustimmen wird.

Meine Damen und Herren, wichtig ist bei den Neuerungen auch eine Weinkontrolle. So wird ab 2015 der Weinbaukataster von der Weinaufsicht geführt – bisher lag das das bei den Ländern. Den Bundeskellereiinspektoren wird ab nun Parteistellung einge­räumt.

Ich denke, wir sind in Österreich sehr sensibel, was den Wein betrifft, sehr hellhörig.

Deshalb ist Vertrauen gut, aber Kontrolle ist noch wichtiger, denn es geht einerseits um die Sicherheit für die Weinproduzentinnen und -produzenten selber und andererseits auch um die Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten, dass die Qualität des Weines stimmt.

Erlauben Sie mir noch, auf etwas hinzuweisen, das für mich persönlich einen Wermuts­tropfen darstellt: Ich werde sicherlich noch einige Zeit brauchen, um mich daran zu gewöhnen, dass auf einmal Qualitätswein im Tetra Pak – oder, wie es so schön heißt,


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in „Bag-in-Boxes“ – verkauft wird. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Ich nehme an, dass die österreichischen Weinbauern in Österreich weiterhin bei ihren traditionellen Fla­schen, nämlich den Glasflaschen, bleiben werden. Der Export verlangt es aber. Wein wird in Tetra Pak nachgefragt, und deshalb gibt es nun auch die Möglichkeit, Wein auf diese Art und Weise zu vermarkten.

Darüber hinaus erscheint mir auch das Ersuchen einer Gruppe von Bioweinbauern wichtig, die verlangen, sicherzustellen, dass für die Zulassung neuer Rebsorten nicht mehr die Mindestanbaufläche von 500 Hektar gefordert wird.

Meine Damen und Herren, wir können auf unseren österreichischen Qualitätswein stolz sein – und sind es auch! –, und wir wünschen den Winzerinnen und Winzern eine gute Ernte für das Jahr 2009, so sie nicht schon vorbei ist! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. Ein­gestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.11.48

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Wir von der FPÖ werden dem Weingesetz zustimmen. Wir haben im Aus­schuss ausführlich darüber beraten. Den Antrag, der von der grünen Fraktion noch eingebracht wird, werden wir auch unterstützen, weil wir ihn für ausgesprochen sinnvoll erachten. Aber was wir eher diskutieren müssten, wäre der Artikel, der heute in der „Kleinen Zeitung“ veröffentlicht worden ist – Herr Minister Berlakovich, Sie kennen ihn wahrscheinlich –, mit dem Titel: „13 Liter Milch für ein Krügerl Bier“.

Wir diskutieren hier das Weingesetz, und das ist gut und richtig, aber ich würde mir auch wünschen, dass wir über die Milch und die existenzbedrohende Situation in der Landwirtschaft reden. 27 Cent für einen Liter Milch und 13 Liter Milch für ein Krügerl Bier, das kann ja wohl nicht sein! (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Jakob Auer.)

Herr Minister! Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, in der Sache der Milch­bauern untätig zu sein – wir betrachten das als sehr überheblich. Ich habe auch eine Zeitung mitgebracht, die sicher keine freiheitliche Zeitung ist. „Blick ins Land“ ist der Name dieser ÖVP-Zeitung, die wahrscheinlich von Raiffeisen finanziert wird. Der Herr Bundeskanzler empfängt die Milchbauern wenigstens, der redet mit den Bauern! Sie haben es bis heute noch nicht der Mühe wert gefunden, mit den Milchbauern zu sprechen.

Das Witzige an dieser Zeitung ist die Seite 2. (Der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe, auf der ein Foto von Bundeskanzler Faymann zu sehen ist, der eine rot-weiß-rote Plastikkuh mit der Aufschrift: „A faire Milch“ in Händen hält.)

Der Bundeskanzler empfängt die Milchbauern der IG-Milch, die um ihre Existenz kämp­fen (Abg. Eßl: Was hat er gemacht?!), und der Herr Bundesminister sucht die Bäuerin des Jahres 2009. Das ist auch wichtig und notwendig – und dazu stehe ich auch –, aber die Wertigkeiten muss man auch einmal sehen, denn es geht um die Existenz der Bauern! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Zanger: Das sind Prioritäten!)

Herr Minister Berlakovich, Sie wissen, dass jeden Tag neun Bauern zusperren! Das war eine ganz schlechte Woche, denn hier habe ich das „NEWS“ – und bei aller Wert­schätzung Ihrer Reisen nach Moskau oder nach Kalifornien zu Arnold Schwarzen­egger, das hilft den Bauern in Österreich überhaupt nicht. (Der Redner hält ein Exemplar der Zeitschrift „NEWS“ in die Höhe, auf dem ein Foto von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich mit Arnold Schwarzenegger zu sehen ist.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 219

Seit dem EU-Beitritt hat jeder fünfte Bauer zugesperrt, und Sie lassen sich die kalifor­nische Sonne auf den Bauch scheinen – das kann ja wohl nicht sein, bitte! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Ing. Schultes: Also das ist ja schon unter jeder Kritik! Das ist ein Skandal! Reden Sie zum Wein! Wenn Sie zum Wein überhaupt nichts zu sagen haben, ...! Das ist ja wirklich unglaublich!)

Aber der größte Witz ist der, dass sogar Sie vom Bauernbund mittlerweile über die EU zu schimpfen beginnen.

Im letzten „Report“ hat ein Bauer ganz klar gesagt: Seit Jahren erzählt ihr uns den gleichen Sch... – und das sage ich jetzt nicht, denn sonst bekomme ich einen Ordnungsruf vom Präsidenten. (Abg. Ing. Schultes: Haben Sie zum Wein gar nichts zu sagen?! Das ist Ihnen ganz wurscht! Das ist ja völlig ...! So was von an der Wirklichkeit vorbei! Unglaublich!)

Wir müssen das Problem natürlich europaweit lösen, aber man kann auch in Öster­reich einiges machen: nämlich endlich die Bürokratie abzubauen. Es ist ein Wahnsinn, was für eine Bürokratie wir hier in Österreich im Bereich der AMA haben. Da gibt es riesige Einsparungspotenziale, und da müssen Sie etwas tun! (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Ing. Schultes: Können Sie einmal das Wort „Wein“ in den Mund nehmen?!) – Ja, ich werde Ihnen etwas vorlesen. (Abg. Binder-Maier: Zur Sache! Abg. Amon: Er spricht nicht zur Sache! Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.) – Regen Sie sich nicht auf! Mir geht es um die Milchbauern, das gehört ins Parlament, und das werde ich bei jeder Agrardebatte diskutieren. (Abg. Ing. Schultes: Schämen Sie sich, Herr Jannach! Kein Interesse an den Weinbauern!)

Es geht um die Existenz unserer Bauern. Es ist Zeit, endlich einmal hinter die Fassade von Doppelgleisigkeiten und kostenintensiven Abläufen in der Agrarbürokratie zu schauen – und das ist keine Aussage von mir; das ist eine Aussage vom Abgeordneten Jakob Auer von Ihrer Fraktion, der selbst sagt, dass die Agrarbürokratie bei Weitem überbordend ist. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Ing. Schultes: ... kein Interesse!  Abg. Schmuckenschlager: Zurück zum Thema!)

Einen weiteren Punkt möchte ich noch ansprechen, und zwar die Einheitswertregelung für die Bauern. Im nächsten Jahr haben wir eine neue Einheitswertbewertung, und dazu zeige ich Ihnen eine Veröffentlichung der Landwirtschaftskammer von Kärnten – und die gehört nicht der FPÖ, nicht dem BZÖ und nicht den Grünen, sondern das ist eine von der ÖVP geführte Landwirtschaftskammer. (Abg. Wöginger: Ja, Gott sei Dank!) Die hat eine Einheitswertberechnung gemacht, so wie sie sich diese vorstellen. Wir betrachten es als Frechheit, dass man im Ausschuss keine Minute darüber diskutiert, sondern dass man den Bauern dann etwas vor die Nase klatscht, mit dem sie keine Freude haben können. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Pirklhuber.)

In diesem Bericht werden zwei Betriebe vorgestellt. Ein Grünlandbetrieb im Berggebiet erleidet beim Einheitswert eine Steigerung von 84 Prozent – das ist eine Kammer­berechnung! –, und die großen Agrarbetriebe in Niederösterreich erhalten eine Sen­kung des Einheitswertes. Das ist mehr als ungerecht. Wir verlangen, dass man im Ausschuss offen über diese Dinge diskutiert! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Schmucken­schlager: Im Ausschuss vielleicht, aber nicht da! Ruf bei der FPÖ: Na bravo! Abg. Zanger: Unglaublich!)

Ja, ja, dem Weingesetz stimmen wir ja ohnehin zu, das ist kein Problem. (Abg. Ing. Schultes: Aber Ahnung hast du keine! Du weißt ja nichts!) Wir stimmen dem Weingesetz zu, da können Sie sicher sein. Wir sprechen uns nicht dagegen aus. (Abg. Ing. Schultes: Schämen Sie sich! Abg. Zanger in Richtung ÖVP : Jetzt wischen Sie sich einmal den Angstschweiß von der Stirn!)


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Einen Punkt möchte ich noch anbringen, und zwar in Bezug auf die Genossenschaften. Liebe Freunde von Raiffeisen, wir haben einen Knebelvertrag der Genossenschaft, der die Milchbauern – wenn sie sich einem Milchstreik anschließen, wenn sie Protest­maßnahmen gegen die skandalöse Preisentwicklung ergreifen – aus der Molkerei ausschließt. (Abg. Ing. Schultes: Das ist unglaublich! Wir reden vom Weingesetz! Die totale Verachtung der Weinbauern! Schämen Sie sich!) Das kann ja wohl nicht sein, bitte! Da muss der Herr Minister etwas unternehmen, und auch wir im Parlament müssen uns überlegen, wie wir da eine gerechte Regelung finden. Man kann die Bauern ja nicht bis zum Geht-nicht-Mehr unterdrücken, bis sie ihre Existenz aufgeben müssen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir verlangen in all diesen Punkten, im Einheitswertbereich genauso wie bei der För­derung der Milchbauern, endlich eine offene und ehrliche Diskussion. (Abg. Ing. Schultes: Lügen über Lügen, aber nichts zum Wein! Rufe bei der ÖVP: Zur Sache, bitte!) Das ist das Einzige, was wir verlangen! Mehr verlangen wir nicht, und dem Weingesetz, das habe ich schon gesagt, stimmen wir ja zu, das ist ja kein Problem! (Abg. Zanger in Richtung ÖVP : Was wollen Sie mehr?!)

Aber die wahren Probleme in der Landwirtschaft liegen im Milch- und im Getreide­bereich, und da lassen Sie die Bauern schändlichst im Stich! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Zanger: Der Herr Minister fährt zum Muskelprotz, daheim weint der Bauer Wasser und Rotz! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

19.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.18.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Werte Besucherinnen und Besucher des Hohen Hauses! Ja, das eine ist ein säumiger Minister. Wir beschließen heute mehr­heitlich das Weingesetz. Wir Grünen werden dem auch zustimmen. Sie sind bei dieser Umsetzung ja im Verzug. Es geht um EU-Recht, das umgesetzt werden muss.

Diese Regelungen sind auch durchaus nachvollziehbar und positiv, zum Beispiel, dass der Begriff „Tafelwein“ entfällt und der Wein stattdessen mit einer Herkunfts­bezeich­nung, einer Rebsorte und einem Jahrgang ausgezeichnet ist – und die Herkunfts­bezeichnung ist Österreich. Also ich glaube schon, dass das ganz dem entspricht, was wir sonst auch vereinbart haben, nämlich, wo immer es geht, die Herkunftskenn­zeichnung europaweit voranzustellen. Diese Regelung in diesem Fall, im Weinbereich, umzusetzen, ist positiv.

Man kann natürlich darüber diskutieren, ob es klug und zukunftsträchtig ist, Qualitäts­wein auch in Tetra Pak und in Bag-in-Boxes abzufüllen, aber das ist inzwischen im Gastrobereich und in einigen Bereichen durchaus gang und gäbe und auch sinnvoll. In manchen Staaten wie in Skandinavien zum Beispiel ist dies im Rahmen des Exports vernünftig – also man kann darüber diskutieren. Wir sind da nicht von vornherein dagegen, allerdings, meine Damen und Herren, hätte ich mich bemüht – und der Kollege Jannach hat es ja schon angesprochen –, die Gelegenheit zu nutzen, um auch die Ökologisierung im Weinbau im Sinne der Bäuerinnen und Bauern voranzutreiben.

Ich habe auch heute noch versucht, Gespräche mit Ihnen von ÖVP und SPÖ darüber zu führen – und die Kollegen der Opposition unterstützen das ja auch –, jene Seg­men­te auszubauen – nämlich die pilzresistenten Sorten –, die keine Pestizide brauchen.

Sie als Umweltminister müssten ja großes Interesse daran haben, dass die Wein­bauern genau jene Sorten verwenden, die keine Pestizide brauchen. Man weiß, wo


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 221

Pestizide eingesetzt werden und wo der Schwerpunkt ist: Im Wein- und Obstbau wer­den die größten Anteile der Pestizide verwendet.

Die Bäuerinnen und Bauern wollen auch diese pilzresistenten Sorten als Sortenname auf die Flasche schreiben, sonst werden diese Sorten nie bekannt und sonst werden sie beim Konsumenten nicht eingeführt und auch in der eigenen Branche nicht.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (332 d.B.): Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 2009) (365 d.B.)

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Dem § 8 Abs 2 wird folgender Satz angefügt:

‚Bei anerkannten pilzresistenten Sorten obliegt es den Betrieben, den Sortennamen am Etikett anzuführen.‘“

*****

Meine Damen und Herren, das wäre eine Möglichkeit, endlich diese positiven Sorten, die in der Praxis prämiert wurden, Auszeichnungen erhielten, zu stärken. Ein Rotwein, ein Cuvée – so wird er dann bezeichnet, das ist ein Wein, der verschnitten wird und als Cuvée auf den Markt kommt – hat bei der Biofachmesse in Nürnberg einen ganz aus­gezeichneten europäischen Preis gemacht. Dieser Weinbauer kann aber diese Sorte „Regent“, die übrigens in der Steiermark schon lange geprüft ist, dort auch schon im Qualitätssortenverzeichnis drinnen ist, in Niederösterreich – es ist ein niederöster­reichi­scher Weinbauer – nicht auf die Flasche schreiben.

Sie, Herr Bundesminister, und Sie von der ÖVP haben kein Interesse daran, hier einem Qualitätsaspekt Rechnung zu tragen! Ich finde das wirklich einfach schade – ich sage es ganz klipp und klar –, die Gelegenheit nicht beim Schopf zu ergreifen, hier positiv weiterzuarbeiten, im Sinne der Ökologisierung, im Sinne der Konsumenten, im Sinne der Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Kollege Jannach hat nicht zu Unrecht die Milchmarktordnung und die Rechnung hier präsentiert, die Rechnung nämlich, die man zwischen Milchbäuerinnen und Milch­bauern und auf der anderen Seite Weinbäuerinnen und -bauern machen muss. Wo besteht denn der inhaltliche Zusammenhang, meine Damen und Herren? – In einem ganz klar definierten Bereich. Die Weinmarktordnung hat nach dem Weinskandal, Herr Kollege Auer, eines verändert: Dumping mit Überproduktion wurde abgestellt. Damals hat man gesagt: Diese Dumpingweine führen zu einem Preisverfall, sie führen zu Über­schussproduktion, zu Verschnitt ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Falscher Vergleich!) – Nein, das ist kein falscher Vergleich!

Damit hat man die Produktion im Weinbau auf die Fläche, auf die Qualitätsparameter, auf Ernteertragsmengen beschränkt. Die sind im Wein ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Genau!) – „Ja, genau“, sagt der Herr Bundesminister: auf Ertrags­mengen! Und nicht anders wäre es, wenn man die Milchquotenregelung in Europa an den Bedarf heranführt, sie nämlich endlich anpasst – flexibel! –, wie das die Bäuerin­nen und Bauern wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 222

Und was haben Sie in Luxemburg gemacht? Was haben Sie gemacht, Herr Bundes­minister? Bis heute haben Sie mit den Bäuerinnen und Bauern kein persönliches Gespräch geführt, nicht mit einzelnen Mitgliedern! Es geht hier um den Vorstand der IG-Milch in Österreich. Sie haben im Ausschuss die Möglichkeit bisher nicht genutzt, mit diesen Bäuerinnen und Bauern zu diskutieren. Wir hätten Sie gerne eingeladen. ÖVP und SPÖ haben das bisher nicht wahrgenommen.

Ich sage ein positives Ergebnis dieser Protestbewegung – und sie ist erfolgreich, meine Damen und Herren! –: Es ist so, dass auf High-Level-Group-Ebene, auf euro­päischer Ebene, auf Fachexperten-Ebene am 10. November 2009 der European Milk Board eingeladen ist. (Abg. Eßl: Das hat der Minister Berlakovich erreicht!) Auf höchster Ebene werden die Bäuerinnen und Bauern in Brüssel ihre Vorschläge präsen­tieren.

Sie haben die Chance versäumt, sie hier in Österreich einzuladen! Im Ausschuss ha­ben Sie verabsäumt, gemeinsam einen Vorschlag zu erarbeiten! Bis heute warten wir auf diesen gemeinsamen Vorschlag zur Milchpolitik, der längst überfällig ist. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (332 d.B.): Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 2009) (365 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Dem § 8 Abs 2 wird folgender Satz angefügt:

„Bei anerkannten pilzresistenten Sorten obliegt es den Betrieben, den Sortennamen am Etikett anzuführen.“

Begründung:

Nach §8 Abs 2 (Wein ohne geschützte Ursprungsbezeichnung oder geographische Angabe mit Rebsorten- oder Jahrgangsbezeichnung) sind für derartige Weine Reb­sorten mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe ausgeschlossen. Zulässig sind sämtliche übrigen Qualitätsweinrebsorten gemäß § 10 Abs. 6.

Damit würden sogenannte pilzwiderstandsfähige Rebsorten („PIWIS“, die ohne Sprit­zun­gen auskommen) aufgrund der zur Zeit noch geringen Anbaufläche und Bekannt­heit der Sorte ausgeschlossen. Doch sind gerade diese Sorten für den Biolandbau sehr wichtig. Bekannt kann aber eine Sorte nur dadurch werden, dass man den Sorten­namen auf das Etikett schreiben kann.

Gefordert wird daher, dass es bei anerkannten pilzresistenten Sorten den Betrieben obliegen soll, den Sortennamen am Etikett anzuführen und damit diese Sorten jeden-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 223

falls zur Herstellung von Wein mit Rebsorten- oder Jahrgangsbezeichnung zulässig sind.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 3 Mi­nu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.24.32

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Vielleicht noch einmal ganz kurz zu § 8: Ich möchte mich auch bei Herrn Abgeordnetem Pirklhuber bedanken, der das jetzt wirklich mitträgt. Das ist recht so, denn es ist auch im Sinne der österreichischen Qualitätsweinproduktion. Es war immer Ziel, dieses Gesetz so umzusetzen, dass der Qualitätswein und das Niveau des Qualitätsweins jedenfalls gewahrt bleiben. Das ist gelungen, weil man einfach den nationalen Spielraum genutzt hat.

Daher kann man auch dem BZÖ empfehlen, diesen Weg mitzugehen. Sie würden im Sinne der österreichischen Winzerinnen und Winzer und vor allem der Konsumen­tinnen und Konsumenten richtig entscheiden!

Ganz kurz: Worum geht es? – Es geht um einen der wichtigsten Punkte der Neue­rungen des EU-Weinrechts. Das ist das Abgehen von der Kategorisierung von Weinen in Qualitätswein und Tafelwein. Das heißt, es sind jetzt Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung, die uns unter „Qualitätswein“ ein Begriff sind und auch weiterhin in Österreich so benannt werden müssen, und es sind die Weine mit geschützter geographischer Angabe, das sind die Landweine, für die das Gleiche gilt.

Neu ist, dass der Wein ohne nähere Herkunftsangabe als „Österreich“ – das ist der ehemalige Tafelwein – jetzt mit der Möglichkeit der Angabe von Rebsorte und Jahr­gang ausgestattet wird, aber auch gleichzeitig auf das Niveau des Landweins ange­hoben wird, das heißt, einer Mengenbeschränkung unterzogen wird. Das hat es vorher für Tafelwein nicht gegeben. Die Bezeichnung „Tafelwein“ fällt weg, und dieser Wein wird in die Kategorie „Landwein“ gehoben, das heißt, er erfährt eine Qualitäts­auf­stufung.

Wein ohne Herkunftsangabe gibt es auch, das stimmt. Der ist dann nur mit „Wein“ zu bezeichnen, und das bietet die einzige Möglichkeit, wo tatsächliche Übermengen plat­ziert werden können. Dieser Wein hat in Österreich kaum einen Markt.

Nur ganz kurz zu Ihrem Antrag, Herr Abgeordneter Pirklhuber, bei dem es um die pilzresistenten Sorten geht: Ich habe da eine Liste mit: 700 pilzresistente Sorten sind es, die derzeit in den verschiedensten Phasen des Kontrollversuches stehen. Es ist noch keine Entscheidung getroffen worden, welche die idealsten wären, um sie auch in Österreich in das Qualitätsrebsorten-Register aufzunehmen. Und genau darum geht es.

Ich bin dafür – und da bin ich voll bei Ihnen –, dass wir zukünftig auch solche Sorten brauchen, die als Qualitätssorten in Österreich gelten sollen, aber es braucht natürlich vorher auch die nötige Anerkennung und Kontrolle. Und wenn das abgeschlossen ist und tatsächlich die – ich sage jetzt – idealsten Sorten ausgewählt sind, dann wird es auch möglich sein, diese Sorten in das Qualitätsrebsorten-Register aufzunehmen. Selbstverständlich kann der Herr Bundesminister das dann mittels Verordnung statt­finden lassen. Somit wird auch dann den Biobauern entsprochen werden, wenn tatsächlich alle Prüfungen abgeschlossen sind.


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In diesem Sinne möchte ich Sie alle herzlichst einladen, diesem Weingesetz zuzu­stimmen, wie gesagt, im Sinne der österreichischen Qualitätsweinproduktion. Eines war uns WinzerInnen immer klar: Wir brauchen nicht mehr Wein, sondern wir brauchen für unsere hoch qualitativen Weine auch wirklich gute Preise! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! Absolut richtig!)

19.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.28.09

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorne weg: Danke für die großteils fachlichen Stellungnahmen zum Weingesetz. Wir können mit dieser Weingesetz-Novelle den zweiten Teil der Än­derung der gemeinsamen Marktordnung Wein umsetzen, die um zwei wichtige Be­reiche erweitert wird, nämlich Absatzförderung in Drittländern; der zweite Punkt sind die Investitionen im Bereich der Weinwirtschaft, zum Beispiel im Bereich der Keller­technik. Bis zum Jahr 2013 werden Österreich dadurch auch an EU-Mitteln zusätzliche Fördermöglichkeiten für die Weinwirtschaft zur Verfügung stehen: etwa 8 bis 13 Millionen € jährlich, eine schöne Summe, die auch genutzt wird.

Der erste Punkt, den ich erwähnen möchte, weil es sehr wohl auch um die Per­spek­tiven geht, ist die Absatzförderung auf Drittlandsmärkten. Das, was mit der Wein­gesetz-Novelle gewährleistet ist, ist, dass der Qualitätsweg, der vor 25 Jahren einge­schlagen wurde, konsequent fortgesetzt wird. Bei allen Für und Wider, die diskutiert werden: Es war ein Erfolgsweg, der anfangs nicht unumstritten war, der jetzt aber die Erfolge zeitigt. Das, worauf wir stolz sein können, ist, dass der österreichische Wein – und wir sind ein kleines Weinbauland! – auf allen entscheidenden Weltmärkten der Welt zu finden ist.

Wir wollen mit diesen Mitteln zusätzliche Märkte erschließen, insbesondere den schwei­zerischen, den deutschen Markt bearbeiten, aber auch in Übersee, im asiati­schen Raum, im amerikanischen Raum, auch in den USA, in Kalifornien und New York erfolgreich sein. Wenn es manche nicht begriffen haben, warum man dort hinfährt: um eben heimische Lebensmittel zu bewerben, die sogar extrem erfolgreich sind!

Im Übrigen: Dass Sie sich darüber lustig machen, Herr Kollege Jannach, finde ich nicht angebracht! Ich war in Russland, in Moskau mit Vertretern von über 30 Lebens­mittel­firmen, darunter die Kärntnermilch und Molkereien, um heimischen Produkten neue Märkte zu erschließen. Während Sie zuhause gesessen sind, waren wir aktiv, um neue Märkte zu erschließen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Die Bauern müssen arbeiten! Irgendwer muss ja arbeiten! Unglaublich!)

Der zweite Punkt ist die Investitionsförderung: Durch diese Novelle und die Übernahme der gemeinsamen Marktordnung liegen derzeit aus der Weinwirtschaft in etwa 1 500 Projekte auf, das heißt Investitionen, die trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeiten von den Winzern gemacht werden, was ebenfalls zusätzliche Qualitätssprünge geben soll. Die heurige Weinernte war etwas geringer als der Durchschnitt, aber die Qualität ist hervorragend.

Wir gehen den Weg auch insofern weiter, dass wir, so wie es international üblich ist, auf die Region abstellen, daher das DAC-Prinzip, also Districtus Austriae Controllatus, wo wir – so wie es bei Bordeaux, Rioja, Chianti ist – auch hier in Österreich die Region betonen: eben Weinviertel oder Mittelburgenland oder Leithaberg oder Kamptal. Wir


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haben derzeit sechs Regionen in Österreich, die diesen Weg gehen und damit dem Konsumenten eine Sicherheit beim Wein geben wollen. Dieses Konzept werden wir fortschreiben.

Das ist auch der Grund, warum in Tetra Pak oder in die Bag-in-Boxes gefüllt wird. Die Konsumentenwünsche ändern sich. Im skandinavischen Raum steigen die Märkte für Bag-in-Boxes, so auch in Deutschland. Mein Ziel ist es, dass die heimische Wein­wirtschaft in dem Fall neue Märkte hat und dass wir das bedienen. Die Novelle gewähr­leistet das.

Herr Kollege Pirklhuber, Sie können die Weinmarktordnung nicht so einfach mit der Milchmarktordnung vergleichen, denn der große Unterschied ist: Wenn man beim Wein Menge hat, leidet die Qualität. Wenn man eine geringere Menge pro Hektar liest, wie es im Weingesetz steht, ist die Qualität besser. (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber auch bei der Milch!) Das ist bei der Milch nicht so! (Abg. Dr. Pirklhuber: Nein! Das stimmt nicht!) Daher gibt es einen gravierenden Unterschied.

Im Übrigen hat die Milchmarktordnung gesetzlich normierte Quoten, und in der Wein­wirtschaft hat man das nicht. Also, Sie können es sich da nicht so einfach machen, dass das so einfach zu vergleichen wäre.

Eines weise ich kategorisch zurück, was Sie und Kollege Jannach gesagt haben: dass ich mit den Bauern nicht rede! (Abg. Dr. Pirklhuber: Selbstverständlich ist das richtig!) Das weise ich kategorisch zurück. Ich rede mit den Bauern in ganz Österreich. (Beifall bei der ÖVP.) Wir übernehmen alle Vorschläge, die kommen (Abg. Dr. Pirklhuber: Wo?) und prüfen, ob sie einen Sinn haben. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Ich sage Ihnen eines: Was halten Sie davon, wenn ich 20 Minister nach Österreich einlade, um für die Milchbauern Reformen zu überlegen, und draußen demonstrieren Vertreter der IG-Milch und bewerfen das Gebäude mit Eiern? (Abg. Dr. Pirklhuber: Keine Eier!) Diejenigen, für die wir kämpfen, bewerfen uns?! Wie erklären Sie sich das? Wie erklären Sie sich diesen Sinn der Sache? Das ist nicht zu erklären, und das verstehe ich nicht. Das verstehen die anderen Minister auch nicht, die da sitzen. Die sagen: Von denen, für die wir kämpfen, werden wir beworfen?! Das versteht kein Mensch. Da müssen Sie mit diesen Leuten reden, was Sie da sagen!

Im Übrigen: Dass die Milchwirtschaftssituation eine schwierige ist, wissen wir alle. Die zusätzlichen 280 Millionen € sind ein Teil des Gesamtpakets, das wir aufgestellt haben, das den Markt entlasten sollen, wie es zum Beispiel bei der Intervention oder bei der Exporterstattung ist, um eben den Milchmarkt zu räumen – es beginnt sich auch der Preis zu erholen –, um zusätzlich durch die Direktzahlungen den Bauern Liquidität zu geben und auch durch dieses Geld, das jetzt locker wird, zusätzliche Hilfe zu geben. Ein Gesamtpaket soll unseren Milchbauern helfen. Wir stehen zu ihnen genauso wie zu den Weinbauern und auch zum Ackerbau.

Abschließend: Es soll nicht so dargestellt werden, als ob die biologische Landwirtschaft im Weinbau keine Chance hat. Das hängt nicht von pilzresistenten Sorten ab oder nicht. Die Winzer in Österreich und sehr viele Spitzenwinzer stellen auf biologische Landwirtschaft mit den gängigen Sorten um, weil sie in der Bewirtschaftungsweise etwas ändern. Sie schreiben gar nicht mehr auf die Bouteille „Biologischer Anbau“, weil das international üblich ist.

Niemand verschließt sich der Zulassung neuer Sorten, aber akzeptiert werden muss, dass jede Sorte – das gilt ja nicht nur im Weinbau, sondern für alle anderen Sorten – einem Genehmigungsverfahren und einem Prüfverfahren unterworfen ist, nicht mehr


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und nicht weniger. Genau das machen wir. Wenn eine Sorte reif dazu ist, wird sie zugelassen werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Be­stim­mungen und ersuche um Anwendung derselben. – Bitte.

 


19.34.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Ich werde mich bemühen (Ruf bei der ÖVP: Das ist zu wenig!) und möchte Sie, Herr Bun­desminister, darauf hinweisen: Sie haben hier behauptet, dass Sie mit allen Bauern reden (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Mit den Bauern!), und haben die De­monstration in Wien am Montag, dem 19. Oktober 2009 angesprochen.

Es ist richtig, dass dort die Bauern mit Ihnen reden wollten, und der Obmann der IG Milch Österreichs, Ewald Grünzweil hat auch eine Eintrittsmöglichkeit in das Palais ...

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Pirklhuber, ich denke, Sie haben mit der Einleitung tatsächlich bewiesen, dass Sie einen Redebeitrag leisten wollen. Es ist der Umstand, wer mit wem wie oft redet, nicht tatsächlich berichtigbar. Ich darf Sie bitten, wenn Sie einen zweiten Redebeitrag haben wollen, sich in die Rednerliste einzutragen und nicht die tatsächliche Berichtigung zu missbrauchen, um einen Redebeitrag zu platzieren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Da haben wir ver­schie­dene Auffassungen!)

Herr Kollege Pirklhuber, ich bitte um Verständnis, aber es ist dieses Thema nicht tat­sächlich berichtigbar, denn wir wissen alle nicht, wer mit wem redet, und daher ist es in dieser Form sehr schwer zugänglich.

Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.47

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich komme wieder zurück zum Weingesetz. Es ist ein Gesetz, von dem ich denke, dass es für die Konsumenten, aber auch für die Produzenten Vorteile bringt. Das ist letztendlich der Grund – Kollegin Binder-Maier hat es bereits gesagt –, dass die sozialdemokratische Fraktion dieser Novelle die Zustim­mung geben wird.

Die Novelle bringt eine Umsetzung der EU-gemeinsamen Marktordnung für Wein. Ziel ist auch, dass das hohe Qualitätsniveau in Österreich bei der Weinproduktion aufrecht bleibt. Ab dem Jahr 2015 wird der Weinbaukataster von der zentralen Weinaufsicht orga­nisiert und geführt. Ich denke, wenn man vergleicht, wie die Führung und die Organisation zurzeit erfolgen, bedeutet das letztendlich, dass diese Organisation billi­ger für die Produzenten und vor allem auch für den Steuerzahler günstiger wird. Es bedeutet auch eine Einsparung in der Verwaltung.

Meine Damen und Herren, man kann für Österreich sagen, dass quasi überwiegend in vier Bundesländern Wein angebaut wird. Die Größenordnungen sind auch sehr inter­essant: Insgesamt haben wir eine Rebfläche von 48 000 Hektar in diesen Bundes­ländern zur Verfügung. Es gibt fast 32 000 Winzerinnen und Winzer, die sehr erfolg­reich Wein produzieren. Wie viele Winzer oder Winzerinnen füllen selbst den Wein ab? – Es sind über 6 000, die restlichen Winzerinnen und Winzer liefern ihren Wein an


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die Winzergenossenschaften, die gemeinsam diese Abfüllung vornehmen. Ich möchte mich in dieser Debatte bei den Winzerinnen und Winzern für ihre Arbeit sehr, sehr herzlich bedanken. Ein Dankeschön an die Winzerinnen und Winzer! (Beifall und Bravorufe bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren, die bisherige Weinkategorie „Tafelwein“ wird neu unterteilt – das wurde schon gesagt –: in Wein ohne Rebsorten- und Jahrgangsangabe und Wein mit Angabe der Rebsorte und des Jahrgangs. Wichtig ist mir auch, dass die bisherigen Weinkategorien „Landwein“ und „Qualitätswein“ unverändert bleiben.

Ich denke, dass die Novelle gut und richtig ist, und daher gibt es unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.38.35

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Da­men und Herren! Ich glaube, der Wein ist wichtig. Das steht außer Frage. Wir stimmen dem Weingesetz zu, ich darf die Herren von der ÖVP beruhigen. Ich glaube aber, es ist wichtig, wie Herr Kollege Jannach gesagt hat, dass wir keine Gelegenheit auslassen dürfen, um über die Milch zu sprechen. Der Herr Minister hat ja selbst gesagt, dass es eine Gesamtaufteilung von 280 Millionen € auf die Bauern im gesamten EU-Gebiet gibt. Zirka 5 Millionen € sollen davon für Österreich vorgesehen sein. Das sind 40 000 Milchbauern. Da kommt ungefähr ein Betrag von 140 € heraus, meine sehr geschätz­ten Damen und Herren! Der Preisverlust wird damit nicht abgegolten, meine Herren! Ich glaube, das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei der FPÖ.)

Heute habe ich gehört, dass zirka 300 Millionen € dafür verwendet werden sollten, und der Beschluss soll am 19. November 2009 stattfinden.

Ich glaube, generell ist es so, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dass die Arbeit der gesamten Bauern zu wenig geschätzt wird, leider auch von so manchem Bauernbundfunktionär.

Ich glaube, da wäre es gescheiter, dass Sie für die Bauern arbeiten, und nicht für die Großkonzerne, denn die Großkonzerne erzeugen keine gesunden Nahrungsmittel und Lebensmittel und Grundnahrungsmittel, sondern unsere Bauern und Bäuerinnen, liebe Freunde! Und für uns Politiker ist es wichtig, dass wir an die Zukunft denken und dass unsere Kinder auch noch gesunde Nahrungsmittel konsumieren können! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.40.20

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minis­ter! Wohl selten wäre es so wichtig gewesen, vorher diese Broschüre der Österreichi­schen Weinmarketing zu verteilen, wo der Geschäftsführer titelt: „,Genießen‘ heißt auch ,wissen‘“, denn mancher Redebeitrag zum Weingesetz, meine Damen und Her­ren, war weit davon entfernt.

Und, Herr Präsident Graf, als langjährigem Parlamentarier steht es mir trotzdem nicht zu, Ihre Vorsitzführung zu kritisieren, ich habe nur die Bitte an Sie, auch bei allen anderen Kollegen eine derartige Entfernung vom sachlichen Thema zuzulassen, wie


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dies heute beim Kollegen Jannach von Ihnen geduldet wurde. Das wäre meine Bitte. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn, meine Damen und Herren: Alles zur richtigen Zeit! Wir haben Gelegenheiten, über sachliche Themen zu diskutieren. Es ist auch unsere Aufgabe, dann über Prob­leme in der Landwirtschaft zu reden, wenn diese fachlichen Themen zur Sprache kom­men. Heute haben wir das Weingesetz zur Behandlung vorliegen (Abg. Kickl: Hat er nichts dazu gesagt?), und es gibt wohl keine Produktionsrichtung in Österreich, die es geschafft hat, aus einer derartigen Krise des Jahres 1985 (Abg. Dr. Pirklhuber: Stimmt! Da haben Sie recht!) dank ihrer selbst, aber auch dank gesetzlicher Bestim­mungen – ich bin ja ein Parlamentarier, der diese Krise bereits hier im Haus miterlebt hat (Abg. Mag. Gaßner: So lang bist du schon da?), und ich weiß, welch schwierige, beinharte Diskussionen es gab und welche Herausforderungen seitens der Wein­wirtschaft zu bewältigen waren –, so stark hervorzugehen. Respekt den Weinbauern in Österreich! Respekt den beiden Debattenbeiträgen des Kollegen Schmuckenschlager und der Kollegin Höllerer! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! 15 Mandatare sprechen heute zu einer relativ kleinen Um­setzung von EU-Recht in nationales Recht. Zwei sind kompetent, 13 sind Genießer. Ich hoffe, wir wissen auch, wovon wir reden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Der letzte war der Genießer! Der letzte Redner war der Genießer! – Abg. Mag. Gaßner: Eine leichte Überheblichkeit hat da schon durchgeklungen, denn so unkompetent waren die Redebeiträge auch nicht!)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schönpass zu Wort. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.42.25

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minis­ter! Es können nicht alle 183 Abgeordneten Spezialisten im Weinbau sein. Ich bin eine Genießerin. (Beifall und Bravorufe bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Diese Broschüre ist hervorragend, und aufgrund der Diskussion habe ich förmlich den Wein schon gerochen. (Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

In erster Linie geht es bei diesem Weingesetz um die Umsetzung der EU-Weinver­ordnung, und ich möchte noch einmal zusammenfassen: Eine der wichtigsten Neue­rungen ist die Einführung eines Weines ohne nähere regionale Herkunftsangabe aus Österreich, bei dem aber die Rebsorte oder mehrere Rebsorten und der Jahrgang angegeben werden. Dieser muss aber im Gegensatz zum bisherigen Tafelwein in Aussehen, Geschmack und Geruch fehlerfrei sein und Rebsortentypizität aufweisen.

Man unterscheidet also in Zukunft Weine mit geschützter Herkunftsbezeichnung und solche ohne dieser. Die traditionellen Begriffe „Landwein“ für Wein mit geschützter geografischer Angabe und „Qualitätswein“ für Wein mit geschützter Ursprungsbezeich­nung sollen bleiben. Die Bezeichnung „Tafelwein“ wird durch „Wein“ abgelöst. Dieser muss aber die vorher genannten Bedingungen erfüllen.

Auch sind Neuerungen in Bezug auf Aufbesserung und Süßung, eine Stärkung der Wein­kontrolle und ab 2015 die Führung eines Weinkatasters vorgesehen. Die Erlaub­nis, auch Qualitätswein in Tetra Paks oder Bag-In-Boxes abzufüllen, soll die öster­reichi­schen Weine noch wettbewerbsfähiger machen.

Als Konsumentin danke ich unseren Weinbauern und Weinbäuerinnen für die hervor­ragenden Weine! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pendl: Bravo!)

19.44



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 229

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. 2 Minu­ten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.45.00

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Mit diesem Weingesetz werden insbesondere die spezifischen Vorschriften über das Inverkehrbringen, die Bezeichnung, die Behandlung und die Kontrolle von österreichischem Qualitätswein, Landwein und Wein ohne ge­schützte Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe mit Rebsorten- oder Jahrgangsbezeichnungen erlassen. Dieses Gesetz, das mehrere Bestimmungen enthält, ist ganz sicher im Sinne der österreichischen Qualitätsweinproduktion, und das kommt unseren Winzerinnen und Winzern entgegen. Unsere Weinbäuerinnen und Weinbauern sind spitze, genauso wie ihre Produkte, und wir sind stolz auf unsere Winzerinnen und Winzer! Das darf ich jetzt auch einmal ausdrücken.

Der Grund, warum ich mich als Salzburger Rinderbauer trotzdem zu Wort gemeldet habe, ist, weil ich ein Fan von österreichischem Wein bin, ganz gleich, ob er aus Niederösterreich, dem Burgenland, der Steiermark oder aus Wien kommt. Auch wir in Salzburg – und das ist vielleicht nicht sofort für alle erkennbar – produzieren Wein, nämlich ungefähr auf vier Hektar. (Abg. Mag. Gaßner: Aber nur einen Haustrunk, oder? Das ist nur ein Haustrunk?)

Wenn man den Wein genießt, dann eignen sich als Ergänzung ganz hervorragend unsere Milchprodukte – ich nenne hier Käse, stellvertretend auch für andere. Und mit diesem Stichwort „Käse“ bin ich auch schon bei dem, was Herr Jannach erzählt hat. Herr Jannach, es wäre gescheiter gewesen, Sie hätten zum Wein geredet! Da hätten Sie sich besser ausgekannt als bei dem, was Sie zur Milch von sich gegeben haben. Denn: Bundesminister Berlakovich hat als Einziger europaweit etwas bewegt! Machen Sie sich bitte kundig, dann können Sie vielleicht die Zusammenhänge, die europa­weiten Zusammenhänge auch erkennen.

Minister Berlakovich war der Einzige, der etwas getan hat: Initiative gegen Imitat­pro­dukte, Verbesserung der Bedingungen bei den Milchsammeltransporten, Milchprämie, proportionale Saldierung verschärft, Milchkuhprämie (Abg. Zanger: Zum Weingesetz!), Weideprämie, Vorziehen der Marktordnungszahlungen, Stundung von Agrarinves­ti­ti­ons­krediten, Unterstützung von Exportversicherungen. – Ich könnte noch weiter auf­zählen. Das sind alles Maßnahmen, die den Milchbauern zugute kommen (Abg. Mag. Gaßner:  „Alles Maßnahmen zum Weingesetz“!), die Sie in Schutz nehmen wollten, während Sie den Minister kritisieren. Umgekehrt ist es!

Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen und dem Weingesetz auch zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zanger: Du tust Milch predigen und Wein trinken!)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Faul zu Wort. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte. (Abg. List – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Faul –: Genießer oder ...?)

 


19.47.26

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lieber Jakob, du kannst es nicht lassen! Allein für Raiffeisen tätig zu sein sagt noch nichts über die Weinkompetenz aus, das sage ich dir auch! Eines musst du nämlich zur Kenntnis nehmen: Kompetent sind jene, die ihn machen – Johannes (auf Abg. Schmuckenschlager weisend) –, aber sehr, sehr kompetent, liebe Freunde, sind die Leute, die den Wein trinken. (Abg. Strache: Der Gusi! Der Gusi!) Ich kann das sagen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 230

50 Jahre Weingenuss – ich habe den Heckenklescher gesoffen, ... (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.) – Ja, das traue ich mich zu sagen!

Den Heckenklescher, den Doppelliter, den Glykolwein habe ich getrunken – mit Schädelweh, dass ich es gar nicht sagen kann –, und ich war stolz auf die Entwicklung (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer) – lass mich ausreden! –, ich war stolz auf die Entwicklung, österreichischen Wein dieser Klasse trinken zu können. Ich bin heute noch stolz, wenn ich in Europa unterwegs bin und man zu mir sagt: Christian, das Einzige, was du mitbringen sollst: bring einen steirischen Wein, bring einen burgen­ländischen Roten! – Ich bin stolz darauf, dass wir so eine Qualität rundherum noch haben, Freunde. Das ist etwas! (Abg. Riepl: Der Wiener Wein ist auch gut!)

Herr Bundesminister, ich kritisiere nicht gerne, und heute zum Wein schon gar nicht, weil er in Wirklichkeit ein Genussmittel ist, aber eines haben die Großen mir gesagt: Mein Freund Otto Bruckner von Lenz Moser sagt, eigentlich ist es nicht gescheit, in diese Kerbe hineinzufahren, wo uns ein Markt zu überholen beginnt, ein Markt der Tausenden Hektoliter, ein Markt aus Rumänien, aus Weißrussland, mit Preisen von 19 Cent pro Liter, hereingeführt im Tankwagen. Eine Initiative der Schweizerinnen und Schweizer in Ungarn: 700 Hektar, 1 000 Hektar gekauft; im Freien stehen die Tanks, nur durch ein Zelt überdeckt; heruntergekühlt, schnell gemacht und wieder vermark­tet. – Diesen Preiskampf kannst du nicht gewinnen, meiner Meinung nach.

Ich bin ein Ästhet. (Heiterkeit bei der ÖVP sowie des Abg. Kickl.) Ich habe mich immer gewehrt gegen die Verglasung und gegen die Schraubverschlüsse. Anni Höllerer hat mir bewiesen, dass es etwas Gescheites war. Ich bin auch sonst lernfähig, aber eines sage ich euch: In meinem Leben sauf ich aus einem Tetra Pak kein Achtel Wein heraus! Das könnt ihr mir glauben! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Liebe Freunde, wenn ich mir anschaue, wie man österreichische Pralinen, wie man österreichische Qualitätswaren sehr toll verpackt, dass es eine eigene Industrie gibt, die über die Verpackung nachdenkt, Herr Minister, wenn man schaut, was die Etikette allein bewirkt hat, dann muss man sagen: Da musst du drauf bleiben! – Und nicht als Kritik, sondern ich sage Ihnen nur, was sie mir so erzählt haben, der Otto Bruckner zum Beispiel: Manches Mal müssten wir uns auch gegen die Brüsseler ein bisschen stärker wehren, denn die Franzosen, die Italiener und die Spanier, die lassen sich das nicht gefallen! – Aber das ist jetzt keine Kritik.

Freunde, was mir fehlt – Johannes! –: Heute, am Tag des Weingesetzes, fehlt mir der Wein, dass wir nachher anstoßen! (Heiterkeit.) Nicht im Plenarsaal – aber vielleicht können wir das nachholen mit einem kräftigen Prost auf das neue Weingesetz! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ. – Abg. Strache: Die beste Rede!)

19.49

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. Es ist seine zweite Wortmeldung in dieser Debat­te. Eingestellte Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


19.50.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Nach diesem persön­lichen Bekenntnis des Kollegen Faul: Es ist ihm unbenommen, nachher die Cafeteria aufzusuchen. Auch dort gibt es guten Qualitätswein – das kann ich auf jeden Fall empfehlen –, auch vom Kollegen Zweytick, wie ich mich erinnere, immer wieder einen guten Zweigelt aus der Steiermark.

Aber nun zu folgendem Punkt, Kollege Auer: Danke für Ihr Plädoyer für das Genießen, aber an eines sollten wir gemeinsam schon auch denken, nämlich dass es nicht nur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 231

um Wein geht, sondern auch um Obstwein – und da fühle ich mich sehr wohl ange­sprochen.

Obstwein ist eine oberösterreichische Tradition, wie wir beide wissen, besser bekannt unter dem Traditionsnamen „Most“. In meiner Gegend zum Beispiel gibt es die Cham­pagnerbirne, und daraus wird von Bäuerinnen und Bauern ein ausgezeichneter, sortenreiner Qualitätsmost erzeugt. Ich habe auch solche Bäume. – Das nur zur Frage der Kompetenz.

Herr Minister, in einem Punkt muss ich Ihnen leider widersprechen: Der Zusam­men­hang zwischen Wein und Milch ist sehr wohl gegeben, natürlich nicht eins zu eins – da haben Sie schon recht, das kann man nicht eins zu eins übertragen –, aber in der Sache, dass nämlich Qualitätsproduktion und Mengenbeschränkung Sinn machen. Das zeigen erfolgreich die Weinbauern! Kollege Auer hat zu Recht auf diese Tradition hingewiesen. Das ist Faktum!

Bei der Milch macht es auch einen Unterschied, ob wir Alpenmilch haben, die auf Bergwiesen produziert wird, die in nachhaltigen, kreislauforientierten Grünland-Wirt­schaftsbetrieben produziert wird, oder Industriemilch, die mit Importsoja produziert wird. Da gibt es sehr wohl Qualitätsunterschiede, und die müssen wir in Zukunft auch besser vermarkten.

Europaweit, Herr Bundesminister, hat eine Bewegung etwas bewegt, nämlich der European Milk Board, die streikenden Milchbauern. Die haben gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann. Und da muss ich Ihnen einfach sagen – der Herr Präsident hat mich vorher nicht ausreden lassen –, eines ist klar: Ich war bei dieser Demonstration vor dem Palais Kinsky, Herr Präsident Graf, und ich war dabei, wie der Kollege Grünzweil, der Obmann der IG Milch, in das Gebäude gegangen ist und wie er wieder herausgekommen ist. Und er hat gesagt: Ja, mit dem Herrn Fankhauser aus dem Ministerbüro habe ich schon sprechen können, aber der hat gesagt, der Minister hat keine Zeit für mich!

Das ist Faktum, und das können Sie nicht bestreiten! (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Ich hab da drinnen gearbeitet!) Geben Sie endlich Ihre Blockade­politik auf! Sprechen Sie mit den Bäuerinnen und Bauern, mit den betroffenen Milch­bäuerinnen und Milchbauern! (Abg. Grillitsch: Das tun wir jeden Tag, nur nicht so radikal wie ihr!) Auf Europaebene werden sie inzwischen gehört, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen.)

19.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 332 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und sodann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stim­men.

Die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf § 8 des Gesetzentwurfes bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 232

Wir kommen damit sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage, und ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.55.198. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (318 d.B.): Bun­desgesetz über die Überwachung des Handels mit Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten (Artenhandelsgesetz 2009 – ArtHG 2009) (348 d.B.)

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu Punkt 8 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Eingestellte Redezeit: 4 Minu­ten.

 


19.55.49

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätz­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Nachdem wir mit dem Weingesetz die dramaturgischen Möglichkeiten dieses Hauses ausgereizt haben, kommen wir jetzt zu einem Thema, das vielleicht für mehr Ruhe sorgen wird. Wir reformieren das Artenhandelsgesetz. Es geht darum, an die EU- Artenschutzverordnung in einigen Punkten anzupassen und gleichzeitig im inneröster­reichischen Vollzug dieses Gesetzes einige Vereinfachungen durchzuführen.

Bei diesem Gesetz geht es darum, durch internationale Vereinbarungen geschützte Arten, die in ihrem Bestand gefährdet sind, zu schützen und in Österreich den Handel beziehungsweise die Haltung dieser Arten zu begrenzen oder zu verbieten. Im letzten Jahr war es so, dass es rund hundert Fälle, die zu Beanstandungen geführt haben, gegeben hat, hundert Fälle, die zum Teil eben vom Zoll behandelt werden, oder innerhalb Österreichs von der Bezirkshauptmannschaft.

Es ist keine hohe Zahl von Delikten, aber doch eine Zahl, die zu komplizierten Ver­waltungs- und Strafverfahren geführt hat. Und so haben wir gesehen, dass es im Zuge dieser Reform auch günstig wäre, das Verfahren zusammenzulegen und in Zukunft einfach den Zoll für dafür zuständig zu erklären.

Das heißt, in Zukunft werden diese Verfahren im Prinzip als Finanzverfahren geführt werden. Die Verwaltungsvereinfachung wird eine sehr rasch wirksame sein, und es wird gleichzeitig sichergestellt, dass sowohl an der Grenze bei der Einreise als auch bei den Kontrollen im Inland diese Fragen gleich und von nach gleichen Aus­bildungs­standards ausgebildeten Beamten behandelt werden.

Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass dadurch, dass eben auch die Zollbeamten die Fälle sozusagen abarbeiten dürfen und die Strafen auch aussprechen können, in etwa 50 Prozent der Fälle im Reiseverkehr gleich und sofort erledigt werden können und


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damit auch die Menschen, die sich da eines Verstoßes schuldig gemacht haben, gleich wissen, wie sie dran sind, und die Geschichte ist erledigt.

Wir sind hier beim Thema Artenschutz. Artenschutz ist eine Frage, die wohl mehr mit der Gesamtverantwortung des Menschen für die Schöpfung zu tun hat. Manchen ist das wichtig, manche haben diese Themen noch nicht erkannt. Ich glaube, dass es für uns und für den Planeten und damit für jeden von uns wichtig ist, dass wir unsere Verantwortung für den Schutz gefährdeter Arten wahrnehmen. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Es ist ein Thema, das uns wichtig ist. Dabei geht es nicht nur darum, einzelne Arten vor dem Aussterben zu bewahren, sondern die wirklich große Herausforderung ist, die Lebensräume diverser Tiere, Vögel, Fische zu schützen, und zwar so zu schützen, dass sie auch auf Dauer ihre Lebensraumfunktion erfüllen können.

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass wir die Fragen des Klimawandels ernst nehmen müssen, dass wir Fragen des Nutzungsdruckes ernst nehmen müssen, dass es um Fragen der Fischerei geht, um viele umfassende Themen, die mit einer reinen Importbeschränkung für geschützte Arten wohl nicht gelöst werden können.

Dieses Gesetz ist ein kleiner Teil unserer Gesamtverantwortung, aber auch das muss ordentlich gemacht werden. Und die neuen Möglichkeiten geben uns eben die Sicher­heit, dass es auf der einen Seite kostengünstig, andererseits aber doch effizient abgewickelt wird, so wie wir das eben von dieser Regierung erwarten. Ich bedanke mich bei Bundesminister Berlakovich, dass er uns diese Vorlage gebracht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. Einge­stellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.00.01

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich begrüße die Novelle zum Artenhandelsgesetz, finde auch die Konzentration des Vollzugs auf die Zollbehörde gut und möchte festhalten, dass wir prinzipiell, auch in Österreich, steigende Tendenzen beim Verstoß gegen das Artenhandelsgesetz feststellen, und zwar sowohl aufseiten des gewerblichen als auch aufseiten des privaten „Verstoßes“ – unter Anführungszeichen.

Ich möchte auch anmerken, dass gerade im gewerblichen Bereich sehr oft lebende Tiere geschmuggelt werden, wo dann zum Beispiel Papageien in Klopapierrollen hineingesteckt, in Koffer gestapelt und ohne Nahrung und ohne Wasser durch die halbe Welt transportiert werden. Das führt dazu, dass etwa 90 Prozent der lebend geschmuggelten Tiere während des Transportes verenden, qualvoll verenden. Dies hat mittlerweile auch den Effekt, dass zum Beispiel alleine im Amazonasgebiet etwa 20 Milliarden US-Dollar Umsatz mit dem Handel und dem Schmuggel von Tieren und Pflanzen, die auf roten Listen stehen und deren Handel verboten ist, gemacht werden.

Wir wissen auch, dass diese Tiere, wenn sie noch leben, oder die 10 Prozent, die überleben, dann in Laboratorien oder privaten Zoos landen. Manche werden aber auch zu Potenzmitteln verarbeitet oder zu irgendwelchen Statussymbolen. Und auch bei Pflanzen gibt es das ganz konkrete Problem, dass immer mehr sogenannte Aliens auch nach Österreich – auch per Internet bestellt – geschmuggelt werden, was dann zu Schwierigkeiten, zum Teil auch zu genetischen Schwierigkeiten beim Zusam­men­treffen mit den heimischen Arten führt.

Im touristischen Verstoß gegen das Artenhandelsgesetz spielt natürlich die Frage der Globalisierung eine große Rolle, aber sehr oft auch das mangelnde Unrechtsbewusst-


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sein, die Unkenntnis, dass etwas verboten ist. Ich denke mir, dass es da sehr sinnvoll wäre, viel enger und viel intensiver mit Reiseanbietern, mit Reisebüros zusammen­zuarbeiten, um Touristen über die bestehenden Verbote zu informieren.

Genauso wichtig ist es, natürlich auch Zollbeamte zu schulen. Und ich habe einen ganz konkreten Vorschlag zu machen: Abgesehen von der Schulung denke ich mir, dass es sinnvoll wäre, auch kompetente fachliche Hilfe anzufordern. Es gibt am Flug­hafen Frankfurt seit mittlerweile einem Jahr zwei Artenschutzspürhunde namens Amy und Uno, die schnüffelnd mithelfen, Artenschutzverstöße zu ahnden. Und bei ihrem Einsatz haben sie in Frankfurt zum Beispiel einen Bärenschädel, einen ausgestopften Puma, verbotenen Kaviar, Elfenbeinfiguren, Produkte aus Schlangenleder, Haifisch­flos­sen, Primatenschädel und sonstige Perversitäten erschnüffelt.

Ich bin überzeugt, dass wir die Erfahrung der deutschen Kolleginnen und Kollegen auch uns zunutze machen und tierische Unterstützung, tierische Verstärkung beim Zoll einsetzen sollten und mit den Hunden gemeinsam den Kampf für die Biodiversität und den Artenschutz aufnehmen sollten.

Im Übrigen freue ich mich über die einhellige Annahme dieser Novelle. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

20.03

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vock. Ebenfalls 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.03.28

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir Freiheitlichen werden diesem Gesetz zustimmen, wird doch in den §§ 13 und 14 die Zuständigkeit neu geregelt. Wir alle hoffen, dass durch diese neue Zuständigkeit die Effizienz verbessert werden kann.

So wie Kollegin Bayr möchte auch ich Ihnen einen Fall aus der jüngsten Vergan­genheit, nämlich Juni 2009, schildern. Da wurde ein polnischer Tiertransporter auf der Südautobahn aufgegriffen. Dieser ist von Warschau gekommen und Richtung Rom unterwegs gewesen. In diesem Tiertransporter waren fünf Krokodile, 29 Störche, zehn Schlangen, neun Warane, drei Kakadus und 30 Frösche. Die erlaubte Transportdauer wurde bereits um neun Stunden überschritten. Die Transportbehältnisse waren nicht ordnungsgemäß. Die notwendige Frischluftzufuhr und die Wasserversorgung fehlten. 28 Tiere waren bereits verendet. Trotzdem durfte dieser Lkw nach kurzer Kontrolle weiterfahren.

Wolfgang Teutschl von der Landesverkehrsabteilung hat interessanterweise gesagt, einen Transport dieser Art habe man zum ersten Mal angehalten. So schlimm war das.

So etwas muss gestoppt werden. Und ich hoffe, dass heute eine klare Regelung getroffen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Aufzeigen dieses Falls verdanken wir übrigens einem Verein aus Graz, dem Verein „Tier-WeGe“, einem Verein von ehrenamtlichen Tierschützern, die aus­schließ­lich in Zusammenarbeit mit der Polizei und der Exekutive derartige Fälle aufzeigen.

Danke an die Tierschützer, die von dieser Regierung leider wenig Unterstützung bekom­men. Aber sie helfen uns, diese Transporte zu stoppen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Tadler zu Wort. 4 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 235

20.05.41

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Gleich im Voraus: Wir vom BZÖ werden diesem Abänderungs­antrag zum Artenhandelsgesetz unsere Zustimmung erteilen, nachdem dieser Antrag quasi als letzter Mohikaner aus dem letzten Umweltausschuss doch noch den Weg ins Plenum gefunden hat. Sieben verschiedene Anträge waren da auf der Tagesordnung, höchst interessante zum Klimaschutz, zur Photovoltaik et cetera pp. Sie landeten wie immer in der Vertagung.

Jetzt zu den Ausführungen der Kollegin Bayr. Das ist der schöne Artikel dazu. (Der Redner hält eine Zeitung in die Höhe.) „Kronen Zeitung“, unsere Schnüffelhunde, die gewisse Dinge, eben diese Wildkatze, erschnüffelt haben. Gott sei Dank ist das geschehen.

Der Traumurlaub unter Palmen kann bei der Heimkehr an der Flughafenzollbarriere einen unliebsam bleibenden Eindruck hinterlassen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich dann, wenn sich im Gepäck Mitbringsel befinden, deren Einfuhr strikt verboten ist. Es gibt keinen Touristen – keinen, Ernest (in Richtung des Abg. Windholz), und du weißt es, du schaust so –, der unbedingt wissen kann, was er alles mitbringen darf, kann und soll. Grundlage für das Aktivwerden der Zollbehörden ist das Washingtoner Artenschutzabkommen, zu dem sich Österreich bekennt. Diese Konvention schützt über 3 000 Tier- und 30 000 Pflanzenarten, die vom internationalen Handel bedroht sind.

Da geht es nicht nur um gefährdete und vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzen­arten, sondern auch um den Handel mit tierischen Produkten, nämlich mit Kaviar. Manche reden auch von einer „Lex Kaviar“. Das Artenschutzabkommen, die Umset­zung der EU-Richtlinien und das Festschreiben in diesem Gesetz waren nicht nur notwendig, sondern sollen auch prophylaktisch, präventiv für die Zukunft wirken, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Unsere Zöllner sind sehr gut ausgebildete Beamte. Und ich bin mir sicher, dass profes­sionelle Schmuggler und Händler in Zukunft aufgrund dieses Gesetzes massiv zur Kasse gebeten werden.

Der Vollzug der europäischen Normen über den Artenhandel in Österreich litt bislang an der Umsetzung durch zwei verschiedene Behörden. Dieser Doppelgleisigkeit der Verwaltung wird nunmehr in diesem Gesetz Einhalt geboten. In Zeiten wie diesen, in denen Einsparungswille vorherrschen soll, ist das natürlich ein Fortschritt. Generell wurden die wichtigsten Strafbestimmungen vereinfacht und hinaufgesetzt, um so Rechtsunsicherheit zu vermeiden.

Dieses Gesetz konzentriert nunmehr den Vollzug bei nur einer Behörde, dort, wo es auch hingehört, nämlich bei der Zollbehörde. Zudem berücksichtigt dieses Gesetz auch die neuen EU-Richtlinien, die eine Verschärfung der Kontrollen und einen höheren Strafrahmen bei Zuwiderhandeln gegen den Artenhandel vorsehen. – Danke für die Aufmerksamkeit! (Beifall beim BZÖ.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Brunner. 4 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.09.03

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schafts­minister! Hohes Haus! Ich denke, die wesentlichen Punkte zum Artenhandels­gesetz sind schon angeführt worden. Ich werde das jetzt nicht mehr wiederholen. Es ist klar, die EU ist der weltweit größte Importeur von Wildtieren und Pflanzen. Deswegen


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haben wir auch, wie ich meine, eine ganz besondere Verantwortung und eine Schlüs­selrolle, was das Überleben von bedrohten Arten betrifft.

Es ist bereits angesprochen worden, dieses Gesetz bringt Verbesserungen im Voll­zugsbereich, es wird dadurch effizienter sein, es wird mehr Konzentration bei den Zollbehörden geben. Dazu möchte ich nur noch anmerken: Wir finden, dass es dann auch wichtig ist, dass es entsprechende Schulungen hinsichtlich Gesetzeslage und auch Kenntnis von verschiedenen Arten bei den Zollbehörden gibt.

Artenhandel muss bei den Zollbehörden auch entsprechende Priorität bekommen wie jede andere Form von Schmuggel.

Ich denke, das Überleben von Arten, der Tierschutz, ist eine ganz wichtige Frage in unserer Gesellschaft. Das ist auch ein Spiegelbild der Gesellschaft, wie man mit anderen Mitgeschöpfen umgeht. Daher muss das auch entsprechende Priorität bekom­men. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch Folgendes festhalten: Ich finde es sehr gut, dass wir dieses Gesetz einstimmig beschließen und uns für Arten einsetzen, die um ihr Überleben kämpfen. Aber leider setzen wir uns in Österreich nicht für Menschen ein, die sich für diese Tiere einsetzen. Damit meine ich Tierschützer und Tierrechtler, die tagtäglich auf den Straßen – das ist ja schon angesprochen worden – Tiertransporte kontrollieren und aufhalten. Diese Menschen werden in Österreich ausspioniert, verfolgt und verhaftet. Das halte ich für eine unerträgliche Situation. Das ist unseres Rechtsstaates nicht würdig! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Diesen Menschen konnte bis heute nichts nachgewiesen werden. Es gibt in Österreich Waffenhändler, die in Ministerien, bei Veranstaltungen – kürzlich habe ich das im Burgenland erlebt – ein- und ausgehen und geradezu hofiert werden; diese sind sozusagen fein raus. Aber Tierrechtler, die sich nichts zuschulden kommen ließen, werden verhaftet! Das ist wirklich unerträglich! (Beifall bei den Grünen.)

Ich erwarte mir von allen Abgeordneten hier im Hohen Haus, die zu Demokratie und Rechtsstaat stehen – ebenso erwarte ich das von der österreichischen Bundes­regierung –, eine klare Distanzierung von einer solchen Vorgangsweise und endlich Aufklärung, was die Situation in Bezug auf Tierrechtler betrifft. (Beifall bei den Grünen.)

Noch einmal zum Artenhandelsgesetz, das, Herr Landwirtschaftsminister, eine positive Maßnahme ist, ein erster, jedoch kleiner Schritt im Umweltbereich. Nach wie vor haben wir in Österreich aber eine desaströse Klimaschutzbilanz, ein völliges Hinterherhinken in Bezug auf erneuerbare Energie. Und nicht nur was den Tierschutz, sondern auch was Bürgerinitiativen und NGOs allgemein anlangt, gibt es keine besonders großen Rechte in Österreich; da muss weit mehr getan werden.

Ich bin daher nach wie vor der Meinung, dass Österreich ein starkes, unabhängiges und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Rädler. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.12.47

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich freue mich als aktiver Tierschützer über die Regierungsvorlage zum Artenhandelsgesetz, die wir heute beschließen. Endlich eine Entflechtung dieser Doppelgleisigkeit. Aktiver Tier­schützer heißt ja nicht, dass man unbedingt radikal sein muss. Als Bürgermeister laufen einem ja die verschiedensten Tiere zu, Hunde, Katzen, die der Bürgermeister


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aufnimmt und um die er sich kümmern muss. Ich habe schon eine ganze Schar auf­genommen und betreue sie auch.

Das unterscheidet mich aber schon von radikalen Tierschützern. Man soll das nicht in einen Topf werfen. Vielleicht gibt es auch da Verfehlungen. Das zu beurteilen, überlas­se ich ganz Ihnen. Allen, die sich für das Wohl unserer Tiere einsetzen, sollten wir wirklich Respekt entgegenbringen.

Ich sage ein herzliches Dankeschön dafür, dass es bei dieser Regierungsvorlage Ein­stim­migkeit gibt und endlich die Doppelgleisigkeit zwischen Zoll und BH aufhört und wir hier zu einer Lösung kommen, die wir alle miteinander mittragen können.

Mehr Augenmerk sollte jenem Artenhandel geschenkt werden, der heute abseits von uns vielleicht hier im Internet stattfindet. Da ist es schon notwendig, dass wir uns bemühen. Es gibt zwar höhere Strafen, aber es sollte mehr Webbeobachtung geben, um die Abscheulichkeiten, die da passieren, wirklich hintanzuhalten. Das würde ich mir wünschen, und das ist aufgrund dieser gesetzlichen Basis auch möglich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte. 

 


20.15.00

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich vorweg für die Einstimmigkeit zu dieser Gesetzesvorlage; ein wichtiges Anliegen, dieses Artenhandelsgesetz. Mittlerweile stellt das ja ein welt­weites Problem dar. In Ihren Stellungnahmen hier haben Sie ja bereits auf die Än­derungen verwiesen. Es soll zu einer Systemänderung kommen: im Sinne eines sinn­volleren Vollzugs durch die Behörden. Auch die strafrechtlichen Tatbestände werden geändert. Strafbestimmungen, Kontrollbefugnisse, Nachweispflichten, alles im Ver­bund, um den Ablauf und die Kontrolle effizienter zu gestalten, um eben zu verhindern, dass schützenswerte oder bedrohte und gefährdete Arten einem illegalen Handel unterliegen. Danke dafür!

Zu einem Thema, das schon im Ausschuss diskutiert wurde – Kollege Rädler hat das hier auch angesprochen –: der Internet-Handel. Da tun sich völlig neue Dimensionen auf, wo man gar nicht durch den Zoll muss, sondern wo eben über andere Wege Han­del betrieben wird. Natürlich ist es so, dass auch dieser Tierhandel genauso zu bestrafen ist. Diesbezüglich ist ja auch das Lebensministerium in Kontakt mit dem Finanzministerium, mit der so genannten Cyber-Crime-Abteilung, damit eben auch in diesem Bereich Aktivitäten gesetzt und entsprechende Profile erarbeitet und natürlich auch Beobachtungen durchgeführt werden können.

Verweisen darf ich auch auf unsere Aktivitäten, die wir dazu setzen – es war ja eine Frage, wie die Kontrollbehörden da unterstützt werden –: Zollorgane werden ausge­bildet durch Biologen, durch Juristen, um eben im Bereich Artenhandel und Arten­schutz auf dem letzten Stand zu sein. Wir machen auch zusammen mit dem WWF entsprechende Öffentlichkeitsarbeit am Flughafen Schwechat. Darüber hinaus haben wir Informationsmaterialien zusammengestellt, die in den Reisebüros aufliegen, am Flughafen und in den Zollämtern, und zwar nicht nur, um zu informieren, sondern auch um diesbezüglich das entsprechende Bewusstsein zu schaffen.

Verweisen darf ich in diesem Zusammenhang auch auf bedrohte Tier- und Pflan­zenarten in Österreich sowie eben auch auf die notwendige Sicherung des genetischen Potentials. Diesbezüglich habe ich eine Artenschutzkampagne gestartet, unter dem


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Motto „vielfalt leben“, eine Kampagne, die bereits sehr erfolgreich läuft. Auch in wirt­schaftlich schwierigen Zeiten muss auf diesen Wert, auf diesen Schatz Österreichs verwiesen werden, nämlich auf den Reichtum der Tier- und Pflanzenwelt Österreichs, und darauf, dass es gilt, Bewusstsein zu schaffen bei der Bevölkerung, bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu schützen, deren Bestand zu sichern und ihnen hoffentlich zur Weiterverbreitung zu verhelfen.

Herzlichen Dank noch einmal Ihnen allen für Ihre Unterstützung und für Ihre Tätigkeit und für das gemeinsame Vorgehen, das in dieser Frage sehr wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.17.28

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Auch für uns von der Sozialdemokratie ist es sehr erfreulich, dass es bei diesem Tagesordnungspunkt einen einstimmigen Beschluss geben wird. Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass der Tierschutz eine wichtige Angelegen­heit für uns alle ist.

Für mich ganz besonders erfreulich ist, dass diese Schwachstelle im bisherigen Voll­zug, eben diese Doppelgleisigkeiten, abgestellt werden konnte. Wir reden ja immer von Verwaltungsvereinfachung, daher: Das ist jetzt ein schöner, wenn auch nur kleiner Beitrag dazu. Vielleicht gibt es so etwas dann in verschiedenen anderen Bereichen auch noch; das wäre jedenfalls zu wünschen.

Die europäische Rahmenrichtlinie wird hiemit verstärkt eingehalten.

Wie wichtig dieses effektive Artenhandelsgesetz ist, zeigt ja auch die Tatsache, dass wir tagtäglich mit Beispielen konfrontiert sind, wo es eben zahlreiche Verstöße gibt. Ich kann nur ersuchen, dass es da jetzt zu verstärkten Kontrollen kommt, aber auch eine verstärkte Information von Touristen geben wird.

Jedenfalls meine ich, dass wir uns alle zu diesem gelungenen Werk nur gratulieren können. Danke auch Ihnen, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. 3 Minu­ten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.18.52

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Artenhandelsgesetz hat ein Vorredner in einem Atemzug mit Verwaltungs­vereinfachung genannt. – Dazu kann ich nur sagen: Die Regierung hat ein Jahr lang dafür gebraucht, um einen geradezu winzigen Zwerg an Verwaltungsvereinfachung zustande zu bringen.

Trotzdem: Dieses Artenhandelsgesetz ist anerkennenswert. Dies bedeutet auch eine wirkliche Effizienzsteigerung, denn die Verfahrenskonzentration liegt da jetzt aus­schließlich bei den Zollbehörden, die über Finanzstrafbehörden verfügen. Ein Weg zur Bezirkshauptmannschaft wird daher da jetzt nicht mehr notwendig sein.

Das Finanzstrafgesetz bietet ja Möglichkeiten, die Gott sei Dank genutzt werden. Also weg vom Verwaltungsstrafgesetz und hin zum Finanzstrafgesetz. Die Instrumente sind klar, und die vereinfachte Strafverfügung nach § 146 ermöglicht eine sofortige


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Erledigung. Die Verfallsmöglichkeit nach § 17, Verjährung, ist geregelt. Und: Strafbar­keit selbst bei einem Versuch, was bei Zollvergehen ganz wichtig ist.

Diese raschen Verfahren sind insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich ja auch hin und wieder um lebende Tiere handelt, ausgesprochen wichtig.

Aus Sicht der Zollverwaltung. Wir sprechen hier von derzeit 100 Aufgriffen jährlich, was äußerst gering ist, denn die Dunkelziffer ist eine deutlich höhere. Da kann man sich die Frage stellen: Warum kommt es nicht zu noch mehr Aufgriffen, wenn es so eine hohe Dunkelziffer gibt? Da kommen wir jetzt zur Verantwortung des Finanzministeriums. Der Finanzminister mit seinen beiden Staatssekretären bringt es nicht zuwege, hier eine ordentliche Kontrolldichte zu schaffen.

Symptomatisch: Eine SPÖ-Abgeordnete, Frau Abgeordnete Bayr, verlangt hier den Einsatz spezieller Hunde mit einer eigenen Ausbildung, so wie es sie in Deutschland gibt. Ich kann Ihnen nur sagen, diesen Diensthund gibt es bereits. In Verantwortung eines schwarzen Ministers mit einem roten Staatssekretär werden die Dienst­hunde­führer aber dazu verdonnert, dass sie am Schalter sitzen und Mehrwertsteuerformulare abstempeln, sodass sie nicht zum Kontrollieren kommen. Also, Frau Abgeordnete, Sie sollten sich einmal auf den Weg zum Flughafen Wien-Schwechat machen und sich das anschauen, anstatt hier großartige Vorschläge in diese Richtung zu machen, dass man sich hier ein Beispiel an Frankfurt nehmen soll.

Die Beamten würden sich freuen, wenn sie endlich Unterstützung bekämen. Ich darf an dieser Stelle den Landwirtschaftsminister auffordern, mit den Leuten in Kontakt zu treten und von der bisher geübten Praxis des Ignorierens einmal abzuweichen. Sie ignorieren die Situation, die im Finanzministerium absolut bekannt ist. Unterstützen Sie jene, die vor Ort kontrollieren, dann werden Sie auch anständige Ergebnisse haben, und Sie tun der Sache auch etwas Gutes!

Ich sage Ihnen, Sie sollten gleich nach Beschluss dieses Gesetzes in einem anderen Bereich analog vorgehen. Wir haben einmal eine große Diskussion gehabt, was illegale Arzneiwareneinfuhren betrifft. Das Arzneiwarengesetz beinhaltet ebensolche Regelungen wie das Artenhandelsgesetz, nämlich Anzeigen an die Bezirkshauptmann­schaft, ewige Verfahren, von denen dann einige natürlich auch eingestellt werden. Das sollte ebenfalls alles konzentriert in die Hand der Zollbehörden kommen. Wir brauchen keine Zwei-Behörden-Zuständigkeit, hier ist eine Verfahrenskonzentration wesentlich. Ich darf Sie dringend ersuchen, sich dieses Themas anzunehmen.

Sie haben auch das Internet angesprochen. Es gibt hiefür eine Abteilung im Finanz­ministerium, aber der Versand per Post ruft auch nach einer höheren Kontrolldichte. Auch das haben Sie sträflichst vernachlässigt – also nicht Sie als Landwirtschafts­minis­ter, Verantwortung dafür trägt das Finanzministerium, wie immer. Die Schreibtischtäter des Finanzministeriums gehören jetzt schön langsam abgezogen, denn die sind mittler­weile Verhinderer einer anständigen Kontrolle durch die Zollorgane.

Ich darf Sie, Herr Minister, dringend ersuchen, dass Sie all diesen in meinem Debatten­beitrag genannten Verfehlungen persönlich nachgehen. Die Kollegen vor Ort würden sich sehr, sehr freuen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minu­ten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.23.19

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Bundesminister! Ge­schätz­te Kolleginnen und Kollegen! Derzeit werden pro Jahr zirka hundert Verwal­tungsübertretungen nach dem Artenhandelsgesetz zur Anzeige gebracht. Ob das viel


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ist oder wenig, das lasse ich im Raum stehen. Tatsache ist aber, und das haben viele meiner Vorredner Ihnen auch zur Kenntnis gebracht, dass die Doppelgleisigkeit bei der Zuständigkeit schuld daran sein könnte.

In Zukunft soll sich der Vollzug bei den Zollbehörden konzentrieren. Und ich glaube, eine klare Regelung der Zuständigkeit trägt sicherlich zur Verkürzung der Verfahrens­dauer bei.

Warum ist die Verkürzung der Verfahrensdauer so wichtig? Wir haben schon gehört, es handelt sich in sehr vielen Fällen auch um lebende Tiere. Und wenn es um Rück­führungen in das Heimatland geht, wo der Verbleib und die Haltung geregelt werden müssen, ist wirklich sicherzustellen, dass das möglichst artgerecht und schnell ge­schieht.

Zum Thema Touristen-Souvenirs. Hier ist sicherlich die vereinfachte Strafverfügung auch im Sinne der Betroffenen zu begrüßen.

Eines möchte ich schon auch festhalten: Umweltkriminalität – so auch der Handel mit bedrohten Arten – macht ein Handeln auf Gemeinschaftsebene notwendig. Somit wur­den auch Anpassungen an neue Strafbestimmungen im Umweltrecht vorge­nommen. Umweltschädigende Tätigkeiten gehören auch entsprechend bestraft, und das Arten­handelsgesetz ebnet den Weg dafür. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.25.00

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Im Hinblick auf unsere künftigen Generationen ist es nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern ein absolutes Muss, den Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, insbesondere der gefährdeten Gattungen, einer strengen Über­wachung zu unterziehen.

Derzeit sind die Überwachung und vor allem der Vollzug des Gesetzes sehr schwie­rig – wir haben es ja bereits von den Vorrednerinnen und Vorrednern gehört –, da eben zwei verschiedene Behörden damit befasst sind. Um dies zu optimieren und Doppel­gleisigkeiten zu vermeiden, sieht dieses vorliegende und zu beschließende Artenhan­delsgesetz nur mehr eine Zuständigkeitsbehörde, nämlich den Zoll, vor.

Für mich ist der steigende illegale Handel mit lebenden Exemplaren beziehungsweise mit Produkten tierischer oder pflanzlicher Herkunft außerordentlich besorgniserregend. Hier ist eine Anpassung an neue Bestimmungen im Umweltrecht unerlässlich.

Es ist auch eine erwiesene Tatsache, dass durch den explodierenden Handel mit wild­lebenden Tier- und Pflanzenarten auch deren Lebensräume gestört beziehungs­weise zerstört werden. Das müssen wir verhindern. Daher sind eine effiziente Vor­gangsweise bei Ahndungen und strengere Strafmaßnahmen unabdingbar.

Wir haben die Pflicht, unseren Nachkommen eine intakte Umwelt zu bewahren, das heißt, die Lebensräume von Tieren und Pflanzen zu schützen.

Ich schließe nun mit einem gekürzten Zitat von Albert Einstein: Keine Tiere, keine Pflanzen, keine Menschen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. Eben­falls 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 241

20.26.50

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits durch meine Vor­redner richtig festgehalten wurde, soll heute dieses zur Beschlussfassung im Plenum vorliegende Artenhandelsgesetz die bisherigen Doppelgleisigkeiten und Unklarheiten innerhalb der nationalen Vollziehung beseitigen.

Die Auswertung der bisherigen Erfahrungen zeigt, dass Anzeige vornehmlich von Zoll­organen erstattet wurde. In Zukunft wird der Vollzug per Gesetz deshalb genau dort gebündelt, wo schon heute die höchsten Aufgriffsergebnisse erzielt werden, also bei Zoll- und Finanzstrafbehörden. Daher werden Export- und Importkontrollen, Inlands­kontrollen und Führung von Ermittlungsverfahren und verwaltungsbehördlichen Straf­ver­fahren bei einer Behörde konzentriert und somit die Effizienz der Verwaltung ge­steigert.

Weitere Verbesserungen zum Status quo:

Punkt eins: Die Möglichkeit, vereinfachte Strafverfügungen für geringfügige Vergehen zu verhängen, wird zweifellos zu einem nachhaltigen Lerneffekt bei den Schmugglern führen.

Punkt zwei: Effizienzsteigerung innerhalb der Behörde.

Punkt drei: Berücksichtigung der aktuellsten EU-Vorgaben.

Dieses Gesetz trägt somit aktiv dazu bei, die Qualität und Effizienz innerhalb der öster­reichischen Vollziehung zu steigern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steier. Eben­falls 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.28.34

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Souvenirs und Schnäppchen aus Elfenbein, Reptil­leder oder Tropenholz werden von fast jedem Urlauber gern nach Hause gebracht. Dabei ist den TouristInnen in der Regel nicht immer bewusst, dass diese Produkte den strengen Einfuhrbestimmungen nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen unter­liegen. Diese Konvention schützt 3 000 Tier- und 30 000 Pflanzenarten, die vom inter­nationalen Handel bedroht sind.

In Österreich sind 2008 1 580 Aufgriffe nach den Artenschutzbestimmungen erfolgt.

Aus diesen Gründen beschließen wir heute diese Novelle zum Artenhandelsgesetz. Sie bringt durch die Konzentration des Vollzugs auf den Zoll unter anderem Verbes­serungen bei der Überwachung des Handels mit Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten.

Meine geschätzten Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einige Worte zum Inter­nethandel.

Dank moderner Technik ist es relativ einfach, über das Netz auch Produkte gemacht aus bedrohten Arten zu kaufen. Natürlich ist auch hier zwischen jenen KäuferInnen zu unterscheiden, die gewerblich ganz bewusst den Vorteil hoher Anonymität beim Kauf illegaler Exemplare nutzen, und jenen, die unwissentlich artengeschützte Produkte erwerben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 242

Dieser Markt ist teilweise noch nicht ausreichend kontrolliert, und er wird viel Beob­achtung und Handeln auf allen relevanten politischen Ebenen erfordern, um diesen Machenschaften Einhalt zu gebieten.

Machen wir es gemeinsam, und schützen wir unsere Arten- und Tierwelt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.30.32

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Worte zu den Ausfüh­rungen des Kollegen Windholz, der gemeint hat, bei den Arzneimitteln hätte es da irgendetwas gegeben, und auf das Arzneiwareneinfuhrgesetz verwiesen hat.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Fragen der Arzneimittelfälschungen durch das Produktpirateriegesetz geregelt werden (Zwischenruf des Abg. Windholz) und den Rechteinhabern Möglichkeiten eingeräumt werden, die vom Zoll hervorragend erledigt werden.

Wir begrüßen grundsätzlich die Konzentration der Zuständigkeit auf den Zoll, weil sich der Zoll bereits im Bereich der Bekämpfung der Produktpiraterie – und das zeigen die Produktpiraterieberichte – wirklich bewährt hat.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte als Konsumen­tenschutzsprecher der SPÖ ein Thema ansprechen, das wirklich ein Thema ist, näm­lich die mangelnde Information der österreichischen Bevölkerung nicht nur über das Washingtoner Abkommen, sondern generell, welchen Schutz Exemplare wildlebender Tier- und Pflanzenarten bei uns genießen.

Herr Bundesminister, wir sind der Auffassung, dass hier Informationsmaßnahmen ge­setzt werden müssen. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister als Tourismusminister, aber auch mit der Verkehrsministerin ge­rade bei Urlaubern Akzente gesetzt werden und die Bevölkerung darüber informiert wird. Aber nicht nur darüber, sondern auch über die Probleme beim Internethandel, die Kollege Steier bereits angesprochen hat.

Eines muss man klar sagen: Der illegale Import von wildlebenden Pflanzenarten ist oft auch mit einem großen Risiko für die Ökologie verbunden. Es kann invasives Material eingeschleppt werden.

In diesem Sinne glauben wir, Herr Bundesminister, dass gerade auch seitens Ihres Ressorts entsprechende Informationsmaßnahmen gesetzt werden müssen. Als Partner bietet sich auch der Verein für Konsumenteninformation an. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schopf. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.33.03

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Tierschutz ist wichtig; das wird auch das Abstimmungsverhalten zeigen. Letztendlich werden, so wie im Ausschuss, sämtliche Fraktionen dieses Hau­ses die Zustimmung zu diesem Gesetz geben, und das ist richtig so.


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Meine Damen und Herren, diese Novelle zum Artenhandelsgesetz zielt auf eine bes­sere und zielgerichtete Überwachung des Handels mit Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten ab. Sie bedeutet aber auch – und das ist ein wichtiger Punkt in dieser Regierungsvorlage –, dass die Kontrolle effizienter gestaltet wird, denn Kontrolle ist gerade in diesem Bereich sehr, sehr wichtig.

Meine Damen und Herren, wildlebende Tier- oder Pflanzenarten sind keine Urlaubs­souvenirs. Daher muss diese Kontrolle verstärkt werden.

Apropos Kontrolle: Es ist ja schon einige Male gesagt worden, bisher ist die Kontrolle nicht sehr effizient gewesen. Auf der einen Seite waren die Bezirkshauptmannschaften zuständig. Nach Rückfrage bei den Bezirkshauptmannschaften stellt man fest, dass jede Bezirkshauptmannschaft die Handhabung sehr unterschiedlich gestaltet. Auf der anderen Seite waren die Zollbehörden für Export-, Importkontrollen, aber auch für die Inlandskontrolle zuständig.

Diese Novelle zielt auf eine Konzentration des Vollzugs der Kontrolle bei den Zoll­behörden ab, und das bedeutet letztendlich auch, dass die Kontrolle besser und für den Steuerzahler billiger wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 348 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.35.35 9. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 32. Bericht (III-63 d.B.) der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2008) (297 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir werden jetzt noch warten, bis die Damen und Herren Volksanwälte Platz genom­men haben, und dann in die Debatte einsteigen. (Abg. Mag. Molterer: So freundlich sind Sie aber bei Ministern nicht, Herr Präsident!)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Fazekas. Eingestellte Redezeit: 4 Minu­ten. – Bitte.

 


20.36.27

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen aus der Volksanwaltschaft! Sehr geehrter Herr Volks­anwalt! Ich möchte mich eingangs auch im Namen meiner Fraktion bei dieser sehr wichtigen Institution für die ausgesprochen gute und hervorragende Arbeit, die hier für die Bevölkerung geleistet wird, recht herzlich bedanken.


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Ich konnte mich vorige Woche gemeinsam mit Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen davon überzeugen, wie wichtig diese Arbeit ist, indem wir die Dienststelle der Volks­anwaltschaft besuchten, die bürgerfreundlichen Einrichtungen kennenlernten und natür­lich wichtige Gespräche führten.

An dieser Stelle eine herzliche Gratulation bitte an die Volksanwältinnen, an den Volksanwalt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie Bravoruf des Abg. Pendl.)

Wir behandeln heute den 32. Bericht der Volksanwaltschaft, den Jahresbericht 2008. Ich möchte hier zwei Schwerpunkte herausgreifen, die mir besonders wichtig erschei­nen. Zum einen ist es die Situation der Bundes-Jugendwohlfahrt. Hier gibt es ganz klar ersichtliche Probleme. Die Fallzahlen sind mittlerweile um 150 Prozent im Vergleich zum Jahr 2007 gestiegen. Hier ist dringender Reformbedarf gegeben.

Ich kann das auch als Bürgermeister – viele Kolleginnen und Kollegen werden mir recht geben – bestätigen, dass wir hier immer wieder mit Tatsachen konfrontiert sind, die sehr unangenehm sind. Daher begrüße ich auch, dass es derzeit diesbezüglich Ver­handlungen gibt, dass ein neues Bundes-Jugendwohlfahrtsgesetz in Aussicht gestellt wird, das neue Regelungen und Transparenz schafft, und das vor allem im Sinne der Kinder und Jugendlichen.

Ein weiterer für mich sehr wichtiger Aspekt ist, dass auch die Volksanwaltschaft das Thema der Sicherheit aufgegriffen hat und sich den Forderungen angeschlossen und auch die Notwendigkeit erkannt hat, mehr Personal für die Exekutive zur Verfügung zu stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen, dass die Polizistinnen und Poli­zisten unter enormen Belastungen leiden, dass die Fehlerhäufigkeit dadurch sehr groß wird. Burn-out ist an der Tagesordnung. Die Polizistinnen und Polizisten brauchen Unterstützung. Sie sind wie in einem Hamsterrad gefangen und müssen oftmals als Sündenbock für alle möglichen gesellschaftlichen Probleme herhalten.

Da muss etwas gemacht werden – und da wird auch etwas gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch Bundeskanzler Faymann, die Bundesministerin Heinisch-Hosek und auch durch die Frau Innenministerin wird dafür gesorgt, dass jetzt im ersten Ansatz Entlastung im verwaltungspolizeilichen Bereich geschaffen wird, und zwar durch Postbedienstete, die die Möglichkeit haben, bei der Exekutive weiter tätig zu sein. Ich glaube, das ist sehr wichtig.

Abschließend möchte ich noch auf einen organisatorischen Aspekt hinweisen. Ich begrüße sehr, dass wir nun die Modalitäten innerhalb des Ausschusses geändert haben: Das Diskussionsdreieck zwischen der Beamtenschaft, der Volksanwaltschaft und dem Parlament setzt positive Impulse für eine lebendige Diskussion. Der offene Austausch im Ausschuss ermöglicht eine detaillierte Auseinandersetzung mit diversen Änderungsvorschlägen. Das ist so, wie wir uns das vorstellen, ein sehr vernünftiger Arbeitsmodus, den wir beibehalten sollten.

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön an die Volksanwaltschaft! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Sonn­ber­ger. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.40.03

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Volksanwältinnen! Herr Volksanwalt! Hohes Haus! Gleich eingangs herzlichen Dank


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 245

auch vonseiten der ÖVP-Fraktion an die Volksanwältinnen und den Volksanwalt, aber genauso auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre wirklich ausgezeichnete Arbeit.

Die Volksanwaltschaft, die sich auch medial durchaus gut positioniert – der „Bürger­anwalt“ wird von weit über 300 000 Menschen gesehen –, arbeitet wirklich gut. Ich bin auch froh, dass sich die Zahl der Sprechtagsfälle erhöht hat, denn die Beschwerde­möglichkeit vor Ort ist, glaube ich, eine ganz wesentliche, damit man hier kein West-Ost-Gefälle erhält. Da hat es auch eine sehr erfreuliche Entwicklung gegeben.

Ich darf auch noch zu sprechen kommen auf die Forderung nach der Zusammen­fas­sung der Länderberichte im Bundesbericht der Volksanwaltschaft. Es gibt auch Vor­schläge zur Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft. Es wird dann im Ausschuss möglich sein, diese näher zu diskutieren und vielleicht zu einer gemeinsamen Lösung und Weiterentwicklung zu kommen.

Abschließend noch einmal ganz, ganz herzlichen Dank für die tolle Arbeit Ihrer Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter und natürlich auch von Ihnen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lausch zu Wort. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.41.40

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Hohes Haus! Auch ich darf mich für die freiheitliche Fraktion sehr, sehr herzlich bedanken für den sehr umfangreichen und sehr umfassenden 32. Bericht der Volksanwaltschaft.

Ich will es kurz machen. – Was ist aufgefallen? Uns von der FPÖ ist aufgefallen, dass bei einigen Forderungen, wo wir immer schon Bedenken hatten, uns auch die Volksanwaltschaft recht gibt. Die StPO-Reform 2008 wurde zwar als großer Wurf gefeiert, das ist sie aber nicht. Auch die Volksanwaltschaft hat festgestellt, dass die Oberlandesgerichte im Jahre 2008 um 30 Prozent mehr Aktenanfall hatten und das Ganze mit dem gleichen Personal wie 2007 bewältigen mussten. Das kann es nicht sein! Und wenn man dann noch hört, dass diese Bundesregierung in der Person der Bundesministerin Bandion-Ortner 169 Planstellen im Justizbereich einsparen will, dann halten wir das für eine unmögliche Vorgangsweise.

Ich möchte nun auf die Justizverwaltung kurz eingehen. – Die Volksanwaltschaft hat auch die Justizanstalt Stein besucht. Dort wurden Mängel im Küchenbereich festge­stellt, der im Kellergeschoss untergebracht ist. Wenn es stark regnet, dann stehen dort die Bediensteten und die Insassen, die dort tagtäglich arbeiten, in vom Kanal heraufsteigenden Fäkalien herum. Das ist geradezu grotesk.

Unser Generalsekretär Harald Vilimsky hat im Herbst 2008 die Justizanstalt Stein selbst besucht, und da ist ihm Folgendes aufgefallen: dass in der Justizanstalt Stein in bestimmten Bereichen, wo Insassen und Bedienstete untergebracht sind, sehr, sehr schlechte Verhältnisse herrschen, dass sich aber der dort residierende Anstaltsleiter sein Büro, das 44 Quadratmeter umfasst, um 65 000 € hat umbauen lassen. Das, meine Damen und Herren, kann es nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist auch nicht mit dem Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vereinbar.

Man muss sich das einmal vorstellen: 44 Quadratmeter werden um eine Million Schil­ling umgebaut. Das ist absolut skandalös! Dass passiert eben deswegen, weil Sie von SPÖ und ÖVP, wenn Sie in der Regierung sind, immer Ihre Finger im Spiel haben bei Vergaben von Posten, mit Ihrer Personalvertretung nicht den bestgeeigneten Kandi-


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daten oder die bestgeeignete Kandidatin auswählen, sondern denjenigen, der das rich­tige Parteibuch hat. Und das spiegelt sich dann in solchen Dingen wider. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. 5 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.44.36

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Vorsitzender! Werte Volks­an­wältinnen und werter Herr Volksanwalt! Meine Damen und Herren! Auch von unserer Fraktion berechtigtes Lob gleich am Anfang an die Volksanwaltschaft. Das ist eine demokratische Einrichtung, die wir meiner Meinung nach alle miteinander unter­schät­zen. Erstens einmal wird da wirklich ganz hart und sehr viel gearbeitet. Es gibt ja unzählige Beschwerden und Ansuchen um Verbesserungen. Es liegt eigentlich an uns, hier dieses Instrument noch besser zu nützen als bisher. (Beifall bei den Grünen.)

Die Volksanwaltschaft leistet schon ihren Teil, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir unseren Teil leisten, der sozusagen das Bindeglied wäre, damit es wirklich zu Verbes­serungen kommt.

Wenn der Kollege Fazekas davon schwärmt, dass da jetzt Beamtinnen und Beamte zuge­zogen sind, dann muss ich sagen: Eigentlich gehören da die politisch Verant­wortlichen hin, und das sind die zuständigen Ressortministerinnen und Ressort­minis­ter. Dann würde sich, glaube ich, schon mehr verändern. Wir könnten umgekehrt zu allen Ausschüssen die Volksanwältinnen und den Volksanwalt beiziehen.

Ich erinnere nur daran, dass – ich weiß nicht, ist es jetzt ein halbes oder Dreivierteljahr her – seitens der Volksanwaltschaft an uns, an den Ausschuss die Bitte gerichtet wurde, dass wir da etwas unternehmen, dass die Kompetenzen verbessert, erweitert und so weiter werden, und wir haben beschlossen, dass wir im Herbst deswegen eine Sitzung machen, aber es rührt sich nichts, es bewegt sich nichts. Wir haben versucht, einen Termin festzulegen, aber dieser Versuch wird auch scheitern. Der alte Vorsit­zende hat ja ein halbes Jahr lang Wahlkampf gemacht und war mindestens mit einem Bein in Oberösterreich. Der neue ist jetzt gar nicht da, sehe ich gerade – sehr inter­essant! Das ist offensichtlich nicht wirklich das Thema für dieses Parlament, und das tut mir wirklich sehr leid.

Was wären denn diese Kompetenzerweiterungen gewesen? – Da ging es zum Beispiel um die Erweiterung der Prüfkompetenz in Richtung ausgegliederte Institutionen, wie etwa ÖBB, ASFINAG, Universitäten, Museen und so weiter. Auch dort fühlen sich Men­schen immer wieder von der Verwaltung ganz schlecht behandelt. Wir wissen, sie könnten natürlich klagen, sie könnten zu Gericht gehen, aber wer macht das schon. Wir wissen ja alle aus eigener Erfahrung, dass das dann doch zu viel Aufwand ist. Und da wäre ein Instrument wie die Volksanwaltschaft durchaus geeignet, für bessere Verhältnisse zu sorgen.

Ein anderes Thema ist die Behandlung von Sonderberichten im Parlament. Das ist nicht wirklich abgesichert und gesetzlich geregelt. Das muss verankert werden, weil es nicht sein kann, dass irgendwelche akuten Mängel nicht auch akut von uns behandelt werden.

Ein drittes Thema ist das Rederecht der Volksanwältinnen und des Volksanwaltes im Parlament, und zwar nicht nur, wenn es um den Bericht geht, und auch nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen. Wir wissen, dass die Verwaltung eine Querschnittmaterie ist, die überall drübergeht, und wenn dann irgendetwas akut ist,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 247

wäre es durchaus richtig und gerechtfertigt, dass sich die Volksanwältinnen und der Volksanwalt in einzelne Ausschüsse hineinsetzen.

Das würde schon einiges verbessern. Ich glaube, da haben wir jede Menge Aufgaben zu erfüllen. Auch im Zusammenhang mit der Feststellung von Missständen wäre es durchaus richtig und wichtig, dass eine sogenannte Amtsbeschwerde eingeführt wer­den würde, nämlich eine Amtsbeschwerde gegenüber dem Verfassungs- beziehungs­weise dem Verwaltungsgerichtshof. Dann würde Rechtssicherheit geschaffen werden und dann würden sich einige Dinge relativ schnell verbessern.

Ich glaube auch, dass der Antrag vom Kollegen Steinhauser, was Whistleblower betrifft, etwas ist, was bei der Volksanwaltschaft wirklich gut aufgehoben wäre. Whistle­blower sind, wie Sie wissen, Menschen, die Missstände aufdecken und dadurch Gefahr laufen beziehungsweise ein hohes Risiko auf sich nehmen, ihre Jobs zu verlieren oder irgendwelche strafrechtlichen Konsequenzen zu erleiden. Ich glaube, dass eine Hotline für Whistleblower bei der Volksanwaltschaft, so wie es auch dieser Antrag von Albert Steinhauser fordert, etwas wäre, was wir einrichten sollten, um die Demokratie ent­sprechend zu stärken. Wir wollen ja die Kontrolle verbessern, wir wollen die Trans­parenz verbessern, wir wollen, dass Missstände nicht mehr vorkommen und aufge­deckt werden.

Zum Schluss habe ich noch eine Frage an die Volksanwaltschaft, nämlich, was das neue Fremdenrecht betrifft. Mich würde interessieren, ob das, was wir von den Grünen kommen sehen, nämlich dass es eine unabsehbare Menge von Beschwerden in den kommenden Jahren 2010 und 2011 und in den Folgejahren infolge dieses Gesetzes geben wird, dass zahlreiche Fälle von menschlichen Tragödien an die Volksan­walt­schaft herangetragen werden, dann möglicherweise auch aufzeigen wird, dass dieses Gesetz doch menschenunwürdig ist und dass von der Innenministerin zu verantworten ist, dass auch die Volksanwaltschaft dann überlastet ist. Ich bitte da um Aufklärung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.50.01

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und sehr geehrter Herr auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es liegt uns heute wieder ein sehr umfangreicher Bericht der Volksanwaltschaft vor, mit sehr konkreten Stellungnahmen und auch Empfehlungen für Veränderungen beste­hender Situationen oder auch ganz konkreten Vorschlägen für Gesetzesänderungen.

Ich konnte mir vor einigen Tagen vor Ort in der Volksanwaltschaft von der hervor­ragen­den Arbeit ein Bild machen. Ich konnte mich über die Strukturen informieren, in die Arbeit Einblick nehmen, über die Vielfalt der Themen diskutieren, und vor allen Dingen erzählten mir die Mitarbeiter, wie vielfältig die Anliegen der Menschen sind, die direkt vor Ort in die Volksanwaltschaft kommen.

Manchmal, meine sehr geehrten Damen und Herren – das wurde uns erzählt – geht es nur ums Zuhören, um das Verständnis für ganz bestimmte persönliche Situationen, und dafür gebührt der Volksanwaltschaft Dank, dass man sich auch dafür Zeit nimmt, nämlich, für Menschen einfach da zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr oft aber, meine Damen und Herren, geht es um Ungerechtigkeiten, um Miss­stände, um Versäumnisse in den Verwaltungssystemen, im Rechtssystem oder bei Behörden. Deshalb ist es notwendig, dass die Volksanwaltschaft die Missstände auf-


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zeigt und Lösungsvorschläge sehr kompetent darlegt. Vielen Dank für diese Arbeit. Ein Danke auch an alle MitarbeiterInnen.

Ich denke, die Volksanwaltschaft ist ein wichtiges und notwendiges Instrumentarium für die Menschen, für die Bürgerinnen und Bürger, die Hilfe und Rat und Unterstützung brauchen, und wir werden gemeinsam weiterhin an der Beseitigung von Ungerech­tigkeiten arbeiten und Lösungen finden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abge­ord­neter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


20.52.12

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ganz kurz. – Herr Präsident, ist Ihnen irgendetwas bekannt, warum uns momentan die gesamte BZÖ-Fraktion abhandengekommen ist? (Rufe bei der SPÖ: Die sind alle beim Austria-Match! Was soll man da machen?)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Da das kein Beitrag zur Geschäftsordnung war, erspare ich mir eine Stellungnahme dazu.

Ich erteile als Nächstem Herrn Abgeordnetem Mag. Schönegger das Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.52.40

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Volksanwältinnen! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Hohes Haus! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Es ist schon wirklich – das muss ich sagen, auch wenn die letzte Wort­meldung nicht zur Geschäftsbehandlung war – eine gewisse Peinlichkeit bezie­hungsweise Provokation vonseiten der BZÖ-Fraktion, dass ausgerechnet sie als jene Partei, die in den EU-Wahlkampf mit dem selbsternannten Volksanwalt reingegangen ist, jetzt nicht anwesend ist. Aber gut. Es soll sich jeder selbst ein Bild davon machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich trotzdem oder gerade deswegen nahtlos anschließen an das Loblied, das ausnahmslos alle meine Vorrednerinnen und Vorredner jetzt betreffend die Volks­anwaltschaft angestimmt haben. Ein Dank an Sie persönlich, aber auch an die Insti­tution Volksanwaltschaft, vor allem aber auch an deren Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter.

Der uns vorliegende Bericht unterstreicht sehr, sehr deutlich die wichtige Aufgabe, ja die Kernaufgabe, die die Volksanwaltschaft wahrnimmt, nämlich behauptete oder ver­mutete Missstände in der Verwaltung zu prüfen und somit eine öffentliche und politi­sche Kontrolle im Dienste von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie auszuüben. Mit dem Mittel der Kontrolle wird letztlich auch stetig die Qualität der Verwaltung gesteigert.

Die Leistungsbilanz ist eindrucksvoll: 231 Sprechtage im Jahr 2008, 14 600 Bürgerin­nen und Bürger, welche sich an die Volksanwaltschaft gewandt haben, 9 600 Be­schwerden, 6 500 eingeleitete Prüfverfahren.

Die Volksanwaltschaft ist wahrlich berufen, auch uns hier in diesem Haus zu sagen, wenn ein Gesetz bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht wirklich ankommt, und wir sind gut beraten, wenn wir diese Ratschläge auch annehmen.

Noch einmal danke schön. Die Institution der Volksanwaltschaft ist eine ganz hervor­ragende Institution des österreichischen Parlaments, sie ist Vorbild für viele Staaten Europas und auch weltweit. Letztlich lebt die Volksanwaltschaft aber auch von sehr


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engagierten Volksanwältinnen und sehr engagierten Volksanwälten und deren Mitar­bei­tern, und das soll auch so bleiben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Herbert zu Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.55.17

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Der 32. Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2008 liest sich wahrlich ein­drucksvoll, wenn man sich die absoluten Zahlen anschaut: 14 640 Beschwerdefälle von Bürgern, davon 6 563 eingeleitete Prüfverfahren – ein eindrucksvoller Leistungs­bericht, der imponiert und auch zeigt, welch großen Stellenwert und hohe Anerkennung die Volksanwaltschaft bei der Bevölkerung hat.

Dieser Bericht zeigt aber auch auf, dass die Bundesregierung in zahlreichen Fällen der Umsetzung säumig war oder noch immer ist. Wenn 689 festgestellte Missstände in der Verwaltung und 38 Anregungen für Gesetzesänderungen in diesem Bericht seitens der Volksanwaltschaft dargelegt werden, dann spricht das eine deutliche Sprache und ist ein eindeutiger Auftrag, wie ich meine, hier endlich tätig zu werden.

Es gibt zahlreiche besondere Probleme, die hier angesprochen werden. Ich möchte aus­zugsweise nur ein paar davon anreißen. Ich denke da etwa an die Bergung der Kriegsrelikte mit der ungeklärten Frage der Kostentragung für die Ortung von Flieger­bomben, an die Problematik mit dem Personal bei der Exekutive, was vom Kollegen Fazekas schon angesprochen wurde – wenngleich ich mit ihm nicht d’accord bin, was die Verwendung der Postbediensteten bei der Exekutive anbelangt, weil meiner Mei­nung nach die von ihm gelobte Effizienz bei Weitem nicht gegeben ist –, oder auch an die desolaten Bundesheerkasernen samt den unwürdigen Unterbrin­gungen der Sol­daten in Bezug auf die Mannschaftsunterkünfte.

Alles in allem: Hier herrscht deutlicher Aufholbedarf. Das ist ein deutlicher Auftrag, die aufgezeigten Missstände endlich zu beseitigen. Und ich fordere Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, auf, in diesem Sinne endlich tätig zu werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Sacher zu Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.57.35

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren Volksanwälte! Ich mache mir keine Sorgen, mir geht eigentlich nie­mand ab, aber vielleicht hängt das zusammen mit irgendeinem Bezirksgerichts­ent­scheid wegen Unterlassung der Verwendung des Titels „Volksanwalt“. So etwas Ähn­liches könnte es sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich dem Dank an die Volksan­waltschaft anschließen. Auch ich durfte mich vorige Woche von dem wunderschönen Gebäude überzeugen, und ich glaube, dass jeder, der dieses Gebäude betritt, um dort Rat zu finden, und es wieder verlässt, das Gefühl hat, dass er dort menschlich behan­delt wird, und dafür herzlichen Dank.

Ich möchte hier auch erwähnen, dass die Vorbereitungen zur Eröffnung des Inter­national Ombudsman Institute unmittelbar vor dem Abschluss stehen, und ich möchte


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auch diese Institution, die nach Österreich geholt werden konnte, zu dem wunder­schönen Standort beglückwünschen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf folgendes Thema aufgreifen: Zum wieder­holten Mal wird aufgezeigt, dass es im Zusammenhang mit Verfahren bei Pensions­bescheiden, aber auch bei Pflegegeldbescheiden zu unnötigen Verzögerungen kommt und dass es dabei auch oft zu sehr unklaren Begründungen kommt, was die Klienten sehr verunsichert und oft zu Klagen beim Arbeits- und Sozialgericht führt, und dass die Kosten dafür die Sozialversicherung, die Pensionsversicherung zu tragen hat. Dieser Missstand wird aufgezeigt, und ich hoffe, dass dieser möglichst bald abgestellt wird.

Ebenso wird zu Recht kritisiert, dass oft die Begründung der Bescheide sehr mangel­haft erfolgt. Und die Volksanwaltschaft lässt auch anklingen, dass der Umgangston mit den Klientinnen und Klienten nicht so gehandhabt wird, wie das eigentlich im mensch­lichen Sinne notwendig wäre. Ich hoffe, dass das, was die Volksanwaltschaft hier auf­gezeigt hat, bald abgestellt wird.

Nur eine kurze Replik zur angesprochenen Justizanstalt Stein: Es ist wirklich nicht alles ein Politikum. Ich muss anmerken – ich will jetzt keine Couleur-Zuordnung vor­nehmen –, dass die Verfehlung des Anstaltsleiters, was das Büro betrifft, disziplinär geahndet wurde. Daraus ein Politikum zu machen, ist wirklich nicht am Platz! Soweit ich informiert bin, waren Ministerin und Anstaltsleiter verschiedener Couleur. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. Es sind ebenfalls 2 Minuten als gewünschte Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


21.00.28

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Volksanwälte! Hohes Haus! Von diesem Pult aus wurde heute schon sehr viel Kritik geübt. Umso schöner ist es, sich auch einmal bedanken zu können, Dank zu sagen für Ihre erfolg­reiche und engagierte Arbeit, werte Volksanwälte! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und Grünen.) Sie kennen viele Sorgen und Nöte der Menschen, deshalb sind Ihre Anregungen und Empfehlungen für uns so wichtig. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wenn wir sie umsetzen würden!)

Immer mehr Menschen werden zum Glück immer älter, und das bei guter Gesundheit. Es steigt aber auch die Zahl derer, die dement werden und die das tägliche Leben nicht mehr allein bewältigen. In diesen Fällen übernehmen, wie wir wissen, meist Rechtsanwälte die Sachwalterschaft, aber ein großer Bereich stellt ein riesiges Prob­lem dar. Etwa: Wer kümmert sich um die Pflege? Wer kümmert sich um Entschei­dun­gen im Bereich der Gesundheit? – Viele unserer Senioren machen sich über diese offenen Fragen große Sorgen und würden hier Hilfe benötigen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Da gibt es eine interessante Initiative von Frau Dr. Gertrude Brinek, die hier Verbes­serungen mit sich bringen könnte: Es sollte eine Alterswohlfahrt geschaffen werden. Wie könnte man sich das vorstellen? – Ähnlich wie bei der Jugendwohlfahrt könnten Sozialarbeiter und Therapeuten den Betroffenen zur Seite stehen. Ein interessanter Vorschlag, den es zu diskutieren gilt! Denn unser aller Ziel ist es ja und muss es sein, den Menschen genau die Hilfe zu geben, die sie brauchen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter zu Wort. Ich stelle die Uhr wie gewünscht auf 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 251

21.02.28

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Volksanwälte! Wer­te Kollegen und Kolleginnen! Unbestritten ist die Volksanwaltschaft seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahre 1977 zu einer sehr erfolgreichen und angesehenen Institution in unserem Lande geworden. Man möchte fast sagen, sie ist eine moralische Instanz. Ich stehe auch nicht an, Ihnen im Namen meiner Partei den Dank für Ihre Tätigkeit auszusprechen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Umso wichtiger ist es, dass es sich hierbei um absolut integre und charakterfeste Per­sönlichkeiten handelt, wenn man bedenkt, dass die Breitenwirkung Ihrer Tätigkeit enorm ist. Es gab 14 640 Kontakte mit Personen, die sich an Sie wandten, und es sind durchschnittlich 320 000 Menschen, die Ihre wöchentliche ORF-Sendung „Bürger­anwalt“ sahen.

Zum legislativen Teil: Auch wir von der FPÖ sind absolut der Meinung, dass Ihre Tätig­keit aufgewertet werden soll. Das möchten auch wir gerne weiter im Ausschuss besprechen.

Aber ich wäre nicht Mitglied einer Oppositionsfraktion, wenn ich nicht doch einen kleinen Punkt der Kritik anbringen wollte. Den möchte ich an Sie, Frau Volksanwalt Stoisits, richten. Ich erzähle nicht, sondern ich zitiere ein Interview von Ihnen aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 12.10.2009, Ressort „Die Seite 3“. Sie wurden über das Leben von Jörg Haider, über FPÖ und BZÖ gefragt, auch über die Situation in Österreich, und Ihre Antwort war:

Ich kenne keine Ausländerfrage, in Österreich stellt sich die Inländerfrage. Es sei doch nach sieben Jahr Koalition zwischen ÖVP und FPÖ klar, dass die heute 16- bis 20-Jährigen mit Politikernamen von Vizekanzlern, Finanzministern und sonst wem aufge­wachsen sind, die – ich zitiere – diese absolute Rechte präsentiert haben. Kann man den Jugendlichen verübeln – und das ist das, was ich wirklich kritisiere –, dass sie diese Figuren für normale, wählbare Politiker halten?

Frau Volksanwältin! Ich halte diese Aussage (Abg. Strache: Das ist eine Sauerei!) für mit der Würde Ihres Amtes absolut unvereinbar! (Beifall bei der FPÖ.)

21.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Auer zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.05.07

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Volksanwältin­nen! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Nach Frau Winter möchte ich wieder zur urei­genen Aufgabe der Volksanwälte zurückkommen. Wenn ich Volksanwaltschaft höre, dann schwingt bei mir immer auch das Wort „Gerechtigkeit“ mit. Gerechtigkeit haben wir heute in dem Haus schon diskutiert: Transferkonto und Treffsicherheit. Wenn man von Treffsicherheit spricht, dann meinen manche immer wieder, dass es eben Leute gibt, die in der sozialen Hängematte liegen, die also faul sind und die uns sozusagen auf dem Geldbeutel stehen. (Abg. Kickl: Gibt es alles nicht, oder?)

Selbstverständlich wird es das auch geben. Ich kenne nicht sehr viele, ich kenne mehr andere (Abg. Neubauer: Das glaube ich eh, weil Sie nicht bei den Leuten sind!), von der anderen Seite beleuchtet. Das bringe ich deshalb vor, weil es auch von der Volks­anwaltschaft herausgearbeitet worden ist. Es gibt eben auch die Kehrseite der Medaille. Und zwar ist es so, dass in Österreich in der Lehre und in der Rechts­prechung angenommen wird, dass die Sozialversicherungsträger zwar die Pflicht haben, Ratschläge und Auskünfte zu erteilen, dass das aber nur sozusagen eine Nebenpflicht ist.


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In Deutschland ist das Recht auf Beratung eine selbstständige Hauptpflicht aus einem Sozialrechtsverhältnis, und sie erstreckt sich darauf, nicht ausdrücklich nachgefragte Gestaltungsmöglichkeiten den Versicherten näherzubringen. Aus dem Ganzen ent­wickelt sich dann ein sogenannter sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Deutsch­land. Dadurch soll eben der Zustand hergestellt werden, der eingetreten wäre, wenn anstelle von fehlenden, falschen oder unvollständigen Auskünften rechtmäßig vorge­gan­gen worden wäre.

Genau das, ein vergleichbares Instrumentarium, gibt es bei uns in Österreich nicht. Darauf wurde von der Volksanwaltschaft hingewiesen. Ich wollte Ihnen sagen, dass es eben nicht nur die eine Seite der Medaille gibt, die von Ihnen immer wieder populistisch in die Mengen gezeigt wird. Wenn man aber dann einen Einzelfall schildert, den auch Volksanwälte aufzeigen, dann kommen die Krokodilstränen, und dann sagen alle: ja, so arm!, und so weiter. Aber pauschal machen Sie Hetze!

Die Volksanwaltschaft macht wirklich eine gerechte Politik, sie gibt Auskunft und Hilfe für die Leute. Das sollen sich manche Politiker auch hinter die Ohren schreiben. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Rufe bei der FPÖ: Welche der SPÖ? – Weitere Zwischenrufe.)

21.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ablinger zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.07.44

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Volksanwältin­nen und Volksanwälte! Ich schließe mich dem Dank vieler meiner Vorrednerinnen und Vor­redner an, vor allem auch für Ihre kompetente Beratung. Worauf ich im Besonderen hinweisen möchte, ist die Form der Bundesländertage, die eine besondere Art der niedrigschwelligen Beratungsangebote sind, die Sie nach wie vor machen und die ich hervorheben möchte.

Was wir immer wieder und auch in den Ausschüssen diskutiert haben, ist Folgendes. Wenn Sie auf besondere Probleme hinweisen und daraus legistische Vorschläge erwachsen, mahlen die Mühlen manchmal langsam in diesem Haus, wie wir wissen. Wir haben sehr oft über die Probleme beim Unterhaltsvorschuss geredet, und einen Schritt haben wir jedenfalls gesetzt, indem jetzt die Unterhaltsvorschusszahlungen schneller ausgezahlt werden und nicht mehr die Exekution abgewartet werden muss. Das ist auch ein Erfolg der Volksanwaltschaft.

Einen anderen Bereich möchte ich ganz zum Schluss anschneiden, nämlich die Be­suchsbegleitung, die Sie auch immer wieder erwähnen, und darauf hinweisen, wie wesentlich sie ist. Da soll man auch sagen, dass das Sozialministerium die För­de­rungen dafür in den letzten Jahren verdreifacht hat; mittlerweile geht es um 600 000 € jährlich. Sie weisen darauf hin, dass eine gesetzliche Basis dafür notwendig wäre. Es ist vom Sozialministerium nicht ungehört geblieben, auch daran soll gearbeitet werden. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) – Ich glaube, es gibt nicht diese Art und Weise; einen Antrag auf Herbeischaffung gibt es nicht, insofern geht das also nicht.

Um zurückzukommen: Daran sieht man, wie unverzichtbar die Volksanwaltschaft ist und wie unverzichtbar Sie sind. Ich danke Ihnen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



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21.09.42

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen der Volksanwaltschaft! Sehr geehrter Herr Volksanwalt Dr. Kostelka! Geschätztes Hohes Haus! Der Bericht der Volksanwaltschaft gibt in eindrucksvoller und umfangreicher Weise die ausgezeichnete Tätigkeit der Volksanwaltschaft wieder. Er spiegelt aber auch die Wertschätzung und das Vertrauen der Personen, der Menschen in unsere Volksanwaltschaft wider.

Der Bericht der Volksanwaltschaft ist oft auch ein Anstoß zu Änderungen und Ver­besserungen der gesetzlichen Bestimmungen. Der Bericht der Volksanwaltschaft 2008 bestätigt klar, dass in verschiedenen Bereichen gerade durch die Anfügungen, Ergän­zungen und Hinweise der Volksanwaltschaft wesentliche Verbesserungen für die Menschen eingetreten sind und herbeigeführt wurden. Ich denke da zum Beispiel nur an die Erhöhung des Pflegegeldes.

Der Bericht der Volksanwaltschaft zeigt aber auch, dass immer wieder soziale Härten auftreten und soziale Härten weiterhin bestehen. Geschätzte Damen und Herren, es gilt, diese Härten und Benachteiligungen abzubauen, von den Betroffenen abzuwen­den und Verbesserungen zu schaffen. Ich denke da zum Beispiel an die durch Medi­kamente geschädigten Personen, die sogenannten Contergan-Opfer, die auf keine nationale Entschädigung zurückgreifen können. Ich denke zum Beispiel an eine Abwendung der Internet-Abzocke. Ich denke zum Beispiel an einheitliche Standards im Jugendwohlfahrtsbereich.

Geschätzte Damen und Herren! Dieser Bericht der Volksanwaltschaft ist eine gute Grundlage für uns, auf legistischem Wege dafür zu sorgen, dass für benachteiligte und geschädigte Personen eine ausreichende Hilfe gewährleistet wird. Wir brauchen die Volksanwaltschaft gerade in Zeiten wie diesen dringender denn je. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es haben sich die drei Volksanwältinnen und Volksanwälte zu Wort gemeldet.

Zunächst erteile ich das Wort Frau Volksanwältin Mag. Stoisits. – Bitte.

 


21.12.01

Volksanwältin Mag. Terezija Stoisits: Dobar vecer, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der gebotenen Kürze, weil ich gesehen habe, was Sie heute noch für eine Tagesordnung haben, möchte ich mich als jetzige Vorsitzende pauschal auch im Namen von Gertrude Brinek und Peter Kostelka ganz, ganz herzlich für die lobenden Worte für die Tätigkeit der Volks­anwalt­schaft bedanken. Sie gelten zum größten Teil den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft, und wir werden diese lobenden Worte natürlich an die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter weitertragen. Herzlichen Dank!

Dafür kann ich Ihnen versprechen, wir werden natürlich in dem Stil weitermachen, da dies notwendig ist und da es nicht so ist, wie es eigentlich wünschenswert wäre: dass wir kommen und berichten, dass die Beschwerden über vermutete Missstände in der Verwaltung gefallen sind und zurückgehen. Es ist nicht so! Sie steigen stetig jedes Jahr, was jetzt nicht unbedingt heißen muss, dass die Verwaltung schlechter als im Jahr davor arbeitet, was aber jedenfalls heißt, dass die Komplexität der Gesetze, die erlassen werden, sich jährlich intensiviert.

Mein Prüfbereich ist unter anderem das Innenressort – das hat auch der Abgeordnete Zinggl angesprochen –, da kann ich Ihnen das pars pro toto auch für andere Bereiche intensivst bestätigen. Das Beschwerdeaufkommen in diesem Bereich – damit


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beantworte ich auch gleich die Frage des Herrn Abgeordneten – ist in den Jahren 2007 und 2008 stark gestiegen und auf diesem hohen Niveau 2009 weitergelaufen, es wird auch heuer eine Steigerung geben. Das hat sehr stark damit zu tun, dass das Frem­denrechtspaket 2005, das 2006 in Kraft getreten ist, ebendiese von mir vorhin schon genannte Komplexität noch intensiver gemacht hat.

Ich möchte das an einem Beispiel illustrieren und Ihnen sagen, dass das Handbuch des Innenministeriums für jene Beamtinnen, Beamten und Bediensteten, die diese Rechts­materien anwenden – und hier ganz konkret eine, nämlich das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz –, dass das Handbuch zur Anwendung über 250 Seiten hat. Stellen Sie sich einmal vor, was das für jene bedeutet, die von diesen gesetzlichen Bestimmungen und von diesen Änderungen betroffen sind!

Das ist jetzt nur ein kleines Beispiel zur Illustration, was wir dann bei den Beschwer­den – die Zahl wurde schon genannt, 14 640 Verfahren haben wir insgesamt gehabt – durchgeführt haben. In 15,3 Prozent der Fälle hat die Volksanwaltschaft in einem Prüf­verfahren sozusagen auch einen Missstand in der Verwaltung gesehen. Die Beschwer­deführer kommen und behaupten ja, es ist einer vorhanden, und wir bestätigen ihn entweder durch das Prüfverfahren oder sehen die Vermutung nicht bestätigt. Das ist eigentlich eine, relativ betrachtet, hohe Zahl.

Wir haben auch 71 sogenannte amtswegige Prüfverfahren durchgeführt. Amtswegig schreiten Volksanwältinnen und Volksanwälte dann ein, wenn es keinen konkreten Be­schwerdeführer gibt, aber der Verdacht auf einen Missstand in der Verwaltung besteht, den wir dann amtswegig aufnehmen, oder auch, wenn es Menschen gibt – und damit nehme ich Bezug auf Whistleblower und auf den uns jetzt übermittelten Ent­schließungsantrag –, die sagen: Ich möchte mich beschweren, aber ich möchte nicht als Person mit Namen und Adresse auftreten.

Hier gibt es schon einen gewissen Erfahrungsschatz der Volksanwaltschaft. Wir haben uns heute darüber verständigt, als wir vom Entschließungsantrag der Grünen erfahren haben, dass sich die Volksanwaltschaft selbstverständlich auch als kompetente Stelle sieht, um so eine Aufgabe übernehmen zu können.

Eine letzte Bemerkung, mit der ich etwas ergänzen möchte, nachdem Kollege Zinggl das Papier mit den Reformvorschlägen der Volksanwaltschaft, das wir dem Volksan­waltschaftsausschuss übermittelt haben, eigentlich in allen Punkten vorgetragen hat: Er hat einen einzigen Punkt nicht erwähnt, und das ist die Frage der Umsetzung des OPCAT-Abkommens. OPCAT heißt Optional Protocol to the Convention against Tor­ture, und im Jahr 2003 wurde dieses Abkommen unterzeichnet. Im Parteien­überein­kommen zwischen den beiden Regierungsparteien wurde die Absicht kundgetan, dass die Volksanwaltschaft die sogenannte nationale Präventionsstelle für die Umsetzung dieses Abkommens sein soll. Inzwischen sind die Vorgespräche darüber schon in einem Stadium, das durchaus als sehr konkret zu bezeichnen ist. Wir hoffen dann in der konkreten Umsetzung sehr auf Ihre Unterstützung!

Als allerletzten Punkt möchte ich noch einen Punkt beispielhaft für meinen Prüfbereich ansprechen, betreffend die Frage der Form des Umgangs mit legistischen Anre­gungen. Ja, es werden von Ihnen und auch von den Landtagen immer wieder legis­tische Anregungen, die die Volksanwaltschaft macht, aufgenommen. Es ist ja neben unserer Prüftätigkeit eine unserer Hauptaufgaben, jenem Organ, dessen Hilfsorgan wir sind, nämlich dem Parlament, Nationalrat und Bundesrat, auch Anregungen zu geben, und zwar dort, wo sich uns aus Erkenntnissen von Prüfverfahren Anregungen für die Verbesserung, Veränderung oder Korrektur von Gesetzen aufdrängen. Es werden immer wieder solche Anregungen vom Hohen Haus aufgenommen, aber schlicht und einfach lang nicht alle.


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Ich möchte Ihnen jetzt nur aus meiner zweijährigen Erfahrung zeigen, dass legistische Anregungen, die die Volksanwaltschaft in den jährlichen Bericht aufnimmt, wohlüber­legte, von uns im Kollegium wohlüberlegte legistische Anregungen sind. Das machen wir nicht, weil es sozusagen gerade passt, sondern weil wir in der internen Diskussion zu der Überzeugung kommen, dass wir Ihnen diesen Vorschlag machen. Mein Appell ist: Ich bitte Sie als Vorsitzende, diesen Anregungen so viel Augenmerk wie möglich zu schenken – denn es sind immer Erkenntnisse aus Bedürfnissen und Wünschen von Bewohnerinnen und Bewohnern dieses Landes, die uns damit konfrontiert haben, und für diese wurde ja die Volksanwaltschaft auch eingerichtet.

In diesem Sinne ist die beste Arbeit der Volksanwaltschaft eine gute Arbeit, aber die allerbeste ist die, die sich dann auch in jenem Organ, das Gesetze macht – und das ist hier! –, deutlich niederschlägt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Volksanwalt Dr. Kostelka. – Bitte.

 


21.19.26

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Im Hinblick auf Ihr Zeitbudget möchte ich mich auf die Bemerkungen, die mir gegenüber zu meinem Aufgabenbereich gemacht worden sind, beschränken.

Herr Abgeordneter Sacher hat in diesem Zusammenhang vom Pflegegeld gesprochen. Es ist – davon bin ich zutiefst überzeugt – ein schlechter Dienst am Grundgedanken des Föderalismus, wenn es in einem Rechtsbereich, in dem Bund und Länder aus­drücklich in einem Vertrag nach Artikel 15a der Bundesverfassung vereinbart haben, das gleiche Recht und den gleichen Rechtsbestand in allen zehn Gebiets­körper­schaften, Bund und Ländern, herzustellen, zu so eklatanten Unterschieden im Vollzug kommt, dass in manchen Ländern doppelte und dreifache Anerkennung in bestimmten Bereichen besteht, verglichen mit dem, was im Nachbarland der Fall ist.

Zweite Bemerkung: Ich darf auf eine Bemerkung, die Sie, Herr Abgeordneter Donner­bauer, in diesem Zusammenhang gemacht haben, Bezug nehmen: Wenn insbe­son­dere im Pflegebereich, aber auch in anderen Bereichen, ein Bescheid keine oder fak­tisch keine Begründung besitzt, weil in ihm nur ein Verweis auf rechtliche Bestim­mungen enthalten ist, dann bedeutet das letztlich eine Waffenungleichheit. Die Waffen­gleichheit besteht nicht zwischen dem Bescheidbetroffenen und der Anstalt, weil er nicht weiß, warum die Ablehnung erfolgt ist, und sich daher gegen diesen Bescheid auch tatsächlich nur schwer zur Wehr setzen kann.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist ein tatsächliches Anliegen. In diesem Zusam­menhang ist das keine Phantasie, sondern ein Rechtsbestand, der in der Bun­desrepublik Deutschland besteht, nämlich die Verpflichtung für die Sozialversiche­rungsträger, den betroffenen Bürger beziehungsweise den Versicherten zu verstän­digen und dort, wo dies nachweislich nicht erfolgt ist, auch die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Es ist nicht zufällig davon die Rede, dass es in Österreich ein „Sozialchinesisch“ gäbe. Jeder weiß, dass relativ wenige Österreicher Chinesisch sprechen. Daher besteht eine erhöhte Manuduktionspflicht gegenüber den Versicherten, und dem wird durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch weitgehend entsprochen.

Frau Abgeordnete Ablinger hat die Besuchsbegleitung angesprochen. Das ist tat­sächlich ein sehr großes Problem, weil nicht nur das Jugendamt, sondern auch die


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Gerichte aus guten Gründen sehr oft darauf bestehen müssen, dass der Aufbau einer Beziehung zwischen Vater oder Mutter und dem Kind – in der Regel betrifft es den Vater – nur möglich ist oder erlaubt werden soll, wenn eine Besuchsbegleitung durch eine professionelle Begleiterin tatsächlich wahrgenommen wird. In sehr vielen Fällen wird diese Besuchsbegleitung vom Gericht ausdrücklich vorgeschrieben. Sie sollte daher nicht sozial selektiv gewährt werden. Dort, wo die sozialen Verhältnisse so sind, dass die Kosten der Besuchsbegleitung von dem Betreffenden oder der Betreffenden nicht übernommen werden können, sollte es eine entsprechende Unterstützung ge­ben. – Ich weiß, dass einiges geschehen ist, aber das scheint mir noch nicht genug zu sein.

Allerletzte Bemerkung: Es stimmt, dass das International Ombudsman Institute mit 1. September seinen Sitz in Wien hat, und ich darf mich in diesem Zusammenhang sehr, sehr herzlich bei Ihnen bedanken. Für die Auswahlkriterien war ein nicht unwe­sentlicher Bestandteil der, dass es einen einstimmigen Beschluss von National- und Bundesrat gegeben hat, was bedeutet, dass Regierung und Opposition hinter der Ansiedlung dieser internationalen Organisation gestanden sind, und wir haben uns daher in einer Sitzung in Hongkong mit 16 zu null Stimmen durchgesetzt.

Ich bin seit 1. September Generalsekretär dieser Vereinigung, und ich darf mich beim Hohen Haus dafür sehr, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Volksanwältin Dr. Brinek. – Bitte.

 


21.24.15

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete! Damen und Herren Mitglieder des Hohen Hauses! Geschätzte Kollegin! Herr Kollege! Ich möchte ein paar Aspekte ansprechen, die meinen Prüfbereich betreffen: Aus dem Justizbereich ist es der schon zitierte Lückenschluss etwa im Unterhaltsvorschuss­gesetz beziehungsweise im Familienpaket. – Wir sind noch nicht dort angekommen, wohin unsere Empfehlungen gereicht haben und wohin die Probleme auch zeigen, aber ein erster Schritt ist bereits getan.

Zweitens: Im Bereich des Justizwesens nehmen die Klagen im Zusammenhang mit Sach­walterschaftssorgen, die im Wesentlichen ältere hilfsbedürftige Menschen, bei Unfällen aber auch jüngere Menschen haben, zu.

Das Sachwalterschaftsgesetz enthält Angebote für Lösungen, jedoch nicht hin­reichend. Entscheidungen betreffend Betreuung, Hilfe oder Reparaturarbeiten im Haus, die über die Vermögensverwaltung hinaus gehen, sind nämlich anders zu lösen, als es das Sachwalterrecht im Moment zulässt.

Ein weiterer Bereich betrifft Klagen und Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem neuen Bundes-Gleichbehandlungsgesetz stehen. Seit Mitte vorigen Jahres sind etwa unterschiedliche Tarifgestaltungen durch Anbieter in Ländern, Gemeinden bezie­hungs­weise auf welchen Ebenen auch immer nicht mehr zulässig, wenn sie bloß das Geschlecht oder das Alter betreffen. Das heißt, Sie als Abgeordnete aus den Bun­des­ländern beziehungsweise Regionen werden möglicherweise auch mit Beschwerden, die eine relativ junge Basis haben, nämlich das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, konfrontiert werden. Diesfalls können wir sie nur, so es sich um eine ausgegliederte Institution handelt, an die Gleichbehandlungsanwaltschaft weiterreichen. Es gibt auch schon diesbezügliche Erkenntnisse beziehungsweise Ergebnisse der entsprechenden


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Senate. Stellen Sie sich also auch darauf ein, dass die Beschwerdehäufigkeit, mit der Sie als Abgeordnete möglicherweise konfrontiert sind, noch zunehmen wird!

Ich kann nicht alle Probleme und Aspekte ansprechen. Ich wende mich jetzt noch an den ersten Redner des Abends, Herrn Abgeordneten Zinggl, der die Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft angesprochen hat: Hier gehen wir im gleichen Takt mit dem Par­lament in der Diskussion weiter. Ich bedanke mich für die Kooperation betreffend die Weiterentwicklung des Volksanwaltschaftsausschusses, das heißt, dass wir uns schon mit den zuständigen Fachkräften aus den einzelnen Ressorts und aus der Legistik­ab­teilung auseinandersetzen konnten.

Ich denke, dass eine Einrichtung, die sich nicht weiterentwickelt, stehen bleibt. Die Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft besteht einerseits im Einbau der Erfahrungen aus den Kontakten des Internationalen Ombudsmanninstituts. Darüber hinaus sind wir aber auch offen für Entwicklungen, die vom Hohen Haus kommen und die uns auf­grund der Bürgerbeschwerden und deren Prüfung, Verfolgung und Betreuung zuteil werden. Soweit ich meinen Einfluss geltend machen kann – und dafür plädiere ich sehr –, stehe ich auch über die originäre Prüfarbeit hinaus mit Rat, Hilfe und Auskunft zur Verfügung, was von den Bürgerinnen und Bürgern meistens bedankt wird, etwa mit den Worten: Jetzt kenne ich mich aus! Sie sind eine objektive Stelle, die unentgeltlich Auskunft gibt! Jetzt weiß ich, dass mich auch mein Rechtsanwalt richtig informiert hat.

Es geht um eine Weiterentwicklung der Prüfung. Schließen Sie nicht aus einem Stag­nieren oder Florieren der Prüfzahlen unmittelbar auf die Qualität der Verwaltung! Seien Sie aber aufmerksam und verstärken Sie die Zusammenarbeit mit uns im Sinne der Bürgerinnen und Bürger! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Ab­geordneten der Grünen.)

21.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-63 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Öllinger: Ohne BZÖ! – Abg. Neubauer: Gegen die Stimmen des BZÖ!)

Das ist einstimmig, Herr Abgeordneter, keine Sorge!

21.28.3410. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 98/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Prüfung der wirksamen Verwendung des Pflegegeldes durch Gesundheits­mana­ger (369 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 107/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflege­geldleistungen mit Auslandsbezug (370 d.B.)


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12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 103/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrich­tung einer Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung (371 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 108/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Angehörigen-Regresses (372 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 109/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Pauschalierung der Verwaltungsaufwendungen für das Pflegegeld (373 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 308/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Förderung und Ausbau der Tagesbetreuung (374 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Karlsböck mit einer gewünschten Redezeit von 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Kickl: Er ist nicht Ingenieur, sondern Doktor!) – Herr Doktor, Entschuldigung!

 


21.30.00

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Pflege von Angehörigen ist eine der wohl am meisten belastenden Tätigkeiten, sie ist aber unglaublich wertvoll für die Gesellschaft und für die betroffenen Gepflegten. Diese Tätigkeit bedarf einer bedin­gungslosen Nächstenliebe, einer Zurückstellung der eigenen Bedürfnisse beziehungs­weise einer Hintanstellung aller eigenen Bedürfnisse. In einer hedonistischen, egois­tischen Spaßgesellschaft ist das keinesfalls eine Selbstverständlichkeit.

Für alle Beteiligten ist dieser Umstand eine enorme Belastung. Meist müssen die­jeni­gen, die diese Pflege bewerkstelligen, freiwillig ihr normales, gewohntes Leben aufge­ben. Sie wechseln den Lebensrhythmus, hören mit ihrer Arbeit auf beziehungsweise suchen sich im Sozialbereich andere Einnahmemöglichkeiten. Wir können ohne Über­treibung davon sprechen, dass es sich hiebei um Helden des Alltages handelt. Meine Damen und Herren! Umso mehr bedarf es unserer uneingeschränkten Unterstützung dieser Menschen, die sich ganz der Pflege ihrer Mitmenschen hingeben! (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Aufgabe als Abgeordnete ist es, dafür zu sorgen, dass einerseits genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, dass es andererseits zu keinen Verschwendun-


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gen kommt und dass es in diesem Zusammenhang in der Verwaltung mit rechten Dingen zugeht.

Ich muss leider sagen, dass man vor allem bei den sozialen Versicherungsträgern immer wieder Missstände findet, die teilweise auch vom Rechnungshof als solche angeprangert werden.

Zum Beispiel finden wir bei der SVA eine ungeheuerliche Schlamperei. Dort wurden jahrelang keine Aufzeichnungen geführt, und es wurde ungeprüft Geld im Bereich der Verwaltung ausgegeben. Wir sprechen davon, dass sich in den Jahren 1994 bis 2005 der Verwaltungsaufwand auf über 4,4 Prozent gesteigert hat, und es geht in diesem Sinne weiter.

Der Rechnungshof regt an – und wir haben uns dieser Meinung angeschlossen –, dass es hier für alle Versicherungsträger eine pauschalierte Abgeltung geben sollte. Wir haben eine Pauschalierung des Verwaltungsaufwandes für das Pflegegeld vorge­schlagen. Unverständlicherweise wurde das von der großen Koalition abgelehnt.

Eine weitere echte Ungerechtigkeit findet sich in der falschen Bewertung einer viel zu niedrigen Einstufung der Pflegestufen. Es hängt wirklich davon ab, in welchem Bun­desland man einreicht. Ein Bundesland hat diesbezüglich eine großzügigere Regelung, die anderen Bundesländer sind da etwas restriktiver.

Das führt dazu, dass hier wirklich eine Ungerechtigkeit vorliegt und die Menschen ein zu geringes Pflegegeld herausbekommen.

Wir stellen aus diesem Grunde folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Einführung eines neuen und bundesweit standardisierten Begutachtungsverfahrens zur Bewertung des Pflegebedarfs bei der funktionsbezogenen Einstufung sicherzustellen, das in Zusammenarbeit mit den Behin­dertenorganisationen entwickelt wird.“

*****

Wir wollen natürlich auch, dass die Menschen den Erhalt ihres Pflegegeldes tatsächlich noch erleben. Viele Menschen sterben nämlich auf dem schwierigen Weg dahin, die entsprechende Einstufung zu bekommen. Wir sprechen davon, dass rund 11 Prozent der Menschen, die Pflegegeld beanspruchen, dessen Zuspruch nicht mehr erleben.

Auch im Hinblick darauf haben wir einen Entschließungsantrag vorbereitet:

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zu­leiten, die eine Beschränkung der Dauer des Pflegegeldverfahrens bei nicht strittigen Verfahren auf 60 Tage vorsieht.“

*****

Ich glaube, wir sind es diesen Menschen schuldig, diese Minimalforderungen hier zu beschließen und den betroffenen Menschen eine wirkliche Erleichterung zu bringen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die soeben eingebrachten Entschließungs­an­träge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.


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Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend Standar­disierung des Begutachtungsverfahrens zur Bewertung des Pflegebedarfs

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 10, Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 98/A(E) der Abgeordneten Ing. Nor­bert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Prüfung der wirksamen Verwen­dung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager (369 d. B.) in der 41. Sitzung des Nationalrates am 22. Oktober 2009

Bei der funktionsbezogenen Einstufung in die Pflegestufen, bewertet der Amtsarzt aufgrund der vorliegenden Behinderung den Pflegebedarf. Allerdings werden in Öster­reich Pflegebedürftige mit ähnlichen Leiden und Beschwerden oftmals völlig unter­schiedlich eingestuft.

Dabei handelt es sich um eine Ungerechtigkeit, die eines funktionierenden Sozial- und Rechtsstaats nicht würdig ist, da den Betroffenen nicht zugemutet werden kann, dass sie aufgrund einer falschen Bewertung in eine zu niedrige Pflegestufe eingestuft werden und zu wenig Pflegegeld erhalten.

Die Begutachtungsverfahren zur Pflegegeldeinstufung sind daher besser zu standar­disieren und so zu gestalten, dass es innerhalb des Bundesgebietes nicht zu unter­schiedlichen Beurteilungen für ein und dieselbe Pflegesituation kommen kann. Dieses neue Begutachtungsverfahren soll in Zusammenarbeit mit den Behinderten­organi­sa­tionen entwickelt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Einführung eines neuen und bundesweit standardisierten Begutachtungsverfahren zur Bewertung des Pflegebedarfs bei der funktionsbezogenen Einstufung sicherzustellen, das in Zusammenarbeit mit den Behindertenorganisationen entwickelt wird.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend die Beschrän­kung der Dauer des Pflegegeldverfahrens

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 10, Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 98/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Prüfung der wirksamen Ver­wendung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager (369 d. B.) in der 41. Sitzung des Nationalrates am 22. Oktober 2009

Im Bericht des Rechnungshofes über die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft; Vollzug des Bundespflegegeldgesetzes (Reihe Bund 2007/12) wird unter 19.1 darauf hingewiesen, dass die durchschnittliche Erledigungsdauer der Erstanträge


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auf die Gewährung von Pflegegeld im Jahr 2005 78 Tage betrug. Die Verfahrensdauer bei den Erhöhungsanträgen war einige Tage kürzer.

Die Gründe für Verfahrensverzögerungen lagen einerseits in Krankenhaus- und Kur­aufenthalten der Antragsteller oder in der Beschreitung des Rechtsweges. Darüber hinaus stellte der RH in Einzelfällen Liegezeiten von Akten, Wartezeiten auf Entschei­dungen der Hauptstelle oder Verzögerungen wegen fehlerhafter Eingaben im IT-System fest.

Im Jahr 2005 verstarben insgesamt 1.252 Pflegebedürftige bzw. 10,9 % der Antrag­steller vor dem Abschluss des Pflegegeldverfahrens.

In Anbetracht des zum Teil hohen Alters und des schlechten Gesundheitszustandes vieler Antragsteller erachtete der Rechnungshof eine rasche Verfahrensabwicklung als besonders wichtig, und empfahl, die Dauer aller nicht strittigen Verfahren auf unter drei Monate zu verkürzen. Die Forderung des Rechnungshofes nach einer rascheren Ver­fahrensabwicklung wurde vom Bundesministerium für Soziales und Konsumenten­schutz unterstützt.

Ein Altern in Würde setzt außerdem voraus, dass der eigene Pflegegeldantrag noch zu Lebzeiten erledigt wird. Außerdem sind jene Personen, deren Antrag positiv erledigt wird, eben tatsächlich auf das Pflegegeld angewiesen. Die Verfahrensdauer soll daher künftig maximal 60 Tage betragen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zu­leiten, die eine Beschränkung der Dauer des Pflegegeldverfahrens bei nicht strittigen Verfahren auf 60 Tage vorsieht.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


21.34.37

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Herr Kollege Karlsböck! Diese 60 Tage, die Sie angesprochen haben, sind auch ein dezidiertes Ziel unseres Herrn Bundesministers Hundstorfer, und ich denke: Da ist die Materie in guter Hand, und es wird in diese Richtung sicherlich weiter gearbeitet werden.

Es gibt im Moment wirklich nur eine ganz geringe Differenz zu den 60 Tagen, aber wir sind in diesem Bereich natürlich mit Ihnen einer Meinung, und es gibt, wie gesagt, bereits entsprechende Bestrebungen des Herrn Bundesministers Hundstorfer in diese Richtung.

In der Sitzung des Sozialausschusses wurde eine Reihe von Anträgen behandelt, und ich denke, wir haben auch wirklich gut darüber diskutiert. Jetzt werden einige Anträge meiner Meinung nach gut begründet abgelehnt, weil es gute, dringende Gründe dafür gibt.

Ich bin auch der Ansicht vieler Kolleginnen und Kollegen, dass die Pflege, wie wir im Ausschuss besprochen haben, ein ganz wichtiges Thema ist. Es gibt im Moment


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400 000 PflegegeldbezieherInnen des Bundes und der Länder. Zirka 75 000 Menschen sind in Pflegeberufen in Österreich tätig, und 80 Prozent der zu pflegenden Menschen werden von Angehörigen zu Hause gepflegt.

In diesem Gebiet ist wahrlich viel zu tun, und diese Herausforderungen nimmt die Bun­desregierung auch 100-prozentig wahr. Wir müssen ein breites, vielfältiges Angebot zur Verfügung stellen, und es ist trifft ohne Zweifel zu, dass die Menschen die Wahl­freiheit haben müssen, daraus ein bedarfsorientiertes und leistbares Angebot zu wäh­len.

Wir müssen auch darauf schauen, dass es für die MitarbeiterInnen ordentliche Arbeits­bedingungen gibt und dass auch in Zukunft genug Arbeitskräfte für diesen Bereich zur Verfügung stehen.

Ihr Antrag 98/A(E) geht in Richtung Qualitätssicherung, die uns auch sehr wichtig ist. Aber wir lehnen diesen Antrag ab, weil es seit dem Jahr 2001 mit der Novelle zum Bundespflegegesetz gemäß § 33a eine Qualitätssicherung gibt. Die Qualitätssicherung ist demnach verankert. Sie alle wissen, dass es die Möglichkeit zu Hausbesuchen gibt, wobei auf die Qualität in der Betreuung geachtet wird, aber gleichzeitig auch beraten und informiert wird. Aus der Erfahrung mit diesen Hausbesuchen hat sich ergeben, dass auch immer mehr an Beratung notwendig ist. Viele Menschen brauchen auch Unterstützung bei ihren anspruchsvollen Tätigkeiten, und jene Hausbesucherinnen und -besucher sind ausgebildete Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, weshalb sie ihre Aufgabe ausgezeichnet erfüllen können.

Die Ergebnisse aus den Beurteilungen zeigen eindeutig, dass in der häuslichen Pflege ausgezeichnet gearbeitet wird. Bei 98 Prozent der begutachteten Menschen – und das waren immerhin seit 2001 57 844 – wurde ein sehr guter oder guter pflegerischer Zustand bestätigt. Nur 20 PatientInnen haben einen mangelhaften Zustand – wenn ich das so sagen darf – aufgewiesen. In solchen Fällen gibt es immer auch Meldungen an die PVA, damit Verbesserungen herbeigeführt werden.

Ich denke, dass mit diesem System der Qualitätssicherung die Qualität tatsächlich gesichert wird und dass es deswegen nicht notwendig ist, Gesundheitsmanager nach dem Antrag der Freiheitlichen einzusetzen, noch dazu, da jene Gesundheitsmanager, die Sie in Ihrem Antrag angeben, keine ausgebildeten Kranken- beziehungsweise GesundheitspflegerInnen sind und auch der Rechnungshof keine Beanstandungen zum momentanen System traf. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Markowitz zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 2 Minuten. – Bitte.

 


21.38.32

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Pflege muss leistbar, qualitätsvoll und sicher sein. Rund 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden nach wie vor zu Hause gepflegt und betreut.

Pflegende Angehörige leisten dabei einen volkswirtschaftlich wichtigen Beitrag. Es ist unbestritten, dass die Betreuung und die Pflege aller Pflegebedürftigen in Österreich ohne die pflegenden Angehörigen nicht möglich wäre.

Für die Versorgung in den eigenen vier Wänden ist aber auch die Höhe des Pflege­geldes entscheidend, denn Preissteigerungen bei den zugekauften Leistungen, die für Pflegebedürftige notwendig sind, führen ohne entsprechende Pflegegelderhöhung zu Verschlechterungen in der Versorgung. Deshalb fordern wir eine dauerhafte Valorisie-


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rung des Pflegegeldes, denn Pflege und Betreuung müssen in ausreichendem Maß sichergestellt werden. Auch fordern wir eine bundeseinheitliche Regelung betreffend die Abschaffung der Regressforderungen an Angehörige. Es ist nämlich nicht einzu­sehen, dass in einzelnen Bundesländern auf das Vermögen von Angehörigen zuge­griffen werden kann.

Kommen Pflegebedürftige in Heimpflege, werden Pflegegeld, die eigene Pension oder sonstige Einkommen herangezogen. Reicht das nicht aus, dann greift die öffentliche Hand ein. Bis das aber so weit ist, muss das Vermögen zu einem gewissen Restwert verwendet werden, was von Bundesland zu Bundesland verschieden ist.

Aber auch für die Angehörigen fallen Kosten an: Zwar ist erfreulich, dass in allen Bun­desländern die Regressforderungen an die Kinder für ihre Eltern abgeschafft wurden, doch nach wie vor werden in vielen Bundesländern die Eltern für ihre min­derjährigen und sogar für die volljährigen Kinder bei stationärem Aufenthalt zu Regressforderungen verpflichtet – außer in Kärnten und der Steiermark. (Abg. Hörl: In Tirol auch nicht!) In vielen Bundesländern werden aber auch Regressforderungen an den Ehepartner ge­stellt – außer in Kärnten und der Steiermark. (Abg. Hörl: In Tirol auch nicht!)

Angesichts dieser uneinheitlichen Regelungen fordern wir vom BZÖ, dass Regress­forderungen an Angehörige generell abgeschafft werden, denn es ist nicht einzusehen, dass in einzelnen Bundesländern Zahlungsverpflichtungen an Angehörige bestehen und in anderen nicht. (Beifall beim BZÖ.)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Klikovits zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.41.01

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Immer wenn es um die Pflege geht, geht es um viel Geld, und es ist zweifelsfrei so, dass wir in den vergangenen Jahren sehr viele positive Veränderungen herbeigeführt haben.

Herr Kollege Markowitz, das, was Sie angesprochen haben, unterliegt natürlich der Autonomie unserer Bundesländer. Wir haben den Föderalismus und wir wollen diesen Föderalismus auch bewusst leben. Wenn es da schon bundeseinheitliche Regelungen für eine einheitliche Abschaffung der Vermögensgrenze und vieles mehr gegeben hat, dann ist das ein richtiger Schritt, aber ich bin schon dafür, dass wir die Autonomie und den Föderalismus unserer Bundesländer wahren.

Zu den einzelnen Anträgen der freiheitlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Tagesordnungspunkte 10 bis 15. Wir haben schon im Ausschuss ausführlich begrün­det, warum wir diesen Anträgen nicht nähertreten können: Zum einen, weil sie teilweise sachlich nicht gerechtfertigt sind (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), und zum anderen, weil sehr viel Mehrkosten entstünden, wenn ich nur an die Bundes­genossenschaften denke.

Sie wissen, dass ich im Burgenländischen Hilfswerk Verantwortung trage und einer jener bin, die all diese Punkte, die Sie hier an- und ausgeführt haben, so nicht akzep­tieren können, weil sie vielfach nicht umsetzbar sind und das System wirklich zusätz­lich verteuern würden. Also nicht, dass wir prinzipiell gegen Ihre Vorschläge wären, aber sie sind in der Sache einfach nicht gerechtfertigt.

Ich glaube auch, was Kollegin Königshofer gesagt hat, dass wir in der Pflege vor allem in der Frage des Personals dringendst überlegen sollten (Zwischenruf des Abg. Neubauer) – Entschuldigung, Königsberger –, wie wir zu qualifiziertem Fachper­sonal kommen, weil uns das schön langsam ausgeht. Wir bekommen keine Kräfte


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mehr aus dem benachbarten EU-Ausland und wir bekommen auch kaum Kräfte aus dem eigenen Bereich. Hier haben wir sicherlich noch ein Defizit aufzuholen!

Was die anderen Bereich betrifft, da gibt es beispielsweise das Pflegegeld: Wir haben 16 500 dauerhafte Sozialhilfeempfänger, wir haben 150 000 Menschen, die kurz­fris­tig – über einen Zeitraum von durchschnittlich sieben Monaten – das Pflegegeld, die Sozialhilfe beziehen. Allein diese Zahlen zeigen, dass hier natürlich sehr viel Geld im Spiel ist, und dass die Maßnahmen, die teilweise ergriffen wurden, in die richtige Rich­tung gehen.

Insgesamt, Herr Bundesminister, denke ich, werden wir unser Ziel erreichen, nämlich dass bei der Einstufung des Pflegegeldes die 60 Tage möglich sind. Es wurden bereits gute Vorbereitungen getroffen, und wenn wir diese letztendlich auch in die Tat um­setzen können, dann werden wir wieder einen guten Schritt für eine ordentliche Pflege in Österreich setzen können.

Wir werden noch viel zu tun haben, aber ich bin mir sicher, dass wir auch die Prob­leme, die noch anstehen, gemeinsam bewältigen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.44.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob ich mich täusche, aber mir kommt vor, als ob Herr Kollege Klikovits jetzt hier im Plenum ausführlicher geredet und seine Ablehnung des Antrages, was die genos­senschaftliche Organisation betrifft, begründet hat als im Ausschuss. – Damit bin ich generell bei einem Problem, und das ist ein ernstes Problem, das Sie sich überlegen sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir haben heute 14 Anträge, die abgelehnt werden; wir haben im Ausschuss, in dem diese Anträge abgelehnt wurden, ungefähr gleich viele Anträge, die vertagt wurden. (Abg. Kickl: Aber wir haben ja noch eine Sitzung!) Wir erleben nicht nur in diesem einen Ausschuss, sondern in vielen Ausschüssen, dass Anträge der Opposition prinzi­piell wenn überhaupt, dann nur mit einem Statement von einem Vertreter der Regie­rungsparteien – jeweils einem – beantwortet, aber nicht diskutiert werden.

Jetzt mag es schon sein, dass Anträge der Oppositionsparteien prinzipiell schlecht sind, dennoch müssen sie argumentiert werden, auch von Ihrer Seite, dennoch müs­sen wir, wenn sich dieses Parlament endlich einmal als ein Arbeitsparlament verstehen würde, etwas mehr Zeit aufwenden für eine gemeinsame Diskussion. – Das täte Ihnen auch gut, nämlich das Argumentieren zu lernen (Beifall bei den Grünen), es täte Ihnen auch gut, sich anzuhören, was wir von der Opposition zu sagen haben, und nicht nur in Rede und Statement von Ihrer Seite, sondern vielleicht in einer gemeinsamen Dis­kus­sion.

Ich halte es wirklich für einen Skandal, dass die sozialpolitischen Themen wenn über­haupt, dann nur in Form von Anträgen durch den Ausschuss durchgewunken, schub­ladisiert, abgelehnt – oder angenommen werden, wenn es Regierungsanträge sind, dass aber im Prinzip auch der Ausschuss nicht das Arbeitsgremium ist, von dem die Leute draußen in der Bevölkerung glauben: Da wird gearbeitet. – Das stimmt ja alles nicht!

Ich schäme mich jedes Mal, wenn Schülerinnen und Schüler hereinkommen und ich ihnen die Arbeitsweise des Parlaments erklären muss – was im Plenum stattfindet,


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kön­nen sie ja erleben –, und sie haben noch die Vorstellung oder Hoffnung, dass die Ausschüsse jenes Gremium des Parlament sind, in dem wirklich gearbeitet wird.

Und hier, am Beispiel des Sozialausschusses – ich weiß nicht, ob es nur im Sozial­aus­schuss so ist –, kann ich den jungen Menschen, aber auch den älteren, nur sagen: Nein, da wird sicher nicht viel gearbeitet! Das ist ein seltenes Highlight, wenn hier ein­mal Anträge oder Vorschläge von Regierung und Opposition – ganz egal, ob in An­trags­form oder nur als Diskussionsbeitrag – zusammengeführt werden, so zusammen diskutiert werden, dass daraus ein gemeinsames Arbeitsergebnis würde. Das ist mit­nichten der Fall!

Das ist die ewige Art und Weise, wie im österreichischen Parlament – vermutlich schon seit dem Beginn – gearbeitet wird: Die Opposition sagt das; die Regierung sagt das Gegenteil.

Ist es das? – Wenn Sie glücklich sind mit dieser Art des Arbeitens, ich bin es nicht. Und der Umstand, dass wir jetzt mehr als ein Dutzend Anträge ablehnen und im gleichen Ausschuss mindestens so viele Anträge vertagt haben, sollte eigentlich zum Nachdenken anregen.

Meine Kollegin Jarmer hat mich gefragt: Was soll ich denn jetzt eigentlich sagen? – Die Anträge werden ja ohnehin abgelehnt! – Also, man kann herausgehen, habe ich ver­sucht zu erklären, und noch einmal das sagen, was man auch im Ausschuss gesagt hat: Warum man meint, dass der Antrag gut ist. – Gleichzeitig wissen wir: Der Antrag wird jetzt endgültig abgelehnt.

Vielleicht ist das der Grund dafür, warum Herr Bundesminister Hundstorfer eine etwas dunkle Krawatte hat: dass er uns bei diesem Vorgang sozusagen Trauerassistenz leistet (Zwischenrufe bei der ÖVP – Abg. Kickl: Das ist aber kein Argument!), aber der Vorgang selbst ist nichts, worauf das Parlament stolz sein kann, und nichts, worauf sich ein Parlament, das sich als Arbeitsparlament versteht, eigentlich einlassen sollte: Also, dass man die Anträge sozusagen im Paket im Ausschuss durchwinkt/ablehnt, und dann noch einmal im Plenum im Paket ablehnt? – Bitte, wenn das Ihre Art des Neu-Regierens, des Neu-Arbeitens ist. Wir werden sie zur Kenntnis nehmen, aber wir werden sie nicht akzeptieren.

Sie müssen sich darauf einstellen, auch im Interesse Ihrer Arbeit, dass das keine gute Arbeit ist, wie Sie sie hier versuchen mit uns vorzuleben. – Ich weiß schon: Vielleicht ist das in Landtagen so üblich, aber ich finde, es hat keine Zukunft für den Parla­menta­ris­mus.

Deshalb werde ich jetzt auch nicht mehr im Detail auf die Anträge eingehen: weil es sinnlos ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.49.49

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir einen der abgelehnten Anträge vorgenommen, wo es uns leicht gefallen ist, ihn abzulehnen, nämlich den Antrag betreffend Pflegegeldleistungen mit Auslandsbezug.

Die FPÖ hat uns einen Antrag vorgelegt, in dem sie sich auf den Rechnungshof bezogen und gesagt hat, der Rechnungshof hat bei der Pflegehilfe mit Auslandsbezug festgestellt, dass man Änderungen treffen und diese ruhend stellen sollte. Der Text lautet auch so, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, „alle erforderlichen Schrit-


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te zu setzen, damit künftig sichergestellt ist, dass das Pflegegeld bei ausländischem Wohnsitz ruht“.

Das abzulehnen ist uns relativ leicht gefallen: einerseits, weil der Rechnungshof das nicht gesagt hat, und andererseits, weil die Forderung der FPÖ auch gegen die euro­päische Gesetzgebung gewesen wäre. (Abg. Kickl: Na dann!)

Was sind die Fakten? – Wir haben derzeit das Pflegegeld, das nach derzeitiger Rechts­lage im Inland, in den Ländern der EU, in Island, in Liechtenstein und in Norwegen bezogen werden kann. Wir haben 405 Fälle mit Auslandsbezug, und der EuGH hat uns verpflichtet, das Bundespflegegeld sowie das Landespflegegeld auch weiterhin an diese Menschen auszuzahlen.

Der Rechnungshof hat lediglich Folgendes bekrittelt: Er hat die Fälle geprüft und hat in 10 Prozent der Fälle festgestellt, dass es nicht klar nachvollziehbar ist, wie die Prüfung stattgefunden hat, und er hat angeregt, dass man eine Behörde namhaft machen sollte und dass diese den Pflegegeldbezug überprüft.

Dieser Forderung kann man nähertreten; das, was Sie wollten, ist einfach ungesetzlich, und damit war es für uns relativ leicht, das abzulehnen.

Und es hat mich ja fast gewundert, dass das Wort „Türkei“ nicht gefallen ist. – Aber ich kann Sie beruhigen: Das Pflegegeld wird nicht in die Türkei ausbezahlt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Dafür haben Sie es erwähnt!)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.51.54

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Dieser Ausschuss – das hat Kollege Öllinger schon erwähnt – war ein ganz besonderer Ausschuss: Wir hatten 26 Tagesordnungspunkte, von diesen Tages­ord­nungspunkten war aber kein einziger Tagesordnungspunkt von den Regierungs­parteien. Das muss man schon noch einmal sagen: Es waren 26 Ideen, Initiativen der Oppositionsparteien!

Deswegen wurden diese 26 Initiativen entweder auf die lange Bank geschoben – das heißt, sie wurden eben vertagt – oder aber sie wurden abgelehnt, und das mit wirklich fadenscheinigen und nicht mit fundierten Begründungen. (Abg. Neubauer: Wirt­schafts­krise!)

Genau so hat sich das in diesem Ausschuss abgespielt, und das zeigt schon, dass diese Bundesregierung in Wirklichkeit gar nichts zu sagen hat, auch gar keine Ideen bringen kann und möchte, gleichzeitig aber die oppositionellen Ideen sozusagen pauschal als schlecht, als nicht abstimmenswert bewertet und nur zur Ablehnung freigibt.

Da stellt sich schon die Frage, die man einmal prinzipiell stellen muss, ob es dann eigentlich Sinn macht. – Man hatte manchmal den Eindruck, das war so ein richtiger Alibi-Ausschuss, damit man eben endlich die unangenehmen Anträge dieser lästigen Oppositionsparteien auch einmal auf eine Tagesordnung setzt: Ungefähr so ist uns das vorgekommen. Und das ist ein Verhalten der Opposition gegenüber, das unerträglich ist, weil es nämlich auch den Menschen draußen gegenüber unerträglich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt will ich nicht mehr auf einzelne Inhalte eingehen, aber eines möchte ich schon sagen: Auch Oppositionspolitiker – da können Sie der gleichen Meinung sein oder nicht – arbeiten an Anträgen und überlegen sich etwas, und jeder Oppositionspolitiker


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hat es zumindest verdient, dass er eine Begründung bekommt, warum ein Antrag abgelehnt wird. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Öllinger.) Aber Sie machen das so nach dem Motto: Das ist von der Opposition, das interessiert uns nicht, das lehnen wir ab! – Genau so geht es da zu.

Und jetzt, da ich hier herinnen sitze, habe ich manchmal das Gefühl, ich bin im fal­schen Film: Jetzt kommen plötzlich Begründungen! Frau Kollegin Oberhauser, das haben Sie im Ausschuss überhaupt nicht gesagt, dass das ungesetzlich wäre. Sie sind im Ausschuss gesessen wie ein Mäuschen und haben den Mund nicht aufgebracht – so ist das gewesen! (Zwischenrufe bei der SPÖ) –, und jetzt stellen Sie sich her und geben Begründungen.

Uns wäre es lieber gewesen, Sie wären dort in die Diskussion eingetreten, dort wäre auch der richtige Ort gewesen. Jetzt spielen Sie sich hier groß auf, als wären Sie die großen Begründer. – So war es nicht!

Das ist etwas, was Sie sich vielleicht für die Zukunft merken sollten: Sie sollten auch einmal den anderen, den Oppositionsparteien gegenüber ein bisschen Respekt zeigen und die Sachen diskutieren. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die GOG-Bestimmungen. – Bitte.

 


21.54.42

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Abgeord­nete Belakowitsch-Jenewein hat gesagt, wir hatten eine Tagesordnung mit 26 Tages­ordnungspunkten.

Ich stelle richtig: Wir hatten eine ursprüngliche Tagesordnung von 31 Tagesord­nungs­punkten. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Noch schlimmer!) – Der erste war die Wahl des Obfrau-Stellvertreters, der zweite war eine Aktuelle Aussprache, dann kamen die 29 Oppositionsanträge und ergänzt wurde das Ganze durch einen 32. Tages­ord­nungspunkt, die Wahl des Schriftführers.

Und zu dem, dass ich den Mund nicht aufgemacht hätte: Jeder, der mich kennt, Frau Dr. Belakowitsch, weiß, dass ich meinen Mund nicht so einfach halte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.55.00

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe jetzt in den Reden zweier Oppositions­sprecher vernommen, sie beklagen sich über die Ausschussarbeit. – Ich darf Ihnen sagen, das sollten Sie nicht tun, denn wenn Sie meinen, dass die Regierung Sie nicht versteht, dann weise ich das zurück!

Ich stelle Ihnen eine andere Frage: Warum stimmen Sie bei fast allen Anträgen der Regierung dagegen? Warum? (Abg. Neubauer: Das ist ja nicht wahr! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das stimmt nicht!) – Die Anträge der Regierungsparteien sind nicht so schlecht und verdienen es nicht, dass sie laufend von Ihnen abgelehnt werden! Auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Neubauer: Ihr habt ja gar keine Anträge drauf gehabt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 268

Punkt zwei: Die österreichische Sozialpolitik kann sich sehen lassen, und eine Sozialpolitik braucht ein Höchstmaß an Verantwortung. Und wissen Sie, meine Damen und Herren, diejenigen, die die Eigenverantwortung abschaffen und Leistungen nur erhöhen wollen, gehen einen bedenklichen Weg, und diesen gehen wir mit Sicherheit nicht mit – das darf ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist so, dass wir in der letzten Ausschusssitzung eine Reihe von Diskussionen ge­führt haben, auch betreffend den Bereich des Pflegegeldes. – Jawohl, es gab eine Rechnungshofeinschau: Es gibt einige wenige Beanstandungen, aber die muss man ernst nehmen. Es gibt 400 000 Pflegegeldbezieher in Österreich, und ich meine, dass der Großteil davon gut beurteilt, eingestuft ist und auch gut betreut wird. – Natürlich arbeiten alle daran, sich noch weiter zu verbessern. Nichts ist so gut, als dass es morgen nicht noch besser werden könnte.

Zu den verschiedenen Anträgen möchte ich Ihnen in Kurzform Folgendes sagen: Einer Deckelung der Untersuchungs- oder Einstufungsgebühren können wir nicht zustim­men, weil wir natürlich auf den Einzelfall Bezug nehmen müssen.

In weiterer Folge glaube ich auch, dass die Inflationsanpassung, die Sie dauernd fordern, nicht vertretbar ist. Wir haben heuer hier ein Gesetz beschlossen, das zur Kon­sequenz hat, dass mit 1. August ab der Pflegestufe 3 der Bund die Sozialver­siche­rungsbeiträge der pflegenden Menschen übernimmt. Wissen Sie, was das aus­macht? – Das ist eine Erhöhung der Pflegegelder zum Teil um 80 bis 100 Prozent! (Abg. Öllinger: Da haben wir auch zugestimmt! Keine Ahnung!)

Sehen Sie, das ist verantwortungsvolle Sozialpolitik, wie wir sie machen. Und deshalb, denke ich, haben wir mit Recht jene Anträge, die wir schon bearbeiten, vielleicht vertagt, und jene, die nicht zu verantworten sind, einfach abgelehnt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Wir haben mitgestimmt, Herr Donabauer, auch wenn es Ihnen nicht passt!)

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, auch Sie kennen die Bestimmungen. – Bitte.

 


21.58.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Donabauer hat in seiner Rede die Auffassung vertreten, die Opposition würde bei Anträgen der Regierung prinzipiell dagegen stimmen. – Das ist unrichtig! (Abg. Amon: Den meis­ten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich betone und halte dem entgegen: Es ist prinzipiell nicht die Aufgabe der Opposition, Anträgen der Regierung zu 100 Prozent zuzustimmen. – Erster Punkt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Zweiter Punkt: Sie wissen auch aus der Darstellung von Frau Präsidentin Prammer, dass die meisten Anträge hier im Haus noch immer mehrheitlich – mit den Stimmen der Opposition – verabschiedet werden. Sie sollten besser aufpassen!

Auch heute ist ein wesentliches Gesetzesvorhaben zumindest teilweise mit Stimmen der Opposition beschlossen worden, und auch der von Ihnen angesprochene Gesetzesbeschluss betreffend Sozialversicherung bei pflegenden Angehörigen (Abg. Wöginger: Das ist ein Redebeitrag!) wurde mit den Stimmen der Opposition beschlossen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Das ist eine Rede!)

21.59



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 269

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jarmer zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


22.00.01

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Sozial­minis­ter! Geschätzte KollegInnen! Mein Einstieg als Neo-Abgeordnete ist etwas verwirrend, die Situation, wie sich hier darstellt. Im Parlament habe ich genau zwei Dinge wirklich gelernt, und das sind zwei Gebärden, die ich Ihnen zeigen möchte (beide Begriffe durch Gesten, die quasi Wegschieben ausdrücken, darstellend): Vertagung und Ab­lehnung. (Heiterkeit. – Abg. Kickl: Kann man das wiederholen?) Vertagung – Ablehnung (die beiden Begriffe erneut gebärdend).

Ich bemühe mich jetzt, eher ein paar Dinge zu bringen, die vielleicht mehr Sinn machen, als Erstes eine Anregung für die Zukunft. Wir dürfen nicht vergessen, es gibt ältere Menschen, es gibt behinderte Menschen, die wirklich Bedürfnisse haben, die einen Bedarf an Pflege, an Unterstützung haben. Wie lange sollen sie noch warten?

Ich möchte einige Punkte für die Zukunft anregen, ich möchte einfach Anregungen für zukünftige Ausschüsse und Anträge in diesen Ausschüssen geben. Ein Punkt ist zum Beispiel, dass der OEZIV eine Unterschriftenaktion plant, und bei dieser Aktion geht es in erster Linie um die Valorisierung des Pflegegeldes und dass das gesetzlich festgehalten wird.

Wir müssen bedenken, dieses Pflegegeld gibt es seit 1993, und seit 1993 wurde erst dreimal eine Erhöhung vorgenommen. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, man würde mit Ihren Gehältern genauso verfahren! Da würde ein Aufschrei durch diesen Raum gehen, den wir uns gar nicht vorstellen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Ein anderes Thema: Hilfsmittel, Heilbehelfe. Die Menschen müssen sich an unter­schiedlichste Institutionen wenden und wissen nicht, woher sie wirklich eine Unter­stützung bekommen. Das, was wir uns wünschen, ist ein One-desk-System, das sich danach richtet, was die Menschen wirklich brauchen, was der Bedarf ist, und nicht umgekehrt, dass man schaut, was die Institutionen anbieten im Bereich der Pflege und im Bereich der behinderten Menschen, denn der Begriff „Pflegegeld“ passt nicht immer zu dem, was behinderte Menschen benötigen.

Die Menschen benötigen manchmal eine ganz andere Form, und das ist nicht eine Pflege. Das kann jetzt zum Beispiel eine persönliche Assistenz sein, um im Alltag zurechtzukommen, um Zugang zur Bildung zu haben, um verschiedenste Dinge machen zu können. Das sind wichtige Punkte. Das, was ich mir wünsche, was ich mir für den nächsten Ausschuss wünsche, ist, dass wir Anträge behandeln, dass wir kon­struktive Diskussionen führen, denn die alten Menschen warten wirklich schon lange.

Vielleicht tragen Sie, sehr geehrter Herr Sozialminister, dann eine bunte Krawatte, und vielleicht hat das ja eine Auswirkung auf unsere Stimmung hier. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

22.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 270

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 369 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Standardisierung des Begutach­tungs­verfahrens zur Bewertung des Pflegebedarfs.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beschränkung der Dauer des Pflegegeldverfahrens.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 370 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 371 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 372 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 373 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 374 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.05.3016. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 685/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­längerung der „Aktion 500“ und Beibehaltung der Integrationsbeihilfe in voller Höhe (375 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 271

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 3 Minuten. – Bitte.

 


22.05.58

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Noch eine Anmerkung zur Debatte zum vor­hergehenden Tagesordnungspunkt. Es ist schon ein Kunststück, sich hierher zu stellen und zu sagen, dass die Opposition im Grunde genommen hier keine Mitarbeit leistet, keinen Antrag der Regierung mitbeschließt, weil der ganze Ausschussinhalt neben zwei Wahlen nichts anderes ist als Anträge der Opposition.

Ich weiß nicht, was Sie gerne gehabt hätten, welchen Regierungsanträgen wir zustim­men sollten. Sie sollten schauen, dass Sie welche zustande bringen, vielleicht für den nächsten und noch einzigen Termin vor Weihnachten, was den Sozialausschuss be­trifft, und diesmal bitte so, dass nicht, während die Sitzung noch im Gange ist, an Ihren eigenen Regierungsanträgen herumgedoktert wird. Das ist nämlich auch keine Vorgangsweise, die wirklich zukunftsträchtig ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Es fällt ein bisschen auf, meine Damen und Herren, wenn man sich insgesamt Ihre Maßnahmen im arbeitsmarktpolitischen und sozialpolitischen Bereich anschaut, dass da immer wieder gewisse Verhaltensmuster auftauchen. Eines davon ist das, dass man sozusagen den berühmten Spatz in der Hand jetzt eintauscht, aber nicht vielleicht gegen die Taube auf dem Dach, sondern maximal gegen einen ebensolchen Spatz, und in den meisten Fällen gegen irgendein Vogerl, das ein „Zniachtl“ ist im Vergleich zu dem Spatz, den man schon in den Händen gehabt hätte.

Da gibt es jetzt einige Dinge, wo das immer wieder zutrifft. Das ist der rot-schwarze Faden. Die angebliche Verbesserung des Blum-Bonus führt zum Ergebnis, dass unter dem Strich weniger Lehrstellen vorhanden sind als vorher. Das ist der Tausch Spatz gegen irgendetwas Ausgemergeltes, wo Sie glauben, dass Sie das der Öffentlichkeit als Weiterentwicklung verkaufen können.

Leider schaut es jetzt auch so aus in diesem Bereich, wo es um die „Aktion 500“ geht. Ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass vielleicht der eine oder an­dere noch nachzudenken beginnt und nicht sozusagen in diese kollektive Abstim­mungsverweigerung und in diese Neinsagermentalität verfällt vonseiten der Regie­rungsparteien. Deshalb möchte ich nur noch kurz sagen, was diese „Aktion 500“ ist.

Die „Aktion 500“ ist eine Initiative aus dem Bereich der Behindertenbeschäftigung und eigentlich etwas – und jetzt sollten Sie froh sein, weil ich Sie auch einmal lobe –, was sich in der Vergangenheit sehr erfolgreich gestaltet hat. Dieses Projekt gibt es seit 1997, das Problem ist nur, dass es jetzt ausläuft. Vielleicht läuft es deshalb aus, weil es manche in der SPÖ stört, dass es eigentlich eine Unternehmerförderung ist. Da habe ich von der Abgeordneten Rudas schon Abenteuerliches gehört, wenn es etwa um die Lehrlinge geht, wo man dann wirklich in klassenkämpferischen Tönen etwas ablehnt, was im Grunde genommen hochgradig vernünftig ist.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen für Behinderte, wo wir genau wissen, dass das ohnehin sehr, sehr schwierig ist, hat gut funktioniert. Ein Behinderter wird neu ange­stellt. Für sechs Monate gibt es eine Förderung von 600 € monatlich. Und das Inter­essante ist, dass das Dienstverhältnisse betrifft, wo es auch die volle sozialversiche­rungsrechtliche Absicherung gibt. Das ist ja auch etwas, das eine wünschenswerte Entwicklung ist, auch wenn die Realität in vielen Bereichen eine andere Sprache spricht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 272

Zweite Komponente dieser „Aktion 500“: Schaffung auch von Ausbildungsplätzen für Menschen mit Behinderung. Also auch das ist etwas, wo man erfolgreich unterwegs war und wo man im Grunde genommen das Rad nicht neu erfinden müsste.

Und die dritte Komponente dieser Aktion ist eine Förderung sozusagen für den Gang in die Selbständigkeit. Das Ganze ist so gelungen – und das muss man Ihnen auch wirklich lassen –, dass man eigentlich davon ausgegangen ist, als man diese Aktion ins Leben gerufen hat, 500 Stellen zu schaffen; ich habe mir das aufgeschrieben. Sie haben das Zehnfache davon erreicht! Und da wundert es mich ein bisschen, vom Sozialminister in der letzten Sozialausschusssitzung, nachdem er diese Aktion im Februar dieses Jahres noch gelobt hat, wenige Monate später zu hören, bei der „Aktion 500“ werden Veränderungen vorgenommen, weil der gewünschte Effekt nicht einge­treten ist.

Jetzt weiß ich nicht: War es möglicherweise zu erfolgreich, was man zustande gebracht hat? Passt das nicht ins Konzept? Ist es vielleicht so, dass man jetzt die soziale Verträglichkeit nach den Maßstäben der Frau Königsberger-Ludwig misst, die etwas ganz anderes sagt als der Herr Donabauer? Es ist nämlich nicht so, dass wir uns die Valorisierung des Pflegegeldes nicht leisten können, sondern dass man über diese Dinge gar nicht diskutiert, weil das ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein wäre. Bitte nicht in diese Richtung weiter vorgehen – bitte nicht!

Ich würde an Sie appellieren, diese Aktion weiterzuführen. Sie brauchen nicht per­manent das sozialpolitische Rad neu zu erfinden dort, wo es sich ohnehin gut dreht. Und ich appelliere an Sie, hier jetzt vielleicht noch einmal einen Umdenkprozess einzuleiten und dieser Aktion trotzdem eine Chance zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)

22.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindel­berger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.10.18

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Kollege Kickl, durch ständiges Ver­breiten von Unwahrheiten wird die Situation auch keine andere. Es war von Haus aus klar, dass die Arbeitsplatzoffensive „Aktion 500“ eine befristete ist, und diese Aktion wurde im Jänner heurigen Jahres bis 30. Juni 2009 verlängert.

Die Ausgangssituation, warum sie befristet war: Weil wir gesagt haben, wir schauen uns an, ob diese Maßnahmen arbeitsmarktpolitisch greifen. (Abg. Kickl: Offensichtlich schon, oder?) Durch diese Maßnahmen – da gebe ich Ihnen recht – ist die Möglichkeit geschaffen worden, zu sagen: Für neue Arbeitsplätze, die geschaffen werden und wo behinderte Menschen sozialversicherungsmäßig angemeldet sind, gibt es zusätzlich zu den bestehenden Integrationszahlungen auch noch diese Beihilfen! Die Förderungen waren herzeigbar, da gebe ich Ihnen auch recht. Die Förderung hat 600 € im Monat betragen, und das Ganze für die Dauer von sechs Monaten. Wenn man Menschen mit Behinderungen, die einen Lehrberuf erlernen, aufgenommen hat, wurde das ganze erste Lehrjahr mit 200 € monatlich gefördert.

Warum diese Maßnahmen – das muss man ganz offen auch auf den Tisch legen –, die im Zuge der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung getätigt wurden, nicht weiter verlängert wurden, liegt auf der Hand: Wir haben das nicht deswegen getan, weil wir, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, gegen Wirtschaftsförderungen wären, son­dern weil wir – entgegen der Behauptung in Ihrem Antrag – feststellen mussten, dass diese Aktion leider nicht den gewünschten Erfolg und nicht die gewünschte Nach­haltigkeit gezeigt hat, denn von erfolgreich sind wir da weit, weit weg; davon kann keine Rede sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 273

Faktum ist, dass die neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behin­derung in einer großen Zahl dann, wenn die Förderungen ausgelaufen waren, ihr Be­schäf­tigungsverhältnis wieder verloren haben. Nicht einmal 30 Prozent wurden nach Auslaufen dieser Maßnahmen weiter beschäftigt.

In Ihrem Antrag verbreiten Sie aber die nächste Unwahrheit, indem Sie behaupten, die Integrationsbeihilfe sei auch abgeschafft worden. – Das stimmt überhaupt nicht, denn diese bleibt in vollem Umfang aufrecht.

Aufgrund all dieser Argumente haben wir eben den Beschluss gefasst, diesen Antrag in der Vorwoche im Sozialausschuss abzulehnen, und ich hoffe – das sage ich auch ganz offen –, dass Sie von der FPÖ daraus lernen, denn wenn man ständig nur Unwahrheiten verbreitet, kommt man nicht weiter. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.12.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird es natürlich noch schwieriger, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu inte­grieren. Das ist nicht ganz einfach. Wir haben gerade gehört, mit 600 € pro Monat sind Betriebe gefördert worden, wenn sie Menschen mit Behinderung eingestellt haben. Dann aber, wenn die Förderung ausgelaufen ist, hat man sich wieder von diesen Menschen verabschiedet.

Das ist natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss, nur: Wir dürfen auch nicht glauben, dass durch diese Förderung die Leute zu 100 Prozent weiter beschäftigt werden. Da ist halt die Frage zu stellen: Sind 30 Prozent Weiterbeschäftigung in Ordnung oder nicht?

Meiner Meinung nach sollte man daran weiterarbeiten, dass Menschen mit Behinde­rung in Betriebe integriert werden, in diesen beschäftigt werden, denn das trägt zum Selbständigwerden dieser Menschen bei; weiters sind sie sozialversicherungsrechtlich abgesichert und können ein selbstbestimmtes Leben führen. Das ist das Wichtige dabei, genau darum geht es. (Abg. Kickl: Jetzt kommt die Taschengeld-Variante!)

Zu überlegen ist daher, wie und wo wir Wege finden können, dass Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt unterkommen können, dass sie einen Arbeitsplatz bekommen.

Herr Bundesminister, wir haben ja heute schon über Transferleistung und Transparenz bei Förderungen debattiert, daher: Das ist genau so ein Fall, wo man sich überlegen müsste, wie man Betriebe, die Förderungen, die öffentliche Gelder erhalten, ver­pflichten kann, Menschen mit Behinderung – eben mit einer gewissen Quote – einzu­stellen.

Ausgleichszahlungen beispielsweise werden oft umgangen. Aber das wäre eine Mög­lichkeit, durch Offenlegung von Transferleistung Betriebe, die öffentliche Unter­stützung erhalten, zu verpflichten, Menschen mit Behinderung verstärkt aufzunehmen, um am Arbeitsmarkt unterzukommen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Wo war das BZÖ eigentlich? – Ruf bei der SPÖ: Im Solarium!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 274

22.14.48

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Kollege Spindelberger hat ja bereits erwähnt, welche Voraus­setzung die „Aktion 500“ hatte, sodass man deren Verlängerung wieder nur auf sechs Monate gemacht hat, dass das eben berechtigt war und auch gesagt wurde, dass man das überprüfen muss.

Seitens aller Beteiligten hat sich herausgestellt, dass diese Aktion nicht nachhaltig war und dass es daher eine richtige Entscheidung war, die „Aktion 500“ auslaufen zu lassen. Nichtsdestotrotz muss man natürlich in dieser Diskussion auch sagen, dass es natürlich auch weiterhin eine Integrationsbeihilfe für Menschen mit Behinderung gibt, genauso wie die Entgeltbeihilfe, dass also Maßnahmen gesetzt werden, um diese Menschen weiterhin in Beschäftigung zu halten beziehungsweise in Beschäftigung zu bringen.

Nur: Wenn eine Aktion nicht funktioniert, dann soll man auch den Mut haben, diese Aktion zu beenden. Deswegen war das der richtige Schritt der Regierung, und wir von der ÖVP-Fraktion werden dementsprechend entscheiden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Taschengeld-Varianten ...!)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jarmer zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


22.16.13

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprach­dolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe KollegInnen! Hohes Haus! Zur „Aktion 500“, zu der wir jetzt verschiedenste Meinungen gehört haben. Ich habe heute noch einmal recherchiert und habe im Zusammenhang mit dieser „Aktion 500“ einen Beitrag aus Salzburg gelesen – und dort steht, dass die „Aktion 500“ besonders erfolgreich war, und zwar mit einer Erfolgsquote von 75 Prozent. Das war heute so zu finden.

Daher wundere ich mich jetzt etwas, hier zu hören, dass die „Aktion 500“ nicht erfolg­reich gewesen sei und so weiter und so fort. Jetzt bin ich mir nicht sicher: Was darf ich glauben? Das, was ich mich frage, ob jetzt die „Aktion 500“ bleibt oder nicht, woran wir denken müssen und was wirklich von Bedeutung ist, ist: Wir brauchen Beschäfti­gungsmaßnahmen für Menschen mit Behinderung!

Große Firmen zum Beispiel mit viel Geld werden wahrscheinlich nicht solche Unter­stützungen brauchen, aber kleinere Betriebe, NGOs, jene, die Menschen beschäftigen, oft auch Menschen mit Behinderungen, brauchen diese Unterstützung. Das beeinflusst natürlich die Menschen mit Behinderungen. Menschen mit Behinderungen sind wirklich sehr betroffen. Es gibt Menschen, die noch nie erlebt haben, in einer Beschäftigung zu sein, und das ist doch wirklich notwendig und wichtig. Menschen mit Behinderungen sind genauso – und in Zukunft wahrscheinlich noch mehr – von Arbeitslosigkeit betrof­fen.

Ein anderes Thema, das wir nicht vergessen dürfen: dass viele wirkliche Berührungs­ängste vor Menschen mit einer Behinderung haben; sie sind das nicht gewohnt, sie sind noch in einer Zeit aufgewachsen, in der eine Integration nicht üblich war. Auch wissen Menschen oft nicht, wie ist denn das mit einem Rollstuhlfahrer?, oder: Da kommt eine Person, die gehörlos ist.

Wahrscheinlich war es hier im Parlament auch so, dass man nicht gewohnt war, eine Gehörlose zu erleben; mittlerweile wird es aber zur Gewohnheit und ich spüre auch die Offenheit. Das heißt, wenn man die Möglichkeit gibt, einen Menschen mit Behinderung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 275

einzustellen, dann ist das eine Form von Sensibilisierung. Und: Es ist höchste Zeit, dass wir das machen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und BZÖ.)

Zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Dienst: Wir erleben sehr oft, dass man sich gerade im öffentlichen Dienst davon „freikauft“ und nicht die Quote erfüllt. Gerade auch da finde ich es von besonderer Bedeutung, dass diese Ver­pflichtung zur Einstellung von Menschen mit Behinderung eingehalten wird.

Das heißt also, Offenheit hiefür ist noch nicht da, aber wenn wir im öffentlichen Dienst mit gutem Vorbild vorangehen, dann würde das auch ein Bild bei der Gesellschaft vermitteln – und die Gesellschaft kann so ihr Bild von Menschen mit Behinderungen ändern.

Vielleicht sollten wir uns für die nächste Ausschusssitzung andere Maßnahmen über­legen, vielleicht eine „Aktion 600“, wie auch immer, jedenfalls andere Maßnahmen und dass wir da – da appelliere ich an Sie, Herr Sozialminister – echt etwas tun. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

22.19

 


22.20.01Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 375 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.20.2717. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Helfer (377 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 611/A(E) der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Befreiung der Tätigkeit unentgeltlich tätiger freiwilliger Helfer bei Veranstaltungen gemein­nütziger Vereine von der Sozialversicherungspflicht (378 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.21.12

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Spindelberger, ich muss noch kurz zum vorigen Tages­ord­nungspunkt kommen. Ich hoffe, ich habe das falsch verstanden, was Sie da in Ihrem letzten Satz gesagt haben. Sie haben gemeint, Sie stimmen unseren Anträgen nicht zu, weil wir Ihnen nicht genug Wohlverhalten entgegengebracht hätten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 276

Also: Wenn das im Umkehrschluss heißt, Sie stimmen dann unseren Anträgen zu, so auf die Art, wenn wir jetzt etwas gelernt haben, dann wird dies das nächste Mal positiv erledigt, dann, finde ich, ist das ein starkes Stück. Ich hoffe, ich habe das falsch verstanden. (Abg. Silhavy: Nicht nur das!)

Ich möchte jetzt zum eigentlichen Antrag kommen, zur eigentlichen Problematik, der sich mit den freiwilligen Helfern beschäftigt. Wir alle wissen, dass es in Österreich unzählige, Hunderttausende Freiwillige gibt, die unentgeltlich bei Blaulichtorgani­sa­ti­onen wie etwa der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz tätig sind.

Wir wissen, dass diese Helfer unschätzbare wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft leisten. Vor allem in Katastrophenfällen wird eindrucksvoll vor Augen geführt, wie wich­tig die Arbeit von freiwilligen Helferinnen und Helfern ist. Zudem nehmen sie ihre Aufgabe oft bis zur totalen Erschöpfung wahr, auch setzen Freiwillige bei Einsätzen ihre Gesundheit, manchmal sogar ihr Leben aufs Spiel.

Es ist daher höchste Zeit, dass die unermüdliche und unentgeltliche Arbeit dieser Men­schen endlich entsprechend honoriert wird. Wir stellen uns das in etwa so vor, dass es hier eine bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst gibt. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Ursula Haubner.) Es könnte sein, dass es einen weitgehenden Versicherungsschutz für Freiwillige gibt, dass eine steuerliche Absetz­barkeit von Spenden an freiwillige Hilfsorganisationen festgeschrieben wird und dass es eine bessere Unterstützung bei der Ausstattung mit Geräten geben soll.

Ein weiterer Punkt in dieser ganzen Thematik ist ein bis dato noch nicht ange­sproche­ner, dass nämlich die Betroffenen in hohem Maße Belastungen ausgesetzt sind, die im Rahmen bestimmter Tätigkeiten bei der Freiwilligenarbeit auftreten; im weitesten Sinn erinnert das an SchwerstarbeiterInnen. Teile der Freiwilligen – das habe ich schon gesagt – setzen oft auch aufgrund von sehr schwierigen Einsätzen ihr Leben und vor allem ihre Gesundheit aufs Spiel. Deshalb sollen jene Jahre, in denen freiwillige Mit­glieder von Hilfs- und Blaulichtorganisationen regelmäßig derartigen Belastungen aus­gesetzt sind, bei Schwerarbeiterregelungen Berücksichtigung finden.

Wir bringen deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend die Berück­sichtigung der freiwilligen Mitglieder von Blaulichtorganisationen in der Schwer­arbeiter­regelung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die sicherstellt, dass freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schweren physischen oder psychi­schen Belastungen ausgesetzt sind, im Rahmen der Schwerarbeiterregelung gerecht berücksichtigt werden.“

*****

Ich hoffe, Sie können dem zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

22.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 277

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend die Berück­sichtigung der freiwilligen Mitglieder von Blaulichtorganisationen in der Schwerarbeiter­regelung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 17, Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales über den Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Helfer (377 d.B.) in der 41. Sitzung des Nationalrates am 22. Oktober 2009

In Österreich gibt es hunderttausende Freiwillige, die unentgeltlich bei Blaulicht­organi­sationen - wie etwa der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz - tätig sind.

Ein Teil dieser Freiwilligen ist bei Einsätzen regelmäßig schwersten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt. Oftmals bieten sich den Freiwilligen Helfern an Unfallorten schreckliche Bilder, die nur mit psychologischer Unterstützung verarbeitet werden können und meist sind hohe körperliche Anstrengungen erforderlich, um einen Einsatz erfolgreich zu beenden.

Die Leistungen dieser Freiwilligen Helfer sind unersetzlich. Der hohe soziale Standard und die Sicherheit in Österreich könnten ohne diese Freiwilligenarbeit nicht in diesem Ausmaß gewährleistet werden. Der Staat profitiert von dieser Freiwilligenarbeit enorm.

Die hohen Belastungen, die im Rahmen bestimmter Tätigkeiten bei der Freiwilligen­arbeit auftreten, sind zweifellos als Schwerstarbeit zu bezeichnen. Schwerstarbeit, die unentgeltlich und zugunsten der öffentlichen Hand erfolgt. Ein Teil der Freiwilligen setzt dabei immer wieder bei schwierigsten Einsätzen seine Gesundheit und sein Leben aufs Spiel.

Deshalb sollen jene Jahre, in denen freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen regelmäßig derartigen Belastungen ausgesetzt sind, bei der Schwerarbeiterregelung berücksichtigt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die sicherstellt, dass freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schweren physischen oder psychi­schen Belastungen ausgesetzt sind, im Rahmen der Schwerarbeiterregelung gerecht berücksichtigt werden.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Faul zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.24.34

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Kürze: Wir werden dem Antrag nicht die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 278

Zustimmung erteilen; wir glauben zwar wie Sie, dass Freiwilligenarbeit in allen Be­reichen, im Blaulichtbereich, im Behindertenbereich ein wesentlicher Beitrag ist, diese wertvolle Arbeit aufrechtzuerhalten. Ich glaube, das ist eine unschätzbare Leistung, die hier in Österreich umgesetzt wird.

Wir haben uns nur in folgendem Punkt dagegen verwahrt: Freiwilligkeit muss Frei­willigkeit in der Form bleiben, dass letztlich die Mitarbeit einfach diesen gesetzlichen Bedingungen nicht unterworfen werden sollte. Wir haben im Vereinsgesetz die Maß­nahmen dafür geschaffen, dass in der Eigenerwirtschaftung von freiwilligen Vereinen die Leute in einer Partnerschaftshilfe, in einem Verwandtschaftsverhältnis so mitbe­schäftigt werden können, dass sie der Sozialversicherung nicht unterliegen.

Diese Gepflogenheiten und diese Umsetzungsmöglichkeiten, wie sie da sind, sollten so bleiben, wie sie sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

22.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.25.49

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Unter diesem Tagesordnungspunkt geht es um zwei Anträge, die seitens des BZÖ eingebracht wurden: einmal die Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwil­lige Helferinnen und Helfer. Was mir auffällt, ist, dass gerade die Regierung mit Lip­penbekenntnissen sehr stark da ist, wenn es darum geht, den unschätzbaren Wert und die wertvolle Arbeit der Freiwilligen zu loben und vor den Vorhang zu stellen, aber wenn es darum geht, wirklich konkrete Maßnahmen für die freiwilligen Helferinnen und Helfer zu schnüren, dann ist aus unserer Sicht diese Regierung säumig.

Es sind immerhin 1,9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die acht Millionen Stunden jährlich an freiwilliger Arbeit leisten, es sind in etwa vier Stunden pro Woche, die freiwillig absolviert werden, zusätzlich zu den Arbeitsleistungen. Und was mich besonders freut, laut dem Freiwilligenbericht des Bundesministeriums ist Ober­öster­reich mit 34 Prozent der freiwilligen Helferinnen und Helfern an erster Stelle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade junge Menschen engagieren sich sehr aktiv im Kulturbereich, im Sportbereich, bei den Blaulichtorganisationen. Bestes Beispiel sind die Freiwilligen Feuerwehren mit ihren Jugendorganisationen. Und wir müssen uns auch fragen: Warum engagieren sich heute noch immer so viele junge Menschen? Wir wissen, dass die Jungen einerseits selbst etwas davon haben wollen – und das ist ja nichts Schlechtes –, auch für ihre berufliche Tätigkeit, sie wollen selbst einen Nutzen daraus ziehen, aber sie wollen andererseits auch etwas für das Gemeinwohl tun. Das beste Beispiel ist ja das freiwillige soziale Dienstjahr, das von vielen jungen Menschen angenommen wird und wo dann später oft eine berufliche Ausbildung in diesem Sozialbereich absolviert wird.

Ich ersuche nachdrücklich den Herrn Bundesminister, endlich auch hier gesetzliche Regelungen vorzusehen, dass gerade bei diesem sozialen Dienstjahr die Familien­beihilfe entsprechend gewährt werden kann und nicht nur von Jahr zu Jahr Sonder­richtlinien in Form einer Förderung präsentiert werden.

Wir wissen aber auch, dass es immer wieder Schwierigkeiten gibt, warum gerade junge Menschen davon abgehalten werden, freiwillig und ehrenamtlich zu arbeiten, weil sehr oft Beruf und Alltag mit der freiwilligen Tätigkeit nicht vereinbar sind und weil auch sehr viele physische und psychische Belastungen an der Tagesordnung sind, gerade bei den Blaulichtorganisationen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 279

Daher haben wir ganz konkrete Vorschläge gemacht, angefangen von einem besseren Versicherungsschutz für Freiwillige, einem Bonus für Betriebe, wenn sie freiwillige Mitglieder der Blaulichtorganisationen einstellen, über bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst und bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten für freiwillige Hilfsorganisationen bis natürlich hin zur Berücksichtigung im Rahmen der Schwerarbeiterregelung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, über Modellprojekte hinaus unterstützende konkrete Maßnahmen zu setzen, damit sich auch in Zukunft die jungen Menschen, aber auch die älteren für das Gemeinwohl und für den sozialen Einsatz in unserem Land enga­gieren. Der Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes hat einmal vorgeschlagen, wir bräuchten ein Österreich-Paket, wir sollten ein Österreich-Paket mit Maßnahmen für die Freiwilligen schnüren. Dem kann ich vorbehaltlos zustimmen. Vielleicht ist unser Antrag ein Beitrag dazu, dass aus diesem Österreich-Paket auch etwas wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


22.29.59

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Der Antrag des BZÖ beinhaltet zweifellos einige Punkte, die sehr überlegenswert sind. Deshalb haben wir von den Regierungsparteien auch im Ausschuss einen Entschließungsantrag eingebracht, dass wir im Speziellen über einige Punkte nachdenken; das aber im Österreichischen Rat für Freiwilligenarbeit, dort, wo wir die Freiwilligenorganisationen auch am Tisch sitzen haben, denn die sollen ja mitentscheiden, welche Maßnahmen wirklich umgesetzt werden sollen.

Im Konkreten sind drei Punkte übernommen worden: die Ausweitung des Ver­siche­rungsschutzes für Freiwillige in Hilfsorganisationen, zum Teil besteht er ja; ein Bonus für Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen, wobei man zum Bonus sagen muss: das ist nicht nur in Form einer Geldleistung zu sehen, sondern durchaus auch mit Auszeichnungsfeiern und medialer Berichterstattung für die Betriebe; und natürlich auch eine bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme im öffentlichen Dienst.

Meine Damen und Herren, würden das unsere Bürgermeister nicht schon seit Jahr­zehnten vorleben, dass im öffentlichen Dienst auch freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Feuerwehr und des Roten Kreuzes eingestellt werden, dann würde das System in den kleinen Gemeinden schon lange nicht mehr funktionieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Da gilt es, Überlegungen anzustrengen, aber das soll, wie gesagt, im Österreichischen Rat für Freiwilligenarbeit geschehen, nämlich gemeinsam mit den Freiwilligenvertretern und mit den Freiwilligenorganisationen.

Dankenswerterweise haben auch FPÖ und Grüne zugestimmt, daher verstehe ich nicht ganz, dass es jetzt wieder einen Entschließungsantrag gibt, was natürlich legitim und möglich ist – keine Frage.

Aber noch eine Anmerkung zu den anderen Punkten, die das BZÖ angeführt hat. Bitte, das Thema Spendenabsetzbarkeit ist erledigt! Die Feuerwehren haben dezidiert den Wunsch geäußert, dass lieber der Katastrophenfonds aufgestockt wird; für alle ande­ren Organisationen wurde das bereits umgesetzt. Daher, glaube ich, ist diese Vor­gangsweise wirklich in Ordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 280

Herr Kollege Öllinger, das ist auch nicht abgelehnt, nicht vertagt worden, sondern es ist etwas daraus gemacht worden. Es gibt einen weiteren Entschließungsantrag, wo ich meine, dass das ein gangbarer und richtiger Weg im Sinne der Freiwilligenarbeit für Österreich ist.

Es gilt auch zu dieser Stunde der Dank den Tausenden freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Rettungs- und Hilfsorganisationen, auch in unseren kulturellen und sportlichen Vereinen, auch mit dem Versprechen, dass wir diese Punkte im Frei­willigenrat sehr ernst nehmen und auch zur Umsetzung hier im Hohen Haus bringen werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Bitte.

 


22.33.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wöginger – Kollege Donabauer ist ja nicht da, aber vielleicht können Sie es ihm ausrichten –: Wir stimmen dem Entschließungsantrag zu, durch den Freiwilligenrat und das Bundesministerium nachdenken lassen zu wollen, aber sehr glücklich bin ich nicht darüber.

Natürlich geht es auch mir so – Sie haben da schon einige der Punkte genannt –, dass ich denke, im Antrag des BZÖ sind Punkte enthalten, die will ich eigentlich so nicht, das kann ich mir so nicht vorstellen. Gleichzeitig will ich aber das Anliegen ernst nehmen. Ich will mich jetzt nicht wiederholen, was die Freiwilligenarbeit betrifft. Ich schätze das, was hier an Arbeit geleistet wird, sehr. Ich glaube auch, dass Sie voll­kommen recht haben, dass am Land in bestimmten Gemeinden sehr viel gemacht wird, um das zu fördern, und dass es manchmal doch nicht reicht.

Reden wir also mit den Organisationen, was es sonst noch braucht, aber bitte, wir können auch selbst reden! Wir können auch selbst mit den Freiwilligenorganisationen das Gespräch suchen. Wir müssen nicht nur durch das Bundesministerium denken lassen. Es ist mir auch recht, wenn das Bundesministerium eingebunden wird. Ich will das Bundesministerium nicht draußen lassen, da ist sehr viel Kapazität und Know-how vorhanden, aber es so zu machen, dass man unter Umständen durch die Art der Behandlung die Qual verlängert, weil wir das jetzt hier nicht zum ersten Mal behandeln, sondern das ja schon eine Vorgeschichte hat, die auch in vorherigen Gesetz­gebungs­perioden des Parlaments schon eine Vorgeschichte hatte, das finde ich auf die Dauer wahrscheinlich auch für die Freiwilligenorganisationen sehr frustrierend, dass sie näm­lich von uns sehr, sehr wenige direkte Antworten bekommen.

Wie gesagt, es gibt Punkte drinnen, denen würde ich auch nicht zustimmen. Und wenn mir der Bundesminister erklärt, wir haben kein Geld oder wir sehen keinen Sinn darin, dann wird man darüber diskutieren müssen, aber das auf jeden Fall. Das Problem bei dem Vorschlag ist, es kann sein, dass sich dadurch ein besserer Zustand einstellt, als wenn wir den Antrag ablehnen, aber überzeugt bin ich noch nicht davon. (Beifall bei den Grünen.)

22.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Herren Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 281

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 377 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 52.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Berücksichtigung der freiwil­ligen Mitglieder von Blaulichtorganisationen in der Schwerarbeiterregelung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 378 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.36.4419. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 325/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kün­digungswelle und Massenarbeitslosigkeit im Zuge der Finanzmarktkrise (379 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 439/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhin­derung des Unterlaufens und Sicherung der vollen Inanspruchnahme der Über­gangsfristen für den Arbeitsmarkt (380 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 722/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Notwen­digkeit der Umsetzung von Maßnahmen zur Unterstützung der heimischen Bauwirtschaft und insbesondere des Baunebengewerbes (381 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort ist als Erste Frau Abgeordnete Gartelgruber gemeldet. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.37.47

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Bedeutung der KIAB, Kontrolle der illegalen Arbeit­nehmerbeschäftigung, wird von Jahr zu Jahr erneut offenkundiger – auch unter den bisher unzureichenden Rahmenbedingungen. Allein im Vorjahr waren von den zirka 33 000 beschäftigten ausländischen Arbeitnehmern, die kontrolliert wurden, mehr als


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 282

ein Drittel illegal beschäftigt. Untermauert wird die hohe Dunkelziffer bei der Schwarz­arbeit auch durch die Verantwortungsträger der Wirtschaft selbst.

Ich zitiere aus der „Tiroler Tageszeitung“ vom 20. Oktober, die den ernüchternden Zahlen der Bauwirtschaft einen Artikel widmet. Darin steht zu lesen:

„Gerade im Wohnbau inklusive Sanierung werde heuer ein Minus von rund 15 % eingefahren. Der Vorsitzende des Tiroler Baugewerbes Anton Rieder spricht von einem Umsatzplus von 10 Prozent bei Baumärkten und im Baustoffhandel. ‚Wir hingegen schreiben ein Minus. Da passt was nicht zusammen. Der Pfusch blüht.‘“

Ich sage, strengere Kontrollen würden hier einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmern garantieren und jene schützen, die sich an die Spielregeln halten.

Sehr geehrte Damen und Herren, warum die Regierungsparteien bisher auf diesem Gebiet nicht gehandelt haben, ist mir unverständlich, denn gerade im Vorjahr wurden mindestens 31 Millionen € an Geldstrafen eingenommen. Dabei haben die Beamten im Jahr 2008 fast 29 000 Überstunden geleistet. Wir haben uns aufgrund des offen­kun­digen Desinteresses der Bundesregierung nicht nur Millionen entgehen lassen, son­dern auch noch massiv auf dem Rücken der Beamten dahingewurschtelt. Ein unver­tretbarer Zustand! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Windholz.)

Zum Ausbau und zur Unterstützung der KIAB bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber und weiterer Abgeordneter

betreffend Neuausrichtung der Einheit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmer­be­schäftigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage zum Ausländerbeschäftigungsgesetz, welche die Neugestaltung der Ein­heit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung im Sinne

der Schaffung einer eigenen bundesweiten Steuerungseinheit für KIAB-Agenden im Bundesministerium für Finanzen,

der Herauslösung der KIAB aus der Verantwortlichkeit und Weisungsgebundenheit der Finanzämter,

einer direkten Unterstellung dienstlich, fachlich und budgetär dem Bundesministerium für Finanzen,

einer allgemeinen bundesweiten Ausrichtung bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf spezielle regionale Unterschiede,

der Schaffung von eigenen KIAB-Regionalkoordinatoren als Vorgesetzte der Team­leiter in den Regionen,

beinhaltet, zuzuleiten und für die Aufstockung der Organe der KIAB auf 500 Mitarbeiter zu sorgen.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.40



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 283

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend Neuausrichtung der Einheit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt  21, Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 722/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Notwendigkeit der Umsetzung von Maßnahmen zur Unterstützung der heimischen Bauwirtschaft und insbesondere des Baunebengewerbes (381 d.B.) in der 41. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Oktober 2009.

Die KIAB überwacht generell die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes. Zu diesem Zweck ist die KIAB berechtigt, Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtige Arbeitsstätten sowie Aufenthaltsräume der Arbeit­nehmer zu betreten, notwendige Auskünfte zu verlangen und in die erforderlichen Unter­lagen Einsicht zu nehmen, Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer zu verlangen und bei Gefahr im Verzug Ausländer für die Fremden­polizeibehörde festzunehmen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass diese Aus­länder eine illegale Erwerbstätigkeit in Österreich ausüben oder ausüben wollen.

In der Anfragebeantwortung 28/AB, XXIII. GP, vom 29. Dezember 2006 des Bun­desministers für Finanzen zur schriftlichen Anfrage (19/J) der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Fortbestand der KIAB ist die KIAB ab 2007 – im Rahmen der Reorganisation der Betrugsbekämpfung – organisatorisch bei den Finanzämtern angesiedelt sein. Die aus illegaler Beschäftigung resultierenden abgabenrechtlichen Konsequenzen werden damit in einer Hand gebündelt, da Schwarzarbeit immer auch Schwarzlöhne bedeutet, was die Hinterziehung von Lohnabgaben sowie steuerlich nicht erfasste Einnahmen zur Folge hat. Die KIAB ist nunmehr ein Teil der Finanzbehörde. Durch diese Maß­nahmen wurden die effektiven Möglichkeiten wie auch die Handlungsweisen der KIAB stark beschränkt. Die KIAB-Mitarbeiter wurden von ihren Tätigkeits-Kernbereichen zum Teil abgezogen, zweckfremd eingesetzt oder mit Zusatzaufgaben betraut und stehen somit nicht mehr voll für die Betrugsbekämpfung bereit. Eine billige Personalreserve für die Finanzämter!

Der Finanzminister führt in der genannten Anfragebeantwortung weiter aus, dass darüber hinaus durch die Überführung der KIAB in den Bereich der Finanzämter ein Abbau der Schnittstellen zum Finanzamt erreicht werden soll. Dadurch soll die inten­sive und koordinierte Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern im eigenen Finanzamt und die effiziente Steuerung der Kontroll-, Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen im Wirtschaftsraum gefördert und damit die rasche Aufdeckung und Verfolgung ins­besondere von steuerlichen Sachverhalten der illegalen Beschäftigung gewähr­leistet werden. Als plakatives Beispiel der Reorganisation der Betrugsbekämpfung ist hiezu die generelle Vorgehensweise für KIAB-Einsätze zu nennen. Noch bis vor kurzer Zeit wurden Zielobjekte von Überprüfungen kurzfristig dem Teamleiter bekannt gegeben. Dadurch war ein vorzeitiges bekannt werden, i.e. ein Durchsickern von Informationen an die Betroffenen, ausgeschlossen und eine Überprüfung damit erst sinnvoll. Nun stellt sich die Lage so dar, dass eine Meldung zur Überprüfung beim jeweils zustän­digen KIAB-Team im jeweiligen Finanzamt eingeht und bis zum Einsatz viele Personen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 284

davon erfahren. Die Folge davon ist die leicht amüsierte Begrüßung der KIAB durch den zu Überprüfenden. Anscheinend sollen alle KIAB-Einheiten zu Betriebsprüfern um­funktioniert werden, welche sich 14 Tage vor der Prüfung einen Termin mit dem Betrof­fenen vereinbaren. Des Weiteren agieren KIAB-Einheiten österreichweit nicht nach den selben Bedingungen und einheitlichen Kriterien. So kommen zum Beispiel in drei verschiedenen Ländern drei verschiedene Einsatzmethoden zum Zuge. In Wien ist, laut Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2006/4, der Zeitraum zischen Anzeige und Kontrolle mit 35 Kalendertagen, in Innsbruck mit einem Kalendertag angegeben. Der absichtlich verursachte und bewusst gesteuerte statistische Erfolgsdruck soll eben­falls zur Deklassifizierung dieser ausgezeichneten Betrugsbekämpfungseinheit führen und rundet das Bild der Zerschlagung ab.

Mit der Aufteilung der KIAB-Mitarbeiter auf die einzelnen Standorte der Finanzämter und Eingliederung in eben diese wurden einer bisher sehr schlagkräftigen Spezial­einheit der Betrugsbekämpfung sprichwörtlich die Zähne gezogen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage zum Ausländerbeschäftigungsgesetz, welche die Neugestaltung der Ein­heit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung im Sinne

der Schaffung einer eigenen bundesweiten Steuerungseinheit für KIAB-Agenden im Bundesministerium für Finanzen

der Herauslösung der KIAB aus der Verantwortlichkeit und Weisungsgebundenheit der Finanzämter,

einer direkten Unterstellung dienstlich, fachlich und budgetär dem Bundesministerium für Finanzen,

einer allgemeinen bundesweiten Ausrichtung bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf spezielle regionale Unterschiede,

der Schaffung von eigenen KIAB-Regionalkoordinatoren als Vorgesetzte der Team­leiter in den Regionen,

beinhaltet, zuzuleiten und für eine Aufstockung der Organe der KIAB auf 500 Mitar­beiter zu sorgen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.41.04

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zu den Tagesordnungspunkten 19 bis 21 Stellung beziehen. Zum Tagesordnungspunkt 19 betreffend Kündigungswelle und Massenarbeitslosigkeit im Zuge der Finanzmarktkrise nur ein Satz:

Dieser Antrag wurde dem Finanzausschuss zugewiesen, und zur Erinnerung, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich noch einmal klarstellen, dass das Öster­reichische Institut für Wirtschaftsforschung bestätigt, dass allein durch die im Rahmen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 285

der Steuerreform, der Konjunkturpakete und der beiden Arbeitsmarktpakete unseres Sozialministers es gelungen ist, mehr als 95 000 Menschen in Beschäftigung zu halten beziehungsweise die Beschäftigung zu sichern.

Zum Tagesordnungspunkt 20, Übergangsfristen für den Arbeitsmarkt, auch nur zur Erin­nerung: Die Bundesregierung hat ihr Recht betreffend Beitrittsvertrag von Athen in Anspruch genommen, das heißt, die Maximalfrist der Übergangsregelung ist somit bis 30. April 2011 ausgeschöpft beziehungsweise verlängert worden, und weitere Über­gangsregelungen werden konsequent genützt, um den Arbeitsmarktzugang dement­sprechend zu steuern.

Auch in den schwierigen Bereichen und Sektoren, wie zum Beispiel im Bereich der Niedriglöhne, ist die Zulassung weiterhin eingeschränkt. Die Übergangsfristen für Rumänien und Bulgarien wurden im Dezember 2008 zunächst um die zweite Phase bis Ende 2011 verlängert.

Nun aber zum Tagesordnungspunkt 21, Maßnahmen zur heimischen Bauwirtschaft. Verstärkte Kontrollen sind hier gefordert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, je mehr Kontrollen, umso fairer der Wettbewerb für die Unternehmen, aber auch für die Arbeitnehmer. Tatsache ist, dass organisierte Schwarzarbeit zu Preisdumping führt. Preisdumping führt zu Lohndumping, Lohndumping ist der erste Schritt für weniger Einkommen und somit auch der erste Schritt in eine Schuldenfalle. Der nächste Schritt ist langfristige Arbeitslosigkeit, auch am Bau, die aufgrund des niedrigen Einkommens in die Armut führt.

Deswegen bedanke ich mich bei der Bundesregierung, bei unserem Sozialminister recht herzlich für jene Maßnahmen, welche bis dato für einen fairen Wettbewerb eingefordert worden sind. Hier die Behauptung aufzustellen, es ist nichts passiert, ist einfach falsch. Ich erinnere, dass in den letzten drei Jahren so viele Dinge eingeführt worden sind, gerade für die Bauwirtschaft, wie noch nie zuvor, wenn es darum geht, einen fairen Wettbewerb zu erhalten.

Einige Beispiele: Die Aufstockung der KIAB-Mitarbeiter bis jetzt auf 310 Mitarbeiter und auch zukünftig um plus 7 Prozent auf 329 Mitarbeiter. Auch die Aufsichtsbehörde des Sozialministeriums hat die Aufstockung von Beitragsprüfern bei den Gebietskranken­kassen genehmigt, und sie hat auch drei Forderungen der Bausozialpartner aufgenom­men und auch bereits umgesetzt.

Ich darf erwähnen die Anmeldung vor Arbeitsbeginn mit 1. Jänner 2008, das Inkraft­treten der Auftraggeberhaftung mit 1. September 2009 und letztendlich auch den Be­schluss zur Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz-Novelle, wodurch die BUAK nun österreichweit Kontrollen durchführen kann und auch durchführen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Maßnahmen und Instrumente, welche zur Erreichung eines fairen Wettbewerbs in der Bauwirtschaft wichtig und richtig sind.

Zum Entschließungsantrag der FPÖ: Es tut mir leid, dass es hier keine gemeinsame Vorgangsweise gibt. Seit dem Jahr 2006 bin ich in diesem Hohen Haus, und bei allen Maßnahmen, die das Wohl der Bauwirtschaft und der Bauarbeiter betreffen, ist es bisher gelungen, einstimmige Beschlüsse zu fassen. Deswegen tut es mir leid, dass es nicht zustande gekommen ist, diesen Entschließungsantrag zurückzuziehen und in Form eines Selbständigen Antrages den Inhalt dieses Antrages, der durchaus viele interessante Aspekte hat, im Finanzausschuss neu zu beraten. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

22.45



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 286

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. – Bitte.

 


22.45.44

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir vom BZÖ haben uns in der Vergangenheit im­mer dafür eingesetzt, dass es nicht zu einer vorzeitigen Öffnung des Arbeitsmarktes innerhalb Europas aus den neuen Mitgliedstaaten kommt. Das war die 3+2+2-Regelung, die noch der damalige Vizekanzler Herbert Haupt verhandelt hat, die bis zum Jahr 2011 gilt. Das war nachhaltig, und darauf sind wir stolz. Es ist wichtig, unsere Arbeitsplätze in Österreich zu sichern.

Herr Kollege Muchitsch, wir sind auch dafür, dass die Kontrolle der KIAB ausgeweitet wird, dass es mehr Personal gibt, dass es in diesem Bereich zu einer entsprechenden Personalaufstockung kommt. Auch eine Verschärfung der Strafbestimmungen in diesem Bereich, dass auch gesetzliche Verstöße in diesem Bereich geahndet werden, ist unbedingt notwendig. Du hast vollkommen recht, es sind einige Dinge in den letzten Jahren passiert, wie die verpflichtende Anmeldung von Mitarbeitern unmittelbar vor Arbeitsbeginn, aber es war nicht der 1. Jänner 2008, sondern der 1. Jänner 2007. Das war noch die schwarz-blau-orange Koalition, die das umgesetzt hat. Das muss ich richtigstellen. (Abg. Kickl: Schwarz-Blau-Orange hat es nie gegeben!)

Ich würde mir wünschen, dass im Baugewerbe und Baunebengewerbe die jetzige Bundesregierung ebenfalls tätig wird, um Preisdumping zu verhindern, indem man eine große Aufstockung bei der KIAB macht und die Generalunternehmer für Sozialver­siche­rungsbeiträge, die von den Subunternehmern oft nicht bezahlt werden, für Dienst­nehmerbeiträge, die oft nicht abgeliefert werden, haftbar macht. (Beifall beim BZÖ.)

22.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. 2 Minuten. – Bitte.

 


22.47.53

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte bei diesem Tagesordnungspunkt nur auf einen Punkt eingehen, nämlich auf den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache und Kickl, wo es um Kündigungswelle und Massenarbeitslosigkeit im Zuge der Finanz­marktkrise geht.

Ich möchte dazu sagen, dass wir das erstens ausführlich in einer Sondersitzung behandelt haben, weiters in einer Dringlichen und auch im Sozialausschuss intensiv diskutiert haben, wissend, wie problematisch jede zusätzliche Arbeitslosigkeit ist. Ich möchte aber sagen, dass gerade heuer 1,4 Milliarden € für eine aktive Arbeitsmarkt­politik eingesetzt werden und dass es doch gelungen ist, 455 000 Personen seit An­fang des Jahres in Beschäftigung zu bringen und dass 288 000 Personen zumindest in einer Weiterbildungsmaßnahme sind. Zu erwähnen sind auch all die Familien­maß­nahmen, die gesetzt wurden, die ebenfalls armutsverhindernd sind.

Es ist so, dass die Thematik des Antrags in den Finanzausschuss gehört, dem wir diesen Antrag auch zugewiesen haben. Ich denke, somit ist diese Thematik ausführlich behandelt. (Beifall bei der ÖVP.)

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 287

22.49.16

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Ich möchte zum Antrag der FPÖ bezüglich der Übergangsfristen, ihrer vollstän­digen Ausschöpfung beziehungsweise zum Verhindern des Unterlaufens dieser Über­gangsfristen Stellung nehmen, und zwar deshalb, weil ich denke, dass genau diese Übergangsfristen ein Paradebeispiel für Vogel Strauß-Politik sind.

Sie alle stecken mit diesen Übergangsfristen einfach konsequent den Kopf in den Sand, denn die Wahrheit ist, dass migrationswillige Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer längst in Österreich sind.

Statt dass Sie jetzt Sofortmaßnahmen ergreifen, um Lohn- und Sozialdumping zu verhindern, und zwar sowohl für ausländische als auch für österreichische Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, glauben Sie noch immer an Übergangsfristen. – Das ist nicht die Politik von uns Grünen, denn wir sind davon überzeugt, dass jetzt andere Maßnahmen notwendig wären.

Punkt eins: Es wäre notwendig, dass jeder, der in Österreich einen legalen Aufenthalt hat, auch die Möglichkeit hat, durch Arbeit ein legales Einkommen zu erwerben. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir keine unterschiedliche Kategorien haben – geschützte, weniger geschützte und nicht geschützte ArbeitnehmerInnen –, sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht erpressbar, und nur so kann man Lohn- und Sozialdumping verhindern. – Punkt eins. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Wir haben diese Frage schon erläutert; Sie haben offensichtlich ein schlechtes Gedächtnis.

Punkt zwei: Wir brauchen gesetzliche Mindeststandards, und zwar sowohl was die Arbeitsbedingungen als auch was die Löhne betrifft. Nur dann, wenn wir diese Min­deststandards haben und einheitliche Kategorien von Arbeitnehmern und Arbeitneh­merinnen, werden wir Sozial- und Lohndumping verhindern können.

Dritter Punkt – da sind wir bei der Kontrolldebatte –: Natürlich brauchen wir intensivere Bemühungen, diese Standards auch wirklich kontrollieren und einfordern zu können; wir brauchen aber auch deutlichere Strafen.

Das alles, meine Damen und Herren, wären Maßnahmen, mit denen wir im Prinzip bereits morgen beginnen könnten. Wir müssten nicht warten, bis die Übergangsfristen dann irgendwann einmal vorbei sind, sondern wir sollten uns ganz dringend und sofort den Problemen der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes widmen. (Beifall bei den Grünen.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterin/der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 379 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 380 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 288

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 381 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausrichtung der Einheit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“, das sind die rosafarbenen Stimmzettel.

Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausrichtung der Einheit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Lohfeyer, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird sie später ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lohfeyer beziehungsweise durch den Schriftführer Jakob Auer werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet. Die damit beauf­tragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird für diesen Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 22.59 Uhr unterbrochen und um 23.04 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unter­brochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis wie folgt bekannt:

Abgegebene Stimmen: 151; davon „Ja“-Stimmen: 42, „Nein“-Stimmen: 109.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 289

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausrichtung der Einheit KIAB – Kontrolle der illegalen Arbeitnehmer­be­schäftigung ist somit abgelehnt.

Gemäß  der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Gartelgruber, Gradauer, Graf;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Königshofer, Kunasek;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner;

Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan;

Tadler Erich;

Vock;

Windholz, Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brunner Christiane;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert;

Eßl;

Faul, Fazekas, Franz, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Großruck;

Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek;

Ikrath;

Jarmer;

Kaipel, Kapeller, Karl, Katzian, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lohfeyer, Lueger Angela;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 290

Maier Ferdinand, Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Moser, Muchitsch, Musiol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pack, Pendl, Pirklhuber, Plassnik, Plessl, Prammer, Prinz;

Rädler Johann, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Sonnberger, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steier, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

*****

23.04.3822. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 618/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Schaffung von Lehrstellen bei Beschäftigung ausländischer Facharbeitskräfte (376 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Mündliche Berichterstattung gibt es keine.

Kollege Kickl hat eine Redezeit von 3 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.05.05

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Das letzte Abstimmungsergebnis hat auch wieder gezeigt, dass man mit der Regierung und den Grünen in vielen wesentlichen Bereichen, wo es um eine Verbesserung auch der Stellung der öster­reichischen Arbeitnehmer geht, eben nicht zusammenkommt. Das überrascht mich nicht. Ich muss es zur Kenntnis nehmen, hoffe aber, dass die nächsten Wahlen ihren Beitrag dazu leisten, um vielleicht einen Umdenkprozess einzuleiten.

Meine Damen und Herren und Herren! Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass wir im Bereich des Arbeitsmarktes mit einer Menge unerfreulicher Entwicklungen insgesamt konfrontiert sind – vieles durch die Krise, vieles durch hausgemachte Versäumnisse –, dass wir aber einen speziellen Problembereich überall dort haben, wo es einen Zusam­menhang mit dem großen Themenkomplex – ich sage jetzt einmal – Beschäftigung von Ausländern gibt, nämlich den Problembereich Zuwanderung, den Problembereich Asyl­missbrauch und natürlich auch – das möchte ich erwähnen, auch noch einmal kurz eingehend auf die Debattenbeiträge der Grünen zum letzten Tagesordnungspunkt – jenen Bereich, wo es um die Durchlöcherung der Schutzbestimmungen geht, die wir – sehr richtig – in Anspruch genommen haben.

Sie vertreten allerdings einen recht konservativen Ansatz: dass etwas, das vor Zeiten einmal vereinbart worden ist, als die Ausgangslage eine ganz andere war, offen­sicht­lich für ewige Zeiten in Stein gemeißelt ist. Ich darf daran erinnern, dass in anderen Bereichen, etwa bei den Konvergenzkriterien und bei anderen Dingen, sehr wohl an


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die Situation angepasst wird. Ich sehe überhaupt nicht ein, warum man so defensiv mit diesen Dingen umgehen muss und sagt: Na gut, 2013 und dann ist der Ofen aus! – All das ist zu einer Zeit gemacht worden, als die Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt, für die Wirtschaft und für die ganze Finanzwelt ganz, ganz andere waren als heute. Ich glaube, da könnten wir auch ein bisschen mutiger und kreativer sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich werde auch nicht müde werden, Ihnen von den Regierungsparteien hier heraußen den Vorwurf zu machen, dass vieles von dem, was Sie jetzt der Krise in die Schuhe zu schieben versuchen, in Wahrheit hausgemacht ist; angefangen beim Ausländer­be­schäftigungsgesetz zum Beispiel, wo Sie jetzt mit dem Begriff des „Geduldeten“ herumdoktern und wieder einiges vorhaben, das den Österreichern die Grausbirnen aufsteigen lässt, wenn sie erkennen, was da alles dahintersteckt, bis hin zur Jahr­hundertidee des Herrn Kräuter, die von Ihnen nicht sozusagen als Sondermüll entsorgt, sondern nur auf Eis gelegt worden ist. Ich bin mir sicher, dass Sie das bei der nächsten Gelegenheit exhumieren werden.

Ganz problematisch ist das in dem Bereich, wo es um die Kompensation des Fach­arbeitermangels geht. Da stehen einfach zwei Schulen einander gegenüber. Sie von­seiten der Bundesregierung sind offensichtlich der Meinung, dass man den Fachar­beitermangel am besten dadurch kompensiert, dass man Arbeitskräfteimport betreibt. Wir als Freiheitliche Partei sagen, den Facharbeitermangel kompensiert man am bes­ten dadurch, dass man Maßnahmen setzt, um aus dem eigenen Land heraus jene Arbeitskräfte rekrutieren zu können, die man in diesen wesentlichen Bereichen des Arbeitsmarktes braucht. Das ist einfach eine Glaubensfrage, und da trennen uns Welten. (Beifall bei der FPÖ.)

Denken Sie an den Bereich der Pflege, was Sie uns da nicht alles vorgemacht haben! Nur eine Übergangslösung, jetzt legitimieren wir einmal alles, was illegal im Land ist – alles nur eine Übergangslösung! Das alles wird begleitet von einem gigantischen Aus­bildungspaket, von einer Ausbildungsoffensive im Pflegebereich. – Nun, die Illegalen haben wir zu Legalen gemacht, das Problem ist jetzt kurzzeitig hinausgeschoben, aber hinsichtlich Pflegepaket fehlt es noch an allen Ecken und Enden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir, wenn wir diese Situation im eigenen Land – und das ist unsere feste Absicht – in den Griff bekommen wollen, ein ganzes Paket von Maßnahmen brauchen. Der Antrag, um den es jetzt geht, ist nur ein Teil eines solchen Pakets. Es geht einfach darum, dass man diejenigen Betriebe, die sich jetzt bei diesen ausländischen Facharbeitern bedienen, die einfach auf dieses Seg­ment zugreifen – Schlüsselarbeitskräfte nennt man das; in Wahrheit sind es billigere Arbeitskräfte als die Österreicher –, auch in die Pflicht nimmt, jetzt umgekehrt auch etwas für den Bereich der Lehrlingsausbildung in genau diesen Bereichen zu tun.

Das ist, glaube ich, nicht zu viel verlangt. Wenn man einen Nutzen daraus zieht, dann soll man auch umgekehrt dafür sorgen, dass der Schaden, der anderen dadurch entsteht, von denjenigen, die den Nutzen haben, kompensiert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

In diese Richtung geht der Antrag. Wir wollen, dass Betriebe, die fünf ausländische Schlüsselarbeitskräfte beschäftigen, für diese fünf Arbeitskräfte einen Lehrling ausbil­den müssen. Ich glaube, das wäre recht vernünftig und recht anständig.

Meine Damen und Herren! Ich darf Herrn Sozialminister Hundstorfer noch an eine Zeit erinnern, in der er – noch nicht so lange her – noch Gewerkschaftspräsident war, und ihn mit einem Zitat konfrontieren. Er hat nämlich gesagt – und das war hochgradig vernünftig –, es kann nicht sein, dass Österreich einen Fachkräftemangel mit billigen Arbeitskräften – und genau darum geht es ja, um Fachkräftemangel, um billige


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Arbeitskräfte; man höre – bekämpft. Zuerst müssen die Möglichkeiten im Inland ausge­schöpft werden.

Ich weiß nicht, was passiert ist – abgesehen davon, dass Sie den Sessel gewechselt haben –, aber in der Zwischenzeit argumentieren Sie völlig anders. Ich würde Sie einfach darum bitten, sich an diese weisen Worte, die Sie damals gesprochen haben, in einer anderen Situation zu erinnern und diesen Kurs wieder aufzunehmen. Dieser wäre vernünftiger als der, den Sie jetzt fahren. (Beifall bei der FPÖ.)

23.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


23.10.01

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Kickl, jetzt haben wir wieder einmal einen Diskurs über die bösen Ausländer gehört, was die alles anstellen und so weiter und so fort. (Abg. Dr. Graf – auf Bundesminister Hundstorfer weisend –: Das, was er gesagt hat darüber!)

Ich spreche zum Antrag. Darin heißt es, wer Ausländer beschäftigt, bewegt sich in einem grenzenlosen Selbstbedienungsladen – so die Begründung Ihres Antrages. Ich füge hinzu: und soll nun mit einer Art Lehrlingseinstellungspflicht belegt oder bestraft werden, wie man es eben will. Ich glaube, es ist besser, wenn man sagt: bestraft werden, nach Ihrer Definition.

Dazu sagen wir von der SPÖ – hören Sie zu! –:

Erstens: Unterschiedliche Auflagen bei der Lehrlingsausbildung für Betriebe bei Be­schäftigung von Arbeitnehmern unterschiedlicher Nationalität lehnen wir ab.

Zweitens: Wir wollen Lehrlinge nur in solchen Betrieben, die so eingerichtet und geführt sind, dass sie auch eine Qualität bei der Ausbildung garantieren, aber keine verpflich­tende Lehrlingseinstellung, wenn im Betrieb fünf Ausländer arbeiten, ohne zu schauen, ob die Voraussetzungen für eine vernünftige Ausbildung im Betrieb überhaupt gegeben sind. Darauf haben Sie nämlich in Ihrem Antrag komplett vergessen.

Drittens: Wenn der Vorschlag sachlich wäre – leider ist er es nicht, aber wenn er es wäre –, so müsste er ja für alle Betriebe gelten, nicht nur für jene, die Ausländer beschäftigen. Das wäre dann logisch, dass man sagt, okay, Sie verlangen ein Jugend­einstellungsgesetz. Das haben wir vor Jahrzehnten schon einmal gehabt. Aber es ist nicht logisch, und daher ist es auch nicht gewollt.

Viertens: Es gibt die Ausbildungsgarantie der Bundesregierung, die wir auch beschlos­sen haben, für all jene, die keinen regulären Lehrplatz finden, die aber eine Ausbildung wollen, und diese wird eingehalten, und zwar in ganz Österreich. Ob Ihnen das passt oder nicht, es ist so, es bleibt keiner auf der Straße. (Abg. Strache: Es bleiben genügend junge Leute auf der Straße! Das ist Realitätsverweigerung!) Das ist unser Ziel, und damit haben wir einen guten Grund, diesen Antrag begründet, wie Sie immer wollen, abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


23.11.55

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aussagen des Kollegen Riepl spiegeln eigentlich genau das wider, was wir in den letzten Monaten hier in diesem Haus miterlebt haben, als es um die Jugendbeschäftigung und um die Lehrlings­problematik gegangen ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozial­de-


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mo­kratie, es ist einfach nur eine Entscheidung, die Sie treffen müssen, für entweder gut ausgebildete österreichische Facharbeiter oder importierte ausländische. Das ist ganz einfach, und ich bitte Sie, da wirklich einmal Farbe zu bekennen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage auch ganz offen, der Wähler, der Bürger wird sich ein Bild machen von Ihrer Position, die Sie hier einnehmen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen wir uns ganz kurz die Zahlen an, um die es auch gehen sollte; es sollten ja auch mit Fakten unterlegte Tatsachen sein! Wir haben allein im September in Oberösterreich ein Minus von 1 385 Erst­jahr­lehr­stellen. Wir haben in Niederösterreich 817 weniger, in der Steiermark 834 weniger, insgesamt haben wir 5 587 weniger. – Das, Herr Sozialminister, sind Fakten, also Tatsachen, und daher kann man sich nicht hier herstellen und sagen, es sei alles in Ordnung, und sich am Tag der Lehre als der große Retter in der Not präsentieren. Das ist einfach nicht ehrlich! Diese Ehrlichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben sich unsere Jugendlichen in diesem Bereich allerdings verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen zur Kenntnis nehmen – das gilt vor allen Dingen für SPÖ und ÖVP, die sich immer wieder querlegen –, dass nur durch gezielte Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen, die ja den Großteil der Lehrlingsausbildung sicherstellen, eine Zukunft in diesem Bereich gegeben sein wird. Diese überbetrieblichen Ausbildungszentren – und das habe ich schon mehrere Male erwähnt – sind für uns nur ein Auffangnetz, können aber niemals eine so hoch qualifi­zierte Ausbildung sicherstellen, wie sie unsere Betriebe gewährleisten.

Ich möchte jetzt zu so später Stunde nicht noch einmal unsere freiheitlichen For­derungen präsentieren, die wir bereits im März gemeinsam mit Präsidentem Graf im Parlament präsentiert haben: mehr Lehrstellen im öffentlichen Dienst, Wiedereinset­zung des Lehrlingsbeauftragten, Übernahme der Internatskosten durch Bund und Land, bessere unbürokratische Förderung der KMUs, und, und, und. – Umgesetzt in diesem Bereich – nichts!

Deshalb möchte ich heute noch einmal folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um dem Trend der steigenden Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und die ver­sprochene Ausbildungsgarantie einzulösen, insbesondere durch eine

Wiedereinführung des ,Original-Blum-Bonus I‘,

durch einen Auf- und Ausbau der Kapazitäten der ,Überbetrieblichen Ausbildungs­zentren‘ (ÜAZ ),

durch Anhebung des Taschengeldes, das Lehrlinge in diesen Einrichtungen anstelle der Lehrlingsentschädigung beziehen und


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durch Schaffung von 1 000 neuen Lehrstellen im Bundesdienst.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist noch nicht überall 5 vor 12, aber es ist 5 vor 12, was die Lehrlinge in unserem Land betrifft. Rasches, effizientes Handeln wäre angebracht! (Beifall bei der FPÖ.)

23.14


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Kunasek, Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 22, Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 618/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Schaffung von Lehrstellen bei Beschäftigung ausländischer Facharbeitskräfte (376 d.B.)

in der 41. Sitzung des Nationalrates am 22. Oktober 2009

In den nächsten Monaten wird auf Österreichs Lehrlinge eine Kündigungswelle zu­rollen. Schuld ist unter anderem die Lockerung des Kündigungsschutzes, die im letzten Sommer von der Rot-Schwarzen Bundesregierung gegen die Stimmen der Opposition durchgesetzt wurde. Bereits jetzt sind 47.500 junge Arbeitnehmer ohne Job und es werden täglich mehr. Die Regierung setzt auf Abwarten und den guten Willen der Unternehmen.

Bisher konnte ein Lehrverhältnis nur einvernehmlich oder aus schwerwiegenden Grün­den beendet werden. Nach dem neuen Berufsausbildungsgesetz dürfen nun Lehrlinge nach jedem Lehrjahr, also auch bereits nach dem ersten, gekündigt werden.

Darüber hinaus gehen in Österreich seit der „Weiterentwicklung des Blum-Bonus“ die Erstjahrlehrlinge wieder zurück und mit Dezember 2008 ist die Zahl der Lehrstellensuchenden von 4.772 (Dezember 2007) auf 5.306 gestiegen. Und das in einer Zeit, in der weder die Demographie noch die wirtschaftliche Situation dafür aus­schlaggebend sein konnte.

Bereits im Mai 2009 hat der ehemalige Regierungsbeauftragte für Jugendbeschäf­tigung und Lehrlingsausbildung Egon Blum darauf hingewiesen, dass das von den Sozialpartnern vorgeschlagene und von der Regierung eingeführte neue Lehrlings­paket rückgängige Lehrlingszahlen verursacht.

Diese Befürchtungen bewahrheiten sich von Monat zu Monat zunehmend und zeigen auf, dass zwischenzeitlich – gegenüber August 2008 – um 5.587 weniger betriebliche Erstjahrlehrplätze belegt sind. Und das in einer Zeit, in der die Regierung wiederholt ihre „Ausbildungsplatz-Garantie“ bekundet und verspricht, allen einen Lehrplatz – oder gleichwertige Ausbildungsalternative – zur Verfügung zu stellen. Noch vor einem Jahr wurden 5.000 zusätzliche „betriebliche Lehrstellen“ als Effekt der „erleichterten Lehrlingskündigung“ versprochen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 295

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um dem Trend der steigenden Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und die ver­sprochene Ausbildungsgarantie einzulösen, insbesondere durch eine

Wiedereinführung des „Original-Blum-Bonus I“,

durch einen Auf- und Ausbau der Kapazitäten der „Überbetrieblichen Ausbildungs­zentren“ (ÜAZ ),

durch Anhebung des Taschengeldes, das Lehrlinge in diesen Einrichtungen anstelle der Lehrlingsentschädigung beziehen und

durch Schaffung von 1000 neuen Lehrstellen im Bundesdienst.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.14.54

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Kickl, Sie haben hier die Fragen der Arbeitsmarktpolitik zur Glaubensfrage erhoben. Ich glaube, das sind keine Glaubens­fragen, aber Sie haben den erleuchteten Spezialisten für Glaubensfragen ohnehin in Ihren Reihen. Vielleicht können Sie ja bei ihm Nachhilfe nehmen.

Die verpflichtende Schaffung von Lehrstellen bei ausländischer Beschäftigung von Fach­arbeitskräften wirft schon einige Fragen auf, und zwar gerade im EU-weit offenen Arbeitsraum dahin gehend, wie weit das juristisch überhaupt möglich ist.

Sie fordern weiter, Betriebe müssen sich an der Verbesserung des Facharbeiter­ange­botes selbst beteiligen. – Ja, bitte, wer beteiligt sich denn, wenn nicht unsere öster­reichischen Betriebe! Wer bildet denn die Lehrlinge aus? – Das sind die Betriebe, die gemeinsam mit den Berufsschulen für eine wirklich herausragende Ausbildung unserer jungen Leute sorgen. Wir haben gute Facharbeiter in Österreich und gut ausgebildete Lehrlinge und eine hoch motivierte Jugend in der Arbeit.

Es stellt sich aber schon das Problem einer Branchenspezifikation. Wir haben einer­seits natürlich Berufsbilder, die nicht so attraktiv sind. Dabei geht es um schwere körperliche Arbeit, zum Teil um Putzarbeiten, und diese Berufe sind natürlich vermehrt durch ausländisches Personal besetzt, weil sie eben unattraktiv sind für unsere heimi­schen Bürger.

Andererseits wissen wir auch aus Statistiken, belegt durch Zahlen, dass sich 75 Pro­zent der Mädchen und 50 Prozent der Burschen für lediglich zehn Berufsbilder inter­essieren. Wir müssen also schon darauf achten, eine höhere Aufmerksamkeit bei den Jugendlichen und Bewegung auch in der Bewusstseinsbildung zu erreichen, mehr Mobilität einerseits beim Auswählen der Branche für die Ausbildung und andererseits höhere Mobilität auch in Bezug auf das Angebot an Berufsstandorten. Das Problem sind oft nicht die fehlenden Arbeitsplätze und Ausbildungsstellen, sondern oft auch fehlende Mobilität.

Den Vorschlag, Betriebe zur Ausbildung zu verpflichten, halten wir für nicht praxisnah und daher für sicherlich nicht zielführend. Das stellt eine unnötige Belastung für unsere


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heimischen Betriebe dar und kann daher in ohnehin schwierigen Zeiten von uns sicher nicht unterstützt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

23.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


23.17.24

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Kickl, bei mir als Lehrlingssprecher laufen Sie offene Türen ein, wenn Sie fordern, dass ein Betrieb, der fünf ausländische Arbeit­nehmer beschäftigt, einen Lehrling einstellen muss. Ich habe mir aber Ihren Antrag genau angesehen und muss sagen, es sind einige Punkte nicht wirklich durchschau­bar. Das heißt, es wird nicht auf die Qualität geachtet. (Beifall beim BZÖ.)

Sie wissen ganz genau, dass es Reinigungsfirmen gibt, die, wie ich annehme, mehr als fünf Ausländer beschäftigt haben, und wenn diese jetzt verpflichtet werden, einen Lehrling einzustellen, dann frage ich mich, wo da die Qualität gegeben ist. Was soll dieser Lehrling in den drei Jahren Ausbildungszeit lernen? – Also das kann es wirklich nicht sein!

Überhaupt finde ich, dass Unternehmer eine Lehrlingsausbildungsprüfung haben müs­sen, um Lehrlinge auszubilden. – Das fehlt mir auch in Ihrem Antrag.

Weiters habe ich mir angesehen, welche Unternehmen da in Frage kommen. Es gibt 307 000 Unternehmen in Österreich, und 277 000 davon haben nicht mehr als neun Facharbeiter angestellt. Sie werden doch nicht wirklich glauben, dass von diesen 277 000 Unternehmen – Herr Kickl, hören Sie mir zu! –, die neun Beschäftigte haben, auch nur eines fünf Ausländer beschäftigt. Das ist doch, bitte, an den Haaren herbei­gezogen! Das wissen Sie ganz genau. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Außerdem hoffe ich, dass vor allem die FPÖ nicht dazu übergeht, dass ausländische Unternehmen, die einen Zweitsitz in Österreich haben, gezwungen werden sollen, Lehrlinge einzustellen, weil dadurch die Qualität nicht gesichert ist, das wissen Sie ganz genau! (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ja, das sehe ich auch so, genau, aber wir sicher nicht.

Ich finde, dieser Antrag ist unausgegoren. Er geht zwar in die richtige Richtung, aber leider Gottes können wir diesem Antrag doch nicht zustimmen. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

23.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


23.19.25

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FPÖ möchte Unternehmen zwingen, Lehrlinge auszubilden. Und damit das alles in das simple politische Schema passt, wird dieser Zwang nur dann schlagend, wenn fünf Ausländer in diesem Unternehmen beschäftigt sind.

Wir halten von diesem Vorschlag wenig, sagen aber keinesfalls, dass in diesem Be­reich alles in Ordnung ist. Wir haben natürlich ein massives Problem mit der Tatsache, dass die Unternehmen immer weniger bereit sind, Lehrlinge auszubilden, selbstver­ständlich. Es ist auch ein Problem, dass wir immer mehr Geld in diese Notlösungen investieren müssen, in diese überbetrieblichen Ausbildungsstätten.

Ich bezweifle aber doch auch sehr stark, dass es eine sinnvolle Maßnahme ist, per Gesetz Unternehmen zu zwingen, Lehrlinge auszubilden, denn ich möchte schon –


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und da bin ich beim Kollegen Riepl – die Frage aufwerfen: Welche Qualität kann diese Ausbildung haben, wenn der Lehrling ungewollt und einem Betrieb aufgezwungen beschäftigt wird? (Beifall bei den Grünen.)

Wird der eine akzeptable Lehrzeit verbringen? Was glauben Sie? Das, meine Damen und Herren von der FPÖ, haben Sie nämlich völlig vergessen: Es geht um die Lehrlinge, es geht um die jungen Menschen und nicht um Ihre Ausländerphobie. (Beifall bei den Grünen. Abg. Kickl: Ich finde das lustig: Gegen den Kindergarten und das ganze Zeug habt ihr überhaupt nichts, und da habt ihr was dagegen!)

Aber ich sehe natürlich schon eine Möglichkeit, was man machen könnte, um die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, die eben keine Lehrlinge ausbilden, und wir haben dazu seit langer Zeit auch schon einen Vorschlag: Wir fordern einen über­betrieblichen Ausbildungsfonds, in den alle Unternehmen einzahlen, die nicht ausbil­den, und von dem jene, die ausbilden, profitieren würden. Das wäre eine Möglichkeit. Also: Ausgleichszahlungen ja. Aber Zwangsmaßnahmen, die letzten Endes nur auf Kosten der Lehrlinge und der jungen Menschen stattfinden, lehnen wir ab. (Beifall bei den Grünen. Abg. Strache: „Auf Kosten der Lehrlinge“, wenn die Lehrlinge einen Lehrplatz kriegen?! Das ist „auf Kosten der Lehrlinge“?!)

23.21


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Hundstorfer das Wort. – Bitte.

 


23.21.35

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Meine Damen und Herren! Ich weiß natürlich, dass der Arbeitnehmerschutz auch für Sie alle gilt, gar keine Frage. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Nein, wir dehnen das Bedienstetenschutzgesetz des Bundes ein bisschen aus.

Meine Damen und Herren von der FPÖ, ich verstehe natürlich das wahnsinnig hohe Engagement, das Sie an den Tag legen, um bei den Lehrlingen zu punkten. Das kann ich alles verstehen, aber ich habe eine Riesenbitte an Sie: Wenn Sie meinen, Sie müssten uns alle tagtäglich mit falschen Zahlen belästigen, dann bitte ich Sie, erkun­digen Sie sich nach den wirklichen Zahlen.

Wir haben heute schon gehört, die Aktion 500 habe 1997 begonnen – in Wirklichkeit hat sie 2007 begonnen. Die zehn Jahre vergessen wir, Herr Kickl. (Abg. Kickl: Da haben Sie recht, das stimmt!)

Wir haben gehört, es fehlen über 5 000 Lehrstellen. Herr Abgeordneter Kunasek, Sie haben nur ein Problem: Sie haben die August-Zahlen genommen und nicht die Sep­tember-Zahlen. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Das ist Ihr Riesenproblem, weil die Septem­berzahlen nämlich um über 2 000 besser sind, und wir haben, ob Sie wollen oder nicht, 37 305 Lehrlinge im ersten Lehrjahr. (Abg. Dr. Hübner: Die waren alle auf Urlaub im August!)

Das sind  ja, keine Frage  um 3 500 weniger. Aber wir haben so nebenbei die „Kleinigkeit“ von 60 000 Industriearbeitsplätzen verloren, und dass sich ein Minus von 60 000 Industriearbeitsplätzen in Lehrwerkstätten beziehungsweise in Betriebsstill­legun­gen irgendwo niederschlägt, das haben Sie, glaube ich, vergessen.

Wir haben jedoch durch andere Maßnahmen mit 30.9. mehr Lehrlinge in Ausbildung als im Jahr 2007. (Abg. Kickl: Die haben Sie in einer Wartehalle geparkt!) Ich glaube, wir sind uns alle einig, das Jahr 2007 war wirtschaftlich kein schlechtes Jahr. Wir liegen knapp unter den Werten des Jahres 2008. Im Jahr 2008 hatten wir 131 000 Lehrlinge in Ausbildung, und wir haben zur Stunde 130 000 mit Lehrverträgen versehen. Und das ist in Wirklichkeit die Aktion. Nicht umsonst haben wir den niedrigsten Anstieg an


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Jugendarbeitslosigkeit von allen europäischen Ländern. Das kommt nämlich durch konsequentes Arbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Was nützt das den Jugendlichen? Abg. Strache: Weil sie teilweise gar nicht in der Statistik aufscheinen! Das muss man dazusagen!)

Sehr geehrter Herr Strache, nehmen Sie zur Kenntnis: Es taucht in der Arbeits­losen­statistik der Arbeitssuchende genauso auf wie derjenige, der eine Leistung bezieht. (Abg. Strache: Aber wer noch nie eine Arbeit gehabt hat und keine Lehrstelle, der taucht nicht auf!) Das ist ein Arbeitssuchender! So hören Sie doch bitte einmal zu, bevor Sie wieder irgendetwas in den Raum stellen, wo hinten und vorne nichts stimmt! (Abg. Strache: Aber es ist so!)

Fakt ist: der Arbeitssuchende ist in der AMS-Statistik als arbeitslos geführt. Wir schwindeln nicht, sondern wir legen die Fakten auf den Tisch! (Abg. Strache: Der, der keinen Lehrplatz hatte und noch nie gearbeitet hat?) Der ist arbeitsuchend, sehr geehrter Herr Strache, wenn er sich beim AMS meldet. Punkt eins.

Punkt zwei: Wenn Sie meinen, die ausländischen Fachkräfte – die 67 Berufsgruppen gemäß Fachkräfteverordnung, die ich noch in meiner alten Funktion mit dem Herrn Bartenstein in seiner damaligen Funktion mit verhandelt habe – überschwemmen die Republik, dann sage ich: An der Grundeinstellung hat sich überhaupt nichts geändert. Aber auch hier eine nackte Zahl – die nackte Zahl von gestern, denn wir zählen das täglich und nicht zweimal im Jahr –: Mit gestrigem Tag waren 2 874 Personen in unserem Land beschäftigt, die über diese Fachkräfteverordnung der 67 Berufe hier in unserem Land zur Stunde Arbeit haben. (Abg. Kickl: Es sind immer ziemlich genau diese 2 500!)

Auch da erkundigen Sie sich bitte und hinterfragen Sie die Zahlen, bevor wir einander gegenseitig mit irgendwelchen Blasphemien und Populismus belästigen. Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg, weil genau diese Zahlen das belegen, was hinter dieser Fachkräfteverordnung steht: Gibt es ein heimisches Angebot, dann kommt niemand herein. Und genau das wird hier konsequent umgesetzt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Abg. Dr. Graf: Kritik an der Regierung als „Blasphemie“ zu bezeichnen, ist schon hart!)

23.26


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 376 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die Jugend­arbeits­losigkeit.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

23.26.5823. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 144/A der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft (382 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 299

Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 23. Punkt der Tagesordnung auf.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.27.25

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grüne fordern die Einrichtung einer unabhängigen Arbeitslosenanwaltschaft zur Beratung und zur Vertretung von erwerbsarbeitslosen Menschen.

Meine Damen und Herren, die Arbeit zu verlieren ist für die meisten Männer und Frauen ein ziemlich großer Schock. Man weiß nicht, wie es in dieser Situation weiter­geht, ob man den Lebensstandard halten kann. Für Menschen über 50 Jahren ist es alles andere als sicher, ob sie überhaupt wieder einen Job finden werden. Es ist eine schwierige Situation für die Familien. Man weiß nicht, was mit jenen ist, für die man auch Verantwortung übernommen hat.

Es gibt viele Fragen, Ängste und Sorgen im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit, und mit diesem ganzen Rucksack an Fragen gehen die Betroffenen dann einmal zum AMS. Beim AMS bekommen sie einen Zettel, auf dem steht, welche Leistungen sie erwarten können, und sie bekommen ein Beratungsgespräch, ein Sachbearbeitergespräch, das im Schnitt 12 Minuten dauert – 12 Minuten für einmal Lebenskrisebearbeitung und den Weg aus der Krise!

Meine Damen und Herren, wir Grüne sind der Meinung, das ist einfach nicht genug. Wir Grüne wollen, dass erwerbsarbeitslose Menschen eine unabhängige und kom­petente Stelle aufsuchen können (Abg. Großruck: Die gibt es eh!), die sie ihren Interessen entsprechend berät. Das ist der Kern unserer Forderung: Es geht um die Wahrung der Interessen der erwerbsarbeitslosen Menschen, meine Damen und Herren. (Abg. Großruck: Das Arbeitsmarktservice ist sensationell!)

Das AMS berät nicht im eigentlichen Sinne – wie auch?! –, denn das AMS hat letzten Endes doch immer das Ziel, möglichst schnell zu vermitteln und die Leute aus den Statistiken herauszubekommen. (Abg. Großruck: Man darf nicht verallgemeinern!) Ich habe im Ausschuss gehört: Dann gibt es noch immer die AK! (Abg. Großruck: Die sind gut drauf, das AMS!) Ja, natürlich, es gibt die AK, aber die sagt doch selbst, sie hat zum einen überhaupt nicht die Kapazitäten, um sich aller Erwerbsarbeitslosen in Österreich anzunehmen. Sie haben dort nicht die Kapazitäten, um zu beraten und bei eventuellen Verfahren auch zu begleiten.

Selbst wenn das in dem einen oder anderen Fall dann doch möglich ist, muss man sich immer wieder die Frage stellen: In wessen Interesse finden diese Beratung und Begleitung dann statt? Welchen Hut hat die AK da gerade auf? Geht es da um die engagierte Interessenvertretung des Erwerbsarbeitslosen, oder geht es dann doch um die Rolle des AMS-Vorstands, den die AK ja auch innehat? – Diese Frage bleibt offen, und sie bleibt vor allem offen für die erwerbsarbeitslosen Menschen.

Meine Damen und Herren, wir wollen das nicht. Wir wollen, dass sich die Erwerbs­arbeitslosen auf die Beratung und Begleitung durch eine unabhängige Arbeitslosen­anwaltschaft verlassen können.

Wir brauchen so eine Arbeitslosenanwaltschaft, damit erwerbsarbeitslose Menschen wissen, dass sie mit ihrem Job nicht auch ihre Rechte, ihren Selbstwert und letzten Endes auch den Respekt unserer solidarischen Gesellschaft verloren haben. Wir brauchen auch deshalb ganz dringend eine Arbeitslosenanwaltschaft, damit die Arbeitslosen nicht der subjektiven Ermessenswillkür von Sachbearbeitern ausgesetzt sind, sondern ihre Rechte und ihre Interessen auch in dieser schwierigen Phase ihres


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 300

Lebens vertreten wissen, denn Fakt ist, dass sich momentan genau dafür niemand zuständig fühlt und auch niemand zuständig ist. (Beifall bei den Grünen.)

23.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


23.31.20

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Mit diesem Antrag wird nun wieder einmal die Einrichtung einer eigenständigen Anwaltschaft für Arbeitslose gefordert. Es steht für uns außer Frage – und ich glaube, diesbezüglich gibt es einen breiten Kon­sens –, dass jene Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind – und das sind gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit nicht sehr wenige – einer besonderen Unterstützung und Hilfe bedürfen.

Das Arbeitsmarktservice mit seinen ausgezeichneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist als Erstberatungs- und Vermittlungsstelle der erste Ansprechpartner, und das nicht nur, wenn es um Arbeitslosengeld oder um Notstandshilfe geht, sondern auch wenn es darum geht, Schulungsmaßnahmen zu vermitteln.

Ich bin selbst im AMS-Regionalbeirat gewesen, und ich habe da als Arbeiterkam­mermitarbeiter keinen Interessenkonflikt, Frau Kollegin, wenn ich die Interessen der Arbeitslosen, wenn sie zuerst zur Arbeiterkammer kommen, im Regionalbeirat vertrete.

Geschätzte Damen und Herren, die Arbeitslosen haben eine anerkannte Interessen­vertretung: Das ist auf der einen Seite die freiwillige Interessenvertretung – der Österreichische Gewerkschaftsbund mit seinen Fachgewerkschaften –, und auf der anderen Seite gibt es die gesetzliche Interessenvertretung, wie Sie schon angeführt haben, die Arbeiterkammer.

Ich kann Ihnen versichern – und ich kann das aus meiner praktischen Tätigkeit heraus sagen –, dass die Interessen der Arbeitslosen – ob sie jetzt arbeitslos sind oder arbeitsuchend – auch in Zukunft sehr stark wahrgenommen werden – in der Gegen­wart und auch in der Zukunft – und dass man sich für die Arbeitslosen auch Zeit nimmt und die Ressourcen in der Arbeiterkammer, genauso wie in den Fachgewerkschaften und beim ÖGB, zur Verfügung stehen.

Geschätzte Damen und Herren, im Arbeiterkammergesetz ist festgelegt – und im § 10 genau ausgedrückt –, dass Arbeitslose gemäß dem Arbeiterkammergesetz auch Arbeit­nehmer sind. Mit dieser gesetzlichen Bestimmung, so meinen wir von der sozialdemokratischen Fraktion, sind ein ausreichender Schutz und eine ausreichende Sicherung gegeben, damit die Arbeitslosen eine Interessenvertretung haben, nicht nur bei der Beratung, sondern auch bei der Intervention beim AMS beziehungsweise auch bei der Rechtsdurchsetzung ihrer Arbeitslosenansprüche im Verwaltungsweg.

Geschätzte Damen und Herren, die Arbeitslosen brauchen keine Arbeitslosen­anwalt­schaft, die Arbeitslosen brauchen Jobs, durch die sie mit ihrem Einkommen auch ein Auskommen finden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Großruck: Einkommen, Auskommen ...! Abg. Klikovits auf dem Weg zum Rednerpult : Damit wir nicht umkommen!)

23.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.

 


23.34.26

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir am Beginn meiner Rede


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 301

vielleicht auch eine kurze Replik auf die Bemerkungen der Oppositionsvertreter zum Bereich Arbeit und Soziales.

Herr Kollege Öllinger, ich nehme dieses Gejeiere und dieses Gejammer zur Kenntnis, auch dass Sie sich bei uns beschweren, dass Ihre Vorschläge vielleicht zu wenig Beachtung finden. Man kann darüber denken, wie man will. Vielleicht sollten Sie auch überdenken, was Sie vorschlagen, damit wir dem vielleicht noch näher treten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht uns ja in vielen anderen Belangen auch so. Das ist eben das Wechselspiel der Kräfte, Mehrheiten entscheiden, das ist eben so. Wenn gute Vorschläge von Ihnen kommen, dann werden wir diese mindestens genauso in die Beratungen einbeziehen (Ruf bei der ÖVP: Kommen ja nicht!) wie Vorschläge, die eben weniger gut sind und dementsprechend abgelehnt werden. (Abg. Kickl: Das vertagen Sie dann so lange, bis das Papier von selbst verrottet!)

Es ist der Vorspann zu dem, was ich jetzt sage: Auch diesem Vorschlag können wir nicht nähertreten, aber nicht, weil wir prinzipiell gegen Ihre Vorschläge sind, sondern weil wir glauben, dass dieser Vorschlag keinen Sinn macht, dass er unnötige Büro­kratie bei der neuerlichen Verwaltung von Arbeitslosen erzeugt. Wir wollen Arbeitslose nicht verwalten, sondern sie in Beschäftigung bringen.

Es ist unsere Aufgabe als Politiker, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Menschen in Arbeit kommen, aber nicht, neue bürokratische Barrieren aufzubauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher sagen wir Nein. Mein Vorredner, der Kollege von der Arbeiterkammer – ich war selbst Vizepräsident der Arbeiterkammer –, hat das schon expliziert. Es ist unsere Aufgabe, und ich verstehe mich auch persönlich als Anwalt der Arbeitslosen, indem ich versuche, ihnen zu helfen, indem ich ihnen dort Information, Rat und Hilfe gebe, wo sie auch verlangt und benötigt wird.

Es ist die vornehmliche Aufgabe von uns Politikern, Rahmenbedingungen zu schaffen, unterstützend zu helfen und die Institutionen dort, wo tatsächlich Rat und Hilfe benötigt werden ... (Abg. Schatz: Haben Sie der Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmung zugestimmt?) – Da war ich noch nicht im Hohen Haus, aber, Kollegin Schatz, wir haben das ohnehin schon expliziert, und es ist wirklich beleidigend, auch jenen gegenüber, die im Arbeits- und Sozialausschuss sitzen, dass uns vorgehalten wird, wir sagen nichts dazu. Wir haben, glaube ich, ausführlich diskutiert, und man kann und soll auch nicht zu allem etwas sagen. (Abg. Öllinger: Das ist richtig!) Es ist nicht immer notwendig, Herr Kollege Öllinger. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Öllinger: Das war ein richtiger Satz!)

23.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


23.37.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Ein Wort zu den Ausführungen meines Vorredners: Das war ja an Präpotenz kaum noch zu überbieten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie können gegen diesen Antrag sein, das mag sein, aber die Aussage: Wäre seitens der Opposition etwas Gutes dabei, würden wir auch zustimmen! Wenn ich jetzt den Umkehrschluss ziehe, dann heißt das: Also die Opposition bringt nichts Gutes zustande, aber die Regierung hat natürlich nur die besten Ideen! – Das ist der Umkehrschluss, und das kann ich nur zurückweisen.

Frau Kollegin Schatz, in diesem Fall werden wir aber diesem Antrag auch nicht zustimmen, weil wir glauben, dass das zu einer Verkomplizierung führen würde. Ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 302

glaube nicht, dass es den Arbeitslosen helfen würde, wenn noch eine neue Stelle eingerichtet würde. Ich denke, dass die Stellen, die es gibt – beim AMS und auch bei der Arbeiterkammer –, ausreichend wären. Allerdings ist es, da gebe ich Ihnen natürlich schon recht, gerade in Zeiten, in denen die Arbeitslosigkeit ansteigt und mit Sicherheit noch weiter ansteigen wird, wahrscheinlich so, dass die Berater, die beim AMS tätig sind, auch weit überfordert sind.

Da wäre es doch sinnvoller, wie ich meine, nachzudenken, ob es nicht Sinn macht, den Beraterstand dort aufzustocken. Daher werden wir diesem Antrag nicht beitreten. (Beifall bei der FPÖ.)

23.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


23.38.15

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man mit der Betreuung und Beratung beim Arbeitsmarktservice nicht ein­verstanden ist und meint, dass die Qualität dort etwas verbessert gehört, dann muss man das in dieser Institution verbessern, aber mit einer Arbeitslosenanwaltschaft einen zusätzlichen Behördenapparat zu schaffen, das geht, glaube ich, zu weit. Frau Kollegin Schatz, wir werden diesem Antrag nicht die Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

23.38


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 382 zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist angenommen.

23.39.1324. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 34/A der Ab­geordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz über die Höhe des existenzsichernden Mindestlohnes (Mindestlohn­gesetz) (383 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


23.39.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen fordern in diesem Antrag einen Mindeststundenlohn von 7,26 €. Das entspricht ungefähr unserer Forderung nach einem Mindestlohn von 1 300 € brutto, was dann auch etwas über 1 000 € netto ausmacht. Das wäre im Sinne jener, die keiner Kollektivvertragsregelung in Österreich unterliegen.

Es sind ungefähr 5 Prozent, die das nicht haben. Im Sinne dieser Leute wäre es notwendig, über einen gesetzlichen Mindestlohn in Österreich nachzudenken, damit alle einen geregelten Mindestlohn haben, denn in den letzten Jahren hat sich die Einkommenssituation durch die Deregulierung und Flexibilisierung auf dem Arbeits­markt dramatisch verschärft. Trotz Vollzeitbeschäftigung leben viele an der Armuts­schwelle. Da ist Handlungsbedarf. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

23.40



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 303

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


23.40.34

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gesetzliche Mindestlöhne sind für uns keine Lösung. Wenn wir uns anschauen, wie die Bandbreite von gesetzlichen Mindestlöhnen innerhalb der EU ist, dann sehen wir, dass diese von 9,73 € pro Stunde in Luxemburg bis 0,71 € in Rumänien geht. Das heißt, gesetzliche Mindestlöhne garantieren nicht, dass man ein wirklich existenz­sicherndes Einkommen hat.

Die heutige Diskussion über Leistungsgerechtigkeit zeigt mir noch viel deutlicher, dass es weitaus besser ist, die Lohn- und Kollektivvertragsverhandlungen den Sozial­part­nern zu überlassen. (Abg. Dolinschek: Aber alle haben ja keinen!) Denn was ist denn Leistungsgerechtigkeit? Ist Leistungsgerechtigkeit etwas, was man in Arbeitsproduktion messen kann? Ist die Stückzahl, die man in einer Fabrik herausbekommt, mehr wert als die Pflege eines Angehörigen?, frage ich Sie. Wie bewerten Sie die Leistung in der Schule? – Indem es Leistungsbeurteilungen gibt? Nach welchen Gütemaßstäben tun Sie das? – Es gibt verschiedene Auffassungen von Leistung, man kann bis zur physi­kalischen Leistung gehen, die ja definiert ist.

Genau das ist der springende Punkt: Wenn wir Leistung nur über das definieren, was über ein Arbeitseinkommen erzielt werden kann, dann werden genau jene Menschen, die viel Leistung erbringen, die volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch notwendig ist, aber die kein Arbeitseinkommen daraus erzielen, von Ihnen immer als jene Men­schen bezeichnet werden, die nicht der Leistungsgerechtigkeit entsprechen und die nicht Leistungsträger und -trägerinnen sind.

In Österreich haben wir zum Glück ein System, das über die Kollektivverträge, über die Sozialpartner Mindestlöhne verhandelt, und zwar nicht nur Mindestlöhne, sondern auch andere Lohnbestandteile, wie zum Beispiel das 13. und 14. Gehalt – falls Sie es nicht wissen, das ist nämlich keine gesetzliche Regelung, Frau Kollegin –, aber auch andere Lohnbestandteile wie Zuschläge und dergleichen mehr.

Für diejenigen, die nicht unter die Kollektivvertragsregelung fallen – viele sind es ja zum Glück nicht –, gibt es Mindestlohntarife. Auch diese werden sozialpartnerschaftlich geregelt. Ich glaube, dass wir mit der Forderung nach 1 300 € Mindestlohn auf Kollektivvertragsebene einen weitaus besseren Schritt gehen, denn immerhin wird dieser dann nicht zwölf Mal, sondern vierzehn Mal ausbezahlt. Angesichts der Lohnverhandlungen appelliere ich schon an die Vertreter der Wirtschaft, auch daran zu denken, dass es wesentlich ist, auch auf Sozialpartnerschaftsebene bessere Mindest­löhne zu erzielen, nämlich 1 300 €. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend lassen Sie mich noch einen Satz sagen: Der Gruppe, die am wesent­lichsten betroffen ist, nämlich denjenigen mit prekären Arbeitsverhältnissen, helfen Sie mit diesem Antrag nicht. Ich glaube, das ist ein Thema, mit dem wir uns ganz besonders auseinandersetzen müssen, denn wir haben sehr viele Wirtschaftszweige, in denen wir immer weniger Normalarbeitsverhältnisse und immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


23.43.46

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme zur Kenntnis, dass diese Regierung äußerst zurückhaltend agiert, wenn es um Armutsbekämpfung geht, denn nichts anderes ist ein gesetzlicher Mindestlohn. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 304

geht um ein Instrument der Armutsbekämpfungspolitik. Letzten Endes könnte das alles so einfach sein. Wir könnten eine – egal, wie Sie es nennen – existenzsichernde Min­destsicherung, Grundsicherung oder was auch immer haben, auf jeden Fall eine Siche­rung in der Höhe der Armutsgefährdungsschwelle, die garantiert, dass es, wenn man in eine Notsituation kommt, da einen Schutz gibt. Und dieser Schutz ist nun mal nur gegeben, wenn er auch in ordentlicher Höhe stattfindet. – Das ist der erste Teil. Das ist sozusagen der Sockel: eine existenzsichernde Grundsicherung. (Abg. Silhavy: Das hat ja mit einem Mindestlohn nichts zu tun!) – Bitte? Na doch, warten Sie!

Darüber braucht es dann als nächstes Instrument der Armutsbekämpfungspolitik einen gesetzlichen Mindestlohn, der auch vor Armut schützt und darüber liegt. Laut dieser Theorie mit diesem Faktor 1 : 1,3 und mit den 1 300 €, denen Sie sich ja von der Höhe her zumindest anschließen, wären wir da dabei. (Abg. Silhavy: Aber 14 Mal, nicht zwölf Mal!) – 14 Mal, ja, 14 Mal! (Abg. Mag. Wurm: Arbeit ist mehr als Broterwerb!)

Meine Damen und Herren, ich nehme zur Kenntnis, dass es in diesem Haus keine Mehrheit für einen gesetzlichen Mindestlohn als Instrument der Armutsbekämp­fungs­politik bei der SPÖ gibt (Abg. Riepl: Genau so ist es!), weil sie glaubt, sie kann das mit den Sozialpartnern regeln. Die Fakten schauen anders aus. Wo stehen wir denn? Stehen wir bei den 1 300 €? – Nein, wir sind noch ganz weit davon entfernt! (Abg. Riepl: Wenn wir 1 300 € sagen, wollen Sie 1 500 €!) Also bitte, wenn sie es hätten, dann bräuchten wir auch nicht zu anderen Mitteln greifen. – Das zur SPÖ.

Bei der ÖVP habe ich es ja aufgegeben, über Armutsbekämpfung zu reden, denn die sind eher die Armutsbewahrungspartei. Sehr enttäuscht – das muss ich sagen – bin ich in dieser Frage von der FPÖ, die ja bis dato diese Forderung unterstützt hat und jetzt erstmals im Ausschuss mit einer wirklich perfiden Argumentation dagegen war: Weil das Mindestsicherungsmodell der Regierung mit 733 € so niedrig angesetzt ist, brauchen wir auch keinen existenzsichernden Mindestlohn in der Höhe von 1 300 €, denn das würde ja den Faktor 1 : 1,3 deutlich übersteigen! – Das ist echt „super“! Die Grundsicherung ist zu schlecht, und darum sollen auch die schlechten Löhne ganz schlecht bleiben.

Ausdrücklich bedanken möchte ich mich beim BZÖ und beim Kollegen Dolinschek, der immer ein starker Mitstreiter bei unseren Forderungen ist. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.)

Meine Damen und Herren, wie gesagt: Ich stelle fest, in diesem Haus gibt es keine Mehrheit für Armutsbekämpfung. Wir haben aber bereits erneut einen Antrag zu diesem Thema eingebracht, und so wird uns das Thema nicht abhanden kommen. Wir werden in einigen Monaten das Thema mit Ihnen weiter erläutern. (Beifall bei den Grünen.)

23.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


23.47.01

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Kollegin Silhavy hat es erläutert: 98 Prozent der Arbeitnehmer der gewerblichen Wirtschaft sind in Österreich von den Kollektivverträgen erfasst. Das ist der zweit­höchste Wert in ganz Europa. Damit ist ganz klar, dass der Branchenkollektivvertrag das am besten geeignete Mittel ist, um einen Mindestlohn zu erhöhen. Wir brauchen daher keinen gesetzlichen Mindestlohn.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 305

Ab 1. Jänner 2009 werden alle Partner so weit sein, dass sie einen Mindestlohn in einer gewissen Höhe von vereinbarten – damals noch – 1 000 € durchgeführt haben. Das war für viele Partner ein weiter und steiniger Weg, auch seitens der Wirtschaft, aber das hat man erreicht. Das ist eine Vereinbarung zwischen der Wirtschaftskammer und dem ÖGB. Durch die jährlichen weiteren Verhandlungen ist da sozusagen auch eine gute Entwicklung in diesem Bereich garantiert, die aber nicht nur auf die soziale Situation, sondern immer auch auf die wirtschaftliche Situation in unserem Land Rücksicht nimmt.

Wir gehen deswegen den bisherigen Weg weiter. Dieser hat sich als richtig und erfolg­reich erwiesen.

Sehr geehrte Frau Kollegin Schatz, Armutsbekämpfung ist für uns alle ein Thema, aber Sozialromantik ist fehl am Platz! (Beifall bei der ÖVP.)

23.48

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 383 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie diesem beitreten, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

23.48.4825. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau (GZ 5U 110/09k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Köfer (397 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt keine Wortmeldung vor.

Daher kommen wir sofort zur Abstimmung über den Antrag des Immunitäts­ausschus­ses in 397 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Köfer wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Köfer besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

23.50.1026. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 501 St 87/09g) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (398 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 26. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 306

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


23.50.14

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, dass wir uns seit Monaten alle gemeinsam immer wieder wundern – ich will nicht sagen: ärgern –: In jeder Sitzung des Immunitätsaus­schus­ses sind – ich würde fast meinen – alle Fraktionen der Meinung, dass das Im­munitätsgesetz so schnell wie möglich reformiert gehört.

Es gibt immer wieder Fälle – ich will das wirklich nicht politisch bewerten –, wo Anträge gestellt werden, wo überhaupt keine gestellt werden müssten, weil es glasklar ist, es gibt Fälle, wo ein Antrag auf Auslieferung gestellt werden müsste, wo aber keiner gestellt wird.

Ich würde Sie, Frau Präsidentin, aber vor allem uns alle, die Klubs, wirklich bitten, dass wir so schnell wie möglich einen Meinungsbildungsprozess herbeiführen und nicht auf irgendetwas warten, sondern in der Immunitätsgruppe und hier im Plenum eine rasche Neugestaltung unserer Immunität herbeiführen, sonst ärgern wir uns in jeder Sitzung über unnötige Debatten. Ich bitte euch, ich lade euch dazu ein: Nützen wir die Zeit, gehen wir es schnell an! – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

23.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


23.51.47

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich halte von einer generellen Abschaffung der Immunität, wie sie ja zum Teil auch diskutiert wird, eigentlich nichts. Ich glaube, wir sollten sorgsam damit umgehen und sie sollte zeitgemäß weiterentwickelt werden. Ich hoffe auch, dass in dem von der Frau Präsidentin geleiteten Arbeitskreis vernünftige Vorschläge gemeinsam erarbeitet wer­den. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


23.52.00

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bin ich froh, dass man sich den Vorschlag, dass man hier ein eigenes Bürger­meisterprivileg im Zusammenhang mit dem Fall Köfer einführt, doch noch anders überlegt hat. Das letzte Mal war nämlich die Überlegung so quasi, ob wir für Bürger­meister, die Abgeordnete sind, ein anderes Auslieferungsrecht haben und ein anderes Strafrecht haben als für Bürgermeister, die keine Abgeordneten sind. Es war ja nur eine Überlegung. Das ist nicht von uns ausgegangen. (Rufe bei der ÖVP: Von euch!) – Bitte? Ihr wolltet das? Kann ich das noch fürs Protokoll haben? – Zustimmung aus der ÖVP. Ihr wolltet es wirklich, eine neue Privilegiendebatte? Das darf doch nicht wahr sein. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Nun aber zum aktuellen Auslieferungsfall: Meine Damen und Herren, dieser Ausliefe­rungsfall beweist, wie die Immunität missbräuchlich gegen den Abgeordneten verwen­det wird. Kollege Sonnleitner, da waren wir uns im Ausschuss eigentlich noch einig. Da waren wir uns noch einig! Jetzt auf einmal nicht mehr?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 307

Der Hintergrund des sogenannten „Falles Huber“ ist, dass das Bundeskriminalamt – ich zitiere wörtlich aus den Unterlagen, die liegen im Ausschuss – einen Gelegenheits­informanten hat, der einen Informanten hat, der gehört hat. – Das ist die Quellenlage, das kann sich jeder im Ausschuss in den Unterlagen anschauen. Und dann wird ein Akt produziert, es wird ein Anfallsbericht gemacht. Dann wird eine Nachschau ge­halten, und dann stellt sich heraus, dass das alles ein „Schmarren“ ist.

Wissen Sie, wer der Gelegenheitsinformant der Bundespolizei ist? – Ein Privatdetektiv! Er heißt in den Akten VPH, Vertrauensperson H – wie Herzog –, meine Damen und Herren! Das ist ein Privatdetektiv, der in Wien tätig ist, ein geschäftliches Interesse daran hat, dass er in den Medien vorkommt. Nur im Polizeiakt will er nicht vorkommen! Da hat er sich mit der Polizei ausgemacht, dass er ja nicht im Polizeiakt erwähnt wird. Ich kann Ihnen das vorlesen, wenn Sie wollen. (Abg. Kopf: Das haben wir nicht zu beurteilen!)

Meine Damen und Herren, da hört sich der Spaß auf! Ihr habt – und das wisst ihr nicht erst seit der Untersuchungsausschuss tätig ist – in der Polizei ein Problem – nicht nur in der Staatsanwaltschaft, sondern auch in der Polizei – damit, dass dort Beamte am Werken sind, die ein besonders eifriges Interesse daran haben, über Oppositionsabge­ordnete Akten zu produzieren. Und wenn man das selbst nicht macht, dann engagiert man sich sogar noch Privatdetektive! Es wird im Akt nur erwähnt, dass sie kein Gehalt dafür bekommen haben und dass sie von der Polizei dafür keinen Auftrag bekommen haben. Nein, bezahlt hat jemand anderer, das wissen wir mittlerweile auch! Bezahlt hat das jemand anderer, das wissen wir.

Das ist kein Umgang mit der Immunität! (Beifall beim BZÖ.) Wenn das der Inhalt der Immunität ist, dass man so gegen Abgeordnete fuhrwerkt, dann schafft die Immunität ab! Es ist mittlerweile die Immunität mehr zu einer Belastung für Oppositions­abge­ordnete geworden und nicht zu einem Schutz.

Meine Damen und Herren, die Debatte über die Immunität muss man daher viel grund­sätzlicher führen, eine Immunität, die von Staatsanwälten und von Polizeibeamten nur dazu missbraucht wird, gegen Politiker der Opposition Akten zu produzieren, damit man sie dann medial aufplustern kann. Und dann teilt uns die Frau Bundesminister mit gestrigem Schreiben mit – ich zitiere wörtlich –, dass in Zukunft alles in den Immuni­tätsausschuss kommen wird – darüber war gestern noch Empörung im Ausschuss –, weil – ich zitiere wörtlich – die Staatsanwaltschaft auf diese Weise authentisch Sicher­heit benötigt. – Die Staatsanwaltschaft braucht authentische Sicherheit des Parla­ments, weil sie nicht weiß, wie sie das Gesetz anwenden soll.

Eine Staatsanwaltschaft, die nicht mehr weiß, wie sie das Gesetz anwenden soll, ist ein Problem für eine Justizministerin.

Ceterum censeo: Diese Minister müssen vor den Ausschuss, um klarzulegen, wie sie mit dem Instrument der Immunität gegenüber Oppositionsabgeordneten in Zukunft umgehen werden. (Beifall beim BZÖ.)

23.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. Rest­redezeit: 13 Minuten. – Bitte.

 


23.56.47

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Danke für dieses großzügige Geschenk! Ich werde diese Zeit nicht beanspruchen. Eines sei aber schon gesagt, auch an die Adresse des Kollegen Stadler: Das, was jetzt gekommen ist, ist ein


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schwer­wiegender Vorwurf, der sich unmittelbar an die Behörden richtet, egal, ob Polizei oder Staatsanwaltschaft, und, wenn ich das recht gehört habe, eigentlich davon ausgeht, dass Polizei und Staatsanwaltschaft einen kriminellen Akt vortäuschen oder suggerieren und damit eigentlich direkt politisch handeln. Wenn dem so wäre (Abg. Mag. Stadler: Das kann jeder im Ausschuss prüfen!) – was ich in diesem Fall nicht beurteilen kann –, dann hätten wir wirklich ein Problem. (Abg. Kopf: Wenn alles stimmen würde, hätten wir viele Probleme! – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Was ich weiß, Herr Kollege Kopf – das betrifft ja alle Fraktionen im Ausschuss –, ist, dass das Vertrauen auch zwischen den Mitgliedern des Immunitätsausschusses und der Staatsanwaltschaft – sagen wir einmal – empfindlich gestört ist, denn selbst in Fällen, wo ganz klar ist, dass eigentlich nur ein krimineller Akt im Hintergrund steht, ist man an uns, an den Immunitätsausschuss beziehungsweise an die Präsidentin heran­getreten, während man in Fällen, wo der politische Zusammenhang eklatant war, nicht an uns herangetreten ist.

Dieses Misstrauen – so würde ich sagen – betrifft nicht nur – und auch darauf hat Kollege Stadler hingewiesen – die Staatsanwaltschaft, die in einzelnen Fällen mit den Begrifflichkeiten von Zeugen beziehungsweise Verdächtigen sehr unsauber hantiert hat, sondern selbstverständlich auch die Behörde, in diesem Fall das Innen­minis­terium.

Daher kann ich nur abschließend an Sie dringend appellieren: Wenn diese Debatte sauber weitergeführt werden soll, brauchen wir eine ernste Debatte über die Immu­nität, wir brauchen aber auch die zuständigen Minister im entsprechenden Unter­suchungsausschuss. So, wie diese Themen derzeit verhandelt werden, kann es nicht weitergehen! Daher die dringende Bitte an die Regierungsparteien: Blockieren Sie die Vorladung der zuständigen Minister nicht weiter! (Beifall bei den Grünen.)

23.59

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 398 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber besteht.“

Wenn Sie sich diesem Antrag anschließen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.00.12Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 828/A(E) bis 839/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3387/J bis 3501/J eingelangt.


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Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 0.01 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.00.53Schluss der Sitzung: 0.00 Uhr

 

 

 

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