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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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136. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 6. Juli 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

136. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                         Mittwoch, 6. Juli 2016

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 6. Juli 2016: 9.06 – 22.37 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: EU-Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Ver­pflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungspflicht­gesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (Jugendausbildungsgesetz)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz 1979, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Bauarbeitenkoordinationsgesetz und das Ar­beitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1669/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 (AlVG) geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1733/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Rechtssicherheit bei Selbständigkeit im Rahmen von GPLA-Verfahren

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1383/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform der Ausgleichszulage in der Pensionsversi­cherung“

7. Punkt: Bericht über den Antrag 488/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des nichtpfändbaren Grundbetrages von 857 Euro“

8. Punkt: Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Maut­hausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz GStG)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Polizeikoope­rationsgesetz und das Waffengebrauchsgesetz 1969 geändert werden (Präventions-No­velle 2016)

10. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesregierung betreffend das Nationale Re­formprogramm Österreich 2016


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11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2016, das Bundesfinanz­rahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 ge­ändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz er­lassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Melde­standard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Be­wertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenord­nung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenän­derungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016)

13. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Haftungsgesetz-Kärnten erlassen und das Bun­deshaftungsobergrenzengesetz, das ABBAG-Gesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsge­setz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernahmegesetz geändert wer­den

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2015/2365 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäf­ten (SFT-Vollzugsgesetz) erlassen wird und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden

17. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über zivilrechtliche Bestimmungen be­treffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird (3. Grundstücksverkehr-Än­derungsvereinbarung – 3. GruVe-ÄVE)

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1735/A der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2016, geändert wird

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Ing. Heinz-Peter Hackl und Mag. Sonja Steßl ......................................................................................................................................... 33

Angelobung der Abgeordneten David Lasar, Ing. Wolfgang Klinger und Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ......................................................................................................................................... 33

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 33

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kol­legen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An-


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trag 1748/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Schaffung von Si­cherheit bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 7. Juli 2016 zu setzen ..................................................................................................... 62

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 62

Redner/Rednerinnen:

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 144

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 146

August Wöginger ....................................................................................................... 148

Peter Wurm ................................................................................................................. 150

Karl Öllinger ................................................................................................................ 151

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 153

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 154

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 156

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 63

Wortmeldung der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek aufgrund anhal­tender Zwischenrufe während eines Debattenbeitrages ................................................................................ 148

Wortmeldungen betreffend zeitgerechte Übermittlung von Abstimmungscroquis:

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 293

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................. 293

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 293

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 294

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 294

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 294

Aktuelle Stunde (38.)

Thema: „Schulangst, Prüfungsstress und Zentralmatura: so what?“ ................. 34

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 34

Bundesministerin Mag. Dr. Sonja Hammerschmid .................................................. 36

Mag. Elisabeth Grossmann ......................................................................................... 41

Brigitte Jank .................................................................................................................. 42

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 43

Dr. Harald Walser ......................................................................................................... 44

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 46

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 47

Katharina Kucharowits ................................................................................................ 49

Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................................................... 51

Wendelin Mölzer ........................................................................................................... 52

Julian Schmid, BA ........................................................................................................ 54

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ............................................................................ 56

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 57

Rupert Doppler ............................................................................................................. 59

Dr. Susanne Winter ...................................................................................................... 59

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 60


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Verhandlungen

1. Punkt: EU-Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates ............................................................................. 63

Bundeskanzler Mag. Christian Kern .......................................................................... 63

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ....................................................................... 67

Durchführung einer Debatte gemäß § 74b der Geschäftsordnung ............................... 69

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 69

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 72

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 74

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 76

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 79

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 81

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 83

Jakob Auer .................................................................................................................... 86

Herbert Kickl ................................................................................................................. 87

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 91

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 92

Peter Haubner ............................................................................................................... 95

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 96

Mag. Dr. Beatrix Karl .................................................................................................... 98

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 99

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................... 101

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 102

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 104

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................... 106

Martina Schenk ........................................................................................................... 108

Bernhard Themessl .................................................................................................... 110

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 112

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 113

Rupert Doppler ........................................................................................................... 115

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 115

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend keine finanzielle Mehrbelastung Österreichs durch die Europäische Union – Ablehnung  90, 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Russland-Sanktionen – Ablehnung ............................................  103, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur vorläufigen Anwendung von CETA – Ablehnung                                                      111, 117

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz ge­ändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche gere­gelt wird (Ausbildungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Be­hinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz ge­ändert werden (Jugendausbildungsgesetz) (1219 d.B.) ....................................................................... 117

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 117

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 120

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 121


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Peter Wurm (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 123

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................... 123

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 124

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 127

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 134

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 135

Johann Hechtl ............................................................................................................. 137

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 137

August Wöginger ....................................................................................................... 140

Petra Steger ................................................................................................................ 141

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 143

Bernhard Themessl .................................................................................................... 156

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 158

Peter Wurm ................................................................................................................. 158

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 159

Rupert Doppler ........................................................................................................... 160

Dietmar Keck .............................................................................................................. 161

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 161

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 162

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket für Lehrlinge“ – Ablehnung ..................................................  126, 164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschkurse und Al­phabetisierung für jugendliche Asylwerber von Beginn an – Annahme (E 160)                                                                                                 129, 164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung bildungspolitischer Begleitmaß­nahmen und der Mittleren Reife – Ablehnung         139, 164

Annahme des Gesetzentwurfes in 1219 d.B. ............................................................... 163

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1185 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfer­tigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz 1979, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Bauarbei­tenkoordinationsgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden (1220 d.B.) ........................................................................................ 164

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1669/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) geändert wird (1221 d.B.) .............. ... 164

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1733/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Rechtssicherheit bei Selbständigkeit im Rahmen von GPLA-Ver­fahren (1222 d.B.) ................................................................................ 165

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1383/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform der Ausgleichszulage in der Pensionsversicherung“ (1223 d.B.)                                                                                                   165

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 488/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Erhöhung des nichtpfändbaren Grundbetrages von 857 Euro“ (1224 d.B.)                                                                                                                             165


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 6

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ...............................................................  165, 177

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 168

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 169

Mag. Michael Hammer ................................................................................................ 170

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 170

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 172

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 172

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 173

Rainer Wimmer ........................................................................................................... 174

Christoph Hagen ........................................................................................................ 174

Johann Hell ................................................................................................................. 175

Rupert Doppler ........................................................................................................... 176

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen – Ablehnung ...............  167, 177

Annahme des Gesetzentwurfes in 1220 d.B. ............................................................... 177

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1221, 1222, 1223 und 1224 d.B. ........... 178

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1150 d.B.): Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz GStG) (1228 d.B.) .................................................................... 178

Redner/Rednerinnen:

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 178

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 180

Hannes Weninger ....................................................................................................... 181

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 182

Christoph Hagen ........................................................................................................ 183

Bundesminister Mag. Wolfgang Sobotka ................................................................ 184

Nikolaus Prinz ............................................................................................................ 185

Angela Lueger ............................................................................................................ 187

Mag. Michael Hammer ................................................................................................ 188

Annahme des Gesetzentwurfes in 1228 d.B. ............................................................... 188

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1151 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Polizeikooperationsgesetz und das Waffengebrauchsgesetz 1969 geän­dert werden (Präventions-Novelle 2016) (1229 d.B.)                             189

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 189

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 190

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 192

Otto Pendl ................................................................................................................... 193

Mag. Günther Kumpitsch .......................................................................................... 194

Christoph Hagen ........................................................................................................ 196

Hermann Gahr ............................................................................................................ 198

Bundesminister Mag. Wolfgang Sobotka ................................................................ 199

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 200

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 202

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 203

Rupert Doppler ........................................................................................................... 203


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 7

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 204

Nikolaus Prinz ............................................................................................................ 205

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Unterziehschutzwesten für die Exekutive“ – Ablehnung ...................................  197, 206

Annahme des Gesetzentwurfes in 1229 d.B. ............................................................... 205

10. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bericht der Bundesregie­rung betreffend das Nationale Reformprogramm Österreich 2016 (III-263/1202 d.B.)                                                            206

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider .................................................................................................... 206

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 208

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 209

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 210

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 211

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 212

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 213

Walter Schopf ............................................................................................................. 214

Rupert Doppler ........................................................................................................... 215

Kenntnisnahme des Berichtes III-263 d.B. ................................................................... 216

11. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1189 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2016, das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 geän­dert werden (1203 d.B.) .................. 216

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider .................................................................................................... 216

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 217

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 239

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 239

Rupert Doppler ........................................................................................................... 240

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................... 240

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 241

Nurten Yilmaz ............................................................................................................. 242

Annahme des Gesetzentwurfes in 1203 d.B. ............................................................... 242

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz erlassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungs­gesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.) .................................................................................................................... 243

13. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1244 d.B.) ....................................................... 243

Redner/Rednerinnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 243

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 245

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 248


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 8

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 252

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 253

August Wöginger ....................................................................................................... 255

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 256

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 260

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 261

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 264

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 265

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 266

Matthias Köchl ............................................................................................................ 267

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 270

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 271

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Transparenz gegen Steuerdumping – Ableh­nung .............................  250, 292

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Registrierkassen Stornogebühr“ – Ablehnung ...................................................  259, 292

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Privilegien für politische Parteien und Vor­feldorganisationen“ – Ablehnung      259, 292

Entschließungsantrag der Abgeordneten Matthias Köchl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Entschlacken der Gewerbeordnung – Ablehnung ..............................................  268, 292

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1243 und 1244 d.B. ..................................... 290

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1152 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Haftungsgesetz-Kärnten erlassen und das Bundes­haftungsobergrenzengesetz, das ABBAG-Gesetz, das Bundesgesetz zur Schaf­fung einer Abbaueinheit und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (1245 d.B.) .................................................................................................................... 272

Redner/Rednerinnen:

Erwin Angerer ............................................................................................................ 272

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 273

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 274

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 276

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 277

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 279

Mag. Maximilian Unterrainer ..................................................................................... 279

Annahme des Gesetzentwurfes in 1245 d.B. ............................................................... 280

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1186 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernahmegesetz geändert werden (1246 d.B.) ......................................................... 280

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EU) 2015/2365 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäf­ten (SFT-Vollzugsgesetz) erlassen wird und das Finanzmarktaufsichtsbehörden-


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gesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Mana­ger-Gesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz ge­ändert werden (1247 d.B.) .................................................................................................................... 280

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 281

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 282

Walter Bacher ............................................................................................................. 283

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 283

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 286

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des gesetzlichen Rah­mens der Anlegerentschädigung – Annahme (E 161)     288, 290

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1246 und 1247 d.B. ..................................... 289

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1149 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird (3. Grundstücksver­kehr-Änderungsvereinbarung – 3. GruVe-ÄVE) (1225 d.B.) ........ 292

Redner/Rednerinnen:

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 295

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 296

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 297

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 298

Rupert Doppler ........................................................................................................... 299

Genehmigung der Vereinbarung in 1225 d.B. .............................................................. 299

18. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1735/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2016, geändert wird (1226 d.B.)                                                                                                                                                  299

Redner/Rednerinnen:

Hermann Brückl ......................................................................................................... 300

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 300

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 301

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 301

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 302

Annahme des Gesetzentwurfes in 1226 d.B. ............................................................... 302

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 61

Petition betreffend „Generationengerechtigkeit Jetzt!“ (Ordnungsnummer 79) (über­reicht vom Abgeordneten Michael Pock)

Petition bezüglich der „Resolution der Marktgemeinde Walding ,Abstandnahme von einer Deckelung der Mindestsicherung für Mehrkind-Familien‘“ (Ordnungsnummer 80) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Petition bezüglich der „Resolution der Marktgemeinde Spittal an der Drau ,für eine TTIP/CETA/TiSA-freie Gemeinde‘“ (Ordnungsnummer 81) (überreicht vom Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 10

Petition bezüglich der „Resolution der Gemeinde Paternion ,für eine TTIP/CETA/
TiSA-freie Gemeinde‘“ (Ordnungsnummer 82) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-

Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber
)

Petition bezüglich der „Resolution der Marktgemeinde Finkenstein am Faaker See ,TTIP-freie Gemeinde‘“ (Ordnungsnummer 83) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Petition bezüglich der „Resolution der Stadtgemeinde Pregarten ,TTIP-freie Gemein­de‘“ (Ordnungsnummer 84) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber)

Petition betreffend „Änderung des Starkstrom Wege-Gesetzes – StWG aus dem Jahre 1968 auf Initiative der Interessen-Gemeinschaft – Erdkabel (IG-E)“ (Ordnungs­nummer 85) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 61

Bürgerinitiative betreffend Aufnahme der Gynäkologie und Geburtshilfe in die Grund­versorgung jedes Krankenhauses, somit flächendeckende Sicherung der Gynä­kologie und Geburtshilfe in ganz Österreich (Ordnungsnummer 103)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 61

1249: Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz geändert wird

Zu 1193: Übereinkommen von Paris, Ergänzung der fehlenden Seiten 8 und 10 der französischen Sprachfassung

Berichte ......................................................................................................................... 61

Vorlage 107 BA: Monatserfolg Mai 2016; BM f. Finanzen

III-262: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2015

III-283: Bericht Reihe Bund 2016/8; Rechnungshof

III-285: Sicherheitsbericht 2015 der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-287: Lebensmittelsicherheitsbericht 2015; BM f. Gesundheit

III-288: Bericht über die Evaluierung des Institute of Science and Technology Aus­tria (IST Austria), 2015; BM f. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Anträge der Abgeordneten

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend effektives Monats­entgelt bei Mobilfunkverträgen (1780/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gleichen Zugang zu Re­habilitation für alle Menschen, die Rehabilitation benötigen (1781/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusiver Zugang zu medi­zinischer Versorgung für Menschen mit Behinderung (1782/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschen mit Behinderung als eigene Zielgruppe des Arbeitsmarktservice (AMS) (1783/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend kostenlose Namens­änderungen bei zwangsweise eingeführten Namen, die Ausdruck von Verfolgung und Un­terdrückung sind (1784/A)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 11

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Altersdiskriminie­rung im Versicherungswesen (1785/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird (1786/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend freie Wahl für Versicherte bei Leistungsnachteilen (1787/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Recht­zeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsverkehr und E-Mail erfolgen­den Eingaben mit auf postalischem Weg erfolgenden Eingaben (1788/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Gleichstel­lung von nicht-konfessionellen Privatschulen (1789/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rahmenplan für eine weiterentwickelte Zentralmatura, deren Ergebnisse tatsächliche Vergleichbarkeit schaf­fen und damit veröffentlicht werden können (1790/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend schulautonome Maß­nahmen hinsichtlich der Evaluierung der Zentralmatura (1791/A)(E)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reparatur des PStSG III – begründeter Gefahrenverdacht (1792/A)(E)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reparatur des PStSG II – Ver­trauenspersonen (1793/A)(E)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reparatur des PStSG I – richterliche Kontrolle (1794/A)(E)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reparatur des PStSG IV – Evaluierung (1795/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Privile­gien für politische Parteien und Vorfeldorganisationen“ (1796/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Registrierkassen Storno­gebühr“ (1797/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterziehschutzwesten für die Exekutive“ (1798/A)(E)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine EZA-Leistungen für bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger unkooperative Entwicklungsländer (1799/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlrechtsreform insbesondere im Bereich der Briefwahl (1800/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung des Arbeitsfortschritts der Förderungsdatenbank iSd BSFG 2013 (1801/A)(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Recht­zeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsverkehr und E-Mail erfolgen­den Eingaben mit auf postalischem Weg erfolgenden Eingaben [(1778/A(E)] [(Zu 1778/A(E)]


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 12

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Meldepflicht für Zika-Virus (9502/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Selbstmorde österreichischer Polizisten (9503/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betref­fend totales Rauchverbot im öffentlichen Raum (9504/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Tätigkeiten von Asylwerbern (9505/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend Abschiebungen im Monat Mai 2016 (9506/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend ÖBB-Fernbusse „Hellö“ (9507/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Strafanzeigen/Zollfahndung bei illegalem Zigarettenschmuggel (9508/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Neubesetzung des AMS-Vor­stands (9509/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Tätigkeiten von Asylwerbern im Rahmen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (9510/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Fusion Wiener Sozialdiens­te Alten- und Pflegedienste GmbH und Sozial Global AG (9511/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Folgeanfrage zur Anfragebeantwor­tung 8241/AB „Auflösung der Abteilung Bundesgärten steht bevor“ (9512/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Auswirkungen der bis 2019 geplanten Einsparungen des nicht-richterlichen Perso­nals auf die Lehrlinge (9513/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Durchführung und Auswirkung der bis 2019 geplanten Einsparungen des nicht-rich­terlichen Personals (9514/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend Trend zu verstärktem Ecstasy-Konsum (9515/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend den Beitrag der ÖW zum Austria House Rio 2016 (9516/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Außenlandungen und Außenabflüge von Luftfahrzeugen (9517/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 13

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend illegalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen (9518/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend: Boa Constrictor in verlassener Wohnung zurückgelassen (9519/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend 182 Prozent mehr Anzeigen wegen Tierleid in der Steiermark (9520/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Salzburg (9521/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Förderungen zugunsten des Österreichischen Instituts für Fami­lienforschung (9522/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Kärnten (9523/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Oberösterreich (9524/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Niederöster­reich (9525/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Wien (9526/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Burgenland (9527/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Vorarlberg (9528/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Tirol (9529/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Bundesland Steiermark (9530/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend: Hase im Plastiksackerl verkauft (9531/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend: Jugendliche quälten Katze zu Tode (9532/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend: Ausländer haben Millionen Schulden in Spitälern (9533/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend EZA-Gelder in Verbindung mit Restitution der Altös­terreicher und einer angemessenen Förderung der altösterreichischen Minderheit (9534/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend: Hund wurde gezielt vergiftet (9535/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend Kriminalitätsentwicklung St. Andrä-Wördern (9536/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Verurteilungen rechtsextremer Täter (9537/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 14

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Schulden österreichischer Krankenkassen, AUVA, SVA, BSVA gegenüber ausländischen Krankenkassen und Krankenanstaltenerhaltern (9538/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Frühpensionierungswelle bei den Wiener Stadtwerken (9539/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Nebenbeschäftigungen (9540/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend Nebenbeschäftigungen (9541/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Neben­beschäftigungen (9542/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Nebenbeschäftigungen (9543/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nebenbeschäftigungen (9544/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nebenbeschäftigungen (9545/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Nebenbeschäftigungen (9546/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Nebenbeschäftigungen (9547/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Nebenbeschäftigungen (9548/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Nebenbeschäftigungen (9549/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Ju­gend betreffend Nebenbeschäftigungen (9550/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend Nebenbeschäftigungen (9551/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integra­tion und Äußeres betreffend Nebenbeschäftigungen (9552/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend Nebenbeschäftigungen (9553/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend KH Floridsdorf (9554/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend rumänische Polizisten in Österreich (9555/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Randale bei Public Viewing (9556/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend 380 kV-Leitung im Bundesland Salzburg 2 (9557/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 15

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend Pflegeregress (9558/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend rabiaten Asylwerber (9559/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Personal Justizwache (9560/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Milchkrise (9561/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend staatsnahe Betriebe (9562/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Rechtsunsicherheiten für EPU im Rahmen von GPLA-Verfahren (9563/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei gleich­geschlechtlichen Eltern (9564/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Bauvorhaben im öffentlichen Verkehr im Bundesland Salzburg (9565/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Sicherheitslage (9566/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend EURATOM (9567/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Mehrkosten durch flächendeckende Lkw-Maut (9568/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend Beschäftigungszahlen (9569/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Ceta-Ratifizierung ohne Nationalparlamente (9570/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ceta-Ra­tifizierung ohne Nationalparlamente (9571/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zuwan­derung (9572/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend öffentliche Informationen zu Flucht, Asyl & Schlepperei (9573/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integra­tion und Äußeres betreffend öffentliche Informationen zu Flucht, Asyl & Schlepperei (9574/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Video­dolmetsch“ (9575/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Videodolmetsch“ (9576/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 16

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frau­en betreffend „Videodolmetsch“ (9577/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „Videodolmetsch“ (9578/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend „Videodolmetsch“ (9579/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend „Videodolmetsch“ (9580/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend „Videodolmetsch“ (9581/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Videodolmetsch“ (9582/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend „Videodolmetsch“ (9583/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend „Videodolmetsch“ (9584/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Videodolmetsch“ (9585/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend „Videodolmetsch“ (9586/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Videodolmetsch“ (9587/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend „Videodolmetsch“ (9588/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Meinungs­forschungsaktivitäten der Ressorts“ (9589/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9590/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frau­en betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9591/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9592/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9593/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9594/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Ju­gend betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9595/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9596/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9597/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 17

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9598/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9599/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9600/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9601/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend „Meinungsforschungsaktivitäten der Ressorts“ (9602/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Rahmenbedingungen für Polytechnische Schulen (9603/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Einführung einer indexbasierten Mittelverteilung im Schul­system (9604/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend überholte Unterlagen zur Führerscheinprüfung in ÖGS (9605/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unterstützung von Pendlerinnen und Pendlern (9606/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend traurige Realität bei der Güterverlagerung auf die Schiene (9607/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Errichtung einer Unterkunft für Asylwerber im Lorenzihof in St. Egyden (9608/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Einhaltung der europäischen Brandschutznorm EN 45545 insbesondere in Schienenfahrzeugen der ÖBB (9609/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Auswirkungen der Flüchtlingskrise: Statistischer Wochenüberblick über strafba­re Handlungen von Asylwerbern, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten, etc.“ (9610/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder (9611/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Spatenstich ohne Folgen beim Projekt Linzer Westring (A 26) (9612/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend: Flüchtlingsverein macht Asyl-Werbung in Schule (9613/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend: Flüchtlingsverein macht Asyl-Werbung in Schule (9614/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 18

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend: Flüchtlingsverein macht Asyl-Werbung in Schule (9615/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend: Flüchtlingsverein macht Asyl-Werbung in Schu­le (9616/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Kosten medizinischer Behandlungen von Häftlingen (9617/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Fusion Wiener Sozialdiens­te Alten- und Pflegedienste GmbH und Sozial Global AG (9618/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend umstrittene Natura-2000-No­minierungen in Tirol (9619/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Analphabetismus in Österreich (9620/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Schulsprengelsystem (9621/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Übergriffe auf Militärpersonen (9622/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze in öffentlichen Bädern Oberösterreichs 2015 (9623/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Übergriffe auf Exekutivbeamte während deren Dienstausübung (9624/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze in öffentlichen Bädern Salzburgs 2015 (9625/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Überregulierung und Single European Sky (9626/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Rechtssicherheit bei Bauten auf fremdem Grund (9627/J)

Georg Willi, Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Geldverschwendung durch fragwürdige Bau­tätigkeiten der ASFINAG in Wien 22 Hirschstetten im Vorgriff auf das nicht genehmigte Projekt „Stadtstraße“ (9628/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Gebietskrankenkassenkosten der Gesundheitsversorgung für Asylwerber 2015“ (9629/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend umfassendere Medientransparenz der Arbei­terkammer (9630/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Brand im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen“ (9631/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend Flüchtlingsinitiative More – Evaluierung Wintersemes­ter 2015/2016 (9632/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 19

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Rückruf von BIO-Lebensmitteln“ (9633/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Verhinderung der Schließung und der Anerkennung von Kinderehen (9634/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Linkszufahren auf Vorrangstraßen im Orts­gebiet (9635/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die Auswirkungen des EU-Abkommens über den automatischen Informations­austausch mit der Schweiz und Liechtenstein auf die Steuerabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein (9636/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die Entsendung österreichischer Polizisten zur Fußball-EM (9637/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Pflegevorsorge im Bericht der Volksanwalt­schaft (9638/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Evaluierung des Rehabilitationsgeldes (9639/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten der Homepage www.eltern-bildung.at (9640/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten der Homepage www.kinderrechte.gv.at (9641/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten der Homepage www.kinderbetreuung.at (9642/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten der Homepage www.gewaltinfo.at (9643/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten der Homepage www.familieundberuf.at (9644/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten der Homepage www.familienberatung.gv.at (9645/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9646/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islami­sche Religion (9647/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9648/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9649/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9650/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 20

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9651/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9652/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islami­sche Religion (9653/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9654/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Is­lamische Religion (9655/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion (9656/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministe­rium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (9657/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Bildung und Frauen (9658/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (9659/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Familien und Jugend (9660/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Finanzen (9661/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Gesundheit (9662/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Inneres (9663/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Justiz (9664/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministe­rium für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien (9665/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Dolmetscher im Bun­desministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (9666/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 21

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Lan­desverteidigung und Sport (9667/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (9668/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Kosten für Dolmetscher im Bundesministe­rium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (9669/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Auswirkungen der Flüchtlingskrise: Statistischer Wochenüberblick über straf­bare Handlungen von Asylwerbern, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten, etc.“ (9670/J)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Finanzierung sonstiger Frauenprojekte (9671/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Vorgehen des AMS gegen vermeintliche GrenzgängerInnen (9672/J)

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend Auswirkungen des Konkordats an den Universitäten (9673/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Drogenhandel und Dealer vor Schulen“ (9674/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Außerordentliche Auflösung von Lehrver­hältnissen (9675/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend „Einheitswertbescheide und Förderungs-Auszahlungstermine“ (9676/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Integrationspreis Sport 2016 (9677/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Elektronischen Rechtsverkehr und Dokumenteneinbringungsservice (9678/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Wiener College (9679/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auskünfte über Kontoinhaber aufgrund des FACTA Abkommens mit den USA (9680/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Integrationspreis Sport 2016 (9681/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Besuchsrecht eines verurteilten tunesischen Vergewaltigers trotz aufrechtem Ein­reiseverbot (9682/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend: drei Schüler gestehen Beschädigung von FPÖ-Plakaten (9683/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 22

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Wirtschaftsfaktor BIO (9684/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Grenzübergang Spielfeld (9685/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage zur parlamentarischen Anfrage 6422/J; Lehr­linge und Arbeitslosigkeit (9686/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Effizienz-Studie über die 22 So­zialversicherungsanstalten (9687/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend Wahlkarten bei der Stichwahl (9688/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die überbordende Bürokratie (9689/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die Deregulierungsaufforderung seitens der OECD an Österreich (9690/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den österreichischen Gebührenwahnsinn (9691/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die österreichische Bankenabgabe (9692/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Protestaktion „Schelling Papers“ (9693/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die Belastung für Almbauern durch die Re­gistrierkassenpflicht (9694/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Agrarbürokratie“ (9695/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Familien und Jugend betreffend Zwangs- und Kinderehen (9696/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zwangs- und Kinderehen (9697/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zwangs- und Kinderehen (9698/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Auswirkungen der Flüchtlingskrise: Statistischer Wochenüberblick über straf­bare Handlungen von Asylwerbern, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten, etc.“ (9699/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend Strommarktliberalisierung und Stromanbieterwechsel im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (9700/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend barrierefreier Zugang zu Wahllokalen (9701/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 23

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend das Projekt „Strategie 2018“ (9702/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend das Projekt „Strategie 2018“ (9703/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend das Projekt „Strategie 2018“ (9704/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die Olympischen Spiele und die Gefahr des Zika-Virus (9705/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend beschleunigte Karrieren für StaatsanwältInnen (9706/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Maturaergebnisse 2016 nach Schulstandorten“ (9707/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besetzung der Wahlkommissionen bei der Bundespräsidentenwahl 2016 (9708/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Inanspruchnahme von Leistungen der IT-Services der Sozialversicherung GmbH und der Sozialversicherungs-ChipkartenBetriebs- und Errichtungsges.m.b.H – SVC (9709/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Inanspruchnahme von Leistungen der IT-Services der Sozialversiche­rung GmbH und der Sozialversicherungs-ChipkartenBetriebs- und Errichtungsges.m.b.H – SVC (9710/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend IT-Services der Sozialversicherung GmbH und Sozialversicherungs-ChipkartenBetriebs- und Errichtungsges.m.b.H – SVC (9711/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Haftungen und (ausgelagerte) Gesellschaften der Sozialversicherungs­träger (9712/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Haftungen und (ausgelagerte) Gesellschaf­ten der Sozialversicherungsträger (9713/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend EDV-Kosten der Sozialversicherungsträger (9714/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend EDV-Kosten der Sozialversicherungsträger (9715/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Zukunft des Wiener Augartens (9716/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend einseitiges Vorgehen gegen studenti­sche Korporationen und Duldung von Gewalt an der TU Wien (9717/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend geänderten Vollzug des Geschlechtskrankheitengesetz (9718/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 24

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend die Kosten gesundheitsbezogener Maßnahmen bei Suchtgiftmissbrauch (9719/J)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Nationalen Aktionsplan zum Schutz von Frauen vor Ge­walt (9720/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Pfotenschutz für Polizeidiensthunde (9721/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Pfotenschutz für Militärhunde (9722/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Istanbul-Terror: Spur führt nach Österreich“ (9723/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leh­re der IGGiÖ in Österreich (9724/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Inneres betreffend Aufgriffsstatistik, Antragsstatistik und Zulassungsstatistik (9725/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Take-Care-Pakete in Justizanstalten (9726/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“-Inserat des BMLVS in „Heute“ vom 22. Ju­ni 2016 (9727/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“-Inserat des BMLVS in „Österreich“ vom 22. Juni 2016 (9728/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“-Inserat des BMLVS in „Österreich“ vom 24. Juni 2016 (9729/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“-Inserat des BMLVS in „Heute“ vom 27. Ju­ni 2016 (9730/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“-Inserat des BMLVS in „Österreich“ vom 28. Juni 2016 (9731/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“-Inserat des BMLVS in „Heute“ vom 24. Ju­ni 2016 (9732/J)

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Intensivierung der Bemühungen zur weltweiten Ab­schaffung der Todesstrafe (9733/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mangelnde Ermächtigung zur Eintragung ins Zen­trale Führerscheinregister (9734/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Zulassung ausländischer Führerscheine (9735/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 25

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Vermögensbestände der Arbeiterkammer (9736/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen (8637/AB zu 9000/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (8638/AB zu 9044/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (8639/AB zu 9032/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8640/AB zu 9049/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (8641/AB zu 9046/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen (8642/AB zu 8999/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kol­leginnen und Kollegen (8643/AB zu 9002/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kol­leginnen und Kollegen (8644/AB zu 9040/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8645/AB zu 9035/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8646/AB zu 9037/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (8647/AB zu 9048/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8648/AB zu 9039/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Ab­geordneten Johann Hechtl, Kolleginnen und Kollegen (8649/AB zu 8997/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Ab­geordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8650/AB zu 9045/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (8651/AB zu 9242/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8652/AB zu 9033/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8653/AB zu 9015/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8654/AB zu 9036/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8655/AB zu 9038/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (8656/AB zu 9042/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Car­men Schimanek, Kolleginnen und Kollegen (8657/AB zu 9043/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wen­delin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (8658/AB zu 9041/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8659/AB zu 9053/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Hechtl, Kolleginnen und Kollegen (8660/AB zu 8998/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ha­rald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8661/AB zu 9050/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen (8662/AB zu 9003/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA, Kol­leginnen und Kollegen (8663/AB zu 9056/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kol­legen (8664/AB zu 9171/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (8665/AB zu 9205/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (8666/AB zu 9245/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8667/AB zu 9352/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8668/AB zu 9336/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Ab­geordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (8669/AB zu 9055/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA, Kol­leginnen und Kollegen (8670/AB zu 9057/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8671/AB zu 9075/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Gusenbauer-Jäger, Kolleginnen und Kolle­gen (8672/AB zu 9261/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8673/AB zu 9207/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen (8674/AB zu 9094/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kolle­gen (8675/AB zu 9122/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (8676/AB zu 9059/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen (8677/AB zu 9063/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8678/AB zu 9079/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (8679/AB zu 9058/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8680/AB zu 9095/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Schima­nek, Kolleginnen und Kollegen (8681/AB zu 9098/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kol­leginnen und Kollegen (8682/AB zu 9111/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8683/AB zu 9060/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8684/AB zu 9105/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzin­ger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (8685/AB zu 9066/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8686/AB zu 9104/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8687/AB zu 9092/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kol­leginnen und Kollegen (8688/AB zu 9072/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (8689/AB zu 9083/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8690/AB zu 9076/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8691/AB zu 9074/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8692/AB zu 9068/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wer­ner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8693/AB zu 9081/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8694/AB zu 9080/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 28

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (8695/AB zu 9102/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (8696/AB zu 9106/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8697/AB zu 9070/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (8698/AB zu 9099/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8699/AB zu 9091/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Be­lakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8700/AB zu 9114/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen (8701/AB zu 9062/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Wer­ner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8702/AB zu 9084/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8703/AB zu 9071/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8704/AB zu 9077/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8705/AB zu 9089/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8706/AB zu 9097/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen (8707/AB zu 9100/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (8708/AB zu 9103/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (8709/AB zu 9110/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kol­leginnen und Kollegen (8710/AB zu 9107/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8711/AB zu 9086/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolle­ginnen und Kollegen (8712/AB zu 9069/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (8713/AB zu 9109/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kol­leginnen und Kollegen (8714/AB zu 9112/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (8715/AB zu 9108/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (8716/AB zu 9113/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, Kolleginnen und Kollegen (8717/AB zu 9116/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (8718/AB zu 9085/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (8719/AB zu 9093/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8720/AB zu 9088/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen (8721/AB zu 9115/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (8722/AB zu 9064/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (8723/AB zu 9065/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8724/AB zu 9078/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8725/AB zu 9090/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (8726/AB zu 9154/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (8727/AB zu 9138/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (8728/AB zu 9117/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeord­neten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8729/AB zu 9082/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8730/AB zu 9073/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8731/AB zu 9123/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (8732/AB zu 9119/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (8733/AB zu 9121/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8734/AB zu 9124/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 30

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8735/AB zu 9139/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hüb­ner, Kolleginnen und Kollegen (8736/AB zu 9140/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (8737/AB zu 9141/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8738/AB zu 9143/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (8739/AB zu 9127/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (8740/AB zu 9126/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Stein­bichler, Kolleginnen und Kollegen (8741/AB zu 9120/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (8742/AB zu 9125/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8743/AB zu 9146/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kol­leginnen und Kollegen (8744/AB zu 9151/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8745/AB zu 9156/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8746/AB zu 9158/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8747/AB zu 9159/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8748/AB zu 9160/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (8749/AB zu 9137/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen (8750/AB zu 9128/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (8751/AB zu 9118/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (8752/AB zu 9148/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen (8753/AB zu 9130/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (8754/AB zu 9133/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 31

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Pe­ter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (8755/AB zu 9153/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (8756/AB zu 9136/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8757/AB zu 9147/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (8758/AB zu 9131/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (8759/AB zu 9152/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. He­lene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (8760/AB zu 9129/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen (8761/AB zu 9383/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (8762/AB zu 9255/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. He­lene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (8763/AB zu 9134/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8764/AB zu 9150/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kollegin­nen und Kollegen (8765/AB zu 9149/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen (8766/AB zu 9132/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8767/AB zu 9145/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8768/AB zu 9142/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ay­gül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (8769/AB zu 9175/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ay­gül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (8770/AB zu 9174/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ha­rald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8771/AB zu 9173/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8772/AB zu 9165/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8773/AB zu 9168/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8774/AB zu 9167/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 32

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hau­ser, Kolleginnen und Kollegen (8775/AB zu 9166/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8776/AB zu 9161/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (8777/AB zu 9169/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8778/AB zu 9176/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (8779/AB zu 9162/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen (8780/AB zu 9163/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen (8781/AB zu 9164/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen (8782/AB zu 9170/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8783/AB zu 9172/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8784/AB zu 9180/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (8785/AB zu 9177/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 33

09.05.45Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsi­dent Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich eröffne die 136. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 132. und der 133. Sitzung vom 15. Juni 2016 sowie der 134. und der 135. Sitzung vom 16. Juni 2016 sind in der Parlamentsdirektion aufgele­gen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Knes, Dipl.-Ing. Berlakovich, Hafen­ecker, MA, Kitzmüller, Mag. Schrangl und Schellhorn.

09.06.31Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Doris Bures: Von der Bundeswahlbehörde sind die Mitteilungen eingelangt, dass die Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Ing. Heinz-Peter Hackl und Mag. Son­ja Steßl auf ihre Mandate verzichtet haben und dass Herr David Lasar, Herr Ing. Wolf­gang Klinger sowie Herr Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger in den Nationalrat berufen wur­den.

Da die Wahlscheine bereits vorliegen und die Genannten im Hause anwesend sind, wer­de ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch die Schriftführung wer­den die Mandatare ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Gahr, um die Verlesung der Ge­löbnisformel und den Namensaufruf. – Bitte.

 


9.07.22

Schriftführer Hermann Gahr:Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Repu­blik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller ande­ren Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Gahr leisten die Abgeordneten David La­sar, Ing. Wolfgang Klinger und Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße die neuen Abgeordneten sehr herzlich in un­serer Mitte und werde Ihnen jetzt kurz Zeit geben, die neuen Abgeordneten im Haus zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung ebenfalls live übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.45 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 34

09.08.45Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde – ich begrüße dazu Frau Bundesministerin Dr. Hammerschmid – mit dem Thema:

„Schulangst, Prüfungsstress und Zentralmatura: so what?“

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Pies­czek. Ich erteile Ihnen das Wort und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Mi­nuten beträgt. – Bitte.

 


9.09.10

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Einen schönen guten Morgen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Zu Beginn möchte ich gerne allen Schülerinnen und Schülern, allen Lehrerinnen und Leh­rern, allen Eltern, die gerade ein erfolgreiches Schuljahr hinter sich gebracht haben, gra­tulieren und ihnen schöne und erholsame Ferien wünschen, ganz besonders jenen Kin­dern, die an einer Schnittstelle gestanden sind, die gerade die vierte Volksschulklasse ge­schafft haben – wer ein Kind in diesem Alter hat, weiß, was das bedeutet – oder der/die gerade die Zentralmatura geschafft hat. Ich denke, Sie alle haben in Ihrem Bekanntenkreis solche Kinder und Eltern. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Wir haben die heutige Aktuelle Stunde dem Thema Zentralmatura gewidmet, Frau Bun­desministerin, nicht deshalb, weil wir jetzt ausschließlich über Noten, über Ziffern, über Quoten des Durchfallens oder Durchkommens diskutieren wollen, sondern weil hinter dem ganzen Thema ein großes Versprechen steht, das, glaube ich, uns alle hier im Haus ver­eint, nämlich das Wichtigste ist die Zukunft unserer Kinder – das allerwichtigste politi­sche, bildungspolitische Versprechen; das wird allerdings oft nicht eingelöst.

Kinder in Österreich, Jugendliche in Österreich – ich glaube, darüber haben wir Konsens erzielt – brauchen ein besseres Schulsystem, brauchen bessere Chancen, um ihre Fä­higkeiten, ihre Potenziale zu entwickeln. Ein wichtiger Grundsatz dabei ist, dass man sehr viel schlechter und sehr viel schwieriger Lehrinhalte aufnehmen kann, Kompetenzen ent­wickeln kann, wenn man Angst hat. Wir kennen das alle aus dem Sport. Wir konnten das auch bei der österreichischen Fußballnationalmannschaft ein wenig beobachten: Angst und Drucksituation sind eine sehr große Blockade. Deswegen ist es ein ganz wichtiges bildungspolitisches Ziel, Schule ohne Angst zu verwirklichen. (Beifall bei den Grünen.)

Wer von Ihnen kann sich noch an seine Schullaufbahn, an die Matura erinnern? – Ich ken­ne viele Erwachsene, die nach wie vor Alpträume haben, wenn sie sich an die Matura er­innern. Das mag es geben. – Herr Rosenkranz schmunzelt. Haben Sie das vielleicht in Latein oder Mathematik gehabt? – Ich weiß es nicht. (Abg. Walter Rosenkranz: Nein! Wie viele Dinge im Leben, von denen Sie nichts wissen!) – Ja, ich habe Sie nur einmal ge­fragt, weil Sie so geschmunzelt haben. Ich möchte Sie nur ein bisschen einbeziehen und vielleicht auch Aufmerksamkeit aus Ihrem Sektor haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Walter Rosenkranz: Das ist ganz reizend! Ich werde dann darauf antworten!)

Das Schönste ist wohl, wenn Kinder am ersten Schultag mit einem Leuchten in den Au­gen in die Volksschule gehen, sich freuen, diese Wissbegierde, diese natürliche Lern­freunde. Und das Bedauerliche ist, dass das im Schulsystem dann durchaus verloren geht. Frustration, Ärger, Blockaden werden ausgelöst.

Unser wichtiges politisches Ziel – und das, glaube ich, sage ich nicht nur für die Frak­tion der Grünen – ist es, Druck aus diesem System zu nehmen und das System so um­zuändern, dass auf die Stärken fokussiert werden kann, dass wir nicht ewig an den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 35

Schwächen herumdoktern, sondern dass wir die Potenziale, die Stärken der Kinder auch wirklich entfesseln und heben. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt hat sich leider durch die Zentralmatura, denke ich, diese Zielsetzung nicht verwirk­licht. Im Gegenteil! Es ist sogar schlechter geworden, es hat sich verschlechtert. Egal, wohin man kommt – das kennen Sie aus Ihren täglichen Lebensrealitäten –, es wird sehr oft über die Schule diskutiert. Man hört so Sätze wie: Endlich habe ich alle Kinder durch die Schule durch! Oder: Warte nur, in der AHS, das wird dann so richtig lustig! Oder: Wo bekomme ich günstige Nachhilfe bereits in der Volksschule her? – Das sind Themen, die sehr viele Eltern bewegen, egal, wohin man kommt, wird darüber disku­tiert, wird die Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht.

Deswegen, Frau Bundesministerin, war Ihr lapidarer Satz mit „So what? Na und?“ so ir­ritierend, weil das in der Lebensrealität von vielen Menschen eine bedrückende Situa­tion ist, mit der man irgendwie umgehen muss. Da wünscht man sich eine Ministerin, die das sehr ernst nimmt, die diese Situation auf Augenhöhe wahrnimmt und auch ge­gensteuert. Ich hoffe, Sie verstehen das und können nachvollziehen, dass wir jetzt sehr ernsthaft über Konsequenzen aus den Ergebnissen der Zentralmatura diskutieren wol­len, weil einfach für viele Kinder diese Hürde mittlerweile so weit geht, dass bereits 14-,
15-Jährige Angst haben, da das ganze Oberstufensystem darauf ausgerichtet wird.

Ich weiß nicht, wer sich noch erinnern kann, wer Mathematik-Matura gemacht hat oder Mathematik-Schularbeiten geschrieben hat: Früher war das kein Problem, wenn man die Hälfte der Aufgaben richtig gelöst hat, wenn man die Hälfte der Arbeit richtig ge­macht hat, war sie positiv. Mittlerweile kann man mit zwei Dritteln einer positiv abge­schlossenen Arbeit immer noch ein „Nicht genügend“ bekommen, weil jede Aufgabe für sich positiv abgeschlossen werden muss. Das sind schon spezielle Mechanismen, wo­mit die gesamte Oberstufe auf diese Fokussierung hinsteuert. Die Lehrerinnen und Leh­rer, die Schülerinnen und Schüler arbeiten nur mehr auf die Zentralmatura hin. Neben­fächer werden zu echten Nebenfächern; da muss man sagen, da geht auch viel an Ta­lenten, die sich sonst entwickeln könnten, verloren.

Wir Grüne möchten das gerne ändern. Ich nenne Ihnen noch ein paar Beispiele aus den letzten Wochen: In Niederösterreich, in einem durchaus bekannten Gymnasium, haben 73 Schülerinnen und Schüler die achte Klasse begonnen, nur 43 davon haben die schrift­liche Matura ohne Kompensationsprüfung geschafft.

Herr Rosenkranz, machen wir gleich einmal eine Rechnung: Wie viel Prozent sind das? – Nein, ich sage es: Es sind 41 Prozent, die das nicht geschafft haben, und das ist, glau­be ich, für die achte Klasse schon ein Armutszeugnis. Wenn wir uns alle an unsere Schulzeit erinnern, wir hatten bei Erreichung der siebten oder achten Klasse bereits ei­ne gewisse Sicherheit. Aus der jetzigen Situation heraus entsteht eben diese Angst und diese Drucksituation. (Unruhe im Sitzungssaal.)

Frau Präsidentin! Vielleicht könnten Sie ein bisschen für Ruhe sorgen. Ich glaube, dass das Thema durchaus wichtig ist, ich glaube, dass wir uns durchaus ernsthafter mit der Zu­kunft unserer Jugendlichen und Kinder beschäftigen könnten. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und Team Stronach. – Abg. Lugar: Man versteht nichts!)

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Klubvorsitzende, ich habe, bevor ich Ihnen das Wort er­teilt habe, auch etwas Zeit gegeben, damit man die neuen Abgeordneten im Haus, die gerade angelobt wurden, begrüßen kann. Es stimmt, das müsste jetzt eigentlich erle­digt sein. Es herrscht ein allgemein hoher Lärmpegel, ohne dass es Zwischenrufe gibt, aber ich würde wirklich darum bitten, dass wir uns zu Beginn der heutigen Sitzung da­rauf konzentrieren, den Ausführungen der Rednerinnen und Redner zu folgen. – Bitte. (Abg. Walter Rosenkranz: Offensichtlich funktioniert der Frontalunterricht nicht!)

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): Wir können auch Gruppen­arbeiten machen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 36

Noch einmal zurück: Von 73 Schülerinnen und Schülern haben nur 43 die schriftliche Ma­tura geschafft. Das ist genau der Auslöser für eben diese Angst und diesen Druck im System. Wir haben die Hoffnung, dass gerade Sie als neue Ministerin da Konsequen­zen ziehen. Wir unterstützen die Idee der Zentralmatura. Natürlich ist Vergleichbarkeit wichtig, auch Gerechtigkeit, dass Noten gerecht unter ähnlichen Bedingungen in ganz Österreich vergeben werden, aber mittlerweile ist die Umsetzung dermaßen desaströs, dass wir uns wirklich ernsthafte Konsequenzen überlegen und gezielt gegensteuern müs­sen.

Die Idee ist gut, und wir unterstützen Sie, das wissen Sie, aber wir fordern auch ganz kon­kret, dass eine unabhängige Kommission die Ergebnisse evaluiert, Standort für Stand­ort. Warum gibt es diese unglaublichen Unterschiede? Warum gibt es regional so gro­ße Unterscheide? Warum gibt es auch zwischen Burschen und Mädchen so große Un­terschiede? Die Kommission soll auch ganz gezielt, Standort für Standort, Vorschläge ma­chen, um die Situation zu verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

Eine sehr wichtige Maßnahme wäre – das ist auch im internationalen Vergleich ables­bar, es gibt in einigen Ländern, ob das jetzt Finnland oder Italien ist, diese Möglich­keit –, dass man die Ergebnisse der siebten und achten Klasse, oder zumindest nur der achten Klasse, auch in die Bewertung miteinbezieht. Das hätte den Vorteil, dass man trotz­dem die Vergleichbarkeit hat, die Erkenntnisse, die Daten sammeln kann, gezielt, Stand­ort für Standort, auch gegensteuern kann, bei den Lehrkräften ansetzen kann, sich das wirklich vornehmen kann, dass aber trotzdem diese Angst aus dem System herausge­nommen wird und die Kinder nicht überlegen müssen, was das in ihrem Lebenslauf macht, wenn sie vielleicht die Zentralmatura nicht im ersten Anlauf geschafft haben.

Das wären unsere konkreten Vorschläge, Frau Ministerin. Ich wünsche mir, dass die „Son­dersteuer“ Nachhilfekosten von den österreichischen Familien genommen wird, das sind nach wie vor über 100 Millionen €, die dafür jedes Jahr ausgegeben werden, pro betrof­fenem Schüler, betroffener Schülerin sind das 720 € im Jahr. Das ist eine Situation, die wirklich nicht akzeptabel ist – eine „Familiensondersteuer“ Nachhilfe! (Beifall bei den Grü­nen.)

Wir hätten auch gerne mit Ihnen noch ein bisschen ausführlicher diskutiert, was jetzt Ihre Vorstellungen generell zu Schulreform und Bildungsreform sind. Wir hätten gerne auch einen Fahrplan, wir warten seit mittlerweile zwei Jahren auf die Ergebnisse der soge­nannten Schulreform. Am 17. November letzten Jahres wurde etwas vorgelegt, in klei­nen Babyschrittchen arbeitet sich jetzt das Ministerium vorwärts. Wir müssen hier Tem­po machen. Jedes verlorene Semester, jedes verlorene Jahr geht auf Kosten der Kin­der. Wir möchten hier möglichst bald einen konkreten Fahrplan und Geschwindigkeit, was Schulreform, Bildungsorganisation und Schulorganisation angeht. Da gibt es viel zu tun.

Eine letzte Frage – vielleicht können Sie das auch noch mitnehmen –: Wie stehen Sie tat­sächlich zu innovativen Schulmodellen? Was haben Sie zur gemeinsamen Schule, zu diesen Projekten in Vorarlberg und Wien zu sagen? Wir haben den Eindruck, dass da mittlerweile auch große Zurückhaltung angesagt ist. Ich möchte ganz persönlich, dass das Zeugnis bei einem neuneinhalbjährigen Kind nicht das wichtigste Zeugnis in des­sen ganzen Leben ist, weil es über die Bildungslaufbahn entscheidet. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.18


Präsidentin Doris Bures: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Dr. Hammerschmid zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.18.53

Bundesministerin für Bildung Mag. Dr. Sonja Hammerschmid: Einen schönen gu­ten Morgen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Frau Glawisch-


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nig, vielen Dank! Ich freue mich sehr, dass wir diese Aktuelle Stunde heute hier haben, weil ich aus meiner Sicht klarstellen kann, zeigen kann, veranschaulichen kann, wie mit dem Thema Zentralmatura umgegangen wird und wie diese Zentralmatura vor allem auch vor sich geht. Das wissen ja viele nicht im Detail. Die Gelegenheit möchte ich auch nut­zen, hier einmal auszuführen, wie das ausschaut.

Wir haben heuer das allererste Mal über alle Schultypen hinweg eine Zentralmatura vor­genommen. Das war das allererste Mal! Das ist eine Systemumstellung, eine große Sys­temumstellung, die ja mit den vorangegangenen Umstellungen hinsichtlich eines kom­petenzorientierten Unterrichts einhergeht. Das ist eine Umstellung, die wirklich Gewicht hat und auch Zeit braucht, weil die Pädagoginnen und Pädagogen, die solche System­umstellungen umsetzen müssen, da schon gefordert sind.

Deshalb ist es auch so wichtig, dass man – Sie haben es ja selbst angesprochen: Stress – wieder Ruhe ins System bringt, weil diese Systemumstellungen von vornherein schon Un­sicherheit auslösen. Wie alles, was sich verändert in unserem Leben, löst auch die Zen­tralmatura von vornherein einmal Verunsicherung aus. Daher muss man ihr Zeit geben, ins Leben zu kommen und zu wirken. Das möchte ich nur einmal vorausschicken. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir haben mit der Zentralmatura ein System, das fair ist, das Vergleichbarkeit erzeugt, das gleiche Behandlung der Maturantinnen und Maturanten, gleiche Bedingungen er­zeugt, weil da mit standardisierten Aufgaben gearbeitet wird, weil einheitliche Beurtei­lungsgrundlagen unterlegt werden. Damit sind Vergleichbarkeit und Transparenz erst­mals, wie gesagt, wirklich gegeben. Und die Zentralmatura ist ein System, das uns auch erstmals zeigt, wo das Bildungssystem per se steht, weil wir Unterlagen haben, weil wir Zahlen, Daten, Fakten haben, die uns bisher so, in der Form, in der Detailliertheit und Klar­heit einfach nicht vorgelegen sind.

Das heißt, wir haben jetzt mit der Zentralmatura die Möglichkeit, das System, das Bil­dungssystem als Ganzes zu betrachten, wirklich zu analysieren und zu schauen, wo es Verbesserungen braucht.

Die Zentralmatura per se – das möchte ich auch noch erwähnen – ist ein System, das sich auch international bestens bewährt hat. Wir sind eines der letzten OECD-Länder, die diese Zentralmatura eingeführt haben, und wir wissen auch aus den OECD-Verglei­chen, dass all jene Länder, die in all den Testungen und Kompetenzanalysen wirklich gut performen, dieses System Zentralmatura in sehr vergleichbarer Weise schon lange installiert haben. Das heißt, das System per se ist der richtige Weg, wiewohl wir natür­lich danach trachten müssen, dass wir optimieren. Das ist überhaupt keine Frage, steht außer Zweifel.

Ruhe: Ja, es ist mir wirklich wichtig, dass wir diese Ruhe ins System bringen, um die Angst wieder herauszubekommen; da bin ich komplett bei Ihnen. Aber wenn ich erlebe, dass diese Diskussion mitten in der Maturazeit, während der schriftlichen Prüfungen, Kom­petenzprüfungen et cetera, et cetera durch die öffentliche Diskussion, die durchaus ag­gressiv und tendenziös geführt wurde, angeheizt wird, dann bringen wir diese Ruhe nicht ins System. Ganz im Gegenteil, wir verbreiten die Angst, wir verstärken die Angst, wir verstärken die Verunsicherung. Ich glaube, dass jeder Einzelne von uns etwas da­für tun kann, dass wir da wieder gegensteuern, Ruhe bewahren und die Kinder arbei­ten lassen. Das sind Stresssituationen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde ist „Schulangst, Prüfungsstress, Zentralmatura: so what?“. „So what?“, ja, ich habe diesen flapsigen Ausdruck benutzt. Wissen Sie, wa­rum? – Weil ich nach fünfmaligem Nachfragen, ob ich nicht doch glaube, dass die Ma­turaergebnisse ganz schlecht sind, die Daten analysiert habe, die Daten mehrmals wie­derholt habe, die Daten mehrmals erklärt habe. Und das möchte ich auch jetzt tun, da­mit wir sehen, worüber wir reden.


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Also: Insgesamt positiv bei der heuer erstmals flächendeckend abgehaltenen Zentral­matura waren 99 Prozent der KandidatInnen in Deutsch, 96,7 Prozent der KandidatIn­nen in Englisch und 93,8 Prozent der KandidatInnen in Mathematik und Angewandter Ma­thematik. Die Privatschulen haben im Übrigen ziemlich genau denselben Schnitt und zei­gen da nicht wirklich eine signifikante Abweichung.

Im internationalen Vergleich wissen wir, dass 90 Prozent in der Regel positiv sind. Das heißt im Umkehrschluss: Die Ergebnisse für Österreich sind durchaus akzeptabel und sind ein gutes Ergebnis – auch das in Mathematik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Brosz: Und wie war es bei der Schriftlichen? Haben Sie da auch Daten mitgebracht?)

Wir dürfen auch die Leistung nicht schlechtreden von jenen, die wirklich gut gearbeitet haben. Es wäre wirklich unfair, jetzt dieses ganze System schlechtzureden. Es haben viele Schülerinnen und Schüler – denen auch ich herzlich gratuliere – positiv bestanden, und viele Pädagoginnen und Pädagogen haben in der Systemumstellung wirklich alles da­rangesetzt, um dieses System Zentralmatura gut in Umsetzung zu bringen, und denen muss man auch dankbar sein, dass wir jetzt schon so weit sind, dass das wirklich durch­wegs gut funktioniert. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich will noch eine Zahl nennen: 5,9 Prozent der Schülerinnen und Schüler österreich­weit rücken heuer nicht in die nächste Schulstufe vor – 5,9 versus 6,2 Prozent bei der Mathe-Zentralmatura. Das ist durchaus im vergleichbaren Schnitt, würde ich meinen. Das heißt, da liegen wir halbwegs im Rahmen mit den sonstigen Aufsteigerquoten.

Zu den Kompensationsprüfungen: Ja, Mathe war durchaus zum Teil recht schlecht. Wir wissen aber aus den Mathe-Ergebnissen heraus und auch aus der Standortanalyse – und auf die komme ich später noch zu sprechen –, dass 112 Klassen kein einziges negati­ves Ergebnis gehabt haben, andere haben wieder hohe Quoten an negativen Ergebnis­sen. Ja, wir müssen hinschauen, das ist überhaupt keine Frage.

Aber noch zur Kompensationsprüfung per se: Dieses System besteht aus zwei Teilen, nämlich aus der schriftlichen Prüfung und aus der Kompensationsprüfung, wie das auch vorher schon der Fall war. Auch früher konnten sich jene verbessern, die negative Ergeb­nisse bei der schriftlichen Prüfung hatten; sie konnten sich mit einem Zusatz im mündli­chen Bereich diese Note verbessern. Das heißt, wir haben eigentlich das übernommen, was vorher auch schon immer der Fall war. Es heißt jetzt nicht Zusatzprüfung, sondern Kompensationsprüfung.

Warum haben wir das getan? – Weil sich manche Schülerinnen und Schüler einfach mit schriftlichen Klausuren schwerer und mit mündlichen leichter tun. Und es ist auch so – das wissen wir alle –, dass manchmal einer einen schlechten Tag hat und die Chance vorhanden sein sollte, dass sich jemand auch verbessern kann. Deshalb dieses zwei­stufige Verfahren und deshalb diese Kompensationsprüfungsmöglichkeit.

Wie gesagt, wir haben gesehen, dass einzelne Standorte wirklich teilweise größere Schwie­rigkeiten haben, manchmal auch einzelne Klassen, und wir müssen etwas tun, das steht völlig außer Frage. Deshalb schauen wir uns diese Ergebnisse jetzt bis ins Detail, bis zur Schule, bis zur Klasse hinunter an. Erstmals haben wir die Möglichkeit dazu. Das war vorher nicht der Fall. Wir hatten keine Ahnung, was im Detail in der Klasse, an den Schulen stattgefunden hat, weil wir diese zentralen Ergebnisse nicht bekommen ha­ben. Das heißt, jetzt ist es möglich, zu analysieren und zu präzisieren und mit den Leh­rerinnen und Lehrern auch zu arbeiten.

Zu den Maturaaufgaben: Ja, auch die werden wir analysieren. Natürlich werden wir da auch hinschauen: Was ist gut gelaufen? Was ist schlecht gelaufen? Was kann man prä­zisieren oder was kann man in der Vorbereitung ändern?

Aber ich möchte auch noch einmal klarstellen, wie diese Aufgaben entstehen, nämlich von der schriftlichen und von der Kompensationsprüfung: 180 Pädagoginnen und Pä-


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dagogen aus allen Schultypen, aus allen Bundesländern entwickeln diese Fragen. Die­se Fragen werden in der Folge von 50 Experten – Wissenschafterinnen, Wissenschaf­tern, Didaktikern – geprüft und dann im Feldtest – sprich: an den Schulen – getestet. Je­des Jahr nehmen Tausende Schülerinnen und Schüler an diesem Feldtest teil, um die­se Fragen zu prüfen, um zu schauen: Sind die Fragen machbar, werden sie verstan­den und prüfen sie das ab, was sie sollten, nämlich Kompetenzen in den unterschied­lichen Bereichen? Und erst dann, nach dem Feldtest, nach der Analyse, wie das in ei­nem guten Qualitätsmanagementsystem auch stattfindet, werden sie ins Prüfungssys­tem eingespielt und auch verwendet.

Jetzt zu den Maßnahmen direkt: Wie gesagt, wir sind jetzt das erste Mal in der Lage, diese Zahlen bis zur Schule hinunter, bis zur Klasse hinunter auszuwerten, und ge­meinsam mit der Schulaufsicht müssen wir jetzt in der Folge daran arbeiten, um hier zu Verbesserungen zu kommen. Das steht, wie gesagt, außer Frage und das ist ganz klar. Die Maßnahmen sind vielfältig, weil sie ja maßgeschneidert sein sollten für die Schulen, für die Klassen. Da geht es von schulinternen Fortbildungsveranstaltungen über Kompetenzchecks, stärkere Verwendung von Kompetenzchecks bis hin zu Förderkur­sen für leistungsschwächere Schüler. Da gibt es eine ganze Bandbreite an Maßnah­men, die man punktgenau und treffsicher am Standort mit den Pädagoginnen und Pä­dagogen anwenden muss, um Verbesserungen zu erzielen. Wie gesagt, das macht die Schulaufsicht mit uns gemeinsam und soll deutliche Verbesserungen bringen.

Da die Veröffentlichung der Ergebnisse in letzter Zeit immer wieder Thema war, will ich auch dazu kurz etwas sagen. Das hat heuer nicht stattgefunden, und ich möchte erklä­ren, warum. Wie Sie ja wissen, habe ich hier in diesem Haus und in meiner Vergan­genheit immer wieder Transparenz betont, die ich für wichtig und richtig befinde. Aber wir brauchen für echte Transparenz im System Schule, im System Zentralmatura zwei Dinge, um den Eltern, den SchülerInnen und den LehrerInnen wirklich etwas in die Hand zu geben, was dann auch hält.

Es braucht zwei Dinge, um Transparenz herzustellen: eine vernünftige Rechtsgrundla­ge, die haben wir aktuell nicht. Wir haben aktuell keine Rechtsgrundlage, auf die wir uns hier gut beziehen können, aber im Zuge des Gesetzes zur Informationsfreiheit werden wir daran arbeiten, das mit aufzunehmen. Sie wissen ja, dass Minister Drozda mehr­fach öffentlich erklärt hat, dass er dieses Gesetzesprojekt gemeinsam mit dem Parla­ment im Herbst weiter bearbeiten möchte und zum Abschluss bringen will.

Und wir brauchen eine gemeinsame Vorstellung, was wir in welcher Form veröffentli­chen wollen, damit es wirklich Nutzen und damit es echte Vergleichbarkeit bringt, denn wenn wir nur hergehen und die Daten aus den einzelnen Schulstandorten so heraus­spielen, dann haben die nur eine sehr bedingte Aussagekraft. Da muss man nämlich auch Dinge miteinbeziehen, die sich aus der puren Vergleichbarkeit der Noten nicht ergeben: Beispielsweise spielen familiäre Hintergründe eine Rolle, spielt Erstsprache Deutsch ei­ne Rolle, spielt Geschlecht eine Rolle, spielen Größe der Schule, also standortbedingte Kriterien eine Rolle, um diese Daten vergleichbar zu machen.

Um es ganz plakativ zu machen, ein ganz simples Beispiel: zwei Sportlehrer. Der eine schafft es, einen Schüler dazu zu bringen, dass er von 56 Klimmzügen auf 60 Klimm­züge kommt, der andere Sportlehrer schafft es, einen Schüler so weit zu bringen, dass er statt 12 Klimmzügen 24 schafft. – Welcher ist der bessere Lehrer?, frage ich Sie. (Ruf: Welcher ist der bessere Schüler? – Abg. Kickl: Ein sehr praktisches Beispiel: 56 Klimm­züge – sehr aus dem Leben gegriffen!)

Also ich glaube, dass man da genau hinschauen muss. Naturgemäß ist derjenige, der die größere Steigerung schafft, der bessere Lehrer. Ich glaube, darin sind wir uns ei­nig – also: hinschauen, analysieren, standortspezifische Vergleiche anstellen, die Be-


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dingungen mit einfließen lassen, und dann können wir uns darüber unterhalten, wie die Dinge vergleichbar sind.

Noch einen Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang bringen. Man muss auch ins Kalkül ziehen: ländliche Regionen, urbane Regionen. In den urbanen Bereichen kön­nen Sie ganz leicht die Schule wechseln, überhaupt keine Frage. Aber was tun Sie in den ländlichen Regionen, wenn eine Schule ein wenig schlechter performt und das in diesem Ranking offengelegt wird? Was tun wir denn dann? (Abg. Neubauer: Die SPÖler geben ihre Kinder in die Privatschule!) Die Eltern ziehen weg? Wollen wir, dass die Leute umziehen? Wollen wir, dass die Leute aus den ländlichen Regionen wegzie­hen? Schließen wir dann diese Schulen?

Ich rufe wirklich dazu auf, dass wir uns gemeinsam überlegen, mit den Bildungsspre­chern, mit allen Fraktionen: Wie können wir da eine wirkliche Vergleichbarkeit erzielen, die Kriterien erzeugt, die allen etwas bringen und allen etwas nützen, und eine sinnvol­le Transparenz herstellen? Ich lade alle Bildungssprecher ein, mit mir hier gemeinsam nachzudenken. Ich möchte auch einen Beirat einrichten, in dem nicht nur die Bildungs­sprecher drinnen sind, sondern auch die Betroffenen repräsentiert sind, um mit diesem Thema seriös umzugehen und den Nutzen zu erzeugen, den wir uns von Transparenz auch erwarten.

Gender Gap war auch ein Thema. Ja, das ist mir wichtig, sehr wichtig sogar, vor allem da ich von der Universität komme. Da werden wir hinschauen, keine Frage, da läuft schon viel, weil wir in der PädagogInnenbildung Neu dieses Thema auch bereits adres­siert haben. Da müssen wir uns an Island ein Beispiel nehmen, weil dort die Mädchen in Mathematik besser sind als die Jungs. Also auch da gibt es Möglichkeiten, mit gen­dergerechtem, sensiblem Unterricht die Mädchen in Mathematik zu stärken. (Beifall bei der SPÖ.)

Nochmals zusammenfassend zur Zentralmatura: Die Zentralmatura ist wichtig, die Zen­tralmatura ist gut, wir sind auf dem richtigen Weg. Wir können jetzt mit den Ergebnis­sen gut analysieren und intervenieren im Sinne von Verbesserung an den Schulen, die wir gemeinsam mit den Pädagoginnen und Pädagogen erreichen wollen, und das ist ganz, ganz wichtig für unsere weitere Arbeit. Also die Richtung stimmt.

Zum Thema Bildungsreform noch kurz zwei Worte. Wir arbeiten intensivst an der Um­setzung aller Pakete aus der Bildungsreform mit dem Koalitionspartner und natürlich mit den Schulpartnern, die wir da auch stärker ins Boot holen wollen. Ein Paket ist ja, wie ge­sagt, auch dank der Vorarbeit von Gabriele Heinisch-Hosek schon umgesetzt, nämlich die Pakete, die direkt beim Kind, bei den Jüngsten ansetzen, im Kindergarten und in der Volksschule, die bereits auch Teile der Autonomie adressieren.

Da sind wir gleich beim nächsten Thema: Das Thema Autonomie wird für mich ein sehr zentrales sein, wird mir sehr wichtig sein. Ich möchte bei den Schulen, wenn es um pä­dagogische, organisatorische, personelle und finanzielle Autonomie geht, wirklich einen großen Schritt weiterkommen, weil ich überzeugt bin, auch mit meinem universitären Hintergrund davon überzeugt bin, dass Autonomie viel Gutes bewirken kann, denn die Pädagoginnen und Pädagogen wissen ganz genau, was die Kinder brauchen. Aber die Pakete sind, wie gesagt, alle in Umsetzung, sind in Abarbeitung und werden zurzeit auch detailliert diskutiert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.35


Präsidentin Doris Bures: Ich mache darauf aufmerksam, dass alle weiteren Rednerin­nen und Redner laut Geschäftsordnung nun eine Redezeit von 5 Minuten haben.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 



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9.35.27

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Die Matura ist etwas ganz Besonderes im Leben eines Menschen. Sie beschließt nicht nur einen wesentlichen Lebensabschnitt, nämlich die Schullaufbahn, sondern sie ist auch der Nachweis, dass je nach Schultyp die ge­forderten Kompetenzen und Bildungsziele erworben worden sind. Das heißt, die Matu­ra ist kein Geschenk, auf das man nach Absitzen von Schuljahren eine Art Anspruch hat, nein, sie ist ein Leistungsnachweis, und das ist auch gut so. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)

Mit der Zentralmatura ermöglichen wir, dass das Matura-Zeugnis wirklich ein verlässli­cher Kompetenz- und Leistungsnachweis ist, nämlich für ganz Österreich. Vom Neu­siedler See bis zum Bodensee, im städtischen Raum wie im ländlichen Raum stellen wir diese Vergleichbarkeit her. Es gibt mehr Fairness für die Maturantinnen und Matu­ranten, weil eben die Fragestellungen und auch der Beurteilungsschlüssel einheitlich sind und auch professionell erstellt worden sind, nämlich für ganz Österreich. Dadurch er­gibt sich auch eine höhere Aussagekraft für künftige Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, aber auch für aufnehmende Bildungsinstitutionen im tertiären Bereich. Und die Matura steht auch international und europäisch für einen hohen Standard. Gerade im Bereich des europäischen Qualitätsrahmens können wir sagen, dass die österreichische Matu­ra wirklich für einen sehr hohen Standard, ja für eine Marke steht, und das alles ist mehr als nur eine Rechtfertigung für die Zentralmatura.

Wir sehen, dass dieser grundlegende Systemwandel, der jetzt über die Bühne gegan­gen ist, wirklich von allen Beteiligten bravourös gemeistert wurde, vor allem von den Schü­lerinnen und Schülern, von den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch von den organisa­torisch und politisch Verantwortlichen. Und dafür möchte ich höchste Anerkennung und größten Dank aussprechen: allen Schülerinnen und Schülern, allen Lehrerinnen und Leh­rern. (Beifall bei der SPÖ.)

Das kommt nämlich in der politischen Diskussion leider sehr oft zu kurz, wenn ständig die alte Leier heruntergeratscht wird, so wie wir es heute teilweise auch hören muss­ten, dass alles in unserem Bildungssystem schlecht wäre, und das, muss ich wirklich sa­gen, aus politisch durchsichtigen Motiven, wenn wie heute oder auch in vorangegangenen Pressekonferenzen – heute waren Sie ohnehin ein bisschen milder – einfach nur die Ab­sicht durchkommt, die neue Ministerin, die erst seit Kurzem im Amt ist, einfach anzu­patzen. (Abg. Walter Rosenkranz: Das machen die Grünen aber nie! Das ist eine böse Unterstellung!)

Das ist offensichtlich das Motiv für die heutige Aktuelle Stunde, und das ist eigentlich nicht in Ordnung, weil Sie es offensichtlich als Kollateralschaden hinnehmen, dass mit dem beabsichtigten Anpatzen der Ministerin auch alle Schülerinnen und Schüler, die Ma­turantinnen und Maturanten, die Lehrerinnen und Lehrer mit diskreditiert werden. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Sie können mir da nicht ehrliche Motive absprechen! Ich habe einen zehn Jahre und einen sieben Jahre alten Sohn!) Immerhin – die Ministerin hat die Prozentzahlen genannt – sind in Deutsch 99,3 Prozent, in Englisch 97,2 Prozent, in Mathematik 94,4 Prozent erfolgreich gewesen. Das ist hervorragend im internationalen Vergleich, und das sollte man nicht verschweigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wo bleibt denn die Substanz für Ihre Skandalisierung, für die negative Überraschung? Negativ überrascht von dieser Art von Politik dürfte wohl Präsidentschaftskandidat Ale­xander Van der Bellen sein (Abg. Glawischnig-Piesczek: Sagen Sie, was ist mit Ihnen los?), dessen Stil, das muss ich schon sagen, das nie war. (Abg. Walser: Was ver­mischst du da jetzt?) Und da möchte ich Sie schon an den Stil erinnern, der hier ei­gentlich herrschen sollte. (Abg. Walser: Meinst du das im Ernst?)


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Die Ergebnisse werden natürlich auch zum Anlass genommen, das System laufend zu verbessern, denn Schule ist nicht nur ein lehrendes, sondern auch ein lernendes Sys­tem. Und gerade durch die Zentralmatura haben wir valide, zuverlässige Daten, um kon­tinuierlich und gezielt an der Systemverbesserung zu arbeiten. Noch nie haben wir sol­che Daten gehabt, jetzt haben wir sie. Jetzt wissen wir, wo man gezielt ansetzen muss mit Fördermaßnahmen, mit Unterstützungsmaßnahmen. Und bitte nehmen Sie das nicht zum Anlass, alles politisch zu instrumentalisieren. Arbeiten wir gemeinsam an der Ver­besserung der Bildungsstandards! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

9.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


9.41.02

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! „Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätig­keit den Erfolg sofort sieht.“ Prüfungen sind deshalb so unbeliebt, weil man eine Note bekommt, aber nicht notwendigerweise auch eine gerechte Beurteilung. – Ersteres ist von Albert Einstein.

Ja, das Ergebnis der heurigen Zentralmatura hat bei vielen, in erster Linie natürlich bei den Betroffenen, die schlecht abgeschnitten haben – ganz besonders in Mathematik –, eine große Enttäuschung ausgelöst; zum Teil zu Recht, weil es schon im Vorfeld Kritik daran gegeben hat, dass es zu wenig Vorbereitungsstunden gibt – und daran arbeiten wir auch für die nächste Matura. Die Enttäuschung ist aber auch deshalb gerechtfertigt, weil Prüfungsbeispiele abgefragt wurden, die mit dem im Laufe des Jahres gelernten Stoff nicht in Einklang zu bringen waren. Auch das ist etwas, wo wir hinschauen müs­sen, denn es sollte eines schon klar sein: Bei der Matura darf nur das abgefragt wer­den, was vorher im Lehrstoff so verfestigt wurde, dass man auch zu Recht diese Auf­gaben als Maturabeispiele geben kann.

Trotzdem bekennen wir uns zur Zentralmatura. Trotzdem ist dieses System ein rich­tiges System zur Leistungsbeurteilung und zum Leistungsvergleich, und es ist ein Sys­tem, das darauf aufgebaut ist, genau jene Fairness, die Frau Ministerin Hammerschmid heute auch schon angesprochen hat, am Ende des Tages tatsächlich herzustellen. Je­de Systemumstellung – auch da, Frau Ministerin, danke ich für dieses Bekenntnis – braucht natürlich ihre Zeit. Und selbstverständlich birgt jedes neue System immer auch Fehler­quellen, die es rasch zu beheben gilt. Man muss mit einem System auch mitlernen. Und dieses Mitlernen wird auch im nächsten Jahr noch nicht vorbei sein. Die nächsten Ma­turanten brauchen Sicherheit: Sicherheit, dass sie mit Beispielen konfrontiert werden, die zu lösen sie auch jedenfalls in der Lage sein werden.

Mathematik sollte kein Stiefkind unter den Fächern werden. Diesen Eindruck haben wir jetzt natürlich aufgrund des Ergebnisses wieder einmal verstärkt bekommen. Mathema­tik ist nämlich eine der wichtigen Kompetenzen, die wir brauchen, und sie ist umso wich­tiger, wenn wir uns die Veränderungen im wirtschaftlichen Bereich anschauen, wo wir in eine digitalisierte Welt hineingehen, wo Informationstechnologien und all das Wissen darum entscheidend werden für unsere weitere wirtschaftliche Entwicklung und damit natürlich für die Arbeitsplatzsituation unserer jungen Menschen. Die technischen Uni­versitäten werden es uns danken, und unsere Betriebe sowieso, denn heute stehen wir vielfach schon vor Schwierigkeiten, offene Stellen nicht besetzen zu können, weil ge­nau diese technisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen nicht ausreichend vorhanden sind.

Dabei haben wir ein tolles System. Unser dreiteiliges System der allgemeinbildenden, der berufsbildenden Schulen und der dualen Berufsbildung ist ein anerkanntes, insbe-


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sondere Letzteres. Die halbe Welt ist derzeit unterwegs, um sich unser duales System an­zuschauen und von unserem sozialen System zu lernen. Wir kommen gar nicht nach, diese Informationen weiterzugeben. Das heißt: Stärken wir unsere Stärken, schwächen wir unsere Schwächen! Das Ergebnis der ersten allumfassenden Zentralmatura hat uns gezeigt, dass es Nachjustierung braucht.

Kritik ist richtig und wichtig. Insofern hat natürlich die Opposition schon auch eine wich­tige Aufgabe. Vielleicht kann man hier und da aber nicht nur Kritik üben, sondern auch gute Ideen einbringen – und damit meine ich nicht das Wiederholen von Standardformu­lierungen, die einfache Lösungen suggerieren.

Bildung muss Wissen vermitteln, Wissen, damit man später die richtigen Fragen stellen kann. Ausbildung muss auf das Berufsleben vorbereiten. Unser System sollte in der La­ge sein, beides zu leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort. – Bitte.

 


9.45.44

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Ja, das Schlechtreden des österreichischen Bildungssystems, sodass man glauben könnte, es sei alles katastrophal – so ist es jedoch nicht. Wir haben nach wie vor sehr viele Lehrerinnen und Lehrer, die engagiert arbeiten. Wir haben motivierte und ange­strengte Schülerinnen und Schüler, die das ebenso tun. Wir haben Eltern, die hinter den Bildungslaufbahnen ihrer Kinder stehen und sich darum kümmern. Es ist nicht alles schlecht. Vielleicht ist es nur die SPÖ-Bildungspolitik der letzten zehn Jahre unter stiller Duldung der ÖVP – das ist das Einzige, was mir als Detail dazu einfällt. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil die Frau Bundesministerin davon gesprochen hat, dass jetzt mit dieser Zentral­matura alles gleich und vergleichbar ist: Eines ist es aber nicht geworden – und das ist das, was gerade Ihre Fraktion, Ihre Partei so gerne im Munde führt –, nämlich gerecht. Es ist nicht gerecht geworden! – Ich komme später auf Beispiele zu sprechen.

Lassen wir einige Baustellen einmal weg – Schulverwaltung, Lehrerbildung, Lehrerdienst­recht, Autonomie et cetera –, reden wir einmal nicht von den Lücken im Bildungsbud­get oder von Einsparungen in der Verwaltung. Schauen wir nur auf das, was unsere Kinder und Jugendlichen in Österreich direkt betrifft! Schauen wir auf die Volksschule, wo die Kulturtechniken Lesen, Rechnen, Schreiben so unterrichtet werden, dass nach Beendigung der Schulpflicht sehr viele als Lehrlinge nicht genommen werden, weil die Unternehmer sagen, wir sind doch nicht dafür da, die Versäumnisse der Schule in Rech­nen, bei den Grundrechnungsarten und so weiter, oder im Lesen und Schreiben zu übernehmen, das ist nicht unsere Aufgabe, hier sind die Schulabgänger nicht fit.

Und was passiert? – Man schafft in der ersten bis dritten Klasse Volksschule sogar die Noten ab, um sie dann in der vierten wieder einzuführen, wo dann keine Vergleichbar­keit mehr mit den letzten drei Jahren gegeben ist, wo aber über die Bildungslaufbahn entschieden wird. Das ist nicht gerecht. Es ist auch nicht gerecht, wenn Kinder in Ös­terreich (Zwischenruf bei der SPÖ) – bitte melden Sie sich dann zu Wort, ich verstehe es nämlich so schlecht – nach Beendigung ihrer Schulzeit in der Volksschule ein Zeug­nis haben, das dazu berechtigt, in ein Gymnasium in der Langform zu gehen, aber in­folge der sozialdemokratischen Aushungerung des Gymnasiums in der Langform diese Kinder dann keinen entsprechenden Platz bekommen in Tirol, in Graz, in Wien, wo auch immer. Bildungsflucht findet daher leider Gottes statt und muss leider Gottes stattfin­den.


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Kommen wir auch dazu, dass jetzt bei der Finanzierung die sozialen Brennpunkte, die sozialen Indizes angeschaut werden. Begabtenförderung ist in Österreich de facto ab­geschafft. Die Nation wird so nicht zukunftsfit werden.

Kommen wir aber jetzt zur Frage der Zentralmatura, denn das ist hier das Hauptthema gewesen, und zu dem, was hier angeschnitten wurde.

Frau Bundesministerin! Sie sagen es immer sehr gerne und oft, ich kenne es aus Rund­funkinterviews, ich kenne es aus „ZiB2“-Interviews, Sie haben es auch heute immer wie­der erwähnt, und mittlerweile weiß man, glaube ich, wie alles stattfindet – auch die Kom­pensationsprüfungen, man weiß von den 180 Experten und Feldtests und so weiter –; die Repetitio schadet bekanntermaßen nie. Aber die Transparenz, die Sie hier an den Tag legen wollen, respektive die mangelnde Transparenz, das ist schon etwas anderes.

Bei wie vielen Generationen Maturantinnen und Maturanten soll noch der Mantel des Schweigens darüber gebreitet werden, dass sie, und insbesondere auch die Eltern für ihre Kinder, nicht eine Schulwahl treffen können? Es führt auch nichts dazu, dass man Bundesländervergleiche hat. Es führt auch nicht zu Transparenz, wenn man wartet und sagt, wir schauen uns die schriftlichen Ergebnisse gar nicht an, sondern wir warten zu­erst auf die Kompensationsprüfungen. Wobei der „Standard“ – und ich gehe davon aus, dass Sie auch den „Standard“ als Qualitätsmedium erkennen – sagt, die Kompen­sationsprüfung ist eine Art Notenwaschmaschine. Entschuldigung, wenn das der „Stan­dard“ einmal schreibt, dann wird doch etwas dran sein! Nur zum Vergleich: Von 940 Ma­turaklassen waren 112 ohne „Nicht genügend“ bei der schriftlichen Matura, aber auch 107 Klassen, in denen mehr als die Hälfte negativ waren.

Und jetzt eine Ungerechtigkeit, die das BORG betrifft. Im BORG waren die Ergebnisse bei der schriftlichen Prüfung schlechter, was zu einigen Reaktionen geführt hat – Kolle­ge Walser schlägt zum Beispiel eine Dauer von fünf Jahren für das BORG vor. Nur ei­nen Bildungsexperten habe ich gehört, der gesagt hat: Das liegt doch in der Natur der Sache, das ist doch ganz logisch! Im BORG ist das Niveau ein ganz anderes!

Ich halte das für eine große Ungerechtigkeit, wenn ein Kind im BORG beginnt, bis zur Matura durch Fleiß und Anstrengung im Unterricht lauter „Sehr gut“ bekommt und dann von einem Experten gesagt bekommt: Ja, aber bei der teilzentralen Matura, da wirst du nie einen Einser schaffen, weil du es nicht kannst! – Das ist ungerecht, das muss ge­ändert werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben ein differenziertes Schulsystem, und daher müssen wir auch bei den schrift­lichen, durchaus zentral auf den Schultyp gerichteten Beispielen differenziert arbeiten. Die Schülerunion und das Schülerparlament haben dazu auch entsprechende Vor­schläge gemacht.

Und eines zum Schluss, da meine Redezeit von 5 Minuten leider Gottes schon abläuft: Bei der Mathematik-Matura hat man halt gesehen, dass die soziale Kompetenz nichts ausmacht. Bei der Deutsch-Matura geht es leichter, aber auch hier müsste man nach­schärfen, denn das Verfassen eines Leserbriefes ist meiner Meinung nach und unserer Meinung nach nicht maturareif. (Beifall bei der FPÖ.)

9.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


9.51.26

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir haben diese Aktuelle Stunde dem Thema Bildung gewidmet, dem Thema Zentral­matura. Und wenn wir über ein Thema sprechen, das Österreich bewegt, das Öster­reichs Kinder bewegt, das die Eltern bewegt, weil wir dieses Mal signifikant schlechte Ergebnisse hatten und weil es notwendig ist, dass die Politik reagiert, dann, Frau Kol-


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legin Grossmann, von einem „Anpatzen der Ministerin“ zu sprechen, das zeugt von Re­alitätsverlust, das zeugt nicht davon, dass die Sozialdemokratie gewillt ist, hier Dinge zu verbessern – die, bitte, verbesserungswürdig sind, und wir arbeiten daran! (Beifall bei den Grünen.)

Auf eines können Sie sich verlassen: Wir werden hier die Interessen der Schülerinnen und Schüler, die betroffen sind, konsequent auch in den nächsten Jahren vertreten. Denn so geht es nicht, dass man von einem Jahr auf das andere mehr als doppelt so viele negative Beurteilungen hat, beispielsweise im Fach Mathematik, und dann zur Tages­ordnung übergeht. So kann es, bitte, nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, Sie haben ein faires System eingefordert. Wir unterstützen das, wir wol­len ein faires System haben. Wir haben daher in der Vergangenheit entsprechende Vor­schläge gemacht, wie man dieses System fairer machen kann. Ich habe vor eineinhalb Jahren mit der damaligen Ministerin Heinisch-Hosek – in Holland war das noch; ich neh­me an, du erinnerst dich – über Vorschläge diskutiert, die leider nicht umgesetzt worden sind.

Jetzt kommen wir einmal zum Kern der Sache. Worum geht es? – Wir brauchen die Zentralmatura deshalb, weil wir Auskunft darüber brauchen, was Schülerinnen und Schü­ler nach zwölf Jahren Schule können. – Punkt.

Das ist eine Systemumstellung, da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Bei dieser Sys­temumstellung gibt es Schwierigkeiten. Unser Vorschlag ging dahin, bei diesen Schwie­rigkeiten nicht die Schülerinnen und Schüler zum Handkuss kommen zu lassen, son­dern Systeme einzubauen, die das erleichtern.

Eva Glawischnig hat sehr konkrete Vorschläge gemacht und sie vorgestellt, Vorschlä­ge, die seit eineinhalb Jahren auf dem Tisch liegen, beispielsweise diese Zentralmatu­ra zwar durchzuführen, in der Endbeurteilung der Schülerinnen und Schüler aber die Jahresnote der achten Klasse und eventuell auch der siebten Klasse miteinfließen zu lassen. Das gäbe ein für die Schüler nachvollziehbares Bild, und es würde enorm viel Druck aus diesem ganzen System herausnehmen.

Mir berichten Eltern – gestern war eine Mutter bei mir, die mir das berichtete –, dass in der zweiten Klasse der Unterstufe die Schüler schon darauf hingewiesen werden: Aber bei der Zentralmatura brauchst du das! – Das ist ein Popanz geworden, vor dem die Schülerinnen und Schüler in ganz Österreich Angst haben. Das ist Druck, der unnötig ist und den wir minimieren wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Und damit auch mehr Gerechtigkeit hineinkommt: verbindlich bei einer negativen Beur­teilung eine Zweitbegutachtung! Dieses Recht haben doch Schülerinnen und Schüler, wenn sie negativ beurteilt werden, dass es ein objektives zweites Urteil gibt!

Wenn wir eine Zentralmatura wollen, die Auskunft darüber gibt, was Schülerinnen und Schüler können, dann schauen wir doch auch, dass das extern beurteilt wird – wenn die eigenen Lehrer vielleicht in dem einen oder anderen Fall besondere Sympathie ha­ben oder was auch immer. Objektive Beurteilung bedeutet externe Beurteilung, und in diese Richtung gehen auch unsere Vorschläge.

Frau Ministerin, wir haben also eine ganze Reihe von konstruktiven Vorschlägen ge­macht. Schlagen Sie das nicht in den Wind! Wir haben bei der Umstellung auf die Neue Mittelschule darauf hingewiesen, dass dieser Beurteilungsraster unmöglich ist. Wir ha­ben damals gesagt, sieben Noten bei Viertklässlern, das geht nicht. Jetzt entnehme ich den Medien, dass nach einigen Jahren das Ministerium zur Erkenntnis kommt: Das geht nicht! – Wenn Sie früher auf die Einwände der Grünen hören würden, dann würde uns, dann würde aber vor allem den Schülerinnen und Schülern einiges an Stress er­spart bleiben. Dann könnten Schülerinnen und Schüler in Ruhe lernen, dann könnten


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wir ein System entwickeln, wie wir das wollen, nämlich ein System, wo Kinder neugie­rig sind und neugierig bleiben. Das ist derzeit nicht gewährleistet, weil Angst bekannt­lich der schlechteste Ratgeber ist.

Das eine zum Abschluss: Wir können es uns in Österreich nicht leisten, ein System wei­terzutransportieren, das Begabungen behindert, das es Schülerinnen und Schülern nicht ermöglicht, ihre Potenziale zu entfalten. Wir brauchen eine grundlegende Schulreform. Frau Ministerin, wir werden nicht müde, darauf hinzuweisen, bei aller Kritik, die wir da von sozialdemokratischer Seite eventuell einstecken müssen. Wir kämpfen weiter! (Beifall bei den Grünen.)

9.57


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 


9.57.15

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Frau Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren an den Bildschirmen und auf der Galerie! Liebe Schülerinnen und Schüler! Ich sehe auch Lehrerinnen und Leh­rer hier.

Wir verhandeln das Thema Zentralmatura, und in der Tat sind wir da in der Pflicht, dass wir dieses Instrument weiterentwickeln, sehr entschlossen rasch weiterentwickeln. Von uns NEOS gibt es ein klares Bekenntnis zur Zentralmatura; nicht deshalb, weil sie Selbst­zweck wäre – ich glaube, dieses Instrument als solchen zu sehen wäre völlig falsch –, son­dern weil sie eben ein Instrument für eine qualitätsvolle Entwicklung des österreichi­schen Schulwesens ist. Und wir brauchen eine umfassende Weiterentwicklung des Schul­wesens!

Die Umstände sind bekannt, dass zu viele das Schulsystem frühzeitig verlassen, ohne dass sie die Kulturtechniken Lesen und Schreiben ordentlich können, dass wir natürlich viele Fehlleitungen haben, auch gerade in der Sekundarstufe II, also in der Oberstufe, in berufsbildenden höheren Schulen, wo die jungen Menschen draufkommen, dass sie eigentlich falsch sind – das bedeutet hohe Drop-outs –, dass wir natürlich nach wie vor durch das Schulsystem viel zu viel Frust verbreiten bei Schülerinnen und Schülern, aber auch bei Eltern, dass wir nicht ausreichend imstande sind, die Lust, die angeborene Lust am Lernen zu kultivieren, zu entfalten. Hier müssen wir uns tagtäglich um Weiter­entwicklung kümmern.

Warum braucht es eine Zentralmatura?, werden sich manche fragen, weil das natürlich jetzt auch medial-öffentlich umfassend diskutiert wurde. Und ich verstehe auch die Auf­regung vielerorts – ich glaube, jeder von uns, der Prüfungen gemacht hat, die Matura gemacht hat, kann sich erinnern, dass das nicht ganz ohne Bammel, ohne ein Stück weit große Anspannung davor passiert ist. Und so verstehe ich es auch völlig, dass natürlich auch die Zentralmatura ein sehr umstrittenes Projekt war, weil es ein Verdich­tungspunkt im Leben eines jungen Menschen ist, auch im Familienleben – da zittert die ganze Familie mit. Deswegen war es uns NEOS auch immer besonders wichtig, hier ganz sorgsam mit dem Thema umzugehen, weil wir uns als politische Kraft verboten haben, das Geschäft mit der Angst zu machen. Dass natürlich im Rahmen der Matura­thematik und -debatte viel Angst im Raum ist, das war uns bewusst, und deswegen sind wir sehr behutsam in dieser Diskussion.

Dennoch: Bekenntnis zum Instrument, Bekenntnis dazu, dass wir es weiterentwickeln müssen. Wir brauchen ja auch eine Mittlere Reife für 14-, 15-Jährige. Warum brauchen wir diese zwei Reifepunkte? – Weil wir uns als Politik darüber unterhalten müssen und auch den Rahmen definieren müssen: Was sollen unsere jungen Menschen mit 15 Jah­ren können?


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Dafür, das zu definieren, ist die Politik da. Da brauchen wir einen gesellschaftlichen Kon­sens, wenn es darum geht: Was sollen nach acht Jahren, nach neun Jahren und dann nach 12 beziehungsweise 13 Jahren Schule die jungen Menschen können?

Frau Ministerin! Wir NEOS glauben, dass wir die Zentralmatura weiterentwickeln müs­sen, und da stellt sich für uns die Frage: Was werde ich tun, wenn ich Bildungsminister bin? – Wir müssen die Zentralmatura ein Stück weit abschlanken in dem Sinn, dass wir sie konzentrieren sollten auf die Kernfächer, die dann auch eine Hochschulreife dar­stellen sollten. Wir haben derzeit zu viel Ausdifferenzierung. Wir haben zu viele Ver­sionen. Wir haben 71 verschiedene Prüfungshefte, 38 an den AHS, 33 an den BHS. Das ist meines Erachtens dann schon nicht mehr zentral.

Es gibt in der Zentralmatura nach wie vor viel zu viel schulstandortspezifische Elemen­te. Ich meine, der Umstand, dass beim einen Lehrer Taschenrechner in jeder Form er­laubt sind, bei der anderen Lehrerin diese Hilfsmittel so nicht erlaubt sind, das kann auch nicht sein. Wir sind dafür, dass die Zentralmatura auch an einem schulortfernen Raum abgehalten wird, so wie die Aufnahmeprüfungen für Medizin, dass sie dann aber wirklich zentral ausgewertet wird. Ich glaube, das wäre wichtig, und das ist auch inter­nationaler Standard. Wenn wir sagen, die Matura soll zentral erfolgen, dann sollen die Er­gebnisse schulexterne Kräfte auswerten. Gemeinsamer Kern: zentral auswerten, damit Vergleichbarkeit.

Und es ist, Frau Ministerin, natürlich eine großartige Chance, in eine entschlossene Schul­entwicklung zu kommen und damit auch zu einer Schulautonomie. Das ist das, was wir alle wollen, sechs Fraktionen! Wir sind nur noch nicht einig, was genau wir da wollen, aber dass wir es wollen, darüber sind wir uns einig. Wir wollen, dass wir das auch tag­täglich üben. Wir sollten deswegen – und meine Kollegin Claudia Gamon wird das noch näher ausführen – die Ergebnisse schulstandortspezifisch öffentlich machen, gerne in ei­nem Stufenplan, wenn sie es nicht sofort können, und zwar mit Maßgabe und mit Au­genmaß. Aber wir sollten es mittelfristig veröffentlichen.

Wir sollten zu schulortspezifischen Entwicklungsmaßnahmen kommen. Wir müssen da die Behörde in die Pflicht nehmen – ganz wichtig! Die Behörde kann da üben, dass sie sich sofort in die ersten Schritte begibt: weg von einer kontrollierenden Behörde hin zu einem Entwicklungspartner, einer Serviceinstitution für die Schulen, die sagt: Was habt ihr für Ergebnisse? Aha, dieser Schulstandort hat diese Probleme, jener hat andere Pro­bleme! Wir schalten euch zwei Schulen zusammen, fördern Kooperationen. Das heißt: Schule als lernende Organisation. Dafür haben wir diese Instrumente.

Wichtig ist eine entschlossene Weiterentwicklung. Wir sind jedenfalls dabei. Ich freue mich auf die Runde, die Sie, Frau Ministerin, angekündigt haben. Wir nehmen Sie beim Wort. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Grossmann.)

10.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

 


10.02.52

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir sprechen heute über die Zentralmatura. Nur: Die Zentralmatura steht am Ende einer Bil­dungskarriere, und deshalb müssen wir uns auch ganz stark darüber unterhalten, was denn am Anfang geschieht.

Wir haben heute schon gehört, gerade bei den Kleinsten ist – ich weiß es von meinen eigenen Kindern, sie sind neun und elf –, wenn sie mit sechs Jahren in die Schule kom­men, ein Leuchten in den Augen. Man kann sie bis zum sechsten Lebensjahr gar nicht davon abhalten, zu lernen. Sie lernen jeden Tag unglaublich viel dazu. Dann kommen sie in die Schule, und dann passiert Folgendes: Sie verlieren die Lust am Lernen! Die


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Frage ist: Warum ist das so? Der Grund ist ganz einfach: weil unser Schulsystem in einer Zeit steckengeblieben ist, als man noch keine Ahnung hatte, wie Kinder lernen, als man nicht wusste, wie man die Begeisterung für das Lernen erhält. Das ist das Pro­blem, das wir haben!

Und weil Sie, Frau Minister, heute hier gesagt haben: Welcher Lehrer ist der bessere: der Lehrer, der ein Kind, das 12 Klimmzüge schafft, dazu bringt, 24 Klimmzüge zu schaf­fen, oder der Lehrer, der ein Kind, das 56 Klimmzüge gemacht hat, dazu bringt, 60 zu schaffen? Ich kann Ihnen die Antwort darauf geben: Es sind beide Lehrer schlecht, und zwar deshalb, weil es ganz viele Kinder gibt, die nicht einen einzigen Klimmzug schaf­fen. Da ist das Problem! Dorthin muss man die Aufmerksamkeit lenken.

Genau das gleiche Problem haben wir in unserem Bildungssystem, nämlich: Ein Viertel der Schüler können nicht lesen und schreiben. Und angesichts dessen sprechen Sie von Höchstleistungen, sprechen Sie davon, dass man möglicherweise ein Kind dazu bringt, 56 oder 60 Klimmzüge zu machen?! Das sollte nicht im Fokus sein! Im Fokus des Sport­unterrichts, um Ihr Beispiel aufzugreifen, sollte sein, dass man eine gewisse Grundfit­ness bei den Kindern schafft, Vielseitigkeit fördert. Das ist das, was wichtig ist, und nicht irgendwelche Höchstleistungen, gerade im sportlichen Bereich! Deshalb sollten wir über die Lehrer sprechen. Wir sollten über die Frage sprechen: Wo haben wir gute Lehrer, und was ist ein guter Lehrer?

Ich kann Ihnen sagen, wie es in unserem Bildungssystem funktioniert, nämlich wenn Sie als Kind eine Leseschwäche haben und möglicherweise schlecht auswendig lernen können, aber möglicherweise auf der anderen Seite unglaublich begabt sind, etwa in Ma­thematik und in Technik, dann haben Sie schlechte Karten in unserem System, denn ge­rade in der Grundstufe ist es ganz wichtig, dass man eben gut lesen kann und auswen­dig lernen kann. Wenn man das nicht kann, dann hat man in unserem System ein Pro­blem.

Jetzt kommen wir auf die Lehrer zu sprechen. – Die Frage ist: Haben wir gute Lehrer? Diese Frage ist folgendermaßen zu beantworten: Ja, wir haben gute Lehrer, aber leider nicht durchgängig! Wir haben auch Lehrer, die das Lernen und Verstehen auf die El­tern auslagern. Das heißt, es gibt Lehrer, die stehen vor der Klasse, machen dort ihr Programm und interessieren sich überhaupt nicht darum, ob die Kinder das, was da ab­geht, auch tatsächlich mitbekommen.

Ich habe einmal einen Lehrer darauf angesprochen, habe ihm gesagt: Machen Sie ein­mal am Ende eines Unterrichts einen kleinen Test, bei welchem Sie herausfinden, was die Kinder aus Ihrem Unterricht mitgenommen haben! Wissen Sie, was der gesagt hat? – Der hat gesagt: Das kann ich deshalb nicht machen, weil ich nicht die Zeit habe, darauf einzugehen, ob die Schüler etwas mitbekommen haben oder nicht! Die müssen das zu Hause aufarbeiten! – Genau da sind wir beim Problem!

Nach dem Unterricht gehen die Kinder nach Hause, und da ist dann die Frage: Was für Eltern sitzen zu Hause? Sind es Eltern, die die notwendigen finanziellen Mittel haben, um vielleicht eine Nachhilfe zu organisieren? Sind es Eltern, die sich tatsächlich die Mü­he machen, zu fragen: Hast du eine Hausübung? Musst du etwas lernen? Gibt es ir­gendwelche Prüfungen? Hast du etwas nicht verstanden? Oder sind es Eltern, die nach Hause kommen und von ihrer Arbeit so geschafft sind, dass sie die dafür notwendige Energie nicht mehr aufbringen?

Genau da haben wir das Problem in unserem System! Und da kommt jenes Kind zum Handkuss, das möglicherweise unglaublich begabt ist, das möglicherweise in bestimm­ten Fächern sehr begabt ist, das aber nicht Eltern hat, die richtig mit dem Schulkind um­gehen. So ein Kind bleibt in unserem System auf der Strecke, weil der Lehrer oder die Lehrerin keinen Wert darauf legen kann, ob die Schüler vom Unterricht tatsächlich et­was mitnehmen. – Das ist das Problem, das wir in unserem Schulsystem haben!


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Heute haben Sie, Frau Ministerin, viel über die Zentralmatura gesagt, die ja letztlich zum Schluss nur Folgendes aussagt: In den einen Schulen funktioniert sie und in den ande­ren nicht. Und das haben Sie heute verschwiegen. Natürlich liegen wir im Schnitt im in­ternationalen Vergleich gut, aber es gibt Schulen, die grottenschlecht sind. Da muss man ansetzen!

Dort haben wir das Problem bei den Lehrern! Dort sind die Lehrer das Problem, und solange wir es nicht schaffen, eine Vergleichbarkeit zwischen den Schulen herzustel­len, solange wir es nicht schaffen, Lehrer, die ungeeignet sind, umzuschulen und wo­anders einzusetzen, so lange werden jene Kinder, die keine Eltern haben, die das kompensieren können, auf der Strecke bleiben. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Walter Rosenkranz.)

Das ist in Wahrheit eine Frechheit jenen Kindern gegenüber, die leider in einer schlech­ten Gegend leben oder Eltern haben, die ihnen nicht die nötige Unterstützung geben können. Daher: Was wir brauchen, ist eine kostenlose Privatschule für alle, denn dort funktioniert es, das wissen wir! In Bezug darauf werden wir uns auch mit Ihnen ge­meinsam noch einmal die Zahlen anschauen, weil Sie das letztens in Abrede gestellt ha­ben.

Wie gesagt: eine kostenlose Privatschule für alle! (Präsidentin Bures gibt das Glocken­zeichen.) Dann haben wir ein Bildungssystem, das dementsprechend auch mit Konkur­renz unter den Schulen funktioniert. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

10.08


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


10.08.36

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Schülerinnen und Schüler! Liebe Maturantinnen und Maturanten! – Herr Kol­lege Lugar, die Zentralmatura ist hoffentlich nicht das Ende einer Bildungskarriere. Ich denke, Weiterbildung würde uns allen ein bisschen guttun – jederzeit und lebensbeglei­tend! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber jetzt zum Thema „Fünferflut, der Mathedrache, Schüler als Versuchskaninchen“ und zur heutigen Aktuellen Stunde: „Schulangst, Prüfungsstress und Zentralmatura: so what?“ – All das waren Schlagzeilen rund um das Thema Zentralmatura.

Warum sage ich das? – Glauben Sie, es war für 40 500 Maturantinnen und Maturanten angenehm, ständig negative und panikmachende Schlagzeilen und Aussagen über die für sie bevorstehende Prüfung zu lesen oder zu hören? – Ich denke, niemand hier im Raum, aber auch niemand vor den TV-Geräten würde das bejahen. Denn diese Schlag­zeilen und Headlines sind unverantwortlich. Es ist unverantwortlich, eine solche Stim­mung zu verbreiten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben nicht nur diverse Me­dien getan, sondern leider auch Kolleginnen und Kollegen hier im Raum.

Ich habe ein Stimmungsbild von Maturantinnen und Maturanten, von Schülerinnen und Schülern eingeholt: Was empfanden sie, wie ging es den einen und wie ging es den an­deren? Und da zeigte sich folgendes Bild: Sie empfinden es als Chancengleichheit, denn alle müssen das Gleiche können, niemand hat eine leichtere oder eine schwerere Ma­tura. Sie meinen, die Lehrpersonen werden erstmals überprüft. Hat nämlich eine Klasse ganz schlechte Ergebnisse, dann wird kontrolliert, warum das so ist, und damit wird ge­währleistet, dass eine stetige Verbesserung im Unterricht stattfindet.

Es ist ebenso eine neue Form der Wissensüberprüfung durch eben unterschiedliche Bei­spieltypen. Nehmen wir die Mathematik her! Wir haben Multiple Choice, wir haben Re-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 50

chenbeispiele, aber wir haben auch Ablesen von Ergebnissen. Im Sprachbereich: Teil­bereich Deutsch: Textverständnis und selber schreiben können.

Die Schülerinnen und Schüler sind auch überzeugt davon, dass der Aufbau der Matura ein guter ist: Bei der schriftlichen Matura wird überprüft, was der Staat von ihnen möch­te, bei der mündlichen Matura wird überprüft, was die Schule von ihnen möchte; und bei der vorwissenschaftlichen Arbeit oder bei den Diplomarbeiten wird überprüft, was sie persönlich zu ihrer Matura beitragen können. Die Schülerinnen und Schüler empfin­den es auch als positiv, dass die Teilbereiche voneinander getrennt sind, denn dadurch besteht die Möglichkeit, einen davon auch zu wiederholen.

Vorwissenschaftliche Arbeiten oder Diplomarbeiten empfinden die Schüler als eine gu­te Vorbereitung für die Uni, für das wissenschaftliche Arbeiten. Da gibt es aber die Kri­tik, dass das an manchen Standorten eindeutig verbessert werden muss, dass dabei bes­ser begleitet werden muss. Und es gibt auch den klaren Wunsch, mehr Vorbereitungs­stunden zu haben. Ich denke, an diesen Schrauben werden wir auch drehen.

Ich frage Sie an dieser Stelle: Haben Sie den Eindruck gewonnen, die Schülerinnen und Schüler seien dadurch panisch und dramatisieren, wie das in manchen Schlagzeilen ver­breitet wird oder auch hier heute in so manchen Ausführungen dargestellt wird? Ich sa­ge es Ihnen ganz offen: Deckungsgleich ist damit sehr wenig!

Jedes Projekt, jede Reform lebt davon, dass alle Beteiligten konstruktiv Kritik üben, ernst­haft auch Bedenken äußern, aber diese auch stichhaltig begründen. Aber man hat sich damals gemeinschaftlich – und da war auch die grüne Fraktion mit dabei – für die Ein­führung der Zentralmatura entschieden. (Abg. Brosz: … funktioniert!) Und ich sage es ganz offen: Wenn man sich für etwas entscheidet, dann kann man zwar Kritik üben, denn es ist wichtig, Verbesserungen kundzutun, aber man muss auf jeden Fall jede Mög­lichkeit ausschöpfen, an einem positiven Image, an einem Gelingen zu arbeiten und da­zu auch einen Beitrag zu leisten – anstatt alles schlechtzureden, Panikmache zu be­treiben und mit Überspitzung zu arbeiten und damit mit geringer Sachlichkeit zu operie­ren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Brosz: Das ist unglaublich!)

Das gilt auch für Elternvertreterinnen und Elternvertreter, aber auch, offen gesagt, für Lehrerinnen und Lehrer beziehungsweise deren VertreterInnen, die einfach eine gemein­same Matura oder Zentralmatura nicht anerkennen wollten und deshalb, mit Verlaub ge­sprochen, die Schülerinnen und Schüler nur semioptimal vorbereitet und begleitet haben.

Wir kennen aber Gott sei Dank auch andere Beispiele, auch Pilotprojekte, die super un­terwegs waren, wo es den Schülerinnen und Schülern wirklich getaugt hat und sie das Gefühl gehabt haben, wirklich topfit für die Matura gemacht zu werden.

Ich habe selbst ein Erlebnis gehabt mit zehn MaturantInnen, die ich begratulieren durf­te, weil sie ihre vorwissenschaftliche Arbeit und Diplomarbeit im Kontext mit der inter­nationalen Entwicklung geschrieben haben, und ich sage Ihnen: Die haben Unglaubli­ches zu Papier gebracht und haben jetzt schon ungemeine Begeisterung geweckt.

Kurz gefasst, liebe Kolleginnen und Kollegen: Schauen wir bitte nicht darauf, wie wir die nächste Schlagzeile bekommen, nämlich egal, um welchen Preis, sondern stellen wir die Betroffenen, die Jugendlichen, in den Fokus! Begleiten wir die Jugendlichen so gut wie möglich, um nach der Matura und durch die Matura im Job oder an der Uni Fuß zu fassen! (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Das ist unser Ziel, das ist das Ziel der SPÖ! Vielleicht schließen Sie sich dem ja doch noch an. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

10.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 



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10.14.10

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministra! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Prüfungen haben verschiedene Funktionen. Eine wichti­ge Funktion ist die Berichts- und Rückmeldefunktion. Sie zeigt den Lehrern und den Schü­lern, ob er oder sie die Lernziele erreicht hat.

Eine andere wichtige Funktion, insbesondere bei der Matura, ist die Berechtigungsfunk­tion der Prüfung. Sie erteilt Berechtigungen, vor allem die Berechtigung zum Hochschul­besuch – eine formalisierte Regelung, die, ausgehend vom Preußen des späten 18. Jahr­hunderts, viele Länder Europas übernommen haben und die heute eine ganz wichtige Funktion ist, weil Hochschulplätze begehrt sind.

Österreichische Hochschulplätze sind international hoch nachgefragt. Da ist diese Funk­tion sehr wichtig, und da ist es sehr gut, wenn man sie innerhalb Österreichs möglichst gleichmäßig wahrnimmt. Und das leistet die teilstandardisierte Reifeprüfung, wie der offizielle Terminus heißt – üblicher ist der Terminus Zentralmatura, ich verwende ihn also auch –, das leistet die Zentralmatura sehr gut, wenngleich diese Berechtigungs­funktion auf der anderen Seite auch wieder abnimmt, weil es inzwischen eine Fülle von Zugangsmöglichkeiten zu den tertiären Bildungseinrichtungen gibt – nicht nur die Matu­ra – und weil sich vor allem durch den Einfluss des angloamerikanischen Raumes auf unser Bildungssystem ganz generell die Tendenz verstärkt, dass nicht mehr die abge­bende Institution, also das Gymnasium, die Sekundarstufe, entscheidet, wer studieren kann und was er studieren kann, sondern immer stärker die aufnehmende Institution, die Universität. Das ist ein internationaler Trend, der aus verschiedensten Gründen stär­ker wird.

Gleichwohl stelle ich mit Freude fest, dass die Zentralmatura an und für sich heute na­hezu niemand mehr in Frage stellt und dass nur an Details ihrer Umsetzung Kritik ge­übt wird und Verbesserungsmöglichkeiten gesehen werden. Die sehe ich auch. Ich möchte aber schon betonen, dass die Zentralmatura auch jetzt schon eine Fülle sehr guter Wirkungen entfaltet. Manche davon sind heute noch nicht formuliert worden, und eine davon möchte ich besonders hervorheben, weil ich sie aus eigener Anschauung sehr gut kenne. Die Zentralmatura für die alten Sprachen wurde nämlich auch und in­tensiv von meinen Kollegen an der Universität Innsbruck mitentwickelt, im Zusammen­wirken mit den Schulbehörden, vor allem mit den Landesschulinspektoren von Nieder­österreich und Wien, Lošek und Sörös, und gemeinsam mit den Lateinlehrerinnen und -leh­rern sowie mit den Griechischlehrerinnen und -lehrern in Österreich.

Das enge Zusammenwirken dieser Akteure, das weitergeht – wie ja auch die Frau Mi­nistra treffend geschildert hat – bei der Erarbeitung weiterer Testformate, hat dazu ge­führt, dass es zum Beispiel in unseren Fächern nahezu keine Probleme gibt und dass vor allem – und darauf möchte ich dezidiert hinweisen – die Zentralmatura eine ganz segensreiche Wirkung auf die Prüfungskultur insgesamt hat, denn im Hinblick darauf, dass diese Hürde dann zu bewältigen ist, gehen die Lehrerinnen und Lehrer in Öster­reich jetzt dazu über, das ganze schriftliche Prüfungssystem auf diese Zentralmatura hin auszurichten und diesem ganzen Prüfungssystem damit eine hohe Standardisie­rung und hohe Qualität zu verleihen.

Das kann ich sagen, weil ich noch vor Kurzem selber eine entsprechende Lehrveran­staltung geleitet und mit den Experten kooperiert habe. Das übt eine sehr günstige Wir­kung auf die generelle Prüfungskultur in diesen Fächern aus. Das nehme ich auch für andere Fächer so an, wenngleich ich weiß, dass man nicht überall in diesem hohen Kon­sens zu den entsprechenden Lösungen gekommen ist, aber man arbeitet an ihnen wei­ter, und es wird noch werden.

Ein letztes Wort noch zu der Klage, die ich dauernd höre, dass die Schule den Kindern die Lust am Lernen und die Neugierde austreibe. – So einfach kann man es sich nicht


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machen, aus zwei Gründen nicht: Erstens sind es natürlich auch entwicklungspsycho­logische Elemente, die da mitspielen, die diese Neugier und diese Lust am Lernen im Laufe der kindlichen Entwicklung etwas abmindern, und zweitens – und das ist mir auch wichtig, einmal zu sagen – ist Lernen immer, auch in der Kindheit, nicht nur Lust und Neu­gierde, sondern Lernen ist immer auch Anstrengung, ist immer auch Mühe, ist immer auch, wenn es dann zur Überprüfung der Lernergebnisse geht, natürlich mit Druck ver­bunden.

Nicht umsonst hat das lateinische Wort für Lernen, nämlich discere, in seinem Gefolge das Substantiv „Disziplin“. Disziplin meint zwar auch den Bereich, den man lernt, aber Disziplin meint, wie wir alle wissen, auch Kontrolle, Anstrengung, Genauigkeit und meint auch, an der Sache zu bleiben, und vieles andere mehr. Also Lernen hat auch diese Seite, Lernen ist eben auch Leistung, die irgendwann einmal abgerufen werden muss. Und auch dieser Aspekt muss sein Recht haben. Und dieser Aspekt führt natürlich auch zu einem gewissen Leistungsdruck (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), den wir im ganzen Leben immer wieder einmal aushalten müssen. Warum sollen wir ihn in der Schule nicht auch lernen und aushalten müssen?

Insgesamt, glaube ich, ist die Zentralmatura …

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt zum Schlusssatz kom­men. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (fortsetzend): Schlusssatz: Die Zentralmatura ist auf einem guten Weg, und ich wünsche mir, dass sie unter Mitwirkung aller Betei­ligten noch besser wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mölzer zu Wort. – Bitte.

 


10.20.10

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Kollege Töchterle hat am Schluss seiner Ausführungen völlig richtig gesagt, dass Lernen eben auch mit Leistung zu tun hat, und hat damit meine diesbezüglichen Aussagen sozusagen vorweggenommen. Es war also gut, dass er ein paar Sätze mehr hatte, als die Redezeit hergab.

Ich finde es gut und wichtig – das ist überhaupt keine Frage –, dass wir heute hier eine Debatte über die Zentralmatura abführen. Es ist auch wichtig, dass wir hier im Hohen Hause regelmäßig eine Bildungsdiskussion führen. Was mich dabei aber traurig stimmt, ist zum einen der Umstand, dass man heute sozusagen wieder einmal anlassbezogen über die Zentralmatura redet. Wenn sie stattfindet und wenn sie in den Medien ist, wird sie sozusagen in den Fokus gestellt, ansonsten reden wir nur am Rande davon. Zum anderen stimmt es mich traurig, dass wir in diesem Hohen Haus, aber offensichtlich auch seitens der Regierung, seit Jahr und Tag eine Bildungsdebatte führen, bei der wir zu we­nigen Ergebnissen kommen.

Wenn sich die SPÖ heute darüber mokiert, dass die Medien beziehungsweise die me­dial-öffentliche Berichterstattung einen Wirbel hineingebracht hat (Zwischenruf der Abg. Kucharowits) – ja, es waren aber auch die Medien; die Frau Ministerin hat das so an­gesprochen –, dann empfehle ich in diesem Zusammenhang einen Anruf bei den ent­sprechenden befreundeten Chefredakteuren im ORF oder beim „Standard“ oder bei „Ös­terreich“, dann lässt sich das Problem vielleicht lösen. (Ironische Heiterkeit der Abge­ordneten Kucharowits und Grossmann.) – Nicht lustig, sondern traurig, dass Sie sich darauf ausreden müssen.


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Zur Sache: Ich habe eine kleine Schwester, die eine kluge junge Frau ist, die gerade vor ein paar Wochen die Matura gemacht hat. Ich muss sagen, ich bin sehr stolz auf sie: Sie war acht Jahre lang im Gymnasium mit ausgezeichnetem Erfolg unterwegs. Sie hat auch die Matura mit ausgezeichnetem Erfolg gemacht und war in den naturwissen­schaftlichen Fächern besonders gut. Ihr Berufswunsch beziehungsweise ihr Ausbildungs­wunsch ist nun, Zahnmedizin zu studieren, und wie wir alle wissen, gibt es mittlerweile Eignungstests dafür.

Nachdem sie vor drei, vier Wochen die Matura – mitsamt diesem Stress, der meines Erachtens dazugehört, keine Frage – mit guten Noten absolviert hat, muss sie jetzt ei­nen Eignungstest machen und schon wieder strebern und schon wieder lernen und – wir alle wissen auch, dass es ja keine Garantie ist, wenn man gut ist, dass man es auch dort schafft – darauf hoffen, dass sie dann auch in die Quote entsprechend hineinkommt.

Nun ist mir schon klar, dass die Eignungstests auch etwas mit dem Zustrom aus Deutsch­land zu tun haben, aber ich muss in diesem Zusammenhang trotzdem die Frage stel­len – auch Kollege Töchterle hat das angesprochen –: Was ist diese Matura überhaupt noch wert, wenn sie doch eigentlich eine Hochschulreife darstellen sollte, die Universi­täten dann aber anfangen, das noch einmal zu überprüfen? Ist es die Matura, die nichts wert ist? Sind es die Universitäten, die da sozusagen nicht mehr mit unseren AHS ge­koppelt sind?

Es ist, wie ich meine, ein Befund zu treffen, der eher darauf hindeutet, dass die Matura ein bisschen zu wenig wert ist, denn ich kenne noch ein anderes Beispiel von einem Rechts- oder Rechtsgeschichteprofessor, der seine erstsemestrigen Jus-Studenten im­mer fragt, wann die Republik gegründet worden ist – etwas, was man nach einer AHS-Matura eigentlich wissen sollte –, und der hat mir erzählt, dass das bis zu 50 Prozent der Maturanten nicht wissen. Da kommen dann ganz so traurige Antworten wie 1938 und solche Blödheiten, also ein wirklich erschreckender Befund.

Es ist, glaube ich, auf der einen Seite klar, dass das Bildungsniveau allgemein gesun­ken ist, das Schulniveau allgemein gesunken ist, auf der anderen Seite aber alle eben in die AHS hineindrängen, in die Studien hineindrängen, wir den Bologna-Prozess ha­ben, wo wir eine 40-prozentige Akademikerquote als Ziel haben, was meines Erach­tens der völlig falsche Weg ist. Warum? – Wenn wir uns anschauen, welche Länder in Europa gut dastehen, dann sehen wir, dass es die Länder mit einer hohen Facharbei­terquote sind, nämlich die Schweiz und Norwegen, und nicht die Länder mit einer künst­lich hoch gehaltenen Akademikerquote. Und wir in Österreich sind auf dem besten Weg dorthin. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist die Conclusio? Welche Konsequenz sollten wir daraus ziehen? – Wohl die, dass es besser ist, unseren jungen Menschen in der Volksschule und in der Mittelschule vor allem ein solides Handwerkszeug mitzugeben und in weiterer Folge dann auch die Ma­tura mit einem gewissen Wert auszustatten.

Ich meine, es ist zum einen – das wurde heute schon von meinem Kollegen Rosen­kranz angesprochen – die Stärkung der Basisausbildung in den Volksschulen, das Ver­mitteln der grundlegenden Kulturtechniken, die wir unbedingt stärken müssen, es ist aber auch – das ist überhaupt keine Frage – die Beherrschung der deutschen Sprache für den Besuch des Regelunterrichts, die vorauszusetzen ist. Da haben wir ein großes Problem.

Darüber hinaus ist der Abschied von der Utopie der Gesamtschule notwendig, es ist die Stärkung des differenzierten Schulsystems, wie ich meine, ganz, ganz wesentlich, und man muss natürlich auch bei der Lehrerausbildung nicht nur auf die pädagogische Komponente Wert legen, sondern – gerade was die AHS betrifft – auch auf die fachli­che Komponente. Wenn ich da an die Geisteswissenschaften denke, dann stelle ich


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fest, dass wir dort ein Problem bei der Lehrerausbildung auch auf der fachlichen Seite haben.

Mir ist bewusst, dass das mit dieser Regierung leider nicht möglich sein wird. Deswe­gen einmal mehr an dieser Stelle auch die dringende Forderung nach vorgezogenen Neu­wahlen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schmid zu Wort. – Bitte.

 


10.25.01

Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Sorry, aber ich habe irgendwie gerade ein bisschen das Gefühl, ich bin auf einem anderen Planeten, denn ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie sich Abgeordnete von den Regierungsfraktionen oder auch Sie, Frau Ministerin, jetzt wirk­lich hier herausstellen und sagen können, dass bei der Zentralmatura alles super gelau­fen ist. (Abg. Neubauer: … Turnschuhen!)

Also ich weiß nicht, die Stimmung in den Schulen ist jedenfalls eine komplett andere. An den meisten Schulen, an denen ich war und mit den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern geredet habe, gab es massive Kritik an dem, was da gelaufen ist, und ich finde, das muss man schon ernst nehmen. Deshalb haben wir Grü­ne auch jetzt eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema im Parlament verlangt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich fände es ehrlich gesagt auch sehr gut, wenn wir im Parlament ein bisschen mehr Expertinnen und Experten – also auch die Betroffenen – mit einbeziehen würden, denn Lehrerinnen/Lehrer und Schüler würden, glaube ich, jetzt ganz anders darüber reden und aus der Praxis berichten, wie die Zentralmatura heuer funktioniert hat.

Es ist hat einiges an Kritik gegeben, nämlich beispielsweise kleinere Dinge wie unter­schiedliche Hilfsmittel, die bei der Matura verwendet wurden, zu wenige Vorbereitungs­stunden, auch die Formulierungen der Fragestellungen waren bei dieser Matura teil­weise Gegenstand der Kritik. Aber noch viel wichtiger ist der Umstand, dass auch die zwei großen zentralen Versprechungen, die die Regierung bezüglich der Zentralmatura gemacht hat und die hier herinnen gemacht worden sind, nicht eingehalten wurden. De­ren Ziele werden im Moment nicht erreicht.

Als Erstes ist da zu erwähnen – weil viele von Ihnen die Kompetenzorientierung der Zen­tralmatura als so toll bejubeln –: Die Realität ist, dass alles, was das BIFIE im Moment ins Internet stellt, alles, was da im Moment hereinkommt, und die Daten der letzten Ma­tura, im Moment in den Klassen gepaukt, auswendig gelernt, gestrebert wird. Bei einer Matura ist wahrscheinlich noch nie so viel schwachsinnig auswendig gelernt worden wie jetzt bei der Zentralmatura.

Gerade vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der Hirnforschung der letzten zehn, zwan­zig Jahre, nämlich dass man von dem, was man auswendig lernt, aber danach im All­tag nicht weiter verwendet, binnen zehn Jahren 98 Prozent vergisst, finde ich, dass man jetzt nicht sagen kann, dass die Kompetenzorientierung der Zentralmatura in der Praxis wirklich geglückt ist. Das finde ich einfach schade, weil da sehr viel Energie hineingeht, die von den Schülerinnen und Schülern und auch von den Lehrern sehr viel besser ein­gesetzt werden könnte.

Das zweite große zentrale Versprechen war die Vergleichbarkeit der Zentralmatura. Jetzt ist es nämlich so, dass es Klassen gibt, in denen 80 Prozent der SchülerInnen durch­gefallen sind – wir haben heute auch schon von Schulen gehört, in denen 50 Prozent durchgefallen sind –, und wir haben auf der anderen Seite zum Beispiel HTLs, die in Ma-


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thematik sehr gut abgeschnitten haben, und zwar schlicht und einfach deswegen, weil Schülerinnen und Schüler, die in die HTL gehen, sich auch für diesen Weg entschieden haben, andere nicht.

Das führt natürlich dazu, dass jene Schulen, die sich nicht dafür entschieden haben, un­endlich viel Energie hineinstecken müssen, um diese gemeinsamen Standards bei der Matura zu erreichen. Das führt dann dazu, dass schlicht und einfach die Geschichten, in denen man gut ist, vernachlässigt werden, das, wofür man Talent hat, vernachlässigt wird und dort, wofür man sich bei der Zentralmatura entschieden hat und wo man die Schwerpunkte gesetzt hat, dann die volle Energie hineingesteckt werden muss.

Ich gebe Ihnen ein konkretes Beispiel, das mich sehr betroffen gemacht hat, nämlich die Schule, wo ich selbst maturiert habe, das BRG Viktring in Kärnten. Das hat unter an­derem einen musikalischen Schwerpunkt, das heißt, dort gibt es beispielsweise einen bildnerischen Zweig und einen musikalischen Zweig. Beim musikalischen Zweig sind Schü­lerinnen und Schüler dabei, die ein unglaubliches musikalisches Talent haben, das sind eigentlich junge Musikerinnen und Musiker. Da gibt es eine Gruppe von sehr Talentier­ten, und bei denen haben jetzt von elf Leuten sieben Leute bei der Zentralmatura in Ma­thematik einen Fünfer bekommen. Das sind aber Leute, die tagtäglich bis spät in die Nacht an den Instrumenten und musikalisch unglaublich viel üben.

Da gibt es keine Berücksichtigung bei der Zentralmatura. Und ich frage mich: Warum sind sie schlecht und schneiden in Mathematik schlechter ab? – Schlicht und einfach, weil es ihnen in ihrem Leben weniger wichtig ist, und eventuell auch, weil sie in Mathe­matik nicht so gut sind.

Und ich frage mich auch: Ist das wirklich so schlimm? Macht es Österreich wirklich zu einem besseren Ort, wenn wir jetzt diese Schülerinnen und Schüler zwingen, sozusa­gen traurig Mathematik zu lernen und deshalb weniger Musik zu üben?

Also ich glaube, dass wir bei der Zentralmatura einfach noch Reformen brauchen, dass wir individueller auf die Leute eingehen und solche Talente auch mehr berücksichtigen müssen, denn sonst ist das Einzige, das dadurch passiert, das Schlimmste, das du in ei­nem Schulsystem anrichten kannst, nämlich dass du die Lust der Schülerinnen und Schü­ler am Lernen killst. Und das ist das Schlimmste, was passieren kann. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Abgeordnete müssen unser Denken betreffend das Schulsystem, finde ich, ein biss­chen ändern. Wir haben noch ein altes System im Kopf, wie unsere Schulen funktionie­ren, weil wir noch ein Fabriksystem aus dem 20. Jahrhundert im Kopf haben, mit 30 Schü­lern in einer Klasse, 50-Minuten-Fließband-Stundeneinheiten (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), Ein-Lehrer-Frontalunterricht und jetzt noch die Zentralmatura.

Ich meine, die Schule der Zukunft wird in eine ganz andere Richtung gehen, es ist näm­lich eine, die auf Menschen setzt, die auf individuelles Lernen setzt, die auf Talente setzt und die auf Stärken setzt.

 


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren, Herr Abge­ordneter.

 


Abgeordneter Julian Schmid, BA (fortsetzend): Ja, okay. Ich bin nicht so gut im Ein­halten von Regeln, ich habe ja noch die alte Matura.

Auf jeden Fall finde ich, die Schule der Zukunft wird in eine ganz andere Richtung ge­hen, und ich finde, dass wir viel mehr in diese Richtung gehen müssten und uns viel mehr trauen sollten. Wir müssen aus der Zentralmatura wirklich die Angst herausneh­men, damit die Schülerinnen und Schüler keine Angst vor dem Lernen haben, und wir müssen endlich eine grundlegende Bildungsreform in Österreich machen, die schon seit Jahrzehnten auf sich warten lässt.

10.31



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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist wirklich ausgeschöpft. Das war ein langer Schlusssatz. – Danke vielmals.

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Julian Schmid.)

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


10.31.15

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Idee einer zentralisierten, standardisierten und vergleichbaren Zentralmatura ist ja nicht nur, dass man sieht, dass es Unterschiede gibt, sondern auch, dass man sieht, wo es diese Unterschiede gibt, wo­her sie kommen, dass man brauchbare Daten sammelt, die man nützen kann, um die Ursachen zu analysieren und die Probleme, die an manchen Standorten bestehen, da­nach für die Zukunft auszumerzen. Das ist die Idee dahinter. Man braucht Evidenz, da­mit man Probleme lösen kann. Das hat die Frau Ministerin ja auch schon an­gespro­chen.

Ja, es gibt einige Probleme bei der Zentralmatura. Das ist jetzt schon ausreichend er­wähnt worden, wie auch erklärt worden ist, was man besser machen könnte; da gibt es unterschiedliche Vorschläge der Parteien. Aber was mich schon ein bisschen ärgert, ist, dass die Idee der Zentralmatura hier so grundsätzlich infrage gestellt wird. Ich frage mich, warum wir überhaupt ein Instrument kritisieren, nur weil uns die Ergebnisse, die es hervorgebracht hat, einfach nicht passen. Das ist ein klassisches Shooting-the-Mes­senger-Problem, also etwas, was man ja wirklich nicht machen sollte. Nur weil einem das Ergebnis nicht passt, schafft man einfach das Instrument wieder ab, das diese Er­gebnisse hervorgebracht hat. – Das kann ja wohl nicht die Antwort sein!

Das ist ein gefährlicher Trugschluss, der auch hier in der Debatte zum Vorschein kommt, und ich halte es auch ein bisschen für eine intellektuelle Unredlichkeit von den Grünen, das so infrage zu stellen und auch zu insinuieren, dass das Problem die Zentralmatura an sich ist, wo sie doch eigentlich – das sage ich ganz offen – die größte Chance ist, die wir je in der Bildungspolitik hatten.

Denn: Was haben wir denn gedacht, was herauskommen wird? – Dass sich betreffend das österreichische Bildungssystem herausstellen wird, dass unser System, wo wir Kin­der schon mit zehn Jahren in die eine oder andere Richtung schicken, zu wunderbaren Ergebnissen führt und dass wir einheitliche Bildungsstandards haben? Hat wirklich je­mand erwartet, dass herauskommt, dass an allen Schulen die gleichen Ergebnisse sind? – Das wäre ja absurd! Ich glaube nicht, dass das irgendjemand erwartet hat. Ich meine, dass die Zentralmatura auch unser Versuch war, einen Beleg dafür zu bekom­men, dass wir im Bildungssystem ganz grobe Probleme haben und diese angehen müs­sen.

Lieber Julian Schmid, ich finde die Geschichte ja sehr nett, dass an deiner Schule in Kärnten die Leute wirklich intensiv auch an ihren Instrumenten üben, aber das ändert nichts daran, dass, wenn sie die Matura machen und danach auf die Uni gehen, auch einheitliche Bildungsstandards in Mathematik erfüllen müssen. Das ist einfach so! Und genauso wie es Schulen gibt, wo auch viele in Mathematik schlechter abgeschnitten ha­ben, gab es auch viele, wo es keine Fünfer gegeben hat.

Das ist auch das, was wir an sich hier diskutieren müssen: Woher kommen denn diese Unterschiede bei den Schulstandards? Woher kommen diese Unterschiede? Warum gibt es Lehrer, die vielleicht auch Jahr für Jahr konsequent immer schlechtere Ergeb­nisse liefern, und andere, die bessere Ergebnisse liefern, wobei die Schule dann aber trotzdem keine Möglichkeit hat, da einzugreifen und etwas daran zu ändern? Warum ist es so, dass es großartige Lehrer gibt, die man loben kann, dass es aber vielleicht auch Lehrer gibt, bei denen auch die Zentralmatura wirklich Daten liefert, die zeigen, dass sie


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für diesen Beruf möglicherweise nicht so geeignet sind? Man kann sich aber im Schul­system nicht dagegen wehren.

Die Zentralmatura – und das ist vielleicht der wichtigste Satz meiner Rede – ist eben nicht das Problem, sondern sie zeigt uns das Problem auf! Und wenn wir diese Chance nicht ergreifen, dann ist das wirklich der größte Fehler, den wir in dieser Debatte bege­hen können.

Die ÖVP-Vorarlberg ist ein Superbeispiel. Da hat Landesrätin Bernadette Mennel, schon bevor die vergleichbaren Ergebnisse da waren, gesagt – sie hat die Autoren kritisiert, weil die Aufgaben zu schwer zu lesen waren –, das macht man nicht.

Ich finde, was man nicht machen kann, ist, sich hier aus der Verantwortung zu stehlen, wenn in einem Bundesland katastrophal andere Ergebnisse waren als in einem ande­ren, was man sieht, wenn man beispielsweise Vorarlberg mit Oberösterreich vergleicht. Da stiehlt sich die Landesrätin aus der Verantwortung und ist einfach einmal erbost, weil jemand die Fragen vielleicht falsch geschrieben hat, sodass sie die Vorarlberger Schüler offensichtlich nicht so gut verstanden haben wie die oberösterreichischen Schü­ler. Das kann nicht sein! Das ist verantwortungslos allen Schülerinnen und Schülern in Vorarlberg gegenüber, sich so aus der Verantwortung zu nehmen!

Was wir aber schon sehen, was man trotzdem machen muss – und da bitte ich Sie, Frau Ministerin, in sich zu hören, ob Sie sich das nicht doch noch einmal überlegen wol­len –, ist, sich zu fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, die Ergebnisse zu veröffentlichen, denn ich glaube, Wissen ist Macht – und in diesem Sinne auch Macht, um bildungs­politisch etwas weiterzubringen. Es ist ganz wichtig, dass wir die Ergebnisse veröffent­lichen, damit wir uns wirklich anschauen können, was denn die Einflussfaktoren sind, die dazu führen, um zu ergründen, woher die Unterschiede an den einzelnen Standor­ten kommen, damit wir auch die Matura weiterentwickeln und zu einer echten Ver­gleichbarkeit kommen, wie es Kollege Klubobmann Strolz schon angeführt hat, sodass man auch eine wirkliche Zentralmatura hat, und dass wir bei dem Thema indexbasierte Finanzierung weitermachen, damit man sich auch bei jenen Schulen, die schlechtere Ergebnisse haben, anschauen kann, woher diese Ergebnisse kommen, und hinterfra­gen kann, ob die Schulen nicht vielleicht auch mehr Mittel in unterschiedlichen Berei­chen brauchen, damit sie mit diesen Problemen umgehen können.

Das ist die Aufgabe, die die Zentralmatura auch uns Politikern mitgegeben hat, das sind die Probleme, die wir für die Schulen lösen müssen. Und wie ich schon erwähnt habe: Der einzige Fehler, den wir jetzt machen können, wäre, die Zentralmatura in der Entwicklung zurückzunehmen, anstatt uns wirklich anzuschauen, was die Probleme sind, die an den Schulen dazu führen, dass es so krass unterschiedliche Ergebnisse gibt. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


10.36.42

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zusehe­rinnen und Zuseher auf der Galerie und ganz besonders auch vor den Fernsehgeräten! Eines ist bei dieser Aktuellen Stunde sehr bezeichnend: Wir diskutieren jetzt über eine Stunde die Zentralmatura, die Frau Kollegin Glawischnig hat aber zwei weitere ganz wichtige Themen inkludiert, und zwar waren das die Schulangst und der Prüfungsstress.

Ich darf vielleicht Folgendes anführen: Wenn man selber aktiv 20 Jahre Bezirksschulrat war, wenn man 20 Jahre Referent für Kindergarten, Schule und Sport war und diese Dis-


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kussion hier hört (Zwischenruf des Abg. Vogl), Herr Kollege, und vier Kinder und 14 En­kerl hat, ist man ein bisschen berufener, zu dieser Thematik zu reden, weil man aus Er­fahrung sprechen kann. Sehr viele sprechen über Bücher, die sie gelesen haben, und Expertenmeinungen, die zwar auch wichtig sind, aber, wie man in vielen Fachbereichen spürt oder sehen kann, oftmals nicht zum optimalen Ergebnis führen, und das dürfte auch bei der Bildung so sein.

Frau Kollegin Grossmann, es geht eigentlich überhaupt nicht darum, dass die Oppo­sition eine Ministerin anpatzen will, sondern – ganz im Gegenteil – es geht beim Bil­dungsressort um eines der wichtigsten Ressorts für die Zukunft, und da geht es darum, dass es in der letzten Zeit sehr viele Versäumnisse gegeben hat.

Kollege Rosenkranz hat mit Recht die Überbürokratie angesprochen. Na ja, natürlich! Ich bringe das Beispiel Oberösterreich – weil es gerade von meiner Vorrednerin zitiert wurde –: Warum braucht man in Oberösterreich einen Bildungslandesrat und einen Lan­desschulratspräsidenten?

Ich habe hier, nur um die Bürokratie zu illustrieren (einige Ausdrucke in die Höhe hal­tend), einen Ausdruck des Landesschulratspräsidiums mitgenommen. Da gibt es noch so viel einzusparen und so viel zu entrümpeln, dass man sich fragen muss: Was ist dort in den letzten 20 Jahren wirklich passiert? – Na, beim Landtagswahlkampf wurde kurz darüber gesprochen, dass man das zusammenführen wird, dass man die Einspa­rungen selbstverständlich machen wird, und kaum ist die Wahl geschlagen, kaum ist das Ergebnis verlautbart – und es wurde nicht aufgehoben –, sind die Ankündigungen schon wieder begraben. Das ist genau das Problem, das wir hier haben!

Und was mir ganz besonders fehlt und was sich wie ein roter Faden durch diese Dis­kussion zieht: Ich höre nichts von der Mitarbeit und von der wichtigen Rolle der Eltern – egal, ob Vater oder Mutter oder die Alleinerziehenden. Kein Lehrer hat eine Chance, wenn die Eltern zu Hause im Elternhaus nicht mit unterstützen, mitarbeiten, das Schul­system mittragen. (Beifall beim Team Stronach.)

Das beginnt in der Vorschule, das geht über die Volksschule und die Hauptschule – und egal, ob es danach mit der Matura oder mit einem weiteren Bildungsweg endet, die El­tern werden immer eine wichtige begleitende Rolle spielen. Das ist ein ganz wesentli­cher Schwerpunkt, und der fehlt meiner Meinung nach bei der Bildungspolitik sehr. Die Rolle der Eltern muss viel mehr in den Vordergrund gerückt werden!

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Erziehenden, Vätern, Müttern und Alleiner­ziehenden, aber auch bei allen Lehrerinnen und Lehrern für deren Leistung bedanken, weil ich von meinem Grundverständnis her davon ausgehe, dass sich alle bestens be­mühen. Und wenn seitens der Opposition Vorschläge vorgebracht werden, dann bitte ich, diese anzuerkennen und nicht abzuschmettern als einen Versuch, die Regierung be­ziehungsweise überhaupt die neue Ministerin anzupatzen. (Beifall beim Team Stronach.)

Kollege Julian Schmid hat vorhin etwas ganz Wesentliches angesprochen, auch unser Klubobmann Robert Lugar, und ich glaube, darauf muss man noch viel mehr eingehen. Wir müssen die Neigungen und die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler viel mehr herausarbeiten. Was hilft es, Frau Ministerin – in Bezug auf Ihr Beispiel –, wenn jemand statt 72 Liegestützen 75 oder 80 macht, wenn er sich in Richtung Musik orientiert? – Ich glaube, es ist gut, wenn ein Musiker viele Musikinstrumente spielen kann und musisch gebildet wird und ein Sportler in Richtung Sport.

Dass Handlungsbedarf besteht – weil wir gerade vom Sport reden, Stichwort Europa­meisterschaft –, bestätigt Sportdirektor Willi Ruttensteiner, der gesagt hat, das Bildungs­system sei völlig umzubauen. Vielleicht kann man es am Beispiel Fußballmannschaft festmachen: Marcel Koller braucht elf Fußballer, er braucht aber einen Tormann, einen Verteidiger, einen im Mittelfeld und einen Stürmer und nicht elf Stürmer oder elf Tor-


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männer. Ich glaube, so muss man das auch im Bildungssystem sehen und die Fähig­keiten der Schülerinnen und Schüler viel mehr fördern, dann kommen wir dem Ziel ei­ner guten Ausbildung wesentlich näher, denn egal, mit welchem Bildungssystem diese Ausbildung endet, es ist die wichtigste Grundlage für ein erfolgreiches Berufsleben und für die Zukunft. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Franz.)

10.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


10.41.48

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Sehr geschätz­te Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zum Thema der Aktuellen Stunde, der Änderung der Zentralmatura: Die Mathematik­matura ist heuer anscheinend viel schwieriger als im letzten Jahr gewesen.

Es stimmt, meine sehr geehrten Damen und Herren, Angst und vor allem allzu großer Druck sind ein schlechter Ratgeber vor allem für die jungen Menschen, aber ein biss­chen Druck und Anforderungen sind schon wichtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist auch richtig und es wäre sicher auch sinnvoll, wenn sich eine unabhängige Kommission die Ergebnisse genauer anschauen würde. Es gibt große Unterschiede zwischen Burschen und Mädchen – ich glaube, Kol­lege Rosenkranz hat das angesprochen –, es gibt aber auch große Unterschiede in Be­zug auf die einzelnen Schulstandorte. Es gibt auch große Unterschiede bei den einzel­nen Schultypen. Und ob die Kommission, die die Fragen ausarbeitet, unbedingt so groß sein muss, ist auch zu hinterfragen.

Eines, Frau Minister, möchte ich schon noch gerne wissen: Wie geht es mit der Bil­dungsreform weiter? – Die Bildungsreform ist, haben wir gerade gehört, ein wichtiger Grundstein fürs Leben, vor allem auch im Zusammenhang mit der Jugendarbeitslosig­keit, und deshalb ist es so wichtig und dringend notwendig, dass die Bildungsreform end­lich auf Schiene gebracht wird. Eine solide Bildung ist der Grundstein fürs Leben! – Herz­lichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


10.43.37

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Hohes Haus! Themen wie Schulangst, Prüfungsangst, Zentralmatura zu einem Zeitpunkt zu themati­sieren, zu dem die meisten Schüler und auch viele Lehrer bereits im Ferienstress sind, finde ich ein bisschen wie: Google Maps hat seine Orientierung verloren. – Aber immer­hin.

Sehr geehrte Frau Minister Hammerschmid, ich habe mir Ihre Ausführungen wirklich ganz genau angehört, ich habe genau zugehört und muss sagen, ich habe eigentlich von dem, was unser Bundeskanzler Kern im Augenblick sagt, nichts daraus entnommen. Er spricht vom sogenannten New Deal – meiner Meinung nach war das eher Old School, systemgetreu und ohne zündende Ideen!

Es gibt so viele hochintelligente Menschen, die sich mit dem Bildungssystem und der Re­form des Bildungssystems beschäftigen. Kennen Sie, Frau Minister, zum Beispiel den Film „alphabet“ von Erwin Wagenhofer aus dem Jahr 2013? Das ist ein Film, der sich sehr intensiv mit dem Bildungssystem und den Korrekturen dazu befasst, und er be­ginnt mit dem Satz: „Wir“ – die Menschen – „haben diese außergewöhnliche Vorstel­lungskraft. Jede Form menschlicher Kultur ist die Folge dieser einzigartigen Fähigkeit.“

Und was tun wir mit dieser Fähigkeit? – Wir beginnen bereits in der Volksschule, sie zu zerstören. 98 Prozent der Kinder kommen als hochbegabt auf die Welt – 2 Prozent ver­lassen die Schule als hochbegabt!


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In diesem Film kommen auch einige Topmanager zu Wort. Einer wird unter anderem gefragt, was die wichtigste Eigenschaft bei seinen Mitarbeitern ist. Er sagt ganz ein­fach, das Konkurrenzdenken muss da sein, man muss wettbewerbsgerecht und sieg­orientiert sein.

Ein anderer Manager sagt im Gegensatz dazu: „Die Verkürzung des Lebens auf die Ökonomie ist eine der schlimmsten Entwicklungen“, die wir im 20. und 21. Jahrhundert als solche überhaupt bekommen konnten.

Darf ich Sie mit einigen anderen Personen konfrontieren, die sich auch sehr für ein neues, geändertes Bildungssystem einsetzen? Kennen Sie zum Beispiel André Stern? André Stern ist ein Gitarrist, ist ein Informatiker, ist ein Vortragender, wohnt in Frank­reich und ist ein Mann, der nie in die Schule gegangen ist, aber fünf Sprachen spricht und in seinen Vorträgen auf die Frage: Was sagen eigentlich die Kinder zu dir, wenn sie hören, dass du nie in die Schule gegangen bist?, erklärt: Na hast du ein Glück!

Da muss man sich aber schon fragen, was man da mit dem Willen der Kinder, die ja mit Begeisterung in die erste Klasse gehen, eigentlich tut.

Ein zweiter Mann, den Sie vielleicht kennen sollten, ist erwähnenswert, und das ist Pro­fessor Dr. Gerald Hüther. Vielleicht hören Sie manchmal „Frühstück bei mir“ in Ö3, dann wird Ihnen dieser Name etwas sagen. Er wird immer wieder gefragt, was eigentlich das Schlimme an unserem Bildungssystem ist, und er antwortet: Eigentlich gar nichts, wenn wir wissen, wohin wir die Kinder entlassen. Wir entlassen die Kinder in eine Konsumge­sellschaft, und in dieser Konsumgesellschaft versucht jeder auf Kosten des anderen mög­lichst gut zu leben.

Noch jemand, den Sie sich vielleicht ein wenig näher anschauen sollten, ist in dieser Reihe zu nennen, und zwar Richard David Precht. Er ist Publizist, Philosoph, Honorar­professor an etlichen Universitäten und hat vor zwei oder drei Jahren ein Buch in Deutschland herausgegeben mit dem Titel: „Anna, die Schule und der liebe Gott. Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns alle weiterentwickelt. Die Welt hat sich weiterentwickelt, die Wirtschaft hat sich weiterentwickelt, das Schulsystem aber stammt aus einem Jahrhundert, in welchem ganz andere Anforderungen an die Men­schen gestellt wurden; daher auch die Kadettenschulen, um die Schüler möglichst strikt, einfach und konkret auszubilden. Das passt ganz einfach nicht mehr. Unsere Kin­der müssen mehr lernen, und sie müssen mehr Wissen lernen. Sehr oft spricht man in die­sem Zusammenhang auch vom Bulimie-Lernen. Das heißt, unsere Kinder lernen so, wie es Seneca sagte, sie lernen für die Schule. Sie lernen für die einzelnen Tests, und dann vergessen sie das, was sie gelernt haben. Sie lernen es, aber sie können es nicht memorieren, weil sie ganz einfach nicht die richtige Lehrweise erhalten haben.

Ich darf meine Ausführungen mit einem Satz beenden, der nicht von mir stammt, son­dern von Rabelais: „Kinder wollen nicht wie Fässer gefüllt, sondern wie Fackeln ent­zündet werden.“ – Ich denke, das ist ein guter Schlusssatz. – Danke schön. (Beifall des Abg. Franz.)

10.48


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

10.48.56Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 9502/J bis 9736/J

2. Anfragebeantwortungen: 8637/AB bis 8785/AB

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz geändert wird (1249 d.B.)

4. Antrag:

Zurückziehung: Zu 1778/A(E)

5. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Übereinkommen von Paris, Ergänzung der fehlenden Seiten 8 und 10 der französischen Sprachfassung (Zu 1193 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Mai 2016, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 107 BA)

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 79 betreffend „Generationengerechtigkeit Jetzt!“, überreicht vom Abgeord­neten Michael Pock

Petition Nr. 80 bezüglich der „Resolution der Marktgemeinde Walding ,Abstandnahme von einer Deckelung der Mindestsicherung für Mehrkind-Familien‘“, überreicht vom Ab­geordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

Petition Nr. 81 bezüglich der „Resolution der Marktgemeinde Spittal an der Drau ,für eine TTIP/CETA/TiSA-freie Gemeinde‘“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber

Petition Nr. 82 bezüglich der „Resolution der Gemeinde Paternion ,für eine TTIP/CETA/
TiSA-freie Gemeinde‘“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

Petition Nr. 83 bezüglich der „Resolution der Marktgemeinde Finkenstein am Faaker See ,TTIP-freie Gemeinde‘“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber

Petition Nr. 84 bezüglich der „Resolution der Stadtgemeinde Pregarten ,TTIP-freie Ge­meinde‘“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

Petition Nr. 85 betreffend „Änderung des Starkstrom Wege-Gesetzes – StWG aus dem Jahre 1968 auf Initiative der Interessen-Gemeinschaft – Erdkabel (IG-E)“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

Bürgerinitiative Nr. 103 betreffend Aufnahme der Gynäkologie und Geburtshilfe in die Grundversorgung jedes Krankenhauses, somit flächendeckende Sicherung der Gynä­kologie und Geburtshilfe in ganz Österreich

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiati­ven an andere Ausschüsse:

Außenpolitischer Ausschuss:

Bürgerinitiative Nr. 73 betreffend „Errichtung und Finanzierung eines Grabmals für die Opfer von Maly Trostinec“


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Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Petition Nr. 57 betreffend „Rettung des Waffenpasses für Jäger“, überreicht vom Abge­ordneten Mag. Gernot Darmann

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bürgerinitiative Nr. 80 betreffend „FAIRE LEBENSMITTEL“

Verfassungsausschuss:

Bürgerinitiative Nr. 88 betreffend „Best- statt Billigstbieter bei Ausschreibungen im Li­nienbusverkehr. Qualitäts- und Sozialstandards, sowie verpflichtender Personalübergang bei Ausschreibungen im Linienbusverkehr“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2015 (III-262 d.B.)

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/8 (III-283 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Evaluierung des Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), 2015 (III-288 d.B.)

Gesundheitsausschuss:

Lebensmittelsicherheitsbericht 2015 der Bundesministerin für Gesundheit (III-287 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Sicherheitsbericht 2015 der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-285 d.B.)

*****

10.49.12Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Ab­geordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 1748/A(E) be­treffend Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Schaffung von Sicherheit bei der Be­darfsorientierten Mindestsicherung eine Frist bis 7. Juli 2016 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss der Debatte erfolgen.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 bis 7, 12 und 13 sowie 15 und 16 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatten erzielt. Der Tagesordnungspunkt 1, EU-Erklärungen gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates, ist nicht in die Ta­gesblockzeit einzurechnen.

Es wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ für die Tagesordnungspunkte 2 bis 18 vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 95, FPÖ 88, Grüne 74 sowie NEOS und STRONACH je 39 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Beschlusses je 20 Minuten, darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargelegten Redezeiten, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig so angenommen.

10.51.421. Punkt

EU-Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung, und ich be­grüße dazu den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Vizekanzler und die Mitglieder der ös­terreichischen Bundesregierung.

Diese Erklärungen sollen eine Dauer von insgesamt 25 Minuten nicht überschreiten.

Im Anschluss daran wird im Sinne des § 74b der Geschäftsordnung auch eine Debatte stattfinden.

Nun erteile ich Ihnen, Herr Bundeskanzler Mag. Kern, das Wort. – Bitte.

 


10.52.22

Bundeskanzler Mag. Christian Kern: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mit­glieder des Hohen Hauses! Das Referendum in Großbritannien ist mit Sicherheit ein his­torisches Ereignis gewesen – mit einer Tragweite, die wir zum heutigen Tag, zur heuti­gen Stunde wahrscheinlich noch gar nicht in ihren vollständigen Auswirkungen beurtei­len können. Es hat allerdings einige bemerkenswerte Entwicklungen nach sich gezo­gen, die man mit einer gewissen Nachdenklichkeit betrachten kann, insbesondere jene, dass die kurzfristigen Verwerfungen und Unsicherheiten, die entstanden sind, ein be­trächtliches Ausmaß angenommen haben.

Vielleicht haben Sie heute früh schon ein bisschen die Nachrichten im Internet verfolgt, dann werden Sie gesehen haben, dass heute Nacht das Pfund auf den tiefsten Stand seit 1985 gesunken ist. Wir reden hier über eine Währungsabwertung in der Folge von fast 20 Prozent mit erheblichen Auswirkungen. Das ist nicht nur ein Thema, das für die


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Wirtschaftsgazetten von Bedeutung ist, sondern das hat dazu geführt, dass sich die Volkswirtschaft Großbritanniens innerhalb einer Woche von Platz 5 weltweit auf Platz 7 zurückversetzt sieht. Das hat zur Folge, dass die Guthaben der Sparer entwertet wer­den, das hat zur Folge, dass die Inflation letztendlich steigen und auch das wieder auf dem Rücken derjenigen ausgetragen werden wird, die es sich wahrscheinlich am we­nigsten leisten können.

Sie haben wahrscheinlich auch verfolgt, wie die Reaktion der großen Unternehmen ge­wesen ist. Insbesondere die Banken haben bereits angekündigt, sich neue Standorte zu suchen. Sie haben Großunternehmen wie Fiat oder Siemens erlebt, die angekündigt haben, in Zukunft nicht mehr in Großbritannien investieren zu wollen. Ich weiß, dass das zum jetzigen Zeitpunkt natürlich erst einer weiteren Bewertung unterzogen werden muss, aber da entsteht eine Stimmung, ein Cocktail, der die britische Volkswirtschaft nach­haltig betreffen wird.

Es ist noch eine Beobachtung, die man mit Interesse verfolgen kann: dass wir eine Kam­pagne erlebt haben, die sich nicht immer an Sachargumenten orientiert hat, dass es eine Kampagne der populistischen Zuspitzung gewesen ist, sich aber bemerkenswer­terweise jene, die einfache Lösungen versprochen haben, jene, die so glasklar und ein­fach die Sündenböcke benennen konnten, heute vom Acker gemacht haben. Das ist ein bisschen das Bild einer politischen Klasse, die den Wagen gegen die Wand ge­fahren und danach gemeint hat: Da habt ihr die Schlüssel zurück! Ausbaden werden das, was da passiert ist, nicht die Eliten, sondern ausbaden werden es jene Menschen, die hart arbeiten und die es sich am wenigsten erlauben können.

Wenn man aber analysiert, was da passiert ist, dann muss man sagen, das hat einige britische Spezifika, das ist unzweifelhaft auch in der Geschichte Großbritanniens ange­legt, in seiner Haltung zur EU, aber zweifellos auch dem Umstand geschuldet, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten eine sehr kritische, fast schon ans Unfaire grenzende Auseinandersetzung mit europäischen Themen in Großbritannien erlebt haben. Und ei­ne der Lehren, die man ziehen kann, ist, dass es nun einmal nicht reicht, wenn man das ein Jahrzehnt betrieben hat, vielleicht noch länger, in drei Monaten zu versuchen, für ein richtiges, wichtiges Zukunftsprojekt die Stimmung zu drehen.

Es ist aber auch – und ich denke, auch das muss man konstatieren – nicht nur Aus­druck dessen, dass es Skepsis und Kritik am europäischen Projekt gegeben hat, son­dern wahrscheinlich auch so etwas wie ein allgemeiner Verdruss am politischen Sys­tem schlechthin. Wir kennen dieses Phänomen, weil das nicht nur in Großbritannien ei­ne Rolle spielt, sondern wir erleben das in vielen europäischen Hauptstädten in diesen Tagen. Und deshalb, denke ich, sind wir gut beraten, nicht mit dem nackten Finger auf Großbritannien zu zeigen und uns darüber zu wundern, wie man so weit kommen konn­te, sondern die Frage zu stellen, ob wir in den europäischen Hauptstädten, die ja inte­graler und entscheidender aufbauender Teil der Europäischen Union sind, nicht auch vor unserer eigenen Tür kehren müssen.

Worauf ich anspiele, ist eine politische Diskussion, in der immer wieder sehr schnell, und manchmal auch ohne zu reflektieren, die Europäische Kommission zum allgemei­nen Sündenbock gemacht wird. Was wir erlebt haben, ist, dass wir oft politische Schuld­zuweisungen in Richtung Brüssel gesehen haben – in Fragestellungen und in Mate­rien, wofür Brüssel eigentlich gar keine Kompetenz hat, es zu regeln, jedenfalls nicht die EU-Kommission, sondern die ganz klar in die Verantwortung der einzelnen Mit­gliedstaaten, die den Europäischen Rat konstituieren, fallen.

Ein Beispiel, das wir alle gut kennen – und gerade in diesen Tagen, denke ich, macht es Sinn, darauf hinzuweisen –: Migrationspolitik, eine der großen europäischen Fragen, die nur gemeinsam zu lösen sind. Es ist aber wahrscheinlich eine wirklich inakzeptable Hal­tung, die Fortschritte und das Versagen der Europäischen Union zu beklagen, wie das in


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manchen Mitgliedsländern passiert, und sich gleichzeitig jedem Versuch einer sinnvollen Verteilung von Migranten in Europa zu entziehen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.) Ich denke, es ist tatsächlich politischer Zynismus, die EU-Kommission mit Vorwürfen einzu­decken.

Man muss aber natürlich bei all diesen Entwicklungen sehen, dass nicht alles eitel Won­ne ist; das ist überhaupt keine Frage, es hat Fehlentwicklungen gegeben. Wir spüren sie, jeder von uns kann sie mit Sicherheit benennen. Sie liegen zum einen darin, dass wir auf europäischer Ebene oftmals eine Diskussion über das Klein-Klein des politi­schen Alltags erleben. Ich zitiere den Herrn Vizekanzler, der bei dieser Gelegenheit im­mer auf die Traktorsitze verweist; jeder von uns kennt ähnliche Beispiele.

Das Hauptproblem scheint mir aber jenes zu sein, dass die Europäische Union vor 60 Jahren mit einem Versprechen konstituiert worden ist, und dieses Versprechen hat bedeutet: Nie wieder Krieg! Aus diesem Nie-wieder-Krieg, aus diesem Wohlstandsver­sprechen, aus diesem Sicherheitsversprechen, das damit einhergeht, ist heute eine Dis­kussion geworden, in der eigentlich zunehmend verloren gegangen ist, wofür die euro­päische Idee steht und wofür wir alle miteinander aufstehen möchten. Es ist der Ein­druck entstanden, dass eine bestimmte Ideologie das europäische Projekt gekapert hat, die nun einmal nicht das Interesse der Menschen und der europäischen Bürgerin­nen und Bürger in den Vordergrund gestellt hat, sondern – ich spitze hier etwas zu – so etwas wie die Interessen der Konzerne zum kategorischen Imperativ gemacht hat.

Kurzfristig haben wir zwei Fragen zu stellen, die uns alle zu interessieren haben. Die eine Frage ist: Wie geht es ganz konkret im Umgang mit Großbritannien weiter? Wir ha­ben vorige Woche einen Europäischen Rat gehabt, an dem David Cameron teilgenom­men hat, und er hat dort erklärt, wie er sich die weitere Ordnung der Perspektiven mit Europa vorstellt. Ich denke, auf der positiven Seite war festzuhalten, dass Cameron glas­klar gesagt hat, Großbritannien wird weiter seine europäischen Verpflichtungen wahr­nehmen, wird an den Entscheidungsprozessen weiter mitwirken, wird aber vor allem auch seine Zahlungen weiterhin pünktlich überweisen und naturgemäß am Binnenmarkt teil­nehmen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Es ist allerdings bei diesem Gespräch auch klar geworden, dass es nicht den gerings­ten Plan auf britischer Seite gibt, wie man mit dieser Situation umgehen mag, denn die Befürworter haben sich darauf nicht vorbereitet, und die Gegner, wie wir gesehen ha­ben, haben auch kein ernsthaftes Interesse gehabt, konstruktive Lösungen zu suchen.

Das ist ein Problem Großbritanniens, aber es wird auch zum Problem für uns, weil wir nicht erwarten dürfen, dass es da schnell Lösungen gibt und dass der Verhandlungs­prozess rasch aufgenommen werden kann. Wir alle wissen ja, dass aufgrund der politi­schen Destabilisierung in Großbritannien der Prozess, bis es einen Premierminister gibt und bis die Anmeldung des Austritts erfolgt, wohl noch einige Zeit dauern wird.

Das, was wir Regierungschefs im Europäischen Rat festgelegt haben, war ein klares Prin­zip, das geheißen hat, es wird erst dann Austrittsverhandlungen geben, wenn die Bri­ten schriftlich kundgemacht haben, dass sie austreten. Diese Austrittsverhandlungen müs­sen natürlich im guten Einverständnis geführt werden: Wir haben Interesse, Großbri­tannien als Partner für Sicherheits- und Wirtschaftsfragen zu behalten, aber es muss auch klar sein, dass es Privilegien und den Zugang zum Binnenmarkt nur um einen be­stimmten Preis gibt. Das wird ein materieller Preis sein, aber es wird logischerweise auch so sein, dass die vier Grundfreiheiten unzweifelhaft auch von britischer Seite ak­zeptiert werden müssen.

Die zweite Frage jenseits des Formalen ist allerdings jene, was das inhaltlich bedeutet und wie wir dieses europäische Projekt bewerten und weiterentwickeln können. Ich ha­be mit Interesse gesehen, dass heute Morgen das Ergebnis einer Umfrage unter jun­gen Österreichern veröffentlicht worden ist, das ein sehr ermutigendes Resultat gezeigt


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hat: 80 Prozent unserer jungen Leute haben dabei angegeben, sich als europäische Bürgerinnen und Bürger zu fühlen. Das ist ein gutes Zeichen, weil verstanden worden ist, dass ein wesentlicher Teil unseres Wohlstands daran hängt.

Wir wissen, fast eine Million Jobs in Österreich hängen vom Export ab, der Löwenanteil davon geht ja bekanntermaßen in die EU. Wir wissen, dass viele unserer Freiheiten – beim Reisen zum Beispiel, beim Arbeiten – ganz wesentlich an unserer Einbettung in­nerhalb der EU hängen, und wir wissen, dass wir hier einer Gemeinschaft angehören, die auf einen Wertekanon aufbaut und auf ein Wertesystem aufbaut, das wir alle so schätzen und das Europa stark gemacht hat, auf Humanität und auf ein Lebensgefühl, dass das Gemeinsame in den Vordergrund stellt, wo eben nicht jeder Einzelne zu schau­en hat, wo er selbst bleibt.

Es gibt allerdings zwei Fragen, denen wir uns mit größter Intensität widmen müssen, die aber auch sehr gut zeigen, dass es nur im europäischen Kontext Lösungen geben kann. Ich denke, es ist unsere gemeinsame Verantwortung, das immer wieder klarzu­machen. Wir haben intensiv und oftmals die Integrationsfrage diskutiert, und wir wis­sen, bei allen Maßnahmen, die Österreich hier in diesem Bereich setzt, ist eines klar: Wenn wir erst an den österreichischen Grenzen nachzudenken beginnen, wie wir mit der Migrationsfrage umgehen, dann wird das zwangsläufig scheitern und nicht leicht funk­tionieren. Wir haben auch hier ganz klar eine Lösung zu suchen, die weit über unsere ös­terreichischen Grenzen hinausgeht, die wir nur im europäischen Kontext durchsetzen können. Wenn Sie etwa an das Abkommen mit der Türkei denken, ist das ein gutes Bei­spiel dafür, dass ein Land wie Österreich allein wahrscheinlich keine zufriedenstellenden Lösungen zuwege brächte.

Terrorbekämpfung – auch das wissen wir –: Da brauchen wir eine grenzüberschreiten­de Kooperation, sonst werden wir die Sicherheitsbedürfnisse unserer Bürger und Bür­gerinnen nicht erfüllen können.

Finanzkrise – wir haben auch das erlebt –: Ohne die entschlossenen Interventionen der Europäischen Zentralbank und ohne ein professionelles Management der Griechenland­krise würden die wirtschaftlichen Turbulenzen der Finanzkrise noch einmal ganz anders aussehen.

Die Fragen des Klimawandels oder der Wettbewerbspolitik: Sie können eine Frage nach der anderen nehmen und Sie werden immer sehen, dass wir nur gemeinsam in der La­ge sind, diese großen Generationsherausforderungen zu lösen. – Das gilt es klarzuma­chen, und das muss unsere Perspektive sein.

Es ist allerdings so, dass wir uns hier auch mit der Frage zu beschäftigen haben, wie wir das europäische Projekt generell und institutionell weiterentwickeln wollen. Es ist na­türlich ein logischer Reflex, sich nach einem derartigen historischen Einschnitt wie in Großbritannien mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Union aussehen muss, wie wir entscheidungsfähiger sein können, was die Themen sind, mit denen wir uns be­schäftigen, und was die Themen sind, mit denen wir uns jedenfalls nicht beschäftigen wollen.

Ich denke aber, man muss im Moment auch realistische Erwartungshaltungen haben. Wir werden den nächsten Rat am 16. September in Bratislava haben, welcher der Be­ginn einer Diskussion über einen solchen Reformprozesses sein wird. Der Prozess wird aber unzweifelhaft lange dauern, viel Geduld erfordern und wird sich damit zu beschäf­tigen haben, wie mitunter diametral unterschiedliche Auffassungen in wesentlichen Poli­tikfeldern unter einen Hut zu bringen sind. Deshalb plädiere ich sehr stark dafür, in die­sen europäischen Diskussionen darauf zu setzen, zunächst einmal die richtigen Priori­täten zu setzen, und das ist eine aktuelle politische Frage, die sich entlang der The­menstellungen Migration, Sicherheit, aber letztendlich auch Arbeitsmarkt/Beschäftigung,


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insbesondere Jugendarbeitslosigkeit, zu orientieren hat. Wir werden uns zweitens, und da wird auch Österreich eine Rolle spielen müssen, mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir dazu kommen, dass jeder seine Rolle in Europa solidarisch ernst nimmt.

Bratislava wird der Beginn eines Prozesses sein. Es wird, wie ich vermute, dort keine großen Revolutionen geben – das wäre wahrscheinlich nicht zu erwarten –, ich halte das so aber auch für gut, denn wenn wir in diesen Tagen über Europa reden, dann ist das ein Projekt, das eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hat, das unserem Land viel ge­bracht hat, das dem Kontinent viel gebracht hat und das wahrlich keine politische Ha­varie ist. Wir verdanken Sicherheit und Stabilität, wir verdanken einen guten Teil unse­res Wohlstands dieser europäischen Vereinigung.

Wir haben heute die Situation, dass Europa wohl so etwas wie der meistbewunderte Kontinent auf dem ganzen Planeten ist: Unsere Geschichte, unsere Kultur, unsere wirt­schaftliche Stärke haben nach wie vor und ungebrochen enorme Anziehungskraft. Un­sere gemeinsame Verantwortung wird es sein, dass das auch so bleibt. – Danke. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

11.05


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner zu Wort. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


11.06.08

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Regie­rungsteam! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht hat das Refe­rendum vom 23. Juni drei Komponenten: Die eine Frage betrifft die Beziehung oder die Relation oder die Auswirkungen hinsichtlich Vereinigtes Königreich, die andere Frage betrifft die Konsequenzen für die EU, und das dritte Thema ist sicherlich die Auseinan­dersetzung mit den Folgen und mit den Vorhaben für Österreich.

Wir haben das schon öfter gehört, aber ich finde es interessant: Im Jahr 1973 ist das Vereinigte Königreich mit 67 Prozent Zustimmung der Europäischen Union beigetreten, und im Jahr 2016 ist mit den bekannten 52 Prozent zumindest die Vorentscheidung für den Austritt gefallen. Viele haben das ja auch zur Gratulation genutzt, um das als Pro­test gegen die Upperclass in Großbritannien oder auch gegen die EU zu interpretieren. Ich glaube, ihnen allen ist die Gratulation dann schon im Hals stecken geblieben oder sie hätten das wahrscheinlich lieber nicht gesagt, als sie die Folgen – so schnell, wie sie im konkreten Fall eingetreten sind – gesehen haben.

Der Bundeskanzler hat die faktische Abwertung des Pfund schon angesprochen, aber auch die Kontraktion, was die Wirtschaftssituation insgesamt anlangt: Die Experten er-warten schon für dieses Jahr mehr als 1 Prozent Auswirkungen auf das Bruttonational­produkt. Das wird sich bis zum Jahr 2020 nicht mindern, sondern sogar eher fortset­zen. Allein die Tatsache, dass 800 000 Gäste aus Großbritannien in Österreich Urlaub machen, beeinträchtigt uns schwer, denn das Pfund ist jetzt weniger wert, der Urlaub teurer, vielleicht werden sie nicht kommen. (Abg. Kickl: Die Russen kommen gar nicht mehr!)

Meine Damen und Herren, es ist die Überlegung anzustellen, warum und wieso das pas­siert ist; es ist vorhin schon darüber geredet worden. Ich denke, der Hintergrund ist sicher­lich der, dass die innere Kraft der Idee der europäischen Einheit, die auf das Desaster, auf die Desaster muss man ja sogar sagen, des 20. Jahrhunderts gefolgt ist, sich ei­gentlich irgendwo erschöpft hat und dass die EU momentan eher als Summe aller Pro­bleme, aller Ängste, aller negativen Emotionen wahrgenommen wird.

Es ist halt sehr verlockend, in diesem Zusammenhang das goldene Zeitalter des Natio­nalstaats zu beschwören, ohne auf die Kompromissmaschine Brüssel – die manchmal


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so empfunden wird – eingehen und hören zu müssen. Es ist natürlich auch eine Pro­blematik, was die handelnden Personen anlangt. Ich sehe die Problematik bei David Cameron, der da taktiert hat und eigentlich dann gescheitert ist. Die Problematik ist ei­gentlich noch stärker bei Personen wie Farage oder Johnson zu sehen, die sich ein­fach empfohlen haben, sich vom sinkenden Schiff empfohlen haben.

Heute ist ja in mehreren Zeitungen zu lesen, dass Christoph Waltz von Ratten spricht, die das Schiff verlassen. – Diese Bemerkung ist etwas überzeichnet, aber trotzdem glau­be ich, dass man keinen Plan hat, da man jetzt alles zurücklässt, das merkt man schon daran, dass Artikel 50 eigentlich nicht in die Ziehung gebracht worden ist und dass der Antrag nicht nur nicht gestellt wurde, sondern dass man jetzt in Großbritannien noch streitet, wann das passieren wird.

Die Frage ist natürlich schon, wie man jetzt weiter vorgeht. In der EU herrscht Einigkeit, dass einmal die Antragstellung zu erfolgen hat und dass keine Rosinen gepickt werden sollen. Was heißt „Rosinen“? – Im Endeffekt, dass man in diesem Zusammenhang nicht nur Privilegien haben kann, ohne auf die Pflichten Rücksicht zu nehmen. In diesem Zu­sammenhang wird manchmal die Schweiz als Beispiel genommen und gesagt: Schaut euch doch die Schweiz an, wie gut die das gemacht hat! Schauen Sie wirklich auf die Schweiz, und zwar in Zukunft! Warum? – Weil dort die Masseneinwanderungsinitiative noch immer nicht erledigt ist, was die Verhandlungen mit der EU anlangt. Der Schwei­zer Wirtschaftsminister Schneider-Ammann hat mir gesagt, man habe große Sorgen, was jetzt mit den Vorteilen, die man hat, passiere. Es gibt dann nämlich kein Eras­mus+, es gibt dann keine Teilnahme an Horizon 2020 und anderen Projekten, die auch für die Schweiz wichtig sind.

Meine Damen und Herren, wenn Sie das eine sagen, überlegen Sie, was auf der ande­ren Seite passiert! Seien wir in der gesamten Diskussion, würde ich sagen, eher vor­sichtig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Das betrifft auch die Auswirkungen, was die EU anlangt. Ich habe angesprochen, wenn die EU als EU der Eliten, als EU der Probleme und Ängste erlebt wird, dann, glaube ich, kann man nur eines tun: dass die EU insgesamt – und wir sind Teil der EU – daran arbeitet, dass wir Hoffnung, Vertrauen, Sicherheit wiedergewinnen. Ich kann mich nur dem anschließen, was auch der Außenminister neulich schon gesagt hat, was auch Vertreter Deutschlands gesagt haben: Die EU braucht jetzt eigentlich gar keine Debat­te über mehr Vertiefung, die EU muss sich darauf besinnen, die großen Probleme zu lösen, und da ist das Allererste und Wichtigste die Flüchtlings- und Migrationsproble­matik. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Dort solidarisch vorzugehen, das ist die Aufgabe der Stunde.

Das Zweite: Ich glaube, die EU muss auch, was Subsidiarität anlangt, erkennen, es gibt bestimmte Probleme – das betrifft nicht nur die Traktorsitze –, die ein Land für sich al­lein lösen kann, da braucht man weder die Vorhalte noch die Vorgaben der EU. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und man muss sicherlich, was Fehlent­wicklungen anlangt, auch gegensteuern, auch das kann man nur immer wieder beto­nen, beispielsweise die Bürokratie, die ja eigentlich über diesen ganzen Regeln steht und die schon ein Übermaß angenommen hat, bekämpfen. Auf der anderen Seite haben wir ja auch, was den Sozialbereich anlangt, da und dort Schieflagen, die wir durchaus disku­tieren sollten.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, da auch ein stimmiges Verhalten, ein sensibles Verhalten seitens der EU vorzuleben, und ich bin sehr froh, dass beispielsweise gestern die Kommission ihre Ankündigung, CETA würde ein „EU-only“-Abkommen sein, revidiert und es zum gemischten Abkommen erklärt hat, weil 27 Mit­gliedstaaten das auch so wollen. Wer entscheidet? – Die Mitgliedstaaten entscheiden!


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Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, wenn jetzt die Parlamente mitentscheiden – was wir wollen –, dann wünsche ich mir auch eine sachliche Auseinandersetzung über wirkliche Vor- und Nachteile und nicht die gleiche Vorgangsweise wie jetzt bei Britan­nien. Im Vereinigten Königreich, da gibt es das Schlagwort der post-fact democracy: Die Emotionen beherrschen die Auseinandersetzung, und nachher steht man dann vor dem Faktenhaufen und weiß gar nicht, was man eigentlich angerichtet hat. Daher lade ich alle ein, das gemeinsam abzuwägen und zu einer sachlichen Entscheidung zu kom­men. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit zum dritten Punkt, und der betrifft Österreich: Meine Damen und Herren, Öster­reich hat mit dem Vereinigten Königreich eigentlich gute Wirtschaftsbeziehungen, diese sind in den letzten Jahren sogar dynamisch gewachsen. Was die Exporte anlangt, steht das Vereinigte Königreich an achter Stelle, allein bei Produkten sind das 4 Milliarden €, beträchtlich sind auch die Dienstleistungen. Ich habe den Tourismus schon angespro­chen, wir haben immer gut zahlende Gäste aus dem Vereinigten Königreich gehabt, da­her wollen wir das auch in Zukunft weiterhin haben. Wir werden, was die Verträge an­langt, diese durchaus auch gestalten können, sicherlich mit beiderseitigen Rechten und Pflichten.

Ich komme aber schon zu dem Punkt, was der Vorteil der Mitgliedschaft in der Union ist; schauen Sie beispielsweise einmal auf die heutige Diskussion: Große österreichi­sche Unternehmen im Stahlbereich haben große Probleme, wenn es um den Status von China geht; es geht um die Frage des Dumpings und Antidumpingmaßnahmen. Glauben Sie wirklich, dass ein Land wie Österreich das gegenüber China allein durch­setzen könnte? Da geht es aber um insgesamt – Rainer Wimmer sagt das – 250 000 Ar­beitsplätze. Ich kann ihm nur beipflichten. Daher: All das ist ein Vorteil der Europäischen Union.

Wenn wir schon das Wort Öxit in der Form so leichtfertig in den Mund nehmen, dann würde ich auch in diesem Zusammenhang anraten, vorher zu überlegen, was die Fak­ten sind – wie Österreich von der Europäischen Union in den letzten Jahren profitiert hat –, und dann andere Überlegungen anzustellen. Die anderen Überlegungen könnten vor allem in die Richtung gehen, dass wir Teil der Europäischen Union sind. Wir haben es selbst in der Hand, die Diskussion so zu führen, dass wir die Verbesserungen ge­meinsam erarbeiten, die wir eigentlich auch haben wollen, und nicht immer nur nach Brüssel zeigen, dazu lade ich ein.

Also nicht austreten, sondern verbessern, das ist unsere Aufgabe, nicht nur heute oder morgen oder übermorgen, sondern in den nächsten Jahren. Wir haben es in der Hand! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

11.15


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 74b Abs. 4 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


11.15.48

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsi­dent! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Abgeordneten­kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Der Philo­soph und Wissenschaftsjournalist Alexander Grau hat vor wenigen Tagen im Magazin „Cicero“ Folgendes geschrieben (Ruf bei der ÖVP: Ui!) – ich zitiere –: „Denn die EU und Europa sind zwei verschiedene Dinge. Deshalb kann man auch die EU kritisieren, oh-


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ne ein Kritiker Europas zu sein, oder man kann aus der EU austreten, ohne sich dabei von Europa und seinen Traditionen loszusagen.“ (Abg. Höfinger: Na sehr schlau!)

Ja, Herr Bundeskanzler Kern, in der Schweiz fühlen sich 100 Prozent der Schweizer Be­völkerung als Europäer – ohne Mitglied der Europäischen Union zu sein. Und ja, auch die Briten fühlen sich als Europäer, auch wenn sie sich – nicht Populisten, sondern das Volk – im Rahmen einer direktdemokratischen Entscheidung mehrheitlich für einen Aus­tritt ausgesprochen haben. – Das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen.

Ich sage, die Problematik, die sich ergibt, ist leider jene, dass man den demokratischen Weckruf, der da erfolgt ist, nicht versteht, sondern weitertut wie bisher. Die Verantwort­lichen dieser Entscheidung in Großbritannien sind ja in Wirklichkeit Juncker, Schulz, Mer­kel und Co. (Beifall bei der FPÖ.) Dort sollte man ansetzen, man sollte eigentlich diese Verantwortlichen entsprechend namhaft machen. Ich frage mich, wann diese Herrschaf­ten zurücktreten werden. Die haben ja eine Destabilisierung Europas zu verantworten, und die haben auch die große Frustration der Bevölkerungen quer durch Europa zu ver­antworten, die sich ja nicht nur auf Großbritannien beschränkt.

Seit geraumer Zeit haben die Briten – auch damit muss man ja ehrlich umgehen – im­mer einen Fuß außerhalb der Europäischen Union gehabt. So zu tun, als wäre das nicht der Fall gewesen, ist ja auch abseits der Realität. Man soll da jetzt keine Panik­mache betreiben, das sagt auch Grau: „Die überdrehte und bisweilen hysterische Re­aktion auf den Ausgang des britischen Referendums macht deutlich, dass vielen Poli­tikern und nicht wenigen Medienvertretern die Fähigkeit abhanden gekommen ist, zwi­schen Europa und der EU zu unterscheiden.“

Ich sage, es bringt ja auch nichts, mit dieser Hysterie und Panikmache weiterzutun. Die Briten werden weiter Mitglied des EWR bleiben, sie werden auch weiter mit uns Handel betreiben und Handelsabkommen schließen. Es wird einen geordneten Prozess geben, der sich über einen längeren Zeitraum hinziehen wird, bis man dann nach gemeinsamen Verhandlungen hoffentlich ein gutes Ergebnis erzielen wird und die Nachteile für beide Seiten so gut wie möglich ausgleicht. Das wird die Realität sein.

Wenn man aber nicht dazulernt und wenn man jetzt nicht versteht, was der Wunsch von immer mehr Bürgern Europas ist – nämlich nicht die Fehlentwicklung des europä­ischen Projekts in Richtung eines zentralistischen, völlig abgehobenen europäischen Bun­desstaats fortzusetzen, sondern sich wieder auf dieses Gründerväterprojekt einer euro­päischen Wirtschaftsunion zu besinnen –, na dann wird es wahrscheinlich weitere Län­der, wie Holland und andere, geben, die sagen: Da wollen und können wir nicht länger dabei sein! (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Genau deshalb geht es jetzt auch darum, Europa zu erneuern und Reformen eines bür­gernahen Europas, eines neuen Europas anzudenken, sich auch der Gründerväter zu besinnen und eben nicht den Fehler zu machen, den man auch hier auf der Regie­rungsbank wieder heraushören konnte, zu sagen: Alles bestens, alles in Ordnung, die Briten haben es nur nicht verstanden! (Abg. Lopatka: Das hat niemand gesagt, Ent­schuldigung! – Abg. Amon: Zuhören! – Abg. Fekter: Die negativen Folgen wollen Sie nicht wissen! – Abg. Walter Rosenkranz: Sinnerfassend hören!)

Das ist genau das Grundproblem, und deshalb möchte ich natürlich auch eines klar fest­halten, weil das immer wieder auch in der Debatte und Diskussion in Österreich falsch dargestellt wird: Wir Freiheitliche sind nicht gegen Europa. Nein, wir sind Europäer als Österreicher. Wir stehen zu Europa, und wir wollen ein neues, reformiertes, bürgerna­hes Europa als Wirtschaftsunion letztlich auch sicherstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau darum geht es: sich auf die Wirtschaftszusammenarbeit zu besinnen und nicht den Fehler zu machen, ein politisch zentralistisches bundesstaatliches Projekt daraus zu entwickeln, in dem alle möglichen Dinge – von den Traktorsitzen bis hin zur Gurken-


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krümmung – verordnet, zwangsverordnet werden müssen, während man es bis heute aber nicht geschafft hat, ein gemeinsames Sicherheitspaket in Europa umzusetzen, wenn es um Atomkraftwerke geht.

Ich sage, es braucht daher ein gemeinsames europäisches Verständnis im Sinne einer europäischen Zusammenarbeit, aber nicht im Sinne einer von wesentlichen Mitgliedstaa­ten wie zum Beispiel Frankreich, Holland oder auch Irland abgelehnten Zentralregierung als europäische Unionsverfassung.

Europa ist für uns die Summe der Bürgerinnen und Bürger unterschiedlichster Natio­nalitäten, unterschiedlichster Kulturen, unterschiedlichster ökonomischer Systeme. Die Stärke Europas liegt doch gerade in der Vielfalt der europäischen Völker und Bürger und nicht darin, dass man krampfhaft versucht, alles sozusagen auf eine Gleichmache­rei herunterzupressen. Ich denke, das ist auch die Botschaft, die man aus Großbritan­nien heraus verstehen muss.

Der Brexit ist nicht von ungefähr gekommen, sondern zeigt die tiefe Krise, in der sich die Europäische Union befindet. Man kann Europa lieben, muss aber kein Liebhaber der EU-Bürokraten sein. Ja, da gibt es unglaubliche Fehlentwicklungen und Abgeho­benheiten. Das sehen wir auch teilweise daran, wie Herr Juncker sich benimmt, indem er Staatschefs als Diktatoren bezeichnet und Leuten beim Vorbeigehen eine Tachtel gibt und andere Dinge. Da kann man sich nur wundern, welche Persönlichkeiten das sind und warum da nicht schon längst gehandelt wurde und entsprechende Konse­quenzen verlangt worden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich muss man erkennen, wenn man mit diesem fehlentwickelten zentralistischen Gehabe fortfährt, wird das natürlich auch zu weiterem Unmut führen. Und natürlich wa­ren auch die falsche Migrationspolitik und die Völkerwanderung im letzten Jahr maß­geblich schuld an der Frustration der Briten; keine Frage. Wer hat das ausgelöst? – Das war unter anderem Frau Merkel mit kräftiger Unterstützung des damaligen öster­reichischen Bundeskanzlers Werner Faymann. Das muss man einfach klar und deut­lich beim Namen nennen. Da haben diese Herrschaften mit ihrem Verhalten Europa durch eine unverantwortliche Einladungs- und Willkommenspolitik destabilisiert und glau­ben dann – und das glaubt offenbar auch Herr Kern –, dass die anderen europäischen Länder Hurra schreien. Diese sagen aber: Eure fehlerhafte Politik sollen wir jetzt aus­baden und eure Destabilisierung sozusagen abfedern, indem die Europäische Union uns quasi Zwangszuweisungen verordnet (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber), am bes­ten von Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen und oftmals leider nicht aus Grün­den der Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention zugewandert sind?! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Zu Recht fragen sich etwa auch die Griechen, wohin die Querfinanzierungen gegangen sind. Das waren übrigens auch Vertragsbrüche der Europäischen Union; ich erinnere an den Maastricht-Vertrag, in dem definitiv festgehalten wurde, keine Schuldenunion zu werden. Dann bricht man die eigenen gesetzlichen Vorgaben, nimmt sich selbst nicht ernst und glaubt, dass einen die europäischen Bürger auf Dauer noch ernst nehmen werden. In Wirklichkeit sind diese Querfinanzierungen gar nicht nach Griechenland geflos­sen, und bei der Bevölkerung sind sie auch nicht angekommen. Kein Wunder, wenn dann in unterschiedlichsten Bereichen, aber auch in Griechenland die Stimmung gekippt ist! Da darf man schon daran erinnern, dass auch die Europäische Union selbst den Grie­chen den Grexit angedroht hat.

Man soll jetzt bei Großbritannien keine künstliche Panik herbeireden. Da werden wir in Geduld und in Ruhe abwarten, wie es sich wirklich entwickelt, denn es gibt viele Öko­nomen, die ganz andere Entwicklungen vorhersehen, als Sie das heute getan haben.

Ich sage, wir haben natürlich auch ein extremes Nord-Süd-Gefälle in der Europäischen Union. Und wir haben durch den Euro Probleme geschaffen, die wir noch lange nicht


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bewältigt haben. Wir haben heute durch das Nord-Süd-Gefälle natürlich auch eine Ent­wicklung, dass Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal und auch Italien systemi­sche Verarmung und eine Schuldenfalle erleben, während die Nettozahler südeuropäi­schen Ländern, die den Kriterien nicht entsprechen können, letztlich immer wieder mit Rettungsschirmen zur Seite stehen müssen. Das wird so auf Dauer nicht funktionieren, und da sind wir noch lange nicht beim Ende des Problems angekommen.

Wenn jetzt Großbritannien den Austritt vollzieht und infolgedessen nicht mehr jährlich einen Nettobeitrag in Höhe von 5,4 Milliarden € zahlen wird, dann wird auch die Frage zu stellen sein: Wer wird diesen Ausfall zahlen – oder wird die Europäische Union end­lich einmal entsprechend bei sich selbst ansetzen und nicht die Beiträge bei den an­deren Nettobeitragszahlern erhöhen? Das ist auch etwas, das man offen debattieren muss. (Abg. Matznetter: Könnten Sie ein bisschen lauter reden?) Natürlich ist es kein Wunder, dass bei den Nettozahlern immer mehr Frustration auftritt. Und es ist absto­ßend, wenn man rituelle Wählerbeschimpfung erlebt, wie sie nach dem Brexit stattge­funden hat, indem man die Wähler in Großbritannien beleidigt hat. Das ist ungehörig und auch schäbig, wie man das teilweise auch in der veröffentlichten Meinung wahr­nehmen musste. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Wähler ist der Souverän und hat letztlich auch die Entscheidung getroffen. Das ist zu respektieren und zu akzeptieren. Es war in Wirklichkeit die Mittelschicht, die dort mit Mehrheit die Entscheidung getroffen hat. Die überwiegende Mehrheit der Jungen ist nämlich gar nicht zur Abstimmung gegangen – weil das auch immer falsch dargestellt worden ist –, und bei den ab 45-Jährigen war eine klare Mehrheit für den Austritt. Es war in der Regel die Mittelschicht, die sich mehrheitlich für den Austritt ausgesprochen hat. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Zum Abschluss: EU-kritisch ist nicht EU-feindlich und schon gar nicht antieuropäisch, und wenn aus diesem demokratischen Weckruf des Brexit nicht die richtigen Lektionen gelernt werden, dann muss man befürchten, dass weitere Länder folgen. Ich hoffe, man lernt daraus. Wir werden alles unternehmen (ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger), da­mit man endlich aufwacht und die richtigen bürgernahen Reformen in der Europäischen Union endlich umzusetzen und ernst zu nehmen beginnt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wittmann: Sehr kleinlaut war das, sehr kleinlaut!)

11.26


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Mag. Schieder zu Wort. – Bitte.

 


11.26.33

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer und Zuschauerinnen vor den Fernseh­geräten und auch hier im Plenum! Besonders begrüßen darf ich auch im Namen mei­ner Kollegin Marianne Gusenbauer-Jäger die Schülerinnen und Schüler und deren Leh­rer der Neuen Mittelschule Pregarten in Oberösterreich, die heute extra nach Wien ge­kommen sind. (Allgemeiner Beifall.)

Wir alle oder zumindest viele Proeuropäer waren der Meinung, dass es hoch an der Zeit ist, dass Großbritannien sein Verhältnis zur Europäischen Union klärt, denn es wä­re auch nicht unendlich verlängerbar gewesen, dass sich Großbritannien auf dem Rü­cken der anderen europäischen Länder immer wieder Privilegien herausschneidet, die dann alle anderen, wie zum Beispiel auch wir als Nettozahlerland, zu tragen hatten. Daher war das an sich einmal ein Moment, von dem man erwartet hat, dass sich durch diese europapolitische Diskussion vielleicht etwas bewegen könnte. Was wir aber er­lebt haben, war das genaue Gegenteil. Wir haben eine Brexit-Kampagne erlebt, die


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von falschen Versprechungen getragen war – manche Kommentatoren schreiben auch von Lügen –, dann kam das Chaos und dann das feige Davonlaufen.

Das Chaos erleben wir jetzt – der Herr Bundeskanzler hat es bereits angesprochen –, das britische Pfund ist im freien Fall auf einem Tiefststand der letzten Jahrzehnte ange­langt, die Londoner Börse erfährt einen Kurssturz. Das sind ja nicht nur Zahlen, die sich verändern, sondern da werden Werte vor allem für die kleinen Leute, für die Ar­beitnehmer und Arbeitnehmerinnen, für die britischen Arbeiter zerstört. Großbritannien schlittert ungeachtet all dieser Entwicklungen gerade in eine veritable Wirtschaftskrise, und gleichzeitig zeigt sich auch, dass das Vereinigte Königreich offensichtlich in den nächsten Monaten und Jahren zerfallen wird, denn die Schotten wollen hinaus, Gibral­tar will hinaus, Wales diskutiert, ob es hinaus will. All das ist eine Bilanz von Herrn Ca­meron, die ein Desaster ist. Aber wie der Brite so schön sagt: „The proof of the pudding is in the eating“ – jetzt haben wir den Salat hier liegen, so wie er beieinander ist.

Boris Johnson: davongelaufen, Nigel Farage – übrigens der Parteikollege der von der FPÖ so hofierten Frau Atkinson, die vor Kurzem hier in Vösendorf war –: davongelau­fen. Zuerst agitieren sie, dann richten sie das Chaos an, und dann laufen sie feige da­von. So mies agieren Europas Rechtspopulisten, und das ist der wahre Skandal dahin­ter! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

Sie richten einen Scherbenhaufen an, sie zerschlagen das Porzellan, aber wenn es da­rum geht, das zusammenzuräumen, Ordnung in die Sache zu bringen, dann sind sie nicht mehr dabei. Nicht einmal 48 Stunden hat es gedauert, bis sie ihre Lügen widerru­fen haben. Ich nenne nur das Versprechen, dass 350 Millionen Pfund pro Woche in das britische Gesundheitssystem gepumpt werden könnten, würde man doch nicht in der EU sein. 48 Stunden später sagte derjenige, der das versprochen hatte, landauf, landab in Großbritannien: Nein, Entschuldigung, ich habe mich verrechnet, ich habe es so nicht gemeint, es wird so nicht kommen! (Zwischenruf des Abg. Deimek.) – So kann man Europapolitik, so kann man Politik nicht machen!

Wenn wir zur ernsthaften Europapolitik kommen, dann kommen wir als österreichi­sches Parlament zu der Fragestellung: Was braucht Österreich, was braucht Europa? – Wir als Österreich brauchen definitiv ein Europa, das besser funktioniert und das in der Lage ist, den Fokus auf das Wesentliche zu legen.

Was ist das Wesentliche? – Das ist zurzeit aus meiner Sicht, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, Investitionen in die Infrastruktur und ins Wirtschaftswachstum zu fördern, die soziale Dimension der Europäischen Union auszubauen anstatt sie zu beseitigen, wenn man so will, ein Europa der Menschen und nicht ein Europa der Märkte zu schaf­fen.

Auf die Frage, wie es zukünftig weitergeht, gibt es drei Modelle für Europa, nämlich das konservative Modell, das den freien Markt in den Vordergrund stellt und vergisst, dass hinter dem freien Markt auch Menschen sind.

Es gibt das rechtspopulistische Modell, das Europa der Vaterländer (Abg. Strache: Wie war das bei der Veranstaltung für den „kleinen Mann“, bei den Bilderbergern?), und was ein Europa der Vaterländer letztlich bringt, wissen wir, wenn wir auf die sogenannten Hel­denfriedhöfe gehen und uns die Grabinschriften dort anschauen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir Sozialdemokraten sind für den dritten Weg. Der mögliche sozialdemokratische Weg für Europa heißt, den Ausgleich zu schaffen, die Chancen zu stärken, die soziale Di­mension auszubauen und ein Europa der Menschen zu errichten, damit sie die Vorteile der europäischen Integration stärker direkt merken. (Ruf bei der FPÖ: Reine Luftbla­sen!)


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Abschließend noch eine kurze Bemerkung zu der vom Dritten Präsidenten Hofer losge­tretenen Öxit-Diskussion: Es wäre ja wohl der schlechteste Dienst, den man unserem Land angedeihen lassen könnte, wenn wir Österreich in dasselbe Chaos stürzen wür­den, das jetzt in Großbritannien herrscht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Österreich hat von der Mitgliedschaft profitiert. Wir liegen in der Mitte des Kontinents, wir sind eine offene Volkswirtschaft, wir sind ein Tourismusland. All das zeigt uns ja auch, wie dringend wir diese Integration brauchen. Wir sind eine Exportnation, 70 Pro­zent unserer Wirtschaftsleistung gehen in den Export und in den Außenhandel. Wirt­schaftskammerpräsident Leitl hat einmal gesagt: Jeder Euro, den wir nach Brüssel zah­len, kommt dreifach wieder retour. (Abg. Strache: Verdreifachen wir einfach die Netto­beiträge, nicht?!)

Demzufolge glaube ich, dass es aus österreichischer Sicht notwendig ist, daran weiter­zuarbeiten, dass Europa besser, menschlicher und sozialer wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Matznetter: Sogar der Hofer …!)

11.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. – Bitte.

 


11.33.17

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren Abgeordne­te! Es besteht mit Sicherheit kein Zweifel: Das britische Nein beim Referendum hat historische Tragweite. Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union hat sich ein Mitgliedsland zum Verlassen entschlossen, und mit dem Austritt des Vereinig­ten Königreichs verliert die Europäische Union die zweitgrößte Volkswirtschaft.

Die wirtschaftlichen Dimensionen dieses Faktums, die dramatischen Auswirkungen, die Verunsicherung sehen wir bereits jetzt, das ist keine Frage, das ist heute auch schon ausführlich diskutiert worden. Ich möchte aber eines vorwegschicken: Ich glaube, dass viele Probleme in Großbritannien sich nicht ausschließlich auf die Diskussion rund um das Thema Mitgliedschaft in der Europäischen Union: ja oder nein? beschränkt haben, sondern dass viele Probleme dort auch stark hausgemacht waren, insbesondere die schlechten Bildungschancen für die Jugend, die starke Ungleichheit in der Gesellschaft, die starke Fokussierung auf den Finanzmarkt.

Wir haben mit großer Sorge vor allem auch den steigenden Rassismus, auch die Über­griffe beobachtet. Ich habe persönlich aus Gesprächen gehört, dass Menschen, die in internationalen Firmen arbeiten, in denen auch viele Menschen aus dem Ausland be­schäftigt sind, berichten, dass es teilweise auch Übergriffe gegenüber Kindern in den Schulen gibt – also wirklich einen steigenden Rassismus, und dieser darf uns alle nicht kaltlassen.

Aber eines muss zu den Einpeitschern, die das Haus dort angezündet haben, schon ge­sagt werden: Wie kann man sich in einer dermaßen politischen Feigheit vertschüssen und sozusagen die Bevölkerung dem Chaos überlassen? – Das ist wirklich einzigartig und scharf zu verurteilen!

Nigel Farage hat folgenden Satz gesagt: Ich hoffe auf die Zerstörung der Europäischen Union. Ich hoffe, dass wir den ersten Stein aus der Mauer geschlagen haben.

Bei dieser Gelegenheit – Herr Klubobmann Strache ist leider hinausgegangen – lassen Sie uns Klartext reden: Es gibt eine Bewegung in Europa, deren Teil Sie sind, die tat­sächlich die britischen Verhältnisse nach dem Brexit, dieses Chaos, nicht nur in Groß­britannien will, sondern auch in anderen Ländern. Sie haben sich da in Vösendorf mit dem „Patriotischen Frühling“, wie Sie sich da irgendwie bezeichnen, noch vor dem Bre-


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xit-Referendum zusammengetan, und da sind genau all diese Persönlichkeiten in Ös­terreich vertreten gewesen, die ein ganz klares Ziel haben: die Europäische Union zu zerstören und zu zerschlagen. Und wir lehnen das vehement ab! (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Sie versuchen zwar, das jetzt zu übertünchen, aber reden wir wirklich Klartext, worum es geht: Grenzbalken runter, raus aus dem Euro, raus aus internationalen Verträgen, raus aus dem Klimaschutz, raus aus Menschenrechtskonventionen, raus aus der Gen­fer Flüchtlingskonvention! – Das ist die Abschottungspolitik, die Sie für Österreich wol­len.

Ich finde, dieses Referendum in Großbritannien soll uns allen ein Weckruf sein, erstens einmal um uns zurückzubesinnen, was die Europäische Union für uns alle tatsächlich vom Grunde her bedeutet. Bei aller berechtigten Kritik, die auch wir immer wieder vor­getragen haben, ob das die wirtschaftspolitische Ausrichtung ist, ob das die Fragen sind, wie man mit einer Krise umgeht, ob man stärker in Investitionen hineingeht, ob man mehr in Richtung einer sozialpolitischen Union arbeitet, kann ich Ihnen eines in al­ler Deutlichkeit sagen: Wir lassen uns die Europäische Union von Rechtspopulisten mit Sicherheit nicht kaputtschlagen! (Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP und NEOS.)

Von den Problemen in Großbritannien möchte ich eines noch herausgreifen, nämlich die Rolle des Boulevards. Normalerweise sollten Medien in einer Demokratie auch eine gewisse Kontrollfunktion ausüben, und gerade dann, wenn offenkundig mit Lügen ge­arbeitet wird, ist diese Kontrollfunktion so wichtig. Aber das war in Großbritannien nicht der Fall. Die haben dort eingepeitscht, und insbesondere der Boulevard hat ganz ein­deutig als Einpeitscher von Lügenargumenten mitgemacht.

Das ist eine Entwicklung, die wir uns auch sehr zu Herzen nehmen müssen. Wenn Me­dien ihre Kontrollfunktion in einer Demokratie nicht mehr wahrnehmen, welches Spiel können dann solche offenen Lügner treiben, und diese Rechtspopulisten haben auf of­fener Bühne gelogen, und ich darf das sagen, ohne einen Ordnungsruf zu erhalten (Abg. Mölzer: Das sind Mitglieder des Europäischen Parlaments!), denn ihr Weglaufen aus der Verantwortung und die Reaktionen am Tag danach, als sie bestätigt haben, dass das nicht so genau gestimmt hat mit der Summe, die nach Brüssel überwiesen worden ist et cetera, et cetera, zeigt, dass sie also wirklich mit Lügen gearbeitet haben, und das sind … (Abg. Mölzer: Das ist unerhört!) – Nein, das ist die Wahrheit! Oder wollen Sie Nigel Farage verteidigen? – Dann kommen Sie herunter und verteidigen Sie ihn! Das ist wirklich eine Glanzleistung, solch einen Politiker noch zu verteidigen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mölzer.)

Das beweist genau die Gesinnung, um die es geht. Sie haben es vor, Sie wollen inner­halb eines Jahres in Österreich eine Austrittskampagne starten. Sie sagen in aller Of­fenheit, wenn sich die Europäische Union nicht von ihrem sogenannten Zentralismus ver­abschiedet, und stellen sogar noch ein Ultimatum, nämlich die Frist von einem Jahr, dann soll das österreichische Volk befragt werden. Reden Sie Klartext, sagen Sie die Wahr­heit, wohin Sie Österreich führen möchten! Trauen Sie sich heraus, ich habe kein Pro­blem damit, denn wir werden dagegen nämlich Widerstand leisten, das sage ich Ihnen! (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich denke, es ist auch eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, wo wir struktu­rierter, wo wir lösungsorientierter auf der europäischen Ebene arbeiten müssen. Da gibt es eine ganze Reihe von sehr wichtigen Arbeitsbereichen, die in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt. Wir werden am Freitag als eines der ersten Län­der der Europäischen Union den Klimavertrag von Paris ratifizieren, und das ist mit Sicherheit ein gutes Zeichen. Ohne die Arbeit von vielen Institutionen in der Europäischen Union, ohne die Arbeit, die in Frankreich geschehen ist, gäbe es diese internationale Verpflich-


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tung nicht. Sie ist vor allem für unsere Kinder und Jugendlichen eine Zukunftsgarantie, denn wir alle wissen, was auf uns zukommt, wenn wir in diesem wichtigen umweltpoli­tischen Bereich nicht mit absoluter Geschwindigkeit handeln. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben viel zu tun, was den Bereich der Finanzmarktregulierung betrifft – im Übri­gen auch ein Thema, bei dem sich Ihre Fraktion mit Marine Le Pen im Europaparla­ment gegen eine strenge Finanzmarktregulierung ausspricht, die sich gegen einen Un­tersuchungsausschuss zur Aufklärung der Panama-Leaks-Papiere ausspricht (Abg. Kog­ler: Weil sie selbst kassieren von dort!), die sich ganz offen von den Banken in Russ­land die Kredite geben lässt. Das ist schon auch ein Thema, das ich nicht verschwei­gen möchte.

Finanzmarktregulierung, die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen, auch einen an­deren Umgang mit den Mitgliedstaaten, die von dieser Krise am schwersten betroffen waren: Das sind alles wichtige Projekte, um auch wieder die Festigkeit, die Glaubwür­digkeit, die Lösungsorientierung der europäischen Institutionen zu stärken. Aber eines ist mit Sicherheit kein gangbarer Weg, der viel zitierte Weg zurück zu einem Europa der Vaterländer, wie Sie es immer bezeichnen. Sie sprechen zwar von wirtschaftlicher Vernetzung und wirtschaftlicher Zusammenarbeit, aber insbesondere für Österreich ist dieser Weg eine absolute Sackgasse, und ich denke, das ist uns allen sehr, sehr be­wusst. (Ruf bei der FPÖ: Das ist die einzige Chance!)

Wir sind eine kleine, offene Volkswirtschaft. Wir sind ein Land, das massiv davon profi­tiert hat, dass andere Länder sich in der Europäischen Union auch positiv entwickelt haben, insbesondere die mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten. (Ruf bei der FPÖ: Die UdSSR wollen Sie!) Wie wäre es der österreichischen Wirtschaft, dem österreichi­schen Tourismus gegangen, als Deutschland in der Krise gesteckt ist, wäre nicht in die­sen Nachbarländern auch einiges gut gegangen?

Ich denke, wir haben da einiges zu tun, und ich hoffe, dass Sie die Ehrlichkeit und den Mut aufbringen – das ist an die Kollegen der Freiheitlichen gerichtet –, da nicht mit dem Feuer zu spielen wie Ihre rechtspopulistischen, rechtsextremen Kolleginnen und Kolle­gen in ganz Europa, sondern wirklich zur Vernunft zu kommen und das, was wir an Eu­ropa auch an Positivem haben und was wir in Österreich an Positivem gewonnen ha­ben, nicht für irgendein politisches Spiel kaputt zu schlagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und NEOS.)

11.40


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Lo­patka. – Bitte.

 


11.41.04

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 23. Juni war sicherlich kein guter Tag, weder für die Europäische Union noch für Groß­britannien. Die negativen Auswirkungen in Großbritannien sieht man schon jetzt, und auch die Europäische Union ist dadurch nicht gestärkt worden.

Wir haben natürlich einen Verlust: Wir verlieren mit Großbritannien die zweitgrößte Volks­wirtschaft in der Europäischen Union. Wir verlieren den drittgrößten Nettozahler. Wir verlieren ein Land, das militärisch sehr stark ist. Wir hatten bisher als Europäische Uni­on zwei Mitglieder im Sicherheitsrat, in Zukunft nur mehr eines. Wir verlieren mit Groß­britannien ein Land, das uns in der Gruppe der G7, der wirtschaftlich stärksten Länder der Welt, vertreten hat. Es ist auch auf europäischer Seite keinesfalls ein Grund, dass wir uns freuen sollten, da die Europäische Union im Weltkonzert der Mächtigen nicht ge­stärkt worden ist.


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Aber das britische Volk hat entschieden. Es ist natürlich teilweise auch in die Irre ge­führt worden, denn jene, die mit Unwahrheiten agiert haben – das haben sie sogar noch am Tag der Abstimmung zugegeben –, haben sich jetzt davongeschlichen. Innerhalb der Konservativen ist Boris Johnson kein Kandidat für die Nachfolge von Cameron. Ja, und am Montag ist ihm Nigel Farage gefolgt. Dieser hat gemeint, er wolle mit diesem Schritt sein Leben wieder zurückhaben. Wie zynisch ist das gegenüber den jungen Briten, die mit Mehrheit in dieser Europäischen Union bleiben wollten? (Abg. Belakowitsch-Jene­wein: Die mit Mehrheit daheimgeblieben sind!) – Diesen ist etwas von ihrem Leben ge­nommen worden, meine Damen und Herren, diesen ist etwas von ihren Chancen genom­men worden. Das sage ich Ihnen schon, denn das ist schon der entscheidende Punkt für mich. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Um das ganz klar zu sagen: Natürlich braucht die Europäische Union Veränderungen. Ich habe bei einer Veranstaltung mit Parlamentariern aus den Mitgliedstaaten im Jän­ner 2014 mit anderen Kollegen einen offenen Brief an den „Guardian“ geschrieben, in dem wir damals – und das war lange vor der Abstimmung in Großbritannien – schon gesagt haben: Eine gute Weiterentwicklung der Europäischen Union kann es nur ge­ben, wenn die nationalen Regierungen und auch die nationalen Parlamente stärker ein­gebunden werden. – Das war nach einer Tagung von Open Europe, einer proeuropäi­schen, würde ich sagen, aber sehr kritischen Organisation, die sich mit der Zukunft un­seres Kontinentes, also über die Europäische Union hinausgehend, auseinandersetzt.

Es geht nun um die richtigen Antworten. Das ist auch schon von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner angesprochen worden. Meines Erachtens machen es sich manche in Brüs­sel jetzt schon etwas zu leicht. Ich sage Ihnen das ganz direkt: Ich glaube nicht, dass die Zukunft, eine gute Zukunft der Europäischen Union, in einem supranationalen Ge­bilde mit einer echten europäischen Regierung, nämlich der Kommission als europäi­scher Regierung, liegt. Das hat EU-Parlamentspräsident Schulz am Montag in einem Gastkommentar klar geschrieben – ich zitiere –:

„Wir werden nicht umhinkommen, die Europäische Kommission künftig zu einer echten europäischen Regierung umzubauen“.

Einen Tag vorher hat der deutsche Bundesfinanzminister Schäuble dem eigentlich schon die richtige Antwort gegeben. Er hat nämlich gemeint: Jetzt ist sicher auch nicht der Au­genblick, an eine Vertiefung der Europäischen Union zu denken. (Beifall bei Abgeordne­ten der ÖVP und bei der FPÖ.)

Er, nämlich Schäuble, sagt: „Wir müssen klar erklären, was wir als Nation selbst ma­chen können und was beim besten Willen nicht. Was wir nicht selbst machen können, müssen wir auf europäischer Ebene tun.“

Genau darum geht es. (Abg. Strolz: Dafür brauchen wir eine Regierung! Wo ist die Europapartei?!) – Schäuble ist ein großer Europäer. Er braucht Sie nicht, Herr Klubob­mann Strolz, wirklich nicht! Schäuble gehört zu den ganz großen Europäern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Strolz.)

Ich will Sie nicht kränken, aber wenn ich hier Schäuble zitiere, dann sind Sie damit, was Sie nachher hier sagen werden, weit davon entfernt, denn eines sage ich Ihnen: Schäub­le hat in der Finanzkrise diese Euro-Gruppe wie kein Zweiter zusammengehalten! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ich würde mir für die gesamte Europäische Union die Wirtschaftsdaten wünschen, die Schäuble jedes Jahr vorlegen kann. (Abg. Moser: Die zulasten der Gemeinden gehen!) Auch heuer gibt es wieder einen Überschuss. Und Deutschland hat die größte Leistung erbracht, auch bei der Flüchtlingskrise, Deutschland hat einen Rückgang bei der Arbeits­losigkeit. Das ist hervorragende Wirtschaftspolitik, die in Deutschland geleistet wird. Da­ran muss sich ganz Europa orientieren, sage ich Ihnen. Das ist das Entscheidende. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Rossmann: Zulasten von Großbritannien, zulasten von …!)


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Daher hat Schäuble recht, wenn er sagt, es zählen die Taten und nicht hochfliegende Worte, denn das, was gelingen muss, und das ist auch vom Bundeskanzler angespro­chen worden, ist, dass wir in der Flüchtlingskrise zu der Lösung kommen, die wir in der Euro-Gruppe für Griechenland geschafft haben. Und das ist für mich das Wesensmerk­mal der Europäischen Union, dass die Mitgliedstaaten – und dort liegt der Schlüssel für Lösungen – kompromissbereit sind und sich solidarisch zeigen. Ich sage es Ihnen: Für die Menschen war sicherlich die Einführung des Euro etwas, mit der sie Europa erst­mals quasi in der Hand gehabt haben. Damals ist die EU haptisch geworden.

Der zweite Vorteil der Europäischen Union, den die Menschen natürlich gerade jetzt am Beginn der Sommerferien gemerkt haben, ist, wenn man frei reisen kann. Diese Er­rungenschaften im Schengen-Raum funktionieren nur dann – dann und nur dann –, wenn der Schutz der Außengrenzen bei diesen Flüchtlingsströmen, die unterwegs sind, auch gewährleistet ist. Wer hier im Schengen-Raum Grenzenlosigkeit nach innen will, der braucht funktionierende Grenzen und Kontrollen an den Außengrenzen der Euro­päischen Union. Das ist die entscheidende gemeinsame Aufgabe der Europäischen Uni­on in diesen Tagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strolz: Dann machen Sie es !)

Da will ich mehr Europa. Ich will aber nicht mehr Europa, sage ich Ihnen, wenn es zum Beispiel darum geht, wie wir für Neuankömmlinge, die zu uns kommen, unsere sozia­len Sicherungsnetze ausgestalten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich will, dass National­staaten entscheiden können, ob sie da Differenzierungen zwischen jenen, die schon lan­ge im Land leben, ihre Beiträge für die Gesellschaft leisten, und jenen, die erst neu da­zukommen, vornehmen. Das darf nicht von der Europäischen Union den Mitgliedstaa­ten vorgeschrieben werden. (Abg. Kickl: Wird es aber!) Ich will auch nicht, dass Brüs­sel hier ins alltägliche Leben eingreift, das sage ich Ihnen schon! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich will auch nicht, dass alles, was der Rat schon im Februar beschlossen hatte, als man gehofft hat, dass die Briten in der Europäischen Union bleiben, jetzt vom Tisch ge­wischt wird. Damals hat man zum Beispiel festgelegt, dass dann, wenn 55 Prozent der Stimmen der nationalen Parlamente einer Entscheidung in Brüssel die rote Karte zei­gen, die nationalen Parlamente tatsächlich solche Entscheidungen stoppen können. Und wir haben das zuletzt gesehen: Hätte es nicht diesen Aufschrei – auch von Vizekanzler Mitterlehner – gegeben, hätte man in Brüssel wieder geglaubt, die Lösung bei CETA sei eine reine Brüsseler Lösung unter Ausschaltung der nationalen Parlamente. Und selbst gestern, als die Kommission dieser Vorgangsweise zugestimmt hat, hat Cecilia Malm­ström noch für sich selbst festgehalten: Eigentlich sei es rein rechtlich nur Sache der Europäischen Union und nicht Sache der Parlamente. (Abg. Kogler: Die Meinung darf sie ja haben!)

Daher sage ich Ihnen: Wenn man sich in Brüssel so verhält, dann ist man nicht ein Teil der Lösung, sondern dann ist man ein Teil des Problems, nämlich des Problems der Glaubwürdigkeit der Idee, dass man bürgernäher werden möchte. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Und es wird immer gesagt, die Europäische Union muss bürgernäher wer­den. Wollen wir bürgernäher werden, müssen nationale Parlamente auch entsprechend in europäische Entscheidungen eingebunden sein, meine Damen und Herren, und das ist das, worin ich die Zukunft sehe. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Mein Schlusssatz: Ein klares Ja für Österreich in einer Europäischen Union, die die Sub­sidiarität auch in Zukunft weiter hochhält. Daher ist meiner Ansicht nach selbstver­ständlich auch ein ganz, ganz klares Nein zu einem Öxit ganz klar, aber gleichzeitig auch ein klares Nein zu einer Zentralregierung in Brüssel, die Entscheidungen treffen kann, die viel, viel besser hier im nationalen Parlament aufgehoben sind, also wenn wir sie treffen. Das gilt es auch zu verhindern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

11.50



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 79

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 


11.50.15

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger, auf der Galerie hier – viele junge Menschen –, zu Hause vor den Bildschirmen und jene, die unterwegs sind! Wir diskutieren hier den Brexit, den Ausstieg der Briten aus der Euro­päischen Union, gemeinsam mit der Regierung.

Ich möchte ein paar Jahre zurückgehen: Als wir in den neunziger Jahren in Österreich darüber abgestimmt haben: Wollen wir Teil der Europäischen Union sein oder nicht?, haben die rechtsnationalen Kräfte in Österreich, die Freiheitlichen, gesagt: Das sollten wir nicht machen, denn dann müssen wir alle Schildläuse im Joghurt und Blutschoko­lade essen!

Jetzt frage ich Sie: Wer von Ihnen hat in den letzten Jahren Blutschokolade gegessen, und wer hat Schildläuse im Joghurt gehabt? (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Walter Ro­senkranz: Ja, ich!) – Niemand! Die einzige Blutschokolade, die es gibt, Reinhold Lo­patka, kommt aus der Steiermark vom Zotter, und das ist eine regionale Spezialität, die nach ganz Europa exportiert wird. (Abg. Kogler: Schildläuse gibt es wirklich! Im Cam­pari!)

Als die Briten vor ein paar Tagen abgestimmt haben: Wollen wir in der Union bleiben oder nicht?, kamen die rechtsnationalen Kräfte und haben gesagt: Steigen wir aus, dann haben wir 350 Millionen € wöchentlich für unser Gesundheitssystem! – Jetzt ist die Fra­ge: Haben die Briten die 350 Millionen € wöchentlich für das Gesundheitssystem? – Nein! Es war eine glatte Unwahrheit, mit der da Politik gemacht wurde. Es war weit weg von Redlichkeit. Es ist verantwortungslos. Es ist verantwortungslos! (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Was haben wir mit der Europäischen Union bekommen? – Wir haben auf unserem Kon­tinent Frieden, Wohlstand, Lebensqualität wie auf keinem anderen Kontinent dieser Welt bekommen. (Abg. Kassegger: Das haben wir vorher nicht gehabt?) – Ja, wir haben auch viele Probleme. Ja, das hatten wir davor nicht, liebe FPÖ. Wir haben vor 100 Jah­ren bei Verdun eine der grauslichsten Schlachten der Menschheit gehabt. Das ist un­sere Vergangenheit. Vor 70 Jahren lagen unsere Großväter zu Millionen in ihrem eige­nen Blut – sie haben einander zu Millionen die Schädel eingeschlagen –, und vor 25 Jah­ren sind die letzten Schüsse an unserer Außengrenze zu Slowenien gefallen. Das ist europäische Realität. Wenn Sie dahin zurückwollen, müssen Sie es sagen. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn Sie dorthin wollen, wohin die Briten jetzt gehen, müssen Sie es auch sagen. Wo­hin gehen die Briten? – Der britische Finanzminister – und wollen Sie, dass das unser Finanzminister in ein paar Jahren auch zu sagen hat? – hat letzte Woche auf Basis des Brexit verkündet, er muss die Steuern erhöhen und er muss die Sozialleistungen, die Staatsleistungen zurückfahren. (Abg. Kassegger: Das machen wir nicht?)

Wenn die Freiheitlichen, die rechtsnationalen Kräfte hier mit dem Öxit spielen, dann müs­sen sie dazusagen: Wir sind auch für Steuererhöhungen (Abg. Walter Rosenkranz: Sie sind ein richtiger Populist!), wir sind dafür, dass man die Sozialleistungen zurück­fährt! – Das ist die Realität. Das ist die Realität in Großbritannien, von offizieller Seite be­stätigt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ja, ich teile einiges an Kritik, die die Freiheitlichen hier vorbringen. Es ist nicht so, dass die Freiheitlichen unrecht haben – in vielen Punkten haben sie recht –, und es sind die So­zialdemokraten und die Konservativen hart zu kritisieren, weil die Zustände, die wir heute


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in Europa haben, natürlich nicht gut sind. Die Menschen sind natürlich angefressen, und die Menschen wollen eine Union, aber sie wollen nicht diese Europäische Union. (Weite­re Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Diese Europäische Union müssen wir drastisch ändern! Wir haben die Mehrheiten und die Hebel in den Händen der Sozialdemokraten, und wir haben sie in den Händen der Konservativen. (Abg. Walter Rosenkranz: Wodurch unterscheiden Sie sich von der FPÖ?) Worin unterscheidet sich die Europäische Union von jener von morgen, die ich will? – Ja, ich kann es Ihnen sagen. (Abg. Walter Rosenkranz: Glaube ich nicht!) – Wenn Sie mir zuhören, dann erzähle ich Ihnen in völliger Übereinstimmung mit den europäischen Bürgern, was die Bürger wollen: 82 Prozent sagen, dass die Europäische Union ge­schlossene Aktionen gegen Terrorismus umsetzen soll. Nur sieben Länder liefern Be­richte an eine Dschihadisten-Datenbank. Liebe Regierung, warum nicht mehr? Daran hättet ihr seit Jahren arbeiten müssen!

Was wollen die europäischen Bürger? – 77 Prozent sagen, dass die Europäische Uni­on Aktionen gegen Arbeitslosigkeit setzen soll. Wo kommen die europäischen Initiati­ven? Wo kommen auch die Anstöße aus der österreichischen Regierung? – Ich sehe nichts. (Abg. Walter Rosenkranz: Wodurch unterscheiden Sie sich von der FPÖ?) – Ich komme gleich noch dazu, worin ich mich unterscheide. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Walter Rosenkranz und Kogler.)

75 Prozent sagen: Europa muss entschlossen gegen Steuerhinterziehung vorgehen. Da kommen zu wenige Initiativen auch von den einzelnen Regierungsmitgliedern in Ös­terreich.

74 Prozent sagen – damit unterscheiden wir uns von den Freiheitlichen –, 74 Prozent der Europäer, Europäerinnen sagen: Die Europäische Union soll Aktionen in der Flücht­lingsfrage setzen.

Damals, 2006, kam Wolfgang Schüssel als Vorsitzender des Europäischen Rates zu­rück und verkündete voller Stolz, dass er verhindert hat, dass wir eine gemeinsame Asyl­politik in Europa umsetzen. Und dann sind Legionen von ÖVP-Innenministern nach Brüs­sel gefahren und haben dort weiter verhindert, dass wir eine gemeinsame Asylpolitik umsetzen. Das ist grundfalsch! Das ist gegen die Bürger dieses Kontinents, und das ist gegen jegliche Vernunft. Das ist gegen jegliche Vernunft. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Walter Rosenkranz: Kollege Strolz …!)

Diese Europäische Union ist, wenn sie so weitermacht, in ein paar Jahren mausetot. (Abg. Walter Rosenkranz: Warum …?) Da bin ich mir sicher. Diese Europäische Uni­on ist Expertin für klein-klein geworden. Sie reguliert Bilder auf Tschick-Schachteln, sie reguliert unsere Glühbirnen, aber sie ist nicht fähig, eine gemeinsame Außen- und Si­cherheitspolitik umzusetzen – das brauchen wir. Sie ist nicht fähig, eine gemeinsame Asyl- und Flüchtlingspolitik umzusetzen – das brauchen wir. Sie ist nicht fähig, eine ge­meinsam koordinierte Wirtschaftspolitik zur Senkung zum Beispiel der Jugendarbeitslo­sigkeit umzusetzen – das brauchen wir. Und, Reinhold Lopatka (Abg. Walter Rosen­kranz: Das ist auch keiner von der FPÖ!), für diese Dinge brauchen wir natürlich auch eine europäische Regierung. Wir brauchen sie nicht für die Glühbirne, wir brauchen sie auch nicht für den Traktorsitz, wir brauchen sie für diese großen Fragen. Wenn wir die­se großen Fragen nicht gemeinsam auf diesem Kontinent organisieren, dann werden wir die Lebensqualität, den Wohlstand und die Sicherheit nicht halten können. (Abg. Wal­ter Rosenkranz: Wo ist jetzt der Unterschied zur FPÖ?)

Deswegen sagen wir: Her mit konkreten Aktionen! Was hält uns davon ab, morgen 30 000 Männer und Frauen an die europäische Außengrenze zu schicken? – Wir ha­ben 27 Armeen. Wir können sofort 20 000, 30 000 Menschen, damit es auch für die Bür­ger sichtbar ist, an die Außengrenze abkommandieren, damit wir natürlich kontrollieren,


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wer hereinkommt, natürlich auch die Chance auf ein menschengerechtes Asylrecht auf­rechterhalten, aber damit wir auch sichtbare Aktionen setzen. Wir können das, wenn wir wollen! Die Sozialdemokraten und die Konservativen wollen das nicht. Sie haben nicht die Kapazität.

Wir brauchen in aller Ehrlichkeit auch einen neuen Mann oder eine neue Frau an der Spitze der Europäischen Kommission. Wir brauchen jemanden, der emotional stabil ist und der diesen Kontinent mit führen kann. Das ist nicht gewährleistet, und da muss man einfach auch ehrlich in Veränderung gehen. (Abg. Walter Rosenkranz: Ich glaube, er hat gestern den falschen Baum umarmt!) Den derzeitigen Zustand können wir uns nicht leisten.

Wir brauchen natürlich Konzepte wie Schengen 2.0. Wenn nicht alle bei den Regeln, die wir uns ausgemacht haben, mitmachen wollen, dann müssen wir den Kreis jener, die zusammenarbeiten, enger ziehen und vertiefen.

Wir brauchen auch so etwas wie einen Konvent. Wir brauchen einen entschlossenen Zug nach vorne. Deswegen fordern wir einen Konvent und, dass wir uns über die zu­künftige Architektur auf diesem Kontinent unterhalten. Ich glaube, das sollten wir die nächsten zwei Jahre mit einem umfassenden Prozess machen, und dann sollten wir tatsächlich auch in Abstimmungen auf diesem Kontinent gehen. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) Die Bürger sollen entscheiden, wohin wir gemeinsam gehen. Und wenn nicht alle 27 dabei sind, dann halte ich das allemal für besser, als mit 27 Mitglied­staaten so knieweich weiterzumachen wie bisher. Das wird nicht gut gehen!

Deswegen brauchen wir Entschlossenheit, einen klaren Prozess mit einer klaren Vision nach vorne. Europa braucht eine Seele und eine Vision und kein weiteres Herumeiern wie in den letzten Jahren. Das führt ins Aus für unsere Europäische Union, und das wäre sehr, sehr schade für unsere Generation und vor allem für die Generation unserer Kinder. Wir sind hier in der Pflicht, glaube ich. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Belako­witsch-Jenewein: Der Unterschied zur FPÖ ist jetzt nicht herausgekommen!)

11.58


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


11.58.50

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vi­zekanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Ich glaube, es ist schon vom Bundeskanzler und vom Vizekanzler deutlich ge­macht worden, wie sich die Situation in Europa jetzt darstellt und mit welchen Folgen wir zu rechnen haben. Es haben auch meine Vorredner schon vieles zur Art und Wei­se, wie in Großbritannien diese Auseinandersetzung – bleiben oder nicht bleiben – ge­führt wurde, gesagt und auch demaskiert, dass es da eine ganze Vielzahl von Unwahr­heiten und Lügen, die verbreitet wurden, gegeben hat. Es richtet sich ja von selbst, wenn am selben oder am nächsten Tag alle beginnen, zurückzurudern, und jetzt die Rat­ten das sinkende Schiff verlassen.

Ob die Folgen für Großbritannien und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die­sem Land so locker zu tragen sind, wie es Herr Strache heute – so quasi mit künstli­cher Panik – angeführt hat, das weiß ich nicht, das werden wir vielleicht in einem hal­ben Jahr oder in einem Jahr besser diskutieren können.

Ich kann aufgrund meines Kontakts mit den Gewerkschaften in Großbritannien nur sa­gen, dass zumindest die Befürchtung der Gewerkschaften sehr groß ist (Abg. Kickl: Ich habe gar nicht gewusst, dass es das dort gibt!) – Herr Kickl, ich kann Englisch, Sie werden es nicht glauben (Abg. Kickl: Wirklich?) –, dass im Zusammenhang mit dem Brexit ArbeitnehmerInnenrechte eingeschränkt werden. (Abg. Walter Rosenkranz: Das


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war aber gar nicht die Frage!) Es ist auch schon angekündigt worden, man möchte eine Initiative zur Senkung der Körperschaftsteuer setzen. (Abg. Walter Rosenkranz: Das war aber gar nicht die Frage im Zwischenruf!) Auf die Frage, woher das Geld kom­men soll, um das gegenzufinanzieren, sind gleich wieder die sozialen Systeme ins Ge­spräch gekommen.

Verschiedene Regelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die es in Großbri­tannien gibt, etwa Arbeitszeitbestimmungen oder Urlaubsbestimmungen, sind erst durch die EU-Regelungen zustande gekommen, und die Angst ist sehr groß – und berech­tigt! –, dass diese möglicherweise wieder verloren gehen.

Ich glaube, worüber wir diskutieren müssen, sind die Folgen auch im Hinblick darauf, was die Europäische Union anders machen muss als in der Vergangenheit. Ich habe in Ihren Aussagen nicht allzu viel Unterschied zur FPÖ gehört, Herr Strolz (Rufe bei der FPÖ: Wir auch nicht!), aber ich möchte Ihnen sagen, wo es schon ordentliche Unter­schiede gibt (Abg. Walter Rosenkranz: Kollege Strolz, es wird noch das Redekonzept vom H.-C. Strache dort gelegen sein!): Ich bin der Meinung, das ist ein Warnschuss, ei­ner der letzten Warnschüsse für die Europäische Union, und es muss sich etwas in der Politik und in der Vorgangsweise der EU ändern.

Klar sein muss aber auch, dass jene, die der Meinung sind, wir können die großen Pro­bleme wie wachsende Arbeitslosigkeit, stagnierendes Wirtschaftswachstum und die Flüchtlingskrise alleine lösen, auf dem Holzweg sind. Wir brauchen die europäische So­lidarität, aber wir müssen gemeinsam an der Umsetzung und an der Durchsetzung die­ser europäischen Solidarität arbeiten. Zurzeit gibt es einige, die sich die schönen Dinge holen, die sie brauchen können, und wenn sie in die Ziehung der Solidarität kommen, seilen sie sich ab. Das kann aber nicht der Weg einer solidarischen, sozialen Europäi­schen Union sein. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Kickl: Ihr lasst sie hinein, und die ande­ren müssen sie nehmen! Das ist die Solidarität der SPÖ!)

Die Entscheidung in Großbritannien hat Ursachen, und die liegen in einer verfehlten Wirtschaftspolitik, in einer Austeritätspolitik, die den Kontinent totspart, die liegen darin, dass heute mehr Menschen als je zuvor von Armut bedroht sind und dass die Arbeits­losigkeit, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit, in Europa unerträgliche Ausmaße an­genommen hat.

Die Europäische Union muss kapieren, dass eine solche Politik, in der man dem Markt und dem Wettbewerb alles andere unterordnet, eine Politik, durch die Europa totge­spart wird und keine Spielräume für Investitionen der öffentlichen Hand da sind, eine Politik, im Rahmen derer man der Meinung ist, man müsse innerhalb des Binnenmark­tes möglichst alle Regeln abschaffen, denn dann werden Milch und Honig fließen, in Wirk­lichkeit nichts anderes bedeutet als den Abbau von in über hundert Jahren erkämpften Arbeitsrechten der Gewerkschaften und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und dass das daher so nicht erfolgen darf. Das ist die Politik, die die Menschen ablehnen, und das werden sie auch immer entsprechend zum Ausdruck bringen.

Der nächste Wahnsinn war, am Tag der Brexit-Verkündung zu sagen: Jetzt machen wir CETA, und das winken wir quasi auf europäischer Ebene durch, damit beschäftigen wir die europäischen Parlamente nicht! – Ich bin sehr für das, was der Herr Vizekanzler ge­sagt hat, nämlich dass wir CETA hier ordentlich und sauber inhaltlich diskutieren, aber wir müssen, um glaubwürdig zu sein, schon auch dafür sorgen, dass nicht einzelne Ele­mente vorzeitig in Kraft gesetzt werden, denn das würde bedeuten, dass das dann eine Scheindiskussion ist (Abg. Kogler: Ja! Da bleibt nichts übrig!), und die brauchen wir dann auch nicht mehr zu führen. Daher halte ich es für sehr wichtig, dass wir uns hier bemühen, das dementsprechend zu verhindern.

Wir wollen eine Europäische Union. Wir stehen zur Europäischen Union. Wir wollen aber eine soziale Europäische Union, die die Sorgen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-


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mer ernst nimmt, eine Union, in der die Austerität gestoppt wird, die Maßnahmen ge­gen Arbeitslosigkeit setzt und etwas dafür tut, dass wieder Investitionen vorgenommen werden können und die soziale Sicherheit garantiert und weiterentwickelt wird, und die letztlich auch verhindert, dass die Marie in Panama landet und nicht bei den Menschen in Europa. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


12.04.37

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir ha­ben heute viel gehört, leider auch sehr viele Unwahrheiten und viel Panikmache von­seiten der Regierung, leider auch vonseiten des Bundeskanzlers. Und jetzt müssen wir einmal herausfinden …

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann, Sie wissen genau, dass Sie sich jetzt schon an der Grenze zu einem Ordnungsruf bewegen. (Abg. Kickl in Richtung ÖVP deu­tend : Also bitte, wie oft ist denn das jetzt schon von dieser Seite gesagt worden?  Wei­tere Zwischenrufe bei Team Stronach und FPÖ. Abg. Lugar: Also wenn ich davon spre­che, dass hier Unwahrheiten gesprochen werden …!) Ich habe das Wort „Unwahrheit“ gehört. Ich mache Sie nur auf den nächsten Schritt aufmerksam. Sie wissen, welche Be­griffe wir jedenfalls nicht verwenden.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Herr Präsident! Wir haben uns hier im Hohen Haus darauf verständigt, dass wir nicht „Lügen“ sagen, sondern „Unwahrheit“. Es ist mir wichtig, zu betonen, dass ich extra den Begriff „Unwahrheit“ verwendet habe, weil ich weiß, dass der Begriff „Lüge“ zu einem Ordnungsruf führt. Also bitte mich nicht zu maßregeln, wenn ich ohnehin schon das tue, was hier im Hohes Haus beschlossen wurde. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. Abg. Kickl: Geh, lassen Sie ihn reden!)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann, ich habe mir nur erlaubt, Sie darauf auf­merksam zu machen, wo die Grenzen sind. Sie haben es wiederholt, das ist in Ord­nung. Ich habe Ihnen auch keinen Ordnungsruf erteilt. Also belassen wir es dabei.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Vielen Dank. Ich werde jetzt auch gleich den Beweis antreten, dass das, was ich sage, stimmt, nämlich: Herr Schieder hat heu­te hier ganz bewusst die Unwahrheit gesagt, indem er behauptet hat, dass das briti­sche Pfund biblisch abgestürzt sei – der größte Kurssturz aller Zeiten. Den Beweis, dass das eben nicht der Fall ist, werde ich jetzt gleich antreten.

Ich habe hier (einen Chart vor sich auf das Rednerpult stellend, auf dem eine Kursent­wicklung von 2007 bis jetzt zu sehen ist – Heiterkeit bei Vizekanzler Mitterlehner) den Chart (Vizekanzler Mitterlehner: 184er!) – ich halte ihn vielleicht in die Höhe, da sieht man ihn besser : Wenn man sich diesen angeblich biblischen Absturz anschaut, den wir erleben: Da hinten (auf die Kursentwicklung am Ende der Zeitleiste zeigend), dieser kleine Absturz, das war genau der Absturz des britischen Pfundes gegenüber dem Eu­ro, den wir erlebt haben, und wenn man sich die Historie der letzten zehn Jahre an­sieht, dann sieht man ganz genau, dass das Schwankungen sind, die wir auch schon vorher erlebt haben. Da kann man nicht von einem biblischen Absturz sprechen und auch nicht von einer Katastrophe, wie es hier immer wieder fälschlicherweise getan wird.

Genau diese Ehrlichkeit würde ich mir hier im Hohes Haus wirklich erwarten: dass man eben nicht davon spricht, dass jetzt massenweise Firmen abwandern, denn das ist auch nicht die Wahrheit! (Vizekanzler Mitterlehner: Das Rating haben Sie auch nicht gesehen, oder was?) Es gibt Firmen, die gesagt haben, dass sie möglicherweise ins Aus­land gehen. Aber warum haben sie das gesagt? – Selbstverständlich wollen sie hinsicht-


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lich der Verhandlungen und der Bedingungen, nach denen in Zukunft gespielt wird, Druck ausüben, genauso wie uns die Voest angedroht hat – da habe ich nichts von Ihrer Sei­te gehört –, dass sie mit ihrer Produktion in die USA geht, wenn hier die Umweltstan­dards weiter angezogen werden. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.)

Das muss man als das einordnen, was es ist: als Drohung, um in den Verhandlungen auch ein bisschen Substanz zu haben. Genau das Gleiche ist in Großbritannien der Fall. Die Firmen wollen natürlich nicht, dass jetzt plötzlich die Handelsbeziehungen ge­kappt werden, selbstverständlich nicht.

Und dann ist gleich die nächste Frage am Tapet: Muss das so sein? Alle, die heute ge­sprochen haben, haben gesagt, das ist eine Katastrophe für Großbritannien, ein Wahn­sinn, der totale Niedergang. (Abg. Rossmann: Was ist da so super …?! Bundesmi­nister Schelling: „Super“ ist das!) Steuern werden erhöht, die Sozialleistungen können nicht mehr gezahlt werden. Schauen Sie, in Wirklichkeit muss gar nichts passieren. Das ist die Entscheidung der Europäischen Union. Natürlich kann die Europäische Uni­on sagen: Ihr bösen Buben wollt nicht dabei sein, jetzt statuieren wir ein Exempel an euch, jetzt machen wir zu, und ihr könnt eure Exporte weiß Gott wohin liefern, vielleicht nach Russland! (Vizekanzler Mitterlehner: So stellt sich’s nur der kleine Maxi vor!) Das könnte sein, das könnte möglicherweise auch schlecht für Großbritannien sein, aber es muss nicht sein. Und das haben wir in der Hand!

Jetzt ist die Frage, ob Herr Juncker, so trotzig wie er sich in den letzten Tagen be­nimmt, diesen Weg gehen will, nämlich zu sagen: Wir statuieren ein Exempel, wir schä­digen ganz bewusst die Europäische Union und Großbritannien, um zu zeigen, wie bö­se das ist, wenn da jemand austritt!, oder ob er sagt: Wir führen die Handelsbeziehun­gen einfach weiter, wie wir das auch mit anderen Ländern tun! Das wäre ja auch mög­lich. Habe ich dazu heute etwas von Ihnen gehört, dass wir den Schaden möglichst klein halten? Genau darum geht es nämlich! (Vizekanzler Mitterlehner: Ah, ist doch ein Schaden entstanden?) Sie sprechen immer von einem Schaden, nicht ich! Sie behaupten, es gibt einen massiven Schaden, und ich sage: Das muss nicht sein. (Abg. Vetter: Der Schaden, den es nicht gibt!)

Deshalb: Führen wir die Wirtschaftsbeziehungen weiter und vergessen wir diese poli­tische Union, die ja zum Problem geführt hat! Worüber abgestimmt wurde, waren ja nicht die Handelsbeziehungen und auch nicht die wirtschaftlichen Verflechtungen, son­dern worüber die Briten abgestimmt haben, war diese Einmischung, diese unsägliche Einmischung der Europäischen Union in interne Angelegenheiten. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Franz und Doppler.)

Und da ist ein gutes Beispiel zu nennen, und zwar die Flüchtlingsproblematik: Die eu­ropäischen Völker – und da gibt es ja auch in unserer Nachbarschaft genug, wie zum Beispiel Ungarn – wollen sich einfach nicht vorschreiben lassen, wen sie aufzunehmen haben und wen nicht. Das ist das Problem dieser Europäischen Union: Man sagt: Das wollen wir, das ist unser Weg, das ist europäisch – und wenn ihr das nicht wollt, seid ihr antieuropäisch, seid ihr Zerstörer, wollt ihr alles vernichten! Das ist dieser Blöd­sinn, der uns in genau diese Gasse geführt hat. (Beifall beim Team Stronach, bei Ab­geordneten der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

Es geht nicht an, dass man etwas postuliert, dass man sagt: Wir wollen jetzt die Türen aufmachen, jedes Land muss jetzt soundso viele Flüchtlinge nehmen, und wir entschei­den das, weil wir das wollen! – Avramopoulos, glaube ich, der Migrationskommissar, hat 17 Millionen angesprochen; manche behaupten 70 Millionen, aber ich glaube, es sind doch nur 17 Millionen, die er in der Europäischen Union haben will. Der sagt das, Jun­cker plappert das nach – und dann müssen wir alle.

Und dann höre ich von der Gewerkschaft: Solidarität! Ist das Solidarität, wenn einer etwas entscheidet und die anderen dann die Probleme zu tragen haben? Wenn ich tau-


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send Leute zu mir nach Hause auf eine rauschende Party einlade und nach dem Fünf­zigsten an der Tür sage: Geht zu meinem Nachbarn, der soll gefälligst solidarisch sein!, funktioniert das auch nicht. Genau das ist das Problem. Das heißt, wenn Frau Merkel – daher kommt das Problem ja –, 2 Millionen oder 3 Millionen Flüchtlinge haben will, dann soll sie sie nehmen, kein Problem, aber das den Ungarn oder möglicherweise auch den Briten vorzuschreiben, hat uns genau dorthin geführt, wo wir jetzt sind, und das muss man verstehen.

Jetzt sagen wahrscheinlich viele, ich sei ein Zerstörer und wolle die Europäische Union zerstören. Ganz im Gegenteil! Ich will sie erhalten, aber da hinten (auf die Regie­rungsbank deutend) sind die Zerstörer: Jene, die diese politische Einigung, diese Zen­tralregierung mit aller Gewalt durchdrücken wollen, zerstören die Europäische Union. Die Europäische Union ist für mich eine Wirtschaftsunion, die einem einzigen Zweck dienen soll, nämlich Frieden in Europa zu erhalten. Dafür wurde sie gegründet, und das ist unglaublich wertvoll. Es werden mich keine zehn Pferde davon abbringen, das immer wieder zu betonen. Was wir wollen ist Friede in Europa, und dafür brauchen wir wirtschaftliche Zusammenarbeit, aber wir brauchen keine Zentralregierung, die über die europäischen Völker drüberfährt und dann in Wirklichkeit Konflikte auf der nationa­len beziehungsweise auf der Volksebene produziert. (Beifall beim Team Stronach.)

Dann haben wir Bürgerkriege in Europa. Brauchen wir das? (Vizekanzler Mitterlehner: Sagt das der Frank?) Das brauchen wir wirklich nicht! Wir brauchen keinerlei Kriege in Europa, auch keine Bürgerkriege, sondern das, was wir brauchen, ist eine Europäi­sche Union, die wieder zu ihren Wurzeln findet, denn die Wurzeln waren nicht eine Ein­heitsregierung für ganz Europa, wo dann allen Ländern vorgeschrieben wird, was sie zu denken haben, sondern die Ursprungsidee war eine wirtschaftliche Zusammenar­beit, und zwar so intensiv, dass es sich nicht mehr lohnt, gegeneinander Krieg zu füh­ren. Das war die Idee, und diese wirtschaftliche Zusammenarbeit funktioniert, und sie funktioniert auch mit anderen Ländern, nicht nur innerhalb der Europäischen Union. Das kann man ausbauen.

Viele sagen, wenn die Europäische Union, dieser Integrationsprozess, diese Einheits­regierung nicht Wirklichkeit wird, dann können wir den Kampf gegen den Klimawandel über Bord werfen; von den Grünen habe ich das heute gehört. Ich nenne Ihnen ein Bei­spiel: das Ozonloch. 1987 hat sich die Weltgemeinschaft darauf verständigt, etwas ge­gen das Ozonloch zu tun, und siehe da, es hat funktioniert. (Abg. Belakowitsch-Jene­wein: Ja, es ist weg! Abg. Kassegger: Ja, es ist von selber weg! Abg. Brunner: … sehr intensiv verfolgt!) Dazu war aber auch keine Europäische Union und keine Zen­tralregierung in Europa notwendig. Da war die UNO da und da war der Wille der Natio­nalstaaten vorhanden, etwas zu tun, weil es im ureigenen Interesse jedes Einzelnen ist. Das ist ein Modell, das wir auf viele Ebenen transferieren können. (Abg. Brun­ner: … sinnvoll!) Das ist genau das, was Sie wissen – Sie haben es selbst gesagt, ein gutes Beispiel –, aber nicht wahrhaben wollen, weil Sie dieses Projekt Knechtung der eu­ropäischen Völker einfach vorantreiben wollen. (Ruf bei der ÖVP: Na bitte!) Das hat aber in der Geschichte noch nie funktioniert und ist auch nicht notwendig.

Deshalb: Das Friedensprojekt ist das, was unglaublich wertvoll ist. Niemand will einen Krieg in Europa, darin sind wir uns, glaube ich, einig, aber die Frage ist, wie wir das er­reichen können. Da reicht eine Wirtschaftsunion völlig aus. Wir brauchen keine Zentral­regierung, die über die Nationalstaaten drüberfährt wie eine Dampfwalze und uns sagt, was wir zu denken haben, was wir zu glauben haben und wie wir uns zu verhalten ha­ben. Das werden die europäischen Völker selbst entscheiden, da brauchen wir keine EU. Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)


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12.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


12.14.12

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren Kolleginnen und Kol­legen! Zuerst einmal möchte ich mich bei der österreichischen Bundesregierung be­danken, stellvertretend bei Herrn Bundeskanzler Kern und Herrn Vizekanzler Mitterleh­ner, denn ich habe selten eine Debatte erlebt, bei der zu Beginn, in der ersten Stunde, eine derart große Anzahl an Regierungsmitgliedern da war, was zum Ausdruck bringt, wie wichtig man dieses Thema nimmt.

Zum Zweiten: Es wurde heute zu Recht darauf hingewiesen, dass in Großbritannien das Abstimmungsverhalten der Jüngeren und der Älteren völlig unterschiedlich war und dass man somit auch den Jungen in mancherlei Hinsicht die Zukunft genommen habe. Daher ist es unsere Aufgabe und Verpflichtung, daraus zu lernen, auch in Österreich die Jungen zu animieren, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen, anstatt nach­her zu beklagen, dass man ihnen etwas weggenommen habe, die Zukunft verbaut ha­be. Das wird auch in Zukunft die entscheidende Frage sein, denn wenn jetzt die jungen Briten beklagen, dass ihnen ihre Zukunft genommen worden sei, dann muss man sie auch fragen, warum sie zu einer solchen Abstimmung nicht gegangen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass dieses Ergebnis ein politisches Erdbeben in Europa ausgelöst hat, ist unbestrit­ten; dass daraus Erkenntnisse zu ziehen sind, ist auch unbestritten; dass sich jetzt aber gerade jene, wie es auch in Medien mehrfach formuliert wurde, aus der Verant­wortung davonstehlen, dass einer sogar weiterhin im Europäischen Parlament bleibt, obwohl er der Anführer der Austrittsbewegung gewesen ist – auf dem Sessel in Europa sitzen zu bleiben, ist also praktisch –, ist nicht in Ordnung.

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Es wird sehr oft über Europa geschimpft: Eu­ropa müsste, Europa hat, Europa dürfte und so weiter. (Abg. Kogler: Sollte!) Ja wer ist denn Europa? Sind wir nicht selbst auch in der Kommission vertreten, wenn Bestim­mungen beschlossen und fixiert werden? Sind wir nicht ein Teil von Europa? Ich erlebe das manchmal in der Gemeinde: In Oberösterreich schimpft man auf Linz, in Linz schimpft man auf Wien, und in Wien schimpft man über Brüssel. Es ist praktisch, die Verantwortung wird immer auf die nächste Ebene abgeschoben, irgendjemand hat ja die Schuld. – Das ist immer praktisch. Und wenn wir wirklich nicht mehr wissen, wer in Österreich die Schuld hat, dann hat sie zumindest Brüssel. – Das ist mir ein bisschen zu wenig.

Richtig ist, dass die Briten immer ein kritisches Verhältnis zu Europa hatten; der Bri­tenrabatt sei als Stichwort in Erinnerung gerufen. Da fällt mir die alte Volksweisheit ein: Der erste Verdruss ist der beste. – Hätte man damals den Briten nicht nachgegeben, wäre vielleicht so manches erspart geblieben. (Abg. Neubauer: Das war die Maggie Thatcher!) – Richtig, völlig richtig, auch Maggie Thatcher. Das war jene Anführerin, die das durchgesetzt hat.

Meine Damen und Herren, natürlich ist die Entscheidung für den Austritt zu respektie­ren. Ich bezweifle zwar, dass sich das tatsächlich noch einmal in diesem Ergebnis nie­derschlagen würde, wenn heute eine weitere Abstimmung stattfände; wahrscheinlich wä­re es wieder umgekehrt. Die Zündler wissen, was sie angestellt haben, und festzuhal­ten ist: Ein Rosinenpicken darf es nicht geben, schon gar nicht unter dem Motto: Jetzt verhandeln wir wiederum etwas heraus, dann können wir manches erreichen!

Noch ein Wort zur Frage, welche Folgen dieser Austritt, dieser Brexit auf die Landwirt­schaft hat: Großbritannien ist Nettozahler, 11 Milliarden €, der Rabatt bereits abgezogen. 4,5 Milliarden € davon fließen zurück nach England in die Rubrik Landwirtschaft und Ent­wicklung des ländlichen Raumes. Der GAP-Austritt hat nur negative Auswirkungen auf


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die britischen Bauern, auf die österreichischen werden sich die Auswirkungen in Grenzen halten, denn das Exportvolumen ist aus agrarischer Sicht nicht von großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, wichtig ist die Erkenntnis: Wir sollten nicht dem süßen Lied der Populisten glauben. In den kommenden Monaten wird es eine intensive Diskussion über die Zukunft Europas, über die Lösung der Wirtschafts- und Flüchtlingskrise bis hin zu neuen Freihandelsabkommen geben. Es gibt Parteien, die in diesem Zusammen­hang immer wieder die vergemeinschaftete Agrarpolitik der EU infrage stellen. Das ist übrigens nichts Neues, das haben wir auch schon vor 20 Jahren erlebt. Bekanntlich ha­ben jene Bauern draufgezahlt, die damals diesen Populisten geglaubt haben, weil sie kei­ne Anträge gestellt und daher auch keine Leistungsabgeltung erhalten haben.

Meine Botschaft und meine Bitte in diesem Zusammenhang ist, an Europa zu glauben, das Positive besser zu entwickeln und sich zu bemühen, jene Dinge, die zu Recht zu kri­tisieren sind, zu verändern, die Probleme rasch zu lösen, Unnötiges abzuschaffen und keine Renationalisierung in der GAP zuzulassen, sondern eine zukunftsorientierte, nach­haltige Weiterentwicklung für einen stabilen Agrarhaushalt zu ermöglichen, aber mit deut­lich weniger Bürokratie.

Und nochmals mein Appell an junge Menschen: Gehen Sie zu Abstimmungen! Beteili­gen Sie sich an demokratischen Prozessen! Es ist letztlich die Zukunft der Jugend. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


12.19.42

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Antrag zum Schutz der Österreicherinnen und Österrei­cher beginnen. Das erscheint mir angesichts der Handelnden hinter mir auf der Regie­rungsbank notwendig, denn wir haben in der Debatte bisher gehört, dass die Europäi­sche Union mit dem Austritt der Briten einen sehr potenten Nettozahler verliert – allzu viele sind es ja nicht, die dort als Nettozahler aktiv sind. Es droht ein Ausfall von 5 Milliarden €, und ich muss ganz ehrlich sagen, ich traue es Ihnen leider inzwischen zu, völlig skrupellos wieder in die Taschen der Österreicherinnen und Österreicher zu greifen, um dieses Loch zu stopfen, oder sich zu der Wahnsinnsidee zu versteigen, die Europäische Union vielleicht noch irgendwie dazu zu ermächtigen, selbst Steuern ein­zuheben. Beides wollen wir mit diesem Antrag verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine finanzielle Mehrbelastung Österreichs durch die Europäische Union

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene gegen eine Er­höhung des Nettobeitrags Österreichs sowie gegen EU-Steuern, die zu einer Mehrbe­lastung Österreichs führen können, auszusprechen.“

*****

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, das auch hier einmal gesagt zu haben, denn gere­det wurde bis jetzt viel, Antrag habe ich noch keinen einzigen gehört.


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Jetzt sage ich Ihnen etwas, was mir in dieser ganzen Debatte sehr, sehr sauer auf­stößt, insbesondere vonseiten der Regierungsbank: Sie machen hier einen auf besorg­ten Staatsmann. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling. – Bundesminis­ter Leichtfried: Und was machen Sie?) Das ist der gesamte Habitus, der Tonfall: der be­sorgte Staatsmann. In Wirklichkeit ist es genau diese Form der Besserwisserei und genau diese Form der Bevormundung, die unter anderem auch in Großbritannien ab­gestraft worden ist. (Vizekanzler Mitterlehner: Mittlerweile wissen wir es ja! Wir wissen es jetzt schon besser!) Das ist genau der Punkt. Und dann regen Sie sich über die­jenigen auf, die die Flucht ergriffen haben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Leichtfried. – Abg. Kogler: … Demagogen!)

Ich greife jetzt Ihr Argument auf. Ich kenne auch im Inland Flüchtlinge. (Bundesminister Schelling – auf den leeren Sitzplatz des Abg. Strache weisend –: Strache zum Bei­spiel!) Ihr Herr Spindelegger ist geflüchtet, Ihr Herr Faymann ist geflüchtet aus der Ver­antwortung für den Scherbenhaufen, den er uns in diesem Land hinterlassen hat (Bei­fall bei der FPÖ), und für die Unfähigkeit, dieses Land zu reformieren. Davongelaufen sind beide (Zwischenruf der Abg. Korun), und im erweiterten Umfeld der Europäischen Union sind sie weich zur Landung gekommen. – So viel zu denjenigen, die von Ihrer Seite geflüchtet sind. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.)

Es gibt noch einen prominenten Flüchtling: der griechische Finanzminister Varoufakis, der Darling der Linken. Nachdem er zunächst ganz Europa über den Tisch gezogen und sich dann geweigert hat, die Reformen umzusetzen, hat er sich auf sein Motorrad ge­setzt und ist geflohen; und seither ist er gern gesehener Gast und Superintellektueller in irgendwelchen linken Vortragszirkeln. – So viel zu denjenigen, die geflüchtet sind. (Bei­fall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

Jetzt stellen wir uns einmal eine ganz einfache Frage, denn diese Frage wird immer zu wenig beleuchtet, aber ich halte sie für substanziell in der Auseinandersetzung mit der Problematik: Für wen ist diese Europäische Union eigentlich da? Wem hat diese Euro­päische Union eigentlich zu dienen? (Zwischenbemerkungen von Bundesminister Leicht­fried und Vizekanzler Mitterlehner.) Das ist eigentlich eine ganz einfache Frage, aber sie fällt immer ein bisschen unter den Tisch, und in der Beantwortung dieser Frage ent­scheidet sich alles. Sind es die Interessen der Großkonzerne, der Lobbyisten, der Ban­ken? (Präsident Kopf ersucht Bundesminister Leichtfried und Vizekanzler Mitterlehner um Ruhe. – Abg. Walter Rosenkranz: Danke, Herr Präsident!) Sind es die Interessen derer, die möglichst unkompliziert und möglichst ungestört Profit machen wollen? – Ja, wenn Sie dieser Meinung sind, dann willkommen im Klub von Schulz und Juncker, dort, wo Macht und Rausch eine seltsame, unheilvolle Kombination zulasten der europäi­schen Bevölkerung eingegangen sind, dann gehören Sie dorthin! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Oder hätte die Europäische Union nicht die Aufgabe, den Bürgerinnen und Bürgern zu dienen? Und das sind immer noch die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten, denn europäische Bürger in dem Sinn gibt es nicht, auch wenn Ihnen das nicht ins Konzept passt. Das ist dann sozusagen dieser verpönte Begriff des Volkes, um den Sie einen gro­ßen Bogen machen, dabei vergessend, dass Sie selbst auf eine Verfassung vereidigt sind, in der ausdrücklich festgeschrieben ist, dass das Recht von diesem Volk ausgeht. (Abg. Lopatka: Wir heißen Volkspartei, falls Sie das nicht wissen! Wir sind die Volks­partei!) Das muss man Ihnen immer wieder sagen, denn ich hatte heute manchmal den Eindruck, dass ein Sprecher der Europäischen Kommission hier am Wort ist, aber nicht der Bundeskanzler der Republik Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man der Meinung ist, dass es das Volk ist, dass es die Bürger sind, denen die Europäische Union zu dienen hat, dann hat man dieses Votum in Großbritannien zur Kenntnis zu nehmen, dann hat man die Wählerinnen und Wähler dort nicht in einer Art


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und Weise, wie wir es von Ihnen allen gewohnt sind, wenn die Wahlergebnisse nicht stimmen, zu beleidigen (Zwischenruf des Abg. Kogler) und dann hat man sich nicht zu Horrorszenarien apokalyptischen Ausmaßes zu versteigen, die ja überhaupt nicht halt­bar sind. (Abg. Kogler: Die WählerInnen beleidigt niemand! Demagogen …!)

Das finde ich ja interessant: Das Pfund geht nach unten. – Ja, meine Damen und Her­ren, wie lange ist denn der Euro aufgrund Ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik, trotz Ihrer milliardenschweren Rettungspakete schon auf Talfahrt? Das ist eine Talfahrt, die es nicht erst seit gestern gibt! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Die Wirtschaft wird leiden! – Ja, das mag sein, dass es schwieriger wird (Bundesminis­ter Schelling: Herr Kickl, … Wirtschaft!), aber wo gibt es die Massenarbeitslosigkeit, wo? – In der Europäischen Union! Wo gibt es sie denn? Wo gibt es denn so viele Ar­beitslose wie seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg überhaupt noch nie? Das ist doch diese Europäische Union, die sich jetzt selbstherrlich herstellt, in einer Art von Scha­denfreude, möchte man schon fast sagen, und auf die Briten zeigt und sagt: Schaut, wie schlecht es euch gehen wird! Aber sie vergisst den Blick in den Spiegel, und das sollte man tunlichst nicht machen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt in dieser Aus­einandersetzung; also auch da arbeiten Sie nicht ehrlich.

Dann kommen Sie mit Erklärungen daher: Die bösen Populisten sind es gewesen! Es gibt natürlich nur Rechtspopulisten; Linkspopulisten, das ist in Ihrer Denkwelt ein Un­ding, dabei kenne ich keinen größeren Populisten in Österreich, als Bruno Kreisky ei­ner war – das muss ich noch einmal festhalten –, und er war sicherlich kein Rechter. Aber die Populisten sollen es gewesen sein und die Versprechen. – Darf ich Sie daran erinnern, dass es in Österreich eine Abstimmung über den Beitritt zur Europäischen Uni­on gegeben hat, so wie es in Großbritannien eine über den Beitritt zum EWR gegeben hat. Und was war denn das, was man den Menschen damals aufgetischt hat? – Popu­lismus der reinsten Sorte! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Alles wird billiger werden, haben wir gehört, einen Tausender ersparen wir uns. (Zwi­schenruf des Abg. Vetter.) Es wird keine Grenzkontrollen mehr geben. – Jetzt haben wir sie, weil Sie die Probleme nicht in den Griff bekommen. Die Arbeitsplätze werden mehr werden. – In Wirklichkeit haben wir Massenarbeitslosigkeit und so weiter und so fort. Also das war Populismus, den Sie da betrieben haben. Messen Sie doch nicht mit zweierlei Maß! Das ist doch unerhört! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Ich sage Ihnen nur eines: So, wie Sie agieren, und so, wie insbesondere die maßgebli­chen Repräsentanten der Europäischen Union in diesen Tagen nach Brexit reagiert ha­ben, hat man das Gefühl, dass das eigentliche Wahrzeichen dieser Union das hohe Ross sein sollte. Das hohe Ross, von dort herunter hat man agiert. Dabei wäre es eine riesige Chance für die Europäische Union gewesen, einen Umdenkprozess einzuleiten, nicht nur immer das zu machen, was Sie nach jeder EU-Wahl, die für Sie von Rot und Schwarz quer über den Kontinent immer schlechter ausgeht, versprechen: Jetzt brau­chen wir mehr Bürgernähe! – Nach 14 Tagen ist alles vergessen, bis Sie den nächsten Denkzettel bekommen.

Nein, wirklich umzudenken und zur Tat zu schreiten, das ist ein entscheidender Punkt, und vor allem, den Fehler nicht bei den Briten, bei den Ungebildeten, bei den Alten und bei irgendjemandem zu suchen, sondern bei sich selbst, in dieser Europäischen Union und ihren Organen selbst (Abg. Königsberger-Ludwig: Sie haben wirklich nicht zuge­hört, oder?!), bei einem Herrn Juncker und anderen „Sympathieträgern“ dieser Euro­päischen Union, die ja die Völker regelrecht aus diesem Verbund hinausekeln, so wie sie sich in ihrer ganzen Überheblichkeit aufführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Chance haben Sie ausgelassen, aber das wäre der entscheidende Punkt gewe­sen. Nur dann, wenn das passiert, wird die Europäische Union wirklich bürgernah wer-


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den, dann gibt es eine demokratische Weiterentwicklung, dann gibt es auch den sozia­len Frieden und keine schiefe Ebene, wo die einen zahlen und die anderen konsumie­ren, denn auch das ist ein Ergebnis einer viele, viele Jahre dauernden Entwicklung, die angeblich den Ausgleich schafft. – Kein Wort davon ist wahr!

Das ist das, was wir verfolgen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Leichtfried.) Das ist das neue Europa, das ist der Punkt. Diese positive Entwicklung wollen wir befördern, und der Austritt der Briten hätte eigentlich für Sie alle eine Initialzündung in diese Rich­tung sein müssen. Das ist der Punkt, um den es uns geht, und da lassen wir uns nicht von Ihnen das Wort im Mund umdrehen in Richtung irgendwelcher Austrittsoptionen.

Ich sage Ihnen eines: Das ist der mühsamere Weg, es ist der beschwerlichere Weg, aber es ist der nachhaltigere Weg, und er nimmt die Menschen mit auf diese Reise, und genau darum geht es, denn dafür sollte die Europäische Union – wie ich es am Beginn gesagt habe – da sein. Das ist unsere Vorstellung eines Europas, eines neuen Europas. (Bundesminister Schelling: Sind Sie jetzt für den Austritt oder nicht?) Das, was Sie vertreten, das ist Europa uralt. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

12.28


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Kickl eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend keine finanzielle Mehr­belastung Österreichs durch die Europäische Union

eingebracht im Zuge der Debatte über Tagesordnungspunkt 1, EU-Erklärungen des Bun­deskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates, in der 136. Sitzung des Nationalrates in der XXV.GP am 6.7.2016

Die Europäische Union hat nun nach dem Referendum am 23.6.2016 ein Mitgliedsland weniger: 51,9 Prozent der Briten haben beim Brexit-Referendum für einen Ausstieg aus der EU gestimmt, 48,1 Prozent dagegen.

Medial wurde bereits berichtet, dass die Folgen eines Brexit nicht nur in Großbritan­nien, sondern auch in den anderen Mitgliedstaaten spürbar werden und Brexit die Kos­ten der EU-Nettozahler steigen lassen würden.

Österreich werde nach einem Ausscheiden Großbritanniens mehr Mitgliedsbeitrag an Brüssel abliefern müssen. Großbritannien ist nämlich trotz seines ausgehandelten Ra­batts Nettozahler – zuletzt mit rund 5 Milliarden Euro jährlich. Diese Summe müssten nun großteils andere Nettozahler übernehmen.

Laut Expertenschätzungen käme auf Österreich ein zusätzlicher jährlicher Mitgliedsbei­trag von 150 Millionen Euro zu (bzw. einem zusätzlichen Betrag in Höhe von 277 Millio­nen Euro brutto).

Schon heute leistet Österreich rund 1 Milliarde Euro jährlich (brutto lag der Anteil Ös­terreichs zuletzt sogar bei 3 Milliarden Euro).

Eine derartige Mehrbelastung Österreichs ist klar abzulehnen. Konsequenterweise darf es durch Brexit auch nicht zur Einführung von EU-Steuern, die zu einer Mehrbelastung Österreichs führen können, kommen.

Es wäre stattdessen nun an der Zeit, beim aufgeblähten EU-Verwaltungsapparat anzu­setzen und ein neues, schlankes EU-Budget zu erstellen.


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Dringliche Aufgabe der Bundesregierung ist es daher nun sicherstellen, dass es zu kei­nen zusätzlichen Belastungen der österreichischen Steuerzahler durch Brexit kommt.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene gegen eine Er­höhung des Nettobeitrags Österreichs sowie gegen EU-Steuern, die zu einer Mehrbe­lastung Österreichs führen können, auszusprechen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


12.29.03

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte ZuhörerInnen und Zu­schauerInnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zurück zum Thema: Das Thema sind die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers über die Ergebnisse des Eu­ropäischen Rates von letzter Woche.

Was vor dem 23. Juni nahezu niemand geglaubt hat, ist eingetreten: Das britische Volk hat gesprochen und hat sich für einen Austritt aus der Europäischen Union ausgespro­chen. Diese Kampagne wurde teilweise beispiellos geführt, die Kampagne wurde auf dem Rücken vieler geführt, es wurden Sündenböcke gesucht, zum Beispiel in der Flücht­lingsfrage. Wenn man sich das nun genau ansieht, wer diejenigen sind, die in England sind, dann sieht man: Das sind die Migranten und Migrantinnen aus den Commonwealth-Staaten – Indien, Pakistan zum Beispiel – oder Arbeitsmigranten aus der EU – Polen, Ir­land –; aber es sind nicht die Kriegsflüchtlinge, auf deren Rücken da Politik gemacht wur­de, als diese beispiellose Kampagne für den Austritt aus der EU geführt wurde. Auch das sei gesagt.

Wo steht Großbritannien jetzt? – Es ist ein gespaltenes Land: Alt gegen Jung, die Schot­ten gegen die Engländer, die Iren sind mit diesem Ergebnis auch überhaupt nicht zu­frieden. Das ist das Ergebnis der Kampagne jener, die sich jetzt aus dem Staub ma­chen (Abg. Kickl: Die spielen sogar gegeneinander Fußball, die Nationalmannschaf­ten …!): Nigel Farage, der jetzt sein Leben wieder genießen will; Boris Johnson auf der anderen Seite. Und wer soll wieder aufräumen? – Das sind – das sei dazu noch ange­merkt – wieder einmal die Frauen! Die Frauen stellen sich nach diesem beispiellosen Schauspiel, das Europa mehr als erschüttert, jetzt der Wahl für die Aufräumarbeiten. (Abg. Neubauer: Seit wann ist eine Wahl ein beispielloses …?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn jetzt dieser Weckruf von den noch verblie­benen 27 Mitgliedstaaten nicht verstanden wird, dann ist uns wahrlich nicht zu helfen. Der Weckruf muss heißen: mehr Europa, mehr zu den Bürgern hin. Das Subsidiaritäts­prinzip, dieser sperrige Begriff, muss mit Leben erfüllt werden. (Abg. Kickl: Hören wir seit 20 Jahren!) Was heißt denn das? Brauchen wir die Allergenverordnung? Brauchen wir die Glühbirnenverordnung? Muss uns jemand sagen, wie die Milch, die auf der Alm getrunken wird, ausschauen muss? – All das brauchen wir nicht. (Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Ruf bei der FPÖ: Aber überall hebt ihr die Hand!) Wir brauchen da mehr Kompetenzen für die Länder (demonstrativer Beifall des Abg. Hübner); das brauchen wir, selbstverständlich! (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Was brauchen wir auf der anderen Seite noch? – Selbstverständlich müssen wir näher zu den Menschen hin, wir brauchen ein Mehr an Europa, ein Mehr an sozialer Union, Herr Neubauer! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Blablabla!) Wir brauchen mehr Inves­titionen für Arbeitsplätze. (Abg. Neubauer: Wo sind sie? Seit zehn Jahren hören wir das!) Selbstverständlich brauchen wir das!

Die gestern getroffene Entscheidung, dass die nationalen Parlamente bei der Entschei­dung betreffend CETA mitreden werden (Abg. Kickl: Ah so, und das gilt jetzt?!), das ist schon ein wichtiges Zeichen, dass Malmström nicht recht hat, wenn sie sagt, das sei kein gemischtes Abkommen. Die nationalen Parlamente können jetzt mitreden – da ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht worden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Bei all der Kritik an Europa und der Frage, wie Europa sich gestalten sollte: Vergessen wir nicht ihre wirklich wichtige Funktion! Als die EU, als der Europarat, als die verschie­denen internationalen Organisationen hier auf diesem Kontinent gegründet wurden, ge­schah das auf den Trümmern von zwei Weltkriegen. Vergessen wir das nicht: der Erste und der Zweite Weltkrieg, Schlachtfelder, Millionen von Toten, die Europa zu verzeich­nen hatte! Aus einem der kriegerischsten Kontinente ist das geworden, was wir jetzt vorfinden: keine Kriege, eine Friedensunion, ein Europa, das auf Menschenrechten auf­baut, das die Europäische Menschenrechtskonvention ernst nimmt. Daran müssen wir weiterarbeiten: an einer sozialen Friedensunion für die Menschen, für uns alle. In die­sem Sinne: Bauen wir daran! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.34


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.34.05

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Bei dieser Debatte kann es nicht nur um den Brexit gehen und auch nicht um die unterstellte WählerInnenbeschimpfung, die so nicht stattfindet, nach der Volksabstim­mung im United Kingdom. Es geht aber schon darum, was dort geschehen ist und was jetzt die Folgen sind, dort wie in der Union. Damit sind wir bei der Union: Da geht es auch um die Frage, welche Unionspolitik in den letzten Jahren und Jahrzehnten gemacht worden ist und wie es vielleicht oder tatsächlich anders sein soll. Drittens geht es auch um die Rolle Österreichs.

Jetzt nacheinander und mit Österreich beginnend: Also bei diesem Beispiel, auf das ich gleich noch einmal eingehen werde, vielleicht drastischer als die Vorrednerinnen und Vorredner, was den Brexit betrifft, da muss bei aller Kritik an der Union, den Organen der Union, der Verfasstheit der Union und vor allem der inhaltlichen Politik der Union – die auch meines Erachtens jetzt tendenziell da oder dort schon eher in die falsche als in die richtige Richtung geht – eines schon klar sein: Wir brauchen internationale Ge­meinschaften, gerade auf dem europäischen Kontinent – so muss man jetzt schon bald sagen, vorläufig wieder einmal, für ein paar Jahrzehnte –; das brauchen wir. Und gäbe es keine Vergemeinschaftung, etwas Gemeinsames für Europa, auch institutionell, dann müsste man es erfinden – also wird das zu verbessern sein, was da ist.

Deshalb ist eines auch klar: Nix Öxit! Weil Sie (in Richtung FPÖ) sich da gerade so weg­ducken: Nix Öxit! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und NEOS.)

Ansonsten: Kommen Sie herunter und erklären Sie das! Erklären Sie das! Da kann man wahrscheinlich einige Parallelen zu den Ereignissen im United Kingdom, im Verei­nigten Königreich, finden, wie wir uns das dann vorzustellen hätten. Es geht eben ge­nau nicht darum, dass man das, was dort abgestimmt wurde, nicht akzeptieren muss –


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ganz im Gegenteil! Es sind ja genau die, die die Hütte angezündet haben, die das jetzt überlassen und nicht weiterverhandeln wollen, weil sie nämlich nicht nur keinen Plan haben, weil sie nämlich noch nicht einmal eine Orientierung haben, außer die Hütte an­zuzünden, sondern nur die blanke Hilflosigkeit, die in Wirklichkeit in die totale Verant­wortungslosigkeit mündet. Und das ist das Bild, das hier gezeichnet wurde.

Eigentlich möchte man an ein Shakespeare-Drama denken, aber es ist leider die Wirk­lichkeit, und zwar nicht deswegen, weil eine demokratische Entscheidung stattgefun­den hat. – Ja, es muss möglich sein, dass man austritt! Das allein ist ja nicht das Pro­blem, sondern wie es zustande gekommen ist, mit derartigen Argumenten und ohne Vor­bereitung, und was übrig bleibt. Deshalb, glaube ich, kann man dem nur zustimmen, was Sie gesagt haben. Sie (in Richtung Regierungsbank) haben es ja sehr nobel aus­gedrückt, das steht Ihnen ja auch gut an; also ich habe mir das, was hier referiert wur­de, wirklich über weite Strecken nur zustimmend anhören können.

Man kann es aber schon auch deutlicher sagen, und vielleicht ist das ja vom Redner­pult aus, einen Meter vor der Regierungsbank, angezeigter: Das sind nicht nur irgend­welche, die sich da jetzt schleichen. Das sind auch nicht nur – es ist ja zitiert worden – die Oberratten, die das Schiff verlassen, nachdem es leckgeschlagen hat. (Abg. Lu-
gar:
Also von Ratten …!) 
Das war ein Zitat, das ist hier schon gebracht worden. (Abg. Kickl: … auch schon Ordnungsrufe …!) Aus meiner Sicht ist das zutreffende Bild nach wie vor das mit den Brandstiftern.

Es ist halt so in der Demokratie – die Rolle der Medien ist von Klubobfrau Glawischnig zu Recht schon erwähnt worden –, dass die vierte Säule oft auch nicht so gut funk­tioniert, wie man sich das erwarten würde, aber die Konsequenzen müssen jetzt alle tragen. Es wurde mit einer derartigen Argumentation und auch Hetze gearbeitet – die Fremdenfeindlichkeit hat ja dort auch eine massive Rolle gespielt, das ist ja nicht so, das ist ja bis zum Mobbing der Kinder gegangen, der Kinder der Polen oder von ande­ren, obwohl Großbritannien, das ist ja überhaupt das Absurde, von der Arbeitsmigra­tion aus Polen zunächst volkswirtschaftlich massiv profitiert hat; aber darauf kommen wir noch zu sprechen. Der Grund dafür, dass die Leute so narrisch sind, ist ja der, dass die Gewinne eines gemeinsamen Wirtschaftens völlig schräg verteilt werden; das ist ja das Problem.

Zunächst noch einmal zum Bild: Es sind in dieser Argumentationskette die blanken Brandstifter unterwegs. Man hat sie ja schon gesehen, wie sie mit dem Benzinkanister herumspazieren und überall reinschütten, das Feuerzeug gezückt haben. Dann war kurz eine Pause, weil im Übrigen diese Hysterisierung und Hetzerei in Großbritannien auch zu einem politischen Mord geführt haben. Da haben alle geglaubt, dass es vielleicht doch nicht so arg wird – ich auch. Dann ist es aber doch so gekommen, denn die Zündhölzer sind geworfen worden – und flutsch!

Und jetzt kommt es: Jetzt sind sie weg, die anderen müssen den Brand löschen – da bin ich sehr dafür –, aber die sind weg! Die Szene ist noch da, das Bild: Da brennt die Bude, und daneben laufen sie weg.

Ich hätte gerne gewusst, was der Plan dieser Öxit-Befürworter ist, die sich das ja gar nicht mehr auszusprechen trauen; sie verweisen immer nur auf die Schweiz, ohne da­zuzusagen, welche ökonomischen und historischen Unterschiede es gibt. Also davon ist nichts zu halten, das ist auch wegen aufgelegten Unsinns zurückzuweisen. Da wür­de ich eine andere Verantwortung einfordern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Man muss aber trotzdem hinschauen, was da geschehen ist. Ich stimme daher, und ich sage das auch ganz offen, mit zwei freiheitlichen Vorrednern überein in der Frage der Herangehensweise, dass man nämlich eines klar aussprechen muss, und das haben


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wir auch immer so gemacht: Die europäische Frage, das gemeinsame Europa ist nicht gleichzusetzen damit – das ist eine eigene Art von Demagogie –, was die Union ge­rade institutionell ausmacht, und schon gar nicht mit ihrer Politik. Das ist nicht das Glei­che!

Im Übrigen kann ich Sie beruhigen: Wir waren auch nicht dafür, dass man Österreich abschafft, nur weil sieben Jahre lang Schwarz-Blau regiert hat. Waren wir nicht! (Hei­terkeit bei den Grünen.) Man muss sich eben um etwas anderes bemühen, wenn man etwas anderes will, das ist so in der Demokratie. (Abg. Kickl: Sie haben sich ja auch um etwas anderes bemüht – am Beginn!) Das gilt auch für die EU. Erstens geht es im­mer darum, wie wir dieses gemeinsame Gebäude der Europäischen Union konstruie­ren, und dann stellt sich immer noch die Frage, wer dort welche Politik macht. In der Demokratie ist es eben so, es muss dann den Linken, den Grünen und wem auch im­mer besser gelingen, die Leute dazu zu bewegen, halt eher in diese Richtung zu wäh­len – sowohl in den Nationalstaaten, denn dort gibt es ja auch die Parlamente und die Regierungen, die im Rat mitentscheiden, als auch bei den Wahlen zum Europäischen Parlament. Das ist an sich ein ganz normaler Vorgang, und das muss man einfach aus­einanderklauben. Insofern gebe ich der Argumentation recht, dass es da einen großen Unterschied macht, wie sich eine Politik in Europa ausrichtet. Man kann deshalb nicht je­de Kritik an der Union wegwischen, das geht nicht.

Man muss sich schon auch ansehen, welche Situation es in Großbritannien gab. Ich habe das vorher schon angedeutet: Viele sind auch auf der Seite der Verlierer, obwohl es dort eigentlich über Jahrzehnte einen Zugewinn gab. Da darf man sich dann nicht wundern! Nicht dass ich diese Sichtweise teilen würde, aber man sollte so viel Ver­ständnis aufbringen und genau hinsehen, wer für diese Brandstifterargumente anfäl­liger ist als andere. Das ist doch die Frage, und schon aus diesem Grund muss dieses Ergebnis ein Auftrag sein, in Europa eine andere Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und im Übrigen auch ökologisch nachhaltige Politik zu machen – und das möglichst auf demo­kratischer Basis, damit sie auch akzeptiert wird und besser vorangetrieben werden kann. Das sind die Aufgabenstellungen.

Wenn es jetzt so ist – und da springen wir von Großbritannien nach Kontinentaleuropa, da werden sie uns jetzt Gott sei Dank nicht mehr so viel blockieren, der schwimmende Extrawurststand driftet ein bisschen weg, das sollte uns jetzt auch nicht aufhalten –, dann müssen wir das nun durchziehen, obwohl sich jene, die es veranstaltet haben, jetzt mög­lichst viel Zeit lassen wollen. Gleichzeitig muss aber in Europa selbst die Konsequenz sein, dass man sich ansieht, wo die klassischen Schwachpunkte sind.

Es muss da, und das wurde ja ohnehin bereits immer wieder gesagt, fast sonntagsre­denartig, wesentlich mehr geschehen. Es führt in die nächste Katastrophe, wenn es nicht gelingt, die Jugendarbeitslosigkeit in den klassischen – so muss man sie ja schon bald nennen – Ländern zu senken: in Spanien, zum Teil in Italien, vor allem in Grie­chenland. Das sind ja schon mehrere Jugendgenerationen, die da verloren gehen. Wo soll denn das enden? Wenn man da einfach stur bei der jetzigen wirtschaftspolitischen Linie bleibt, dann darf man sich nicht wundern, wenn das Projekt Europa im Sinne ei­ner Union ständig weiter gefährdet ist.

Es gibt die Brandstifter, aber dieses Gebäude Europäische Union hat auch ohne die Brandstifter ein sehr hohes Gefahrenpotenzial der Selbstentzündung, weil ständig ir­gendwo die falschen Latten angenagelt werden – im Übrigen zum Teil aus ideologi­scher Verbohrtheit. Hellhörig gemacht hat mich da ein Satz, den der Herr Bundeskanz­ler gesprochen hat, nämlich, wenn ich ihn richtig wiedergeben kann: Da haben sich of­fensichtlich die Ideologen – mein Zusatz: die falschen Ideologen, vielleicht sogar Über­zeugungstäter, soll sein – der Europäischen Union bemächtigt. Deshalb muss man eben für einen Richtungswechsel in der Politik der Europäischen Union werben, und dieser


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muss in Richtung der wirtschaftlichen Vernunft, der sozialen Gerechtigkeit und der öko­logischen Nachhaltigkeit führen, die im Übrigen noch sehr viele Wirtschaftschancen bie­ten muss.

Wenn man die große Friedensprojektfrage heranzieht, auf die zu Recht immer ver­wiesen wird, die aber heute die Jungen nicht mehr so mitreißt, dann können wir auf ein tragisches Ereignis verweisen, das ich noch erlebt habe (Präsident Kopf gibt das Glo­ckenzeichen) – ich bin schon beim Schluss, Herr Präsident –, wenn es diesbezüglich ei­nen erkennbaren Nutzen der Union gibt, dann zeigt sich dieser an den Balkanländern: Wäre die Union vor 20, 30 Jahren dort schon quasi, im besten Sinn des Wortes, behei­matet gewesen, hätten wir nicht hunderttausend Tote vor der eigenen Tür gehabt. Die hätten wir nicht gehabt! Alles hat versagt! Die größte Schande am Kontinent nach 1945 ist Srebrenica, und die Union hätte das verhindert. Hören Sie (in Richtung FPÖ) daher endlich auf mit Ihrem dauernden Europa-Bashing! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak. – Abg. Neubauer: Na recht freundliche Worte haben Sie auch nicht ge­funden, Herr Kollege! – Abg. Kogler – das Rednerpult verlassend –: Ja, in jede Richtung!)

12.45


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


12.45.00

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ho­hes Haus! Kollege Kickl hat seine EU-Tiraden abgegeben und ist gegangen. Das erin­nert mich ein bisschen an Großbritannien, dort war das auch ungefähr so. (Abg. Brosz: 
… patriotisch!)

Meine Damen und Herren! Er behauptet, die Europäische Union hätte uns nichts ge­bracht. Ich möchte dem einmal ganz klar die Fakten entgegenhalten. Was hat uns die Europäische Union gebracht? – Einen Anstieg des realen BIP in Österreich um 0,9 Pro­zent pro Jahr (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Anstieg der Arbeitslosigkeit!), das sind kumuliert 63 Milliarden €. (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Die Schaffung von rund 18 500 Arbeitsplätzen pro Jahr, das sind seit unserem Beitritt zur Europäischen Union 480 000 Arbeitsplätze. Wir haben weiters eine niedrigere Inflationsrate. Wir haben ein um 7 000 € höheres Einkommensniveau für jeden Österreicher als ohne EU-Integration.

Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und wenn Herr Kickl das hohe Ross als das Wappentier der EU sieht, dann muss ich sagen: Das Wappentier der FPÖ ist die Blindschleiche, denn Sie wollen das nicht se­hen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

Ich möchte hier noch eine weitere Facette einbringen. Der Ursprung der EU lag sei­nerzeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der Förderung der wirtschaftlichen Zusammen­arbeit. Dahinter stand die Idee, dass Menschen, die miteinander arbeiten, die Handel be­treiben, sich wirtschaftlich verflechten, kriegerische Auseinandersetzungen verhindern. (Abg. Hübner: Erst 19-mal gehört! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Schon gehört!) Vor diesem Hintergrund ist 1958 die EWG gegründet worden.

Meine Damen und Herren, bedenken Sie, dass wir heute in Europa seit 70 Jahren in Frieden und Freiheit leben, dass die jüngere Generation sich eine Europäische Union mit Grenzen, mit Grenzkontrollen gar nicht mehr vorstellen kann und dass der Euro heu­te eine Währung ist, die in ganz Europa gilt!

Noch einen Satz zum Euro: Der Euro steht heute besser gegenüber dem Dollar als sei­nerzeit bei der Einführung, das auch noch zur Ergänzung zur wirtschaftlichen Kompe­tenz. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler. – Abg. Neubauer: Trotz der EU!)


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Gleichzeitig ist aber auch ganz klar: Wir müssen natürlich die Sorgen der EU-Bürger zur Kenntnis und ernst nehmen. Wenn jedoch die EU-Gegner regieren wollen, dann verlieren die Bürger und das Land, meine Damen und Herren!

Wenn wir uns die Vorgänge in England im Vorfeld ansehen, dann war das ja genauso. Die Argumentation der Aussteiger war geprägt von Angst und Angstmacherei, von Halb­wahrheiten, wenig Sachkundigkeit und von vielen, vielen leeren Versprechungen. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Es ist kein Wunder, dass die Menschen auf diese vielen leeren Versprechungen teilweise – auf gut Deutsch gesagt – hineinge­fallen sind.

Die Führer dieser Ausstiegsbewegung sind nicht mehr da – Kollege Kickl ist auch nicht da, um da wieder einen kleinen Vergleich zu ziehen. (Heiterkeit bei Mitgliedern der Bun­desregierung. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Zeche, meine Damen und Herren, zah­len aber vor allem die jungen Menschen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da hätten die jungen Menschen halt abstimmen gehen müssen!) Deswegen bin ich wieder bei Jakob Auer: Sie müssen eine Stimme haben und sie müssen diese Stimme auch nutzen, denn es werden – und gerade bei Großbritannien ist das bedauernswert – viele Arbeitsplätze sprichwörtlich über den Kanal gehen.

Das ist ein Problem, das Großbritannien heute hat. Großbritannien ist ein gespaltenes Land – zwischen Jung und Alt, zwischen Städten und dem ländlichem Raum, zwischen Schottland und England. Wenn ein Land gespalten ist, dann wachsen auch die Proble­me. (Zwischenruf des Abg. Hübner.)

Meiner Meinung nach ist es daher wichtig, dass wir hier unseren Arbeitsauftrag ernst nehmen, dass wir die EU-Gemeinschaft ganz klar stärken, dass das Image der Euro­päischen Union wieder aufpoliert wird und dass wir in Österreich die Vorteile genau er­klären. (Ruf bei der FPÖ: Wie denn?) Wir brauchen halt ein bisschen mehr Optimismus und Tatkraft, um in die Zukunft zu blicken.

Wenn wir über die Wirtschaft sprechen, dann müssen wir auch über CETA sprechen, und deshalb, Herr Vizekanzler, herzlichen Dank, dass wir das CETA-Abkommen zu ei­nem gemischten Abkommen gemacht haben, denn das ist wichtig. Damit können wir das auch hier im Parlament behandeln. Wer für Wirtschaft und wer für Europa ist, der muss auch darüber sprechen, dass wir in einem Wettbewerb der Kontinente sind und nicht in einem Wettbewerb der Kleinregionen (Zwischenruf des Abg. Hauser), und des­halb sollten wir uns auch dieser Thematik eingehend widmen.

Ich möchte mit einem Zitat von Helmut Kohl enden: „Zur Politik der europäischen Eini­gung gibt es keine verantwortbare Alternative. Wenn wir Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle Bürger unseres Kontinents auf Dauer sichern wollen, dann bleibt es unsere Aufgabe, mit Engagement und Optimismus für den Bau des Hauses Europa einzutreten.“ (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ha, ha!) „Denn Europa – und das gilt besonders für die junge Generation – ist unsere Zukunft!“

Dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scherak. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da hat es auch schon bessere Zi­tate gegeben!)

12.49


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. – Bitte.

 


12.49.37

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Europa nach dem Brexit-Referendum ist das Thema.


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Was lernen wir aus diesem Referendum? – Zum einen: Umfragen sind mit Vorsicht zu genießen. Man geht mit Exit Polls, die einen knappen Sieg des „Remain“-Lagers vor­hersagen, ins Bett und wacht mit Brexit wieder auf. (Abg. Neubauer: Ja!)

Was lernen wir noch aus diesem Referendum? – Volksabstimmungen müssen gelernt sein. Es wurde gelogen, dass sich die Balken biegen. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Die Sachlichkeit ist auf der Strecke geblieben. Wie man es machen könnte, wie man es machen sollte, zeigt die Schweiz: Dort gibt es keine Volksabstimmung ohne ein Ab­stimmungsbüchlein, in dem alle Fakten, alle Zahlen drinnen stehen, alle Meinungen, mit dem sich jeder objektiv ein Bild von der abzustimmenden Frage machen kann. (Zwi­schenruf des Abg. Hübner.) Das hätte der Weg sein sollen – war er leider nicht.

Was sind die Konsequenzen dieses Referendums? – Auf jeden Fall gilt: Selbst dann, wenn das „Remain“-Lager gewonnen hätte, also knapp eine Mehrheit erreicht hätte, wäre das auch keine Lösung gewesen, denn dann wäre dieser Februar-Deal, der zwi­schen Cameron und den anderen Regierungschefs ausgehandelt worden ist, zum Tra­gen gekommen. Damit wäre auch zum Tragen gekommen, dass sich zum ersten Mal ein Mitgliedstaat – offiziell bestätigt und vereinbart – vom Ziel der „ever closer union“, der gemeinsamen politischen Union verabschieden kann.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Europa der zwei Geschwin­digkeiten ist kein Problem, das ist in Ordnung, aber ein Europa, das in zwei unter­schiedliche Richtungen fährt, kann nicht funktionieren. Das hätte sich so oder so nicht ausgehen können. (Beifall bei den NEOS.)

Der Brexit, so viele Nachteile er für Europa und natürlich insbesondere für Großbritan­nien bringt, bedeutet dennoch auch eine Chance, denn in jeder Krise liegt auch eine Chance. Es ist klar, die Zeit des Durchwurschtelns ist vorbei. Es ist klar, dass Europa vor einer Weggabelung steht. Die entscheidende Frage ist: Europa, wie hältst du’s mit der politischen Union? Wir müssen uns die Frage stellen, was unsere Vorstellung von einem gemeinsamen Europa ist. Was ist unsere Vorstellung von der Zukunft, was ist un­sere Vision?

Diese Frage habe ich auch dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Außenminister im Ausschuss gestellt, und die Antworten, die ich bekommen habe, waren folgende: Au­ßenminister Kurz sagt, er glaubt nicht an Visionen. Kanzler Kern sagt, er möchte nicht auf der Ebene der Visionen tätig sein, sondern auf der Ebene der Lösungen, dort möchte er arbeiten. – Ja, schon, zu arbeiten, das ist in Ordnung, aber in welche Richtung, mit welchem Ziel?

Ich erwarte mir von politischen Führungskräften in ganz Europa das, was ihre ureigens-
te Aufgabe ist, nämlich Leadership zu zeigen. Zu Leadership gehört es nun einmal, eine Vision zu entwickeln – und wenn Ihnen dieses Wort zu pathetisch ist, dann sagen Sie Ziel dazu. Dieses Ziel müssen Sie entwickeln, und Sie müssen dafür Begeisterung im Land, bei den Bürgern entfachen, sonst wird das nicht funktionieren.

Kanzler Kern hat weiters angesprochen, man möge einfach weiterarbeiten, man möge zum Beispiel das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa lösen – da muss man doch so ehrlich sein und sagen: Dazu hat die Europäische Union weder die Kompetenz noch die Instrumente. Wenn man von der Union verlangt, die Jugendarbeitslosigkeit zu besei­tigen – ohne institutionellen Rahmen, ohne Kompetenzen –, dann ist das nur ein weiterer Beitrag zum Scheitern Europas.

Zu Klubobmann Lopatka, auch er ist leider nicht mehr im Saal, möchte ich insgesamt sa­gen: Ich kann fast keinen Unterschied mehr zwischen seinen Ausführungen und jenen der FPÖ erkennen, offenbar ist da kein Unterschied mehr auszumachen. (Ruf bei der ÖVP: Schwachsinn!) Die Europapartei ÖVP hat sich offenbar verabschiedet.


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Auf jeden Fall liegt auch er falsch, wenn er sagt: Wir müssen weiterarbeiten. Dabei wird nämlich vergessen, dass in der Union mit dem Euro, der gemeinsamen Währung, mit dem Binnenmarkt schon wesentliche Integrationsschritte gesetzt worden sind – Integra­tionsschritte, die eine politische Union voraussetzen. Es funktioniert keine gemeinsame Währung ohne politische Union. Die Freiheit, zu reisen, zu leben und zu wohnen, wo man will, funktioniert nicht ohne politische Union. Wenn diese politische Union nicht ver­vollständigt wird, wenn sie nicht zu Ende geführt wird, dann wird der Euro zerbrechen, dann wird der Binnenmarkt zerbrechen, dann wird dieses gemeinsame Europa zerbre­chen – und deshalb brauchen wir Leadership. Einfach weiterzuarbeiten ist zu wenig, wir brauchen politisches Leadership.

Die Vision derjenigen, die dieses Europa zerstören wollen, ist ja klar. Das hören wir von Le Pen, das hören wir von der FPÖ, von UKIP: Sie wollen raus aus diesem Europa. Sie wollen dieses Europa der Vaterländer. Sie wollen in die Vergangenheit. Sie wollen die Grenzen wieder hochfahren. – Das ist nicht meine Vorstellung. Das ist nicht die Vor­stellung von NEOS von einem vereinten, gemeinsamen Europa.

Wir treten für diese politische Union ein. Wir wollen dieses noch im Bau befindliche Haus fertigbauen. Wir wollen Europa die Kompetenzen geben, die es braucht, nämlich die Au­ßenpolitik, die gemeinsame Verteidigungspolitik und die Finanz- und Währungspolitik. Das wollen wir, und wir sind bereit, für dieses gemeinsame Europa zu kämpfen, damit wir diese Freiheit, diesen Wohlstand und den Frieden, den wir uns in den letzten 60 Jah­ren aufgebaut haben, sichern und unseren Kindern weitergeben können. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Lichtenecker.)

12.55


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


12.55.50

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Regierungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Großbritannien ist innerhalb der Europäischen Union alles andere als ein einfacher Partner. Bereits in den 1980er-Jah­ren wurde der sogenannte Britenrabatt durchgesetzt. In der Folge äußerte sich die briti­sche EU-Skepsis etwa in der Ablehnung gegenüber den Schengener Abkommen und dem Euro sowie in Opt-out-Regelungen für die Bereiche Justiz und Inneres. Dennoch ist es schade, dass sich Großbritannien aus der Europäischen Union verabschiedet.

Klubobmann Lopatka hat bereits die damit verbundenen Nachteile für die Europäische Union angesprochen, wobei manche Analysten die Auffassung vertreten, dass der EU-Austritt Großbritanniens die Gemeinschaft homogener machen und dazu führen würde, dass die restlichen Mitgliedstaaten enger zusammenrücken. Der von Landeshauptmann Schützenhöfer angesprochene „heilsame Schock“ wäre uns allen sehr zu wünschen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Befürworter des Brexit haben ja unter an­derem behauptet, dass ein EU-Austritt der britischen Wirtschaft guttun würde, würde die­se doch durch die Brüsseler Regulierungswut gelähmt. Dies ist insofern bemerkens­wert, als die britische Wirtschaft trotz EU-Mitgliedschaft zu einer der am wenigsten re­gulierten der Welt zählt, wie die Daten der OECD belegen. Völlig ausgeblendet wurden von den Brexit-Befürwortern vor allem auch die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft, wie ins­besondere der freie Binnenmarkt.

Die heute bereits mehrfach angesprochenen ersten Reaktionen auf das britische Ab­stimmungsergebnis sind daher wenig erstaunlich. Das Pfund ist dramatisch gefallen – ob das Klubobmann Lugar wahrhaben will oder nicht. Die Kreditwürdigkeit Großbritan­niens ist herabgesetzt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Die Börsen­werte britischer Firmen befinden sich im Sinkflug. Bei den britischen Unternehmen hat


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sich die Stimmung deutlich verschlechtert. Nach jüngsten Umfragen betrachten 49 Pro­zent der Firmen den allgemeinen wirtschaftlichen Ausblick für die nächsten zwölf Monate pessimistisch. Vor dem Referendum vertraten nur 25 Prozent diese Ansicht. 26 Pro­zent sehen für ihre eigenen Geschäftsaussichten schwarz, deutlich mehr als die 16 Pro­zent vor der Volksabstimmung. Ein Start in eine bessere wirtschaftliche Zukunft sieht wohl anders aus.

Bezeichnend für die alles andere als rosige Situation in Großbritannien ist auch, dass sich die Verantwortlichen für den Brexit flugs aus dem Staub gemacht haben. Übrig bleibt die verunsicherte Bevölkerung, übrig bleiben auch verunsicherte Österreicherin­nen und Österreicher, die in Großbritannien als Unternehmer oder Arbeitnehmer tätig sind. Übrig bleiben auch die 500 bis 600 Studierenden, die pro Jahr auf Basis des EU-Programms Erasmus in Großbritannien studieren. Ob es diese Möglichkeit auch in Zu­kunft geben wird, hängt von den Verhandlungen zwischen Brüssel und London ab. (Ruf bei der SPÖ: Ein Wahnsinn!)

Die angesprochenen Unsicherheiten resultieren aus dem drohenden Verlust der Errun­genschaften der EU. Auch wenn es immer wieder berechtigte Kritik an der EU gibt und vieles verbesserungswürdig ist, sind die EU-bedingten Errungenschaften nicht zu ver­nachlässigen – ganz im Gegenteil! Betrachten Sie etwa Österreich: Österreich hat wie kein anderes Land in Europa seine Chancen als EU-Mitglied genutzt und von mehr Sta­bilität, Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen profitiert; Kollege Haubner hat dies bereits im Detail ausgeführt. Damit Österreich seine Chancen als Teil Europas in Zukunft noch bes­ser nutzen kann, müssen wir an der Weiterentwicklung Europas konstruktiv mitarbeiten. Dabei haben wir angesichts der Herausforderungen, vor denen Europa steht, keine Zeit zu verlieren.

Wir müssen Europa aber nicht neu erfinden, sondern einfach besser machen. Meiner Überzeugung nach ist ein besseres Europa ein starkes Europa in der Welt, ein demo­kratisches Europa, ein verantwortungsvolles Europa und ein sicheres Europa. Darauf müssen wir rasch und dezidiert hinwirken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

13.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich zu Wort. – Bitte.

 


13.00.28

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Vizekanzler! Werte Kollegen! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in einer sehr spannenden Zeit, in einer Zeit, in der Geschichte geschrie­ben wird. Wir sind dabei, Geschichte selbst zu gestalten: Wird es uns als Europäischer Union gelingen, aus der Krise zu lernen, uns weiterzuentwickeln, bürgernäher zu werden, oder wird die Europäische Union zerfallen? – Auch Letzteres ist möglich.

Wenn hier jetzt kritisiert wird, na ja, die Abstimmung ist schlecht ausgegangen, oder jene, die die Abstimmung vom Zaun gebrochen haben, sind die Schuldigen, weil Groß­britannien sich aus der Europäischen Union verabschieden wird, dann finde ich, dass dieser Ansatz sehr, sehr billig ist, denn wären die Bürger mit der Europäischen Union zufrieden, hätten sie nicht diese Probleme oder hätten sie das Gefühl, die Europäische Union ist in der Lage, große Probleme zu lösen, dann hätte wohl niemand für den Bre­xit gestimmt. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Den Anführern jetzt die ganze Verantwortung zuzuschieben, das ist der leichte Weg. Der ernsthafte Weg, meine geschätzten Damen und Herren, wäre, sich mit der Europäi­schen Union und mit dem Zustand dieser Union, dieser Gemeinschaft genau auseinan­derzusetzen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 100

Es hat Gründe gegeben, warum in Großbritannien für den Austritt gestimmt wurde. Ei­ner davon war, dass der Lebensstandard für viele in den letzten Jahren von Jahr zu Jahr schlechter geworden ist. Auch unser Herr Bundeskanzler hat bei seiner Antritts­rede selbst gesagt: In den letzten fünf Jahren hatten wir in Österreich einen Reallohn­verlust. Das ist einer der Gründe, warum Menschen mit diesem System nicht zufrieden sind.

Die Briten haben nicht verstanden, dass zum Beispiel die Fischer Geld dafür erhalten haben, ihre Boote zu zerstören, und auf der anderen Seite andere Nationen in briti­schen Gewässern weitergefischt haben. Die Menschen haben nicht verstanden, warum man diese Migrationswelle nicht in den Griff bekommt, warum die Europäische Union nicht in der Lage ist, endlich ihre Außengrenzen zu sichern, glaubhaft ein Problem in Angriff zu nehmen und auch glaubhaft ein Problem zu lösen. Was die Menschen mit Sicherheit auch nicht verstanden haben, waren die Arroganz und Abgehobenheit, mit der europäische Vertreter uns ständig erklären: Sie wissen ja, was wir brauchen, was wir als kleines Volk brauchen. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Dopp­ler und Gerhard Schmid.)

Aber das Problem ist ja nicht nur auf Großbritannien beschränkt. Wir waren vor einiger Zeit in Griechenland, wir haben dort gesehen, welche humanitäre Katastrophe sich dort abspielt. Das ist ein Staat, der sich nur mehr seitwärts bewegt, weil das gesamte Geld, das dorthin kommt, wiederum in die Bankenwirtschaft fließt, und die Menschen haben keine Perspektive, haben keine Zukunftsaussicht. Wenn 60 Prozent der jungen Menschen kei­nen Job haben, meine geschätzten Damen und Herren, und das bei einer Ausbildungs­quote, bei der 50 Prozent Akademiker sind, dann muss das doch ein Weckruf für die Eu­ropäische Union sein, dann muss das doch ganz klar der Weckruf sein, endlich zu schau­en, dass die jüngeren Generationen eine Chance haben und dass nicht nur die Ban­ken, nicht nur die Großkonzerne von dieser EU profitieren. (Beifall der Abg. Schenk.)

Das Thema Steuererhöhung wurde heute schon angesprochen. Großbritannien hat jetzt eine Steuererhöhung vorgenommen. Wie ist denn die Situation in Griechenland? – In Griechenland sind die Steuern so hoch, dass uns der ehemalige Wirtschaftsminister, der eine Anwaltskanzlei leitet, gesagt hat: Wenn er im nächsten Jahr 100 000 € Ge­winn hat, dann bleiben ihm null Euro – null! Er muss sogar noch 243 € dazuzahlen, weil alles der Staat nimmt. Auch das ist die EU. Aber die Europäische Union in dieser Form wollen wir nicht. Da besteht großer Reformbedarf, und darüber müssen wir disku­tieren. Das ist der Punkt, an dem wir es uns nicht leicht machen dürfen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Reaktion der Vertreter in Brüssel, allen vo­ran von Herrn Juncker, der in erster großer Empathie über das, was jetzt stattfindet, gleich einmal gemeint hat: Na ja, CETA, das ziehen wir durch, da brauchen wir die Parlamen­te nicht zu fragen!, zeigt doch, wie abgehoben diese Kaste ist. (Abg. Winzig: … Inhalt des Abkommens!) Das zeigt doch, wie weit weg von den Menschen die Verantwortli­chen dort sind.

Meine geschätzten Damen und Herren, natürlich werden wir uns mit CETA ernsthaft aus­einandersetzen müssen, denn wenn wir es zulassen, dass Großkonzerne so eine Macht haben, dass sie Staaten um Milliardenbeträge klagen können (Abg. Winzig: Das ist doch nicht wahr!), dann ist das etwas, was wir nicht zulassen dürfen. Ich zitiere Bruno Sim­ma vom internationalen Schiedsgericht in Deutschland. Er wird für genau solche Schieds­gerichte von der Weltbank eingesetzt, und er hat gesagt, dass Freihandelsabkommen selbstverständlich auch ohne Schiedsgerichte möglich sind. (Zwischenruf der Abg. Win­zig.) Dann reden wir doch über Alternativen, bevor wir dieses Risiko für einen ganzen Staat eingehen!

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Europäische Union hat eine große Vergan­genheit. Wenn sie eine große Zukunft haben soll, dann müssen wir ernsthaft reformie-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 101

ren, dann müssen wir bürgernäher werden, dann müssen wir die besten Köpfe nach Brüssel schicken und nicht jene, die abgeschoben werden sollen, weil wir in Österreich beziehungsweise in den anderen Ländern keine Verwendung mehr für sie haben. Wir müssen die besten Köpfe hinausschicken und wir müssen schauen, dass wir die Euro­päische Union reformieren und bürgernäher machen, damit sie eine Zukunft hat. (Bei­fall beim Team Stronach sowie des Abg. Peter Wurm.)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


13.07.25

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Der Brexit ist und muss ein Sig­nal für die Europäische Union sein. Doch wer die Europäische Union verneint, verwei­gert auch die globale Realität, denn unser Anteil an der Weltbevölkerung wird drama­tisch sinken, auch das Sozialprodukt wird sinken, und als Einzelstaat würden wir uns in den bedeutungslosen Promillebereich begeben. Und all jene, die suggerieren, man könnte die sogenannte heile Welt vor dem EU-Beitritt wiederherstellen, belügen die Bürgerin­nen und Bürger.

Was die sogenannte heile Welt vor dem EU-Beitritt betrifft: Wie wurden wir denn gese­hen? – Unsere Leitbetriebe waren staatliche Zuschussbetriebe (Abg. Steinbichler: Geh! Geh! Seit 20 Jahren …!) Wir wurden als kleines, touristisches Bergvolk und am Rande des Ostblocks wahrgenommen. (Abg. Krainer: Ist das abgestimmt mit …?) – Passen wir wieder auf?

Seit Maastricht und seit unserem EU-Beitritt hat sich die Welt wirklich verändert: der wirtschaftliche Aufstieg Chinas, die Vernetzung der Gesellschaft, der Finanzmärkte und der Wirtschaft, die rasanten technischen Entwicklungen außerhalb der Europäischen Uni­on, vor allem im IT-Bereich, aber auch die Krisenherde von der Ukraine bis Syrien.

All diese Themen sollten eigentlich bewirken, dass die europäischen Staaten stärker zu­sammenhalten und anpacken. Das sollte das Motto sein. Aber diese Jubelmeldungen, die kurz nach dem Referendum kamen, kann man wirklich nur in die Kategorie „die geis­tige Windstille durch operative Hektik zu ersetzen“ einordnen. Denn was bedeutet der Brexit im Klartext? – Für Großbritannien bedeutet es, dass eine Generation 65 plus über die Zukunft der Jugend entschieden hat, dass die Kluft zwischen London, Schottland und Nordirland und dem restlichen Großbritannien größer wird sowie eine Reduktion der Wirtschaftsleistung um 15 Prozent.

Für die Europäische Union bedeutet es, dass wir die zweitgrößte Volkswirtschaft verlie­ren, die Zahl der Einwohner von 508 Millionen auf 444 Millionen Einwohner sinkt. Großbri­tannien war auch ein guter Gegenpol zum regulierungsfreudigen Frankreich.

Was heißt das für das Exportland Österreich? – Das bedeutet, dass wir die hohe So­zialquote und unseren Wohlstand nur mit unserer 60-prozentigen Exportquote aufrecht­erhalten können. Die konjunkturelle Abkühlung und die Abwertung des Pfunds verklei­nern natürlich unser Exportpotenzial.

Das heißt jetzt für uns: Wir müssen noch stärker an der Attraktivität des Wirtschafts­standorts arbeiten. Da möchte ich mich ganz herzlich für das aktuelle Standortpaket be­danken, denn wir müssen wettbewerbsfähiger sein, um neue Märkte zu erschließen. Dies­bezüglich ist auch positiv zu vermerken, dass CETA jetzt ein gemischtes Abkommen ist, denn ich glaube, das werden wir dringend brauchen.

Wir werden und wir müssen unsere Europäische Union so weiterentwickeln, dass sie sich auf die großen Themenbereiche konzentriert, die Detailverliebtheit und die Überre-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 102

gulierung reduziert, den immerwährenden Frieden garantiert und sich im Herzen der Bür­gerinnen und Bürger Europas integriert. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


13.11.04

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen! Herr Minister! Frau Kollegin Winzig! Ja, Sie haben sich mit Ihrer Rede wieder schön in die bisherigen Reden der Abgeordneten der Regierungs­fraktionen und der Regierungsmitglieder eingeklinkt, die offenbar verwechseln, dass sie hier nicht eine Propagandafiliale der Europäischen Union oder Kommission sind, son­dern ein Teil der österreichischen Volksvertretung. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen uns nicht ständig ein- und vorzureden, dass die Europäische Union das Einzige und das Beste ist, wenn wir dafür keine Argumente, keine Gründe haben. Und was die Gründe betrifft, hört man immer das Gleiche. Man hört: Na ja, ohne die Euro­päische Union würde es wahrscheinlich einen Krieg geben – Friedenswerk. Das Zwei­te: Na ja, wir sind zu klein. Das Dritte: Ohne die Europäische Union wäre alles viel schlech­ter. Und das Letzte ist natürlich das wichtigste Killerargument: Die Europäische Union ist alternativlos.

Alles andere, was sich nicht auf dieser Argumentationslinie bewegt, ist dann Populismus oder – eine neue Wortschöpfung – Brandstifterei. Da sind sich ja alle vier eurofanatischen Parteien einig. Das sind also Brandstifter, die dafür plädieren, dass man nicht in dieser Union bleibt.

Ein kurzer Blick: Was hat die Union bei den wichtigsten Themen, für die sie da ist, zu­wege gebracht? Was hat sie in der Wirtschaftspolitik zuwege gebracht? – Wir sind seit 2008 in der größten Krise Europas gefangen, in einer Stagnation, und kein wirtschaftli­cher Block oder kein Wirtschaftsraum der Welt hat diese Krise schlechter bewältigt als die Europäische Union und in der Europäischen Union die Eurozone. (Abg. Krainer: Stimmt nicht!) Die Eurozone ist ein völliger Fehlschlag. (Abg. Krainer: Stimmt nicht! … falsch!) Mindestens vier Länder in Europa befinden sich in einem Zustand verheeren­der Stagnation. Diese vier Länder und auch der Rest Europas erleben einen permanen­ten Abbau der Realeinkommen und ein Auseinandergehen der sozialen Klüfte.

Griechenland ist erwähnt worden, aber auch in Portugal, Spanien und weiten Teilen Ita­liens ist die Situation ähnlich. Diese Länder befinden sich ausschließlich bedingt durch den Euro – ich sage, ausschließlich bedingt durch den Euro – in einer für sie unlösba­ren Krise.

Aber betrachten wir weitere Bereiche: Was hat die EU für das Äußere gemacht? – Also die illegale Einwanderungssituation ist durch die Europäische Union nicht verbessert, ge­löst oder erleichtert, sondern erschwert worden. Die einzigen vernünftigen Lösungen ha­ben einzelne Staaten gegen den Willen der Europäischen Union getroffen. Da gehört teil­weise auch Österreich dazu, vor allem aber Ungarn.

Betrachtet man jetzt die große Außenpolitik, betrachtet man Russland: Da haben wir uns überhaupt in die Fänge einer ausländischen, einer nicht europäischen Macht bege­ben und gegen unsere eigenen und gegen die europäischen Interessen eine Sanktions­politik, die uns schwer schädigt, mitgetragen. Damit wenigstens etwas Positives heraus­kommt, damit wir in einer Sache der Europäischen Union einen positiven Impuls ge­ben, stelle ich daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhe­bung der Russland-Sanktionen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 103

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Wirtschafts­sanktionen gegen die Russische Föderation unverzüglich aufgehoben werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend Aufhebung der Russland-Sanktionen

eingebracht im Zuge der Debatte über Tagesordnungspunkt 1, EU-Erklärungen des Bun­deskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates, in der 136. Sitzung des Nationalrates in der XXV.GP am 6.7.2016

Mitte Juni 2015 haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union darauf geei­nigt, die im Juli 2014 verhängten Sanktionen gegen die Russische Föderation um wei­tere sechs Monate – also bis Jänner 2016 – zu verlängern. Diese Strafmaßnahmen be­treffen vor allem Russlands Energiewirtschaft sowie den Verteidigungs- und Finanz­sektor.

Diese Politik der Europäischen Union gegen Russland hat mittlerweile beachtlichen Scha­den für die Volkswirtschaft der Republik Österreich gebracht. Laut Statistik Austria sind die österreichischen Exporte im Jahr 2014 – verglichen mit dem Jahr 2013 – um 8 Pro­zent zurückgegangen. Noch dramatischer sind die Zahlen für das 1. Quartal 2015 zum Vergleichszeitraum: So sind die Einfuhren um 48,7 Prozent sowie die Ausfuhren um 39,8 Prozent gesunken.

Sogar auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wird die Studie des WIFO "Makroökonomische Effekte des Handelskonflikts zwischen der EU und Russland" aus dem Dezember 2014 folgendermaßen zusammen­gefasst:

„Das WIFO berechnet diese Gesamteffekte für Österreich aufgrund des nicht vorher­sehbaren weiteren Verlaufs der Krise über drei Szenarien und kommt dabei zu dem Schluss, dass die Sanktionen gegen Russland zwischen 9.000 und 45.000 Arbeitsplät­ze gefährden könnten und die Wertschöpfung zwischen 0,6 und 2,9 Mrd. € gedämpft werden könnte.“ (http://www.bmwfw.gv.at/Aussenwirtschaft/Seiten/Bundesregierung unter­stuetzt-Unternehmen.aspx ; abgerufen am 06. Juli 2015)

Das WIFO kommt in der o.a. Studie weiters zu folgendem Ergebnis: „Kurzfristig ist von den Export- und Tourismusausfällen und deren Rückwirkungen auf Exporteure und de­ren Lieferanten 0,2% der Beschäftigung betroffen; im ungünstigsten Fall (…) steigt die­ser Anteil auf 1,1%. Die BIP-Effekte liegen zwischen 0,2% und 1%.“

Gerade in Hinblick auf die österreichische Staatsverschuldung und die Zahl der Ar­beitslosen – in beiden Bereichen haben wir einen historischen Höchststand erreicht – scheint die Politik gegen Russland auch aus eigenem Interesse verantwortungslos.

Dies verdeutlichen die folgenden Zitate:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 104

„Die Zahl der Jobsuchenden ist auch im Juni weiter gestiegen. 381.898 Personen (in­klusive Schulungen) waren auf Jobsuche, ein Zuwachs im Jahresvergleich von 7,7 Pro­zent. Immer dramatischer wird die Lage für Langzeitarbeitslose, 32.720 Personen wa­ren länger als ein Jahr ohne Arbeit, eine Zunahme von 182 Prozent. Die Arbeitslosen­quote stieg um 0,9 Prozent auf 8,3 (Eurostat-Berechnung: 6) Prozent. […]

Doch nicht nur vom Arbeitsmarkt ist derzeit keine Entspannung zu vermelden. Auch was die öffentlichen Schulden betrifft geht es weiter bergab, oder eigentlich bergauf. Der Schuldenstand hat einen historischen Höchstwert erreicht. Laut Daten der Statistik Austria betrug er am Ende des ersten Quartals 280,2 Mrd. Euro oder 84,9 Prozent des BIP. Damit stiegen die Schulden im Vergleich zum Dezember noch einmal um 0,3 Pro­zent des BIP. Ein noch deutlicheres Plus zeigt sich im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres. Hier ergibt sich ein Anstieg von 17,2 Mrd. bzw. 3,8 Prozent des BIP.“

(http://www.boerse-express.com/pages/1565603; abgerufen am 06. Juli 2015)

Österreich hat von Jänner bis Oktober 2015 waren im Wert von 1,62 Mrd. Euro nach Russland geliefert - um 40,5 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2014.

Trotz all dieser negativen Auswirkungen hat die Europäische Union nunmehr abermals eine weitere Verlängerung der Sanktionen bis Jänner 2017 beschlossen.

Am 21.6.2016 war auf http://orf.at/stories/2345735/ wie folgt publiziert:

„EU-Staaten verlängern Russland-Sanktionen bis 2017

Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland werden um ein weiteres halbes Jahr verlängert. Ein entsprechender Beschluss dazu fiel heute in einem Rundlaufbe­schluss der EU-Staats- und -Regierungschefs.

Der geplante Beschluss sei bereits unter den EU-Partnern akkordiert, hatte es zuvor geheißen. Die Europäer machen die Beendigung der Sanktionen bisher von der voll­ständigen Umsetzung des Minsker Friedensplans zum Ukraine-Konflikt abhängig. Nun gelten sie bis Jänner 2017.

Am Freitag hatte die EU bereits ihre Sanktionen wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland um ein weiteres Jahr verlängert. Moskau bot seiner­seits der EU die Aufhebung seiner Sanktionen an.“

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Wirtschafts­sanktionen gegen die Russische Föderation unverzüglich aufgehoben werden.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 


13.14.34

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die an­gesehene konservative Zeitschrift „The Economist“ (die Zeitschrift „The Economist“ mit dem Titel „Anarchy in the UK“ in die Höhe haltend) schreibt und titelt in ihrer jüngsten Ausgabe: „Anarchie in Großbritannien“.

Ich übersetze weiter aus dem Leitartikel: Führerlos und gespalten erlebt Großbritannien einen ersten Vorgeschmack auf das Leben, nachdem es von Europa abgelegt hat. – Zi­tatende; eine sehr lesenswerte Ausgabe im Übrigen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 105

Diese Anarchie ist das Ergebnis, wenn rechtspopulistische Hetzer und Zündler wie Ni­gel Farage oder Boris Johnson am Werk sind. Und dann, wenn es so weit ist, wenn der Brexit tatsächlich da ist, stehlen sie sich aus der Verantwortung, sofern diese Herren überhaupt wissen, was Verantwortung ist. Verantwortung ist für sie offensichtlich doch ein Fremdwort. Und wenn ich hier in die Reihen der ÖVP schaue, dann sehe ich, dass Kickl und Strache offensichtlich auch schon auf der Flucht vor der Verantwortung sind. (Abg. Pirklhuber: Absolut! Sind abgehauen!) Ist ja niemand da. Wo sind sie denn? (Abg. Tamandl: Wir sind die ÖVP! – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Frau Glawischnig ist auch nicht da!)

Mit dem Brexit, sagen viele Kommentatoren, hat die europäische Idee gelitten. – Ja, das ist schon richtig. Aber sie vergessen freilich, dass die neoliberale Ideologie der eu­ropäischen Idee schon seit Jahren sehr schweren Schaden zugefügt hat – seit Jahren schon. Die politischen Eliten Europas übernahmen diese Ideologie und forcierten zum Teil skrupellos – Beispiel Griechenland – eine Politik, die entscheidend zum Brexit bei­getragen hat; ich sage nicht ausschließlich, aber ich sage entscheidend.

Beginnen wir am Anfang: Der gemeinsame Markt, der Binnenmarkt, der im Zentrum die­ser Politik stand, hat der EU das Tor zur Globalisierung geöffnet. Das ist prinzipiell nichts Schlechtes und auch richtig. Aber diese Globalisierung hat natürlich auch Globalisie­rungsverlierer hervorgebracht, und gegen diese Globalisierungsverlierer haben die po­litischen Eliten nichts unternommen. Sie haben gesagt: Das ist die Aufgabe der Natio­nalstaaten!, und sie haben sich im Übrigen um die Währungsunion, die Wirtschaftsuni­on und dann in späterer Folge um die Bankenunion gekümmert. Aber eine soziale Uni­on war ihnen ebenso wenig ein Anliegen wie die gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit oder gar die Bekämpfung von Steuer­flucht, Steuerdumping oder das Schließen von Steueroasen.

Hinzu kam, dass, da nun die Verantwortung für den Ausgleich den Nationalstaaten über­lassen war, die Nationalstaaten das gar nicht bewältigen konnten, weil ihnen durch ei­ne Austeritätspolitik – sehr scharf im Übrigen – seit dem Jahr 2010 die Hände gebun­den waren. Diese Austeritätspolitik hat das Elend der Globalisierungsverlierer noch ein­mal verschärft – durch Kürzungen bei den Sozialleistungen und dergleichen mehr. Die­ser Sparkurs in Europa hat dann noch zu einer dauerhaften Stagnation geführt, zu ei­ner Erhöhung der Arbeitslosigkeit, und wiederum waren es die Globalisierungsverlierer, die in erster Linie von dieser Politik der Europäischen Union betroffen gewesen sind. Es ist daher kein Wunder, dass sich die Menschen in der Europäischen Union von die­sen Institutionen und den politischen Eliten abwenden und den rechtspopulistischen Het­zern und Zündlern auf den Leim gehen.

Wenn wir Wahlanalysen in Großbritannien anschauen, was sehen wir dann? – Dann sehen wir, dass Regionen, in denen Arbeiter und die untere Mittelklasse leben, für den Brexit gestimmt haben. Dort, wo die Einkommen hoch sind, in London, der City of Lon­don, dem Herzen des Finanzzentrums, wurde für den Verbleib in der Europäischen Uni­on gestimmt. Und wer werden die Verlierer dieses Brexit sein? – Genau jene, die für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt haben – das scheint paradox zu sein, ist aber so –, und nicht jene, die in der City of London, dem Zentrum des Finanz­zentrums, arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Na, da werden sie noch schön schauen!

Warum macht denn der englische Finanzminister jetzt eine Ankündigung (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm), indem er sagt: Senken wir die Körperschaftsteuern von 20 auf 10 Prozent, um Unternehmen im Land zu behalten, die jetzt angekündigt haben, abzu­wandern? – Das ist ein klares Indiz, und es ist kein Zufall, warum das so ist.

Ein weiterer Punkt ist, dass die Austeritätspolitik auch von Strukturreformen begleitet war. Und Strukturreformen heißt immer: Der Mensch muss flexibel sein. Übersetzen


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wir das einmal: Liebe Arbeitnehmer! Ihr müsst flexibel sein und ihr müsst glücklich sein, wenn eure Löhne sinken! Ihr müsst glücklich sein, wenn ihr schneller entlassen werden könnt! Ihr müsst glücklich sein, wenn eure Arbeitslosenversicherungsleistungen niedri­ger sind!

Die politischen Eliten in Europa hatten nichts anderes im Sinn als permanent auf den un­produktiven Sozialstaat, den sie immer zurückdrängen wollten, zu schimpfen.

Von diesen Strukturreformen sind natürlich wiederum die Globalisierungsverlierer be­troffen. Wenn wir das europäische Projekt retten wollen, dann müssen wir uns daher um diese Globalisierungsverlierer in Europa kümmern. Wir müssen diese Globalisie­rungsverlierer ins Zentrum der Politik rücken.

Wie kann das geschehen? – Das kann dadurch geschehen, dass man einen Aktions­plan entwirft, der möglicherweise folgende Punkte haben kann: erstens Zurückdrängung dieser Austeritätspolitik zugunsten einer nachhaltigen Wachstumspolitik mit dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen; eine zweite Maßnahme: Ende der Strukturreformen, die ausschließlich zulasten der Globalisierungsverlierer gegangen sind; drittens: die Schaf­fung einer Sozialunion, die in der Lage ist, die Einkommensverluste und Arbeitsplatzver­luste der Globalisierungsverlierer zu kompensieren.

Dann stellt sich die Frage: Kann sich Europa das leisten? – Ja, natürlich kann sich Eu­ropa das leisten! 1 000 Milliarden € jährlich gehen der Europäischen Union durch Steu­erhinterziehung, Steuervermeidung, Steuerbetrug verloren. Da brauchen wir Antwor­ten, um diesen Steuerbetrug und diese Steuerflucht zu beenden – mit einer glaubwür­digen Politik im Übrigen. Auf die Glaubwürdigkeit kommt es an, wir brauchen da keine Politik der ständigen Verwässerung und der faulen Kompromisse, die wir im steuerli­chen Bereich immer wieder beobachten.

Wenn uns das gelingt, dann gelingt uns ein großer Schritt nach vorne. Dann wird es uns auch gelingen, dieses wichtige Projekt Europa zu stabilisieren und nicht das Elend der Globalisierungsverlierer weiter zu steigern und damit auch die Gefahr, dass den Bri­ten weitere Länder folgen und ebenfalls Volksabstimmungen in Richtung eines Austritts aus der Europäischen Union durchführen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


13.22.29

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglie­der der Regierung! Hohes Haus! Liebe Bürger und Bürgerinnen! Nach diesem doch re­lativ überraschenden Votum der Briten, die EU zu verlassen, stellt sich die Frage: Was tun? Was soll unsere Haltung gegenüber dem Vereinigten Königreich sein? Wie geht es mit der EU weiter und wie mit Europa im Allgemeinen?

Ich denke, es ist legitim, sich anzuschauen, was die Folgen für Großbritannien selbst sind. Es ist doch Tatsache, dass die Folgen für Großbritannien innerhalb kürzester Zeit verheerend sind. Mehrere meiner Vorredner haben es aufgezeigt, ich brauche es nicht zu wiederholen.

Noch schlimmer ist aber, dass das Vereinigte Königreich sogar zu zerbrechen droht, denn sowohl Schottland als auch Nordirland haben klar zu verstehen gegeben, dass sie lieber aus dem Königreich als aus der Union ausscheiden wollen. Im Falle Nordir­lands könnte es sogar zum Wiederaufflammen des Bürgerkriegs führen.

In Großbritannien herrscht eine Katerstimmung sondergleichen, auch unter zahlreichen Brexit-Wählern, die aus Protest zugestimmt haben und diese Entscheidung jetzt bereu­en. Doch gerade angesichts des Chaos, in dem sich Großbritannien befindet, sollten


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wir besonnen reagieren und nicht der Versuchung anheimfallen, Großbritannien zu be­strafen, sozusagen ein Exempel zu statuieren, um andere Länder davon abzuhalten, auch ein Referendum zu organisieren.

Ja, die Briten haben eine weitere Krise vom Zaun gebrochen, aber ein Revanche-Foul ist nicht angebracht. Zum Ersten wird Großbritannien schon genug gestraft, das haben wir schon erwähnt. Zum Zweiten kann es doch nicht im Interesse Europas sein, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas, ein ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Ver­einten Nationen, in politischem Chaos und Rezession versinkt.

Großbritannien ist Teil Europas. Man sieht es von der französischen Küste, es wird nicht irgendwo in den Nordatlantik abdriften. Millionen EU-Bürger leben in Großbritan­nien, und auch Millionen Untertanen Ihrer Majestät haben ihren Wohnsitz auf dem Kon­tinent. Ich denke, dass Großbritannien auch außerhalb der EU am Wohlstand und an der Sicherheit Europas mitwirken kann. Auch außerhalb der EU wird Großbritannien wei­terhin die europäischen Werte mittragen, verteidigen und weltweit fördern.

Das Ziel muss also sein, einen fairen, konstruktiven Prozess für eine Trennung im Gu­ten zu erreichen. Gleichzeitig sollten wir uns aber in Acht nehmen, dass nicht auf Jahre hinaus die ganze Energie der EU von der Abarbeitung des Brexit aufgesogen wird, dass wir nicht sozusagen von nie endenden Verhandlungen zur Neugestaltung des Verhält­nisses Großbritanniens zur EU in Geiselhaft genommen werden.

Ganz besonders ist darauf zu achten, dass Großbritannien jetzt nicht trotz des Votums für den Austritt versucht, diesen doch nicht durchzuziehen. Die Anzeichen für ein sol­ches Vorgehen mehren sich schon. Als Erstes kam ja die überraschende Reaktion Ca­merons, den Antrag auf den Austritt doch nicht zu stellen, sondern auf September zu verschieben. Das geschah natürlich unter anderem in der Hoffnung, dass doch ein Sin­neswandel entstehen könnte und dass man vielleicht über den Umweg von Neuwahlen de facto ein zweites Referendum organisieren könnte. Mehrere Millionen Briten haben schon relativ spontan für die Abhaltung eines zweiten Referendums unterschrieben. Wir dürfen nicht vergessen, dass im britischen Unterhaus eine Mehrheit der Abgeordneten für den Verbleib stimmte und dass das Referendum rechtlich gesehen nicht bindend ist.

Aber trotzdem wäre eine Missachtung des Referendums meiner Ansicht nach demo­kratiepolitisch sehr bedenklich und auch für die EU sehr schlecht. Es wäre die schlech­teste aller Optionen, dass Großbritannien ständig mit einem Fuß drinnen und mit einem Fuß draußen ist.

Das Ausscheiden Großbritanniens ist ja kein Unfall. Das Referendum ist nicht aufgrund einer temporären Missstimmung, nicht aufgrund wirtschaftlicher und sozialer Unzufrie­denheit, nicht aufgrund von Angst vor einer Völkerwanderung oder Einwanderungswel­le so ausgegangen, sondern das ist die logische Folge von 40 Jahren Missverständnis­sen. Das grundlegende Missverständnis war, dass Großbritannien geglaubt hat, die EU bleibt eine turbogeladene Freihandelszone. – Das Gegenteil ist eingetreten, das politi­sche Projekt hat sich entwickelt. Umgekehrt haben die anderen Mitgliedstaaten ge­glaubt, mit der Zeit würde Großbritannien lernen, die EU zu lieben. – Das ist nicht ein­getreten. Es blieb bei einer 43 Jahre langen Verlobung. Die Ehe ist nie vollzogen wor­den, und jetzt ist es an der Zeit, diese Verlobung aufzulösen.

Ich denke, drei Dinge sind als Handlungsanleitung für die Regierung ganz wichtig: Es ist notwendig, einen zeitnahen Start der Verhandlung über die Modalitäten der Tren­nung festzusetzen. Ein Aufschub bis September ist okay, aber nicht darüber hinaus, denn sonst öffnen wir die Tür für ein weiteres Aufschieben und dann de facto für einen Wiederanschluss an die Verhandlungen von Februar, die wir als abgeschlossen be­trachteten. Es dürfen auch keine Verhandlungen aufgenommen werden, bevor der An­trag gestellt wird, denn auch das wäre fatal. Dadurch würde das Königreich die Mög-


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lichkeit haben, de facto immer weiter zu verhandeln, und es ist dann weder Fisch noch Fleisch, und das ist die schlimmste aller Lösungen.

Am wichtigsten ist, dass das weitere Schicksal des Vereinigten Königreichs nicht der Fokus der EU sein kann. Die EU muss sich auf die Lösung der dringlichen Probleme fo­kussieren, auf Prioritäten, die auch der Herr Bundeskanzler genannt hat. Dadurch soll in zehn Jahren der Brexit rückblickend betrachtet nicht als der Beginn des Zerfalls der EU, sondern als der Startpunkt einer Erneuerung in die Geschichte eingegangen sein, sodass Großbritannien bis dahin auch einen Antrag zur Neuaufnahme stellt. – Danke viel­mals. (Beifall bei den NEOS.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.29.02

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Tagesord­nungspunkt in der heutigen Debatte wurde meines Erachtens sehr viel geredet, aber sehr wenig Neues, und es wurden kaum Lösungsvorschläge präsentiert. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es betreffend die EU Änderungen und Lösungen geben muss. Leider haben heute allerdings Vizekanzler und Kanzler meines Erachtens keine konkre­ten Vorschläge gemacht. Diese Lösungen sind sie schuldig geblieben.

Es wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen, dass es auch Panikmache sei­tens der Regierung gegeben hat. Die Regierung wirft den Oppositionsparteien, den rechts­populistischen Parteien Panikmache vor und macht es selbst auch.

Wir haben schon vieles über die ganzen wirtschaftlichen Schlechterstellungen, die finan­ziellen Schlechterstellungen et cetera gehört. Der Standort bestimmt immer den Stand­punkt, und je nachdem, von welcher Seite man etwas sieht, wird es dann auch entspre­chend präsentiert. Übrig bleiben der Bürger und die Bürgerin, die diese Debatte verfol­gen und sich dann nicht mehr auskennen, was tatsächlich wahr ist und was nicht.

Die Unzufriedenheit mit der EU ist sehr groß. Wir können immer wieder hören, dass von der abgehobenen EU-Führung gesprochen wird. Natürlich sind wir alle die EU, wir sind Mitglied in der EU. Aber wir sind ja nicht alle dort direkt vor Ort. Meine sehr geehr­ten Damen und Herren, unsere Vertreter vor Ort repräsentieren uns, das österreichi­sche Volk, und vor allem das, was die Bürgerinnen und Bürger wollen, in der EU oft nicht so, wie sie es tun sollten.

Kanzler und Vizekanzler haben in ihrer Erklärung heute eher allgemeine Punkte und nichts Besonderes festgehalten. Vizekanzler Mitterlehner muss man zugutehalten, dass er gesagt hat – er hat das ja auch nach dem Brexit in einem Interview gesagt –: „Euro­pa muss sich möglichst rasch neu aufstellen.“ – Da sind wir sicher auf seiner Seite, und damit hat er auch recht. Nur ist das auch nur eine Floskel, das sind nur Schlagworte, hinter denen nicht viel steckt.

Anders sieht es schon bei Kanzler Kern aus. Er möchte am liebsten gar keine Diskus­sion. Nicht einmal diskutieren darf man über etwas, ein Referendum ist schon gar nicht angedacht. Es sollte, wenn möglich, auch keine Diskussion stattfinden. Es ist auch er­staunlich – und das wird, denke ich, auch für die Zuseherinnen und Zuseher erstaun­lich sein, vor allem auch für die noch vorhandenen Wähler der SPÖ –, dass sich der neue Kanzler nicht mehr an die vorgegebene Linie von Faymann und Gusenbauer hält oder sich dieser Linie gegenüber nicht mehr verpflichtet sieht. Er möchte nämlich in Ös­terreich keine Volksabstimmung über künftige Änderungen der EU-Verträge abhalten lassen. Das hat er unlängst in einem Interview gesagt. Auf der einen Seite wird also ein neuer Stil gepredigt, ein neuer Weg mit mehr Bürgereinbindung – wir müssen offener


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werden, wir müssen die Bürger abholen –, und auf der anderen Seite wird gesagt: Nein, über künftige Änderungen der EU-Verträge möchte ich keine Volksabstimmung in Ös­terreich und ich fühle mich nicht mehr an die bisher vorgegebene Linie von Gusen­bauer und Faymann gebunden. – Das muss hier auch gesagt werden und sollte nicht un­erwähnt bleiben. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

Was an der EU leider zu kritisieren ist, ist das Versagen in der Flüchtlingskrise. Das liegt ja klar auf dem Tisch. Das kann man nicht wegdiskutieren, auch wenn man sich noch so sehr bemüht.

Was kommt von der EU noch? – Eine Abschaffung des Bargelds wird angedacht. Der gläserne Bürger wird angedacht. Die Entwaffnung der Gesellschaft, der rechtstreuen Bür­ger wird angedacht. Das alles sind Verschlechterungen. Damit werden die Bürger drang­saliert, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das lassen sich viele zu Recht nicht mehr gefallen. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch die EU-Waffenrichtlinie ansprechen, die ja schon seit einiger Zeit diskutiert wird und in Verhandlung steht. Da steht so viel Unrich­tiges – um keinen Ordnungsruf zu bekommen – drinnen, dass es hier den Rahmen spren­gen würde, alles auszuführen. Ich werde das aber sicher noch im Rahmen einer ande­ren Debatte machen.

Ich möchte aber Dr. Jürgen Siegert zitieren, der unlängst an alle österreichischen EU-Abgeordneten einen offenen Brief geschrieben hat. Dr. Siegert – für alle, die es nicht wis­sen – war jahrelang im Bundesministerium für Inneres für das Waffengesetz zuständig, hat dort auch als Jurist und Waffenexperte mitgearbeitet und war maßgeblich daran be­teiligt. In diesem offenen Brief steht – ich zitiere –:

„Gerade nach dem für Europa wohl besonders bedenklichem Referendum in Großbri­tannien ist es emotional besonders gefährlich, mit Regelungen ‚von oben‘, die die Men­schen nicht verstehen, weil die Logik und die Notwendigkeit nicht zu erkennen ist, zu be­lasten. Es wäre für die Einheit Europas überaus schädlich, wenn man ohne erkennba­ren Grund, große Bevölkerungsgruppen – die Besitzer legaler Waffen und deren Ange­hörigen sind sicher mehr als 1 ½ Millionen Österreicherinnen und Österreicher! – nachhal­tig verärgern würde.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sollte Ihnen schon zu denken geben. Das ist auch symptomatisch dafür, was in der EU alles falsch läuft: Von oben herab wird ir­gendetwas vorgesetzt, ohne es genau zu überdenken, ohne Experten beizuziehen, nur um anzuschaffen und um den mündigen Bürgern irgendetwas vorzuschreiben. In diesem Fall sollen sie entwaffnet und entrechtet werden. Das kann es nicht sein, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach.)

Unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang auch nicht, was auch der EU-Rechnungshof immer wieder kritisiert hat, nämlich wie mit Steuergeld umgegangen wird und wie auch Geld verschwendet wird. Man sollte sich vor Augen führen, dass 2014 6,3 Milliarden € ohne Rechtsgrundlage ausgegeben wurden. Das hat der EU-Rechnungs­hof festgestellt. 15 Milliarden € sind bei der EU irgendwo im Entwicklungshilfebereich ver­sickert. Da gibt es keine Nachprüfungen, da wird nichts kontrolliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da fragen sich die Bürgerinnen und Bürger zu Recht: Ist das wirklich das, was wir wollen? – Die EU prüft jeden Grashalm, der nicht ge­rade steht, und die Landwirte werden kontrolliert und drangsaliert. Auf der anderen Sei­te verschwenden sie das Geld, das ihnen nicht gehört, sie hauen es mit beiden Händen beim Fenster hinaus.

Es gibt also viele, viele Probleme. Leider ist jetzt die Zeit zu kurz, aber Gott sei Dank wer­den wir heute nicht das letzte Mal darüber diskutieren. Es gibt da sehr viel zu tun.


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Ich schließe auch mit den Worten, die Klubobmann Strolz vorhin gesagt hat: Wenn sich nicht rasch etwas ändert, ist die EU mausetot. – Da bin ich ganz bei ihm. – Danke. (Bei­fall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Franz.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


13.36.12

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Bevölkerung in Großbri­tannien hat abgestimmt, ein politisches Erdbeben ist erfolgt, und die EU lernt daraus nichts! Das Erste, das geschieht, ist, dass man nach Schuldigen sucht: Die Schuldigen sind ein paar populistische Brandstifter – wie es die Grünen genannt haben – und natür­lich die Bevölkerung, die eben dumm entschieden hat (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Denkfaul!), nicht so, wie sich die Elite in Brüssel das vorgestellt hat. Jetzt sucht man nach Horrorszenarien, anstatt sich einmal Gedanken darüber zu machen, warum es überhaupt so weit gekommen ist.

Für alle Vertreter von Horrorszenarien, wie sie auch Kollege Rossmann und etliche an­dere mehr erwähnt haben, nur ein Beispiel: Im Dezember 1992 hat in der Schweiz die erste Abstimmung über einen EU-Beitritt stattgefunden. Die EU-Befürworter haben da­mals die Befürchtung geäußert, dass, wenn die Schweiz nicht beitritt, sie innerhalb kür­zester Zeit zum Armenhaus Europas wird. Jetzt, über 20 Jahre später, überlasse ich es Ihrer Beurteilung, ob das eingetroffen ist oder nicht. – So viel dazu.

Davon, dass in der EU vieles falsch läuft und dass in dieser EU überhaupt keine Lö­sungskompetenz vorhanden ist – angefangen bei der Finanzkrise über die Flüchtlings­krise bis hin zu den Russland-Sanktionen und etlichen Dingen mehr –, spricht keiner mehr.

Ein Beispiel dafür ist auch CETA. Unmittelbar nach dem Brexit-Beschluss der Briten wur­de es vom Herrn Juncker so abgetan: Ja, das ziehen wir jetzt durch. Auf den Einwand des österreichischen Bundeskanzlers hat man dann gemeint: „Hören Sie mit dem ös­terreichischen Klamauk auf“! Umgedacht hat Kollege Juncker erst dann, als sich Deutsch­land und etliche andere Länder auch der Meinung angeschlossen haben, diese Abstim­mung an die nationalen Parlamente weiterzuleiten.

Ich habe auch die Befürchtung des Herrn Katzian verstanden, und um seiner Befürch­tung Abhilfe zu verschaffen, bringe ich jetzt einen Antrag ein. Es ist ja so, dass CETA durch einen Ratsbeschluss über die Hintertür vorläufig kommen soll. Alles, was euro­päisches Recht betrifft, soll ja vorläufig in Kraft gesetzt werden, ohne die Abstimmung in den nationalen Parlamenten abzuwarten. Um das zu verhindern, bringen wir folgen­den Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur vorläufigen Anwendung von CETA

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene gegen eine vor­läufige Anwendung von CETA auszusprechen.“

*****

Meine Damen und Herren, ich gebe dem Herrn Vizekanzler recht, wenn er sagt: Nicht austreten, sondern verbessern ist die Lösung. – Da mag er recht haben. Aber wann kom­men diese Verbesserungen? – Ich erinnere nur an die Reformprogramme dieser Bundes­regierung, die zum großen Teil sehr gute Inhalte haben, die sehr viele Vorhaben skizzie-


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ren, die eigentlich gut für die österreichische Wirtschaft, für das Steuersystem und etli­che andere Dinge wären. Aber sie kommen nie! Sie beantworten bei all Ihren Vorha­ben, bei all Ihren guten Ideen nicht ein einziges Mal die Frage, wann Sie das Ganze um­setzen wollen. Daran scheitert das Ganze. (Beifall bei der FPÖ.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Themessl und weiterer Abgeordneter

betreffend Nein zur vorläufigen Anwendung von CETA

eingebracht im Zuge der Debatte über Tagesordnungspunkt 1, EU-Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates, in der 136. Sitzung des Nationalrates in der XXV.GP am 6.7.2016

Am Nachmittag des 5.7.2016 wurde bekanntgegeben, dass die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten nun doch über das bereits ausverhandelte Freihandelsabkom­men der EU mit Kanada (CETA) abstimmen sollen. Die EU-Kommission beschloss in ih­rer wöchentlichen Sitzung am Dienstag, das Abkommen – anders als zuvor angedacht – nicht als reine EU-Angelegenheit zu behandeln.

Dies ist demokratiepolitisch sehr zu begrüßen und als ein wichtiger Schritt anzusehen.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström unterstrich jedoch: „Wir fordern die Mit­gliedsstaaten, die uns alle um dieses Abkommen gebeten haben (…), auch die Füh­rung zu zeigen, die nötig ist, um es gegenüber ihren Parlamenten und Bürgern zu ver­teidigen.“

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada namens „CETA“, das als Blau­pause für das noch weit umstrittenere Vertragswerk mit den USA „TTIP“ dient, könnte nun aber dennoch binnen kurzer Zeit – vielleicht schon im September 2016 – vorläufig in Kraft treten, ohne dass die nationalen Parlamente zuvor grünes Licht gegeben ha­ben.

Ein Gutachten des Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Dienstes der Parlaments­direktion über rechtliche Fragen in Zusammenhang mit dem Abschluss des Freihan­delsabkommens mit Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement – CETA), kommt zu dem Schluss, dass ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung des Abkommens bewirken würde, dass aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unions­rechts Teile von CETA schon vor Inkrafttreten des Abkommens in den Mitgliedstaaten anzuwenden sind. Dies kann jedoch nur Teile betreffen, die in die alleinige Zuständig­keit der EU fallen. Eine vorläufige Anwendung der mitgliedstaatlichen Teile von CETA vor Genehmigung durch das Parlament ist in Österreich aus bundesverfassungsrecht­lichen Gründen ausgeschlossen.

Vor einem allfälligen Beschluss des Rats der EU über eine vorläufige Anwendung ist das EU-Parlament vom Rat unverzüglich zu informieren. Aber auch der Nationalrat und der Bundesrat sind in diesem Fall vom/von der zuständigen Bundesminister/in unver­züglich zu unterrichten und es ist ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Die vorläufige Anwendung eines Vertrags endet entweder mit Inkrafttreten des Abkom­mens (damit wird die provisorische Bindung in eine endgültige übergeleitet) oder mit der (einseitigen) Erklärung der EU oder von Kanada, nicht Vertragspartei werden zu wol­len. Eine Konsequenz davon wäre, dass die vorläufige Anwendung der unionalen Teile von CETA aufrecht bliebe, solange nicht eine entsprechende Notifikation der Ratifika-


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tionsverweigerung entweder von Kanada oder der EU erfolgt ist, selbst wenn die Rati­fikation des Abkommens in einem Mitgliedstaat bereits gescheitert wäre.

Ein provisorisches Inkrafttreten des als kompetenzrechtlich „gemischt“ zu qualifizieren­den Abkommens CETA ist aus demokratiepolitischen Erwägungen als verfassungsrecht­lich bedenklich zu bewerten und einer vorläufigen Anwendung von CETA damit eine kla­re Absage zu erteilen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene gegen eine vor­läufige Anwendung von CETA auszusprechen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


13.40.00

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Für mich war das Ergebnis der Brexit-Abstimmung schon ein bisschen ein Schock, weil meine Welt beziehungsweise mein Europa, so wie ich es gekannt habe, am nächsten Tage nicht mehr dasselbe war und für mich plötzlich auch das erste Mal der Fall ein­getreten ist, dass ich selbst nicht wusste, in welche Richtung sich Europa wohl die nächsten Jahre weiterentwickeln würde. Es war für mich also eine neue Erfahrung, plötz­lich nicht zu wissen, was passieren wird. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Junge Europäer und die Generation Erasmus, wie man sie manchmal nennt – da ge­höre ich selbst auch dazu –, müssen noch sehr lange mit dieser Entscheidung leben. Und da gibt es zwei ganz bittere Wahrheiten, über die man reden muss: Das ist ei­nerseits, dass junge Briten mehrheitlich für den Verbleib in der Europäischen Union ge­stimmt haben, andererseits, dass sie auch mehrheitlich nicht zur Wahl gegangen sind und nicht abgestimmt haben. Das ist eine sehr schwierige Dichotomie, mit der wir uns hier beschäftigen müssen.

Junge Europäerinnen und Europäer wollen auf der einen Seite sehr wohl die Chancen der Europäischen Union wahrnehmen. Sie wollen Bildungschancen haben, an jeder Uni in Europa studieren können, Jobs in der ganzen Europäischen Union wahrnehmen kön­nen und schätzen den europäischen Zusammenhalt. Sie partizipieren aber auch selten im politischen System. Sie fühlen sich nicht wahrgenommen, sie fühlen sich nicht re­präsentiert. Da stehen wir jetzt vor dem Problem, dass viele vielleicht auch berechtig­terweise nach der Abstimmung gesagt haben, wer nicht hingeht, muss sich nachher auch nicht beschweren. Das mag schon stimmen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) – Das ist aber leider viel zu einfach, Frau Kollegin.

Ich habe daher drei Aufforderungen an alle Beteiligten in dieser Debatte. Einerseits ist das einmal an alle Generationen gerichtet. Es ist ganz klar, nach einer Abstimmung gibt es keinen Grund, jemanden für seine demokratische Entscheidung zu beschimpfen oder einen Konflikt der Generationen hervorzurufen. Das ist völlig unangebracht. Die Entschei­dung ist ein Auftrag an uns alle. Es würde ja auch nicht reichen, wenn nur die Jungen Eu­ropa super finden. Es reicht einfach nicht, wenn man nur die Jungen von der europäi-schen Idee überzeugt. Die europäische Idee der politischen Union muss gut genug sein, dass sie alle als Ziel sehen, dass alle dafür brennen. Da reichen die Jungen einfach nicht aus. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die Umsetzung muss gut sein!)


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Ich sage aber auch an die älteren Generationen gerichtet: Es darf Ihnen auch nicht egal sein, wenn die Jungen nicht abstimmen gehen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass ein ganzes Land, die ganze Europäische Union davon profitiert, wenn junge Menschen am politischen Prozess partizipieren und mitmachen. Es ist aber auch eine Aufforde­rung an meine Generation, an die jungen Europäerinnen und Europäer, dass sie ihre Stimme wahrnehmen müssen. Ja, man ist bis zu einem gewissen Grad sicher auch selbst schuld.

Ich fordere die jungen Europäerinnen und Europäer dazu auf, sich aus dieser staatsver­schuldeten und manchmal auch selbst verschuldeten Unmündigkeit herauszubewegen. Demokratie ist nämlich auch Eigenverantwortung, und wir müssen diese Verantwor­tung, die wir für zukünftige Generationen auch als junge Menschen haben, viel stärker wahrnehmen. Da reicht es zum Beispiel nicht, online bei einer Petition mitzumachen. De­mokratie ist Realität und ist dahin gehend auch brutal in vielerlei Art und Weise. Man muss hingehen, man muss mitmachen.

Ich fordere meine Generation dazu auf, diesen Schritt hinaus zu wagen und mitzuma­chen, denn wer seine Stimme nicht erhebt, hat auch keine Stimme im demokratischen Prozess. Ich bin ja die einzige junge Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt; daher zum Thema Partizipation der Jungen in der Demokratie: Quod erat demonstrandum. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Jetzt ist ein jung gebliebener Redner zu Wort gemeldet, Herr Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Heiterkeit.)

 


13.43.48

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Das stimmt aber auch! – Ich möchte, bevor ich etwas zu der Erklärung sage, etwas zu den Ausführungen des Abgeordneten The­messl nachschieben. Wir hatten ja einen EU-Unterausschuss, wo wir einen Antrag auf Stellungnahme, also mit rechtlicher Verpflichtung, beschlossen haben, dass wir bei CETA für ein gemischtes Abkommen sind, dass wir gegen „EU only“ sind, also gegen diese Juncker-Geschichte, und dass wir vor allem den Beschluss der Landeshauptleutekon­ferenz berücksichtigen. Die haben das dann Wirtschaftsminister Mitterlehner ja auch schriftlich mitgeteilt. Da steht drinnen, dass man sich dafür einsetzen soll, dass im Rat keine vorläufige Anwendung von CETA oder TTIP beschlossen wird. Das ist Beschluss­lage der Landeshauptleutekonferenz, aller Landeshauptleute, das ist auch Beschluss­lage des EU-Unterausschusses, rechtlich verbindlich in Form einer Stellungnahme.

Wir haben ja heute schon viel diskutiert, was Großbritannien betrifft. Wir haben – wenn man „Die Zeit“ durchliest, finden sich zwei Seiten über Königgrätz – vor 150 Jahren un­sere Vormachtstellung verspielt, und ich glaube, wir haben das jetzt langsam überwun­den. Hin und wieder habe ich noch eine Träne im Knopfloch, wenn ich denke, dass wir zu blöd waren, einen Hinterlader anzuschaffen, um konkurrenzfähig zu sein, aber egal. Großbritannien scheint das nicht ganz verarbeitet zu haben. Großbritannien trauert ir­gendwo immer noch seinem Empire nach und hat daher Probleme gehabt, was die In­tegration in der Europäischen Union betrifft, einerseits aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch aus diesen Gründen der Selbsteinschätzung.

Sie sind nicht beim Schengen-Raum, nicht beim Euro, sie haben den Britenrabatt, alle möglichen Ausnahmen und Regelungen – das wurde heute schon ein paar Mal zitiert –, und Großbritannien hat aus dieser Situation heraus geistig nie wirklich eine Mitglied­schaft in der Europäischen Union empfunden. Sie empfinden eine geologische Unge­rechtigkeit, sie sind am europäischen Kontinent angedockt und nicht am amerikanischen. Das scheint jedenfalls einer der Hintergründe dafür zu sein.

Heute hat ein Redner gesagt, das Ganze war wie bei einem Shakespeare-Stück. (Abg. Pirklhuber: Das war der Kogler!) Ich glaube, es war ein Shakespeare-Stück. Ich frage


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mich aber nur, wenn ich von diesen Super-Clubs der Upper Class höre, Oxford, Cam­brigde: Cameron und Johnson sind mit allen unmöglichen Besonderheiten in Wirtshäu­sern herumgezogen, haben Scheiben zertrümmert. Das scheinen dort so Kulturformen zu sein.

Was hat Cameron aber wirklich in Oxford gelernt? – Wenn ich mir anschaue, was er in seinen Aktionen gesetzt hat, die letztlich zum Brexit geführt haben, so erinnert mich das an „Heinrich VI.“, Shakespeare. Da steht ein wichtiger Satz, den David Cameron nicht ge­lesen hat: „Leicht wird ein kleines Feuer ausgetreten, das – erst geduldet – Flüsse nicht mehr löschen.“

Genau so war es, als er gemeinsam mit der Murdoch-Presse begonnen hat, eine Kam­pagne zu entwickeln, wo man nie gewusst hat, was das wahre Verhältnis von ihm, sei­ner Partei und letztlich der Briten gegenüber der Europäischen Union ist. Bin ich jetzt drinnen oder bin ich draußen, welche Form will ich? Die wollten eigentlich nur eine markt­wirtschaftliche Liberalisierung und nicht mehr. Daher haben sie die Brexit-Abstimmung auch in Nordostengland verloren, dort, wo die ärmeren Leute sind, wo Deindustrialisie­rung ist, weil es auch eine soziale Frage war, die dazu geführt hat, dass man bei dieser Abstimmung so entschieden hat. (Abg. Lopatka: Aber dort ist die Labour Party stark!) – Sind Sie jetzt gerne in der EU oder nicht, Herr Klubobmann Lopatka? Ihre Rede heute hat mich sehr verunsichert. Ich bin mir nicht mehr so sicher, wo Sie heute in Ihrer Rede geistig wirklich waren.

Wenn ich mir das anschaue, dann hat das letztlich dazu geführt, dass es zu dieser Ab­stimmung gekommen ist. Dann gehen alle reihenweise, Osborne wird wahrscheinlich auch gehen. Wenn ich mir das „Handelsblatt“ anschaue, dann steht da zu Michael Gove der Titel „Königsmörder aus Prinzip“. Leider lebt Shakespeare nicht mehr, der könnte das ohne Ende verarbeiten. Messer hinten, Messer vorne, auch du, Michael, da spielt es sich ab. Und umgekehrt macht es Boris Johnson genauso.

In Wirklichkeit besteht natürlich schon auch ein anderer, ein wirtschaftlicher Hinter­grund. Jetzt wollen sie – und im „Guardian“ können Sie das nachlesen – Großbritannien umbauen, die Körperschaftsteuer auf 15 Prozent senken, das soll auf Kosten der So­zialsysteme gehen. Die wollen einfach radikal eine zweite konservative Revolution nach Thatcher durchführen und im Zuge des Brexit diese Gelegenheit gleich nützen.

Die anderen dulden das dort, die nehmen das selbstverständlich hin, dass einer, der aus Oxford und Cambridge kommt, dort automatisch den Führungsanspruch hat. In den Clubs sind automatisch immer die Gleichen, die Söhne, die Großväter und noch einmal die Söhne. Das wird dort hingenommen. Ehrlich gesagt muss ich sagen, es ist Zeit, dass sich dort etwas ändert. Wir reden nämlich immer nur davon, dass sich in der EU etwas ändern muss. Dieser Meinung, dass sich in der EU vieles ändern muss, bin ich auch, denn die Botschaft des Küsser-Königs lautete, wir sollen mit diesem Klamauk aufhö­ren. Vor lauter Küssen kommt er nicht dazu, dass er endlich seinen Job gescheit macht. Da bin ich auch bei den Kritikern, aber wir sollten auch diese Shakespeare-Darsteller nicht vergessen.

Mein absoluter Liebling ist Nigel Farage. Da kann man nur Hamlet zitieren: „dass einer lächeln kann und immer lächeln und doch ein Schurke sein“. Das trifft auf ihn zu. Ich würde am liebsten die Rede im britischen Unterhaus halten, denn dort gehört sie in Wahrheit hin, dass man mit denen endlich einmal abrechnet, für die 64 Millionen Briten Spieljetons in ihrem Spiel um die Macht, in ihrem Spiel um den persönlichen Aufstieg sind. Das ist wirklich verwerflich, das hat Auswirkungen auf Europa und natürlich Aus­wirkungen auf diejenigen, die dort letztlich leben.

Daher, finde ich, ist das auch keine Lösung, wenn am Schluss dann das Schlachtfeld des Brexit verlassen wird, der Herr Nigel Farage, der Herr Cameron und alle schreien: Ein Pferd, ein Pferd, ein Pferd! – Wir kennen ja alle den Ausspruch aus „Richard III.“.


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Die bekommen wirklich ein Pferd. In ganz Großbritannien wird hin- und hergaloppiert, weil jeder schon eines dieser Pferde errungen hat.

Herr Klubobmann Strache, weil Sie mich gerade so anschauen: Sollten Sie einmal nach einem Pferd rufen, weiß ich nicht, ob zu Ihnen eines kommen wird. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es kommt darauf an, was Sie bis dahin angestellt haben, aber jedenfalls hat Richard III. wirklich noch einen Erinnerungswert bekommen. (Abg. Strache: Ich habe bis dato immer die SPÖ-Parteiführer davonreiten sehen!)

Ich schließe, ich kann zu Großbritannien nur mehr mit Hamlet sagen: „Der Rest ist Schweigen.“ (Beifall bei der SPÖ.)

13.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


13.50.48

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Liebe Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem jung gebliebenen Parlamentarier Josef Cap steht ein schon etwas älterer Mensch hier am Rednerpult.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur EU-Erklärung des Bundeskanzlers und Vizekanzlers zum negativen Ausgang des EU-Referendums in Großbritannien: Ich glau­be, diese EU macht sich in dieser Form selbst Angst. Überall war zu lesen, und Mel­dungen wurden verbreitet, ein britischer EU-Austritt hätte und hat verheerende Folgen, der Brexit würde schweren Schaden verursachen. Laut einer Studie würde und wird der EU-Austritt der Briten das BIP des Landes erheblich senken. So besorgniserregend ist es nicht, wie es heute der Herr Kollege Lugar vorgezeigt hat. Es wurde immer wie­der behauptet – das wurde heute auch vom Kollegen Themessl angesprochen –, wenn die Schweiz nicht in der EU ist, wird sie untergehen. Ich glaube, die Schweiz lebt bes­ser denn je.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Tatsache ist schon, dass die anderen EU-Länder den Wegfall der Beiträge des Nettozahlers Großbritannien ausgleichen müs­sen, auch Österreich. Für Deutschland bedeutet das jährlich Mehrkosten von circa 2,5 Mil­liarden €, für Frankreich circa 1,9 Milliarden €, Italien muss gut 1,4 Milliarden € mehr zah­len, Spanien rund 1 Milliarde € mehr pro Jahr.

Ich habe mit britischen Urlaubern bei uns im Pongau besprochen, warum Großbritan­nien für den EU-Austritt gestimmt hat. Die Briten haben mir gesagt und erklärt, weil die Leute es satt haben, dass sie immer wieder und immer mehr vom Diktat der EU be­vormundet werden, und das lassen sie sich so nicht mehr gefallen. Diese Meinung, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren, vertreten auch immer mehr Menschen in Öster­reich. Die ständigen Bevormundungen, die Bestimmungen dieser EU lassen sich viele Menschen in dieser Form nicht mehr gefallen. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


13.53.10

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kollegen im Hohen Haus! Ich glau­be, man kann jeden Klub verlassen, und das ist prinzipiell kein Drama. Ich sehe das mit den Briten also auch relativ gelassen. Ich glaube sogar, dass der Brexit ein heilsa-


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mer Schock sein wird und dass der Schuss vor den Bug, den Europa, die EU und vor al­lem Brüssel dadurch bekommen haben, zu einem Danke führen wird. Wir werden eines Tages, eines hoffentlich nicht mehr fernen Tages, Danke zu den Briten sagen, dass sie die Initialzündung getätigt haben, dass sich die EU endlich in einem positiven Sinne ver­ändert. Natürlich werden die Briten auch Schwierigkeiten aller möglichen Art haben, ver­waltungstechnisch et cetera, das ist keine Frage.

Wenn man jetzt aber so tut, als ob das ein Megadrama wäre, dann darf ich daran er­innern, wir hatten ein wirkliches britisches Megadrama vor circa 15, 16 Jahren. Das war der Rinderwahnsinn. Da ist die halbe britische Landwirtschaft am Boden gelegen. (Abg. Pirkl­huber: Das war eh ein Wahnsinn!) Das war ein Desaster in England und auch in Europa. Man erinnert sich an die brennenden Fleischberge. Da haben sich wirklich Sze­nen abgespielt, die apokalyptisch waren und die England im wirtschaftlichen Bestand ge­fährdet haben.

Was wir überlegen müssen – auch als kleines Land und Mitglied der EU –, ist, was das für Europa bedeutet. Ich glaube – und da bin ich mit einigen hier im Hohen Haus einer Meinung –, dass wir jetzt ein Europa der Nationen in einem sicheren europäischen Wirt­schaftsraum starten müssen und dass wir endlich von diesem Gedanken der Vereinig­ten Staaten von Europa weggehen müssen. Das kann und wird nicht funktionieren. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wir müssen uns auch überlegen, was die wahren Ursachen sind. Was waren die wah­ren Ursachen, die die Briten dazu getrieben haben? – Natürlich waren das Medienkam­pagnen, und wenn man sich die englischen Tabloids, also die Boulevardpresse, an­schaut, dann sieht man, dass es da auf einem ganz anderen Niveau als bei uns zu­geht. Da wird wirklich gehetzt, da wird geschrieben, was das Zeug hält. Dahinter steht aber eine massive Abneigung gegen zentralistische Politik aus Brüssel und eine mas­sive, berechtigte Angst der Bürger in England vor der Migrationspolitik der EU, die im letzten Jahr ein völliges Versagen, noch dazu im Namen der Humanität, dargestellt hat. Das müssen wir uns vergegenwärtigen. Die zentralen Probleme sind die Wirtschaft und die Migration. Diese beiden Dinge müssen wir lösen, und zwar in Brüssel wie in allen Mitgliedstaaten der EU.

Was tun Ärzte – wenn ich Ihnen das kurz sagen darf –, wenn sie vor einem kritisch kranken Patienten stehen? Die EU ist jetzt durch diese Situation kritisch krank, aber jede Krise ist auch in der Medizin immer wieder eine Chance. Die Ärzte kommen, set­zen sich zusammen, treffen eine Diagnose, machen eine Therapieplanung und han­deln. Es wird dann endlich nicht mehr herumgeredet und debattiert, was im Hinter­grund noch alles sein könnte und welche Faktoren noch eine Rolle spielen. Wenn man die Faktoren ohnehin schon kennt – und wir kennen sie seit Jahren –, dann kann man bitte schön die Medizin anwenden und endlich die Dinge umsetzen, die wir alle schon wissen.

Abschließend kann ich Ihnen noch sagen: Was die europäische Mehrheit sicher nicht will, sind die Vereinigten Staaten von Europa. Was wir wollen, was die europäische Mehr­heit will, das ist ein Europa der partnerschaftlich tätigen Nationen, ein Europa der euro­päischen Kulturen und ein Europa der freien Wirtschaft. – Danke schön. (Beifall bei Ab­geordneten von FPÖ und Team Stronach.)

13.56

13.56.37

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine finanzielle Mehrbelastung Ös­terreichs durch die Europäische Union.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 117

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Russland-Sank­tionen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten The­messl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur vorläufigen Anwendung von CETA.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist abgelehnt.

13.57.182. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbil­dungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behinderteneinstel­lungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (Ju­gendausbildungsgesetz) (1219 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


13.57.36

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sie gestatten mir eine kurze Replik auf die Ausführungen des Kol­legen Cap. Ich bin sehr froh darüber, dass er jetzt ausgiebig Shakespeare zitiert hat, denn es haben sich ja schon manche die Frage gestellt – nicht nur bei uns, sondern auch in den Reihen der Sozialdemokratie –, was er denn in den ausgedehnten Latifundien des Renner-Institutes den ganzen Tag so macht. Jetzt wissen wir es: Shakespeare-Studien. Das ist jetzt der neue Aufgabenbereich des Kollegen Cap. (Abg. Königsberger-Lud­wig: … wichtig für die Bildung!) Ich finde das großartig. Hamlet ist immer eine ergiebi­ge Quelle. Da fällt mir nämlich auch etwas ein, was wir gerade den Herren der Europäi­schen Kommission vorwerfen können: Von des „Gedankens Blässe“ sind sie nicht ge­rade „angekränkelt“, wenn es darum geht, Bürgernähe zu entwickeln. – Auch das ist Ham­let. (Beifall bei der FPÖ.)

Und noch etwas, Kollege Cap, können wir aus dem Umgang mit Shakespeare lernen. Das ist sehr interessant, denn man hat immer den Eindruck, dass die Zeitrechnung über­haupt und alles das Gute, das Wahre und Schöne erst mit dem Beitritt zur Europäi­schen Union beginnt. Wir lernen aber dadurch, dass man sich mit Shakespeare aus­einandersetzt, dass es auch eine Zeit davor gegeben hat, denn das viel zitierte Stück, das offenbar heute noch gültig ist, stammt aus dem Jahr 1603. Sie brauchen sich keine Sorgen um die Zukunft Großbritanniens zu machen. Das wird es auch noch geben, wenn es diese Europäische Union schon lange nicht mehr in dieser Form gibt.

So, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Thema Ausbildungspflicht, Ausbil­dungsgarantie: Eines muss man Ihnen ja zugutehalten, und zwar, dass Sie dadurch, dass Sie versuchen, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen – und das wird ja mithilfe der Grünen offenbar dann doch gelingen –, zumindest ein Bekenntnis dahin gehend abge-


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ben, dass Österreich ein massives Problem mit der Jugendarbeitslosigkeit hat. Das ha­be ich aus Ihrem Munde schon ganz anders gehört. Da hat man uns noch erzählt, dass wir sozusagen das Vorzeigemodell, das Paradebeispiel für ganz Europa sind und alle zu uns kommen, um zu lernen, wie es geht. Die Tatsache, dass wir heute eine Ausbil­dungspflicht beschließen, um uns einem der größten Problemfelder im Arbeitslosigkeits­bereich zu widmen, nämlich den jungen Menschen, zeigt aber, dass die Realität, die sich hinter Ihren Worten versteckt, dann doch eine etwas andere ist.

Es kann also keine Rede von dieser heilen Welt sein, die uns immer vorgegaukelt wur­de. So weit, so gut. Das Problem, das wir haben, ist nur, dass die sogenannte Ausbil­dungspflicht, die Sie uns jetzt als Lösung vorschlagen, natürlich diese Problematik auch nicht löst. Das ist wunderbar für die Statistik, das ist großartig, wenn es also jetzt ge­lingt, mithilfe dieses neuen Gesetzes die 16- bis 18-Jährigen in einem Schulungsappa­rat unterzubringen, der bürokratisch einigermaßen ausufernd ist – möchte ich einmal vorsichtig sagen –, was für Sie den Vorteil hat, dass sie nicht mehr in der Arbeitslosen­statistik aufscheinen. Und ich warte dann nur darauf, dass man dann wieder quer durch Europa tingelt und auf ein österreichisches Beschäftigungswunder verweist, hervorge­rufen durch diese sogenannte Ausbildungspflicht, die in Wirklichkeit nur ein Verschie­ben eines Problems um zwei Jahre nach hinten ist, aber dieses Problem nicht wirklich löst. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, meine Damen und Herren, was in der Auseinandersetzung mit dem Pro­blem junge Menschen/Arbeitsmarkt/Arbeitslosigkeit angebracht wäre, wäre eine Aus­einandersetzung mit den tatsächlichen Ursachen, mit den Wurzeln des Problems (Abg. Brunner: Ein Lösungsvorschlag von Ihnen wäre notwendig!) und nicht eine Methode, die sich darauf versteigt, sozusagen nach hinten hinaus die Symptome wegzuschmin­ken. Das ist das, was man hier einmal mehr versucht. Und ich bin zumindest nicht ein­verstanden – und meine Fraktion ist es auch nicht –, wenn Sozial- und Arbeitsmarkt­politik in Österreich den Eindruck erwecken, dass es Flickschusterei für Versäumnisse des Bildungssystems ist, was hier gemacht wird, und es natürlich auch Flickschusterei für eine verfehlte Zuwanderungs- und Asylpolitik ist.

Damit sind wir jetzt bei den Dingen, die den Grünen so besonders wichtig sind, wo man sich dann mit der ÖVP offensichtlich doch noch geeinigt hat, dass in einen Teil des Gel­tungsbereiches dieses Gesetzes auch Asylwerber miteinbezogen werden. Das heißt, die Asylwerber werden also jetzt auch ausgebildet, obwohl wir von denen nicht wissen, ob sie bei uns einen Aufenthaltstitel bekommen werden. Aber das ist Ihnen ja ohnehin wurscht, denn Asyl ist gleich Zuwanderung.

Aus Ihrer Sicht verstehe ich, dass man das so sieht. Aus Sicht der ÖVP verstehe ich das dann schon weniger. (Abg. Wöginger: Das stimmt nicht, was Sie sagen!) – Aber das ist interessant. Da gibt es dann einen Entschließungsantrag, und da formulieren Sie, dass es darum geht, den Kreis der Begünstigten durch dieses Gesetz auf diejeni­gen Asylwerber zu erweitern, deren Anträge aussichtsreich sind. – Ich habe immer ge­dacht, ob aus einem Antrag etwas wird oder nichts wird, steht am Ende des Verfah­rens. Jetzt steht es schon am Anfang. Jetzt weiß man schon am Anfang, dass das so­wieso aussichtsreich ist. Was ist denn dann mit den anderen, die nicht aussichtsreich sind? Wofür haben wir denn dort überhaupt noch ein Verfahren? Das frage ich mich dann schon. Also ganz logisch ist diese Sache nicht, und sie zeigt einmal mehr, dass auch die ÖVP trotz aller gegenteiligen Bekundungen (Abg. Wöginger: Lesen sollte man schon können, lieber Kollege!), dann, wenn es darauf ankommt, umfällt, so wie sie im­mer umgefallen ist, wenn es darum gegangen ist, auch die Schutzinteressen der heimi­schen Arbeitnehmer wahrzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben drei Problembereiche, bei denen Sie tatsächlich einmal nachhaltig und um­fassend ansetzen müssten. Der erste Problembereich ist das Bildungsdesaster. Es hat


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uns schon heute in der Früh beschäftigt, dass das österreichische Bildungssystem, trotz der Tatsache, dass wir dort unglaublich viel Geld hineinstecken, eigentlich eine Dauer­baustelle ist. Ich möchte jetzt nicht sagen, es ist ein Scherbenhaufen, aber der Output, gemessen an dem, was hineingesteckt wird, ist eigentlich erschütternd niedrig.

Jetzt können Sie im Pflichtschulbereich beginnen, wo wir die Problematik haben, dass wir mit einer – insbesondere in Ballungsräumen – Zuwanderungswelle und mit einer In­tegrationsproblematik darauf vergessen, den Schülerinnen und Schülern die elementa­ren Kulturtechniken beizubringen. Dann können Sie das fortsetzen über ideologische Pro­jekte, die Sie mit diesen gemeinsamen Schulen gerne an der Realität vorbei betreiben, damit nur ja nicht differenziert und niemand benachteiligt wird, wobei Sie vergessen, dass die wirklich brutalste Selektion, die Sie damit nicht ausschalten, die soziale Selek­tion ist. Die findet schon viel früher statt, im Kindergarten, in der Volksschule, wo auch hier viele sitzen, die ihre Kinder lieber in private Hände geben, statt in öffentliche Institu­tionen zu schicken. Das ist die wirkliche brutale Selektion, die soziale Selektion.

Dann können Sie weitergehen zur Zentralmatura – das haben wir heute auch schon ge­hört –, und sozusagen auf dem Gipfel der Bildungsentwicklung haben wir dann die Uni­versitäten. Wenn Sie sich bei den Universitäten die Rankings ansehen, dann empfehle ich Ihnen, wenn Sie eine österreichische Universität suchen, von hinten mit dem Lesen zu beginnen, dort werden Sie schneller fündig als von vorne.

Das heißt, das Bildungswesen ist eine Dauerbaustelle. Anstatt sich hier zusammenzu­setzen und einen nationalen Schulterschluss zu suchen, indem wir die Bildungskompo­nente mit der Arbeitsmarktkomponente und mit der Wirtschaftskomponente in einem Großauftrag, möchte ich fast sagen, und in einem nationalen Schulterschluss wahr­scheinlich in einem Zehn-Jahres-Projekt überhaupt einmal in Angriff nehmen, betreiben Sie diese Form der Flickschusterei und versuchen, anstatt die Ursachen zu ändern, hin­ten ein wenig herumzuschustern, ohne damit in der Sache selbst etwas zu gewinnen. Das ist ein riesiges Problem.

Mir ist es immer wichtig, bei der Frage, warum das Bildungssystem so schlecht bei­sammen ist, auch ein paar grundsätzliche Dinge hervorzustreichen. Sie dürfen sich nicht wundern, dass das in manchen Bereichen nichts wird, wenn Sie selbst die ganze Zeit daran arbeiten, etwa die Autorität von Lehrern zu untergraben. Als Lehrer bist du ja heute in vielen Bereichen der Dodel vor der Klasse, und wehe, du machst irgendetwas, was in Richtung Disziplin geht, dann hast du sozusagen alle möglichen Institutionen am Hals, die dir das Leben schwer machen.

Aber wir wollen doch die Kinder und auch die jungen Menschen auf die Berufswelt vor­bereiten. Dort gelten aber dann einmal Ordnung, Disziplin und ähnliche Dinge. Das ist dann wichtig. Und Sie können das nicht im Pflichtschulbereich zurückfahren, weiter zu­rückfahren und noch einmal zurückfahren und den jungen Menschen erklären, wenn sie dann die Schule verlassen: Jetzt ist das alles notwendig, und du solltest das alles beherrschen! Ich glaube schon, dass das Tugenden sind, die man ihnen von Beginn an beibringen muss, wenn man sie auf die Wirklichkeit vorbereitet und wenn man sie nicht zu Opfern von Experimenten ideologischer Art macht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das zweite Problem im Bildungsbereich ist die Zuwanderung, die wir sowieso schon im überbordenden Ausmaß gehabt haben, jetzt noch einmal verschärft durch die Völker­wanderung.

In weiterer Folge haben Sie alles getan, um die betriebliche Ausbildung zu ramponie­ren. Das ist ein riesiges Problem. Sie haben vernünftige Systeme, nur weil sie von fal­schen Menschen erfunden oder in die Welt gesetzt worden sind, einfach gestrichen. Die betriebliche Ausbildung ist in Österreich im Niedergang begriffen. Ich bedauere das sehr, Sie sollten es bereuen. Und dafür haben wir einen Wust an überbetrieblichen Ausbildun­gen, dreimal so teuer, aber nicht einmal halb so effizient.


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Das kann nicht die Zukunft der betrieblichen Ausbildung sein. Und Sie machen es auch hier so, dass Sie im Bereich der Ausbildungspflicht darauf keine Rücksicht nehmen, nicht die Unternehmen stärken, nicht die Unternehmen unterstützen, sondern Ihr Heil in den Überbetrieblichen Ausbildungsstätten suchen, die irgendwie alle rot oder schwarz ein­gefärbt sind. Das schaut nach einem guten Geschäft aus.

Und die dritte Komponente – nur noch eine Überlegung am Schluss –: Gehen wir da­von aus, rein hypothetisch, Sie könnten all das, was Sie in diesen zwei Jahren im Pflicht­schulbereich nicht zustande gebracht haben, aufholen und die Menschen wären dann berufsfit! Na ja, auf welchen Arbeitsmarkt würden Sie dann stoßen? – Auf einen Ar­beitsmarkt, auf dem es ein riesiges Überangebot an Arbeitssuchenden gibt und ein to­tales Unterangebot an Arbeitsplätzen, denn wir haben die größte Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg. Und hier sind Sie nicht bereit, den Schutzmaßnahmen zuzu­stimmen, die die Freiheitliche Partei für den österreichischen Arbeitsmarkt verlangt, auch wenn es darum geht, den Verdrängungswettbewerb innerhalb der Europäischen Union in den Griff zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ.) – Und das ist der Grund, warum das unterm Strich nichts werden kann und warum wir dieses Gesetz ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Lud­wig. – Bitte.

 


14.08.07

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kickl, wenn man über die­ses Gesetz zur Ausbildungspflicht spricht, das wir heute Gott sei Dank gemeinsam mit den Grünen beschließen werden, dann wissen Sie – das sollten auch die Zuseherin­nen und Zuseher wissen –, dass wir von circa 5 Prozent der Jugendlichen sprechen, die in einem Jahrgang die Schule verlassen. Das sind 5 Prozent. Das heißt, 95 Prozent aller anderen Jugendlichen haben entweder in Betrieben eine Ausbildung, sind in der Schule oder haben eine überbetriebliche Lehrwerkstätte besucht oder haben eine AMS-Maßnahme absolviert. Wir reden von 5 Prozent, Herr Kollege Kickl. Sie sprechen vom Bereinigen von Statistiken oder vom Beschönigen von Statistiken, Sie sprechen von Pro­blemen, wir sprechen von Jugendlichen, von allen Jugendlichen, die eine Chance ver­dienen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Und genau deswegen, Herr Kollege Kickl, machen wir heute ein Ausbildungspflichtge­setz, das für Zeit im Anschluss an die Schulpflicht gedacht ist, damit auch jene circa 5 000 Jugendlichen im Jahr, die ohne Ausbildung dastehen, eine Chance bekommen, in ihr Erwachsenenleben einzusteigen. Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen, Herr Kollege Kickl. Es gibt einfach Jugendliche, die brauchen nach neun Jahren Schul­pflicht noch ein Stück, um nachzureifen. Es stimmt, man kann natürlich über die Pro­bleme in der Schule sprechen, das ist überhaupt kein Thema, das machen wir ja auch immer wieder im Unterrichtsausschuss oder auch im Sozialausschuss, aber man muss auch auf jene Jugendlichen, die in ihrer Entwicklung nachhinken, genauso achtgeben. Deswegen wird das Ausbildungspflichtgesetz heute beschlossen, ein Gesetz, das vie­len Jugendlichen auch in Zukunft eine zusätzliche Chance geben wird.

Für die Zuseherinnen und Zuseher, damit man auch weiß, wovon man spricht: Diese Menschen, von denen ich jetzt spreche, sind in ihrem zukünftigen Erwachsenenleben dreimal öfter von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie sind viermal öfter als Hilfsarbeiterinnen/ Hilfsarbeiter tätig und sie sind auch viel öfter armutsgefährdet. Ausbildung, das wissen wir alle, eine Berufsausbildung oder eine Schulausbildung ist der Garant für ein selbst­bestimmtes Leben, ist auch der Garant für eine Erwerbsbiografie, die einen guten Ein­stieg ermöglicht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 121

Deshalb gibt es diese Ausbildungspflicht, die eben auf unterschiedliche Art und Weise bezogen werden kann, sei es in Betrieben – wo ich auch die Wirtschaft wirklich einlade, als Partner/Partnerin mitzuwirken, damit diese Ausbildungspflicht auch umgesetzt wer­den kann –, sei es in arbeitsmarktpolitischen Projekten, in Produktionsschulen oder auch in Schulen.

Ich bin überzeugt davon, dass das ein Gesetz ist, das vielen Jugendlichen eine Chan­ce gibt. Ich habe es für mich 5 000-Menschen-Chancen-Gesetz genannt, da man da­von ausgeht, dass jene Jugendlichen auch eine Ausbildung erhalten werden. Ich bin auch froh – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Kickl –, dass es gelungen ist, ge­meinsam mit den Grünen einen Entschließungsantrag zu verabschieden, der Asylwer­berInnen nicht zu 100 Prozent in das Gesetz mit der Ausbildungspflicht aufnimmt, bei dem aber zumindest verstärkt in Deutschkurse investiert werden soll und das Asylver­fahren gerade bei jungen Asylwerbern und Asylwerberinnen verkürzt abzuhalten ist. Ich denke, das ist auch wichtig, denn auch das sind Menschen, die in unserem Staat leben und die genauso eine Chance verdient haben wie alle anderen Menschen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Mag. Loacker. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


14.11.31

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Heute schubst die Bundesregierung diese Ausbildungspflicht durch den Nationalrat, mit den grünen Erfüllungsgehilfen im Schlepptau. Und wer kann schon dagegen sein, denn Ausbildungspflicht bis 18, das klingt ja super? (Zwischenruf der Abg. Korun.– Ja, einen lächerlichen Entschließungsantrag haben Sie ausverhan­delt, Frau Kollegin Brunner, mehr nicht!

Ausgangspunkt des Gesetzes sind allerdings die Schwächen eines beachtlichen Teils der Pflichtschulabgänger in Österreich. Wenn ein Fünftel der Pflichtschulabgänger keine grundlegenden Kenntnisse im Rechnen, im Lesen und im Schreiben hat, dann ist klar, es sind diese jungen Menschen für den Lehrstellenmarkt leider nicht tauglich. Da haben wir ein Problem im Schulsystem, und dieses Problem äußert sich in weiterer Folge auf dem Arbeitsmarkt. Aber dieses Gesetz bringt jetzt keine Verbesserung der Ausbildung, es bringt keine Verbesserung im Schulsystem. Das Bundesministerium kommt – der Herr Minister sagt, es komme einmal vor – inhaltlich in diesem Gesetz gar nicht vor. Es geht nämlich nicht um das Stärken der Grundkompetenzen dieser jungen Menschen, das in­teressiert diese Bundesregierung gar nicht.

Was interessiert diese Bundesregierung denn? – Die Jugendlichen im Alter von 15 bis 18 Jahre werden einfach dem AMS überantwortet. Es wird das Problem, das wir im Bil­dungssystem haben, ganz gemütlich, patsch, zum AMS ausgelagert. Dann dürfen die­se jungen Menschen ihr Dasein in überbetrieblichen Ausbildungszentren fristen, wer­den dort zwischengeparkt und können sich gleich daran gewöhnen, Dauerkunden des AMS und Dauerkunden auf dem zweiten Arbeitsmarkt zu werden und von jugendli­chem Alter an in staatlicher Abhängigkeit zu verweilen. Der Effekt, den Sie erreichen, Herr Minister, ist, dass Sie diese jungen Menschen für drei Jahre aus der Statistik drau­ßen haben, und dann kann man mit wunderbar schönen Zahlen vor den Medien ange­ben.

Was das Gesetz auch nicht enthält, sind konkrete Ziele für die Ausbildung dieser jun­gen Menschen und für die Ausbildungspflicht. Es geht also nicht darum, dass man mit diesen jungen Menschen, die Sie hier in Beschäftigungstherapie über das AMS schi­cken, auch tatsächlich etwas erreicht.

Daher bringe ich einen Abänderungsantrag ein:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 122

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

„Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorla­ge … (1219 d.B.), angeschlossene Gesetzesentwurf, wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 wird in § 14 Abs. 2 nach dem dritten Satz folgender Satz eingefügt:

‚Der Perspektiven- und Betreuungsplan hat ein konkretes, erreichbares und messbares Ausbildungsziel zu umfassen.‘“ – Sonst hat er nämlich keinen Sinn.

*****

Die Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit bleiben also unberührt, nämlich das Desaster im Bildungssystem, Stichwort „Stillstand in der Bildungspolitik“, und die Bürokratie für die Unternehmen, die solche jungen Menschen ausbilden sollten, müsste man vielleicht auch in Angriff nehmen, auch das lassen Sie unberührt. Da in diesen beiden Hand­lungsfeldern nichts geschieht, wird die Ausbildungspflicht auch nachhaltig für die jun­gen Menschen nichts erreichen.

Was dann kommt, wenn die Ausbildungspflicht nichts erreicht, das hat Vizekanzler Mit­terlehner bereits im Jahr 2014 zur Tageszeitung „Die Presse“ gesagt: Dann kommt die Einstellungspflicht – und das ist es, was Sie wirklich wollen! Sie wollen den Firmen mit Quoten vorschreiben, wie viele junge Menschen sie einzustellen haben, egal, ob die et­was können oder nicht. Das ist das Ziel dieser Bundesregierung. Und von einer Re­gierung, die nichts anderes kennt als noch mehr staatliche Eingriffe und noch mehr Ge­setze, kann man leider nichts Gescheiteres erwarten. (Beifall bei den NEOS.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungs­pflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (Jugendausbildungs­gesetz) (1219 d.B.) – TOP 2

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungs­pflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (Jugendausbildungs­gesetz) (1219 d.B.), angeschlossene Gesetzesentwurf, wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 wird in § 14 Abs 2 nach dem dritten Satz folgender Satz eingefügt:

„Der Perspektiven- und Betreuungsplan hat ein konkretes, erreichbares und messba­res Ausbildungsziel zu umfassen.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 123

Begründung

Laut § 14 Abs 2 des vorliegenden Entwurfs zum Ausbildungspflichtgesetz ist die Er­stellung eines Perspektiven- und Betreuungsplanes für bestimmte Jugendliche vorge­sehen. Die vorgeschlagene Formulierung legt nahe, dass es grundsätzlich nicht darum geht, dass bestimmte (Aus-)Bildungsziele im Rahmen der Ausbildungspflicht erreicht wer­den sollen, sondern lediglich darum, beliebige Maßnahmen zu setzen, mit denen die Aus­bildungspflicht erfüllt wird. Die nun vorgeschlagene Ergänzung soll sicherstellen, dass auch konkrete, für das Individuum erreichbare und auch messbare bzw. nachweisbare Ausbildungsziele erreicht werden. Ohne diese Ergänzung bleibt es unbedeutend, ob Ju­gendliche auch tatsächlich eine zielführende Ausbildung mit entsprechenden Zielen er­hält, sonders es lediglich darum geht, diese Jugendlichen aus der NEET-Statistik zu ent­fernen und damit zwar quantitativ etwas zu erreichen, was allerdings qualitativ keine Auswirkungen auf die mittel- und langfristige Lebensrealität dieser Jugendlichen haben wird.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Wurm zu Wort gemeldet. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsord­nung dazu einzuhalten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.15.35

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Die Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig hat in Ihren Ausführungen behauptet, es das vorliegende Gesetz betrifft 5 Prozent der Jugend­lichen in Österreich.

Ich berichtige: Tatsächlich sind es laut Ihren eigenen Aussagen in der Beilage der Re­gierungsvorlage 13 Prozent. Das ist doch um einiges mehr. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Winzig. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.16.07

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir selbst im länd­lichen Raum über 50 Prozent beim AMS arbeitslos gemeldete Personen mit maximal einem Pflichtschulabschluss haben, dann ist es höchste Zeit, die Erziehungsberechtig­ten in die Pflicht zu nehmen, sich um die Ausbildung ihrer Kinder zu kümmern. Natür­lich, Herr Kollege Loacker, die Erfüllung der Bildungsstandards ist Voraussetzung, das brauchen wir nicht schönzureden, und wir von der Sparte Industrie der Wirtschaftskam­mer machen da auch sehr viel, damit die Pädagogen und Pädagoginnen unterstützt wer­den, diese Bildungsstandards auch in den Schulen zu erreichen.

Nichtsdestotrotz haben wir über 5 000 Jugendliche pro Jahr, die auf dem Weg sind, le­benslange Sozialfälle zu werden. Wir kennen in den Lebensläufen die traurigen Ge­schichten, einmal on-job, einmal off-job, und ich erhoffe mir auch, dass mit dieser Aus­bildungskontinuität bei den Jugendlichen mehr Motivation, mehr Arbeitswilligkeit entwi­ckelt wird, denn die betriebliche Praxis zeigt ja, dass gerade unqualifizierte Mitarbeiter sehr häufig den Arbeitsplatz wechseln, nicht mehr erscheinen oder nicht bereit sind, in gewissen Branchen zu arbeiten.

Wir haben das Problem zurzeit überall. Im Tourismus finden im Seengebiet die Wirte keine Mitarbeiter mehr, sie sperren tageweise zu, sie sperren ihre Bars zu – und das ist ein großes Problem. Wir haben 2 800 arbeitslos gemeldete Personen im Bezirk, 250 mit


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Beschäftigungszusage und 1 500 offene Stellen. Das versteht kein Unternehmer/keine Un­ternehmerin, das verstehen aber auch die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr. Daher ge­hört die Komfortzone beendet. Und ich glaube, dieses Gesetz ist ein wichtiger und rich­tiger Schritt, aber auch eine Kürzung der Mindestsicherung wird da noch folgen müssen.

Leider müssen wir einen Teil der Jugendlichen in den überbetrieblichen Lehranstalten unterbringen, leider nicht nur deshalb, weil es hohe Kosten verursacht, sondern auch deswegen, weil, wie Sie richtig gesagt haben, der erste Arbeitsmarkt der bessere wäre. Daher müssen wir auch in diesem Zusammenhang einen großen Schwerpunkt auf das Lehrlingscoaching setzen, 150 Betriebe machen da bereits mit. Ich habe in Oberöster­reich eine zweijährige modulare Lehre im Bereich Metalltechnik als Pilotprojekt initiiert, das am 1. September startet. Das ist genau der richtige Schritt, eine Kurzlehre mit Ab­schluss, aber auch Anschluss, damit jemand dann später, wenn ihm der Knopf aufgeht, die vollständige Lehre abschließen kann. Das ist in der Schweiz und in Deutschland ein Erfolgsmodell. Ich kann mir das auch für andere Branchen, wie den Tourismus, vor­stellen und ich bitte Sie, Herr Bundesminister, dass Sie sich auch dafür einsetzen. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.19.02

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Natürlich macht es Sinn, dass junge Menschen einer Beschäftigung nachgehen, und natürlich ist es Aufga­be der Gesellschaft, zu schauen, dass die jungen Menschen Rahmenbedingungen vor­finden, die es ermöglichen, dass sie eine entsprechend gute Ausbildung machen kön­nen, um später im Berufsleben Fuß fassen zu können und auch eine Zukunft zu haben.

Wir haben leider die Situation, dass unser Schulsystem über weite Strecken versagt. Wir haben ein Schulsystem, das es ermöglicht, dass es in Österreich nach Aussage von Ex­perten sage und schreibe 600 000 Menschen gibt, die die Schule besucht haben und trotzdem nicht lesen, schreiben und rechnen können.

Ich bin davon überzeugt, dass der richtige Ansatz nur der sein kann, das Schulsystem zu reformieren. Wir müssen die Schule wieder stärken, Schulautonomie einführen, ge­eignete Rahmenbedingungen schaffen, dass eben die Lehrer auch wieder Freude am Unterrichten haben, von der Bürokratie entlastet werden und die Freude am Unterrich­ten auch an die Schüler weitergeben können.

Jetzt werden die Lehrer von der Bürokratie erdrückt. Sie haben keinen Platz, sich zu entwickeln, sie haben keine Freude am Unterrichten, und der Schüler bleibt auf der Stre­cke. Dieses Jugendausbildungsgesetz, dieses Pflichtgesetz, ist schon der richtige An­satz, der Ansatz nämlich, dass man schaut, dass junge Menschen nicht auf der Straße landen, sondern in den Arbeitsprozess integriert werden. Aber: Dort, wo Sie ansetzen, das ist aus unserer Sicht nicht richtig. Sie setzen an, indem Sie das Schulsystem so be­lassen, wie es ist, und parallel dazu ein Reparatursystem stärken, sprich das AMS, da­mit die Jugendlichen, die im Schulsystem nicht weiterkommen, dann dort aufgefangen werden, quasi nachgeschult werden und für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden sol­len. Das ist aus unserer Sicht der falsche Weg.

Wir wollen: Punkt a) die Stärkung des Schulsystems und Punkt b) eine engere Zusam­menarbeit zwischen dem AMS und der Schule. Aber das heißt, dass das AMS mit der Schule kooperieren sollte. Das AMS soll dafür Sorge tragen, dass die Berufsorientierung besser ist, dass sich die jungen Menschen mehr unter der Berufswelt vorstellen können, dass sie in jungen Jahren bereits einen Plan entwickeln, wie ihr beruflicher Werdegang


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 125

ausschauen sollte, und dass die Zusammenarbeit mit den Betrieben besser funktioniert. Das wäre unser Weg. Wir wollen kein Reparatursystem, das von der Ursache ablenkt, wegschaut, sondern wir wollen die Kooperation mit den Betrieben verstärken. (Beifall beim Team Stronach.)

Dieses duale Ausbildungssystem ist ja immer als das Erfolgsmodell dargestellt worden. Jetzt sehen wir, dass wir trotz allem eine riesige Ausbildungslücke haben, denn die Un­ternehmer sagen: Wir bekommen schwer einen geeigneten Lehrling, weil die höheren Schulen schon die besseren Schüler abziehen, und die Unternehmer sind auch nicht be­reit, mit den Auflagen, die hier beschlossen wurden, zu leben.

Warum soll sich das ein Unternehmer antun? Wenn wir so weitertun und das System nicht reformieren, dann werden wir in den nächsten Jahren einen derartigen Fachar­beitermangel haben, der nur schwer zu lösen sein wird; aus diesem Grund auch unser Ansatz, mit Betrieben enger zusammenzuarbeiten, Betriebe zu stärken.

Auch Deutschland ist diesen Weg gegangen. In Deutschland hat man mit diesem Pakt, der im Jahr 2004 beschlossen wurde, Betriebe motiviert, jährlich 60 000 neue Lehrstel­len zu schaffen. Das ist geglückt. Deutschland hat die Ausbildungslücke geschlossen. Bei uns ist die Ausbildungslücke nach wie vor vorhanden. Deswegen sollten wir den Weg gehen, die Kooperation mit Betrieben zu stärken und parallel dazu das Schulsys­tem flottzumachen, damit wir wirklich Jugendliche haben, die in den Betrieben unter­kommen, die eine Zukunftsperspektive vorfinden und die vielleicht selbst einmal den Weg in die Selbständigkeit gehen, die dann im Betrieb lernen, dass das gar nicht so schlecht ist, und den Mut fassen, selbst etwas anzugehen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maß­nahmenpaket für Lehrlinge“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein Maßnahmen­paket vorzulegen, welches die duale Lehrausbildung wesentlich attraktiver macht und fol­gende Maßnahmen beinhaltet:

Eine finanzielle Entlastung für Betriebe, die bereit sind, verstärkt Lehrlinge auszubilden.

Eine finanzielle Entlastung für Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge mit nicht ausreichen­der Qualifikation aufzunehmen, und diesen die Möglichkeit geben, die erforderlichen Nach­schulungsmaßnahmen im Rahmen der Lehrzeit zu absolvieren.

Eine verstärkte Praxisorientierung in den Schulen über die Aufwertung der Berufsorien­tierung zu einem eigenen Unterrichtsgegenstand.

Eine Verstärkung der Kooperation von Betrieben mit Schulen.“

*****

Ich ersuche um Annahme. (Beifall beim Team Stronach.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 126

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpa­ket für Lehrlinge“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Ju­gendliche geregelt wird (Ausbildungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicege­setz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsge­setz geändert werden (Jugendausbildungsgesetz) (1219 d.B.)

„Sie ist also wieder da: Ein Blick auf die Daten der Statistik Austria zeigt, dass Karriere mit Lehre mehr als ein Slogan ist. Gemäß der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2015 haben nämlich 37,2 Prozent aller Personen mit Leitungsfunktion im privaten und öffent­lichen Sektor eine Lehrausbildung absolviert.“

Mit diesem Artikel ließ das Wirtschaftsblatt aktuell am 05.07.2016 aufhorchen und zi­tiert Experten, welche alle unisono eine Imagekorrektur des Lehrberufes in der öffentli­chen Diskussion einfordern.

Demgegenüber stehen die NEET-Jugendlichen (Not in Education, Employment or Trai­ning), also die 15- bis 24-jährigen jungen Menschen, die nach der Pflichtschule weder eine weiterführende Schule noch eine Lehre absolvieren, aber auch keinen Abschluss nachholen oder an irgendeiner Form von Ausbildung teilnehmen. Diese jungen Men­schen sind uns aus vielen anderen Ländern bereits als "verlorene Generation" be­kannt, da sie hochgradig gefährdet sind, den Anschluss zu verlieren und als Zukunfts­ziel in Interviews die Mindestsicherung bzw. das AMS angeben.

Jetzt geht es darum, dem starken Rückgang an Lehrbetrieben in Österreich entgegen­zuwirken und allem voran die Bürokratie bei der Ausbildung abzubauen. Unzählige Vor­schriften erschweren die Praxisschulung und nehmen jungen Menschen die Freude am Beruf.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein Maßnahmen­paket vorzulegen, welches die duale Lehrausbildung wesentlich attraktiver macht und fol­gende Maßnahmen beinhaltet:

Eine finanzielle Entlastung für Betriebe, die bereit sind, verstärkt Lehrlinge auszubilden.

Eine finanzielle Entlastung für Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge mit nicht ausreichen­der Qualifikation aufzunehmen, und diesen die Möglichkeit geben, die erforderlichen Nach­schulungsmaßnahmen im Rahmen der Lehrzeit zu absolvieren.

Eine verstärkte Praxisorientierung in den Schulen über die Aufwertung der Berufsorien­tierung zu einem eigenen Unterrichtsgegenstand.

Eine Verstärkung der Kooperation von Betrieben mit Schulen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 127

14.25.06

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es blieb ja quasi bis zur letzten Sekunde spannend, und ich denke, ich kann jetzt sagen: Dieses Paket besteht aus dem Ausbildungspflichtgesetz, einem Entschließungsantrag und noch Zusatzvereinbarungen mit dem Herrn Minister. Dieses Paket, das ist ein gutes. Mit diesem Paket wird allen Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren unter die Arme gegrif­fen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der spö sowie des Abg. Wöginger.)

Meine Damen und Herren, es wurde ja schon erläutert: Es geht um Jugendliche, die nach ihrer Schulpflicht aus dem Bildungssystem aussteigen. Mit diesem neuen System bekommen sie noch einmal eine Chance. Sie bekommen noch einmal eine Chance, so­zusagen wieder einzusteigen und eine Berufsausbildung zu machen. (Die Abgeordne­ten Kickl und Belakowitsch-Jenewein: Eine Ausbildungsgarantie gibt es schon!) Die Berufsausbildung ist der zentrale Garant dafür, dass sie später einen Job haben, von dem sie auch werden leben können. Unserer Meinung nach ist das sehr, sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen.)

Zwischen 15 und 18 Jahren, das ist eine total schwierige Lebensphase, da sucht man nach Orientierung, man probiert Verschiedenes aus, nicht alles davon geht gut. Aber ich denke, es ist wirklich zu begrüßen, dass die Gesellschaft sagt: Hier setzen wir an, hier schauen wir noch einmal hin, wir lassen weder die Jugendlichen noch ihre Eltern alleine! Wir bieten quasi eine Hand an und sagen: Kommt, probieren wir es noch ein­mal! – Und das ist doch etwas, das gut ist.

Ich denke, das muss nicht alles immer gelingen, aber diese Kombination von einerseits Datenerfassung, dann Betreuung und Beratung und schließlich einer gezielten Maß­nahme, die da draufgesetzt wird, kann funktionieren. Es hat eine gute Chance. Wichtig wird auf jeden Fall sein, dass man die Auswirkungen dieses Gesetzes auch kontrolliert, dass man bereits nach einem halben Jahr schaut: Greifen diese Maßnahmen? Ist das, was wir hier wollen, wirklich erfolgreich? Wir Grüne werden die Umsetzung dieses Ge­setzes und der begleitenden Maßnahmen ganz sicher mit Anfragen eng begleiten. (Bei­fall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, klar ist aber auch ganz sicher: Dieses Gesetz oder das gan­ze Paket kann nicht alle Probleme beheben, die der Mangel einer Schulreform in un­serer Gesellschaft, in unserem Leben hinterlässt. Und klar ist auch ganz sicher: Dieses Gesetz kann nicht alle Mängel beheben, die unser österreichisches Asylwesen verur­sacht. Aber: Es ist ein Paket – und ich wiederhole es –, das allen Jugendlichen zwi­schen 15 und 18 Jahren etwas bringen wird.

Ich möchte schon auch noch herausstreichen, dass es uns bei den Verhandlungen sehr wohl gelungen ist, noch ein paar wesentliche Verbesserungen zu erreichen. Es ist gelungen, dass ganz sicher alle Jugendlichen mit Behinderungen einbezogen sind. Es ist gelungen, dass die jugendliche Hilfsarbeit nur in einem sehr begrenzten Ausmaß vo­rübergehend als Erfüllung der Ausbildungspflicht akzeptiert wird, dass die hier quasi nicht durch die Hintertür wieder legalisiert wird, was wir ja eigentlich nicht haben wol­len. Es ist auch gelungen, dass wir eine qualitativ gute sozialpädagogische Betreuung durch einen weiteren Ausbau des Jugendcoachings haben werden. Denn, wie ich ge­sagt habe, das An-der-Hand-Nehmen muss einfach auch von guter Qualität sein. Schließ­lich ist es auch gelungen, qualitätssichernde Elemente in das System einzubauen.

Und ja, meine Damen und Herren, wir haben im Zuge der Gespräche und Verhandlun­gen auch deutliche Verbesserungen für junge Asylwerber und Asylwerberinnen erzielt, die quasi in einem Alter nach der Schulpflicht zu uns kommen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 128

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschkurse und Alphabetisierung für jugendliche Asylwer­ber von Beginn an

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden im Zusammenhang mit der be­sonderen Situation von jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwerbern im Alter zwi­schen 15 und 18 Jahren ersucht,

die Asylverfahren für jugendliche Asylwerberinnen und Asylwerber, deren Anträge aus­sichtsreich sind, weil sie aus Kriegsgebieten kommen, nach Möglichkeit weiter zu be­schleunigen;

die Zeit des Asylverfahrens zu nutzen, um jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwer­bern die effektive Teilnahme an Deutsch- und Alphabetisierungskursen bis zum Niveau A1 zu ermöglichen;

die für Deutsch- bzw. Alphabetisierungskurse von Bund und Ländern bis Ende 2017 im Budget bzw. im BFRG vorgesehenen Mittel in Höhe von rund 27 Mio. Euro so einzu­setzen, dass dadurch möglichst allen jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwerbern die Teilnahme an Deutsch- bzw. Alphabetisierungskursen einschließlich notwendiger Fahrtkosten für Trainer/innen bzw. Teilnehmer/innen ermöglicht wird.“

*****

Praktisch bedeutet das für junge Asylwerber und Asylwerberinnen eine stärkere und brei­tere Einbeziehung in das Jugendcoaching, also mehr Beratung und Betreuung. Prak­tisch bedeutet das Deutsch- und Alphabetisierungskurse für alle, auch inklusive der Übernahme der Fahrtkosten. (Abg. Kickl: Alphabetisierung in der Muttersprache oder in Deutsch? – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sowohl als auch!) Das ist nämlich in der Praxis oft ein Hindernis, um diese Kurse wirklich besuchen zu können. Und es gibt auch eine Erweiterung und eine Erleichterung des Zugangs zu Mangellehrberufen. Auch das, denke ich, ist ein wichtiger Punkt: dass hier individuell auf die Situation des jungen Asyl­werbers abgezielt wird und das AMS diese unterstützen wird, damit ein Mangellehrbe­ruf auch wirklich angenommen werden kann.

Trotzdem – ich verhehle es nicht – wäre es uns lieber gewesen, wenn die jungen Asyl­werber gänzlich in das Gesetz mit einbezogen wären. Es gab auch viele Institutionen, Organisationen, die sich ebenfalls dafür ausgesprochen haben.

Deshalb bringe ich dazu einen Abänderungsantrag ein, der kopiert wurde und hof­fentlich an Sie verteilt wurde, weil er so umfangreich ist. Ich möchte ihn in groben Zügen erläutern:

Es geht im Prinzip darum, dass die asylwerbenden Jugendlichen umfassend in das Ge­setz einbezogen werden. Der Rest des Antrags bezieht sich auf Änderungen, die sich auf den verschiedensten Ebenen daraus ergeben, das heißt, erläutert eigentlich nur die strukturellen, institutionellen und finanziellen Konsequenzen der Einbeziehung von asyl­werbenden Jugendlichen.

Meine Damen und Herren, alles in allem ist dieses dreiteilige Paket ein gutes Paket, und ich möchte mich für diesen Kompromiss bedanken. Ich möchte mich bei den Re­gierungsparteien bedanken, natürlich auch beim Herrn Minister, ganz explizit auch bei Frau Dr. Kotzegger und Herrn Dr. Hartig und den MitarbeiterInnen vom Grünen Klub, die daran gearbeitet haben. Ich denke, es waren intensive, es waren auch harte Verhand­lungen. (Abg. Kickl: Beinhart verhandelt!) Letztlich ist es gelungen, allen Menschen, die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 129

hier bei uns sind, ein Stückchen unter die Arme zu greifen. Es geht darum, diesen Men­schen eine Chance zu geben, eine Chance auf ein Leben, das für sie auch halbwegs be­wältigbar ist. Wir Grüne haben uns dafür entschieden, dieser Chance eine Chance zu ge­ben, und deshalb werden wir diesem Paket zustimmen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Wöginger.)

14.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sowohl der Entschließungsantrag als auch der Abän­derungsantrag sind ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschkurse und Alphabetisierung für jugendliche Asylwer­ber von Beginn an

Eingebracht in der NR-Sitzung am 6. Juli 2016 im Zuge der Debatte zum Tagesord­nungspunkt 2, Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1178 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsge­setz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche ge­regelt wird (Ausbildungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behin­derteneinstellungs-gesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wer­den (Jugendausbildungsgesetz) (1219 d.B.)

In der Bundesbetreuung werden schon seit jeher Deutschkurse abgehalten. Diese ver­mitteln der Bundesbetreuung entsprechend - weil die Personen bei uns ja nur ver­gleichsweise kurz untergebracht sind - die absoluten Basiskenntnisse. Der Bund nimmt für die Periode vom 1.7.2016 bis 31.12.2017 für Deutschkurse für Asylwerber insge­samt 16,25 Mio Euro in die Hand. Dieser Betrag stellt 60 % der Gesamtsumme dar, die für Deutsch investiert wird, da die restlichen 40 % von den Bundesländern aufgebracht werden. In Summe werden daher von Bund und Ländern in den nächsten 18 Monaten rd. 27 Mio EUR in Deutschkurse für Asylwerberinnen und Asylwerber investiert. Diese Investitionen stellen sicher, dass Asylwerberinnen und Asylwerber die Möglichkeit be­kommen sollen, an Alphabetisierungskursen sowie an Kursen bis zum Niveau A1 teil­zunehmen. Für den Fall einer schutzgewährenden Entscheidung der Asylbehörden sind damit die Voraussetzungen geschaffen, dass die dann Asylberechtigten oder Subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen der Ausbildungspflicht auch wirklich sinnvoll an Kursen teilnehmen zu können.

Die Abhaltung dieser Deutschkurse wird seitens der Bundesländer über Projektträger förderfinanziert vergeben und so sichergestellt, dass auf die tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort in der Landesgrundversorgung bestmöglich eingegangen werden kann.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden im Zusammenhang mit der be­sonderen Situation von jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwerbern im Alter zwi­schen 15 und 18 Jahren ersucht,

die Asylverfahren für jugendliche Asylwerberinnen und Asylwerber, deren Anträge aus­sichtsreich sind, weil sie aus Kriegsgebieten kommen, nach Möglichkeit weiter zu be­schleunigen;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 130

die Zeit des Asylverfahrens zu nutzen, um jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwer­bern die effektive Teilnahme an Deutsch- und Alphabetisierungskursen bis zum Niveau A1 zu ermöglichen;

die für Deutsch- bzw. Alphabetisierungskurse von Bund und Ländern bis Ende 2017 im Budget bzw. im BFRG vorgesehenen Mittel in Höhe von rund 27 Mio. Euro so einzu­setzen, dass dadurch möglichst allen jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwerbern die Teilnahme an Deutsch- bzw. Alphabetisierungskursen einschließlich notwendiger Fahrtkosten für Trainer/innen bzw. Teilnehmer/innen ermöglicht wird.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Sozial-Aus­schusses über die Regierungsvorlage (1178 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbil­dung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz geändert werden (Jugendausbildungsgesetz)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1178 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Ju­gendliche geregelt wird (Ausbildungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicege­setz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsge­setz geändert werden (Jugendausbildungsgesetz) in der Fassung des Ausschussbe­richts (1219 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Art. 2 § 3 wird folgender Satz angefügt:

„Dies umfasst auch asylwerbende Jugendliche.“

2. In Art. 2 wird in § 10 Abs. 2 Z.6 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z. 7 und 8 angefügt:

„7. Bundesministerium für Inneres,

8. Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres.“

3. In Art. 2 wird in § 10 Abs. 3 Z.12 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und fol­gende Z. 13 angefügt:

„13. Netzwerk Agenda Asyl.“

4. Art. 2 § 12 Abs. 3 lautet:

„(3) Die Koordinierungsstellen haben insbesondere mit den Erziehungsberechtigten, Trä­gern der Kinder- und Jugendhilfe, Jugendeinrichtungen, Schulen, Erwachsenenbildungs­einrichtungen, Lehrlingsstellen, Lehr- und Ausbildungsbetrieben, sowie das Bundesmi­nisterium für Inneres (Abteilung Grundversorgung) und sonstigen Trägern von Ausbil­dungsmaßnahmen sowie dem AMS und dem SMS zusammenzuarbeiten.“

5. Art. 2 § 13 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Um zu gewährleisten, dass Jugendliche, die eine schulische oder berufliche Ausbil­dung (vorzeitig) beendet haben oder aus der Betreuung des AMS oder des SMS aus-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 131

geschieden sind, erfasst werden können, haben Schulen, Lehrlingsstellen, AMS, Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger, sowie das Bundesministerium für Inneres (Abteilung Grundversorgung) SMS und die vom AMS oder SMS nicht be­auftragten Träger von Ausbildungsmaßnahmen folgende Daten aller Zu- und Abgänge in und aus der Ausbildung oder Betreuung von nicht mehr schulpflichtigen Jugendli­chen (ab oder nach Beendigung der Schulpflicht) an die Bundesanstalt Statistik Öster­reich zu übermitteln:"

6. Art. 2 § 15 Abs. 1 dritter Satz lautet:

„Die in Frage kommenden Datenarten, soweit dies im Falle von AsylwerberInnen den da­tenschutzrechtlichen Bestimmungen des BFA-VG entspricht, sind:“

7. In Art. 2 §16 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

"Die spezifische Ausbildungssituation von asylwerbenden Jugendlichen wird jährlich in einem Bericht an das Sozialministeriumsservice dargestellt."

8. In Art. 2 § 20 wird folgender Abs. 5 angefügt:

"(5) Betreffend die Meldeverpflichtungen der Abteilung Grundversorgung ist der Bundes­minister für Inneres mit der Vollziehung betraut."

9. In Art. 5 wird folgende Z. 2a eingefügt:

"2.a. In §1 Abs. 2 wird folgende Z. 18 angefügt:

"18. Die Mittel für die Ausbildungspflicht für asylwerbenden Jugendliche werden durch Kostenersatz des Bundesministeriums für Inneres als auch des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres für Leistungen der Integration von jugendlichen Asyl­werberInnen aufgebracht."

Begründung

In der Begutachtungsphase zum Jugendausbildungsgesetz zeigten die Stellungnahmen zahlreicher Interessensvertretungen, NGOs und Ausbildungsträger (u.a. Arbeiterkam­mer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Bundesjugendvertretung, Außenmi­nisterium, Wiener Landesregierung, Steiermärkische Landesregierung, Caritas, Wiener Volkshochschulen, etc.) massive Bedenken hinsichtlich der Nicht-Einbeziehung jugend­licher AsylwerberInnen: Dies sei ein Konterkarieren der eigentlichen Zielsetzung früh­zeitige Ausbildungs- und Bildungsabbrüche zu vermeiden und das Ausbildungsniveau Jugendlicher nach Ende der Schulpflicht zu erhöhen. Jugendliche, die gefährdet sind aus dem Bildungssystem herauszufallen oder eine Lehre abzubrechen, werden durch das neue Jugendausbildungsgesetz mittels Koordinierungsstellen unterstützt ihren (Aus)Bil­dungsweg mittels einem Betreuungs- und Perspektivenplans fortzusetzen.

Die Miteinbeziehung von asylwerbenden Jugendlichen in die Ausbildungspflicht um­fasst nun durch den vorliegenden Abänderungsantrag folgende Punkte:

Den Geltungsbereich, der für alle in Österreich lebenden Jugendlichen bis 18 Jahren gilt (analog zur Schulpflichtbestimmung)

Miteinbeziehung des Bundesministeriums für Inneres und des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres in der Steuerungsgruppe

Miteinbeziehung von einschlägigen Asyl-NGOs (z.B. Netzwerk Agenda Asyl) in den Bei­rat des Sozialministeriums

Informationsweiterleitung durch das Bundesministerium für Inneres (Abteilung Grund­versorgung) an Sozialministeriumsservice bzw. die jeweiligen Koordinationsstellen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 132

Beirat, der die Ausbildungssituation diese speziellen Ausbildungsgruppe berücksichtigt

Wissenschaftliche Begleitung und Teil-Evaluierung dieser speziellen Ausbildungsgruppe

Sicherstellung der notwendigen finanziellen Mittel im Rahmen eines Kostenersatzes des Bundesministeriums für Inneres als auch des Bundesministeriums für Europa, Integra­tion und Äußeres für Leistungen des AMS für Leistungen der Ausbildungsintegration

Nur so kann sichergestellt werden, dass asylwerbende Jugendliche nicht nur von der Ausbildungspflicht erfasst, sondern auch bedarfsgerecht betreut und durch das ressort­übergreifende Zusammenwirken ihre (Aus-)Bildungssituation langfristig verbessert wird.

Nun werden zentrale Argumente auch aus den Stellungnahmen aus bildungs-, jugend-, sozial-, arbeitsmarkt- und asylpolitischer Zukunftsperspektive für die Miteinbeziehung jun­ger Asylwerbender erläutert:

Zukunftsperspektive aus bildungspolitischer Sicht

Studien (Steiner, 2015) zeigen, dass die Gruppe der AsylwerberInnen und später dann Asylberechtigten ein hohes Risiko hat weder einer Ausbildung noch einer Arbeit nach­zugehen (jugendliche als auch später erwachsene NEETs). Die Bleibewahrscheinlich­keit durch ein positives Asylverfahren ist durch die Kriegszustände in Syrien und die politische instabile Lage in Afghanistan zudem groß und gehört mitberücksichtigt.

Nach Beendigung der Schulpflicht bestehen für die Gruppe junger AsylwerberInnen we­nige Möglichkeiten strukturell an das anschließende Ausbildungssystem anzudocken. Die Ausnahme stellen vereinzelt angebotene Übergangsklassen in den weiterführen­den Schulen und die Lehre in einem Mangelberuf zu beginnen dar. Zudem sind die Vo­raussetzungen durch die Zugänglichkeit zu Deutschkursen und Basisbildungsangebo­ten für diese Jugendlichengruppe oftmals nicht gegeben, weil diese meistens nur für asylberechtigte Flüchtlinge vorgesehen sind. Die Kapazitäten sind bei weitem nicht aus­reichend um den Bedarf zu decken.

Ohne den Zugang zum (Aus-)Bildungssystem ist die Wartezeit eine verlorene Zeit, und fehlende bis unzureichende Sprachkenntnisse und Ausbildungsferne die Folgen da­raus. Die Stellungnahmen machen deutlich, dass diese (Aus)Bildungsversäumnisse ge­sellschaftspolitisch unverantwortlich und fahrlässig sind und auch die lange Verfahrens­dauer problematisch ist: "Zeitversäumnisse in der Ausbildung wirken sich extrem negativ auf eine spätere Integration aus." (Stellungnahme Wirtschaftskammer, S. 3)

"Im Bewusstsein der damit verbundenen ökonomischen wie auch rechtlichen Probleme sollte trotzdem zumindest jene Gruppe an jugendlichen Flüchtlingen, die in Österreich um Asyl ansuchen und hohe Aussicht auf ein dauerndes Bleiberecht haben (z.B. Kriegs­flüchtige aus Syrien), in die Zielgruppe des Gesetzes mitaufgenommen werden. Ange­sichts der Dauer an Asylverfahren in Österreich würde gerade diese Personengruppe durch das "Netz" fallen, wenn sie wie zu erwarten, das Bleiberecht bekämen, aber dann bereits über 18 Jahre sind. Diese Gruppe derartig außer Acht zu lassen, erscheint aus integrationspolitischer wie auch ökonomischer Sicht als fataler Fehler." (Stellungnahme der Wiener Landesregierung, S. 5)

"Ebenso sollten asylwerbende Jugendliche im Hinblick auf integrative und volkswirt­schaftliche Aspekte von der Ausbildungspflicht umfasst werden. Um eine bundesweit ein­heitliche Regelung und Verantwortung gewährleisten zu können, sollte das Bundesmi­nisterium für Europa, Integration und Äußeres einerseits einheitliche, jedoch anderseits auch den jeweiligen (Bildungs-) Voraussetzungen gerecht werdende Bildungsmaßnah­men verbindlich zur Verfügung stellen." (Stellungnahme Steiermärkische Landesregie­rung, S. 2)

Es zeigt sich, dass der Asylbereich bislang eher in der Debatte der Unterbringung und Grundversorgung, als auch aus sicherheitspolitischer Perspektive geführt worden ist.


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Die Debatte um die "Grundversorgung" mit Sprachkursen und Basisbildungsangeboten wurde auch nun durch die Miteinbeziehung junger Flüchtlinge in die Ausbildungspflicht sichtbar gemacht.

Zukunftsperspektive aus jugendpolitischer Sicht

Durch die Nicht-Einbeziehung werden gesetzlich zwei Gruppen von Jugendlichen ge­bildet: jene, für die die Ausbildungspflicht gilt und der Staat Verantwortung über ihre Aus­bildungsperspektive übernimmt und jene, die durch die Ausbildungspflicht nicht erfasst sind, und der Staat keine Verantwortung übernimmt. Diese Ungleichbehandlung führt zusätzlich zu einer institutionellen Benachteiligung und Unterversorgung dieser Gruppe von Jugendlichen. Dies entspricht auch nicht dem Sinn der im Art. 28 der Kinderrechts­konvention beschriebenen Gleichbehandlung und Zugänglichkeit von Bildungs- und Be­rufsberatung.

Die Stellungnahme der Bundesjugendvertretung macht sichtbar, dass die Zielsetzung der Gruppe der NEETs zu reduzieren durch die Nicht-Einbeziehung von Flüchtlingskin­der untergraben wird: "Eine Nicht-Einbeziehung junger Flüchtlinge in den Geltungsbe­reich würde ansonsten dessen zentrales Ziel – die Reduktion der NEETs – massiv kon­terkarieren, wenn diese in wenigen Jahren jenen nachfolgen, die man jetzt ins System zu integrieren beabsichtigt - und diese zahlenmäßig womöglich weit übertreffen." (Stel­lungnahme BJV, S. 4)

Zukunftsperspektive aus sozialpolitischer Sicht

Eine Zielsetzung der Sozialpolitik ist es Voraussetzungen zu schaffen, dass Menschen ein selbstbestimmtes und selbsterhaltendes Leben ermöglicht. Im Falle von unsicheren Lebensphasen wie Arbeitslosigkeit sichert die Sozialpolitik die Existenz mittels Arbeits­losengelds, Notstandshilfe bzw. auch bedarfsorientierter Mindestsicherung ab.

Um also asylwerbenden jungen Menschen zu ermöglichen eine Perspektive im öster­reichischen Ausbildungssystem zu ergreifen, braucht es eine institutionelle Einbindung um später die Selbsterhaltungsfähigkeit und Nicht-Abhängigkeit von sozialen Transfer­leistungen zu erzielen. Gerade junge Menschen ohne geregelte Tagesstruktur und Per­spektive können auf die schiefe Bahn geraten um dann umso schwerer erreicht werden. Die gesellschaftlichen Folgekosten sind dabei um ein vielfaches höher, als wenn frühzei­tig eine Integration ins Bildungs- und Ausbildungssystem erfolgt.

Die Stellungnahme der Arbeiterkammer stellt die Effekte gut dar: "Andere Effekte sind, dass junge Menschen notgedrungen in undokumentierte, höchst prekäre und kriminelle Beschäftigungs- und Abhängigkeitsverhältnisse gehen und damit weiterhin einer mas­siven Unterdrückung ausgesetzt sind. Internationalen Befunde zeigen, dass junge Frau­en in die Prostitution abgedrängt werden." (Stellungnahme Arbeiterkammer, S. 5)

Zukunftsperspektive aus arbeitsmarktpolitischer Sicht

Das Risiko ohne Sprachkenntnisse oder auch einer Ausbildung nicht im Erwerbsleben Fuß zu fassen und damit langfristig auf Sozialleistungen angewiesen zu sein ist für Bil­dungsabrecherInnen groß: das Risiko arbeitslos zu werden ist doppelt so groß, das Risiko nur eine Hilfsarbeit zu finden ist vierfach so groß und überhaupt in eine Inakti­vität zu rutschen ist siebenfach so groß im Vergleich zu Menschen, die einen Ausbil­dungsabschluss erworben haben (Steiner, 2015). Für Asylwerbende und später Asyl­berechtigte ist demnach eine dauerhafte Erwerbssituation durch die fehlenden Rah­menbedingungen (Anerkennungsverfahren, spezifische AMS-Beratung, etc.) und fehl­enden Voraussetzungen Sprach- und Bildungsangebote in Anspruch zu nehmen deut­lich erschwert. Die Stellungnahmen verdeutlichen dies: "Eine Ausbildung und die damit verbundene Aussicht auf einen Arbeitsplatz trägt maßgeblich zu einer gelingenden In­tegration bei." (Stellungnahme Caritas, S. 3)


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"Die Zeit des Wartens auf den Asylbescheid muss mit Sprachkursen, Vorbereitungskur­sen auf den Pflichtschulabschluss genutzt werden, um die spätere Arbeitsmarktintegra­tion zu erleichtern und überhaupt zu ermöglichen." (Stellungnahme Arbeiterkammer, S. 5)

Zukunftsperspektive aus asylpolitischer Sicht

In der Debatte wurde immer das Argument angeführt, durch eine Miteinbeziehung wür­den "falsche Signale" gesetzt, der Zugang zu Sprachkursen und Bildungsangeboten be­reits in der Phase des Asylverfahrens würde ein "Pull-Faktor" darstellen und es wür­den falsche Erwartungen bei den AsylwerberInnen als auch bei ihren UnterstützerInnen er­zeugt. Diese Argumentation vernachlässigt die Verantwortung der Gesellschaft sich mit der Situation von Flüchtlingen ganzheitlich (und nicht nur im Bereich der Unterkünfte) zu befassen und es macht gesetzliche NEETs, also junge Menschen, die aufgrund der ge­setzlichen Lage auf das Nichtstun zurückgeworfen sind. Und für dieses Nichtstun dann auch Kritik ausgesetzt sind.

Bei den derzeitigen Asylverfahren liegt die Anerkennungsrate bei 80%, das bedeutet dass diese Flüchtlinge eine Zukunftsperspektive in Österreich haben, aber durch die derzeitige Situation unversorgt gelassen werden. Bei cirka 20% wird mittels negativen Asylbescheids entschieden, diese Jugendliche werden ausgewiesen bzw. bleiben als subsidiär Schutzbedürftige in Österreich. In beiden Szenarien können Sprach- und Bil­dungskenntnisse in die nächste Lebensphase mitgenommen werden. Dies macht auch eine Stellungnahme deutlich: "Im Falle einer Rückkehr ins Heimatland stellt eine abge­schlossene Ausbildung für die jungen Menschen eine wertvolle Ressource dar, die auch zur Verbesserung der Arbeitschancen im Herkunftsland beitragen kann, was insgesamt der Entwicklung des Herkunftslandes einen Beitrag leisten kann. Die UMFs sind daher proaktiv in die Zielgruppe dieser Gesetzesmaterie einzubeziehen. In allen Varianten ist es eine Investition in die Zukunft." (Stellungnahme Caritas, S. 3)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.33.05

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplô­mé: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Schritt, den wir heute machen. Viele Jugendliche in Österreich, nämlich 5 000 pro Jahr, haben keine Chance oder schaffen es im normalen Leben nicht, zu einer Berufsausbildung zu kommen. Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig hat schon darauf hingewiesen: Sie sind daher dreimal leichter arbeitslos und sie sind am Ende ih­res Berufslebens viermal öfter als Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter tätig.

Meine Bitte an Sie ist: Denken Sie nach! Manche Jugendliche haben keine Eltern, die sie in ihrer Berufswahl unterstützen, haben keine Möglichkeiten in der Schule, haben sich dort schwergetan. Mit dem heutigen Ausbildungspflichtgesetz schaffen wir die Mög­lichkeiten, dass junge Menschen motiviert werden, einen Ausbildungsplan zu erarbeiten.

Wir sagen dem Jugendcoaching: Geht zu den Jugendlichen hin! Wir machen nachge­hende Sozialarbeit mit dem Ziel, jeder Jugendlichen/jedem Jugendlichen in Österreich zu sagen: Komm, jetzt hast du eine Chance, mach eine Ausbildung! Für deine Lebens­situation ist diese Ausbildungsmaßnahme geeignet!

Mein Ziel ist, dass jeder Jugendliche eine adäquate Chance bekommt, eine Berufsaus­bildung zu erreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können jetzt jammern. Wir können jam­mern, dass irgendetwas im Bildungssystem nicht funktioniert hat. Aber: Was nutzt das


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diesen Jugendlichen? Gar nichts! Ich unterstütze alle Maßnahmen, die dazu dienen, das Bildungssystem zu verbessern. Da gibt es viele Vorschläge. Bitte setzen wir sie um! Aber für diese Jugendlichen, die wir hier erreichen wollen, ist es wichtig, jetzt nachzu­gehen, ihnen Hilfe anzubieten und dann auch davon zu lernen, wie wir diese Jugendli­chen tatsächlich erreichen können.

Ich bedanke mich bei allen Abgeordneten, die das auch gesagt haben. Es geht darum, den Jugendlichen eine Chance zu geben. Es geht darum, jetzt sehr deutlich zu machen, dass diese Jugendlichen auch eine Ausbildung bekommen.

Und ich sage eines dazu: Wenn wir solchen Jugendlichen nachgehen, wenn wir sie fin­den, wenn wir ihnen ein Angebot machen, dann fallen sie nicht aus einer Arbeitslosen­statistik heraus, nein, das Gegenteil ist der Fall: Wenn sie keine Arbeit haben, fallen sie hinein, und das ist genau der Unterschied! Wir wollen allen Jugendlichen eine Chance geben.

Zudem bedanke ich mich ausdrücklich bei den Grünen, dass sie auch bereit sind, in ei­ner schwierigen Situation dem auch die Zustimmung zu erteilen. Danke dafür! Ich sage aber auch eines ganz klar und deutlich: Ich glaube, wir sind ein Land, das die Kraft ha­ben sollte, allen Menschen zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr, die sich gerechtfer­tigt in Österreich aufhalten, auch einen Zugang zur Ausbildung zu ermöglichen. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Wöginger.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


14.36.45

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Bundesminister, das sind ja schö­ne Worte, die Sie hier sagen, und das klingt auch gut: Alle Jugendlichen sollen die Mög­lichkeit haben, eine Ausbildung zu bekommen. – So weit, so gut.

Herr Bundesminister, Sie wissen genau, das gibt es heute schon. Es gibt nämlich ei­nen Rechtsanspruch für alle jungen Menschen, eine Lehrstelle zu bekommen, und wenn es keine betriebliche ist, dann eben in einer der überbetrieblichen Lehrwerkstätten. Auf­fällig ist dabei allerdings schon, dass die in den letzten Jahren ein bisschen wie die Schwammerln aus dem Boden geschossen sind. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Ausbildung in der Lehrwerkstätte mehr als dreimal so teuer ist wie eine betriebliche Lehre. Das heißt, wir haben hier in den letzten Jahren schon sehr viel Geld in die Hand genommen.

Jetzt komme ich zum eigentlichen Punkt, auf den ich hinaus möchte: Unter Ihrem Vor­gänger gab es für den Sozialausschuss einmal einen Besuch in einer solchen überbe­trieblichen Lehrwerkstätte in Wien, betrieben von Jugend am Werk. Damals haben wir nicht nur die Lehrwerkstätte angesehen, sondern wir haben natürlich auch Informationen bekommen.

Etwas war damals schon interessant – und Frau Königsberger-Ludwig, sofern ich mich richtig erinnere, waren Sie sogar dabei –: Der, der uns damals dort durchgeführt hat und uns das alles erklärt hat, hat erstens gesagt, dass es weit über 90 Prozent Jugendliche mit Migrationshintergrund sind, damals bereits, noch lange vor dieser großen Flücht­lingswelle, die wir jetzt haben. Das heißt, das ist ein Problem im Bereich der Zuwande­rung, das wir uns importiert haben, dass viele Menschen, die hier herkommen, den Sinn in einer Ausbildung auch gar nicht so sehen, weil es auch nicht so gewachsen ist.

Das Zweite, was er dort schon gesagt hat – und das war das viel Spannendere –, ist: Es gibt einen bestimmten Prozentsatz von Jugendlichen, die kommen hierher und sollen halt


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hier einen Beruf lernen, wobei das, was Ihr Vorgänger auch schon immer gesagt hat: Sie werden hergerichtet für die Arbeitswelt, sie müssen lernen, pünktlich zu sein!, auch in­teressant ist. Wenn jemand nach neun Schuljahren noch nicht gelernt hat, pünktlich zu sein, dann wird die Ausbildungspflicht auch nichts daran ändern, denn das ist nämlich ei­ne Einstellungssache. (Abg. Königsberger-Ludwig: Da ist aber nicht die Politik schuld, oder!)

Das ist einmal das eine Problem, aber ein gewisser Prozentsatz ist einfach weg. Die kommen nicht mehr, und man erreicht sie auch nicht mehr, und da wird auch die Strafe bei den Eltern nichts nützen, denn erklären Sie mir jetzt, Herr Bundesminister: Was sol­len Eltern machen, wenn der 18-Jährige einfach nicht mehr hingeht? Also das ist in Wirklichkeit eine Augenauswischerei.

Die Frau Kollegin Schatz hat vom Paket gesprochen: Wenn man sich das Paket an­schaut, dann weiß man, wohin die Reise geht. Es geht nämlich darum, dass die Asyl­werber – und ich spreche hier von Asylwerbern – jetzt alle alphabetisiert werden sollen, Deutschkurse bekommen sollen. Jetzt wissen wir, es gibt sogenannte aussichtsreiche Verfahren, wer jetzt auch immer beschließt, dass es aussichtsreich ist. Das ist auch nicht uninteressant, denn als wir damals gesagt haben, dass Wirtschaftsflüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden sollten, haben Sie von den Grünen gesagt: Na, wo­her wollen Sie denn das wissen? – Also frage ich mich: Woher wollen Sie wissen, ob ein Asylantrag aussichtsreich ist? Allein schon diese Formulierung ist etwas grenzwer­tig, und genau die sollen jetzt hier alphabetisiert werden.

Wenn Kollege Wöginger von den Kriegsgebieten spricht, dann meine ich, das können ja dann wohl nur die Syrer sein. Da hat es immer geheißen: Es kommen die Hochquali­fizierten. Also müssen wir jetzt die Hochqualifizierten alphabetisieren. (Abg. Moser: Was haben Sie denn gegen Alphabetisierung?)

Herr Bundesminister, die Antwort auf eine Frage sind Sie noch schuldig geblieben: Sol­len die jetzt in Deutsch alphabetisiert werden (Abg. Moser: Was ist so schlecht daran?) oder in ihrer Landessprache alphabetisiert werden, für den Fall, dass sie irgendwann wie­der zurückkehren? Vielleicht könnten Sie das auch noch ein bisschen genauer erklären, was da genau passieren soll. (Abg. Moser: Sind Sie für Analphabeten?)

Eines fehlt mir bei diesem ganzen Gesetz schon. Herr Minister, Sie haben gesagt – ich habe es mitgeschrieben –, wenn jemand eine Ausbildung macht, ist das eine Garantie dafür, dass er im Arbeitsprozess bleiben kann. – Auch das stimmt in Wahrheit nicht! Es gibt eine Unmenge von jungen Menschen, die eine solide Ausbildung gemacht haben, die sich geplagt und bemüht haben, die aber auf diesem Arbeitsmarkt überhaupt keine Chance haben. Da frage ich mich: Wann werden Sie denn für diese Menschen einmal ein Programm machen? (Beifall bei der FPÖ.) Wann kommt endlich einmal ein Pro­gramm für jene, die eine Ausbildung gemacht haben und in diesem Arbeitsprozess nicht untergebracht werden können?

Eine Frage stelle ich mir schon noch: Was geschieht, wenn diese Ausbildungspflicht jetzt nicht funktioniert? Was geschieht, wenn die Situation bleibt wie bisher und Sie diese 5 bis 10 Prozent der Jugendlichen verlieren, weil sie nicht kommen? Verlängern Sie dann die Ausbildungspflicht auf 21 oder auf 25 Jahre? Was ist sozusagen die Conclusio des Ganzen? Also im Grunde genommen versuchen Sie hier, irgendetwas zu beschönigen. (Abg. Moser: Was ist denn die Alternative?)

Der Hintergrund können nur die Asylwerber sein. Es wird wieder nicht klappen, weil das einfach in der Natur der Sache liegt. Daher ist dieses Gesetz aus unserer Sicht abzu­lehnen. (Beifall bei der FPÖ. Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

14.41



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 137

Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.41.39

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­tes Hohes Haus! Noch ein paar Worte zu diesem Ausbildungspflichtgesetz: Ich glaube, die Situation der Jugendlichen – nicht nur österreichweit, auch europaweit – ist eine Si­tuation, der wir Politiker entschieden entgegentreten müssen. Wir müssen schauen, dass diese Jugendlichen ihre Chance bekommen, mit Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Gerade europaweit sehen wir, dass manche Staaten eine sehr, sehr hohe Arbeitslosigkeit haben. Österreich ist ein Staat, der bei Jugendarbeitslosigkeit im Ran­king im positiven Sinn sehr, sehr gut dasteht. Das ist auch ein Zeichen der positiven Ein­stellung der Politik zu dieser Personengruppe.

Wenn wir heute mit diesem Gesetz einen wichtigen, manche sagen, einen kleinen Schritt machen, so bin ich der Überzeugung, dass dieser kleine Schritt, dass wir Ju­gendlichen – es sind 5 Prozent, die sehr, sehr schwer in den ersten Arbeitsprozess hi­neinkommen – die Möglichkeit geben, sich nach der schulischen Ausbildung zu qualifi­zieren, besser ist als kein Schritt.

Auch wenn es nur 5 Prozent sind, sind es doch 16 000 Jugendliche, die eine Ausbil­dung frühzeitig abbrechen, und 5 000 Jugendliche eines Jahrgangs, die über keine wei­terführende Ausbildung verfügen. Ich denke, das darf und das kann uns nicht egal sein. Wir müssen diesen Jugendlichen eine Chance geben. Eine Chance ist, dass sie auf­grund dieses Jugendausbildungssicherungsgesetzes zu einer Berufsqualifikation kommen.

Wenn man sich die Statistik ansieht und feststellt, dass diese Jugendlichen dreimal öf­ter arbeitslos werden als andere Jugendliche, viermal öfter für Hilfsarbeitertätigkeiten ver­wendet werden oder siebenmal öfter zu berufsfremden Tätigkeiten herangezogen wer­den, weil sie in ihrem erlernten Bereich keine Stelle finden, so zeigt das schon die Dra­matik dieser Situation. Mit diesem Ausbildungspflichtgesetz ermöglichen wir den Jugend­lichen, dass sie einerseits die Ausbildung bekommen, auf der anderen Seite immer wie­der zu Qualifikationen herangezogen werden.

Ich möchte da in diesem Zusammenhang Herrn Bundesminister Stöger und dem Minis­terium recht herzlich gratulieren, dass es diese Möglichkeit nun in verschiedenen Etap­pen geben wird. Das ist europaweit und weltweit einzigartig. Wir können mit Stolz sa­gen, eine Maßnahme gesetzt zu haben, die unserer Jugend – sie ist unsere Zukunft weiterhilft. Wenn wir 57 Millionen € vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz investieren, so ist das eine sehr gute Investition, eine Investition für die Zukunft; Finanzer würden sagen, es ist sehr gut angelegt. – Gratulation, Herr Bundes­minister! (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ga­mon. – Bitte schön.

 


14.44.31

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Frau Kollegin Winzig – jetzt ist sie nicht mehr im Saal – hat ge­sagt, unqualifizierte Mitarbeiter wechseln oft den Arbeitsplatz, sie wären unzufrieden, un­motiviert und dieses Gesetz würde das ändern.

Wie bitte? – Ich sehe in diesem Gesetz keinerlei Indiz dafür, dass es das explizit än­dern wird. Wie sollen jene, die nach der Schulpflicht im Alter von 15 Jahren ein gewis­ses Bildungsniveau noch nicht erreicht haben, das dann durch AMS-Kurse oder in ei­ner überbetrieblichen Ausbildungsstätte noch irgendwie erreichen können? Das ist völ­lig unrealistisch.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 138

Junge Menschen, die mit 15 Jahren schon unvermittelbar sind, die wahrscheinlich ihr Leben lang an den Staat gebunden sind, werden nun mit 18 Jahren in die Abhängigkeit vom Staat geführt. Es ist eigentlich völlig verantwortungslos, wie mit diesem Thema um­gegangen wird.

Die Ausbildungspflicht ist nichts anderes als ein Jugendarbeitslosigkeitsvertuschungs­instrument, denn es geht darum, die Probleme, die wir im Bildungssystem nicht beseiti­gen können, in den Arbeitsmarkt zu verlagern. (Beifall bei den NEOS. Abg. Moser: Was willst denn sonst machen?) Dabei hätte es so viele gute Ansatzpunkte gegeben, um die Chance zu nutzen, da wirklich etwas zu bewegen. Man hätte die Stakeholder aus dem Bildungsbereich in dieses Gesetz auch besser einbinden können. (Zwischen­ruf der Abg. Moser.) Der Rechnungshof hat es auch schon kritisiert: Man setzt sich in keiner Art und Weise mit den Mängeln auseinander, die zu den Problemen führen, die das Gesetz eigentlich lösen sollte. Das ist ja völlig absurd!

Es braucht eine viel umfassendere Einbindung des Bildungsministeriums, um eine Be­rufs- und Ausbildungsorientierung für Jugendliche auch schon vor Ende der Schulpflicht umzusetzen, damit die auch wissen, wohin ihre Reise gehen soll, was sie machen möch­ten, worin sie sich eigentlich ausbilden möchten. Das ermöglicht dieses Gesetz nicht.

Ich bin auch ein bisschen enttäuscht, wie günstig sich Rot und Schwarz diese Zweidrit­telmehrheit besorgen konnten. In diesem Entschließungsantrag stehen lauter Selbst­verständlichkeiten drinnen: Asylverfahren sollen beschleunigt werden – eh klar, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig –, Deutsch- und Alphabetisierungskurse sollen ermög­licht werden, und das Budget soll nicht erhöht werden – der Entschließungsantrag ist wirklich nicht besonders weitgehend –, es soll richtig eingesetzt werden. (Abg. Kickl: Bit­te nicht die Illusion der Frau Schatz zerstören!) Eh klar! Hoffentlich!

Was man aber eigentlich hätte machen können, wäre, die Gelegenheit zu nützen, zu ei­ner echten mittleren Reife zu kommen, Bildungsziele in dieses Gesetz hineinzuschrei­ben, damit wir wissen, was denn diese Jugendlichen mit 18 Jahren nach dieser Ausbil­dungspflicht können sollen, welchen Bildungsstandard, der sie zu qualifizierten Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmern macht, sie eigentlich haben sollen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betref­fend Einführung bildungspolitischer Begleitmaßnahmen und der Mittleren Reife

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, in Kooperation mit dem Bildungsministerium folgende Begleitmaßnahmen im Rahmen des Ausbildungspflichtge­setzes zu etablieren:

Verbesserte Information und Beratung durch eine verpflichtende Berufs- und Bildungs­wegorientierung bereits im Rahmen der Pflichtschule.

Jugendcoaching inklusive eines individuellen Case Managements für abbruchsgefähr­dete Jugendliche noch während der Pflichtschule.

Einführung einer ‚Mittleren Reife‘, um ein gemeinsames bildungspolitisches Ziel am En­de der Schulpflicht zu definieren.“

*****

Dann würden wir wirklich zu einem chancengerechten Bildungssystem in Österreich kom­men. (Beifall bei den NEOS.)

14.48



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 139

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon und Kollegen

betreffend Einführung bildungspolitischer Begleitmaßnahmen und der Mittleren Reife

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Ju­gendliche geregelt wird (Ausbildungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicege­setz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsge­setz geändert werden (Jugendausbildungsgesetz) (1219 d.B.) – TOP 2

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat es bisher verabsäumt, im Rahmen der Verhandlungen zum Ausbildungspflichtgesetz die direkt betroffenen Stakeholder in ausreichender Weise einzubinden. Das spiegelt sich auch im Gesetzestext und den Stellungnahmen zum Ministerialentwurf wider. Bei der Gesetzesmaterie handelt es sich zu guten Teilen um Fachbereiche, von denen auch andere Ministerien stark betroffen sind. Inhaltlich speziell tangiert wird hier jedenfalls das Bildungsministerium. Der Rech­nungshof weist daher auch kritisch darauf hin, dass im allgemeinen Teil der Erläuterun­gen zum vorliegenden Entwurf zwar angeführt wird, dass u.a. eine verbesserte Infor­mation und Beratung durch eine verpflichtende Berufs- und Bildungswegorientierung ins­besondere im Rahmen der Schulausbildung erreicht werden soll. Die Berufs- und Bil­dungswegorientierung wird dann jedoch weder bei den vorgeschlagenen gesetzlichen Re­gelungen noch bei den Zielen der WFA angesprochen. Laut Rechnungshof setzt sich der Entwurf damit insgesamt nicht mit jenen Mängeln im bisherigen schulischen Verlauf im Rahmen der Pflichtschulausbildung auseinander, die ursächlich für das Ausscheiden der betroffenen Bildungsabbrecher_innen aus einem regulären Ausbildungsverlauf verantwort­lich sind. Schon aus diesem Grund sollte daher eine umfangreichere Einbindung des BMB im Rahmen einer qualitätsvollen Berufs und Bildungswegorientierung gegen Ende der allgemeinen Schulpflicht (neunte Schulstufe) vorgesehen werden, um entsprechende Folgekosten zu vermeiden. Um der prinzipiell zu begrüßenden Grundintention dieses Ge­setzesentwurfes gerecht zu werden, braucht es also eine gemeinsame Strategie hin­sichtlich der Etablierung von präventiven und begleitenden und Maßnahmen im Pflicht­schulbereich. Diese haben in Kooperation zwischen den jeweiligen Ministerien, Behör­den und anderen betroffenen Stakeholdern zu koordiniert, und in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt zu werden.

Als logischer nächster Schritt ergibt sich zudem die Einführung einer sog. Mittleren Rei­fe, um damit ein gemeinsames bildungspolitisches Ziel am Ende der Schulpflicht zu de­finieren, und in weiterer Folge zu etablieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, in Kooperation mit dem Bildungsministerium folgende Begleitmaßnahmen im Rahmen des Ausbildungspflichtge­setzes zu etablieren:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 140

Verbesserte Information und Beratung durch eine verpflichtende Berufs- und Bildungs­wegorientierung bereits im Rahmen der Pflichtschule.

Jugendcoaching inklusive eines individuellen Case Managements für abbruchsgefähr­dete Jugendliche noch während der Pflichtschule.

Einführung einer „Mittleren Reife“, um ein gemeinsames bildungspolitisches Ziel am En­de der Schulpflicht zu definieren.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wö­ginger. – Bitte.

 


14.48.10

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Gamon! Es hat immer lernschwache Schülerinnen und Schüler gegeben, das muss man da auch einmal ganz offen anspre­chen (Abg. Kickl: Hilfsarbeiter auch!), nur gab es früher viel mehr Hilfsarbeitertätigkei­ten, wo diese Menschen einen Arbeitsplatz gefunden haben. Das finden wir heute in die­sem Ausmaß nicht mehr vor; aber wir haben immer unterschiedliche Begabungen bei den Jugendlichen gehabt.

Wichtig ist, dass wir diesen Jugendlichen unter die Arme greifen, dass wir ihnen zur Sei­te stehen, nämlich jenen, die lernschwächer sind und die eine Ausbildung abbrechen. Das machen wir mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, und das halte ich für eine sozial­politisch wichtige Maßnahme. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Wir liegen auch im internationalen Vergleich, was die Jugendarbeitslosenquote anbe­langt, gut: mit 11 Prozent gegenüber fast 19 Prozent – das ist der Durchschnitt in der Eu­ropäischen Union (Abg. Kickl: Ah, nicht in Großbritannien, in der EU …!) –; in einigen Län­dern wie Spanien und Griechenland liegt die Jugendarbeitslosigkeit beinahe bei 50 Pro­zent. Da muss man kein Prophet sein, dort wird es in der Zukunft gesellschaftspoliti­sche Probleme geben, wenn sozusagen beinahe die Hälfte der jungen Menschen in die­sem Land das Gefühl hat: Ich werde nicht gebraucht, ich habe keinen Ausbildungs­platz, ich habe keinen Arbeitsplatz, ich habe keinen Job! Das ist für die jungen Men­schen ein Problem: wenn sie das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie in dieser Ge­sellschaft nicht gebraucht werden.

Das stellen wir hier klar: Junge Menschen sollen entweder über eine schulische Ausbil­dung, über einen Lehrplatz oder über eine sonstige Ausbildung das Gefühl haben: Ja, ich werde gebraucht, ich bleibe in einem wichtigen System, ich werde sozusagen an den Arbeitsmarkt herangeführt!

Ich verstehe überhaupt nicht, was man daran kritisieren oder aussetzen kann. Das ist eine wichtige Maßnahme, damit wir jungen Menschen signalisieren: Ihr werdet in der Gesellschaft gebraucht, wir brauchen euch auch auf dem Arbeitsmarkt! (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Loacker.) Daher ist diese Ausbildungspflicht auf alle Fäl­le zu unterstützen.

Eine zweite Anmerkung zur Verfassungsmehrheit und zum Entschließungsantrag: Ja, wir haben in den letzten Tagen, glaube ich, gute Verhandlungen und gute Gespräche geführt. (Abg. Kickl: … musst aber selbst lachen!) Nein, warum, Herr Kollege Kickl? (Abg. Kickl: So billig kriegst es selten!) – Na ja, jetzt sagst du genau das Gegenteil von dem, was du vorhin hier am Rednerpult gesagt hast. Vorhin hast du gesagt, es ist ein Wahnsinn, was die ÖVP da tut. Jetzt sagst du, wir haben billig die Verfassungsmehr­heit bekommen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Es stimmt beides nicht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 141

Wir sind mit dem Entschließungsantrag so weit gegangen, wie wir es mit gutem Gewis­sen noch vertreten können, und zwar, dass jugendliche Asylwerber, die zu uns kom­men, einmal die Sprache erlernen. (Abg. Kickl: Welche?) Ohne Sprache wird es nicht möglich sein (Abg. Kickl: Die eigene oder Deutsch?), jugendliche Asylwerber zu inte­grieren. Wir sagen aber nur jenen zu, die aus bestimmten Gebieten kommen, wo auch die Chance besteht, wo sichergestellt ist, dass sie dableiben können. (Abg. Belako­witsch-Jenewein: Na, das steht aber anders da!) – Frau Kollegin, Sie sind normaler­weise so intelligent, dass Sie einen Antrag lesen können. Da steht: „weil sie aus Kriegs­gebieten kommen“; nach Möglichkeit sollen ihre Verfahren weiter beschleunigt werden. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Weiterlesen!) – Das steht da und nichts anderes! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nicht nur einen Satz!)

Wir bekennen uns dazu, dass Jugendliche, die aus Kriegsgebieten stammen, erstens die deutsche Sprache erlernen (Abg. Kickl: … in Muttersprache alphabetisieren?), sonst gibt es keine Möglichkeit, entweder eine schulische Ausbildung oder eine Lehre anzu­gehen. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das Zweite ist – wenn sie dableiben kön­nen –, dass das Verfahren beschleunigt wird. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sind Sie Hellseher?) Das ist menschlich, und das ist auch notwendig, denn wenn diese jungen Menschen arbeiten wollen, dann sollen wir ihnen diese Möglichkeit geben. Das stellen wir mit diesem Entschließungsantrag klar.

Was wir nicht wollen, ist ein genereller Zugang von jugendlichen Asylwerbern zu dieser Ausbildungspflicht; deshalb unterstützen wir ja den separaten Abänderungsantrag der Grünen nicht, denn das wäre ein falsches Signal an die jugendlichen Asylwerber, da wir das nicht erfüllen können und somit bei jugendlichen Asylwerbern eine falsche Erwar­tungshaltung wecken würden. Das ist alles.

Ich bedanke mich auch dafür, dass wir das zusammengebracht haben. Es ist ein wich­tiger Schritt für die Jugend in unserem Lande. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

14.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ste­ger. – Bitte.

 


14.52.27

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist wohl mittlerweile wirklich jedem bewusst, da hel­fen die ganzen Schönrede- und Beschwichtigungsversuche, die wir heute schon gehört haben, nichts: Ja, wir haben unzählige Probleme in unserem Bildungssystem, und nein, diese Gesetzesvorlage wird diese Probleme mit Sicherheit nicht lösen können.

Die Verpflichtung, dass Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren im Bildungssystem ver­harren müssen, unter sonstiger Strafzahlung für die Eltern übrigens, geht an allen Pro­blemen – wie zum Beispiel einer schlechten Ausbildung oder hoher Jugendarbeitslosig­keit – vollkommen vorbei. Wir haben in Österreich die Situation, dass jeder fünfte 15-Jäh­rige nach dem Pflichtschulabschluss nicht sinnerfassend lesen und schreiben oder grund­legende mathematische Aufgaben lösen kann. Da bringt es nichts, wenn man die Ju­gendlichen mit Zwang dazu verpflichtet, einfach noch zwei bis drei Jahre länger in die­sem System abzusitzen. Das ist der falsche Ansatz!

Was wir brauchen, ist eine Qualitätssteigerung. Wir brauchen ein Bildungssystem, das in der Lage ist, diese grundlegenden Fähigkeiten bis zum Pflichtschulabschluss auch tat­sächlich zu vermitteln. Doch seit Jahren wird unser Bildungssystem durch ideologische Experimente und die Umstellung zu einem sozialistischen bildungspolitischen Einheits­brei – auch Gesamtschule genannt – zerstört. Seit Jahren gibt es einen Abfall des Bil-


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dungsniveaus. Was wird jetzt gemacht? – Anstatt zuzugeben, dass Ihr bildungspoliti­scher Ansatz einfach nicht funktioniert, reden Sie das schön und verpflichten die Schü­ler, ein bis zwei Jahre länger im Bildungssystem zu verharren.

Meine Kollegin hat es vorhin schon angesprochen: Was wollen Sie eigentlich machen, wenn die jungen Leute mit 18 Jahren, wenn sie aus dem Bildungssystem herausfallen, noch immer nicht lesen und rechnen können oder wenn sie dann zum Beispiel noch im­mer nicht Deutsch können? (Zwischenruf der Abg. Moser.) Wollen Sie es dann verlän­gern? Wollen Sie es dann auf 20, 21 Jahre oder noch länger ausdehnen? Allein daran muss man schon erkennen, dass dieser Ansatz, einfach zu verlängern, nicht funktionie­ren kann. (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Übrigens ist alleine das Wort Pflicht schon ein völlig falscher Ansatz. Überall hat man in den letzten Jahren wirklich hart dafür gekämpft, dass man junge Menschen früher für mündig erklärt: Mit 16 Jahren dürfen sie wählen, mit 14 Jahren sind sie straffähig, au­ßer es liegen bestimmte Gründe vor, dass sie noch nicht reif genug sind, 14-Jährige kön­nen sich vertraglich zu Dienstleistungen verpflichten, das Wahlalter bei der Betriebs­ratswahl sollte endlich gesenkt werden, mit 16 Jahren kann man mit der Führerschein­ausbildung beginnen, und, und, und.

Überall reden Sie davon, wie reif junge Menschen sind, wie fähig, wie selbständig – und jetzt wollen Sie ihnen diese Selbständigkeit in Form einer Pflicht wieder wegnehmen und sie damit auch für noch nicht reif genug erklären, selbständig zu entscheiden, was sie mit ihrem Leben weiter machen wollen. (Abg. Königsberger-Ludwig: Geh bitte, das gibt’s ja wohl nicht!) Langsam, werte Kollegen von SPÖ, ÖVP und Grünen, sollten Sie sich ent­scheiden, ob Sie jetzt die Jugendlichen für reif oder nicht reif erklären. Für uns sind sie es auf jeden Fall. (Beifall bei der FPÖ.)

Außerdem kann man natürlich keine Pflicht vorschreiben, ohne gleichzeitig dafür zu sor­gen, dass auch genügend Lehrplätze vorhanden sind. Über Jahre haben SPÖ und ÖVP dafür gesorgt, dass die betriebliche Ausbildung kaputt gemacht wird. Sie haben ein Prä­miensystem, das ausgezeichnet funktioniert hat – zum Beispiel den Blum-Bonus –, ein­fach gestrichen (Zwischenruf des Abg. Loacker) und stattdessen den Aufbau der staat­lich gelenkten überbetrieblichen Lehrausbildungsstätten, der sogenannten ÜLAs, forciert und sind dabei selbst auch noch mit parteinahen Organisationen Betreiber dieser ÜLAs.

Da komme ich schon zum Kern dieser Gesetzesvorlage: Wer profitiert davon? – Genau diese staatlich gelenkten ÜLAs, die parteinahen Organisationen, die machen dort ein Geschäft mit einem Kursbetrieb, der zwar für sie sehr lukrativ ist, den jungen Men­schen auf dem Arbeitsmarkt aber nicht sehr viel bringt. Das ist übrigens auch ein Sys­tem, das wesentlich teurer und dabei auch noch wesentlich ineffizienter ist. Bekanntlich lernt man schwimmen am besten im Wasser, und dasselbe gilt natürlich auch für die Ausbildung; man lernt also am besten im Unternehmen selbst und nicht in irgendeiner Simulation.

Was anscheinend gerade noch verhindert wurde – Herr Kollege Wöginger, es war zwar kein ganzer Umfaller, aber zumindest ein halber –, ist, dass die Asylwerber mit aufge­nommen werden, ich wiederhole: Asylwerber, nicht nur Asylberechtigte, denn das wird auch immer in einen Topf geworfen. Österreich sollte, wenn es nach SPÖ und Grünen geht, nicht nur das Weltsozialamt sein, sondern auch zum Weltausbildungsamt werden.

Der einzige Vorteil, den dieses Gesetz zumindest auf dem Papier bringt – und da gebe ich den Kollegen von den NEOS recht –, ist natürlich eine super Jugendarbeitslosen­statistik in den nächsten Jahren, denn die werden dort nicht mehr aufscheinen, da sie alle in irgendwelchen Kursen sitzen. Ich gratuliere! Das ist nichts anderes als eine Schön­färberei der Arbeitslosenstatistik.


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Zusammengefasst ist dieser Gesetzesvorschlag eine Beschäftigungstherapie, Schön­färberei der Arbeitslosenstatistik und ein Geschäftsmodell für regierungsnahe Institu­tionen und wird daher von uns mit Sicherheit keine Zustimmung bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Walser, Sie sind als nächster Redner zu Wort gemeldet. Wollen Sie noch beginnen? Wir haben noch 3 Minuten. – Bitte.

 


14.57.23

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, im Kern haben wir jetzt zwei verschiedene Debatten gehabt. Das eine ist: Ja, es ist richtig, mit diesem Gesetz werden wir nicht alle Probleme lösen können. Ja, es ist rich­tig, dass wir bei Jugendlichen mit 15 Jahren, die in keine Ausbildung kommen, zu spät ansetzen. Da müssen wir früher ansetzen, das wissen wir seit Langem. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt nicht akut versuchen, im Sinne betroffener Jugendlicher für ein Rie­senproblem eine praktikable Lösung zu finden, damit ihnen wenigstens ein bisschen ge­holfen ist. Darum geht es, und deshalb haben wir zugestimmt. (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Punkt scheint mir schon auch interessant zu sein: Die Rechtsparteien sind mit den NEOS in seltener Einigkeit, auch sprachlich, das ist für mich erschreckend. (Zwi­schenruf der Abg. Gamon.) Kollege Loacker spricht von einem „lächerlichen Entschlie­ßungsantrag“, spricht davon, dass die Grünen „Erfüllungsgehilfen“ sind. – Das ist eine Art von Lächerlichmachung parlamentarischer Instrumente, eine Form der Lächerlich­machung von Kompromissen, die wir eingegangen sind – ja, das ist nicht nur grün, son­dern es ist ein Kompromiss (Abg. Kickl: Sie können ja eine andere Meinung haben!) –, die einer demokratischen Partei nicht würdig ist. Solche Kompromisse so zu diffamie­ren, das ist einer demokratischen Partei nicht würdig. (Abg. Kickl: Da unterscheiden wir uns, wir lassen andere Meinungen zu!) Wir kennen das von den Rechtsparteien – da sind zwei herinnen –, aber nicht von den NEOS; da muss ich sagen, Sie sollten sich ein biss­chen überlegen, wie Sie künftig argumentieren. (Beifall bei den Grünen. Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Dieses Gesetz ist aus meiner Sicht ein Kompromiss. Ich bin sehr dankbar dafür, dass unsere Sozialsprecherin Birgit Schatz bis zum Schluss gekämpft hat, Verbesserungen erreicht hat und einen wesentlichen Schritt mitgegangen ist, einen Schritt für betroffene Jugendliche. Ich sehe nicht ganz ein – das geht an die Adresse der ÖVP –, dass man jugendlichen Asylwerbern, die nicht in Ausbildung sind, die sich mit 15, 16, 17 Jahren irgendwo befinden, nichts tun können – ich sage Ihnen ehrlich, hätte ich mit 15, 16, 17 Jahren nichts zu tun gehabt, wäre mir auch nicht nur Gescheites eingefallen –, nicht die Möglichkeit gibt, wenigstens qualifiziertere Deutschkurse zu machen und so weiter.

Dass man hier blockiert, das verstehen wir nicht. Wir werden weiter dafür kämpfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich danke für die Punktlandung und unterbreche nun­mehr die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 2.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen De­batte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig-Pies­czek, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichter­stattung über den Antrag 1748/A(E) betreffend Anrufung des Verfassungsgerichtshofs


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zur Schaffung von Sicherheit bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung eine Frist bis zum 7. Juli 2016 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristset­zungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staats­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Frau Abgeordnete Schwentner. – Bitte.

 


15.01.21

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Warum dieser Fristsetzungsantrag? – Wir haben ja im letzten Sozialausschuss – nicht zufällig, sondern weil eben ganz Österreich gerade über die Mindestsicherung dis­kutiert – sehr, sehr viele Anträge zur Mindestsicherung gehabt, und alle diese Anträge – obwohl ich meine, dass sie eigentlich dringend diskutiert werden sollten – wurden ver­tagt.

Wir fordern daher für einen Antrag – ich erläutere ihn später dann noch genauer –, der uns besonders wichtig ist, diese Fristsetzung. Wir glauben nämlich, dass nicht nur ganz Österreich über die Mindestsicherung diskutieren soll – teilweise geschieht das mit Un­wahrheiten, mit Halbwahrheiten, die oft ganz bewusst gestreut werden (Zwischenruf bei der FPÖ) –, sondern dass auch hier an diesem Ort, an dem dann letztlich diese neue Ar­tikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern beschlossen werden soll, über die Mindestsicherung diskutiert werden muss. Das ist meine Meinung. (Beifall bei den Grü­nen.)

Was ist die Mindestsicherung? – Ich rufe es noch einmal in Erinnerung: Sie ist das letz­te soziale Netz vor dem totalen Absturz, das wir in Österreich zu bieten haben. Sie ist das Netz, das die Menschen auffangen soll in einer Situation, in der sie von Armut ge­fährdet sind, in der sie in extremer Notlage sind, aus der ihnen auch wieder herausge­holfen werden muss. Wir sind uns alle einig, dass wir nicht wollen, dass die Leute in die Mindestsicherung kommen und da bleiben, sondern dass sie von dort auch wieder he­rauskommen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass einige – und ich schaue da ganz bewusst auch in Richtung ÖVP – dieses soziale Netz sehr bewusst grobmaschiger machen, größere Löcher hineinmachen und damit ganz bewusst den sozialen Frieden in Österreich ge­fährden. Und ich möchte dem nicht zusehen. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt seit Monaten die Verhandlungen mit den Ländern, mit den SoziallandesrätIn­nen und dem Herrn Minister. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Eigentlich ist das Ganze recht gut auf Spur, es gibt weitgehend Einigung. Nur ein Land – und ich schaue da auch wieder in Richtung ÖVP –, nämlich Niederösterreich, boykottiert diese Einigung seit Mo­naten, und ich habe den Eindruck, es ist so ein bisschen wie bei einem Standortwettbe­werb. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Normalerweise ist es beim Standortwettbewerb so, dass wir schauen, dass wir die bes­ten Köpfe finden, dass wir die besten Orte finden, dass wir gut auswählen, dass wir Kom­petenzen aufbauen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Aber was machen wir in diesem Fall? – Sie starten einen Wettbewerb der Grauslichkeiten (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler), bei dem zunehmend auf dem Rücken der Menschen Schlitten gefahren


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wird und bei dem man sich quasi darum matcht, wer wem schneller das letzte Hemd aus­zieht. (Abg. Rädler: Reden Sie einmal mit den Bürgerinnen und Bürgern!) Ich sehe da sehr viel Verantwortung bei der ÖVP, also hören Sie mir bitte lieber zu, als dazwi­schenzurufen – danke schön. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Was soll die Mindestsicherung sein? – Die Mindestsicherung ist, wie ich schon gesagt habe, ein Instrument, das dann helfen soll, wenn sonst nichts mehr hilft, ein Instrument, das dann helfen soll, wenn Menschen nicht wissen, wie sie den Alltag bestreiten, wie sie eigentlich überleben sollen, wie sie heizen sollen, wie sie ihren Kindern einen Ski­kurs ermöglichen können, wie sie überhaupt am sozialen Leben teilnehmen können.

Es ist etwas ganz, ganz Außergewöhnliches in Österreich, dass wir diese Mindestsi­cherung haben. Das ist im europäischen Vergleich eine gute Sache, bitte zerstören Sie sie nicht! Lassen Sie uns doch gemeinsam an dieser neuen Artikel-15a-Vereinbarung arbeiten, die gewährleistet, dass wir von Westen bis Osten, von Bregenz bis Neusiedl überall ein einheitliches System in der Mindestsicherung haben. (Beifall bei den Grü­nen sowie der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Ich komme daher zu unserem Antrag – der Antrag will nämlich nichts mehr, als dass wir das vereinheitlichen. Was war in der Vergangenheit? Mein Kollege Karl Öllinger kann da noch mehr darüber erzählen, weil er es miterlebt hat. 2010 ist die Mindestsicherung entstanden, seitdem haben schon einige Länder das Ganze torpediert. Da geht es nicht um Ausländer und Inländer und subsidiär Schutzbedürftige, sondern da geht es um Ös­terreicherinnen und Österreicher, die in vielen Ländern schon jetzt benachteiligt wer­den, und das, wie wir meinen, verfassungswidrig. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Nehmen wir beispielsweise die Steiermark: In der Steiermark zahlen Angehörige den Re­gress für die Mindestsicherungsempfänger, Angehörige müssen das zurückzahlen. In Kärnten sind Lehrlinge von der Mindestsicherung ausgeschlossen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) In Niederösterreich – ich bin wieder bei Niederösterreich – wird bei Men­schen mit schwerster Behinderung, die eine erhöhte Familienbeihilfe beziehen, die Fa­milienbeihilfe abgezogen.

Das sind alles Zustände, die eigentlich nicht tragbar sind und die jetzt, und das hat eine ganz neue Qualität … (Abg. Rädler: Nicht tragbar?) – Nicht tragbar, ja, untragbar sind sie! Das hat jetzt eine ganz neue Qualität, weil in vielen Ländern noch zusätzliche Hür­den aufgebaut werden, die überhaupt verfassungswidrig sind.

Mit unserem Fristsetzungsantrag möchten wir, dass Sie, lieber Herr Minister und werte Regierung, vor den Verfassungsgerichtshof treten und prüfen lassen, was da seit Jah­ren in den Ländern passiert und was derzeit auch auf dem Rücken der Ärmsten der Armen in Österreich passiert. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Herr Rädler, hören Sie mir noch kurz zu, denn ich möchte jetzt mit zwei Mythen aufräumen, die die ÖVP per­manent verbreitet.

Das eine ist das Einsparungspotenzial beim Deckel für Mehrkindfamilien. Wir hören im­mer von einer Deckelung bei 1 500 € und dann ist Schluss bei Mehrkindfamilien, und Sie reden davon, dass man da so viel einsparen kann. Wir haben uns das jetzt ange­schaut. (Zwischenruf des Abg. Hammer.) Es ist in den letzten Tagen eine Studie des WIFO erschienen, die nachweist, dass 2 Prozent der Bedarfshaushalte davon betroffen sind – 2 Prozent! Wissen Sie, was das in Zahlen heißt? Ich rechne es Ihnen jetzt vor, werte KollegInnen von der ÖVP, damit Sie wissen, dass das kein Einsparungspoten­zial bedeutet. Ich frage mich daher, was Sie sonst mit dieser Botschaft wollen. (Zwi­schenruf des Abg. Amon.)

Da geht es nämlich um 15 Millionen € – 15 Millionen €, die aber die Gefahr bringen, dass Familien schon ab zwei Kindern in die Armutsfalle geraten, und Sie beteiligen sich mun­ter daran! Familien mit zwei Kindern! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: … Wahl­helfer für die Blauen! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Walser.)


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Eine Familie mit zwei Kindern verliert nach Ihrer Regelung 150 €. Wissen Sie, was das bedeutet, 150 € für eine Familie mit zwei Kindern, eine Familie mit drei Kindern, mit vier Kindern? Wissen Sie, was das heißt? – Nein! Weil wir alle hier genug verdienen, weil es uns gut geht, weil wir nicht nachempfinden können, wie es Menschen geht, die je­den Cent umdrehen müssen, die ganz schwer am sozialen Leben überhaupt teilneh­men können. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Der zweite Mythos, mit dem ich aufräumen möchte, ist diese Differenz. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie sagen immer, die Mindestsicherung sei zu hoch, denn da zahle sich das Arbeitengehen nicht aus. Ich möchte das aber umdrehen: Die Mindestsicherung ist nicht zu hoch! Es gibt Menschen – sehr viele Frauen, die im Service arbeiten, in Cafés, im Handel, Friseurinnen (Abg. Rädler: Die gar nicht arbeiten!) –, die arbeiten für unter 8 € Stundenlohn. Unter 8 €! (Zwischenruf des Abg. Amon.) Diese 8 € verdienen Sie in ich weiß nicht wie viel Minuten, und diese Menschen verdienen unter 8 € in der Stun­de. Es geht also nicht um eine Verringerung der Mindestsicherung, sondern es geht um das Anheben der Löhne in sehr, sehr vielen Branchen. Dann sind die Menschen nicht auf diese Mindestsicherung angewiesen. Also hören wir bitte auf mit der Neidde­batte und lassen Sie uns öfter hier über das diskutieren, wie das soziale Netz in Öster­reich funktionieren kann und soll, und da würde ich mich gern beteiligen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gisela Wurm. – Abg. Rädler: Vorbereiterin des Rechts­rucks!)

15.09


Präsidentin Doris Bures: Meine Damen und Herren, die Redezeit aller folgenden Red­nerinnen und Redner beträgt 5 Minuten.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


15.09.52

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kolle­ge Rädler, vielleicht wissen Sie nicht, wie die Mindestsicherung in Österreich ausgestal­tet ist. (Abg. Rädler: Ich weiß es!) – Hören Sie vielleicht einmal kurz zu, Herr Bürger­meister!

Ein Mensch erhält in Österreich im Moment 837,76 € im Monat an Mindestsicherung – zwölfmal im Jahr, nicht vierzehnmal. (Ruf bei der FPÖ: Das ist falsch!) Die durchschnitt­liche Bezugsdauer eines Mindestsicherungsbeziehers oder ‑bezieherin beträgt im Mo­ment acht Monate, der durchschnittliche Auszahlungsbetrag beträgt 300 € im Monat.

75 Prozent aller Menschen, die die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, sind sogenannte Aufstocker, das heißt, sie erhalten Mindestsicherung, obwohl sie entweder arbeiten oder vielleicht auch eine Leistung des Arbeitsmarktservice erhalten.

Menschen, die eine Mindestsicherung in Österreich erhalten, müssen ihr Vermögen ver­werten bis ungefähr 4 200 €, und der Anteil der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gemessen an unseren Sozialausgaben beträgt 0,7 Prozent, Herr Kollege Rädler. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.) Menschen, die die Bedarfsorientierte Mindestsicherung be­ziehen, müssen, sofern sie arbeitsfähig sind, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, sonst kann die Bedarfsorientierte Mindestsicherung den Menschen auch gestrichen wer­den. Das sind die Fakten zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung, Herr Kollege Rädler. (Abg. Rädler: Ich kenne sie!)

Ich bin in Amstetten Vizebürgermeisterin und weiß auch, wie viele Menschen Bedarfs­orientierte Mindestsicherung beziehen. (Abg. Rädler: Schauen Sie sich die Wahlergeb­nisse an! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Frau Präsidentin, er kann sich auch zu Wort mel­den!)


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Sie wissen aber auch, wenn Sie sich die Entwicklung der Bedarfsorientierten Mindest­sicherung in den letzten Jahren ansehen und wenn Sie sich auch die Menschen anse­hen, die die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen: Die Menschen haben sich verändert, die BezieherInnen haben sich verändert. Heute beziehen Menschen die Be­darfsorientierte Mindestsicherung, die sich vor fünf, sechs, sieben Jahren vielleicht noch gar nicht gedacht hätten, jemals in diese Situation kommen zu müssen – ich sage jetzt ganz bewusst: müssen.

Wirtschaftskrise, Finanzkrise, aber auch – und das auch in Richtung ÖVP – nicht exis­tenzsichernde Arbeitseinkommen, nicht existenzsichernde Jobs führen dazu, dass im­mer mehr Menschen Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen müssen. Es sind auch immer mehr psychisch und physisch erkrankte Menschen unter den Bezieherin­nen und Beziehern der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Und da wollen Sie strei­chen! Denken Sie einmal darüber nach, Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP! (Bei­fall bei SPÖ und Grünen.)

Ja, es stimmt, es sind auch Asylberechtigte unter den Bezieherinnen und Beziehern der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, aber das sind Menschen, die nach Österreich kom­men mit nichts als einem Plastiksackerl, und ich denke, Österreich hat die Verpflichtung, diesen Menschen auch für eine gewisse Zeit zu helfen. Glauben Sie mir, viele Men­schen, die in Österreich asylberechtigt sind, würden gerne arbeiten, aber im Moment ist es am Arbeitsmarkt eben besonders schwer für Menschen, die bei uns Schutz ge­sucht haben! (Zwischenruf des Abg. Rädler. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Frau Prä­sidentin, der macht seinen 20. Zwischenruf! Kann man da bitte etwas tun als Vorsitzfüh­rende?)

Die Menschen, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen – da müssen Sie mir sicher recht geben, Herr Kollege Rädler, wenn Sie schon Bürgermeister sind –, sind meis­tens schuldlos in dieser schwierigen Situation. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Diese Situation ist finanziell sehr schwierig für viele Menschen, sie ist aber auch menschlich schwierig. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Loacker.) Diese Situation ist sozial schwierig, und Sie wissen das genauso gut wie alle anderen Kolleginnen und Kol­legen hier im Saal: Armut macht krank! Armut grenzt aus, Armut verhindert Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben. Und ich denke, die Politik hat die Verpflichtung, Herr Kollege Rädler, dagegenzuhalten und die Gesellschaft nicht zu spalten, sondern in der Gesellschaft einen Zusammenhalt, auch mittels Gesetzen, zu ermöglichen.

Der Herr Minister sagt es immer wieder: Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist das letzte soziale Auffangnetz in Österreich, sie ist das Auffangnetz, das Menschen vor Ob­dachlosigkeit schützen soll, vor Hunger schützen soll. Wenn wir jetzt beginnen, in den einzelnen Bundesländern einen Wettbewerb nach unten anzukurbeln, dann appelliere ich an Sie alle, die hier Verantwortung tragen, und auch in den Ländern: Hören wir auf damit! Überlegen wir, wie wir dieses letzte Absicherungsnetz in Österreich fit machen kön­nen, wie wir es auch gerecht machen können, wie wir auch den Abstand zu den Erwerbs­einkommen vermindern, da gebe ich den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP recht. Aber so, wie Kollegin Schwentner gesagt hat: Nicht die Mindestsicherung kürzen, die liegt nämlich 16 Prozent unter der Ausgleichszulage und 30 Prozent unter der SILC-Ar­mutsschwelle; das muss man auch einmal bedenken! Sorgen wir stattdessen gemein­sam dafür, dass es in Österreich für alle Menschen, die Vollzeit arbeiten, ein Mindestein­kommen von 1 700 € brutto gibt! (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Dann hätten wir auch den Abstand verringert, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und auch von der Freiheitlichen Partei, weil ich mir schon denke – und ich erlebe das in meinem Alltag –: Menschen möchten in der Gesellschaft etwas beitragen. Wir haben eine Gesellschaft, die sich noch immer sehr stark über den Wert der Arbeit definiert, und viele Menschen, die Bezieherinnen oder Bezieher der Bedarfsorientierten Mindest-


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sicherung sind, leiden sehr unter dieser Situation. Ja, es gibt immer wieder welche, die vielleicht nicht so diesen Willen zum Arbeiten haben, aber da gibt es die Sanktionsmaß­nahmen des AMS. Reden wir nicht immer so, als ob es das alles nicht gäbe! (Präsiden­tin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Der letzte Satz, es geht ja um einen Antrag der Grünen, den wir im Ausschuss vertagt haben: Wir, Frau Kollegin Schwentner – ich habe es im Ausschuss gesagt –, finden, dass zum jetzigen Zeitpunkt, während der Minister mit den Ländern verhandelt, ein Anrufen des Verfassungsgerichtshofes kontraproduktiv ist. Wir sind eher der Meinung: Versuchen wir, dem Minister den Rücken zu stärken, damit es vielleicht diese bundes­einheitliche Lösung gibt – was wahrscheinlich nicht durchsetzbar ist –, aber dass zumin­dest die Bedarfsorientierte Mindestsicherung als letztes soziales Sicherheitsnetz in Ös­terreich so erhalten bleibt, wie wir es kennen und auch brauchen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Korun.)

15.15


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor. – Bitte, Frau Klubvorsitzende Glawischnig-Piesczek.

 


15.15.40

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Dan­ke, Frau Präsidentin! – Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es hier im Parlament um den Austausch von Argumenten geht, Prorede, Kontrarede. Aber es ist mittlerweile wirklich sehr, sehr störend, wenn einzelne männliche Abgeordnete bei Reden von Frau­en bis zu 20 Zwischenrufe tätigen. Ich würde Sie bitten … (Abg. Rädler: Mit dem hat das nichts zu tun!)  Wirklich, das ist echt unerträglich, Sie können sich ja einfach einmal zu Wort melden! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Rädler: Ich fühle mich diskriminiert!)

Ich weiß, dass ich keinen Antrag stellen kann, dass der Abgeordnete Rädler einen Ord­nungsruf bekommen soll, aber es ist wirklich besonders auffällig, wenn weibliche Abge­ordnete hier Reden halten, dass es dann ununterbrochen Störungen und Zwischenrufe gibt. – Danke sehr. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

15.16


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt zur Geschäftsordnung keine weitere Wortmeldung vor.

Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte. (Abg. Glawisch­nig-Piesczek – in Richtung des Abg. Rädler –: Melden Sie sich zu Wort!)

 


15.16.28

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Wir leben sicherlich in einem sozialen Wohlfahrtsstaat, und wir von der ÖVP bekennen uns auch zu einem sozialen Netzwerk. Jeder Mensch kann einmal in eine Si­tuation kommen, dass er darauf angewiesen ist, Unterstützung von der öffentlichen Hand zu bekommen. Die Frage, die sich aber stellt, ist: In welcher Höhe und zu welchen Rah­menbedingungen bekommt man diese Unterstützung?

Wir haben die Mindestsicherung immer als Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt ge­sehen, und so verstehen wir sie auch heute noch. Es geht um die soziale Gerechtigkeit zwischen den Familien, nämlich jenen, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, und jenen, wo einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird, und es geht um einen höheren Un­terschied zwischen Erwerbseinkommen und Sozialleistung.

Eines ist auch klar, meine Damen und Herren, wir gelangen derzeit schon an unsere Kapazitätsgrenzen, was die Finanzierung anbelangt. (Abg. Schwentner: 15 Millionen!) Das hängt natürlich auch mit der Zuwanderung zusammen, aber nicht nur – aber wir


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haben eben eine stark steigende Zahl an Mindestsicherungsbezieherinnen und –bezie­hern. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Sehen Sie sich doch die Situation in den Bezir­ken an: Wir haben trotz erhöhter Budgets die Budgets bereits zum jetzigen Zeitpunkt verbraucht, davor können wir die Augen nicht verschließen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich glaube, die Verhandlungen laufen insgesamt gut, aber es gibt zwei Punkte, die wir als ÖVP noch einfordern: Das eine ist die Deckelung. Ich versuche Ihnen das mit ei­nem Beispiel aus meinem Wahlkreis zu erklären.

Vor Kurzem ruft mich ein Arbeitnehmer an, der selbst Arbeiter in einem Industriebetrieb ist, der 2 000 € brutto verdient und eine fünfköpfige Familie mit drei Kindern zu versor­gen hat. Im Nachbarhaus ist eine Familie mit vier Kindern eingezogen, die Mindestsi­cherung bezieht. Der Mindestsicherungsbezieher hat sich so gefreut und dem Nach­barn – dem mit den 2 000 € brutto – den Zettel gezeigt, dass er 2 100 € Mindestsiche­rung und 800 € Familienbeihilfe bekommt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das sind Nettobeträge, meine Damen und Herren, 2 900 €! Da muss man brutto über 4 000 € ver­dienen, damit netto dieser Betrag übrig bleibt! Davon reden wir, meine Damen und Her­ren! (Ruf bei der ÖVP – in Richtung SPÖ –: Zuhören! – Zwischenruf der Abg. Königs­berger-Ludwig.)

Wir wollen ein soziales Netzwerk, aber mit einer Deckelung von 1 500 €, und nicht in die­sen Höhen, weil wir das den Menschen, die arbeiten gehen, nicht erklären können – das ist der Punkt! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Haider.)

Ich kenne eigentlich keinen Kollektivvertrag, der auf die Anzahl der Kinder Rücksicht nimmt. Wenn ich 1 500 € netto zur Verfügung habe, dann bedeutet das brutto 2 100 €. Die Familienbeihilfe soll natürlich zusätzlich ausbezahlt werden. Dort, wo Kinder sind, gehört die Familienbeihilfe hin, das ist ja gar keine Frage, auch für die Familien, die Mindestsicherung beziehen! Aber ich bitte um alles in der Welt, eines zu beachten: Wenn wir Integration ermöglichen wollen und wenn wir wollen, dass das die heimische Be­völkerung anerkennt und mitträgt – vor allem die steuerzahlende Bevölkerung! –, dann müssen wir diese Deckelung einziehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite wesentliche Punkt ist, dass wir uns auch eine Systematik überlegen müs­sen, dass wir auch auf die Aufenthaltsdauer im Inland abstimmen. Und das soll für alle gelten, ich will nicht zwischen Ausländern und Inländern differenzieren. Wer in den letz­ten drei Jahren nicht in Österreich gelebt hat, hat einen Anspruch auf eine niedrigere So­zialleistung. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Das ist nicht unmenschlich, das ist nicht unsozial.

Wir haben uns ja beim Pensionsgipfel auch darauf verständigt, dass wir sagen, es soll jemand mehr bekommen, wenn er 30 Jahre lang eingezahlt hat. Von wo ist denn die For­derung hergekommen? Zu Recht laufen uns nämlich Mindestpensionisten, also Pen­sionisten mit Ausgleichszulage, nach und sagen, sie verstehen es nicht, dass sie das gleiche Geld bekommen wie derjenige, der in dieses Land kommt und hier noch nie et­was eingezahlt hat.

Wir müssen doch einen sozialen Ausgleich innerhalb der Bevölkerung schaffen. Die Be­völkerung hat Verständnis dafür, dass man da Sozialleistungen gibt (Zwischenruf des Abg. Hagen), aber – ich sage es noch einmal – entscheidend ist, in welcher Höhe wir die­se Sozialleistungen geben. (Abg. Hagen: … schon vor zwei Jahren gesagt!) Das Geld muss ja erst einmal erwirtschaftet werden! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Steuerzah­ler müssen das ja einzahlen, damit wir dieses soziale Netzwerk in diesem Ausmaß über­haupt finanzieren können. Und da bitte ich darum. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Wir werden auch von der Bevölkerung daran gemessen werden, ob wir vernünftige Re­gelungen zustande bringen, sodass wir auf der einen Seite für jene Menschen, die das benötigen, eine soziale Absicherung sicherstellen und auf der anderen Seite aber ganz


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klar sagen, dass wir zwischen Erwerbseinkommen und notwendiger Sozialleistung un­terscheiden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Warum soll denn sonst jemand in arbeiten ge­hen? (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Was wir auch nicht haben wollen, ist, dass jemand, der sich etwas geschaffen hat (Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen), zum Beispiel ein Einfamilienhaus (Zwischen­ruf des Abg. Hagen), das da noch eine Benachteiligung wäre, weil sich niemand etwas ins Grundbuch eintragen lässt …

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun zum Schlusssatz kom­men! (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

 


Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Der Schlusssatz, Frau Präsidentin: Wir sind in guten Gesprächen. (Ruf bei der ÖVP: Soziale Gerechtigkeit!) Es ist auch schon vieles im Rahmen der Gespräche zur Artikel-15a-Vereinbarung erledigt worden. Aber die­se zwei Punkte brauchen wir, denn dann wird die Bevölkerung diese Regelung auch mit­tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wurm zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Eine Stimme aus dem Volk war das!)

 


15.22.19

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wer­te Kollegen! Werte Zuseher hier auf den Rängen und zu Hause! Ich bin mir nicht si­cher, ob ich nun weinen oder lachen soll. Aber wenn man sich die Entwicklung der Dis­kussion um die Mindestsicherung in den letzten Jahren anschaut, dann sieht man, es hat sich schon einiges bewegt. Das ist ja Sinn und Zweck von Politik.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir Freiheitliche in den Ländern und im Bund seit 2011 nichts anderes tun, als Sie auf die Fehlentwicklungen, die schon vom Start weg klar waren, aufmerksam zu machen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir wurden dafür auf das Wüsteste beschimpft, und es wurde so dargestellt, als ob wir Sachen erfänden. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Ja!) Frau Schwentner – bitte bleiben Sie da! –, Sie haben gesagt, man sollte die Wahrheit sagen. Frau Schwentner, wir haben im­mer die Wahrheit gesagt! (Ruf bei den Grünen: Nein!) Nach und nach müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass die ÖVP – zumindest in den ersten Ansätzen, man wird sehen, was herauskommt – lernwillig ist.

Das sehe ich hier (in Richtung SPÖ) überhaupt nicht. Es gibt eben diese Bescheide der Mindestsicherung von 4 000 €, 5 000 € und 6 000 €, und das sind keine Erfindungen. Das macht in Summe natürlich wesentlich mehr aus, als Sie sagen, Frau Schwentner.

Eines würde mich dabei interessieren, Herr Minister Stöger – Sie sitzen ja nun da –: Ihr Vorgänger, Minister Hundstorfer, und Sie selbst behaupten in jedem Ausschuss, dass es eigentlich keine genauen Zahlen gibt, weil es eine Artikel-15a-Vereinbarung ist, und Sie es nicht wissen. Dann kommt Kollegin Königsberger-Ludwig heraus und berichtet ir­gendwelche Zahlen. Wir sollten uns einmal auf die Zahlen verständigen, die zumindest recherchierbar sind, und das sind doch einige.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: 2011 haben wir mit knapp 190 000 Mindest­sicherungsbeziehern gestartet. Mit den letzten Zahlen, die ich auch von Ihnen bekom­men habe, Herr Minister, sind wir jenseits von 300 000, mit Tendenz in Richtung 320 000 gehend. Ihr Vorgänger, Minister Hundstorfer, hat mir auf eine parlamentarische Anfrage geantwortet – ich muss es einfach vorlesen –:

„Aus der ersten Sitzung kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass noch einige Diskussionsrunden auf Expertenebene geführt werden müssen, bis ein endgültiger Vor-


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schlag für eine verbesserte BMS-Statistik (…) vorgelegt werden kann. In diesem Sinne wurde auch ein nächster Sitzungstermin für den 12. Mai 2015 vereinbart.“

Sie schieben das also vor sich her. Die Wirklichkeit ist, dass Sie der Bevölkerung diese Zahlen nicht auf den Tisch legen wollen, weil sie vernichtend sind. Die Steuergelder wer­den mit beiden Händen hinausgeschmissen, die Dimension, von der wir … (Abg. Schwent­ner: 0,7 Prozent von den Sozialausgaben, Herr Kollege!) – Frau Schwentner, Sie wis­sen ja, dass wir seit 2012 die Zahlen in einem Bundesland erfassen oder erheben, näm­lich von Tirol.

Ich habe die aktuellen Zahlen aus Tirol mit, und daraus kann man sehr wohl Rück­schlüsse ziehen. Ich erwähne es noch einmal: Laut aktuellem Stand – Ende 2015, weil es auch in Tirol noch keine aktuelleren Zahlen gibt – sind in Tirol 50 Prozent der Min­destsicherungsbezieher Österreicher, 10 Prozent EU-Bürger und 40 Prozent Drittstaats­angehörige – das ist der ganze Bereich Asyl. Und das sollten Sie einfach auch einmal der Bevölkerung sagen. (Abg. Schwentner: Lesen Sie mal das Verfassungsrecht!)

Natürlich ist die Zunahme auf die Zuwanderungswelle zurückzuführen. Wir sprechen da­bei – das weiß die ÖVP, sie weiß es wahrscheinlich besser – von einem Überstrapazie­ren der Gemeindebudgets, von einem Überstrapazieren der Länderbudgets und selbst­verständlich auch vom Überstrapazieren des Bundesbudgets. Das sind drei Töpfe. Ak­tuell würde ich schätzen – der Minister kann es mir irgendwann genau sagen –, dass wir in diesem Bereich bei einer Steuerleistung von 2,5 Milliarden € jährlich sind. Das erklären Sie bitte einmal den Steuerzahlern! Wie Sie das machen wollen, würde ich ger­ne wissen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

Ich möchte nur ein kleines Beispiel, was die Mindestsicherung betrifft, geben. Gestern bin ich von einer Bürgerin aus Tirol kontaktiert worden. Eine asylberechtigte Familie, die ihr Kind im Kindergarten hat und Mindestsicherung bezieht, hat ganz stolz erzählt – oder die Bürgerin hat halt mehr oder weniger das Gespräch mit der Kindergärtnerin belauscht –, dass sie jetzt Urlaub machen wird. Es handelt sich um eine syrische Familie, die in der Türkei Urlaub machen wird.

Die Bürgerin, die mich angerufen hat, ist eine, die Sie früher mal vertreten haben, liebe Sozialdemokratie! Sie ist eine ganz normale Angestellte, die heuer mit ihrer Familie kei­nen Urlaub machen kann, weil sie es sich schlichtweg nicht leisten kann. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Und sie muss erfahren, dass eine syrische Familie, die Mindestsicherung bezieht, mit der ganzen Familie in die Türkei auf Urlaub fährt. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei, diese Zustände, die wir haben, der Bevölkerung zu er­klären! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun zum Schlusssatz kom­men!

 


Abgeordneter Peter Wurm (fortsetzend): Schlusssatz meinerseits (Abg. Keck: Gschichtl­drucker!): Die Mindestsicherung ist ein finanzielles Grab ohne Ende (Ruf bei der SPÖ: Grauenhaft!), und wir Freiheitliche sind der Meinung, die Mindestsicherung für österrei­chische Staatsbürger, für EU-Bürger …

15.28


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft!

(Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Peter Wurm.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

 


15.28.17

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mein Vorredner geliefert hat, ist ein schönes Beispiel dafür, wie man keine Debatte füh-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 152

ren kann und führen soll: Mein Nachbar hat gehört, dass die Freundin von dessen On­kel, und so weiter. – So fängt es an und so endet es auch in der Regel. (Beifall bei Grü­nen, SPÖ und NEOS.)

Ich könnte Ihnen jetzt, Herr Kollege, erklären, dass das mit dem Urlaub der Familie, wenn sie asylberechtigt und mindestsicherungsberechtigt ist, so gar nicht funktionieren kann. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Selbstverständlich muss der oder die sich auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung halten. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Und an und für sich ist es, wenn man sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen muss, gar nicht so leicht mög­lich, dass man Urlaub macht, und das wissen Sie auch.

Wir hätten das gerne einmal seriös diskutiert, dass selbstverständlich auch für arbeitslo­se Menschen und Bezieher und Bezieherinnen von Mindestsicherung so etwas wie ein Ur­laub möglich sein sollte. (Neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ.) Aber darum geht es mo­­mentan gar nicht (Zwischenruf bei der ÖVP), sondern um Ihr Beispiel, das Sie in eine De­batte einwerfen. Selbst dann, wenn dieses Einzelbeispiel stimmen sollte (Zwischenruf des Abg. Rädler), was ich nicht glaube, erklärt es noch überhaupt nichts über das System, wie Mindestsicherung funktioniert (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm) und wie sie funk­tionieren sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sollte nämlich so funktionieren, dass alle dem Prinzip nach über den gleichen Kamm geschoren werden. Ich finde das auch absolut richtig. Das Problem hat schon bei der Einführung der Mindestsicherung begonnen, was Kollege Rädler vielleicht nicht mehr so weiß. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das weiß Kollege Rädler vielleicht nicht mehr – das ist ja auch schon ein paar Jahre her –, dass es bei der Einführung unterschiedliche Länderwünsche gegeben hat, die eigentlich von Anfang an weitgehend verhindert ha­ben, dass aus der alten Sozialhilfe ein neues System wird, das gemeinsam für alle Bun­desländer zu einer einheitlichen Leistung führt. Daraus ist leider nichts geworden. (Zwi­schenruf bei den Grünen.)

Das wissen wir, und das haben wir von Anfang an kritisiert. Wir hätten gern ein Bundes­sozialhilfegesetz gehabt, nicht so eine schwindlige Artikel-15a-Vereinbarung, die dann alle fünf Jahre sozusagen wieder neu aufgemacht werden kann. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das ist ein Riesenproblem.

Wir hätten gerne gehabt, dass die Bundesländer den Text ihrer eigenen Mindestsiche­rungsgesetze beziehungsweise der Vereinbarung mit dem Bund ernst nehmen und dann nicht eine niederösterreichische Landesregierung hergehen und sagen kann: Schwer­behinderten Menschen brauchen wir die erhöhte Familienbeihilfe nicht zu geben, die er­halten ohnehin die Mindestsicherung.

Natürlich ist das nicht in Ordnung, dass sich die Bundesländer die Brosamen herauspi­cken und dabei eigentlich ihre eigenen Leute schädigen, nämlich jene, die diese Leis­tung wirklich brauchen. Das sind arme Menschen, ganz egal, welche Hautfarbe sie ha­ben. Die Hauptsache ist aber, dass sie in diesem Land leben, und wenn sie nichts an­deres haben, dann sollten sie selbstverständlich einen Anspruch auf Mindestsicherung erhalten, und zwar nach den gleichen Grundsätzen, die für alle gelten. (Beifall bei Grü­nen und SPÖ.)

Ich möchte natürlich auch, dass ein Flüchtling – so wie jeder andere arme Mensch auch – in erster Linie eine Arbeit und nicht eine Mindestsicherung erhält. Wenn wir das nicht schaffen, dann ist es die Aufgabe der Politik und natürlich auch der Wirtschaft – diese kann sich nicht aus der Verantwortung ziehen –, dass wir das herstellen. Wenn Sie aber der Meinung sind, dass wir das nicht schaffen oder nicht wollen, dann müssen Sie es sa­gen. Aber wenn Sie es nicht sagen und trotzdem der Meinung sind (Abg. Peter Wurm: Wir wollen das nicht! Wir schaffen das nicht!), dass wir alle Anspruch auf eine bestimmte Leistung haben, wenn wir arm sind, dann steht jedem und jeder die Mindestsicherung zu – aus, Ende der Debatte. Das sollte eigentlich so sein. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Mindestsicherung und jede andere Sozialleistung sollte für jeden im Land gleich sein. Jeder, egal, ob Inländer und Inländerin oder Ausländer und Ausländerin, Flüchtling und so weiter, sollte gleichgestellt sein. Was wir in den letzten Wochen und Monaten an De­batten erlebt haben, ist aber genau das Umgekehrte: Probieren wir es doch, die Min­destsicherung für Flüchtlinge zu kürzen.

Dabei geht es ja auch um die Vorschläge, die Kollege Wöginger genannt hat. Reden wir doch ganz sauber, Herr Kollege Wöginger! Ich habe im Ausschuss auch einen Vor­schlag gebracht. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Legen wir die Sachen auf den Tisch: Was braucht eine Familie – sofern es sie gibt – mit vier, fünf oder sechs Kindern zum Leben, unabhängig davon, ob es sich um eine Flüchtlingsfamilie oder um eine so­genannte inländische Familie handelt? Was braucht sie? (Abg. Lugar: Das ist nicht un­abhängig!) Sprechen wir darüber und nicht über Limitierungen, die mit fehlendem Geld begründet werden! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Das ist ein anderer Ansatz, Herr Kollege Wöginger. Es geht nicht, dass man das mit 1 500 € begrenzt und nicht hinschaut, was das bedeutet – auch von den rechtlichen Grundlagen her, weil das selbstverständlich gegen das Verfassungsrecht verstößt. (Abg. Wö­ginger: Und wo hat der Arbeitnehmer die rechtlichen Grundlagen?) – Ich sage Herrn Kollegen Wöginger nur den einen Satz des Landeshauptmanns Pröll. Dieser ist näm­lich auch gefragt worden: …

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun zum Schlusssatz kom­men!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Was könnte man tun, um die Differenz zwi­schen Arbeits- und Sozialeinkommen zu verhindern? Darauf antwortet Pröll, dass die Er­höhung der Mindestlöhne nicht unbedingt notwendig ist. Genau das ist das Entlarvende, finde ich. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

15.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort. – Bitte.

 


15.34.48

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Abg. Rädler: Sozialist im Nadelstreif!) – Den Fernseh­zuschauern entgehen leider die kontinuierlichen Zwischenrufe des Abgeordneten Räd­ler, die sich seit Beginn dieser Fristsetzungsdebatte durchziehen und eigentlich der ÖVP im Ausmaß von 10 Minuten von der Redezeit abgezogen werden sollten. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Die Grünen haben recht, wenn sie eine bundeseinheitliche Mindestsicherung verlan­gen. Bei der Mindestsicherung wäre noch viel mehr zu tun, bedauerlicherweise sind aber alle Anträge von allen Seiten – die auch in unterschiedliche Richtung gegangen sind – immer vertagt worden.

Es wäre etwas in puncto Residenzpflicht zu tun, damit man den Mindestsicherungsbe­rechtigten, wenn sie Asylstatus haben, auch sagen kann, wo sie sich aufhalten sollen, wo wir Kapazität für Deutschkurse haben und wo es Jobs gibt. Es braucht – da komme ich zum Kollegen Wöginger – Erwerbsanreize. Aber die Erwerbsanreize erreicht man nicht mit einer Deckelung bei 1 500 €, weil man die Wirkung der Beihilfenfalle auch bei 1 500 € hat. (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!)

Es geht um die Frage: Wenn jemand die Mindestsicherung bezieht, welchen Anreiz hat er, arbeiten zu gehen? Jemand, der 1 500 € an Sozialleistung bezieht … (Abg. Wögin­ger: Du bist eine Familie, nur zur Information!) – Ja, aber wie verdient er 1 500 € net­to? Das muss jemand, der aus der Arbeitslosigkeit heraus einen Job findet, erst einmal verdienen, denn das ist ja jetzt nicht so wenig.


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Das heißt, das Problem bei der Mindestsicherung liegt nicht oben, sondern unten, weil es sich für ihn nicht rentiert, einmal einen Job anzunehmen, wo er vielleicht 800 € ver­dient, weil man ihm ab ungefähr 150 € – je nach Bundesland wieder unterschiedlich – al­les wegradiert. (Abg. Wöginger: Aber 800 € ist auch nicht gerade viel!) Es braucht ein Einschleifen und einen Erwerbsanreiz von unten, denn sonst nützt die ganze Deckelung nichts. (Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Und Sie werden auch zugeben, dass man einen unterschiedlichen Bedarf bei einer Fa­milie hat, je nachdem, ob sie zum Beispiel zwei Erwachsene und ein Kind oder zwei Er­wachsene und vier Kinder umfasst. (Abg. Wöginger: Da gibt es Familienbeihilfe, Kolle­ge Loacker!)

Da kommen wir zu einem anderen Problem: Der Faktor Familie wird doppelt vergütet, nämlich einmal seitens der Mindestsicherung, weil man pro Kind einen Zuschlag auf die Mindestsicherung bekommt, und das andere Mal von der steuerlichen Seite her, mit Fa­milienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und so weiter. Man darf sich zu Recht die Frage stel­len, warum man den Faktor Familie zweimal vergütet. Ich verstehe Ihre Ausführungen so, dass Sie sich diese Frage auch stellen.

Eine weitere Frage, der wir uns nähern sollten, bezieht sich auf die Sachleistungen. Wenn es den Verdacht gibt, dass Gelder teilweise in die Heimatländer der Berechtigten überwiesen werden, dann müssen wir uns fragen, ob wir nicht mehr in Richtung Sach­leistungen gehen, damit dann Barmittel eben nicht zu einem anderen Zweck verwendet werden als den für sie gedachten.

Ein weiterer Punkt: Der Rechnungshof kritisiert seit Jahren das Nebeneinander von zwei Basissystemen, nämlich auf der einen Seite die Mindestsicherung und auf der anderen Seite die Notstandshilfe. Es gibt viele Notstandshilfebezieher, die diese Leistung über Jahre beziehen, einige sogar über 20 Jahre. Und weil die Notstandshilfe niedriger als der Richtsatz für die Mindestsicherung ist, stocken sie auf.

Die Folge davon ist, dass sich zwei Behörden um dieselbe Person kümmern – das AMS zahlt die Notstandshilfe und die Bezirksverwaltungsbehörde die Mindestsicherung. Je­doch weiß die linke Hand in Österreich nicht, was die rechte tut. Es ist an sich schon ineffizient, dass man mehrere Behörden hat, die an derselben Person arbeiten. (Zwi­schenruf des Abg. Hagen.) Das heißt, man müsste die Notstandshilfe zeitlich begren­zen, damit alle diese Bezieher der Basisvorsorge nach – unseres Erachtens – zwei Jah­ren Arbeitslosengeld, Notstandshilfe in die Mindestsicherung übergeleitet werden, in ein gemeinsames System.

Was wir des Weiteren brauchen, ist eine Transparenzdatenbank, damit wir auch im So­zialwesen wissen, was die unterschiedlichen Stellen den einzelnen Beziehern überhaupt zuführen. Wenn man als Amt jemandem eine Beihilfe zuspricht, muss man ja auch wis­sen, was der sonst noch bekommt. Und da geschieht gar nichts. Da geschieht auch in den von Ihnen regierten Bundesländern nichts.

Wenn Sie den Abstand zwischen denen, die arbeiten, und denen, die nicht arbeiten, ver­ringern wollen, sollte man sich vielleicht auch einmal überlegen, ob nicht die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu hoch sind und sich deswegen das Arbeiten nicht ren­tiert. Da gäbe es viel zu tun. (Beifall bei den NEOS.)

15.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich zu Wort. – Bitte.

 


15.39.34

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal einen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 155

herzlichen Dank an die Grünen, die dieses Thema aktualisiert haben. Man sieht aus dem Verlauf der Debatte, wie wichtig dieses Thema ist.

Im Ausschuss war es halt so, wie es öfters von den Regierungsparteien gehandhabt wird: Egal, ob ein Thema wichtig ist oder nicht, es wird vertagt. Wenn man ein Thema nicht im Plenum haben will, dann wird es einfach auf die lange Bank geschoben. Aus diesem Grund herzlichen Dank an die Grünen, weil es wichtig ist, darüber zu diskutieren.

Mindestsicherung ist das letzte soziale Netz im Staat, wo, so wünsche ich mir, keiner von uns einmal landen soll. Es ist wirklich furchtbar, denn derjenige, der dort landet, hat nichts mehr. Dennoch müssen wir darüber diskutieren, so wie es meine Kollegen da­vor schon gemacht haben, und fragen: In welcher Höhe gestehen wir Mindestsicherung zu?

Da gibt es zwei Aspekte zu berücksichtigen: einerseits den sozialen Aspekt – ich glau­be, jeder von uns würde gerne so viel wie möglich verteilen –, aber andererseits auch den finanziellen Aspekt. Wir können es uns schlichtweg nicht leisten! Die Gemeinden, die Länder sind am oberen Deckel angelangt. Wenn ich mir allein Graz anschaue, das in diesem Bereich von 2013 bis 2014 eine Steigerung um plus 22 Prozent hatte, Ten­denz nach oben, dann, muss ich sagen, können wir uns dieses System nicht leisten. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Was wir auch haben wollen – da bin ich beim Kollegen Wöginger –: Wir müssen über die Höhe diskutieren! Auch wenn wir vom Gefühl sagen, alles, was möglich ist, es soll jeder in einem Wohlfahrtsstaat so gut wie möglich leben, aber es muss trotzdem die Höhe dem Arbeitsmarkt angepasst sein, das heißt, die Höhe muss dem entsprechen, was jemand auf dem Arbeitsmarkt verdienen kann, und darf auf keinen Fall mehr sein. Sonst fällt die Motivation weg, aus der Mindestsicherung irgendwann wieder in den Ar­beitsprozess zu kommen. Die Mindestsicherung ist ein Lenkungsinstrument.

Dort, wo sie höher ist, zieht es die Menschen hin. Ich weiß, dass anerkannte Asylwer­ber, wenn sie in der Steiermark den Bescheid erhalten haben, so rasch wie möglich nach Wien fahren, mit dem Argument, was ja legitim ist, dort erhalte ich mehr.

Wir haben auch von der Kollegin Königsberger-Ludwig gehört, dass im Durchschnitt sechs Monate Bezugsdauer bei der Mindestsicherung gegeben sind. Wenn man die einzel­nen Bundesländer anschaut, dann sind es vor allem Wien und das Burgenland, wo die Leute wesentlich länger in der Mindestsicherung bleiben. In Wien bleiben 74 Prozent länger als sechs Monate, im Burgenland 73 Prozent länger als sechs Monate in der Min­destsicherung, während in Kärnten und in der Steiermark nur 41 und 45 Prozent länger als sechs Monate in der Mindestsicherung bleiben. Das heißt, wenn man in Wien ist, dann hat man gut ausgesorgt, man hat eine hohe Mindestsicherung und man bleibt meis­tens auch viele Monate drin.

Aber noch einmal zu dem Punkt, warum dieses Thema so aufgekocht ist. Mein Kollege Christoph Hagen hat es ja schon vor zwei Jahren angesprochen, weil ihm im Umgang mit Menschen bewusst war, dass viele darüber diskutieren. Aufgekocht ist das auf­grund des Zeitungsartikels, in dem stand, dass eine Flüchtlingsfamilie 5 118 € bezogen hat, und viele gefragt haben, wie das möglich sein kann. (Abg. Weninger: Wie … im Frei­bad!)

Ich glaube, es ist richtig, es ist durchaus legitim und es ist auch sozial, sozial nämlich den Österreicherinnen und Österreichern gegenüber, über Höchstwerte zu sprechen, über Sachbezug, über Geldleistung, über eine Reduktion der Mindestsicherung für Asyl­werber, weil wir nicht jener Staat sein sollen, wohin noch mehr kommen und wo wir ein­fach aufgrund unserer sozialen Rahmenbedingungen sehr viele in unser Land locken und wir uns dieses Sozialsystem auf Dauer nicht leisten können.

Aus diesem Grund, meine geschätzten Damen und Herren: Die Mindestsicherung ist ein sehr, sehr wichtiges Thema. Sie sollte wirklich nur vorübergehend sein. Wir müssten auch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 156

im Sinne der Österreicher über die Höhe der Mindestsicherung nachdenken. (Beifall beim Team Stronach.)

15.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Gla­wischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 1748/A(E) eine Frist bis 7. Juli 2016 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

15.45.31Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Damit nehme ich die Verhandlungen über Punkt 2 der Ta­gesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


15.45.49

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Stö­ger! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Ja, wir sind wieder beim Thema Aus­bildungsverpflichtung. Herr Bundesminister, eine Ausbildungsverpflichtung bis zum 18. Le­bensjahr ist ja an und für sich nicht schlecht. Auch die Zielsetzung, die Sie mit dieser Aus­bildungsverpflichtung verfolgen und die Sie auch klar definieren, ist nicht schlecht, näm­lich dass nach Beendigung dieser Ausbildungsverpflichtung mit dem 18. Lebensjahr je­der, der sie durchlaufen hat, auf dem ersten Arbeitsmarkt einsetzbar sein soll.

Aber, Herr Bundesminister, so wie Sie diese ganze Ausbildungsverpflichtung angehen und wie Sie das Thema anlegen, glauben Sie allen Ernstes, dass das funktioniert?

Wissen Sie, Herr Bundesminister, mit dieser Ausbildungsverpflichtung wird im Prinzip nichts anderes gemacht, als eine fehlgeleitete Bildungspolitik einfach um drei Jahre zu ver­längern. Jetzt haben Sie ja die Situation, dass viele junge Menschen mit 15 Jahren nicht in der Lage sind, eine Lehre zu beginnen, weil sie nicht sinnerfassend lesen, nicht schrei­ben, nicht rechnen können. Und jetzt glauben Sie, dass Sie mit diesem Aufbauschen der sogenannten ÜLAs, mit AMS-Kursen et cetera durch eine Ausbildungsverpflichtung über drei Jahre diese ganzen Defizite in drei Jahren abbauen können, die sich vorher über Jah­re aufgebaut haben? Das können Sie doch nicht im Ernst glauben!

Herr Bundesminister! Die Idee wäre gut, und Sie hätten uns sofort als Mitstreiter gefun­den, unter der Voraussetzung, dass Sie die Betriebe miteingebunden hätten. Alle re­den hier immer wieder davon – nicht nur in Österreich, auch in Deutschland und in der Schweiz –, das duale Ausbildungssystem sei das Erfolgsmodell schlechthin, und es wird weltweit als solches als Werbung verkauft.

Stimmt! Aber das, was Sie machen, hat mit dualer Ausbildung nichts mehr zu tun. Sie wissen doch, die Einschätzung der ÜLAs vor drei, vier Jahren durch die Wirtschaftskam­mer, auch durch Teile der Arbeiterkammer war so, dass sie damals ganz klar festgehal­ten haben, dass die ÜLAs ineffizient und viel zu teuer sind und eine immens hohe Drop-out-Quote hatten.

Herr Bundesminister! Jetzt habe ich nichts dagegen, dass man ÜLAs eingerichtet hat, weil es immer wieder auch bei den Lehrlingen Schichten oder vereinzelte Leute geben wird, die einfach nicht geeignet sind, einen Beruf auszuüben, die auch nicht geeignet sind, eine höhere Schule zu besuchen. Das werden wir immer in dieser Gesellschaft haben.


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Die dürfen nicht durch den Rost fallen. Aber die Zahl der ÜLA-Teilnehmer ist in den letz­ten Jahren dermaßen exorbitant gestiegen, dass es ja schon erschreckend ist, wenn man diese Zahl nur in den Mund nimmt. Und das wollen Sie jetzt ganze drei Jahre verlän­gern!

Sie wissen, dass das mit den ÜLAs nicht so funktioniert, wie Sie sich das vorgestellt ha­ben beziehungsweise Ihr Amtsvorgänger sich das vorgestellt hat. Sie wissen, dass die AMS-Kurse noch immer nicht so angepasst wurden, dass sie wirklich bedarfsorientiert an­geboten werden. Das geschieht ja nach wie vor nicht. Da werden Pauschalkurse ange­boten, die nirgends gebraucht werden. Das hat sich in Teilbereichen vielleicht ein biss­chen gebessert, aber das führt ja nicht dazu, dass die Leute dann, wenn man das Gan­ze drei Jahre bis zum 18. Lebensjahr verlängert, auf dem ersten Arbeitsmarkt brauchbar sind.

Herr Bundesminister! Jetzt wissen alle und auch alle hier im Parlament vertretenen Par­teien, dass der Fachkräftemangel seit Jahren massiv zurückgeht. Sie wissen, wie die ös­terreichische Wirtschaft strukturiert ist. Über 99 Prozent der österreichischen Betriebe sind sogenannte KMUs, Klein- und Mittelbetriebe, und davon über 90 Prozent Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern.

Bei der Lehrlingsausbildung haben die großen Betriebe die Probleme eigentlich nicht, sie bilden sich ihre Lehrlinge selber aus, sie suchen sich die Lehrlinge selber aus. Wenn Sie heute die Lehrlingsausbildungsstätte einer bekannten Vorarlberger Firma herneh­men, die jedes Jahr über 100 Lehrlinge ausbildet, die Weltmeisterschaften und Europa­meisterschaften gewinnen, dann sieht man, dass sie dieses Problem nicht hat. Aber jetzt nehmen Sie den Großteil der Betriebe her, nehmen Sie einen Betrieb mit zehn Mitar­beitern! Dieser Betrieb ist ja von sich aus daran interessiert, einen Lehrling aufzuneh­men, damit er später, wenn eine Fachkraft in Pension geht, diese auch ersetzen kann.

Wissen Sie, wie der Ablauf dort ist? – Im ersten Lehrjahr kostet der Lehrling Nerven und Zeit. Davon abgesehen kostet er auch noch Geld. Aber er kostet vor allen Dingen Zeit. Das heißt, ein Kleinbetrieb stellt einen Facharbeiter ab, um den Lehrling entsprechend auszubilden. Und glauben Sie mir, die Betriebe sind interessiert daran, dass der Lehr­ling bereits im zweiten und dritten Lehrjahr als vollwertige Arbeitskraft eingesetzt wer­den kann, weil es ja auch ein Vorteil für den Betrieb ist.

Das alles haben Sie in dieser Ausbildungsverpflichtung vergessen! Sie haben die Be­triebe nicht mitgenommen und dann glauben Sie, dass das Ganze funktionieren wird. Das wird ein Rohrkrepierer, Herr Bundesminister! Wie es Frau Abgeordnete Belako­witsch schon gesagt hat: Was geschieht, wenn Ihre Zielsetzung nicht greift, dass sie dann am ersten Arbeitsmarkt mit 18 immer noch nicht brauchbar sind, was geschieht dann weiter? Wird die Ausbildungsverpflichtung dann bis 21 verlängert? Wie lange wol­len Sie das durchziehen? Und all das ist mit unheimlichen Kosten verbunden.

Ich sage Ihnen Folgendes: Wenn Sie wieder Anreize für Firmen schaffen, dann werden wir wieder mehr Firmen haben, die bereit sein werden, Lehrlinge auszubilden. Wir hat­ten einen Rückgang der Zahl der betrieblichen Lehrstellen in den letzten sechs Jahren von über 13 000 pro Jahr. Wir haben einen Rückgang der Lehrausbildungsbetriebe, al­so von Firmen, die überhaupt bereit sind, einen Lehrling aufzunehmen, von seinerzeit über 40 000 auf unter 30 000. Herr Bundesminister, da müssen doch die Alarmglocken schrillen!

Ich verstehe einfach nicht, warum Sie nicht hergehen und in ein so wichtiges Thema wie zum Beispiel die Behebung des Fachkräftemangels, die Lehrlingsausbildung, die du­ale Lehrlingsausbildung, die Betriebe entsprechend einbinden. Herr Bundesminister! Das hätte ich mir von Ihnen erwartet. So wie Sie das Gesetz jetzt vorlegen, werden Sie in ein, zwei, drei Jahren feststellen müssen, dass es nicht funktioniert hat. (Beifall bei der FPÖ.)

15.51



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 158

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


15.52.02

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Kollege Themessl! Wenn Sie jetzt sa­gen, dass das vorliegende Gesetz, das die Ausbildungspflicht beinhaltet, der falsche An­satz sei, dann frage ich mich: Wollen Sie weiter zuschauen, dass Jahr für Jahr mehr als 5 000 Jugendliche frühzeitig ihre Ausbildung abbrechen und über die Schulpflicht hinaus über keine Ausbildung mehr verfügen? – Ich nicht. Darum bin ich froh, dass wir das Ge­setz heute hier beschließen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon. – Zwi­schenruf des Abg. Themessl.)

Gerade diese Jugendlichen sind es, die aufgrund ihres Bildungsniveaus ja Gefahr lau­fen, irgendwo als Hilfsarbeiter zu versumpern oder in weiterer Folge nachweislich lei­der öfter arbeitslos zu sein. Daher müssen wir doch alles unternehmen, um diesen jun­gen Menschen in unserem Land eine weitere Chance zu bieten, damit sie künftig im Be­rufsleben wieder Fuß fassen können. (Abg. Peter Wurm: Aber Sie unternehmen nicht alles!)

Es wird in der Praxis – das ist uns ja völlig bewusst – sicherlich nicht einfach, die Ju­gendlichen durch individuelle Betreuungsformen von der Notwendigkeit dieser Maßnah­me, die wir heute beschließen, zu überzeugen. Jetzt vielleicht mit den Worten des Ideen­gebers dieses Gesetzes Rudi Hundstorfer: Er hat einmal gesagt, wir sollten in Österreich nicht nur immer darüber reden, ob wir zu viele oder zu wenige Akademiker haben, son­dern wir sollten einmal darangehen, auch dem Lehrberuf in der Öffentlichkeit den ent­sprechenden Stellenwert zu geben (Abg. Peter Wurm: Das sagen wir seit Jahren!) und als unverzichtbaren Bestandteil unseres Wirtschaftsgefüges darzustellen. Denn ohne gut ausgebildete Facharbeiter könnten in Österreich die wirtschaftlichen Erfolge nie und nim­mer eingefahren werden. (Abg. Peter Wurm: Ganz genau!)

Mit dieser Ausbildungsverpflichtung haben wir – davon bin ich persönlich überzeugt – den Weg in die richtige Richtung eingeschlagen. Damit sich aber auch die erhofften Er­folge einstellen können, brauchen wir aus meiner Sicht auch die Mithilfe der Wirt­schaftstreibenden. Diese sollten nicht nur alles krankreden und krankjammern und soll­ten Österreich nicht als abgesandelt darstellen, sondern wir brauchen Unternehmer, die sich ihrer Verantwortung bewusst werden und heute darangehen, die dringend benötig­ten Facharbeiter für morgen auszubilden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


15.54.23

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wer­te Kollegen! Ja, es ist einiges angesprochen worden. Ich wiederhole es noch einmal, da­mit es klar wird, vor allem für die Regierungsparteien inklusive dem grünen Beiwagerl: Sie tun eben nicht alles für die Jugendlichen in Österreich. Sie sagen immer, Sie wollen al­les tun, um die Situation zu verbessern. Sie tun es eben nicht!

Noch einmal: Wir haben zwei große Problemkreise. Wir haben einen Scherbenhaufen in der Bildungspolitik – die Frau Ex-Minister sitzt auch da (in Richtung der Abg. Heinisch-Hosek) –, den Sie fortsetzen, wo es nicht einen Ansatzpunkt in der Bildungspolitik gibt, für die Jugendlichen, für die Kinder etwas zu verbessern. Sie fahren Ihr System weiter, koste es, was es wolle – und wenn noch 10 000 bis 20 000 Jugendliche auf der Straße bleiben.

Das zweite Thema ist – da schaue ich nach rechts zur ÖVP – auch ein Versagen der Wirt­schaftspolitik. Kollege Themessl hat es gut ausgeführt. Auch da geschieht seit Jahren nichts!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 159

Dann haben wir das Paradoxon, dass, wenn eine Lehrstelle ausgeschrieben wird, die Un­ternehmer auf der einen Seite sagen, ich bekomme keine anständigen Lehrlinge, die ich nehmen kann, und auf der anderen Seite sind zig Lehrstellensuchende auf der Su­che nach einer Lehrstelle und sagen, sie finden keine Lehrstelle. Dass da etwas falsch läuft, das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen. Sie machen jetzt ein Gesetz mit der ro­saroten Brille. Sie verschieben das in der Statistik, dass alle in irgendwelchen Ausbil­dungslagern oder sonstigen AMS-Kursen landen, aber Sie helfen den Jugendlichen eben nicht weiter.

Vielleicht noch einmal zur Erklärung, wovon wir hier sprechen. (Abg. Amon: Was ist denn Ihr Vorschlag?) Ich sage noch einmal die Dimension: Es sind 13 Prozent der Ju­gendlichen, die wir aktuell verlieren. Da sind aber noch nicht die Asylsuchenden mitge­rechnet, die gekommen sind. Da sind nicht all die Jugendlichen mitgerechnet, die jetzt irgendwo jobben, und da sind auch nicht jene Jugendlichen zwischen 15 und 18 mitge­rechnet, die bereits als Hilfsarbeiter arbeiten. Das heißt, die Gruppe der Minderqualifi­zierten ist ja wesentlich größer. Das erzählen wir Ihnen im Parlament schon seit Jahren.

Jetzt sage ich es noch einmal: Zwei Dinge müssen Sie machen. (Abg. Amon: Was ist Ihr Vorschlag?) – Ich habe es Ihnen zuvor erklärt. Sie müssen den Unternehmern drau­ßen Möglichkeiten geben, dass sie wieder Lehrlinge einstellen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich wiederhole die Zahlen – ich schreibe es Ihnen auch gerne auf, aber Sie brauchen nur nachzufragen –: von 41 000 Lehrbetrieben auf 29 000. Da müssen bei euch, bei der ÖVP alle Alarmglocken schrillen. Und Sie wissen, warum die Unternehmer immer we­niger Lehrbetriebe haben. Sie wissen es ja ganz genau. Dann ändern Sie es bitte! Wenn Sie es mit der SPÖ nicht schaffen, gerne mit uns.

Wir diskutieren seit Jahrzehnten das Versagen der Bildungspolitik. Sie machen weiter und machen weiter und nehmen nicht zur Kenntnis, dass Sie es nach neun Jahren – Sie soll­ten sich in Grund und Boden genieren – nicht geschafft haben, Kindern die normalsten Dinge beizubringen: Kulturtechniken, pünktlich zu sein, zu grüßen, dreimal drei ist neun und einen Text zu lesen. Auch da machen Sie weiter, ohne das System zu verändern. Dieses Gesetz ist eben reine Kosmetik.

Vielleicht noch einmal ein meiner Meinung nach ganz wichtiger Punkt, der in den Beila­gen steht. Es ist immer sehr mühsam, Ihre Beilagen zu lesen. Aber ich tue mir die Mü­he an. Sie schreiben selbst in Ihrer Erklärung zu dieser Gesetzesvorlage, dass jeder Ju­gendliche, der quasi verlorengeht, den Staat im Durchschnitt 1,8 Milliarden € kostet. (Abg. Amon: Was?) – Steht hier. Das können Sie nachlesen. (Abg. Amon: Was?) – 1,8 Millio­nen kostet das den Staat. Zahlen aus Finnland, von der Europäischen Union erhoben, allerdings schon aus dem Jahr 2011. Wir haben in Österreich ähnliche Studien, die spre­chen von 2,5 Millionen € pro Jugendlichen.

Jetzt mache ich die einfache Rechnung – und das muss man auch einmal sagen –: Wir haben in den letzten zwei Jahren mehr als hunderttausend Personen unter dem Titel Asyl ins Land hereingeholt. Wenn Sie diese hunderttausend einmal mit diesem Wert von 1,5 Millionen multiplizieren, dann wissen Sie, bei wie vielen hundert Milliarden wir lie­gen, was das den Staat in Zukunft kosten wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.59


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte. (Am Rollstuhl des Abg. Huainigg ist ein mit Helium gefüllter Luftballon befestigt.)

 


16.00.18

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ho­hes Haus! Wir beschließen heute das Ausbildungspflichtgesetz, und ich bin froh, dass


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behinderte Menschen nicht ausgenommen sind, sondern gleich mitgenommen werden, denn niemand darf zurückgelassen werden. Es ist auch ein Zeichen der Chancengleich­heit, wenn behinderte Menschen auch diese Ausbildungsgarantie bis 18 haben. Wir ha­ben sehr gute Erfolge gerade mit der teilqualifizierten Lehre, bei der die Ausbildung in der Berufsschule und in Unternehmen stattfindet, und das gehört auch ausgebaut und erweitert in den berufsbildenden mittleren Schulen.

Warum ich heute hier einen Luftballon mitgebracht habe: Heute ist der 6. Juli, und heu­te genau vor elf Jahren wurde die österreichische Gebärdensprache hier im Parlament verfassungsrechtlich verankert. Danach, nach diesem Beschluss, haben Gehörlosenver­treter als Zeichen der Freude im Volksgarten türkise Luftballone steigen lassen, türkise deshalb, weil Türkis die Farbe der Gebärdensprache ist. Es tragen heute auch einige hier türkise Ribbons.

Ja, elf Jahre ist das her, und einiges hat sich bewegt. Es hat damals zwei Schulen in der Pädagogik gegeben: entweder Gebärdensprache oder Lautsprache. Heute gibt es bilinguale Klassen, und das gehört natürlich noch viel weiter ausgebaut. Der Weg ist das Ziel.

Es hat sich viel verändert. Auch im Parlament werden heute alle Plenarsitzungen in Ge­bärdensprache übersetzt. Es gibt eine gehörlose Abgeordnete; Helene Jarmer war da­mals noch Aktivistin. Oder: Die „Zeit im Bild 2“ wird täglich in die Gebärdensprache über­setzt. Auch die Neujahrsansprache des Bundespräsidenten wird in Gebärdensprache übersetzt. Das war vor elf Jahren undenkbar.

Verfassungsrechtliche Bestimmungen haben Wirkungen, und seit Beginn dieser Legis­laturperiode fordere ich am Ende jeder Rede, dass die Menschenwürde in der Verfas­sung verankert werden muss. Ich glaube, dass das auch eine wichtige gesellschaftli­che Maßnahme wäre und auch Wirkungen auf die Politik und darauf, wie wir hier agie­ren, hätte.

Oops! (Der Luftballon löst sich und steigt bis zur Decke des Sitzungssaales.) Elf Jahre später steigt wieder ein Luftballon – kann passieren. Sei er ein Zeichen dafür, was wir hier im Parlament beschließen und was verfassungsrechtliche Bestimmungen bewirken können. In sechs Stunden ist das Zeichen wieder weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

16.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.05.02

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche: Mit diesem Gesetz will diese Bundesregierung die hohe Ar­beitslosenrate bei Jugendlichen bekämpfen und hier gegensteuern. Optisch, haben wir heute schon gehört, ist das ein richtiger Ansatz, aber noch wichtiger wäre es, Herr Mi­nister, beim Bildungssystem anzusetzen. Hier könnte man viel mehr erreichen und den jugendlichen Menschen eine Grundbasis für das weitere Leben bieten.

Es ist richtig und auch ganz wichtig, dass man junge Menschen unterstützt, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, über die Schulpflicht hinaus eine Ausbildung zu absolvie­ren. Dass dieses Ausbildungspflichtgesetz der richtige Ansatz dafür ist, glaube ich per­sönlich nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ab 2018 drohen Strafen bis zu 500 € für die Erziehungsberechtigten. Das ist der total falsche Ansatz. Der richtige Ansatz wäre der Bildungsbereich. Mit diesem Gesetz werden Symptome behandelt und nicht die Ursa­chen. Das wäre das Gleiche, wie wenn ein schwer kranker Mensch mit einem Husten-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 161

saft behandelt werden würde. Das würde nicht reichen. In beiden Fällen muss man die Ursachen behandeln. Das wäre der richtige Ansatz. – Danke schön. (Beifall bei Abge­ordneten der FPÖ.)

16.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


16.06.38

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Die Ausbildungspflicht bis 18 ist ein wichtiger weiterer Schritt im Be­reich der Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche. Warum das so wichtig ist, belegt ja die Zahl: Rund 5 000 Jugendliche jedes Jahrgangs verfügen über keine weiterfüh­rende Ausbildung. Heute ist hier der Eindruck entstanden, alle diese 5 000 Jugendli­chen seien Migranten. Das stimmt nicht, meine Damen und Herren, denn von diesen 5 000 Jugendlichen, die jährlich diese Qualifizierungsziele nicht schaffen, hat nur ein Drittel Migrationshintergrund und zwei Drittel sind ohne Migrationshintergrund. Bei diesen über 3 000 Österreicherinnen und Österreichern sind viele lernschwache Jugendliche da­bei und viele, die auch familiäre Probleme haben.

Ich sage Ihnen jetzt ein Beispiel, meine Damen und Herren. Es gibt ein großes öster­reichisches Unternehmen, das im Ausmaß von 10 Prozent seiner jährlich eingestellten Lehrlinge lernschwache, also schulisch wirklich schlechte Jugendliche aufnimmt, die sonst keine Chance auf eine Berufsausbildung hätten oder auf dem Arbeitsmarkt unterzu­kommen. Und da war ein Jugendlicher dabei, dessen Schulabschlusszeugnis die No­ten 3 bis 5 ausgewiesen hat: 3 im Sport, 4 und 5 in den anderen Gegenständen. Des­sen Eltern, muss man auch dazusagen, wären als alkoholkrank einzustufen. Dieser Ju­gendliche hat die Chance, die ihm diese Firma geboten hat, genutzt. Er hat zwischen 15 und 18 eine Ausbildung in diesem Unternehmen erhalten, die er mit seinem 18. Le­bensjahr mit einer positiven Lehrabschlussprüfung abgeschlossen hat. Er ist eine Stüt­ze des Unternehmens geworden und hat jetzt gerade die Meisterprüfung positiv abge­schlossen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Genau das, meine Damen und Herren, ist für mich diese Ausbildungspflicht: eine Chan­ce für alle betroffenen Jugendlichen, so wie ich es Ihnen in meinem Beispiel geschil­dert habe. Dieses Gesetz ermöglicht es, ihnen einen positiven Start in ihr Leben zu ge­ben und für sie eine Win-win-Situation zu schaffen. Und dafür, lieber Herr Minister, möchte ich dir recht herzlich danken. (Beifall bei der SPÖ.)

16.08


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


16.08.59

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Zum Thema Ausbildungspflicht: Eine fundierte Ausbildung ist die Grundlage für einen erfolgreichen Lebensweg. In Zeiten anhaltend steigender Preise für Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs sowie hoher Lohnnebenkosten ist eine gu­te und abgeschlossene Berufsausbildung wichtiger denn je.

Prinzipiell wäre einer Ausbildungsverpflichtung zuzustimmen, dieser Antrag ist jedoch als realitätsfremd abzulehnen.

Dieses Ausbildungspflichtgesetz geht von einer Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebens­jahr aus und zielt somit vordergründig auf Lehrberufe ab. Fakt ist jedoch, dass nicht ge­nügend Lehrplätze bestimmter Berufsgruppen für auszubildende Jugendliche angebo­ten werden können. Für eine große Anzahl Auszubildender liegt die Hürde bereits bei der Suche nach einem qualifizierten Ausbildungsplatz.


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Die Wichtigkeit einer Ausbildung bis 18 ist nicht in der Ausbildungsdauer, sondern viel­mehr im Ausbildungserfolg und einem positiven Abschluss gelegen.

Der Gesetzgeber ist gefordert, Maßnahmen zu setzen, um den Jugendlichen den Ein­stieg ins Berufsleben mit einer entsprechenden Ausbildung zu erleichtern. Ausbildende Unternehmen wie auch Auszubildende sollten beispielsweise für die Dauer der Lehr­verpflichtung im Bereich der Lohnnebenkosten entlastet werden. Ebenso könnten steu­erliche Erfolgsprämien für positiv abgeschlossene Berufsausbildungen angedacht wer­den. Aber eine rein zeitliche Verpflichtung, quasi ein Absitzen der Ausbildungsverpflich­tung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres geht am Ziel vorbei.

Der gegenständliche Antrag befasst sich weiters mit der Ausbildung asyl- und schutz­berechtigter Jugendlicher, wonach diese Ausbildungsverpflichtung auch für diese Per­sonengruppe Gültigkeit haben soll. Eine Grundausbildung einschließlich einer Sprach­ausbildung erfordert durchschnittlich sieben Jahre. Da Asyl allerdings definitiv kein Recht auf Dauer ist und bestenfalls nach drei Jahren die jeweiligen Asylgründe neu überprüft und bewertet werden, ist ein Ausbildungsabschluss nicht zu erwarten.

Wenngleich Bildung und Beschäftigung die Integration fördern, sind eine gemeinsame, gesamtheitliche Betrachtung und Gesetzgebung in dieser Form weder zielführend noch sinnvoll. – Danke.

16.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


16.11.52

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschau­er und Zuschauerinnen! Jeder junge Mensch, der heutzutage das Bildungssystem ohne einen Abschluss verlässt oder keine Berufsausbildung macht, wird in den nächsten Jah­ren und Jahrzehnten höchstwahrscheinlich nicht von seiner Erwerbsarbeit leben können. Solch ein junger Mensch wird in den nächsten Jahren ganz massiv auf staatliche Un­terstützung angewiesen sein.

Allein aus dem Grund und um Menschen zu stärken, ihr Leben selbst und selbstbe­stimmt leben zu können, macht es Sinn, dass wir heute dieses Paket mit der Ausbil­dungspflicht beziehungsweise Ausbildungsgarantie beschließen.

Ich möchte Ihnen aber auch von einem ganz konkreten Jugendlichen erzählen, von ei­nem 16-jährigen jungen Mann, den ich vor ein paar Wochen am Tag der Kinderrechte kennengelernt habe. Sein Name ist Mahmud. Er ist 16 Jahre alt. Er stammt aus Syrien. Er ist mit seinen Eltern gemeinsam aus Syrien geflüchtet. Auf der Flucht wurde er von ihnen getrennt und lebt jetzt in der Steiermark in einer kleinen Ortschaft.

Er hat mir erzählt, dass er sehr froh und dankbar ist, in Österreich Aufnahme und Un­terstützung gefunden zu haben, dass er das sehr schätzt und dass er sich dafür be­dankt. Gleichzeitig hat er erzählt, er würde so gerne, lieber heute als morgen, die Lan­dessprache lernen. Aber in der kleinen Ortschaft, wo er lebt, gibt es keine Deutsch­kurse. Er müsste ungefähr eine Stunde lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum nächs­ten Deutschkurs fahren, den er sich nicht leisten kann. Und er kann sich auch die Trans­portmittel dorthin, jeden Tag eine Stunde mit dem Bus zum nächsten Deutschkurs zu fahren, nicht leisten.

Mit diesem Paket, das wir heute mit Zweidrittelmehrheit beschließen, werden wir ge­meinsam dafür sorgen, dass dieser 16-jährige Syrer, dieser Mahmud, und viele andere junge Menschen in seiner Situation endlich Deutschkurse besuchen können, die Lan­dessprache lernen dürfen, was sie sich sehnlichst wünschen.


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In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön an alle, die konstruktiv verhandelt haben und die eine wesentliche Verbesserung für die allermeisten Jugendlichen im Land durchge­setzt haben und für minderjährige Schutzsuchende auch wesentliche Erleichterungen er­möglicht haben, auch wenn mit dem Paket heute noch keine Gleichstellung kommt.

Und ich hoffe, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren, uns die Ergebnisse des heutigen Pakets anschauend, dieses System weiterentwickeln können, damit kein jun­ger Mensch unter 18 ohne Ausbildung in Österreich ist, damit minderjährige Schutzsu­chende, die meist ohne ihre Eltern in Österreich angekommen sind, auch Unterstüt­zung finden, damit sie die Sprache lernen können und in weiterer Folge auch eine Aus­bildung machen können.

In diesem Sinne: Danke allen, die konstruktiv mitgearbeitet haben. (Beifall bei den Grü­nen.)

16.15

16.15.13

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1219 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordne­ten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen vor.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes ent­hält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­anträgen betroffenen Teile der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend und schließ­lich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 §§ 3, 10, 12 sowie 13 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 2 § 14 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 §§ 15, 16 und 20 sowie Artikel 5 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Ab­gelehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 164

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket für Lehr­linge“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den Entschließungsantrag aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Muchitsch, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschkurse und Alphabetisierung für jugendliche Asylwerber von Beginn an.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (E 160.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung bildungspolitischer Be­gleitmaßnahmen und der Mittleren Reife.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

16.19.543. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1185 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­gesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, das Arbeiter-Abfer­tigungsgesetz 1979, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Bauarbeitenkoordi­nationsgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden (1220 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1669/A der Ab­geordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) geändert wird (1221 d.B.)


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5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1733/A(E) der Ab­geordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtssi­cherheit bei Selbständigkeit im Rahmen von GPLA-Verfahren (1222 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1383/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Re­form der Ausgleichszulage in der Pensionsversicherung“ (1223 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 488/A(E) der Ab­geordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des nichtpfändbaren Grundbetrages von 857 Euro“ (1224 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 3 bis 7 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte, Frau Ab­geordnete.

 


16.21.27

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier wieder eine Regierungs­vorlage zu verhandeln. Bei dieser geht es darum, dass Unternehmen in die BUAG ein­bezogen werden sollen. Es wurde im Rahmen von Kontrollen festgestellt, dass es hier sozusagen noch eine Lücke gibt. Diese Lücke wird geschlossen.

Ich glaube, dass es eine gute Sache ist, dieses Gesetz wirklich zu beschließen. Da, muss ich sagen, gilt mein Dank dem Vorsitzenden des Sozialausschusses, der dafür auch gekämpft hat, dass es da nicht zu Ungerechtigkeiten kommt zwischen den jungen Arbeitnehmern, nämlich den Lehrlingen, und allen anderen. Das halte ich für eine gute und wichtige Regelung. Also da ist der Regierung auch einmal etwas wirklich gelun­gen. Wenn man es möchte, funktioniert es ja!

Weiters liegen einige Anträge der Opposition vor, die noch zu verhandeln sind. Einen davon möchte ich besonders herausgreifen, nämlich den Antrag des Kollegen Loacker betreffend Rechtssicherheit bei Selbstständigkeit im Rahmen von GPLA-Verfahren. Hier wurde – es steht im Antrag des Kollegen Loacker sehr genau drinnen – eine Schlich­tungsstelle für strittige Verfahren eingerichtet, wenn es also – um es für die Zuseher da­heim zu erklären – Selbständige gibt, die beispielsweise nur einen Auftraggeber haben, wo es strittig ist, ob es jetzt ein Selbständiger oder eben ein Nichtselbständiger ist. Hier wäre es natürlich sinnvoll, auch Rechtssicherheit zu schaffen. Die jeweilige Zuordnung kann ja auch für den Betroffenen zu weitreichenden Änderungen führen.

In diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, sollte man aber, glaube ich, einmal auch wirklich ernsthaft überlegen, warum es denn immer wieder zu solchen Streite­reien kommt, warum es denn immer noch sein muss, dass wir unterschiedliche Sozial­versicherungsträger für Selbständige und für Unselbständige haben. Das ist doch et­was, was eigentlich überhaupt keinen Sinn macht. Dazu kommt noch, dass wir neun ver­schiedene Gebietskrankenkassen haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 166

Jetzt könnte man sagen, das ist alles recht lieb und nett. Das Problem dabei ist aber, dass es die Leistungen sind, die unterschiedlich sind, dass für Versicherte ein völlig un­terschiedliches Leistungsspektrum, je nachdem, wo jemand eben versichert ist, zur Ver­fügung steht.

Ich glaube, dass das nicht der richtige Weg ist, und hier sollte endlich eine Lösung ge­funden werden. Seit vielen Jahren – ich selbst bin seit zehn Jahren hier im Parlament – fordern wir von der FPÖ das. Ich kann mich erinnern, 2006, noch unter der damaligen Gesundheitsministerin Kdolsky, war der Wille da – da war noch Sozialminister Buchin­ger hier herinnen –, dass man eine Leistungsharmonisierung zusammenbringt. Bis heute ist in Wirklichkeit nichts geschehen. Und ich glaube, es ist dringend notwendig, wirk­lich dringend notwendig, dieses Problem ernsthaft anzugehen.

Es hat der neue, von Ihnen als Messias gefeierte Bundeskanzler ja schon gesagt, er möchte hier etwas verändern. Er hat das auch damit begründet, dass er bei den ÖBB die Zahl der Führungskräfte halbiert hat – und Ähnliches stellt er sich für die Sozialver­sicherungen vor. Das soll am Ende stehen. Es soll jetzt zunächst einmal eine Studie erstellt werden. Das ist einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube aber, Ös­terreich ist nicht so groß und es muss endlich auch gelingen, dass man das österrei­chische Sozialversicherungssystem vereinheitlicht.

In diesem Zusammenhang bringe ich daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Ge­setzesentwurf vorzulegen, der die vollständige Harmonisierung des Sozialversicherungs­systems vorsieht, welche eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Finanzie­rungs- und Steuerungsfunktionen in ein einziges System umsetzt. Damit einhergehen muss eine direkte Kontrolle durch die Pflichtversicherten mittels Ur-Wahlen der Kon­troll- und Verwaltungsorgane. Diese Zusammenlegung soll insbesondere zu einer Sen­kung der Verwaltungskosten und damit auch zu einer mittel- und langfristigen Entlas­tung der Versicherten, der Steuerzahler und des Budgets führen. Dieser Zusammenle­gung ist eine Potentialanalyse zu Grunde zu legen.“

*****

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie eindringlich, endlich auch Ihre Zustimmung zu geben. Ich glaube, es ist dringend notwendig, dass wir hier diese Problematik endlich angehen. Es kann nicht so sein, dass wir uns 22 Sozialversicherungs­träger – jeweils mit dem gesamten Anhang, mit dem gesamten, sage ich jetzt einmal, Führungsstab – leisten.

Dazu ist die Zeit reif. Wagen wir jetzt endlich alle gemeinsam den Schritt und legen wir die Kassen zusammen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.26


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 167

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Peter Wurm und weiterer Ab­geordneter betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen

eingebracht in der 136.Sitzung des Nationalrates am 06.07.2016 im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1733/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Rechtssicherheit bei Selbstständigkeit im Rahmen von GPLA-Verfahren (1222 d.B.)

Gegenwärtig ist das System der österreichischen Sozialversicherungen mit seinen 22 selb­ständigen Einrichtungen teuer, ineffizient und organisatorisch nicht mehr zeitgemäß. Es dienst primär dazu, eine Funktionärsherrschaft in Rot-Schwarz aufrecht zu erhalten und für Versorgungsjobs für abgehalfterte Funktionäre zu sorgen. Durch die indirekte Be­stellung aus der Kammerstruktur heraus ist auch keine tatsächliche Mitbestimmung der Pflichtversicherten möglich. Sie verhindert die direkte Mitbestimmung der betroffenen So­zialversicherten und schützt lediglich eine abgehobene Funktionärsschicht.

Aus diesem Grund muss eine Zusammenführung aller Organisationeinheiten, Beitrags­leistungen, Finanzierungs- und Steuerungsfunktionen im Sozialsystem in ein einziges Sozialversicherungs-System erfolgen. Nur so ist gewährleistet, dass es eine schlanke, effiziente und zeitgemäße Verwaltungsstruktur im Sinne der Sozialversicherten gibt. In anderen Ländern ist diese Zusammenlegung und Straffung der Struktur längst erfolgt. Dies führt auch in fortgesetzter Art und Weise zu einer finanziellen Gesundung des Sys­tems durch Verwaltungseinsparungen.

Die Regierungsspitze will die Sozialversicherungsträger verschlanken und die Gewer­beordnung durchforsten. Die Gebietskrankenkassen sollen effizienter werden, Ziel sei unter anderem die Anzahl der derzeit 22 Sozialversicherungsträger zu reduzieren, sag­te Kanzler Christian Kern (SPÖ) im Pressefoyer. Zur Effizienzsteigerung der Sozialver­sicherungsträger lässt die Regierung eine Studie erarbeiten. Auch die Berichte des Rech­nungshofes sollen herangezogen werden. Die Organisation der Gebietskrankenkassen soll durchleuchtet werden. Bei den ÖBB habe er die Zahl der Führungskräfte halbiert, sagte Kern. “Das muss das Ziel hier auch sein”, kündigte der Bundeskanzler an. We­gen der unterschiedlichen Leistungen und nicht einheitlichen Verrechnungen sei eine Reform nicht so einfach. Es sei mehr als eine reine Bürokratiereform und man müsse sorgfältig vorgehen, weil Versicherte auch unterschiedliche Vorteile genießen, erklärte Kern. (Presse vom 31.Mai2016) http://www.unsertirol24.com/2016/05/31/regierung-will-sozialversicherungen-reduzieren/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Ge­setzesentwurf vorzulegen, der die vollständige Harmonisierung des Sozialversicherungs­systems vorsieht, welche eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Finanzie­rungs- und Steuerungsfunktionen in ein einziges System umsetzt. Damit einhergehen muss eine direkte Kontrolle durch die Pflichtversicherten mittels Ur-Wahlen der Kon­troll- und Verwaltungsorgane. Diese Zusammenlegung soll insbesondere zu einer Sen­kung der Verwaltungskosten und damit auch zu einer mittel- und langfristigen Entlas-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 168

tung der Versicherten, der Steuerzahler und des Budgets führen. Dieser Zusammenle­gung ist eine Potentialanalyse zu Grunde zu legen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


16.26.13

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Ich möchte Stellung nehmen zur Novelle des Bauarbei­ter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, eines Gesetzes, das sehr oder ausschließlich branchenspezifisch gestaltet ist, wie wir auch in den Ausschüssen immer wieder hören.

Ziel dieser Novelle ist es, dass wir eine Verbesserung des Vollzugs von Regelungen im Bereich des Überbrückungsgeldes, einer Überbrückungsabgeltung, mehr Rechtssicher­heit im Rahmen der Anwendung dieses Gesetzes, aber auch Verbesserungen bei der Anpassung einer Baustellen-Datenbank herbeiführen beziehungsweise dass wir mit die­sem Gesetz, mit dieser Novelle auch die Arbeitgeber verpflichten, Web-Anwendungen ab 2019 entsprechend anzuwenden.

Es geht in dieser Novelle aber auch – Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat es er­wähnt – um den Bereich Jugend, Lehrlinge. Auch hier ist es nach zwei Jahren Verhand­lungen mit den Bausozialpartnern gelungen, eine Lösung herbeizuführen, dass Lehrlinge Anspruch auf eine Schlechtwetterentschädigung haben. Das war bisher nicht der Fall, und wir haben anlässlich einer Befragung seitens der Gewerkschaft Bau-Holz letztend­lich diese Ergebnisse ganz klar zu Papier gebracht. 45 Prozent der Lehrlinge am Bau sind in diesen Tagen, an denen Schlechtwetter geherrscht hat, Urlaub und Zeitausgleich abgezogen worden. Das ist mit dem heutigen Beschluss erledigt, und die neue Rege­lung wird mit 1.1.2017 in Kraft treten.

Es gibt aber auch eine Evaluierung im Bereich der Urlaubsberechnung, das muss man auch ganz offen sagen. Das heißt, der Faktor für den Urlaubszuschuss bei den Lehr­lingen ist gesenkt worden, und im Gegenzug ist die Lehrlingsentschädigung erhöht wor­den beziehungsweise sind auch Aufwandsentschädigungen bei den Lehrlingen erhöht worden, sodass es keinen finanziellen Nachteil gibt.

Wir haben heute schon sehr viel über Einkommen gehört. Ich darf Ihnen nur eine Zahl nennen: Ein Lehrling am Bau verdient im dritten Lehrjahr 1 842 €. Das heißt, wir versu­chen hier mittels einer hohen Lehrlingsentschädigung auch entsprechende Anreize zu schaffen, um auch Jugendliche in die Bauwirtschaft zu bekommen.

Der Erfolg unserer Maßnahmen gibt uns auch recht. Wir haben in diesem Hohen Haus in den letzten Jahren vieles im Bereich Lohn- und Sozialdumping, im Bereich Bundes­vergabegesetz beschlossen – im Wissen, der Kampf gegen den unfairen Wettbewerb aus dem Ausland geht weiter. Dazu stehe ich auch. Wir werden nie müde werden, um in diesem Bereich weiter voranzukommen, aber ich darf Ihnen sagen: Es ist mit diesen Maßnahmen gelungen, die Arbeitslosigkeit am Bau in Österreich in den letzten Mona­ten um 10,5 Prozent zu senken.

Wir haben wirklich sinkende Arbeitslosenzahlen in einer der schwierigsten Branchen. Wir haben 2 900 neue oder zusätzliche Jobs geschaffen. Wir haben 200 neue österrei­chische Betriebe auf dem Markt, die sich entsprechend am Wettbewerb beteiligen. Das muss man einfach sagen. Die Zahl der älteren Bauarbeiter steigt, das Antrittsalter steigt, die Jugendbeschäftigung steigt auch. Das ist viel, was wir hier mit den verschiedenen Maßnahmen gemeinsam erreicht haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 169

Ich bedanke mich vorweg für die sehr offene und ehrliche Diskussion zu dieser Novelle im Sozialausschuss, und ich hoffe, dass es wie im Sozialausschuss heute auch eine einstimmige Zustimmung dazu geben wird. Recht herzlichen Dank an all jene, die hier mitgewirkt haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

16.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


16.29.45

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ja, das ist ein bisschen eine Kraut-und-Rüben-Debatte, da wir unter diesen Tagesordnungspunk­ten vier sehr verschiedene Anträge zu behandeln haben und noch dazu in dem Aus­schuss – es war ja vorhin schon Thema –, aus dem wir jetzt diese Anträge besprechen, sehr, sehr vieles vertagt wurde. Es ist für Zuschauerinnen und Zuschauer daher schwer nachvollziehbar, worüber wir jetzt reden.

Ich möchte gerne auf einen Antrag des Kollegen Loacker zum Arbeitslosenversiche­rungsgesetz Bezug nehmen. Dieser betrifft die Zumutbarkeitsbestimmungen von Men­schen, die arbeitslos gemeldet sind. Wir haben auch schon im Ausschuss erklärt und ich erkläre auch jetzt gerne, dass wir diesen Antrag ablehnen werden, nämlich aus meh­reren Gründen, die ich erläutern kann.

Da geht es zum einen um die Frage, ob es für Menschen, die arbeitslos sind, zumutbar ist, einen weiten Weg zurückzulegen zu einer Arbeitsstelle, die ihnen vermittelt wird. Für Teilzeitbeschäftigte ist das derzeit eine Wegzeit von eineinhalb Stunden in eine Rich­tung, für Vollzeitbeschäftigte sind es zwei Stunden Wegzeit in eine Richtung. Die NEOS wollen das ändern und wollen für Teilzeitbeschäftigte einführen, dass sie künftig zwei Stunden in eine Richtung am Tag fahren, an Wegzeit aufwenden können beziehungs­weise müssen, das heißt, bis zu vier Stunden unterwegs sein können, wenn sie teilzeit­beschäftigt sind. Bei einer Vollzeitbeschäftigung sind es schon drei Stunden in eine Rich­tung, das heißt sechs Stunden am Tag Wegzeit hin und zurück. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) In eine Richtung, steht im Antrag – Sie können es gerne ausbessern. Drei Stunden in eine Richtung! (Abg. Loacker schüttelt den Kopf.) – Gut, dann bessern Sie es nachher aus.

Auf jeden Fall ist es zu viel, so oder so. Ich glaube, wenn man einen Tag sowieso an einem Teilzeitarbeitsplatz verbringt und dann auch noch so weite Wege zurücklegen muss – stellen wir uns vor, das ist eine Alleinerzieherin, die allein auf ihre Kinder auf­passen muss oder allein für sie zuständig ist –, dann ist das einfach unzumutbar. (Bei­fall bei den Grünen.)

Das Zweite betrifft eine andere Bestimmung, nämlich die, dass man bis zum 10. Le­bensjahr beziehungsweise dann, wenn man ein behindertes Kind hat, nur Jobs anneh­men muss – natürlich kann man andere annehmen – im Ausmaß von 16 Wochenstun­den. Ja, ich lasse mir einreden, dass 16 Wochenstunden wenig sind, dass 16 Wochen­stunden wahrscheinlich auch einer Frau nicht wirklich aus der Armutsfalle helfen. Es ist nicht das Erstrebenswerte, was den Job angeht, aber das Problem ist nicht diese Be­stimmung, sondern das Problem ist, dass es derzeit an sich wenig Jobs für Menschen gibt, wie wir wissen. Wichtig wäre es daher, da nachzuschärfen und zu schauen, dass man diese Jobs zur Verfügung stellen kann.

Das andere: Es gibt auch viel zu wenige Kinderbetreuungsplätze (Abg. Gisela Wurm: … im Juli und August!), die es dann ermöglichen, den davon betroffenen Frauen – in der Re­gel sind es Frauen – die entsprechende Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen. Al­so drehen wir zuerst lieber an anderen Schrauben als an dieser. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 170

Ich möchte, weil ich über die Frauen rede, noch ganz schnell ein Thema anmerken, das mir sehr, sehr wichtig ist und das leider im Ausschuss vertagt wurde, bei dem es um die Notstandshilfe und die Anrechnung des Partnereinkommens in der Notstands­hilfe geht.

Das ist eine Forderung des Frauenvolksbegehrens von 1997 – das ist nächstes Jahr 20 Jahre her! Seit 20 Jahren bringen wir Menschen – es sind in der Regel Frauen, aber auch Männer –, die in der Notstandshilfe plötzlich von ihrem Partner/ihrer Partnerin ab­hängig sind, in eine Situation, in die sie nie kommen wollten und die sie auch nicht ver­dient haben.

Ich habe letztens mit einer jungen Frau gesprochen, die zuerst arbeitslos war, dann die Notstandshilfe bekommen hat und dann gesagt hat: Ich möchte nie, nie mehr wieder das erleben, was ich erlebt habe, dass ich meinen Freund, mit dem ich zusammenlebe, fragen muss, ob ich am Abend weggehen kann und ob er mir Geld gibt.

Das ist untragbar! Bitte vertagen Sie das daher nicht ein ums andere Mal, sondern bitte beschließen wir doch endlich, dass Menschen in dieser Situation nicht vom Partner oder der Partnerin abhängig sind, und arbeiten wir gemeinsam daran! Ich halte das für wirk­lich nicht mehr zeitgemäß. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gisela Wurm.)

16.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 


16.34.59

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Wir beschließen heute einige wichtige Änderungen im Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, und ich glaube, dass da einige wirklich ganz wichtige Neuerungen sowohl für die Baufirmen als auch für die BauarbeiterInnen ent­halten sind. Wichtig war, in diesem Bereich Rechtssicherheit zu schaffen und vor allem praktikable Lösungen zu finden, was insbesondere die rückwirkende Einbeziehung von Unternehmen in das BUAG-System betrifft.

Man stellt durch vermehrte Kontrollen immer mehr fest, dass Betriebe schon der Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unterliegen, aber ihrer Meldepflicht noch nicht nachgekommen sind und daher im System nicht erfasst sind. Hier wird eine praktikable Lösung umgesetzt, damit es auch ermöglicht wird, gesetzliche Umgehungen hintanzu­halten.

Ein wichtiger und ganz zentraler Schritt ist die Einbeziehung der Lehrlinge in das Schlecht­wetter-Entschädigungssystem. Rund 6 000 Lehrlinge sind von dieser positiven Maßnah­me betroffen. Es gibt auch Änderungen im Bereich des Urlaubszuschlages, es sind aber auch außertourliche Erhöhungen der Lehrlingsentschädigung in manchen Gewerben vor­gesehen, wodurch Veränderungen im erstgenannten Bereich kompensiert werden.

Festzuhalten ist, dass der Einigung auf dieses Bundesgesetz eine umfassende Eini­gung auf Sozialpartnerebene zugrunde liegt. Ich glaube, es werden hier wichtige Schritte zur Verwaltungsvereinfachung gesetzt, auch Neuerungen beim Überbrückungsentgelt. In Summe sind es viele positive Maßnahmen, und damit ist auch die Einstimmigkeit zu erklären. Eine positive Sache! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort. – Bitte.

 


16.36.03

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz ge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 171

hört natürlich schon auch zu jenen Gesetzen, die mit dazu beitragen, auch Arbeitslo­sigkeit zu befeuern, weil das Gesetz inzwischen weit über seinen ursprünglichen Zweck, den Urlaub und die Abfertigung für die Bauarbeiter zu finanzieren, hinausgewachsen ist und damit ganz viele Sonderlösungen mitfinanziert werden, die die Wettbewerbssitua­tion der ganzen Branche verschlechtern. Wenn da Überbrückungsgeld gezahlt wird, um die Mitarbeiter früher in Pension schicken zu können, kann das die Bauwirtschaft schon machen, aber sie muss wissen, dass sie damit ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit schä­digt. Es sollte der Nationalrat nicht alles eins zu eins nachhüpfen, was die Sozialpartner am Verhandlungstisch ausschnapsen, und damit noch die Arbeitslosigkeit im Bau be­feuern, die man dann mit anderen politischen Maßnahmen wieder reduzieren muss.

Langzeitarbeitslosigkeit ist auch eine Frage dessen, wie attraktiv es ist, in der Arbeits­losigkeit zu verharren, und das hängt unseres Erachtens auch von den Zumutbarkeits­bestimmungen ab. Aber, Frau Kollegin Schwentner, da liegt ein Missverständnis vor: Das, was wir möchten, ist eine Erhöhung der Zumutbarkeit der Anfahrtszeit pro Tag hin und retour auf drei Stunden für einen Vollzeitbeschäftigten, das heißt, eineinhalb Stun­den pro Weg. Und wenn heute Menschen einem Beruf nachgehen – und da gibt es ge­nug Pendler, die eineinhalb Stunden pro Tag unterwegs sind zu ihrem Job –, dann ist es für sie nicht nachvollziehbar, dass Arbeitslose einen Job nicht annehmen müssen, weil dieser eineinhalb Stunden entfernt ist. Die denken, ich mache das jeden Tag – und der kann zu Hause bleiben und das Geld kassieren mit der Erklärung: Nein, das ist mir zu weit!

Deswegen sagen wir, das gehört ausgedehnt. Und wenn man die Zumutbarkeitsbestim­mungen lockert, dann sieht man auch ein zusätzliches Tor, um die Menschen aus der Arbeitslosigkeit herauszuholen, damit sie eben nicht so lange arbeitslos sind und sich nicht zu Problemfällen für das System und in Wirklichkeit auch für sich selbst entwickeln.

Nun zur Frage der Selbständigen, die von den Krankenkassen gegen ihren eigenen Wil­len zu Angestellten erklärt werden. Es geht hier im Kern – Kollegin Belakowitsch-Jene­wein hat es ausgeführt – um einen Kampf um Beiträge. Die Kassen kämpfen um Ver­sichertenbeiträge auf dem Rücken der Versicherten. Selbständige, die selbständig ar­beiten wollen, werden von Krankenkassen gegen ihren Willen zu Angestellten erklärt und, schwups, sind sie nicht mehr selbständig. Wir wollen da den Betroffenen eine bessere Rechtsstellung verschaffen.

Was wir auch wollen, ist, dass, wenn jemand ein selbständiges Einkommen von 24 000 € im Jahr erzielt, ihm ein Recht zusteht, selbständig zu bleiben, wenn er es will, dass er nicht gegen seinen Willen umqualifiziert werden kann. Wir brauchen da Sicherheit für die Selbständigen, die aus eigenem Entschluss unternehmerisch tätig sind. Wir müs­sen darauf achten, dass sie nicht der Willkür der Kassen ausgeliefert sind.

Ich verstehe, dass es ins Weltbild mancher hier herinnen nicht hineinpasst, dass Men­schen keine Lust haben, von der Arbeiterkammer, von der Gewerkschaft oder von der Krankenkasse bevormundet zu werden. Aber Sie werden es nicht glauben: Solche Leute gibt es, und die arbeiten gerne und die empfinden Arbeit als Freude und nicht als Stra­fe, und die wollen selbständig tätig sein.

Klar, es gehört dazu, das langfristige Ziel ist: Wir brauchen eine gemeinsame Kranken­versicherung mit gleichen Beiträgen und gleichen Leistungen für alle. Und wenn wir das heute schon hätten, dann wäre es auch kein Kampf der Kassen um die Beiträge und dann könnte man sich dieses ganze bürokratische Drama auf dem Rücken der Ver­sicherten sparen.

Deshalb ersuche ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne der selbständig Tätigen. (Beifall bei den NEOS.)

16.40



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 172

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.

 


16.40.18

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Geschätztes Hohes Haus! Ich möchte mich auf den Antrag des Teams Stronach beziehen, der eine De-facto-Abschaffung der Aus­gleichszulage vorsieht, die wir natürlich ablehnen werden.

Die Argumentation ist, dass in unserem Land jene Menschen, die aufgrund irgendwel­cher Erwerbsbiografien leider nicht in der Lage sind, eine ausreichend hohe Eigenpen­sion zu erreichen, durch das Sozialversicherungssystem eine Ausgleichszulage erhal­ten. Diese beträgt für Einzelpersonen 882,78 € im Monat, vierzehnmal im Jahr, und für Familien 1 323 €. Und das wollen Sie vom Team Stronach abschaffen mit dem Argu­ment, es gäbe Menschen, die sozusagen daraufhin planen, dass sie irgendwann ein­mal eine Ausgleichszulage bekommen, die planen, dass sie bei den Kindern zu Hause sind, die planen, dass sie Teilzeit arbeiten, damit sie dann in den Genuss einer solchen Ausgleichszulage kommen.

Natürlich haben Sie recht: Das kostet 1 Milliarde €! Von den 18 Milliarden €, die wir für das Pensionsversicherungssystem ausgeben, kommt dafür 1 Milliarde € weg. Aber das kommt zu denjenigen, die es wirklich brauchen und die, wie gesagt, das Pech gehabt haben, keine regelmäßige Erwerbsbiografie zu haben.

Was mich im Ausschuss besonders schockiert hat, war, dass jene Partei, die immer dafür eintritt, eine Mindestpension von 1 200 € einzuführen, zu einem Antrag, wo es da­rum geht, die Rechte der Versicherten zu schützen, kein einziges Wort verloren hat. Es gab kein einziges Wort seitens der FPÖ zu diesem Antrag! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Peter Wurm: Das stimmt doch nicht!)

Noch einmal zum Unterschied. – Der Unterschied ist der: Beim Team Stronach heißt es: statt Versicherungsleistung Sozialleistung! Unsere Antwort darauf ist – und wir, die Koalition von SPÖ und ÖVP, haben es eindrucksvoll bewiesen –: Wir haben die Aus­gleichszulage für Menschen, die 30 Jahre in Beschäftigung sind, auf 1 000 € erhöht, und wir haben es geschafft, die Anrechnung der Kindererziehungszeiten vernünftig zu gestal­ten, sodass es von Haus aus hoffentlich gar nicht zu solch niedrigen Eigenpensionen kom­men kann. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


16.42.25

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé|: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, da das Ausbildungspflichtgesetz be­schlossen worden ist, auch einen Dank an meinen Amtsvorgänger Rudi Hundstorfer zu richten. Er hat dafür maßgebliche Vorarbeiten geleistet. Ich will das hier ausdrücklich er­wähnen. Danke dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine Regierungsvorlage betreffend die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, und da erkennt man, wie wichtig es ist, dass in einer Branche die Sozialpartner vernünftig miteinander im Gespräch sind. Sie ha­ben sich überlegt: Was kann man in dieser Branche tun, wie kann man vernünftige Re­gelungen umsetzen? Wie kann man Beiträge dazu liefern, dass da geordnet vorgegan­gen wird? Ich denke, dass man da die Rechtssicherheit gestärkt hat, dass man den Voll­zug verbessert hat. Es ist auch gelungen, neue Gruppen hineinzunehmen, und es ist auch gelungen, dass für Lehrlinge neue Regelungen geschaffen worden sind.

Mir ist es wichtig, dass diese Zusammenarbeit und der Wert dieses sozialpartnerschaft­lichen Handelns auch hier ganz bewusst wahrgenommen werden, und ich bedanke mich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 173

bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse, dass sie einen großen Beitrag dazu leisten, dass auf österreichischen Baustel­len bessere Bedingungen für Arbeitnehmer herrschen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.44


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte.

 


16.44.16

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Vogl, ich weiß schon, die Ausgleichszulage ist in diesem Land so etwas wie eine Heilige Kuh, und ich sage Ihnen – das wird Sie wahrscheinlich verwundern –, es ist auch wichtig, dass es die Ausgleichszulage gibt. Es ist wichtig, dass Menschen, die eine ganz niedrige Pen­sion haben, die sich aber eine Eigenpension erwirtschaftet haben, etwas dazubekom­men, damit sie eine Pension in einer Höhe haben, von der sie leben können.

Aber – und das wissen wir auch – der Rechnungshof sagt ganz klar, dass die Aus­gleichszulage, da sie in der Sozialpolitik ein solch wesentlicher Faktor ist, eine Reform braucht, dass es da eine Zukunftsstrategie und eine Weiterentwicklung braucht – vor allem vor dem Hintergrund, dass immer mehr Menschen aufgrund der Arbeitsverhält­nisse, die wir in unserem Land haben, einer Teilzeitarbeit oder einer Kurzzeitarbeit nach­gehen, weil viele Firmen aufgrund der verfehlten Wirtschaftspolitik in diesem Haus ab­wandern. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen werden immer mehr Menschen die Aus­gleichszulage in Anspruch nehmen können.

Jetzt sage ich Ihnen schon, wo ich großen Handlungsbedarf sehe: Der ist nämlich dort gegeben, wo sich jemand durch Eigenleistung, weil er eingezahlt hat, weil er ein Leben lang gearbeitet hat und – mögen Sie es auch so nennen – weil er Glück gehabt hat, im­mer einen Arbeitsplatz zu haben, eine Eigenpension in sehr geringer Höhe erwirtschaf­tet hat. Nehmen wir an: 900 €!

Auf der anderen Seite haben wir jemanden, der gerade einmal 15 Jahre lang gearbei­tet hat und eine Ausgleichszulage dazubekommt – im Schnitt sind das 300 € – und der als Ausgleichszulagenbezieher dann zahlreiche Vergünstigungen, wie zum Beispiel die Rundfunkgebührenbefreiung, eine Mietbeihilfe und viele andere Befreiungen, die von den Ländern gewährt werden, und dazu noch den Heizkostenzuschuss und vieles andere mehr, bekommt. Und am Ende des Tages hat derjenige, der sich durch Eigenleistung die Pension erwirtschaftet hat, um 100 oder 150 € weniger als derjenige, der eine Aus­gleichszulage bezieht. Das ist nach meinem Verständnis unfair! (Beifall beim Team Stro­nach.)

Das ist der Punkt, über den wir diskutieren müssen: ob nicht auch die Bezieher von niedrigen Pensionen, die knapp über dem Richtwert der Ausgleichszulagenhöhe lie­gen, ein Recht auf Befreiungen in vielen Bereichen haben sollten. (Abg. Vogl: Schrei­ben Sie es einfach hinein!) Das ist ein Thema, über das wir reden müssen, über das wir diskutieren müssen!

Und wir müssen überhaupt darüber nachdenken: Wie können wir es schaffen, Unter­nehmen anzusiedeln? Wie können wir es schaffen, die Wirtschaft anzukurbeln? Denn nur das, was wir erwirtschaften, können wir verteilen. Wir müssen den Wirtschaftsstand­ort Österreich stärken, damit viele Menschen einen Job haben, möglichst lange arbei­ten können und keine Kurzzeit-Arbeitsverhältnisse haben, über die sie dann quasi stol­pern, da es mit diesen für sie schwierig ist, ihre Zukunft zu gestalten.

In diesem Sinne fordere ich Sie auf: Krempeln wir die Ärmel auf, denn es ist Not am Mann! Sorgen wir dafür, dass in diesem Bereich etwas geschieht! (Beifall beim Team Stronach.)

16.48



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 174

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


16.48.11

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte ebenfalls zum Antrag des Kollegen Loacker Stellung nehmen, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert wer­den soll. Ein Ansatz, der besonders heraussticht, ist jener, wo angedacht wird, für Ar­beitslose mit Kindern die Situation noch einmal zu verschlechtern. Das ist eine Vorge­hensweise, die wir massiv ablehnen. Das wird es mit uns sicher nicht geben.

Ich sage das auch deshalb, weil Kollegin Schwentner vorhin gleichfalls dieses Thema angesprochen hat und dabei darauf hingewiesen hat, dass da insbesondere Frauen be­troffen sind. Ich meine, Herr Abgeordneter Loacker war wahrscheinlich noch nie ar­beitslos, ihn treiben vielleicht andere Sorgen, aber er sollte bedenken, dass Frauen, die arbeitslos werden, Existenzsorgen haben, Angst haben und an ihrer Situation verzwei­feln. Und hier wird vom Herrn Loacker ein Antrag eingebracht, wo die Daumenschrau­ben für diese Betroffenen noch einmal angezogen werden sollen.

Ich sage es noch einmal ganz deutlich, dass es das mit uns nicht geben wird, und ich bin froh darüber, dass im Ausschuss außer den NEOS alle Fraktionen das so gesehen haben und dass dafür keine Mehrheit zustande gekommen ist.

Ich möchte Herrn Loacker, der leider jetzt nicht im Saal ist, zwei Daten mitgeben: Die Leibeigenschaft ist 1782 abgeschafft worden, die Sklaverei ist in Österreich 1812 abge­schafft worden. Ich würde ihm empfehlen, das zur Kenntnis zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


16.50.03

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Ich möchte über meinen Antrag im Tagesordnungs­punkt 7 sprechen, in welchem es darum geht, eine Erhöhung des nichtpfändbaren Grund­betrages von 857 € zu erwirken. Warum? – Mich hat ein Bürger angesprochen und mir erklärt, dass die 857 € ja weniger als die Mindestsicherung sind, und er sagte mir Fol­gendes: Ich wohne an der deutschen Grenze, in Deutschland liegt dieser nichtpfänd­bare Betrag bei 950 €. Jetzt weiß ich als Grenzbürger an der deutschen Grenze, dass in Deutschland das Einkaufen wesentlich günstiger ist und die Wohnungspreise etwas günstiger sind als in Vorarlberg oder in weiten Teilen Österreichs, und trotzdem ist die­ser nichtpfändbare Betrag dort höher angesetzt. Und das hat auch einen Grund, und der ist: Arbeiten soll sich ja lohnen! Ich sollte mehr haben, wenn ich arbeite, als wenn ich nicht arbeite. (Beifall beim Team Stronach und des Abg. Doppler.)

Wenn ich jetzt diesen nichtpfändbaren Grundbetrag nicht erhöhe, dann nehme ich dem Bürger die Motivation, seine Arbeitskraft einzubringen. Wir haben in vielen Bereichen ei­nen Fachkräftemangel, und der Facharbeiter flüchtet sozusagen oder er muss quasi in die Mindestsicherung gehen, damit er besser leben kann, denn mit den Förderungen –man weiß ja, was man da alles bekommt – kann er besser leben, als wenn er arbeitet.

Darum geht es mir in diesem Antrag! Daher verstehe ich nicht, warum er von den an­deren Parteien abgelehnt worden ist, und meine, dass Sie vielleicht noch einmal darü­ber nachdenken sollten, speziell Sie, meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien, um da eine Verbesserung zu erwirken.

Ich möchte jetzt noch einen Fall ansprechen, der mir vor ein paar Tagen auf den Schreib­tisch geflattert ist, und zwar geht es da um Unterhaltsgeschichten. Davon sind sehr vie-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 175

le Menschen betroffen. Sehr viele Familienväter müssen nach einer Scheidung für die Kinder und für die Frau Unterhalt zahlen. Und da hat mir jemand aus Vorarlberg einen Fall zukommen lassen, und ich habe das dem Herrn Justizminister schon in die Hand gedrückt und hoffe, dass sich da etwas bewegt.

Dieser Mann, von dem ich spreche, verdient als Facharbeiter 1 750 € netto. Er hat drei Kinder, für die er Unterhalt zahlen muss, und er muss für seine geschiedene Frau Un­terhalt zahlen, und dafür zieht man ihm 1 120 € monatlich ab. Er hat eine Wohnung – noch, aber bald nicht mehr –, für die er 760 € zahlen muss, und 40 € muss er für Strom zahlen. Ohne dass dieser Mann irgendeinen Bissen gegessen hat oder seinen Kindern ein Eis kaufen kann oder sonst irgendetwas, macht er 170 € Minus im Monat.

Meine Damen und Herren, so kann es nicht sein, wenn man als Fachkraft arbeiten geht, denn damit zerstöre ich den Arbeitsmarkt! Man muss einmal darüber nachdenken, wel­che Motivation dieser Mensch haben muss, um arbeiten zu gehen. Er sagte, ich tue es trotzdem. Er geht jetzt zu einem Sozialwohnungsprojekt, wo er vielleicht günstig eine Wohnung bekommt, ein Zimmerchen, wo er halbwegs existieren kann.

Meine Damen und Herren, wir müssen über das Unterhaltsrecht nachdenken (Beifall beim Team Stronach), denn das ist nämlich wirklich nicht mehr nachvollziehbar. Wir zer­stören damit Fachkräften, die wir dringend auf dem Arbeitsmarkt brauchen würden, die Existenzgrundlage und drängen diese in die Mindestsicherung, denn dort kriegen sie all die Förderungen, die bei der vorigen Diskussion schon angesprochen wurden. Also da hat etwas zu geschehen.

Herr Sozialminister, auch Sie sind da am Zug! Es kann nicht sein, dass sich das Ar­beiten nicht mehr lohnt, sodass man in die Mindestsicherung gedrängt wird, und man seine Arbeitskraft nicht mehr für diesen Staat oder für unsere Betriebe zur Verfügung stellen kann und quasi daran gehindert wird, mitzuarbeiten und in das soziale System einzuzahlen. Wir produzieren mit solchen Fällen Sozialfälle, und das lehnen wir vom Team Stronach ganz entschieden ab! (Beifall beim Team Stronach.)

16.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


16.53.55

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zur vorliegenden Regierungsvorlage darf ich hier zu­nächst einmal festhalten, dass es damit zu wesentlichen Verbesserungen für die Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter im Baubereich kommt. Die Grundlage dieser Regierungs­vorlage bildet eigentlich eine Einigung der Sozialpartner, und da zeigt sich, dass kons­truktive Gespräche und sehr intensive Verhandlungen innerhalb der Sozialpartnerschaft sehr gute Ergebnisse bringen. Ich darf mich an dieser Stelle bei meinem Kollegen Bep­po Muchitsch bedanken, der da federführend die Gespräche geführt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun darf ich mich mit dem Tagesordnungspunkt 5 ganz kurz auseinandersetzen. Darin wird gefordert, dass im Sinne der gemeinsamen Prüfung lohn­abhängiger Abgaben (GPLA) Umqualifizierungen von Selbständigen zu Unselbständigen nicht gegen den Willen der Betroffenen möglich sind, sofern diese ein jährliches Brut­toeinkommen von 24 000 € zur Selbständigkeit erwirtschaften.

Meine Damen und Herren! Unabhängig von einer möglichen Diskussion um die Zu­sammenlegung von Sozialversicherungseinrichtungen hier einige Grundsätze von mei­ner Seite: Im Bereich der Sozialversicherung gibt es das Prinzip der Pflichtversiche­rung. Dies tritt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen unabhängig vom Wil­len der betroffenen Person in Kraft. Das bedeutet das Entstehen eines Versicherungs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 176

verhältnisses kraft Gesetzes, das unabhängig vom Willen des Versicherten und der Ver­sicherungsträger stattfindet. Der Gesetzgeber ordnet weiters bestimmte Personengrup­pen den entsprechenden Sozialversicherungsträgern zu.

Wahlmöglichkeiten zwischen Versicherungsträgern würden zwangsläufig zu Verschlech­terungen für Personen mit hohem Risiko führen, wie alten und chronisch kranken Per­sonen. Junge und gesunde Menschen würden von dem Versicherungsträger umwor­ben werden, alte und kranke Menschen würden an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es geht jetzt darum, diesen in Rede ste­henden Tagesordnungspunkt auch zur Abstimmung zu bringen. Von unserer Seite wird es dazu keine Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.56.41

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Tagesordnungs­punkt 7 betreffend nichtpfändbaren Grundbetrag: Dieser Entschließungsantrag vom Kol­legen Hagen zeigt deutlich auf, dass in diesem Bereich dringender Handlungsbedarf be­steht. Der derzeitige nichtpfändbare Grundbetrag von 858 € ist einfach zu wenig, ist nicht mehr zeitgemäß und gehört entsprechend erhöht.

In Österreich sind, wie wir vorhin gehört haben, immer mehr Menschen von Armut be­troffen. Viele von ihnen können sich den Lebensunterhalt nicht mehr leisten oder ihn nicht ausreichend finanzieren. Nicht nur Alleinerziehende sind davon betroffen, auch im­mer mehr Jungfamilien, aber auch Pensionistinnen und Pensionisten und Teilzeitbeschäf­tigte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt sogar Menschen, die sich mit einer Vollzeitbeschäftigung den Lebensunterhalt nicht mehr leisten können. Deshalb ist es un­bedingt notwendig, diesen nichtpfändbaren Grundbetrag zu erhöhen und den Anforde­rungen der heutigen Zeit anzupassen. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

16.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


16.57.56

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit)|: Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Ich spreche zum Thema „Erhöhung des nichtpfändbaren Einkommens“. Die Le­benserhaltungskosten steigen gegenüber den unselbständigen Einkommen in einer nicht vertretbaren Größenordnung. Daraus resultiert eine zunehmende Zahl an Personen, wel­che ihren Zahlungsverpflichtungen, wenn überhaupt, nur bedingt nachkommen können. Exekutionen auf einen jetzt gesetzten Grundbetrag von 857 € sind die Folge daraus. Mit diesem Betrag von 857 € erscheint der Mindestaufwand für Wohnraum, Betriebs­kosten, Lebensmittel et cetera nicht finanzierbar. Dies wiederum hat eine weitere zu­nehmende Abwärtsentwicklung zur Folge, somit einen Teufelskreis.

Auch die anhaltend hohe und stetig steigende Zahl Arbeitsloser verschärft diese Situa­tion massiv. Der Zeitraum einer Pfändung auf das Existenzminimum ist in den meisten Fällen langfristig und größtenteils aussichtslos zu bedienen. Weitere Pfändungen sind die Folge, und allfällige Gerichtsgebühren sind überdeckend und hochpreisig.

Es ist unbestritten, dass der Wirtschaft durch Pfändungen ein hoher Schaden entsteht, wobei die verpflichteten Personen in allen Alters- und Berufsgruppen zu finden sind. In zahlreichen Fällen geht mit einer Pfändung auf das Existenzminimum von 857 € der Verlust der Wohnung einher, sodass schlussendlich wieder der Sozialstaat gefordert ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 177

Im Sinne zunehmender Preissteigerungen ist es erforderlich, das Existenzminimum ent­sprechend anzupassen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.59


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.00.05

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Ganz kurz: Herr Kollege Vogl, Sie haben recht, ich habe die Ausgleichszu­lage heute in meiner Rede nicht erwähnt. Wir haben aber im Ausschuss darüber ge­sprochen und das dort auch abgelehnt.

Noch ein paar Worte: Es waren gar nicht Sie, sondern eigentlich die Kollegin Dietrich, die diese Idee jetzt so gelobt hat. – Frau Kollegin Dietrich, ich finde diese Idee nicht be­sonders gut. Ich glaube, die Ausgleichszulage ist etwas, was vor allem Frauen betrifft, und wenn Frauen, was oftmals vorkommt, eben nur wenige Jahre für Versicherungs­leistungen gesammelt haben, hat das viele Gründe – in der Mehrheit sind es Kinderer­ziehungszeiten. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Wenn man eine Reform der Ausgleichszulage anstrebt, dann würde ich mir eher wün­schen, dass es in die Richtung geht, dass diese unabhängig vom Partnereinkommen berechnet wird. Das würde nämlich zu einem Vorteil für die Betroffenen führen. Damit könnten wir uns anfreunden.

So, wie Sie sich das vorstellen – dass es quasi gekürzt werden soll und nur für einige wenige gilt; wie auch immer das ist –, wollen wir es nicht, denn ich glaube nicht, dass irgendjemand, der in dieser Republik arbeiten geht, plant, dass er einmal eine niedrige Pension bekommt. Das ist sicherlich nicht etwas, was jemand mit Absicht macht.

Das ist ein etwas eigenartiger Text, bei dem mir auch nicht ganz verständlich ist, wie Sie darauf kommen, dass es eine Lebensplanung sein kann. Es kann passieren. Es kann auch so sein: Viele Menschen, vor allem auch in der Gastronomie, haben das Pro­blem, dass sie gar nicht wissen, dass sie nur mit einem geringen Betrag angemeldet sind, dass sie eigentlich mehr arbeiten als das, was die Grundlage für die Versicherung bildet.

Das alles sind Dinge, die dazu führen können, dass die Pension sehr gering ist, und daher werden wir diesem Antrag nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

17.01

17.01.42

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, wie immer über jeden Ausschussantrag getrennt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 1185 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt diesem Gesetz auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum einstimmig, somit ist das auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Je­newein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 178

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Minderheit, somit ist der Antrag abge­lehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1221 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Dieser ist mehrheitlich angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1222 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, somit ist der Antrag angenommen.

Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1223 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist wiederum die Mehrheit, somit ist der Antrag ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1224 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Mehrheit, somit ist der Antrag angenommen.

17.04.048. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (1150 d.B.): Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenk­stätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG) (1228 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen jetzt zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Es erfolgt keine mündliche Berichterstattung.

Die erste Wortmeldung dazu kommt vom Herrn Abgeordneten Dr. Walser. – Bitte.

 


17.04.24

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Nun liegt ein sehr sensibles Gesetz vor uns, das wir zu besprechen und über das wir ab­zustimmen haben. Die Gedenkstätte Mauthausen hat in den letzten Jahren prinzipiell ei­ne durchaus positive Entwicklung genommen, und es wäre heute eine große Chance ge­wesen, hier ein modernes Gesetz zu schaffen, das auch den Bedingungen des 21. Jahr­hunderts entspricht. – Dem ist leider nicht so.

Diesbezüglich verweise ich nicht nur auf die Kritik, die wir Grüne vorbringen, sondern da gibt es auch massive internationale Kritik. In diesem Zusammenhang freut es mich sehr, dass ich heute die stellvertretende Missionschefin der Republik Polen begrüßen darf, Frau Mag. Szmigiel-Turlej. Herzlich willkommen bei uns im Parlament! (Allgemei­ner Beifall.)

Polen hat wie etliche andere Staaten – Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Italien und so weiter – gebeten, man möge, wenn man hier ein Gesetz schafft, berücksichtigen, dass für viele außerhalb Österreichs, für viele außerhalb Deutschlands der Platz in Gusen, die sogenannten Nebenlager in Gusen, die ja ursprünglich ebenfalls Konzentrationsla­ger waren und auch so genannt wurden, wichtig ist, weswegen man ihn mit in den Na­men aufnehmen möge. Ich halte das prinzipiell für keine unbillige Forderung, und ich hätte mir eigentlich erwartet, dass man darüber zumindest diskutiert, Herr Minister. – Wir haben das im Ausschuss besprochen, ein Gespräch ist dann leider nicht zustande ge­kommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 179

Ich möchte in diesem Zusammenhang einfach einmal zitieren, was auf der offiziellen Homepage der Gedenkstätte steht. – Zitat:

„Zwischen 1938 und 1945 waren etwa 190.000 Menschen aus mehr als 40 Nationen in den Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen oder in einem der Außenlager inhaf­tiert. Mindestens 90.000 Personen wurden getötet.“

Also hier, auf der offiziellen Homepage, ist das eigentlich so benannt, wie das verschie­dene Häftlingsorganisationen, aber vor allem auch die Repräsentanten ausländischer Staa­ten wollen. Für mich ist schwer verständlich, warum das nicht berücksichtigt wor­den ist.

Es steht weiters an anderer Stelle Folgendes: „Bis zur Befreiung des KZ Mauthausen/
Gusen wurden mehr als 40 Außenlager errichtet“, und so weiter und so fort. – Also Sie sehen, das wäre schon einmal ein doch wesentlicher Grund: weil das ja auf der offi­ziellen Homepage der Gedenkstätte so vermerkt ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass in den Lagern in Gu­sen – es gab ja mehrere Lager in Gusen – mehr Menschen ums Leben gekommen sind als im sogenannten Stammlager Mauthausen. Also auch das wäre von der Bedeutung her natürlich entsprechend hervorzuheben gewesen, und ich hoffe, Herr Minister, dass in diesem Zusammenhang noch nicht das letzte Wort gesprochen ist und dass wir noch diskutieren können.

Das ist keine unbillige Forderung, und ich meine, es wäre der Sache wert, dass man sich hier auch mit den entsprechenden Initianten auseinandersetzt. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Zweiten, und da möchte ich wieder zitieren: Was ist die Zielsetzung dieses Geset­zes? – Es steht Folgendes in den Erläuterungen zum Gesetz:

Es „soll (…) eine effiziente, inhaltlich autonome, unbürokratische und international ver­gleichbare Einrichtung etabliert werden, die weiterhin unter wirtschaftlicher und auch par­lamentarischer Kontrolle des Bundes geführt wird.“

Dieser Zielsetzung wird dieses Gesetz nicht gerecht! Meine Damen und Herren, da ha­ben wir gleich mehrere Punkte, die hier drinstehen, die wir alle begrüßt hätten, wenn sie denn umgesetzt worden wären, die aber nicht umgesetzt werden.

Zu den Zielsetzungen, die nicht erreicht werden können: Die bisherige Abhängigkeitsstruk­tur, Herr Minister, von Ihnen, vom Innenminister, wird de facto nicht beseitigt. Nach wie vor ist es so, dass Sie es sind, die den Leiter/die Leiterin bestellen, dass Sie es sind, die die führenden Positionen innerhalb der Gedenkstätte besetzen. Das Kuratorium hat nicht einmal das Recht, darüber abzustimmen. – Ja, was ist das für eine Struktur im 21. Jahrhundert, wo ein Mann oder eine Frau – ich denke an Ihre Vorgängerin – das Sa­gen hat? Das kann bitte nicht sein! Hier wollen wir mehr Demokratie!

Und weil es im Ausschuss geheißen hat, dass alle dafür waren, darf ich schon aus dem Begutachtungsverfahren zitieren. Die Vermittler, die in Mauthausen eine hervorragen­de Arbeit machen, die sehen das nämlich anders und die sagen, dass dieses Gesetz de facto – ich zitiere – „keine Auslagerung zum Ziel“ hat. Also auch dort ist heftige Kri­tik vorhanden.

Heftige Kritik von unserer Seite gibt es auch an der nach wie vor bestehenden Proporz­struktur. Dieses Memorial, wie es ja genannt wird, ist – tut mir leid! – ein Proporzme­morial, denn nach wie vor ist gesichert, dass Rot und Schwarz entsprechend im Kura­torium Stimmrecht haben und Vertreterinnen und Vertreter entsenden können. Auch da, würde ich sagen, wäre es dringend geboten gewesen, dass wir unabhängige Wissen­schafterinnen und Wissenschafter und dass wir nicht Beamte aus den Ministerien in dieses Kuratorium entsenden, die noch dazu weisungsgebunden sind. Auch das passt nicht ins 21. Jahrhundert.


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Wir haben ja überhaupt weiter gehende Vorschläge gemacht: Wir wollten eine Stiftungs­lösung, wir wollten uns an großen Museen orientieren, an großen Gedenkstätten im Aus­land, etwa auch an der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Wir finden übrigens auch dort den Doppelnamen: Auch dort ist nicht nur das sogenannte Stammlager Auschwitz, son­dern auch das Vernichtungslager Birkenau im Namen enthalten.

Ich könnte jetzt noch eine ganze Reihe weiterer Punkte anführen, etwa die chronische Unterfinanzierung dieser Gedenkstätte, die auch nach dem neuen Gesetz – trotz an­ders lautender Versprechungen – nicht beseitigt wird. Nach wie vor müssen die dort Ver­antwortlichen Jahr für Jahr um das Geld betteln, und das ist einer modernen Gedenk­stätte einfach unwürdig.

Ich schließe mit einem Verweis auf den Gedenkstättenpapst, so wird er in Deutschland genannt, Jörg Skriebeleit, den Leiter der Gedenkstätte in Flossenbürg. Er war vor drei Monaten in Wien, und er hat, als man ihm den Entwurf gezeigt hat, mit einem Lächeln im Gesicht gesagt, das ist eine typisch österreichische Lösung – und, meine Damen und Herren, seien Sie versichert, er hat es nicht positiv gemeint.

Sie haben eine große Chance vertan. Ich hoffe, dass hier in Hinkunft noch Gespräche ge­führt werden können, damit wir zu einer Lösung kommen, die Österreichs würdig ist. Es handelt sich um die zentrale Gedenkstätte der Republik, und da müssen wir bitte ei­ne andere Lösung auf den Weg bringen. (Beifall bei den Grünen.)

17.12


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl gelangt als nächster Red­ner zu Wort. – Bitte.

 


17.12.44

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Zunächst zu meinem Vorredner: Herr Kollege Walser, Sie sind, glaube ich, Bildungspolitiker, und Bildung hat für mich etwas mit Wissenschaftlichkeit und mit Se­riosität zu tun – und die habe ich jetzt bei Ihnen vermisst.

Es tut mir wirklich sehr, sehr leid, denn der Einleitungssatz, den Sie geäußert haben, war vollkommen richtig: Es handelt sich um ein sehr sensibles Thema.

Als Gegenpol zu den Grünen möchte ich ganz besonders die NEOS hervorheben: Die NEOS haben im Ausschuss so wie Sie, Herr Kollege, einzelne Punkte kritisiert, aber bei ihnen geht das gemeinsame Ganze für die Republik, für die Gedenkarbeit vor, sie stim­men heute zu. Wenn Sie wahres Interesse an Gedenkarbeit und an nachhaltiger Absi­cherung hätten, dann würden Sie heute zustimmen, das muss ich Ihnen wirklich sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Walser.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können heute nämlich stolz auf das Par­lament sein: Wir können auf das Parlament stolz sein, weil dieses Parlament heute hier die erste gesetzliche Absicherung dieses Mahnmals Mauthausen/Gusen und aller rund 40 Außenlager trifft. Das ist das, was wir heute positiv hervorheben können. Das ist das, was Sie kritisieren – wobei das Gegenteil der Fall ist: Der Innenminister kann nämlich in Zukunft nicht mehr alleine entscheiden, wie er die KZ-Gedenkstätte Mauthausen un­terstützt. (Abg. Walser: Die führenden Positionen, habe ich gesagt!) Ganz im Gegen­teil: Es entscheidet das Kuratorium unter Anhörung des wissenschaftlichen und Inter­nationalen Beirates, Herr Kollege, und das Kuratorium entscheidet das Gedenkstätten­konzept. Nur dieses Kuratorium! Und anhand dieses Gedenkstättenkonzepts hat der Ge­schäftsführer seine Geschäfte zu führen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Walser.)

Besser kann man es nicht aufstellen, Herr Kollege Walser! (Beifall bei der ÖVP.) Die­ses Hohe Haus verdient sich einen Applaus, wie sich auch die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter des Bundesministeriums für Inneres einen Applaus verdienen, die in jahrelan-


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ger Kleinarbeit mit den Opferverbänden, mit den Leuten vor Ort, mit den Angestellten zu dieser seriösen Lösung gekommen sind. Vielen, vielen Dank für diese nachhaltige Ge­denkstättenarbeit! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Walser.)

Weil Sie, Herr Kollege Walser, gesagt haben, das Memorial wäre nicht finanziell abge­sichert: Auch das ist mir ganz besonders wichtig. Wenn Sie sich dieses Gesetz hin­sichtlich der Finanzierung anschauen, so findet sich im § 4, dass die Republik Öster­reich in Zukunft verpflichtet ist, dieser KZ-Gedenkstätte jährlich anzupassende finan­zielle Zuwendungen zu geben – jährlich anzupassende! (Zwischenruf des Abg. Wal­ser.) Sogar für Notfälle ist in diesem Gesetz vorgesorgt! (Abg. Walser: … dann he­rausgenommen! Im Entwurf war es noch drinnen, warum haben Sie es herausgenom­men?)

Noch dazu, Herr Kollege Walser, bekommt diese Bundesanstalt eine gewisse Eigen­ständigkeit – eine Eigenständigkeit insofern, als sie Drittmittel einnehmen kann, und ei­ne Eigenständigkeit insofern, als man sie mit Schenkungen bedenken und dass man die­ser Bundesanstalt auch Erbschaften zukommen lassen kann. (Abg. Walser: Die dann dem Minister abgeliefert werden müssen!) Damit wird diese Gedenkstätte in Zukunft bes­ser abgesichert, als sie je zuvor abgesichert war. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Walser.)

Das Gesetz sichert dieser Gedenkstätte aber auch mehr Unabhängigkeit, nämlich durch ein unabhängiges Kuratorium, das einen Aufsichtsrat hat. – Sie sprachen von Proporz. Ich möchte Sie darauf hinweisen, was in dem Gesetz steht:

„Die Bundesanstalt hat wissenschaftliche, pädagogische, kultur- und gedenkpolitische Auf­gaben in gemeinnütziger Weise öffentlich wahrzunehmen.“

Dass daher das Wissenschaftsministerium miteinbezogen ist, dass daher das Unter­richtsministerium miteinbezogen ist und dass daher das Bundeskanzleramt als für Kul­tur zuständige Einheit miteinbezogen ist, versteht sich wohl von selbst! (Abg. Walser: Lieber wären mir Fachleute!) So denkt nur der Schelm, wenn er meint, das wäre Proporz.

Hier geht es um Inhalt, hier geht es um Nachhaltigkeit, und ich glaube, wir können sehr, sehr stolz darauf sein, dass wir hier diese Gedenkarbeit als Teil unseres demokrati­schen Selbstverständnisses gesetzlich verankern, denn im Gedenken und im Erinnern soll uns niemand übertreffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.17


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


17.17.35

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Mit dem Gedenkstättengesetz und der Gründung der Bundes­anstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ legen wir heute als Na­tionalrat ein klares Bekenntnis zur antifaschistischen Erinnerungs- und Aufklärungsar­beit ab und übernehmen, wie das Kollege Gerstl bereits angesprochen hat, sowohl poli­tische als auch budgetäre Verantwortung für die Erinnerungsarbeit in Mauthausen, in Gu­sen, aber auch in allen anderen fast 50 ehemaligen Außen-, Neben- und Arbeitslagern in ganz Österreich.

In diesen Stätten der Unmenschlichkeit, des Grauens und des Todes wurden vom NS-Unrechtssystem zwischen 1938 und 1945 etwa 190 000 Menschen unter unmenschli­chen Bedingungen inhaftiert, zur Zwangsarbeit genötigt und fast 90 000 Männer, Frau­en und Kinder von den Nazi-Schergen ermordet.

Zur Geschichte: Vor fast 70 Jahren hat die sowjetische Militärbehörde der Republik Ös­terreich dieses Gelände mit der Auflage übertragen, einen Gedächtnisort zu errichten,


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und heute verlagern wir diese Verantwortung auf Basis einer gesetzlichen Grundlage aus dem Innenministerium hin zu einer Struktur mit einer professionellen Geschäfts­führung, mit einem Kuratorium, mit wissenschaftlichen Fachbeiräten und dem Forum Mauthausen.

Kollege Walser, wir haben im Ausschuss darüber diskutiert, wir hatten gestern eine Aus­sprache mit dem Botschafter der Visegrád-Staaten: Es stimmt, dass vor allem die pol­nische Seite den Namen Gusen beifügen wollte. Es gibt jedoch auch die Stellungnah­me des Comité International de Mauthausen, in der man sich dagegen ausspricht und für eine Gleichstellung aller Neben- und Arbeitslager in ganz Österreich plädiert.

Ich hielte es für fair, in der Argumentation beide Seiten zu beleuchten. Das Ergebnis der gestrigen Botschafter-Aussprache war, dass uns der aktuelle Vertreter der Vise­grád-Gruppe zu dieser gesetzlichen Maßnahme herzlich gratuliert hat. Kollege Walser, du bist neben mir gesessen, und die anderen Kollegen haben das ebenso gehört wie ich. (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte ist auch eine gute Gelegenheit, all je­nen Dank zu sagen, die seit Generationen engagierte Gedenkstättenarbeit leisten, die es geschafft haben, aus einem Denkmal einen Ort des Vermittelns, des Lernens und der Mahnung zu machen. Stellvertretend dafür möchte ich vor allem den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern des Mauthausen Komitees, den Überlebenden, die als Zeitzeu­gen gewirkt haben, den österreichischen und internationalen Opferverbänden und den vielen jungen Menschen, die in diesen Gedenkstätten ihren Gedenkdienst ableisten, sehr herzlich danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie aktuell die antifaschistische Arbeit heute ist, zeigt der Verfassungsschutzbericht, den ich jetzt aus Zeitgründen nicht mehr zitieren kann. Ich würde empfehlen, die aktuellen Entwicklungen nachzulesen. Dazu kommt die Kom­munikation in den Social Media, wo Hass und Denunziation zum Tagesgeschäft wer­den, aber auch ein inakzeptabler politischer Stil, der vor wenigen Tagen zum politischen Mord in Großbritannien an Kollegin Cox führte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Beschlussfassung dieses Gesetzes ger­ne einer großen Frau widmen, nämlich der Nationalratsabgeordneten außer Dienst Ro­sa Jochmann, die vom Austrofaschismus eingekerkert war, von den Nazis im KZ Ra­vensbrück inhaftiert wurde, die dort ihren Mitkolleginnen und -kollegen Mut und Zuver­sicht gegeben hat und ihr gesamtes politisches Leben in den Dienst der Mahnung, der Aufklärung und der Demokratie gestellt hat. Ich bin mir sicher, Rosa Jochmann wäre sehr glücklich über die heutige Entscheidung. „Wir werden niemals vergessen!“ – Die­ses Versprechen werden wir heute mit einem konkreten politischen Beschluss unter­streichen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


17.22.37

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Hohes Haus! Wir werden diesem Gesetz zustimmen. Die Bedeutung dieser Ge­denkstätte ist unumstritten, die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung ist ebenso unum­stritten. Wir haben im Ausschuss Kritik geübt, und man muss da vielleicht zwei Dinge un­terscheiden: zum einen den formalen Prozess dieser Ausgliederung und zum anderen die Inhalte. Die Inhalte sind vielleicht nicht einmal unbedingt unsere Sache hier im Par­lament, vor allem wenn man sich einer Forderung anschließt, in diesem Zusammenhang etwas größer zu denken und über eine internationale Stiftung zu gehen.

Was haben wir kritisiert, durchaus auch im Ausgliederungsprozess? – Dass jetzt die Vor­gänge ein Stück weit der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden. Auch wenn das


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dementiert wurde, der Rechnungshof sieht das anders und meint, die Beschränkung der parlamentarischen Kontrolle stellt einen besonders schwerwiegenden Nachteil dar, ebenso die fehlende Kontrollbefugnis durch die Volksanwaltschaft.

Des Weiteren haben wir durchaus auch die Zusammensetzung des Kuratoriums be­mängelt, nicht nur im Sinne des Proporzes, sondern auch weiterführend im Hinblick auf Sozialpartner, was in Österreich doch einen gewissen Anachronismus und eine gewis­se Unmodernität darstellt.

Inhaltlicher Natur hätten wir uns mehr Unabhängigkeit gewünscht, eine Internationali­sierung. Das heißt nicht, dass man budgetäre Verantwortung oder die Verantwortung zur Aufrechterhaltung in diesem Sinne in irgendeiner Form abgeben muss, man trennt nur das Formale vom Inhaltlichen.

Wir sind nicht bei der ganz großen Lösung gelandet, sondern vielleicht bei einer Zwi­schenlösung. Wir verschließen uns aber keiner Weiterentwicklung und hoffen, dass wir hier inhaltlich weiter darüber sprechen können, die Kritik auch gehört wird und man dem­entsprechend handelt. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.24


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Hagen ist der nächste Redner. – Bitte.

 


17.24.34

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich verstehe die Kritik der Grünen nicht, muss ich ganz klar sagen. Wir vom Team Stro­nach werden dieser Gesetzesvorlage klar zustimmen. Ich glaube, es ist wichtig, dass Mauthausen – das ist jedem Österreicher ein Begriff – nach wie vor als Mahnmal erhal­ten und auch dementsprechend ausgebaut wird, damit die Menschen das sehen, was nie wieder passieren sollte.

Meine Damen und Herren! Wir hatten – das ist von Kollegen Weninger schon ange­sprochen worden – gestern ein Treffen mit den vier Visegrád-Botschaftern und haben auch über dieses Thema gesprochen. Ich habe mir ein paar Stichworte aufgeschrieben und anhand derer möchte ich einfach darstellen, warum ich die Kritik der Grünen nicht verstehe.

Der Sprecher der Visegrád-Gruppe hat gesagt, sie waren von Anfang an gut eingebun­den, wir hätten gute Arbeit geleistet, sie geben uns 99,9 Prozent Unterstützung, es war ein guter Diskussionsprozess. Herr Kollege Walser, Sie sind selbst dort gesessen, Sie wis­sen es, Sie haben nichts mehr dazu gesagt. Das Einzige, das der Botschafter aus Polen noch angeregt hat – und das wurde hier auch schon gesagt –, war, er hätte gerne die­se fünf Buchstaben, nämlich Gusen, und einen Bindestrich zwischen Mauthausen und Gusen. Das wäre der Wunsch gewesen, aber Polen könne mit der jetzigen Situation auch gut leben. Ich glaube, das sagt eigentlich alles. Das ist kein österreichischer Parlamen­tarier, das ist jemand, der das von außen sieht, der miteingebunden worden ist, und ich glaube, das ist gut so.

Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Gesetzentwurf ist auch geregelt, dass die Einnahmen für den Betrieb dieser Gedenkstätte verwendet werden können. Ich finde das positiv im Sinne der Sparsamkeit, für die wir dem Steuerzahler gegenüber auch ver­antwortlich sind. Das Geld, das dort verdient wird, kann, wenn es nicht für den Erhalt gebraucht wird, auch in dem Bereich eingesetzt werden, sodass kein Überschuss er­wirtschaftet wird. Dass der Steuerzahler dann wieder dafür aufkommen müsste und dann irgendwo irgendetwas gekauft werden würde, das fände ich nicht gut. Diese Regelung finde ich gut.

Auch die Rechnungshofkontrolle ist ein richtiger Schritt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 184

Was mir ein bisschen aufgestoßen hat: dass in den Aufsichtsräten und Beiräten die Ge­werkschaft wieder eine Rolle spielen musste. Da sieht man wieder einmal, dass die Re­gierungsparteien den Proporz doch nicht ganz ablegen können. Selbst dort wird der Pro­porz noch so geführt, dass jede Partei ihre Vertreter dort sitzen hat. Aber das sind Klei­nigkeiten.

Im Großen und Ganzen ist das Gesetz so, wie es ist, in Ordnung, und deswegen wird das Team Stronach auch gerne zustimmen. – Danke. (Beifall der Abgeordneten Lugar und Weninger.)

17.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Sobotka zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.27.38

Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete des Hohen Hauses! Ich glaube, mit diesem Ausgliederungsverfahren des Gedenkortes Mauthausen ist ein ganz we­sentlicher Schritt gegangen worden. Ich darf mich vorab schon herzlich für die intensi­ve Diskussion bedanken. Sie zeigt auf der einen Seite die internationale Verantwor­tung, die wir übernommen haben, indem wir mit dieser Bundesanstalt diesen Ort in ganz besonderer Art und Weise in die Reihe der großen Gedenkorte auch Deutschlands und Polens einreihen.

In der Diskussion um den Namen – Sie können ein Für und Wider einbringen – haben wir uns bemüht, einen Kompromiss zu finden. Ich glaube, mit der letzten Endes in An­lage 1 aufgezählten Reihe aller bisher erwiesenen Außenlager ist ein Kompromiss ge­lungen, den auch andere, die mit der Hinzufügung eines Namens nicht einverstanden wa­ren, mittragen.

Es wurde auch immer wieder die Frage gestellt: Warum geht man keine Stiftung ein? – In Deutschland, meine Damen und Herren, hat man Stiftungen eingerichtet, wo man per­manent nachstiften muss. Letzten Endes können Stiftungen kein wirkliches Fundament geben, um den Stiftungszweck nachhaltig, auch in der Frage der parlamentarischen Kontrolle, zu erhalten. Mit der Stiftung gibt die Republik die Verantwortung quasi voll­kommen aus der Hand. Die Bundesanstalt ist, glaube ich, ein bewährtes Modell in Ös­terreich. Viele unserer Organisationen sind als Bundesanstalt ausgegliedert worden und haben sich auf dem Markt hervorragend bewährt, haben sich auch hervorragend darin bewährt, sich international zu vernetzen.

Die Gedenkstätte hat sich bis heute ganz wesentlich gewandelt, und zwar aus der Si­tuation heraus. Im Jahr 1947 aus der russischen Verwaltung in die Öffentlichkeit der Re­publik gelangt, hat sich gezeigt, dass man bislang schon wesentliche Teile des ehema­ligen Vernichtungs- und Konzentrationslagers Mauthausen vernichtet hat. Es ist somit kein historisches Denkmal, sondern ein Gedenkort der besonderen Art, wo man sehr bald daran gegangen ist, auch Vermittlungsarbeit zu betreiben, die am Anfang von den Überlebenden und von der nächsten Generation wahrgenommen wurde.

Heute leistet diese Vermittlungsarbeit ein breites Team an Vermittlern in den unterschied­lichsten Formen, und ich denke, dass nicht nur die Vermittlung, sondern auch die For­schungsarbeit – vor allem wenn wir uns an die Worte des erst kürzlich verstorbenen Elie Wiesel erinnern: dass, wenn wir die Erinnerung an die Toten dieses Massenmor­des und des Verbrechens der Nazizeit auslöschen, wir sie ein zweites Mal ermorden – eine Verpflichtung darstellen, dass die Forschungsarbeit gerade heute eine ganz we­sentliche geworden ist. Wir dürfen – und da bitte ich noch einmal alle, ihr Stimmverhal­ten zu überdenken – darauf stolz sein, was die Wissenschafter, die Vermittler und schluss­endlich auch die Geschäftsführung dort leisten. Und durch die gesicherte Dotierung hat


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man, glaube ich, gezeigt, dass man die finanzielle Verantwortung auch für die Zukunft sehr, sehr ernst nimmt.

Betrachten Sie die lange Geschichte dieses Gedenkortes! Es hat sich gezeigt, dass ge­rade in den letzten Jahren mit dem Besucherzentrum und vor allem mit dem Raum der Namen nicht nur der Opfer gedacht wurde, sondern dass dadurch auch ganz deutlich zum Ausdruck kommt, dass es um ein individuelles, sehr persönliches Mahnen und Ge­denken geht, das dort wahrgenommen werden kann.

Über die einzelnen unterschiedlichen Interpretationen mag man auch unterschiedlicher Meinung sein, aber hier geht es um ein größeres Ganzes der Republik. Es geht um ein größeres Ganzes, das in unserer gemeinsamen Verantwortung liegt. Die einzelnen doch eher unterschiedlich bewerteten – ich will es nicht anders benennen –, unterschiedlichen Zugänge werden nicht wirklich eine einstimmige Beschlussfassung des Nationalrates möglich machen. Dass das jetzt aber auch keine Endstation sein soll, sondern einer Wei­terentwicklung bedarf, das haben meine Vorredner schon zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, wenn es eine lebendige Weiterentwicklung geben soll, dann bietet gerade die­se Bundesanstalt – vergleichen Sie sie mit den anderen Bundesanstalten – eine Mög­lichkeit, diese Weiterentwicklung positiv zu begleiten.

Ich ersuche Sie noch einmal um eben diese große Gemeinsamkeit in dieser großen Ver­antwortung, die wir gerade auch unserer heutigen Generation gegenüber in besonde­rem Maße haben, wenn es darum geht, extremistischen Tendenzen demokratisch ein­deutig entgegenzutreten. Ich ersuche Sie, dieser Verpflichtung nachzukommen.

In diesem Sinne freue ich mich über die Diskussion und ersuche noch einmal um die An­nahme dieser Vorlage. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Prinz zu Wort. – Bitte.

 


17.33.42

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Ich darf gleich zu Beginn folgenden Antrag einbringen – Hintergrund ist letztlich die Änderung des Bundesministeriengesetzes mit 1. Juli 2016 –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Otto Pendl, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1228 der Beilagen) betreffend
die Regierungsvorlage zu einem Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt
„KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG) (1150 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG) (1150 der Beilagen) in der Fassung des Berichts des Ausschusses für innere Angele­genheiten wird wie folgt geändert:

In § 8 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „und Frauen“.

*****

Ich glaube, man darf mit Fug und Recht behaupten, dass es sich um ein wirklich schlan­kes Gesetz handelt, das den Anforderungen, sowohl was national als auch internatio­nal betrifft, absolut gerecht wird und auch entspricht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 186

Die Errichtung einer Bundesanstalt ist wirklich ein in die Zukunft gerichteter Weg. Das Bundesministerium für Inneres garantiert ja auch die entsprechende Absicherung, was zum Beispiel die wirtschaftliche Basis betrifft.

Von Vorrednern schon angesprochen worden ist der Austausch mit anderen Gedenk­stätten. Mauthausen, die Gedenkstätte Mauthausen ist letztlich ein Ort des Gedenkens. Es geht darum, dass wir aus dem damaligen Geschehen lernen, dass wir aber auch Wis­senswertes und Werte vermitteln. Man kann vielleicht auch sagen, es geht um Präven­tion, um Präventionsarbeit, um: Wehret den Anfängen! Die Gemeinden der Region, wie beispielsweise Mauthausen, Langenstein, St. Georgen an der Gusen, haben sich zur Be­wusstseinsregion zusammengeschlossen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gedenkstätte Mauthausen leisten wirklich her­vorragende, wertvolle und gute Arbeit. Ich habe ja manchmal selbst Gelegenheit, bei den Befreiungsfeiern, die immer im Mai sind, dabei zu sein, und darf daher kurz auf die Befreiungsfeier vom 15. Mai in Mauthausen zu sprechen kommen. Ich darf dem Vorsit­zenden des Mauthausen Komitees, Willi Mernyi, wirklich Respekt zollen für seine Aus­sage zum Motto internationale Solidarität. Respekt, er hat in drei Sätzen perfekt gesagt, was notwendig ist!

Ich habe aber am Tag davor auch den Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, gehört. In Gusen leistet eine Gruppe von Personen wirklich wertvolle Arbeit – stell­vertretend genannt seien Herr Haunschmied oder Frau Martha Gammer –, aber mit der Aussage des Herrn Generalsekretärs Patzelt habe ich wirklich ein Problem. Kein Satz zur internationalen Solidarität, die im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen gefordert ist! Kein Satz, sondern nur Kritik an Österreich, Deutschland und Schweden! Das ist wirklich zu wenig.

Wenn man so wie ich beispielsweise am 15. Mai die Gelegenheit hatte, nach der Be­freiungsfeier bei der Feier im Raum der Namen die Präsentation dieser 85 000 Namen beziehungsweise vor allem der Biographien mitzuverfolgen – drei wurden stellvertre­tend erzählt beziehungsweise berichtet; einer davon war ein Überlebender, der berich­tet hat, dass sein Vater in Mauthausen umgekommen ist –, wenn man so etwas hört und vielleicht dabei ist, dann kann man die grüne Fraktion wirklich nur bitten, herzlich bitten, über ihren Schatten zu springen und mitzustimmen, weil das notwendig ist. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

17.37


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Prinz eingebrachte Abände­rungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Otto Pendl, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1228 der Beilagen) betreffend
die Regierungsvorlage zu einem Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt
„KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG) (1150 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG) (1150 der Beilagen) in der Fassung des Berichts des Ausschusses für innere Angele­genheiten wird wie folgt geändert:

In § 8 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „und Frauen“.


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Begründung

Mit dem Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wurde, BGBl. I Nr. 49/2016, ausgegeben am 1. Juli 2016, kam es zu einer Änderung im Be­reich des bisherigen Bundesministeriums für Bildung und Frauen. Mit dem Abänderungs­antrag wird diesem Umstand Rechnung getragen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


17.37.19

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat es angesprochen: Internationale Solidarität war das Thema der diesjährigen Befreiungsfeier in Mauthausen. Diesmal wurde der Ablauf der Befreiungsfeier auch umgedreht, man hat nicht einen gemeinsamen Einzug, sondern auch symbolisch diesen gemeinsamen Auszug, diese gemeinsame Befreiung gefeiert. Man kann Willi Mernyi und seinem Komitee, allen seinen Mitarbeitern, allen NGOs, mit de­nen er zusammenarbeitet, ganz einfach nur recht, recht herzlich danken.

Ich kann es auch nur noch einmal erwähnen: Wir haben am 20. Juni 1947 eine große Aufgabe bekommen. Die sowjetischen Militärbehörden haben das KZ Mauthausen in die Obhut der Republik Österreich gegeben. Wir haben uns dazu verpflichtet, und heute ha­ben wir tatsächlich die Möglichkeit, die gesetzliche Basis für diese Verpflichtung für Öster­reich zu legen.

Herr Kollege Walser, ich bin mit der Idee der Stiftung nicht einverstanden, denn wir ken­nen die Situation bei den Stiftungen: Da können wir Parlamentarier nicht nachschauen und nichts hinterfragen. Ich bin davon überzeugt, dass das eine gute Variante ist mit dem Konstrukt der Bundesanstalt mit einem Geschäftsführer, einem Kuratorium, dem wissenschaftlichen und dem internationalen Beirat. Die Bundesanstalt hat eine wissen­schaftliche, eine pädagogische und eine kulturell gedenkpolitische Aufgabe, die sie ge­meinnützig und öffentlich zu erfüllen hat.

Aufgrund der nationalen und internationalen gesellschafts-, staats- und bildungspoliti­schen Bedeutung ist Mauthausen ein Zentrum in Europa, ein Zentrum des Gedenkens in Europa. Ich darf nur einige Aufgaben dieser Bundesanstalt anführen: Die Prävention gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung ist einerseits eine der wichtigsten Maß­nahmen; ebenso hat die Bundesanstalt die Durchführung von wissenschaftlichen und pädagogischen Fachtagungen und die Förderung der Zusammenarbeit nationaler und in­ternationaler Verbände und Gedenkstätten zur Aufgabe.

Ich darf auch noch einmal ganz kurz auf das gestrige Treffen mit den Botschaftern der Visegrád-Staaten zu sprechen kommen, wo Seine Exzellenz Lorkowski auch noch ein­mal gesagt hat, es habe gute Arbeit gegeben, sie seien sehr, sehr gut eingebunden ge­wesen und es sei ein guter Diskussionsprozess gewesen. Und das Wichtigste, auch wenn Gusen nicht in der Überschrift steht, das Wichtigste ist, dass Mauthausen mit all seinen bis zu 50 Außenlagern, Nebenlagern und Arbeitslagern als Zentrum eines Ver­nichtungssystems innerhalb von Europa als Gedenkstätte bestehen bleibt.

Es ist unsere Aufgabe, dass wir diese internationale Erinnerungskultur, die speziell mit Polen seit dem Jahr 2000 sehr positiv funktioniert, im Sinne des Niemals-vergessen wei­tererhalten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. )

17.40


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 188

17.40.42

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Mit diesem heutigen Beschluss zum Gedenkstättengesetz set­zen wir sicherlich einen positiven Meilenstein in der Gedenkarbeit und Geschichtsver­mittlung hinsichtlich der Gräuel des NS-Regimes. Ich glaube, wir alle sind dazu aufge­rufen, dies in vielfältiger Art und Weise zu tun.

Ich selbst bin aus dem Mühlviertel, wo diese Gedenkstätte, dieses Memorial in Maut­hausen ist, und ich war vor ein paar Tagen bei einer Theateraufführung über den NS-Verbrecher Adolf Eichmann. Es ist schon bezeichnend und auch beklemmend, wenn man wahrnimmt, wie betroffen solche Schilderungen die Bevölkerung machen, wie wich­tig diese Geschichtsvermittlung ist und vor allem auch, dass das sehr vielfältig bei den Schülern praktiziert wird und die Schüler diesbezüglich eingebunden werden.

Ich glaube, die Republik Österreich, wir im Parlament haben die Verantwortung, diese Gedenkarbeit zu leisten und die entsprechenden Strukturen zu schaffen. Mit dem Ge­denkstättengesetz und der Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthau­sen/Mauthausen Memorial“ setzen wir einen sehr wichtigen Schritt.

Es wurde von meinen Vorrednern auch schon sehr viel über die Zielsetzung, dabei ei­nen professionellen Museumsbetrieb mit umfassender Geschichtsvermittlung zu eta­blieren, gesprochen. Wichtig dabei ist, und das ist auch schon oft gesagt worden, die Struktur, die internationale Einbindung mit dem Internationalen Beirat, dem wissenschaft­lichen Beirat und dem Kuratorium. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dies auf entspre­chend breite Basis zu stellen.

Ich möchte dem Innenminister und dem Innenministerium ausdrücklich dafür danken – viele Vorredner haben das auch schon gemacht –, dass der Prozess, der zu dieser Bun­desanstalt geführt hat, derart professionell und breit und partizipativ aufgesetzt wurde. Ich war gestern bei dieser Aussprache mit den Botschaftern der Visegrád-Staaten da­bei, diese haben uns unisono dazu gratuliert, wie wir diesen Prozess aufgesetzt haben, und sie haben auch betont, dass die Einbindung der Opferstaaten und der Opferver­bände sehr breit war, sehr positiv war. Sie drängen darauf und bitten, diesen guten Pro­zess fortzusetzen.

Auch die Frage der Namensgebung wurde dort angesprochen, meine Vorrednerin Lue­ger hat bereits darauf hingewiesen: Wichtig ist ihnen nicht allein die Bezeichnung, son­dern dass auch alle Nebenlager mit diesem Memorial gemeint sind. Sie haben uns ge­beten, das im Parlament noch einmal zu betonen; das tun wir, da auch im Anhang die­ses Gesetzes ganz klar festgelegt wird, dass Mauthausen und alle Nebenlager damit ge­meint sind.

Ich bin überzeugt davon, dass wir einen sehr positiven Schritt setzen. Der Prozess war mustergültig, und wir setzen wirklich einen positiven Schritt – danke dafür. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.43


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1150 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Amon, Pendl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Amon, Pendl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend § 8 Abs. 1 eingebracht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 189

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen wollen, mir ein Zeichen zu geben. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.44.299. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (1151 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Poli­zeikooperationsgesetz und das Waffengebrauchsgesetz 1969 geändert werden (Prä­ventions-Novelle 2016) (1229 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Jetzt kommen wir zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


17.45.03

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es sehr kurz machen. Wir haben das im Ausschuss intensiv diskutiert. Es steht ei­niges Vernünftiges in diesem Gesetz, darauf werde ich im Detail nicht näher eingehen. Ich möchte Sie nur ersuchen – ich habe es im Ausschuss offensichtlich vergeblich ge­tan, vielleicht gelingt es mir jetzt besser –, eine konkrete Geschichte zu überlegen: Es geht wieder einmal um das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei und wir in einer Art parlamentarischer Notwehrgemeinschaft mit­tels einer Drittelbeschwerde vor den Verfassungsgerichtshof gebracht haben, wobei wir mit guten, nicht nur juristischen, Gründen davon ausgehen, dass dieses Gesetz zur Gän­ze aufgehoben wird.

Anstatt das abzuwarten oder zu schauen, wie man das besser machen könnte, wird jetzt ein Teil des polizeilichen Staatsschutzes ins Sicherheitspolizeigesetz hineingeschrie­ben und damit eine unglückselige Konstruktion des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes im Sicherheitspolizeigesetz verlängert – und das möchte ich Ihnen konkret schildern.

Stellen Sie sich einmal vor, ein einfacher uniformierter Polizeibeamter irgendwo auf dem Land hält ein Auto auf und führt ganz normal eine Fahrzeugkontrolle durch. Er gibt die Daten des Fahrzeuginhabers und Lenkers ein und bekommt über den Computer die Mel­dung zurück: Ist in der Staatsschutzdatenbank vorgemerkt; bitte melden, dass er hier gerade durchfährt! – Der Polizeibeamte wird diese Meldung klarerweise erstatten; aber er ist einer von Zehntausenden Beamten, die plötzlich – und das ist das Neue an die­sem Gesetz – erfahren: Der Herr, der da im Auto sitzt, der steht ja in der Terroristenda­tenbank! – wie man das volkstümlich und nicht unplausibel zusammenfassen wird.

Stellen Sie sich einmal vor, das passiert nicht in der Millionenstadt Wien, sondern das passiert in einer kleinen Gemeinde auf dem Land – dann ist davon auszugehen, dass der Polizeibeamte den Lenker kennt. Und der Vorteil, der angebliche Vorteil, dass in die­ser schnellen EKIS-Meldung nichts als: Ist in der Staatsschutzdatenbank gespeichert, bitte melden!, drinsteht, erweist sich plötzlich als Nachteil, da der Polizist ja gar nicht weiß, dass er möglicherweise nur drinsteht, weil er nach dem Polizeilichen Staats­schutzgesetz verdächtigt wird, er könnte einmal ein Hassposting absetzen – um solche


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Delikte geht es nämlich auch – oder er könnte sich in Zukunft als Mitläufer gewalttätiger Fußballfans profilieren. Das sind die Delikte, um die es geht, ganz zu schweigen von ra­dikalen Tierschützern und so weiter.

Und dann wird über den geredet, und dann wird gesagt: Hey! Hey! (Abg. Weninger: Der Polizist erzählt das weiter?) – Kollege Weninger, ich bin gern bereit, jetzt einiges – das bisschen Zeit habe ich schon – über das Weitererzählen zu erzählen: Ein Fall ist gerichts­anhängig, und ein Fall beschäftigt uns im Parlament, in dem aus privaten Gründen, um seinen Vorgänger bei seiner jetzigen Lebensgefährtin auszuspionieren, ein Organ in Kärn­ten in den Daten der Sozialversicherung nachschaut und sich ausheben lässt, was er über den findet. – Ja, das kommt immer wieder vor, und es gibt immer wieder Missbrauch. Wir kennen auch die Fälle aus dem Bereich des Staatsschutzes.

Unsere Aufgabe im Innenausschuss und im Plenum des Nationalrates ist es, derar­tigen Missbrauch gar nicht erst möglich zu machen; deswegen bin ich ja dafür, dass dort, wo es wirklich um Terrorismusverdacht geht, der Streifenbeamte bei der Verkehrs­kontrolle sagt: Ja, hoppla! – Ja, da ist es sinnvoll, denn es gab einen derartigen Fall – und das war offensichtlich der Anlassfall –, in dem, wie sich später herausgestellt hat, Ter­roristen auf dem Weg nach Westeuropa angehalten worden sind und diese Meldung nicht an die ausländischen Dienststellen weitergegeben werden konnte. – Aber dann schreiben wir hinein: terroristische Straftaten, und nicht alles, was im Polizeilichen Staats­schutzgesetz steht.

Ich will nicht, dass eine Folge einer schlampigen gesetzlichen Formulierung – ohne je­de böse Absicht – ist, dass Leute plötzlich in den Ruf geraten, möglicherweise Terroris­ten zu sein. Das kann nicht nur den Ruf schädigen, speziell auf dem Land und speziell in kleinen Gemeinden. Wir sind es den Menschen schuldig, dass wir, wenn wir so sen­sible Datenbanken wie die polizeiliche Staatsschutzdatenbank befüllen, so sorgfältig vor­gehen, dass Missbrauch möglichst unmöglich ist.

Das haben wir probiert, das haben wir angeregt. Das hat der Innenminister, muss ich dazusagen, durchaus ernst genommen, aber es ist uns leider nicht gelungen, in kurzen Nachverhandlungen diesen Punkt zu sanieren. Das ist einer von mehreren Punkten, wa­rum wir dieser Novelle nicht zustimmen können – leider, sage ich. Ich gehe davon aus, dass ein Kollege von uns noch weitere Punkte nennen wird. Mir reicht allein dieser Punkt, um zu sagen: Der Schutz der Bürger und Bürgerinnen vor dem Missbrauch ihrer Daten durch einzelne Polizeibeamte ist uns wichtiger als ein schlampiges Gesetz, das nach einer längeren Behandlung im Nationalrat wesentlich besser hätte ausschauen kön­nen. (Beifall bei den Grünen.)

Allerletzter Satz dazu, Herr Bundesminister, überlegen Sie sich einmal eines: Vom Poli­zeilichen Staatsschutzgesetz bis zum Sicherheitspolizeigesetz haben wir in den letzten Jahren etliche legistisch so schlecht gemachte Gesetzesvorlagen in den Nationalrat be­kommen, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder Sie liefern uns endlich besse­re Gesetzesvorlagen, dann werden wir mit kurzen Bearbeitungszeiten durchkommen, oder wir nehmen uns ein bisschen mehr Zeit, um aus zum Teil grauenhaft schlechten Gesetzesvorlagen des Innenministeriums akzeptable und verfassungskonforme Geset­ze zu machen. Wenn Sie sich nicht für das Erstere entschließen, werden wir einmal ernsthaft darüber reden müssen, ob wir nicht gemeinsam im Nationalrat für Zweiteres sorgen. Ich weiß, dass ich da zumindest in Otto Pendl einen sicheren Verbündeten ha­be. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Pirklhuber: Die Pendl-Pilz-Connection!)

17.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


17.52.08

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich hatte ja schon eine Zeit lang


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 191

die Hoffnung, dass Herr Kollege Pilz jetzt in eine Art konstruktive Phase eintritt (Zwi­schenruf des Abg. Rädler), da wir in fast zweijährigen Verhandlungen über das Staats­schutzgesetz eine außerordentlich konstruktive Phase erlebt haben. Ich darf hier Pilz zitieren, der in der Parlamentsdebatte gemeint hat: Ich bin noch nie so erfolgreich ge­scheitert – weil so viele Punkte vonseiten der Opposition in das Staatsschutzgesetz auf­genommen worden sind. (Abg. Pilz: Ja!) Darum finde ich es eigentlich sehr enttäu­schend, dass Sie das gesamte Gesetz beim Verfassungsgerichtshof beeinsprucht ha­ben. Sie halten also auch alle Punkte, die Sie hineinverhandelt haben, offenbar für ver­fassungswidrig; und das ist schon ein bisschen eigenartig.

Es ist auch nicht so, dass wir jetzt diese Dinge, die wir im Staatsschutzgesetz nicht hät­ten, im Sicherheitspolizeigesetz und in den entsprechenden Änderungen verankern, son­dern ganz im Gegenteil: Eine Reihe von Maßnahmen, die wir jetzt setzen, sind natür­lich auch Antworten auf die aktuelle Situation, die insbesondere die Fragen der sexuel­len Übergriffe, die es gegeben hat, betreffen. Sie wissen, das steht im Zusammenhang mit den DNA-Proben, die genommen werden können, mit den Betretungsverboten, die ausgesprochen werden können, mit den entsprechenden Datenbanken.

Herr Kollege Pilz, eines möchte ich schon sagen, es ist jedenfalls nicht unser Ansatz, und ich habe auch den Eindruck, dass die meisten Fraktionen hier im Haus das nicht so sehen wie Sie, dass es notwendig ist, jenen Autofahrer aus der kleinen Gemeinde, von dem Sie reden, zu schützen, der vom Polizisten angehalten wird, der ihn ohnehin kennt, wie Sie sagen, und der dann trotzdem im EKIS nachschaut und plötzlich einen Ver­merk aus dem Staatsschutz zu sehen bekommt. Es geht nicht darum, dass wir in erster Linie den schützen, der möglicherweise eine schwere Straftat begeht, sondern es geht darum, dass wir alle anderen vor demjenigen schützen. Also das ist ein bisschen eine verkehrte Welt, die Sie argumentieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch sehr deutlich sagen, um welche Delikte es da geht, denn da geht es um sehr schwerwiegende Delikte: Da geht es um die Frage der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung; es geht um terroristische Straftaten; es geht um Terroris­musfinanzierung; es geht um die Ausbildung für terroristische Zwecke; es geht um die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat; es geht um Geldwäscherei; es geht um Hochverrat und Angriffe gegen den Staat; es geht um staatsfeindliche Verbin­dungen.

Also wenn das, meine Damen und Herren, nicht Punkte sind, bei denen die Exekutive die Möglichkeit haben muss – und um mehr geht es nicht –, zumindest einen Hinweis im EKIS zu sehen, um dann ja nichts anderes zu machen, als eine Meldung an die ent­sprechende Behörde zu geben, wenn das nicht mehr möglich ist und das ein Problem sein soll, lieber Herr Dr. Pilz, dann ist es wirklich eine verkehrte Welt; das möchte ich wirklich sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass das eine wohlaustarierte Vorlage ist und dass die Verhältnismäßigkeit überall gegeben ist. Ich habe auch den Eindruck, dass nach einer immerhin vierwöchi­gen Begutachtung, die es auch gegeben hat, man überhaupt nicht davon reden kann, dass diese Gesetzesvorlage nicht ordentlich behandelt worden wäre. Es ist kein Pfusch­gesetz, es ist ein wohlüberlegtes, wohlaustariertes, dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechendes Gesetz. Es würde mich freuen, wenn die Grünen sich das noch einmal überlegten und nicht denselben Fehler machten wie bei der vorigen Beschlussfassung, nämlich wieder dagegen zu sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 192

17.56.44

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Die soge­nannte Präventions-Novelle betrifft drei Gesetze, in denen es Änderungen geben soll: das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Polizeikooperationsgesetz und das Waffenge­brauchsgesetz. Über das Polizeiliche Staatsschutzgesetz ist jetzt auch schon ausführ­lich von mehreren Rednern gesprochen worden, da will ich nicht hintanstehen, dazu auch etwas zu sagen.

Wir sprechen hier über Prävention, deswegen heißt es auch Präventions-Novelle, die auch ein wichtiger Eckpfeiler ist von Dingen, die geregelt werden können, die in einem Bündel von Maßnahmen drinnen sind, zu dem natürlich Dinge gehören wie Jugendar­beit, Deradikalisierungshotlines, Präventionsarbeit in Gefängnissen, Integration et cete­ra, et cetera und natürlich auch das Polizeiliche Staatsschutzgesetz fast in seiner Ge­samtheit, das es ja auch möglich macht, zu ermitteln und einzuschreiten, bevor eine Tat begangen wird, das heißt – auch das ist Prävention – durch Überwachung die Grund­rechte berührt. Dieses Gesetz ist diese Woche in Kraft getreten, wir haben nicht die Möglichkeit, eine Drittelbeschwerde einzubringen. Wir haben einige Anträge zur Repa­ratur eingebracht – vier an der Zahl –, die demnächst in den Ausschüssen landen wer­den.

Aber zurück zur Novelle: Hier sehen wir auch einige Punkte, die wir gut finden, die wir begrüßen. Da ist zum Beispiel die Sicherheit in den Amtsgebäuden zu erwähnen, wo­bei es darum geht, dass in Räumlichkeiten, unter anderem auch des Innenministe­riums, keine Waffen getragen werden; es besteht natürlich kein Grund, da jemanden mit Waffen herumfuchteln zu lassen. Es ist auch gerechtfertigt, einschlägig verurteilten Personen das Betreten zu verweigern, diese Maßnahme dient ja schlussendlich auch der Sicherheit der Beamtinnen und Beamten.

Die Meldeverpflichtung zur Normverdeutlichung klingt grundsätzlich nach einer guten Idee, nach einer präventiven Maßnahme. Es gibt gefährliche Personen, das ist so, die ein Potenzial aufweisen, zukünftig gefährlich zu sein; diese können nach dieser Novel­lierung belehrt werden. Leider ist das aber aus prinzipiellen und praktischen Gründen unmöglich, denn die Belehrung setzt ja eigentlich ein rechtswidriges Verhalten voraus und die Belehrung ist unzweifelhaft auch eine Sanktion, und diese widerspricht der Un­schuldsvermutung. Das heißt, diese Maßnahme kann eigentlich gar nicht beschlossen werden.

Praktisch ist es so, dass die Durchführenden dieser Belehrung wahrscheinlich in den al­lermeisten Fällen nicht über die notwendigen Rechtskenntnisse für so eine Belehrung verfügen, dementsprechend müsste man sehr viele Schulungen anschließen, um die ent­sprechenden Beamtinnen und Beamten auf diese Aufgabe vorzubereiten. Noch dazu soll hier keine Belehrungsmaschinerie entstehen, die dazu führt, dass man Menschen temporär aus dem Verkehr zieht, nur um sie zu belehren, damit sie woanders nicht an­wesend sein können.

Akzeptabel ist natürlich die Wegweisung gefährlicher Personen aus der Wohnumge­bung Gefährdeter inklusive dem schulischen Bereich und dem Bereich der Kinderbe­treuungseinrichtungen, Sportgroßveranstaltungen und so weiter.

Problematisch sind Punkte wie jener, dass allgemeines aggressives Verhalten künftig ge­ahndet werden kann, auch wenn dadurch keine Amtshandlung behindert wird. Das ist problematisch, das ist sehr weit gefasst und kann willkürlich ausgelegt werden. Ein Punkt, dem wir sicher nicht zustimmen können, ist die Verschärfung der Regeln betref­fend Störung der öffentlichen Ordnung. Bis jetzt musste ein besonders rücksichtsloses Verhalten des Täters vorliegen, bei der Neuregelung soll nun das berechtigte Ärgernis das Kriterium für die Strafbarkeit werden. Das ist viel zu vage, der Verfassungsrechtler


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Heinz Mayer sagt dazu, eine Norm im Strafrecht müsse „so zweifelsfrei formuliert sein, dass ich mein Verhalten danach ausrichten kann“.

Diese unpräzisen Formulierungen führen schlussendlich dazu, dass die persönliche Frei­heit über Gebühr eingeschränkt wird, und zwar auf zweierlei Arten: auf der einen Seite durch die Beamten, die diese sehr vagen Formulierungen sehr willkürlich auslegen kön­nen; auf der anderen Seite aber natürlich auch durch die Betroffenen selbst, die ihr Ver­halten nicht ordentlich danach ausrichten können und vielleicht zu sehr eingeschüch­tert werden, zu handeln, obwohl die Handlung weit von der Strafbarkeit weg ist. Also Prävention klingt gut, wenn sie aber in den Bereich der Überwachung und in den Be­reich der Einschüchterung abgleitet, dann ist das sicher falsch.

Wir haben hier drei Gesetzesänderungen, es gibt das Verlangen auf getrennte Abstim­mung; wir werden zweien davon zustimmen, aber diesem einen Punkt nicht. (Beifall bei den NEOS.)

18.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


18.01.58

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich zu Beginn der Debatte über diese SPG-Novelle nicht nur persönlich, sondern auch als Obmann des Innenausschus­ses den Polizistinnen und Polizisten danken. Wir haben immer eine intensive Diskus­sion, wenn es um Rechte, um Ausrüstung und um Geld für die Polizei geht. Wir haben vor einigen Tagen erlebt – oder erleben müssen –, wie rasch etwas passiert, was man sich oft nicht vorstellen kann, und ich glaube, dass genau in dieser Stunde zuerst den Hinterbliebenen des einen Kollegen, aber auch den Angehörigen des angeschossenen, schwer verletzten Kollegen ganz einfach unser Mitgefühl und unser Gedenken gelten müs­sen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, ich lade Sie ein, im Ausschuss anders zu diskutieren: Im­mer wenn es um den Sicherheitsbereich geht, um Verbesserungen einerseits für den Dienst der Polizistinnen und Polizisten, andererseits für die Österreicherinnen und Ös­terreicher – denn für diese machen wir es doch – und darum, da nicht nur legistische Maßnahmen zu treffen, sondern das zu erfüllen, was immer gefordert wird – ich habe erst bei der letzten Sitzung wieder an die Adresse der Opposition darauf hingewiesen, Kollege Amon –, und wir es zustande bringen und beschließen, dann stimmen Sie da­gegen. Das kann ich schön langsam nicht mehr nachvollziehen.

Kollege Hagen, ich glaube, da muss die Sicherheit des Menschenlebens im Vorder­grund stehen, da soll man nicht irgendwelche parteitaktischen Spielchen spielen; das ist zumindest mein Zugang. Ich hoffe, dass wir einmal nicht nur reagieren, denn es sind noch einige Punkte offen, die seit Längerem anstehen, was die Ausrüstungen betrifft – ich will das jetzt nicht zum Anlass nehmen –, aber auch was die Regelung, wenn je­mand verletzt oder gar getötet wird, betrifft: Wie kann man die besser versorgen? – Das sind Regelungen, denen man sich aus Fairness ganz einfach zu stellen hat, weil ich glau­be, wir reden von jenen Menschen, die für unseren Staat, für die Österreicherinnen und Österreicher im wahrsten Sinn des Wortes ihr Leben einsetzen. Da müssen wir ganz ein­fach Flagge zeigen, und ich werde jetzt wirklich versuchen, dass wir diese offenen Punk­te so rasch wie möglich einer Realisierung zuführen.

Lassen Sie mich aber zu der vorliegenden Novelle auch sagen, lieber Peter Pilz – ich will das, was Kollege Amon gesagt hat, nicht wiederholen –, in Wirklichkeit hätten wir uns ganz leicht so wie letztes Mal einigen können. Bei der Nachverhandlung sind wir näm­lich sehr lange gesessen – der Minister hat eingeladen –, wir sind mit den Experten bei­sammengesessen. Bei einem Kompromiss sagt man oft, so weit liegen wir auseinan-


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der, und dann nähert man sich an – aber warum es dann zu keinem Abschluss kommt, das lasse ich dahingestellt.

Ich bin froh, dass du gesagt hast: Im Großen und Ganzen stimmt die Stoßrichtung. Ich bitte, die Protokolle dahin gehend nachzulesen, was in diesem Haus an diesem Red­nerpult ausgeführt worden ist! Um Gottes willen, da wird einer aufgehalten, es ist noch nicht so lange her, und kein Mensch weiß, dass das ein Terrorverdächtiger ist! Das ha­ben wir alles stundenlang hier diskutiert. (Abg. Pilz: Wird wieder passieren!) Jetzt gibt es eine Maßnahme, und das wird wieder zerredet. Schön langsam frage ich mich, was wir tun, wenn es zu solchen ganz normalen Abläufen auf der ganzen Welt kommt. Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir es machen.

Vor allem möchte ich aber eines sagen: Wir haben eine lange Diskussion, in Wirk­lichkeit eine mehrjährige Diskussion hinter uns, was die Präventivmaßnahmen betrifft, ich habe nur nicht die Zeit, mich jetzt darauf einzulassen. Mir ist es lieber, es wird von der Polizei etwas ganz amikal geregelt, bevor es zu einem Straftatbestand kommt. Wenn wir das auch schon kritisieren, dann frage ich mich schon: Wie sollen wir denn dann versuchen, etwas auf der menschlichen, auf der sozialen Ebene zu regeln?

Ich möchte aber auch den Frauen gratulieren, weil ich mich an die Diskussion erin­nern kann; ich war mit großem Engagement dabei. Ich habe seinerzeit auch das Wort ergriffen, als wir gesagt haben, dass wir nicht nur die Durchsetzung des Wegweise­rechts im Wohnraum probieren, sondern auch versuchen, das auf die Schule und den Kindergarten auszudehnen. Das ist ein richtiger Schritt. Wir wissen aus der Erfahrung, dass das notwendig ist. Wir wissen aber auch, dass die erweiterten Ermittlungskompe­tenzen, was DNA und Ähnliches betrifft, bei Sexualstraftaten wichtig sind.

All diese Geschichten – das war ein ganzer Katalog, an dessen Entstehung sich auch ganz stark die Frauen beteiligt haben – werden dieses Mal mit geregelt, und ich glau­be, in der Gesamtsumme betrachtet ist das eine ordentliche Novelle, eine gute Novelle. Der einzige Schönheitsfehler – ich sage es noch einmal dazu – ist, dass man in diesen Bereichen immer wieder solche Diskussionen führen muss und dass das leider Gottes dieses Mal wieder von so einem traurigen Anlassfall überschattet ist.

Respektvoll bedanke ich mich noch einmal bei allen Polizistinnen und Polizisten; und ich lade euch wirklich ein, dass wir im Sicherheitsbereich die Diskussionen in Zukunft anders führen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.07


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte.

 


18.07.56

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir alle müssen erleben, dass die Gewalt in unserer Gesellschaft ständig zunimmt. Wie Kollege Pendl bereits erwähnt hat, sind wir am vergangenen Samstag wieder auf den Boden der Realität zurückge­holt worden und mussten schmerzlich feststellen, dass ein 23 Jahre junger Polizist sein Leben im Dienst lassen musste. Wir schließen uns alle den Beileidsbekundungen des Kol­legen Pendl an. Es tut uns allen wirklich sehr leid.

Aufgrund gerade dieser bestehenden Gefahr der steigenden Gewaltbereitschaft war of­fensichtlich auch diese Novelle notwendig. Ich führe als Punkt zum Beispiel nur die Si­cherheit in Amtsgebäuden an. Da eben Amtsgebäude und Behörden ein vorrangiges Ziel von terroristischen Angriffen sein können, hat man sich entschlossen, dass Personen, das gilt sowohl für Parteien als auch für sonstige unbeteiligte Menschen, einer Sicher­heitskontrolle, ob sie Waffen mit sich führen, unterzogen werden können; und wenn sie


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sich ungerechtfertigt weigern, sich untersuchen zu lassen, dann besteht die Möglich­keit, dass man sie wegweist.

Als weiteren Punkt möchte ich kurz Artikel 2 betreffend EU-Polizeikooperationsgesetz ansprechen, der auch eine Änderung enthält, die vielleicht mithilft oder mithelfen soll, die Bewegungsfreiheit von, sagen wir einmal, Terroristen einzuschränken. Im SIS, dem Schengener Informationssystem, sind nämlich zirka 8 000 Foreign Terrorist Fighters, sprich ausländische Terrorkämpfer, zur Fahndung ausgeschrieben. Diese Zahl ist er­schreckend. Mit dieser Maßnahme, nämlich dass man ihnen die Identitätsdokumente ab­erkennt beziehungsweise abnehmen kann, und mit dieser Novelle wird es auch mög­lich sein, dass man ihnen im Ausland für ungültig erklärte Dokumente abnimmt, ist man doch in der Lage, die Bewegungsfreiheit dieser Menschen, dieser gefährlichen Perso­nen einzuschränken.

Nun möchte ich auf die besonderen Befugnisse zur Verhinderung von Radikalisierung und extremistisch motivierten Straftaten überleiten, damit meine ich die Gefährderan­sprache zur Deradikalisierung. Die Grundidee fußt nämlich auf den Erfahrungen, die man bei der Verhinderung von rassistisch motivierten Straftaten bei Sportgroßveran­staltungen gemacht hat. Da hat man gesehen, dass diese Maßnahme, nämlich dass man diese Täter vorladen kann, dass man sie belehrt, nicht nur in Österreich, sondern auch in Frankreich und in England Erfolge gezeigt hat. Genau das war eigentlich der Grund dafür, dass man sich dazu entschlossen hat, diese Maßnahme auch bei Men­schen, die vielleicht religiös oder ideologisch irgendwie in die falsche Richtung gehen, die motiviert sind, Straftaten zu begehen, anzuwenden.

Jetzt möchte ich kurz auf die Ausführungen des Kollegen Alm Bezug nehmen: Ich bin nicht seiner Meinung, dass eine Belehrung nicht möglich ist, weil im Gesetzestext kon­kret steht, dass man aufgrund vorangehender oder bestimmter Tatsachen, die müssen ja da sein, abschätzen muss, ob von diesen Personen die Gefahr eines verfassungs­gefährdenden Angriffs im Sinne des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes ausgeht. Auch da hat man insbesondere darauf hingewiesen, dass Personen, die zum Beispiel mehr­fach Verwaltungsübertretungen begangen haben, indem sie nationalsozialistisches Ge­dankengut weiterverbreitet oder gegen das Abzeichengesetz oder das Symbole-Ge­setz verstoßen haben, ins Visier genommen werden können und dass da auch die Mög­lichkeit besteht, deradikalisierend einzuwirken.

Zum Einwand, dass die Beamten dazu nicht in der Lage sind: Soweit ich weiß, wurde es auch vom Herrn Minister zugesichert, dass die Beamten für diese Aufgaben speziell geschult werden. Ich glaube, sie werden damit dann auch das erforderliche Feingefühl besitzen und die Lage richtig beurteilen.

Jetzt möchte ich schon Folgendes sagen: Ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass man nichts unversucht lassen soll, um Gewalt zu verhindern, und dass es daher auch wün­schenswert ist, neue Wege zu beschreiten. Als einen neuen Weg sehe ich auch diese Novelle. Ich bin außerdem der festen Überzeugung, dass es nicht nur darum geht, rechte Gewalt entschieden abzulehnen, sondern dass man auch politisch motivierte Gewaltanwendung von links (Abg. Pendl: Jede Gewalt! – Abg. Gisela Wurm: Männer­gewalt!) – jede Gewalt, es ist ganz egal, von wo sie kommt – bekämpft. Ich sage das schon aus einem gewissen Grund. Ich denke da auch an die Mitglieder des Schwarzen Blocks, die immer wieder durch Gewaltakte und Verbreitung von Chaos auffallen. Ich hoffe nur, dass die zuständigen Behörden, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und auch die Landesämter, sozusagen nicht auf einem Auge blind sind, sondern dass sie alle Augen offenhalten.

In diesem Zusammenhang meine ich auch, solche Maßnahmen müssen nach einer gewissen Zeit evaluiert werden. Ich glaube, es wäre gut, wenn man sagt: Zirka nach einem Jahr schauen wir uns an, was diese Bestimmung gebracht hat und ob die Maß-


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nahmen, die eingesetzt werden, im Verhältnis zu den Wirkungen, die sie zeigen, ste­hen. Es bleibt daher zu hoffen, dass wir mit diesen Bestimmungen eine nützliche Hand­habe haben, um Gewalt begegnen zu können oder Gewalt zu entschärfen.

Zuletzt möchte ich nur auf die Möglichkeit von Polizeibeamten Bezug nehmen, Per­sonen, die ein Verhalten setzen, das geeignet ist, ein berechtigtes Ärgernis zu erregen, wegzuweisen. Ich denke schon, dass Polizistinnen und Polizisten aufgrund der Berufs­erfahrung, die sie haben, dazu sehr wohl in der Lage sind. Vor allem würden auch Sie selbst, meine Damen und Herren, es merken – und Sie sind keine geschulten Polizis­ten –, wenn sich Menschen in aggressiver Weise zum Beispiel auf dem Gehsteig zu­sammenrotten und andere Leute zwingen, die Fahrbahn zu betreten; dann werden Sie sehr wohl wissen, dass dies ein Fall wäre, bei dem man diese neue Gesetzesbestim­mung anwenden kann.

Ich bin überzeugt, dass diese Gesetzesnovelle ein Schritt in die richtige Richtung ist, dass dieser auch von der Exekutive gewünscht wird; daher werden wir dieser Novelle zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


18.15.29

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Si­cherheit, das sind die Aufgaben der Polizei – so habe ich es jedenfalls vor über 26 Jah­ren in der Gendarmerieschule gelernt. Das sind die Grundaufgaben der Polizei. Auch ist es Aufgabe der Polizei, für den Schutz der Bevölkerung und die Abwendung von Ge­fahren für diese zu sorgen.

Wir als Gesetzgeber, das sind wir im Parlament, haben dafür Sorge zu tragen, dass die Polizei die nötigen Mittel und die nötige Ausrüstung für die Erfüllung dieser Aufgaben erhält. Diese Gesetzesänderung, wie sie hier vorliegt, gibt diese Mittel und schafft wei­tere Möglichkeiten, die die Polizeibeamten für die Erfüllung der Aufgaben haben. Ich glaube, es ist ein gutes Gesetz. Es ist der richtige Schritt, der hier von uns als Gesetz­geber gesetzt wird.

Wie wichtig eine gute Ausrüstung für Polizeibeamte wäre und auch ist, das haben wir am Wochenende leider in sehr tragischer Weise miterleben müssen. Auch ich möchte an dieser Stelle der Familie des getöteten Polizisten und Kollegen Daniel S. mein herz­liches Beileid aussprechen.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt diesen Fall nicht zum Anlass nehmen, um hier eine alte Forderung, die ich schon seit Jahren immer wieder vorgebracht habe, zu erneuern, aber ich muss das tun – leider anlassbezogen –, weil vielleicht gewisse Per­sonen nicht wirklich offene Ohren haben, wenn nicht gerade wieder so ein Beispiel zeigt, wie notwendig schusssichere Unterziehschutzwesten für die Polizei sind.

Ich habe das immer wieder angesprochen. Gerade als Mitarbeiter der Polizei in der Lan­desfunkleitzentrale, aber auch vom Außendienst her weiß ich, wie solche Alarme ab­laufen. Ich weiß auch, wie viele Fehlalarme es gibt und wie schwierig es ist. In diesem Fall war es wirklich eine Situation, in der man als Polizeibeamter eigentlich keine Chan­ce hat, außer man hat einen besseren körperlichen Schutz. Daniel S. hätte eine Unter­ziehschutzweste nicht mehr geholfen, aber beim schwer verletzten jungen Kollegen, der einen Bauchschuss abbekommen hat, wäre so eine Unterziehschutzweste dazu geeig­net gewesen, die Verletzungen wesentlich geringer ausfallen zu lassen.

Meine Damen und Herren, ich bringe daher, wie gesagt, eine alte Forderung von mir als Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterzieh­schutzwesten für die Exekutive“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, sicherzustellen, dass alle Exekutiv­beamte und -beamtinnen, die im Außendienst tätig sind, mit stichfesten und bedingt schussfesten Unterziehschutzwesten ausgestattet werden.“

*****

Meine Damen und Herren, ich möchte kurz erklären, weshalb das notwendig und so wichtig ist: In Deutschland haben die Polizeibeamten im Außendienst diese Unterzieh­schutzwesten; und, wir haben es von Vorrednern schon gehört, die Angriffe gegen Exe­kutivbeamte sowohl mit Stichwaffen als auch mit Schusswaffen werden immer mehr. Die Aggressoren werden immer skrupelloser, und es gibt immer mehr verletzte Polizei­beamtinnen und Polizeibeamte nach tätlichen Angriffen. Ich habe dazu auch schon ei­nige Anfragen gestellt; die Zahlen sind erschreckend.

Wenn ich mir das so anschaue: Heute ist es so, dass ein österreichischer Polizeibe­amter, der eine solche Unterziehschutzweste haben möchte, diese privat kaufen muss. Ein Stück kostet zwischen 700 und 1 000 €. Bei einem Grundgehalt von 1 300 €, 1 400 € – netto, ohne Zulagen – ist das für einen jungen Exekutivbeamten eine schöne Summe. Ich glaube, dass wir als Gesetzgeber und das Innenministerium als zuständiges Res­sort aufgefordert sind, für den Schutz der Exekutivbeamten, der Polizeibeamten, die für unsere Sicherheit sorgen, die in unserem Auftrag unterwegs sind, zu sorgen und zu ge­währleisten, dass diese Beamten bestens geschützt sind.

Meine Damen und Herren, ich kann Sie nur auffordern, diesem Antrag zuzustimmen. Es würde mich freuen, wenn das einstimmig ginge. Wir tun dabei etwas Gutes; das ist eine gute Sache. Ich kann Sie für die Kolleginnen und Kollegen im Außendienst nur da­rum bitten; sie haben das verdient.

Es nützt nichts, wenn wir – zu Recht, lieber Otto – nur immer wieder lobende und gute Worte an die Polizisten und Polizistinnen richten und uns für deren Arbeit bedanken, denn es ist unsere Aufgabe, für deren bestmöglichen Schutz zu sorgen. Bitte stimmen Sie diesem Antrag zu!  Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

18.21


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Hagen eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Unterziehschutzwesten für die Exekutive“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9: Bericht des Ausschusses für innere An­gelegenheiten über die Regierungsvorlage (1151 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Si­cherheitspolizeigesetz, das EU – Polizeikooperationsgesetz und das Waffengebrauchs­gesetz 1969 geändert werden (Präventions-Novelle 2016) (1229 d.B.)

Im Dienst selbst sind Polizistinnen und Polizisten permanent mit Unsicherheit konfron­tiert. Sie können nicht wissen, wie ihr Gegenüber reagiert, müssen mit Menschen inter­agieren, die ihnen oftmals mit Aggression, Frust oder auch Gewalt begegnen.


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Einschneidenden Erlebnisse (z.B. die eigene Verletzung im Dienst oder die einer Kol­legin oder eines Kollegen, Bedrohungen durch das Gegenüber oder der Gebrauch von Schusswaffen während eines Einsatzes) lösen, neben den physischen Verletzungen, auch oftmals ein Trauma bei den betroffenen Polizistinnen und Polizisten aus.

In den Jahren 2014 und 2015 gab es in Österreich insgesamt 2.021 Polizisten und Polizistinnen, die im Dienst durch Fremdeinwirkung verletzt wurden, davon lagen in 242 Fällen schwere Verletzungen vor.

In Österreich agierende Tätergruppen als auch Einzeltäter verhalten sich nicht nur ge­genüber den Opfern immer brutaler, sondern auch gegenüber der Exekutive. Es kommt vermehrt zu Übergriffen auf Exekutivbeamte mit verstärkter Brutalität.

Aus diesem Grund ist es notwendig, die Exekutivbeamten und -beamtinnen, die im Au­ßendienst tätig sind, mit adäquater Schutzausrüstung auszustatten, wozu auch Unter­ziehschutzwesten gehören. Deren großer Vorteil ist, dass sie unter der Kleidung ge­tragen werden können und dadurch unauffällig sind und der Angreifer daher nicht auf den ersten Blick erkennen kann, dass eine Schutzweste getragen wird und somit nicht automatisch die nicht geschützten Bereiche attackiert. Die Westen bieten – je nach Mo­dell – guten Schutz gegen Schnitte und Stiche (Messerattacken).

Momentan sind jedoch nicht alle Polizistinnen und Polizisten, die im Außendienst tätig sind, mit Unterziehschutzwesten ausgestattet. Polizistinnen und Polizisten kaufen die­se Westen – Kosten um die 700 Euro - oftmals privat. Wir fordern, dass jeder Beamte im Außendienst stichfeste und bedingt schussfeste Unterziehschutzwesten haben muss, denn es reicht nicht, wenn nur Spezialeinheiten mit den Schutzwesten ausgestattet sind. Es gäbe in dem Fall die Möglichkeit, dass die Unterziehschutzwesten ein Teil der Uniform werden oder den Beamten bei Dienstantritt aus einem Pool ausgefolgt werden.

Polizisten und Polizistinnen, die tagtäglich für die Sicherheit der Bevölkerung im Ein­satz sind und dabei ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, müssen durch den Staat best­möglich geschützt werden!

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, sicherzustellen, dass alle Exekutiv­beamte und -beamtinnen, die im Außendienst tätig sind, mit stichfesten und bedingt schussfesten Unterziehschutzwesten ausgestattet werden.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


18.21.31

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Die öffentliche und die persönliche Sicherheit sind wich­tige und unverzichtbare Güter und Rechte. Österreich ist ein sicheres Land, und das soll auch in Zukunft so bleiben.

Fakt ist, dass es aktuell Gefahren und Bedrohungen gibt, welche die öffentliche Sicher­heit beeinflussen und den Menschen auch teilweise Angst machen. Mit dieser Novel­lierung des Sicherheitspolizeigesetzes schaffen wir neue und zeitgemäße Möglichkei­ten, die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zu verbessern.


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Es wurde heute eingangs schon gesagt, dass gerade unsere Polizistinnen und Poli­zisten praxistaugliche Möglichkeiten sowie Mittel und Befugnisse brauchen, um bei Ge­fahr agieren zu können. So können nun auch für Kindergärten, Schulen, Vereinslokale und sonstige Plätze Betretungsverbote ausgesprochen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, jeder von uns kennt solche Plätze, auf denen die öf­fentliche Sicherheit gefährdet ist. Wenn ich etwa, Frau Kollegin Wurm, an die Bogen­meile, den Bahnhof oder den Bozner Platz in Innsbruck denke, so gibt es da Bereiche, wo die Menschen einfach Angst verspüren und durch Belästigungen verunsichert und gefährdet werden.

Es ist daher unsere Pflicht und unser Auftrag, Handlungen zu setzen, bevor etwas pas­siert. Wir müssen agieren und nicht reagieren. Wir müssen die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen und die Realitäten erkennen, daher hätte ich mir erwartet, dass heute so einige Dinge von der Opposition hätten mitgetragen werden können. Wir haben ja im Ausschuss, glaube ich, intensiv und auch inhaltlich sehr tiefgehend disku­tiert, daher hätte ich mir heute eine breitere Zustimmung erwartet, wenn es um die Si­cherheit geht.

Wir können mit dem neuen Sicherheitspolizeigesetz auch präventiv wirken, gerade was den Drogenhandel um Schulen oder die Gewalt und den Vandalismus bei sportlichen Großveranstaltungen betrifft. Die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz bringt mehr Schutz und Sicherheit für das öffentliche Leben, das öffentliche Miteinander. Mit dem neuen Gesetz werden die Kontrolle und der Ermittlungsdruck erhöht, die Polizei be­kommt mehr Befugnisse, wir geben also dem Opferschutz eine höhere Priorität und ei­nen größeren Stellenwert.

Ich möchte mich nochmals bei Bundesminister Sobotka für diese intensive und ausge­wogene Diskussion bedanken, aber auch für die Konsequenz, das jetzt umzusetzen und nicht auf die lange Bank zu schieben.

Es geht um die Sicherheit, und für diese stehen wir auch in Zukunft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Sobotka zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.24.24

Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Präsident! Hohes Haus! Zu diesem Entschließungsantrag die Ausrüstung betreffend: Ich denke, dem Innenmi­nisterium – das betrifft meine VorgängerInnen und ist auch heute so – ist der Schutz der Beamten im Einsatz ein ganz großes Anliegen. In diesem Sinne ist es auch so, dass jene Schutzwesten, die den besten Schutz bieten – und das ist nicht vom Minister und letzten Endes auch nicht nur von den Sektionschefs entschieden worden, sondern von einer Expertengruppe –, also die Überziehwesten, angeschafft werden, und zwar in einer Stückzahl von 6 000; 3 000 sind bereits vorhanden, die sind zum Teil bereits auf den PIs und in den Autos. 1 500 – und da geht es um ein Mengengerüst, das auch geliefert werden muss – werden heuer sukzessive ausgeliefert und der Rest im nächs­ten Jahr.

Was die ballistischen Helme – diese wurden jetzt aufgrund dieses tragischen Anlass­falls wieder angesprochen – betrifft, so sind diese ebenfalls bereits in der Beschaffung, nur müssen Sie wissen, dass wir etwa 2017 mit einem Ankauf rechnen, wenn keine größeren Einsprüche erfolgen. Das Mengengerüst zu beschaffen dauert eben eine ge­wisse Zeit.

Was die angesprochenen Unterziehschutzwesten anlangt, so sind wenige Einheiten da­mit ausgestattet. Die Experten haben jedoch gemeint, diese wären weder schusssi-


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cher – auch nicht beschusssicher –, noch könnten sie im Bereich Stichverletzungen wirk­lich ausreichenden Schutz gewährleisten. Schon gar nicht hätte dieser tragische Mord, diese Verletzung – ich habe mich beim Verletzten selbst überzeugt – durch eine solche Unterziehschutzweste verhindert werden können.

Ich denke, wir sollten da den Experten vertrauen, die mit den Polizistinnen und Polizis­ten nach bestem Wissen und Gewissen das beste Produkt auswählen und bei dem, was derzeit am Markt erhältlich ist, auch die Verhältnismäßigkeit von Bewegungsfrei­heit und Einsatzsicherheit mit berücksichtigen.

Ich meine, wir sollten uns nur der Meinung der Experten verpflichtet fühlen. Ich biete dieser Expertengruppe das sehr wohl wieder an, auch Ihre Überlegungen, Herr Abge­ordneter Hagen, aber ich glaube, sie denken derzeit in Richtung eines sogenannten Über­ziehgilets, das mehr Sicherheit bietet als die Unterziehweste und das in dieser Form auch die Bewegungsfreiheit und daher vielleicht auch die Sicherheit erhöht, indem es auch wirklich getragen wird. Für uns ist ja die wesentliche Voraussetzung, dass die Wes­ten auch getragen werden können und dass die Beamten im Ernstfall auch sicherlich danach greifen. Wir merken ja immer wieder, wie viele Fehlalarme es eigentlich gibt – Sie haben es ja gerade erwähnt –, und wissen, dass daher oftmals nicht die entspre­chenden Handlungen gesetzt werden.

Ich denke, das Wichtigste ist, dass wir allen unseren Mannschaften eine geeignete Aus­rüstung mitgeben können, die sie auch leicht und schnell anziehen können und durch die sie daher wirklich sicher sind.

Ich würde Sie bitten, wirklich drauf zu vertrauen, dass die Expertengruppe das beste Material und die beste Möglichkeit auswählt. Die Budgetmittel dafür sind vorgesehen. Ich bitte aber auch darum, zu bedenken, dass der Beschaffungsvorgang eine gewisse Zeit dauert. Die jeweiligen Bestellvorgänge sind aber bereits eingeleitet.

Das wollte ich zu diesem Entschließungsantrag sagen: dass da längst entsprechende Maßnahmen gesetzt wurden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


18.28.28

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz enthält durchaus auch Punkte, die wir Grüne gutheißen, obwohl wir dem Ge­setzentwurf heute nicht zustimmen werden, etwa den Ausbau im Bereich des Gewalt­schutzes, dass die Wegweisung nicht mehr nur im Zusammenhang mit der Wohnung möglich ist, sondern auch bei Schulen, Kindergärten und anderen sensiblen Plätzen.

Es gibt aber auch einige Punkte in diesem Gesetz, die man in der Debatte schon näher beleuchten muss. Dieses Gesetz macht die Polizei irgendwie zu einer Art österreichi­scher Gouvernante, indem man den Straftatbestand Störung der öffentlichen Ordnung auf eine derart absurde Art und Weise novelliert, dass eigentlich nicht mehr klar ist, was strafbar ist und was nicht.

Es hat den Straftatbestand schon früher gegeben, und da war klar: Das Verhalten muss­te besonders rücksichtlos sein, und es musste die öffentliche Ordnung stören.

Jetzt, nach der Novelle, genügt ein Verhalten, das dazu geeignet ist, ein Ärgernis her­vorzurufen, und die öffentliche Ordnung muss gestört sein. Das heißt, „besonders rück­sichtslos“ fällt weg.

Ich sage deswegen „Gouvernante“: weil man da die Polizei irgendwie zu einer Art Er­ziehungsberechtigten macht. Das ist nicht Sinn und Zweck der Polizeiarbeit, und das schadet auch der Bestimmtheit des Strafparagrafen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 201

Ich habe im Ausschuss ein paar Beispiele gebracht, und mir konnte niemand beant­worten, ob ein solches Verhalten künftig strafbar ist oder nicht:

Menschen stehen vor einem Lokal und rauchen. Jemand kommt nicht an ihnen vorbei und muss die Straßenseite wechseln; er ärgert sich. Also jemand setzt ein Verhalten – das muss gar nicht besonders rücksichtlos sein, es genügt, wenn es gedankenlos ist –, dieses ist geeignet, dass sich jemand darüber ärgert, und es beeinträchtigt die öffent­liche Ordnung, weil die Gehsteigseite gewechselt wird; das genügt nach der Definition des Verwaltungsgerichtshofs.

Strafbar oder nicht strafbar? Nach dem nunmehrigen Gesetz möglicherweise schon strafbar; absurd.

Oder: Ein Schanigarten wird schlampig aufgestellt, ein Autofahrer parkt schlecht, ein Trafikant stellt einen Werbeständer auf – ein Verhalten wird gesetzt. Eine Mutter oder ein Vater mit einem Kinderwagen kommt deswegen am Gehsteig nicht vorbei. Das ist wahrscheinlich sogar ein nachvollziehbares Ärgernis, weil sie/er die Straßenseite wech­seln muss – es wird das öffentliche Verhalten beeinträchtigt.

Strafbar oder nicht strafbar? Nach dem Wortlaut des Gesetzes strafbar.

Oder, letzter Punkt: Jemand, der es mit der Körperhygiene nicht so genau nimmt, steigt in die U-Bahn ein – er setzt ein Verhalten. Die öffentliche Ordnung ist gestört, und ein berechtigtes Ärgernis ist es wahrscheinlich nach diesem Gesetz auch.

Das sind keine absurden Beispiele, sondern das Gesetz, durch das solche Beispiele denkbar sind, ist absurd.

Die Universitätsprofessorin Reindl-Krauskopf hat gesagt, dieses Gesetz ist ein Rück­schritt. Man könnte es auch anders sagen: Es ist schwammig. Und es macht für die Anwender, nämlich die Polizei, aber auch Bürgerinnen und Bürger, insofern Probleme, als nicht klar ist, was strafbar ist und was nicht. Die Qualität von Verwaltungsstrafge­setzen, von allen Gesetzen, aber besonders von Strafgesetzen, liegt darin, dass die Bür­gerinnen und Bürger, aber auch die Polizei klar wissen: Das ist erlaubt, und das ist nicht erlaubt.

Zweiter Punkt, die oft diskutierte Frage der Beobachtung von Amtshandlungen der Poli­zei: Klar ist, wer eine Amtshandlung stört – das war die alte Gesetzeslage –, wird mit einer Wegweisung rechnen müssen. Jetzt geht man etwas weiter und sagt – und auch das ist wieder ein schwammiger Begriff –, wer sich aggressiv verhält, kann weggewie­sen werden.

Wo beginnt aggressives Verhalten? Wo endet aggressives Verhalten? Es ist schon ein Unterschied, ob eine Amtshandlung gestört oder beobachtet wird. Zweiteres muss im Sinne der Transparenz in der Demokratie möglich sein, solange sie nicht gestört wird. Daran anzuknüpfen, dass das möglicherweise schon aggressives Verhalten ist, halte ich für problematisch, weil Amtshandlungen, die korrekt durchgeführt werden, von der Öffent­lichkeit nicht abgeschottet werden müssen.

Der Herr Minister hat dann zu mir im Ausschuss gesagt: Sie können sich gar nicht vor­stellen, wie schwierig Amtshandlungen oft sind, am Praterstern werden die Polizisten attackiert! – Das mag richtig sein, nur hat das nichts mit aggressivem Verhalten zu tun, sondern da ist längst die Strafbarkeitsschwelle nach dem Strafgesetzbuch überschrit­ten, weil da entweder Widerstand gegen die Staatsgewalt vorliegt oder möglicherweise sogar Körperverletzung. Diese Beispiele greifen also alle nicht, weil ja schon viel früher weggewiesen wird.

Ich sage: Im Kern habe ich schon den Verdacht, dass es darum geht, dass Amtshand­lungen von unangenehmen Beobachtungen abgeschottet werden, und das halte ich in einer Demokratie für falsch. Das Stören einer Amtshandlung geht nicht, das ist klar,


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aber die Beobachtung einer Amtshandlung muss möglich sein, und da darf nicht der Mög­lichkeit Tür und Tor geöffnet werden, dass man sich irgendwie abschottet.

Daher: Man kann dem nicht zustimmen, weil da eine absurde Erweiterung eines Straf­tatbestands, nämlich der Störung der öffentlichen Ordnung, vorgenommen wird. Das wird auch vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten, weil das Bestimmtheitsgebot des Gesetzes eindeutig verletzt ist. Irgendwann wird irgendjemand angezeigt werden, der wird zum Verfassungsgerichtshof gehen, und dort werden wir es wieder einmal amt­lich bekommen, dass wir – also nicht wir Grüne, wir stimmen nicht zu, aber die, die zu­stimmen – als Gesetzgeber, Sie verzeihen, gepfuscht haben. Danke schön – natürlich nicht fürs Pfuschen. (Beifall bei den Grünen.)

18.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


18.33.48

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Schießereien im öffentlichen Raum, wie man sie eigentlich aus amerikanischen Filmen kennt, haben wir letzte Woche in Wien erlebt. Ein junger Polizist ist seinen Verletzungen erlegen, der zweite liegt mit schwe­ren Verletzungen im Krankenhaus – mein tiefstes Beileid den Familien. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin zu diesem Tagesordnungspunkt die erste und einzige weibliche Rednerin hier am RednerInnenpult und möchte darauf hinweisen, dass mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes in einem im Europavergleich in Ös­terreich ohnehin schon vorbildlichen Gesetzesbereich eine weitere Lücke geschlossen wird.

Ich erinnere an das 1. Gewaltschutzgesetz; im nächsten Jahr wird es 20 Jahre alt. 2006 ist das Anti-Stalking-Gesetz in Kraft getreten. Dann kamen das 2. und das 3. Gewalt­schutzgesetz, und nun wird eine weitere Lücke geschlossen, es kommt ein weiterer Mo­saikstein im Gewaltschutz hinzu, es wird nämlich eine Maßnahme im Verwaltungsverfah­ren gesetzt.

Wir sprechen da von Tatbeständen der Gewalt gegen Frauen. Jede dritte Frau war schon einmal in ihrem Leben Opfer von Gewalt, so sagt es die europäische Grundrechteagen­tur. Sehr geehrte Damen und Herren, daher begrüße ich die frauenpolitischen Aspekte dieses Gesetzes – eine wichtige Maßnahme.

Es wurden präventive Instrumente geschaffen, zum Beispiel – darauf wurde schon ein­gegangen – in der Frage der Täterbelehrung. Das ist eine wichtige Maßnahme zur Norm­verdeutlichung. Der Minister hat im Ausschuss auch davon gesprochen, dass es entspre­chende Belehrungen und Schulungen für die Polizei gibt. Das ist zu begrüßen. Es geht darum, dass die Täter, dass die Gefährder darauf hingewiesen werden, was das für ei­ne Rechtsfolge hat, wenn sie so weitermachen. Das ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Maßnahme im Rahmen der Prävention.

Es wurde auch Wünschen von Familien und Kinderrechtsorganisationen entsprochen, die gesagt haben, sie brauchen Maßnahmen, sie brauchen Instrumente, um Täter da­von abzuhalten, vor Schulen ihr Unwesen zu treiben. Betretungsverbote können nun­mehr auch für Kindergärten und Schulen ausgesprochen werden. Das ist eine wichtige Maßnahme, die von Eltern, von PädagogInnen immer wieder gefordert wurde. Auch dass im Akutfall sprengelübergreifendes Einschreiten möglich ist, ist zu begrüßen.

Alles in allem ist diese Maßnahme im frauenpolitischen Bereich ein weiterer Mosaik­stein zu einem schon europaweit beachteten Gewaltschutzinstrumentarium in Öster­reich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.37



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 203

Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


18.37.33

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Kolleginnen und Kollegen! In diesem Gesetz sind mehrere Maßnahmen zur Prävention enthalten. Sie sollen unser Land noch ein Stück sicherer machen, weil sie unseren Polizistinnen und Polizisten die entsprechen­den Werkzeuge in die Hand geben.

Es wurden bereits die Erweiterung des Betretungsverbots für Kinderbetreuungseinrich­tungen und Schulen, die Möglichkeit der Vorladung bestimmter Personen zur Polizei und vor allem auch die erweiterten Möglichkeiten der Wegweisung angesprochen. Dabei möchte ich schon darauf hinweisen, dass kein Gesetz – eine immerhin abstrakte Norm – alle möglichen Sachverhalte im Detail regeln kann. Das würde ein Gesetz unübersicht­lich machen, und ein solches Gesetz wäre bei punktgenauer Einhaltung, bei Einhaltung auf Punkt und Beistrich vielleicht auch nicht umsetzbar. Regelungen zu eng zu fassen heißt auch, dass im Nachhinein wahrscheinlich bald Änderungen notwendig wären, weil sich neue, ähnliche Sachverhalte ergeben, und dann spricht man von Anlassgesetz­gebung.

Für die praktikable Vollziehung und Handhabung von Gesetzen ist es wichtig, dass dem Rechtsanwender durch nicht allzu eng gefasste Begriffe doch ein gewisses Ermessen eingeräumt wird. Um solche Begriffe näher zu definieren und abzugrenzen, sind die Er­läuterungen und auch die Stenographischen Protokolle da. Dort kann der Gesetzgeber die Motive und Ziele, die er mit einer Bestimmung verfolgt, näher darlegen. Der Anwen­der bekommt damit Orientierung bei der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe.

Im Konkreten wurde der Begriff des berechtigten Ärgernisses beziehungsweise des Verhaltens, das geeignet ist, ein berechtigtes Ärgernis zu erregen, kritisiert, wobei „be­rechtigtes Ärgernis“ sicherlich im Sinne von begründet gemeint ist. In den Erläuterun­gen gibt es dazu auch entsprechende Beispiele, etwa „das aufdringliche Nachgehen bzw. Verfolgen einer Person oder das Verstellen von Geschäftspassagen“ oder „das Auftre­ten von Gruppen, die durch ihr Verhalten einen bedrohlichen bzw. störenden Eindruck auf Anwesende vermitteln“. Diese legen oft an öffentlichen Orten, die zum Teil als so­ziale Brennpunkte gelten, ein gewisses, man könnte sagen, Revierverhalten an den Tag und treten dort auch nicht zufällig auf.

Genau da ist eine klare Grenze zwischen einem aufdringlich, bedrohlich wirkenden Ver­halten einerseits und schlichten Unhöflichkeiten andererseits zu ziehen. Jedenfalls nicht umfasst sind die heute bereits angesprochenen Beispiele: die Gruppe von Rauchern auf dem Gehsteig oder eine Person, die sich nicht allzu oft duscht, in öffentlichen Ver­kehrsmitteln. Das ist eine überzogene Darstellung, die diese Regelung sicherlich in ein falsches Licht rückt.

Ich denke, es ist wichtig, dass unserer exzellent arbeitenden Polizei für ihre tägliche ge­fährliche Arbeit im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung auch die entsprechenden Werkzeuge in die Hand gegeben werden. Das Sicherheitsniveau weiter anzuheben und gleichzeitig einer Reihe von Problemen vorzubeugen, beides wird mit diesem Geset­zesvorhaben sicherlich gelingen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.40


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


18.40.44

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Frau – verschwundene – Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Da-


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men und Herren! Bei dieser Regierungsvorlage geht es um drei Gesetzesänderungen; ich nehme Stellung zum Sicherheitspolizeigesetz. Die Polizei erhält zur Bekämpfung ter­roristischer und anderer Straftaten weitere Befugnisse – ich denke, das ist gut so.

Wir alle wollen ein sicheres Land, damit sich die Menschen in unserem Land sicher füh­len und sie auch sicher sind. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen Sicherheit, aber dabei müssen wir die Polizei unterstützen. Die neuen Bestimmungen sollen der Polizei die Möglichkeit geben, dass sie ihre oft sehr schwierige Aufgabe und Arbeit leichter und besser ausüben kann.

Ich kann mir nicht vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass irgendje­mand in diesem Hohen Haus etwas dagegen hat, wenn es einen besseren Schutz gibt, was massive sexuelle Übergriffe und Belästigungen betrifft, was die Verhinderung fa­miliärer Gewalt betrifft; die Abnahme von DNA-Proben ist eine ganz wichtige Maßnah­me. Die Bevölkerung hat ein Recht auf Sicherheit, und dazu müssen wir die Polizei auch mit einer gesetzlichen Grundlage und den entsprechenden Möglichkeiten ausstatten.

Damit unsere Sicherheit auch in Zukunft gewahrt wird, riskieren Polizistinnen und Poli­zisten, wie das jüngste traurige Beispiel gezeigt hat, oft ihr Leben. Der betroffenen Fa­milie mein aufrichtiges Beileid! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ so­wie des Abg. Hagen.)

18.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


18.42.30

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Als Kärntner möchte natürlich auch ich der Fa­milie und den Angehörigen des Kärntner Polizisten unsere Anteilnahme aussprechen.

Das Innenministerium hat in der Vergangenheit mit den Novellen, die gemacht wur­den – manchmal auch unter schwerer Kritik, vor nicht allzu langer Zeit –, immer wieder gezeigt, dass diese zur Sicherheit des Staates Österreich und zu unserer Sicherheit bei­getragen haben. Österreich gehört nach wie vor zu den sichersten Ländern der Welt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, und auch heute beschließen wir hier wieder eine No­velle, die zu dieser Sicherheit beitragen soll.

Meine Vorredner sind ja eigentlich schon auf alle Punkte eingegangen; einen möchte ich noch herausheben, und zwar die elektronische Bündelung von Notrufen. Diese Art der elektronischen Bündelung von Notrufen wird in den Ländern schon vom Roten Kreuz gemacht, wird in den Ländern auch von der Feuerwehr gemacht und sollte zwei große Vorteile bringen: erstens, dass man grenzüberschreitend schneller ist, dass jene Einheit, die gerade im Grenzbereich ist, wo etwas vorfällt, zum Einsatz kommen kann, und zweitens ist es so, dass in den Bezirken draußen – der Personalstand wird damit nicht angetastet, das möchte ich ganz klar dazusagen, der Personalstand bleibt gleich –
in den Amtsstuben wieder Ressourcen frei werden, sprich, es gibt freie Kapazitäten und die Polizisten können unterwegs sein und für Sicherheit sorgen.

Das ist gut, das ist wichtig, das ist notwendig, denn ich glaube, eines der wichtigsten Gü­ter eines Staates ist die Sicherheit. Angesichts dessen, dass die Welt momentan eher unsicher ist, und wenn wir die Kriminalitätsstatistik in Österreich anschauen – obwohl es noch immer zu viel ist –, können wir stolz darauf sein, denn diese ist nicht gestiegen, sie ist eher minimal zurückgegangen, und dafür müssen wir weiter kämpfen. – Danke viel­mals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.44



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 205

Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


18.45.06

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Aggressives Verhalten ist kein Kavaliersdelikt, und es ist daher richtig und wichtig, dass wir unseren Polizistinnen und Polizisten, die täglich für die Sicherheit in unserem Lande sorgen, auch die entsprechen­den Möglichkeiten einräumen, um schon im Vorfeld mögliche Straftaten zu verhindern.

Genau das ist der Sinn und der Inhalt dieser Präventions-Novelle: Handeln, bevor et­was passiert. Warum das die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und den NEOS nicht verstehen, ist mir eigentlich schleierhaft, denn einerseits wird für die Motive Ver­ständnis gezeigt, wenn es dann aber ans Umsetzen geht, dann zieht man sich lieber zu­rück.

Als Gesetzgeber sind wir aber den Menschen verpflichtet, und wir sind dafür da, Maß­nahmen für mehr Sicherheit zu setzen und letztlich auch für unser Handeln Verantwor­tung zu übernehmen. Die Ängste der Grünen vor der Polizeiwillkür verstehe ich ebenso wenig wie die Ängste der NEOS vor dem Überwachungsstaat, aber ich verstehe die Ängste und Sorgen der Menschen, der Bevölkerung vor Gewalt – ob diese aus terroris­tischen Gründen erfolgt, aus ideologischen Gründen, religiösen Gründen oder schlicht und einfach deswegen, weil eine Gruppe Jugendlicher sich mit ihrem rowdyhaften Ver­halten so aufspielt wie Sheriffs. Das alles ist nicht notwendig. Ich habe Verständnis für die Ängste der Menschen, und da müssen wir entsprechend reagieren.

Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Gesetz die Mehrheit der Bevölkerung auf un­serer Seite haben, denn die Sicherheit des Einzelnen muss zu jeder Zeit Vorrang ha­ben, und daher ist es auch wichtig, dass wir das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht einschränken, das Recht auf Versammlungsfreiheit wird ebenfalls nicht einge­schränkt; aber es ist nicht notwendig, dass in diesen Bereichen rowdyhaftes Verhalten an den Tag gelegt oder gar Gewalt angewendet wird. Da gilt es, vorher entsprechend zu handeln.

Kein Verständnis habe ich auch für die Kritik betreffend die Wegweisungsmöglichkei­ten. Letztlich geht es um Schutzzonen, und wer will nicht, dass die Kinder im Kinder­garten oder in der Volksschule beziehungsweise vor diesen Einrichtungen entsprechend geschützt werden? Wir wollen das auf jeden Fall, und wenn nur ein Übergriff verhindert werden kann, hat sich das Gesetz heute schon gelohnt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es geht darum, dass wir dieses Gesetz letztlich mit einer großen Mehrheit im Haus beschließen, weil es für mehr Sicherheit sorgt. Aggressives Verhalten – ich betone das nochmals – ist kein Kavaliersdelikt und hat in der Öffent­lichkeit nichts verloren. (Beifall bei der ÖVP.)

18.47


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1229 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen des Abgeordneten Mag. Alm auf getrennte Abstimmung hin­sichtlich Art. 1 vor.

Ich werde also zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile ab­stimmen lassen.

Zunächst: getrennte Abstimmung über Art. 1 in der Fassung des Ausschussberichts.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 206

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichts.

Wer dem zustimmt, der gebe ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterziehschutzwesten für die Exekutive“.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

18.49.0110. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bericht der Bundesregierung betref­fend das Nationale Reformprogramm Österreich 2016 (III-263/1202 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nunmehr kommen wir zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


18.49.31

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst ein paar Worte zur Genese dieses Nationalen Reformprogramms: Dem Namen nach könnte man ja durchaus vermuten, dass sich da die österreichische Bundesregierung in einer Art Kraftanstrengung aufgemacht hätte, Stück für Stück Reformen zu verwirklichen, aber das wäre wirklich zu viel der Ehre für diese Bundesregierung und das wäre auch wirklich ein Meilenstein.

Dieses sogenannte Nationale Reformprogramm ist Teil des Europäischen Semesters, mit dem die Ziele der Agenda Europa 2020 erreicht werden sollen. Es ist also ein Art Frage-Antwort-Spiel: Der Europäische Rat gibt Empfehlungen, und die Bundesregie­rung gibt Antworten, ob und, wenn ja, wie sie diese Empfehlungen des Rates umzuset­zen beabsichtigt.

Ob es sich bei diesen Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Semesters um einen weiteren Papiertiger handelt, wird sich zeigen. Aus meiner Sicht stehen die Chancen für einen Fortschritt bei Reformen sehr schlecht. Sogar ein überzeugter EU-Fundamen­talist wie ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas hat schon eingestehen müssen, dass die Umsetzung von Reformen äußerst schleppend verläuft.

Das ist eigentlich schade, denn es gibt auch Empfehlungen des Rates, die gar nicht so schlecht und für Österreich durchaus positiv wären. Schauen wir uns das an: Die erste Empfehlung des Rates ist, dass die Budgetneutralität, die Aufkommensneutralität der Steuerreform sichergestellt werden muss, damit die mittelfristigen Haushaltsziele nicht gefährdet werden; das fordert der Rat.

Die Bundesregierung verweist dann immer wieder auf die Gegenfinanzierungsmaßnah­men – Bekämpfung des Steuer- und Sozialbetrugs, Strukturmaßnahmen, Kürzungen bei Förderungen und dergleichen. Aber wenn man sich all diese Punkte, die die Bundesre-


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gierung da als Antwort angibt, im Detail anschaut, dann sieht man halt schon auch den Pferdefuß. Zum Beispiel bei der Betrugsbekämpfung: Betreffend die budgetierten 1,9 Mil­liarden € an Mehreinnahmen – Stichwort Registrierkassenpflicht und dergleichen – braucht man es nur mit den Worten des Präsidenten des Fiskalrates Bernhard Felderer zu sa­gen: „Wenn man die Hälfte erreicht, kann man schon zufrieden sein.“

Die 1,3 Milliarden € an Mehreinnahmen durch steuerliche Strukturmaßnahmen sind ein Euphemismus für nichts anderes als direkte und indirekte Abgabenerhöhungen. Da greift also der Finanzminister wieder in die Taschen der Bürger, und sie dürfen sich die Steuerreform doch selbst finanzieren.

Die Einsparungen bei der Verwaltung und bei den Förderungen führen dazu, dass man da in Österreich nicht planvoll vorgeht. Da wird in einer Art Rasiermentalität über alle Mi­nisterien gekürzt, das führt dann sogar dazu, dass bei der Sicherheit eingespart wird – und das angesichts der großen Migrationskrise, in der wir uns seit über einem Jahr be­finden. Also als langfristige Strategie kann man das jetzt wirklich nicht bezeichnen.

Betreffend die Einsparungen bei den Förderungen kann ich jetzt nur darauf verweisen, dass es noch immer keine funktionsfähige Transparenzdatenbank gibt, um Mehrfach­förderungen sinnvoll vorzubeugen. Das ist bisher am Widerstand der Länder gescheitert.

Damit bin ich auch schon bei der nächsten Empfehlung der EU, der Rat sagt, „der In­kongruenz zwischen der Finanzierung der verschiedenen staatlichen Ebenen und de­ren Ausgaben“ soll abgeholfen werden. Das bedeutet nichts anderes als eine Zusam­menführung von Einnahmen- und Ausgabenverwaltung. Nach langem Hin und Her ist es ja endlich gelungen, ein modernes Haushaltsrecht für alle Ebenen zu schaffen. Das ist zwar ein begrüßenswerter Beitrag zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit, am Grundproblem ändert sich aber nichts.

Da liest man dann, was die Bundesregierung im Reformprogramm als Antwort auf die­se Empfehlung des Rates schreibt – ich zitiere –: „Im Zuge der Finanzausgleichsver­handlungen, welche noch vor dem Sommer 2016 abgeschlossen werden sollen, wird auf mehr Steuerautonomie für die Länder sowie eine Stärkung der Aufgabenorientierung hin­gearbeitet.“

Ich möchte dem Herrn Finanzminister, der heute nicht hier ist, durchaus zugestehen, dass er in dieser Sache wirklich versucht oder, besser gesagt, versucht hat, etwas wei­terzubringen und Bewegung in die Sache zu bringen, aber wer die beharrenden Kräfte in den Ländern kennt, der weiß, was das für eine unmögliche Herkulesaufgabe ist. Bis­her haben sich die Länder da ja immer quergelegt.

Insgesamt ist diese Antwort der Bundesregierung aber ohnehin schon obsolet. Der Sommer ist bereits da, ein Ergebnis liegt nicht vor, und ich will auch gar nicht auf der Frist herumreiten. Viel bedeutsamer oder tragischer ist es aber, dass es zu einer Zu­sammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverwaltung wieder nicht kommen wird.

Als letzte Empfehlung des Rates wird die langfristige Sicherstellung des heimischen Pen­sionssystems angeregt. – Ja, da tut sich gar nichts, es sind bestenfalls Bewegungen im mikroskopischen Bereich wahrnehmbar. Es explodieren die Kosten für unser Pensions-, Sozial- und Gesundheitssystem, nicht zuletzt aufgrund der Migrationswelle, die über un­ser Land rollt. Getan wird da nichts wirklich Sichtbares. Es wird aber ohne Strukturre­formen nicht gehen.

Das Problem des Föderalismus habe ich schon angesprochen. Eine Rationalisierung und Verschlankung der Verwaltung ist in allen Bereichen nötig. Wir brauchen nur an die Pensions- und Krankenversicherungsanstalten zu denken. Der Förderdschungel muss ri­goros ausgeholzt werden. Doppelgleisigkeiten, Effizienzsteigerungen in der Verwaltung – da könnte man auch den Empfehlungen des Rechnungshofes endlich einmal folgen.


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Das wären Voraussetzungen für eine nachhaltige Senkung der Staatsschulden, für ein ausgeglichenes Budget. Das sind auch Voraussetzungen für eine nachhaltige Senkung der drückenden Abgabenlast, denn die letzte Steuerreform bringt den Bürgern nur eine kurze Atempause, bevor die kalte Progression wieder zuschlägt. Wenn diese Refor­men eingeleitet werden, dann – aber wirklich erst dann! – kann man von einem Natio­nalen Reformprogramm sprechen, das diesen Namen überhaupt verdient. – Das vorlie­gende Papier verdient ihn leider nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. – Bitte.

 


18.56.25

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Ja, das Nationale Reformprogramm Österreich 2016 ist natürlich auch der im Rah­men des Europäischen Semesters analysierten Wirtschaftspolitik der Kommission ge­schuldet. Die Empfehlungen, die die Kommission da abgibt, sind ja in einigen Punkten durchaus umgesetzt, beziehungsweise haben wir hier schon einige Reformen beschlos­sen.

Ich weiß nicht, woraus mein Vorredner, Herr Kollege Haider, schließt, dass wir bei der Sicherheit einsparen, denn wir haben im Finanzrahmen für die innere Sicherheit mehr als 600 Millionen € zur Verfügung gestellt, wir haben auch für das Bundesheer, für den Grenzschutz und für die aktive Tätigkeit bis 2020 1 Milliarde € zur Verfügung gestellt, und da werden auch Reformmaßnahmen gesetzt. Das heißt, wir haben durchaus be­reits sehr viele der Empfehlungen umgesetzt.

Wir haben eine Steuerreform gemacht, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten ist, wo­durch über 90 Prozent aller Erwerbstätigen mit einem durchschnittlichen Betrag von 1 000 € pro Jahr entlastet werden. Diese Steuerreform hat ein Volumen von über 5 Mil­liarden €, genauer gesagt 5,2 Milliarden €. Was die Gegenfinanzierung betrifft, da kann man nur eines sagen: In den letzten Jahren hat die Opposition noch bei jedem Budget gesagt, es werden die Einnahmen nicht halten, es werde das Budget nicht halten, es werde der Voranschlag nicht halten, und jedes Jahr hat es gehalten. Wir werden das auch am Ende des Jahres 2016 bei den Gegenfinanzierungsmaßnahmen sehen.

Gleichzeitig, bis 2018, senken wir die Lohnnebenkosten um 1 Milliarde €, und ab dem Jahr 2018 wird das Bonus-Malus-System in Kraft treten, was die Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen mit über 25 Mitarbeitern betrifft.

Ich denke, man kann alles, was hier im Hohen Haus besprochen wird, schlechtreden, Kollege Haider. Man kann aber Reformbestrebungen und Entlastungsbestrebungen, ge­rade was den Faktor Arbeit betrifft, durchaus auch einmal anerkennen, denn ich glau­be, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir, obwohl wir uns zur Budgetkonsolidie­rung bekennen – was die Kommission im Übrigen auch fordert, und Sie haben es ja auch angesprochen –, trotzdem eine Steuerreform in diesem großen Ausmaß gemacht haben, dass wir trotzdem eine Lohnnebenkostensenkung machen, und wir sehen sehr wohl, dass das auch die Wirtschaft ankurbeln wird. Das geschieht natürlich nicht von einem Tag auf den anderen, das ist klar – wir haben jetzt erst die Zahlen für Mai ge­sehen, was die Budgetzahlen oder die Einnahmen betrifft –, aber am Ende des Jah­res 2016 werden wir dann mehr sehen.

Es gäbe noch sehr viel zu sagen, ich sage nur Folgendes: Na, selbstverständlich müs­sen wir Reformen weiterbringen. Wir müssen auch bei den Pensionen noch Reformen weiterbringen. Wir können nicht damit zufrieden sein, dass das faktische Pensionsalter an das gesetzliche nur irgendwie angenähert wird, sondern es muss sich wirklich ein-


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mal in die Richtung bewegen, dass die Menschen tatsächlich so in Pension gehen – nämlich mit 65 oder mit 60, je nachdem ob Mann oder Frau –, wie es auch gesetzlich geregelt ist. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Es wird da jedoch auch sehr viel Geld in die Hand genommen, beispielsweise was den Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ betrifft. Dass man gar nichts macht oder es gar keine Reformen gibt, stimmt also nicht.

Abschließend noch zum Thema Finanzausgleich, Kollege Haider: Es wird verhandelt. Wir haben auch bereits ein gemeinsames Rechnungswesen und einen gemeinsamen Rahmen für die Länder und Gemeinden beschlossen – für Gemeinden mit über 10 000 Ein­wohnern und für Gemeinden mit unter 10 000 Einwohnern –, aber es braucht halt alles seine Zeit. (Zwischenruf des Abg. Haider.) Wir hatten im ersten Halbjahr auch sehr viel mit der Asylfrage zu tun. Ich glaube, niemand steht einfach da und tut gar nichts, son­dern es ist natürlich ein laufender Prozess. Im Übrigen bekennen wir uns zu Reformen, und jeder, der dabei sein will, darf gerne dabei sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Matznetter.)

19.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.01.12

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu­nächst einige Anmerkungen zum Nationalen Reformprogramm als solchem: Dabei kann ich feststellen, und das habe ich bereits im Ausschuss gesagt, dass wir da eigentlich auf ein strategisches Steuerungsinstrument verzichten, und zwar insofern, als es eine mangelhafte Koordination der Maßnahmen zwischen dem Bund auf der einen Seite und den Ländern und Gemeinden auf der anderen Seite gibt. Das ist ein großes Man­ko, und ich denke, an diesem Problem sollte die Bundesregierung gemeinsam mit den Sozialpartnern, die ja in die Erstellung der Nationalen Reformprogramme eingebunden sind, arbeiten.

Weiters habe ich Anmerkungen zu einigen länderspezifischen Empfehlungen: Die erste betrifft die Steuerreform, auf die ja schon von meiner Vorrednerin sowie deren Vor­redner eingegangen worden ist. Interessant ist aber ein Phänomen, auf das noch nicht hingewiesen wurde; die Bundesregierung hat ja immer die Meinung vertreten, dass die unteren Einkommen stärker entlastet würden als die oberen Einkommen. Na ja, einmal mehr bestätigt eine Institution – in diesem Fall die Europäische Kommission –, dass dem nicht so ist, denn die oberen 10 Prozent werden im verfügbaren Einkommen der Haushalte um 4,5 Prozent und das unterste Dezil, also die untersten 10 Prozent der Ein­kommen, um 1,9 Prozent entlastet. Das deckt sich mit den Studien des Wirtschaftsfor­schungsinstitutes, des Budgetdienstes, des Instituts für Ungleichheitsforschung. Es gibt nur eine Institution, die Bundesregierung, die beständig das Gegenteil behauptet – es stimmt halt nicht. So ist es, das muss man zur Kenntnis nehmen.

Was die Gegenfinanzierung anlangt, Frau Kollegin Tamandl: Na ja, da werden wir am Ende des Tages sehen, ob die Budgetzahlen wirklich stimmen. (Abg. Tamandl: Ge­nau!) Aus der Vergangenheit zu schließen, insbesondere aus vergangenen Fehlbudge­tierungen, dass in Zukunft immer alles so sein wird wie in der Vergangenheit, damit wür­de ich doch etwas vorsichtig sein.

Eine weitere Anmerkung bezieht sich auf die Tragfähigkeit des Pensionssystems, und zwar auf die langfristige Tragfähigkeit. Wenn Herr Kollege Haider gesagt hat, dass man feststellen kann, dass die Pensionskosten explodieren, so kann ich nur festhalten: Kurz­fristig ist genau das Gegenteil der Fall. Im vergangenen Jahr lagen die Pensionszu­schüsse deutlich unter dem Bundesvoranschlag, nämlich um einige Hundert Millionen


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Euro. Auch heuer wird das der Fall sein, auch heuer werden die Pensionszuschüsse um einige Hundert Millionen Euro unter dem Voranschlag liegen. Das bedeutet, dass die Maßnahmen, die in diesem Bereich gesetzt worden sind, zu greifen beginnen, und wenn wir uns anschauen … (Abg. Loacker: Na, das heißt, … auf den Arm genommen hat?) – Herr Loacker, schauen Sie sich mal die Zahlen an! Jetzt kommen wir zur Lang­fristigkeit: Ja, das Pensionssystem fährt nicht an die Wand und es ist auch nicht schrottreif, wie Sie es immer behaupten, das ist wirklich ein Unfug. (Zwischenruf des Abg. Loa­cker.) Schauen Sie sich die letzte Langfristprognose im Strategiebericht an! (Neuerli­cher Zwischenruf des Abg. Loacker.) Daran sieht man ganz deutlich, dass die Beiträge zu den Pensionen im Jahr 2015 bei 14,1 Prozent liegen (Zwischenruf des Abg. Matz­netter) und im Jahr 2060 bei 14,5 Prozent liegen werden. (Abg. Loacker: Wo? Was?) Das heißt, wir haben da eine sehr stabile Entwicklung der Pensionszuschüsse. Und was Sie uns einreden wollen, nämlich dass das Pensionssystem schrottreif wäre, ist schlicht und einfach ein Unfug. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

19.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.05.10

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretä­rin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Bruno, du bist einfach zu streng mit denen. Wer private Produkte verkaufen will, muss den Leuten einreden, wie schlecht das an­dere ist, weil sie sonst nicht unterschreiben! Das dicke Ende kommt ja erst dann, wenn sie zehn Jahre einbezahlt haben und dann draufkommen (Abg. Loacker: Wieso brau­chen dann die ganzen Arbeiterkammerangestellten Zusatzpensionen, wenn alles so super ist?), wie es so aussieht bei den privaten Produkten: ausgesteuerte Zukunftsvor­sorge, Briefe unserer Versicherungsanstalten, dass leider nur noch das Kapital da ist und keine Chance besteht auf weitere Erträge – das ist die Wirklichkeit!

Ein guter Zeitpunkt wäre in den letzten sechs Jahren gewesen? – Dieses Land ist Jahr­zehnte gelaufen und hat sich eingebildet, wir müssen den Leuten irgendwelche priva­ten Produkte einreden. Schauen wir lieber, dass unser System weitergeht!

Aber nun zur Sache und zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Haider: Die Länder­spezifische Empfehlung Nummer 1 kann ich ja fast als eine Art tatsächliche Berichti­gung zu seinen Ausführungen anführen. Was die Finanzierung betrifft, hat dies Kolle­gin Tamandl schon getan: Die Entlastung des Faktors Arbeit ohne Belastung unseres Budgets hat stattgefunden. Es ist gelungen, und die 5 Milliarden führen zu mehr Kauf­kraft (Zwischenruf des Abg. Haider) und zum Anspringen der Konjunktur! Sie können da drin nachlesen, dass Sie durch die Steuerreform 29 000 Arbeitsplätze mehr haben – das sollten Sie begrüßen (Zwischenrufe der Abgeordneten Haider und Kassegger) und nicht die Reform miesmachen.

Betreffend diese Mär, dass im Bereich der Pensionen nichts geschehen wäre: Schau­en Sie sich doch allein die Abbildung 1 im Bericht der Bundesregierung an: Wir haben jetzt schon, mit 2015, beim faktischen Pensionsalter mit 60,2 das Ziel von 2018 er­reicht. Es funktioniert! Ja, aber es führt auch dazu, wie mehrfach nachzulesen ist, dass der Andrang auf die Arbeitsmärkte steigt (Rufe und Gegenrufe der Abgeordneten Loa­cker und Pendl– die Älteren arbeiten länger, wir haben auch immer höhere Erwerbs­quoten und den meisten Zuwachs bei den älteren Arbeitnehmern im Bereich der über 60-Jährigen bei den Männern und der über 55-Jährigen bei den Frauen. Die brauchen einen Arbeitsplatz. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Genau!)

Wir haben auch Arbeitsplätze, aber wir haben auch noch den Zuzug. Wir haben alles gleichzeitig. Wir haben die größte Gruppe, wenn Sie so wollen, von ausländischen Ar-


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beitern und Angestellten aus Deutschland, auch die wollen einen Arbeitsplatz haben. All das führt dazu, dass wir noch die Schwäche in Bezug auf das Wachstum haben, dass wir noch nicht die Arbeitslosenzahlen hinunterbekommen.

Diese Bundesregierung ist aber auf einem guten Weg, und das zeigt sich auch, wenn Sie sich die Anregungen, nämlich die Empfehlungen Nummer 2, 3 und 4 ansehen – bis hin zum Bankensektor eigentlich ein positives Zeugnis. Da muss sich die Regierung nicht schämen! Ich gratuliere und darf der Frau Staatssekretärin sagen: Das ist eine gute Arbeit.

Noch ein Punkt: Das Budgetdefizit ist nicht gefährdet. Wir haben seit 2014 ein struk­turelles Nulldefizit. (Zwischenrufe der Abgeordneten Fuchs und Kassegger.) Da sind alle von der Opposition gekommen und haben gesagt: Nie werdet ihr das 2016 schaf­fen! (Abg. Tamandl: Genau!) Wir hatten es 2014, wir hatten es 2015, wir werden es 2016 haben. – Auch dieser Teil ist gelungen. Wir haben stabile Finanzen, eine besser werdende wirtschaftliche Entwicklung, und mit dem Bundeskanzler Kern werden wir durchstarten. Die FPÖ brauchen wir dazu nicht. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: 5 Milliarden werden wir …! – Ruf bei der FPÖ: Wenigstens den Kern hätte man weglassen können! – Abg. Matznetter – das Rednerpult verlassend –: Es tut euch weh, na klar, wenn es einer besser macht als ihr! – Ruf bei der SPÖ: Fast je­der macht es besser als sie! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

19.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.08.43

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Staatsse­kretärin! Ja, Herr Kollege Matznetter, man kann sich die Welt immer schönreden (Abg. Lausch: Das macht er besonders gut!), und das muss man in Ihrer Situation auch tun, denn sonst müsste man angesichts dieser Leistungsbilanz zu dem Schluss kommen, dass man besser zurücktritt und sich anderen Aufgaben widmet. (Abg. Lausch: Biss­chen blass ist er, der Kern!)

Wir haben als NEOS immer den Standpunkt vertreten – beziehungsweise war das über­haupt ein wichtiger Grund, warum wir uns gegründet haben, warum wir angetreten sind –, dass der Reformstillstand in diesem Land unerträglich ist. Daher war es uns wich­tig, dass dieser Bericht zum Nationalen Reformprogramm Österreich nicht nur, wie ur­sprünglich vorgesehen, im Ausschuss behandelt und abgeschlossen wird, sondern auch hier ins Plenum kommt und öffentlich diskutiert wird. (Bundesminister Schelling nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Was da zu lesen ist, kann man ja sehr gut zusammenfassen, der Budgetdienst hat das so gemacht, ich zitiere:

„Die von der Europäischen Kommission (EK) für Österreich vorgeschlagenen Länder­spezifischen Empfehlungen 2016 blieben im Vergleich zum Vorjahr inhaltlich weitgehend unverändert.“ – Zitatende.

Was bedeutet das? – Die Empfehlungen sind Jahr für Jahr immer dieselben, weil Jahr für Jahr die wesentlichen Reformen wieder nicht angegangen und erledigt werden. Das ist der Punkt. Das hat im Endeffekt natürlich für die fiskalische Stabilität, für unseren Haushalt, für unser Budget die Folge, dass die Schuldenmacherei weitergeht. Auch heu­er sind es wieder Milliarden Euro, die an Schulden produziert werden.

Kollege Matznetter, wenn Sie das strukturelle Nulldefizit ansprechen, dann danke ich für diese Rutsche: Das strukturelle Defizit war einmal eine gute Idee. Die Idee war, dass man die Situation des Haushaltes, das Defizit oder den Überschuss, durch die kon-


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junkturellen Auf- und Abschwünge bereinigt darstellen kann. Also von der Idee her nicht schlecht. Was allerdings daraus gemacht worden ist, ist etwas anderes.

Wenn man nämlich nur die konjunkturelle Lage ausreichend misslich darstellt, dann hat man immer ein ausgeglichenes strukturelles Budget, so wie auch jetzt, und blendet da­durch aus, dass in Wahrheit das Budget alles andere als ausgeglichen ist. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Schelling.) – Ich begrüße auch Sie, Herr Finanzminis­ter. (Bundesminister Schelling: Genau, das ist …!)

Wenn auch dieses sogenannte strukturelle Nulldefizit nicht reicht – das kann ich gleich an Sie richten –, dann rechnen wir die Flüchtlingskosten heraus, damit sich das wieder ausgeht. (Bundesminister Schelling: Sie sind nicht imstande, das zu berechnen, glau­ben Sie mir! – Abg. Tamandl: Na, Entschuldigung, das ist EU-weit so …!) – Nur weil es EU-weit gemacht wird, bedeutet das ja deswegen nicht, dass es eine gescheite Idee ist. (Abg. Loacker: Die anderen sind alle …!) Frau Kollegin Tamandl, das letzte Mal, als etwas als Einmaleffekt aus dem Budget herausgerechnet worden ist, betraf es die Hypo Alpe-Adria. Was war denn da der Einmaleffekt? Seit 2008 hat uns das beschäftigt und beschäftigt uns immer noch. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Wer jetzt die Flüchtlingskosten als Einmalkosten bezeichnet, die uns nur einmal vorü­bergehend beschäftigen werden, die man so ohne Weiteres herausrechnen kann, hat die internationale Lage nicht erkannt, aber so kann man sich halt immer wieder die Welt schönrechnen. Es ist letztlich immer der Versuch, das Problem nicht als das strukturel­le Problem darzustellen, das es tatsächlich ist, sondern als ein konjunkturelles – schuld ist sozusagen die böse Konjunktur, die Jahr für Jahr wieder nicht anspringen will. (Zwi­schenruf des Abg. Vetter.)

Dabei ist das größte aller strukturellen Probleme auch im Bericht des Budgetdienstes angeführt, nämlich die, wie es etwas sperrig genannt wird, „Vereinfachung (…) und Straf­fung der budgetären Beziehungen und Zuständigkeiten der verschiedenen Regierungs­ebenen“.

Zusammengefasst betrifft das den Föderalismus in Österreich oder vielmehr das, was eben eigentlich kein Föderalismus ist, sondern ein komplexes Wirrwarr an Finanzbe­ziehungen, das nicht einmal Experten durchschauen, wo Millionen, Milliarden versi­ckern – den Finanzausgleich, der nicht funktioniert und die Auswirkung hat, dass alle, näm­lich Bund, Länder und Gemeinden, für irgendetwas zuständig sind, aber gesamt gese­hen niemand zuständig ist. Das ist kein Föderalismus, das ist organisierte Verantwor­tungslosigkeit, und die, das sagt uns auch dieser Bericht, ist wieder, so wie jedes Jahr, nicht angefasst worden.

Wie lange wollen wir das eigentlich in diesen Berichten immer und immer wieder lesen, bis Sie endlich wesentliche Reformen angehen? (Beifall bei den NEOS.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Zakostels­ky. – Bitte.

 


19.14.08

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 2010 orientiert sich die Regierung an den Europazielen 2020. Es liegt nun der jüngste Bericht der Bundesre­gierung vor, der die Fortschritte auf dem Weg dieses Reformprogramms dokumentiert, und wir können unter dem Strich jedenfalls zusammenfassen, dass Österreich auf ei­nem guten Weg ist.

Wir sehen beispielsweise, dass ein Thema, das doch gerade für die Zukunft zentral ist – die Investitionen in den Bereich Bildung und Forschung –, mittlerweile bei einem Wert


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von 3,1 Prozent des BIP gelandet ist. Wenn wir das vergleichen: Noch vor 15 Jahren la­gen wir da bei 1,9 Prozent des BIP. 3,1 Prozent ist ein wesentlicher Fortschritt, freilich liegt das Ziel für 2020 in der Größenordnung von 3,76 Prozent. Wir sind also noch nicht dort, aber wir sind auf einem guten Weg.

Ebenso ist Österreich auf einem guten Weg beim Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoenergieverbrauch, bei der Akademikerquote, bei der Dop-out-Quote der Schulab­brecher – bei all diesen Themen, die Sie ja kennen. Ich glaube, unter dem Strich lässt sich festhalten, dass wir auf einem guten Weg angekommen sind, gleichzeitig aber schon – insbesondere wenn wir die Länderspezifischen Empfehlungen ansehen – noch einiges an Aufgaben vor uns haben.

In der Diskussion vorhin wurde es bereits angesprochen: Ein zentrales Thema, das uns die Europäische Kommission da mitgibt, sind die Empfehlungen zur langfristigen und nachhaltigen Sicherung des Pensionssystems, zur Tragfähigkeit. Eine Empfehlung ist dabei, ob wir das alle miteinander gerne hören oder nicht, die Harmonisierung, also sozusagen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, was das gesetzliche Pen­sionsantrittsalter betrifft. Ein weiterer und meiner Meinung nach sehr realitätsbezoge­ner Vorschlag, für den unser Bundesminister auch immer wieder sehr stark eintritt, ist die Koppelung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung – in un­serem Fall Gott sei Dank an eine steigende Lebenserwartung.

Ebenso wird übrigens seitens aller ernst zu nehmenden internationalen Experten ein Aus­bau der betrieblichen und der privaten Vorsorgesysteme empfohlen. Da würde ich schon bitten: Gehen wir das doch ohne ideologische Scheuklappen an. Ich bin der Letzte, der jenen die Stange hält, die davon reden, dass unser Pensionssystem schrottreif ist, Al­tersarmut und so weiter – das ist wirklich überzogen. Auf der anderen Seite würde man aber, glaube ich, Scheuklappen tragen, wenn man sagt: Es ist nichts zu tun und wir brauchen da keine ergänzenden Systeme. Da brauchen wir nur die Demographie an­zuschauen, die Auswirkungen, wenn die Babyboomer in zehn, fünfzehn Jahren in Pen­sion gehen.

Das heißt, für unsere Bürgerinnen und Bürger ist der Ausbau der betrieblichen und pri­vaten Altersvorsorge als Ergänzung zu einem vernünftigen staatlichen Pensionssystem sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)

Zusammenfassend ist zu sagen, ich habe es bereits gesagt, Österreich befindet sich auf einem guten Weg. Ein weiterer Baustein dazu ist, jetzt ganz aktuell, die vorgestern vom Vizekanzler und auch vom Kanzler vorgestellte wirtschaftspolitische Programm­ausrichtung für 2016 und 2017. Auch diese Themen zur Verbesserung der wirtschaftli­chen Rahmenbedingungen, die dort artikuliert werden, sind ein weiterer Baustein auf dem Weg, das Nationale Reformprogramm positiv umzusetzen. – Danke für die Auf­merksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

19.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.17.39

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Pensionen sind sicher – das haben wir vom Kollegen Matznetter gehört, und wir werden nachher vom Kollegen Schopf noch einmal hören, dass alles super ist. (Abg. Pendl: Genau!) Dann frage ich Sie eines: Wenn alles so su­per ist, warum brauchen dann die Mitarbeiter der Arbeiterkammer Zusatzpensionen im Volumen von 22 Millionen € im Jahr, die die kleinen Zwangsbeitragszahler finanzieren müssen? (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Pendl: … Pensionskassen!) Die Billa-Kas­siererin finanziert die Bonzenpension der roten Arbeiterkämmerer! Warum? – Wenn die


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Pensionen ohnehin sicher sind, würde man das nicht brauchen! (Abg. Pendl: … Pen­sionskassen!)

Aber das geht noch darüber hinaus: Die Pensionsversicherungsanstalt, wo die normal­sterblichen Menschen ihre ASVG-Beiträge einzahlen, braucht im Jahr 65 Millionen € für die Zusatzpensionen der eigenen Leute. Aber wir brauchen ja keine Vorsorge, wir brauchen ja keine zweite Säule, wir brauchen keine dritte Säule, es ist alles sicher. Das sind nur die bösen Liberalen, die sagen, jetzt braucht es eine zweite, eine dritte Säule. Das ist wirklich doppelbödig! Sie verkaufen die kleinen Beitragszahler und Zwangsbei­tragszahler für dumm, und Ihre Leute stopfen sich die Taschen voll mit dem Geld der kleinen Beitragszahler. So schaut es aus! (Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir zum Pensionssystem. (Abg. Keck: Jetzt wird es aber lächerlich!) – Ja, „lä­cherlich“ kann man natürlich leicht rufen, wenn man selber in dicken Autos und in di­cken Büros sitzt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Krainer: Seit wann ist ein Fahrrad ein Auto?) Das Pensionsantrittsalter sollte an die Lebenserwartung angepasst werden. Kol­lege Matznetter hat versucht, uns zu erklären: Wir haben ja eh alle Ziele schon er­reicht. Er weiß natürlich haargenau, dass die Ziele, die die Republik Österreich erreicht hat, darauf zurückzuführen sind, dass man einen statistischen Trick angewandt hat und die Invaliditäts- und die Berufsunfähigkeitspensionen von unter 50-Jährigen herausge­rechnet hat. Klar, das gerät in Vergessenheit, denn das liegt dann irgendwann zwei, drei Jahre zurück, und dann kann man den Menschen wieder den gleichen Schmäh er­zählen und sagen: Es ist alles in Ordnung. So, mit dieser Augenauswischerei, macht diese Bundesregierung Politik. Was auch spannend ist, ist das, was ich in einer Anfra­gebeantwortung bekommen habe – das können Sie nachlesen –, Anfragebeantwor­tung 8287/AB, aus der hervorgeht, dass innerhalb der Bundesregierung durchaus un­terschiedliche Meinungen zum Pensionssystem bestehen und dass es auch Interven­tionen von Regierungsmitgliedern auf europäischer Ebene gibt, da eine positivere Dar­stellung des Desasters zu erreichen, das die Regierung liefert.

Die EU-Kommission ist nämlich der Meinung, dass man der Regierung die Zahlen gar nicht mehr glauben kann (Abg. Walter Rosenkranz: … Anfragebeantwortung!), denn wenn das Pensionsantrittsalter so steigen würde, wie Sie das darstellen, dann müssten sich nämlich die Ausgaben ganz anders entwickeln, und das passt nicht zusammen.

Kollege Rossmann hat auch wieder die wunderbaren Zahlen herangezogen – die Pen­sionsausgaben in Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ich verrate Ihnen das Geheimnis: Wir zahlen die Pensionen nicht vom Bruttoinlandsprodukt, sondern wir müssen schau­en, wie viel Prozent der Steuereinnahmen eigentlich am Ende des Tages für Pensio­nen draufgehen, und wir werden in Bälde so weit sein, dass ein Drittel des Bundesbud­gets für Pensionen draufgeht. Das steigt immer weiter.

Wenn das Ihr Ziel ist und wenn die Regierung damit zufrieden ist, dann spricht das Bän­de. Das Pensionssystem ist in dieser Form schrottreif. (Beifall bei den NEOS.)

19.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


19.21.15

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Werter Kollege Loacker! Nur einen Satz zu den Pensionen: Wir sind nicht Ihrer Auffassung, wenn Sie sich immer wieder hier herstellen und meinen – nur ein Beispiel –, das Frauenpensionsalter müsste sofort angeglichen werden. Wir vonseiten der Sozialdemokratie sind dagegen. (Abg. Loacker: Ich habe kei­ne Zeit mehr gehabt, das zu erwähnen, aber danke!) Die NEOS sind dafür, dass das Frauenpensionsalter sofort angeglichen wird, wir nicht. Nehmen Sie das bitte zur Kennt­nis! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 215

Meine Damen und Herren! Im Reformprogramm ist unter anderem auch das Thema ent­halten, wie hoch eigentlich der Faktor Arbeit in Österreich besteuert und belastet ist. Ich denke, dass es da schon eine Reihe von Maßnahmen vonseiten der Regierung ge­geben hat. Ich erinnere, wie schon von meinen Vorrednern gesagt, an die Steuerreform, bei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionistinnen und Pensionisten seit Jän­ner 2016 immerhin fast 5 Milliarden € erhalten haben.

Ich denke auch daran – was vielen Unternehmern zugutegekommen ist –, dass der Un­fallversicherungsbeitrag mittlerweile seit zwei Jahren gesenkt worden ist, dass der Bei­trag zum Insolvenz-Entgelt-Fonds in den letzten Jahren, 2015 und auch heuer, gesenkt worden ist, dass der FLAF-Beitrag im kommenden Jahr, ab Jänner 2017, verringert wird, aber auch daran, was vor allem unser Bundeskanzler gestern angekündigt hat: dass es eine Entlastung geben wird, vor allem für junge und innovative Unternehmungen, vor al­lem für jene, die Unternehmen in den nächsten Wochen und Monaten neu gründen wer­den. Diesbezüglich wird es Erleichterungen geben.

Ich meine auch – und das ist wichtig –, dass der Faktor Arbeit weiterhin entlastet wer­den muss, und darin wir sind uns hier einig. Eine Möglichkeit – und ich denke, das ist die wichtigste Möglichkeit – ist die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Wir wol­len den Faktor Arbeit entlasten, wir wollen jene Unternehmen stärken, die Arbeitsplätze schaffen – nochmals: jene Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. In diesem Bereich müssen natürlich die Kosten verringert werden.

Wir wollen, dass die Finanzierung unseres hervorragenden Sozialstaates auch in Zu­kunft bei sinkender Lohnquote erhalten bleibt. Daher treten wir für eine Wertschöpfungs­abgabe oder einen Digitalisierungsbeitrag oder Beschäftigungsbonus ein, Namen sollen nicht im Vordergrund stehen. (Abg. Loacker: Ist die Rede aus 1917?)

Wir wollen (Abg. Loacker: Ist die Rede von 1917?) personalintensive Branchen entlas­ten, Herr Loacker. Das wollen Sie nicht. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Wir wollen, dass Unternehmungen entlastet werden, die in Zukunft Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen den Handel entlasten, wir wollen die Betriebe der Metallerzeugung, des Maschinen­baus, des Bauwesens, des Tourismus, des Fremdenverkehrs entlasten. Diese Betriebe müssen in Zukunft finanziell entlastet werden. Ich denke, dass das ein ganz wichtiger Punkt ist. Aber jene, die zurzeit mit wenig Personal, mit sehr wenig Personal große Ge­winne erzielen, werden in Zukunft mehr zu bezahlen haben. (Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Es geht also nicht darum, insgesamt höhere Steuern einzunehmen, sondern es geht da­rum, dass eine Beitragsgerechtigkeit in dieser Republik, vor allem was den Faktor Ar­beit betrifft, erreicht wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.25.01

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Frau Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren das Nationale Reformprogramm Österreich 2016, Österreich unterwegs zu den EU-2020-Zielen, und die Meldepflicht, die Österreich an die EU hat. Der Bericht bie­tet auch aktuelle Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs, enthalten in die­sem Bericht sind auch die EU-Empfehlungen. Nach einem schwachen Wirtschafts­wachstum von 0,9 Prozent im Jahr 2015, im Euroraum 1,6 Prozent, erwartet Österreich für 2016 ein Plus von 1,5 bis 1,6 Prozent.

Ein großes Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Arbeitskräftean­gebot; dieses steigt weit stärker als das Beschäftigungsausmaß. Daher nimmt die Ar­beitslosigkeit massiv zu.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 216

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen sehr großen Beitrag zu einer besseren Leistungsbilanz leistet der Tourismus, ich habe mir das sehr genau angesehen, sonst würde dieser Bericht sehr viel finsterer aussehen.

In diesem Bericht steht auch, Österreich soll Abweichungen vom Haushaltsziel vermei­den, um den Faktor Arbeit zu entlasten, Herr Kollege Walter Schopf. Du hast Ja dazu gesagt, den Faktor Arbeit zu entlasten, aber soweit ich weiß, ist die SPÖ in der Regie­rung. Ich bitte Sie dringend, das zu machen, denn ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Ansatz! Die Steuern auf Arbeit sind viel zu hoch und gehören dringend entlastet. Aber, Walter Schopf: Bitte dringend umsetzen! – Danke. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

19.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt keinen Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Budgetausschusses, den vor­liegenden Bericht III-263 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.27.0711. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1189 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2016, das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 geän­dert werden (1203 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


19.27.33

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie, dass ich zuerst die FPÖ-Bezirksgruppe Möd­ling recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüße. (Beifall bei der FPÖ.)

Der hier jetzt in Verhandlung stehende Gesetzesvorschlag betrifft in Wirklichkeit nur eine Formalie, die sich aus Kompetenzverschiebungen innerhalb der Bundesregierung ergibt. Aber trotzdem finde ich, dass man es nicht so machen sollte, diesen eher klei­nen Verhandlungspunkt zu betrachten, ohne auf das größere Ganze, also das Budget, einzugehen.

Während bei kleineren Veränderungen innerhalb der Bundesregierung das Budget ganz sorgfältig umgeschichtet wird, was auch in Ordnung ist, herrscht bei den großen Fra­gen offensichtlich völlige Planlosigkeit. Da braucht man sich nur den Quartalsbericht anzuschauen: Die Mittelverwendungsüberschreitungen sind die höchsten Überschrei­tungen und haben den mit 75 Millionen € dotierten Sondertopf für Integration betroffen. Sowohl das Außen- als auch das Sozialministerium haben die ihnen zur Verfügung ge­stellten Mittel aus diesem Topf schon ausgeschöpft, und das im ersten Quartal. Insge­samt hat diese Bundesregierung 2 Milliarden € zusätzlich für dieses Jahr zur Bewälti­gung des Migrantenansturms vorgesehen.


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Es gibt auch mehrere Studien, eine von der Uni Krems, die einen Mehraufwand für Ös­terreich in der Höhe von 8 Milliarden € bis 2020 aus der Migrationskrise errechnet, und das auch nur unter günstigsten Bedingungen, wenn man es schafft, einen Großteil der Migranten in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch das ist schon fast eine utopische Auf­gabe.

Die Frage, die sich mir als Budgetsprecher schon aufdrängt, lautet: Hat diese Bundes­regierung wirklich jemals die Folgen ihrer Politik kalkuliert, nämlich rechnerisch kalku­liert? – Wir werden jetzt die Verschiebung von 15 Millionen € innerhalb des Budgets ab­stimmen, während die wahren Probleme, die milliardenschweren Probleme, die uns die­se verfehlte Politik eingebrockt hat, weiter verdrängt werden. Da kann man eigentlich nur den Kopf schütteln. (Beifall bei der FPÖ.)

19.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


19.30.08

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, in der Tat ist diese Regierungsvorlage lediglich dazu da, um die Regierungsumbildung und da­mit die Überführung der Frauenagenden vom Bildungsministerium in das Gesundheits­ministerium zu beschließen und natürlich auch die vorgesehenen Mittel für die Frauen­politik in der Höhe von 5,3 Millionen € in ein anderes Ressort zu überführen.

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit, weil es in der Regierungsvorlage noch nicht so enthalten ist, folgenden Abänderungsantrag der Abgeordneten Tamandl, Krainer, Kol­leginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bun­desfinanzgesetz 2016, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundes­finanzrahmengesetz 2017 bis 2020 geändert werden, in der Fassung des Ausschuss­berichtes, einbringen und ihn in den Kernpunkten erläutern.

Ich gehe davon aus, dass der Abänderungsantrag im Saal verteilt wurde. Es geht da­rum, jetzt auch das Zentralbudget zu verlagern; auch der Personalplan muss geändert werden. Die Mitarbeiter – es sind 50 Planstellen – müssen vom Bildungsministerium in das Gesundheitsministerium wandern, um die Frauenagenden im Gesundheitsministe­rium zu betreuen.

Wenn wir über Budgets oder über Budgetzahlen sprechen, dann haben wir beim letz­ten Tagesordnungspunkt natürlich gesehen, dass hier vieles an Unwahrheit verbreitet oder durchaus an Falschaussagen getätigt wird. Ich habe vorhin schon gesagt: Kollege Haider hat gemeint, wir sparen bei der Sicherheit. (Abg. Haider: Ist ja so! … Falsch­aussage!)

Aber es hat natürlich auch andere Aussagen gegeben, beispielsweise dass nicht genü­gend Reformen umgesetzt worden wären oder zum Beispiel betreffend die Frage des strukturellen Nulldefizits und der Herausrechnung der Kosten für Flüchtlinge. Kollege Hable, ich kann nur sagen: Es hat sich niemand ausgesucht, dass wir im Jahr 2015 und in den Folgejahren wahrscheinlich mehr Kosten, nämlich zusätzliche Kosten zu je­nen Kosten für Flüchtlinge und Flüchtlingsströme haben, die wir sowieso schon in der Vergangenheit hatten. Das heißt, es geht nur um diese Zusatzkosten. Und ich glaube, das ist auch ein guter Weg.

Zum Thema Hypo: Selbst wenn das Desaster Hypo uns lange Jahre beschäftigt hat und wir es trotzdem aus dem strukturellen Nulldefizit herausgerechnet haben, ist es aber immerhin nur ein Desaster, ein blaues Kärntner Desaster. Die Hypo, die sich zwar über mehrere Jahre zieht und uns wahrscheinlich noch ein bisschen beschäftigen wird, ist aber jedenfalls eine Sache, die nur einmal passiert ist, aber längere Zeit in Anspruch genommen hat.


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In diesem Sinne: Wenn auch die Formel für das strukturelle Nulldefizit irgendwie ein Nirwana ist, haben wir es aber trotzdem erreicht – im Jahr 2014, im Jahr 2015, und wir werden es im Jahr 2016 und auch in den Folgejahren erreichen, da können die Oppo­sitionsparteien hier noch so viele Unkenrufe veranstalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wurde in den Grundzügen erläutert. Er steht mit in Verhandlung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 227

 


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Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 235

 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 236

 


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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 



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19.34.02

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann mich zu dieser Regierungsvorlage sehr kurz fassen. Es betrifft die Übertragung der Frau­enagenden vom Unterrichtsressort zum Gesundheitsressort.

Wir haben in der letzten Plenarsitzung diese Änderung nicht mitgetragen. Ausführlich be­gründet haben das meine Kolleginnen Berivan Aslan und Sigi Maurer damit, dass wir ein eigenes Frauenressort für diese wichtige Querschnittsmaterie wollen, wie es das schon einmal gegeben hat. Wir alle erinnern uns an Johanna Dohnal. Daher lehnen wir auch die­se Änderungen im Bundesfinanzgesetz und im Bundesfinanzrahmengesetz ab.

Wir lehnen aber auch den Abänderungsantrag von Tamandl und Krainer ab, der damit im Zusammenhang steht, unter anderem aber auch deshalb, weil in den Begründun­gen zu den Planstellen etwa betreffend das Bundesministerium für Finanzen, wo ja Än­derungen von 80 Planstellen vorgesehen sind, keine ausreichenden Begründungen ent­halten sind. So kann es nicht gehen. Entweder es werden Abänderungsanträge vorge­legt, die man auch lesen und verstehen kann, dann können wir uns darüber unterhal­ten, aber was so schludrige Anträge betrifft – sorry, da werden wir leider dagegenstim­men. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

19.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


19.35.26

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ein Budget von 10 Millionen € pro Jahr wandert nun, wie bereits von Vorred­nerInnen ausgeführt, aufgrund der Ressortänderungen vom Bildungsministerium ins Ge­sundheitsministerium. Die Frauen- und Gleichstellungsagenden sind ja seit einigen Ta­gen bei Ministerin Oberhauser angesiedelt. Das Geld wird klarerweise für heuer, aber auch für den künftigen Finanzrahmen abgebildet.

Es ist selbstverständlich, dass das Budget für Frauen damit nicht reduziert wird, und es ist gut, dass dieses an sich über die letzten zehn Jahre mit rund 10 Millionen € gleich geblieben ist. Aber offen gesagt: 10 Millionen € sind bei rund 75 Milliarden € nicht die Welt. Wir wollen ganz klar mehr, weil es einfach ungemein wichtig ist, frauenpolitische Initiativen zu setzen beziehungsweise setzen zu können.

Ich denke dabei auch an das ganz aktuell diskutierte Problem von Übergriffen, Hasspa­rolen und Gewalt im Netz. Ungemein viele Frauen sind davon betroffen und Opfer. Ich finde es wichtig, dass sich Frauen herausstellen und sagen: Auch ich wurde Opfer und ich werde nicht schweigen, und ihr seid damit nicht allein. Einen Dank an dieser Stelle für die Kampagne der Journalistinnen „#aufstehn“ gegen Hass im Netz. Danke auch für die Initiative von unserer Ministerin für eine Anlaufstelle für betroffene Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gestern wurde diesbezüglich auch im Ministerrat ein Papier verabschiedet, und diese Maßnahmen sind ungemein wichtig, und dafür brauchen wir ganz klar mehr Geld, denn ohne Geld wird es diese Implementierung nicht geben, und Sensibilisierungsarbeit wird nicht möglich sein. Ich schaue da auch klarerweise mit einem gewissen Nachdruck auf Herrn Finanzminister Schelling, und ich weiß, unsere Frauenministerin ist sehr bemüht und wird sich stark dafür einsetzen.

Aber lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch ein paar Worte zu Gender Bud­geting sagen. Seit 2009 ist Gender Budgeting in unserer Bundesverfassung verankert. Seit 1. Jänner 2013 wurde dies durch frauenpolitische Wirkungsziele im Budget, die auf-


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geschlüsselt und angegeben werden müssen, verstärkt. Ich hatte mit anderen Kolle­ginnen und Kollegen aus dem Haus vor einigen Monaten eine parlamentarische Aus­sprache mit einer Delegation aus Bhutan zu diesem Thema, da wir in Österreich ganz klar Vorreiter sind, was das Gender Budgeting anbelangt. Das sind wir. Das steht au­ßer Frage.

Aber sind wir das auch in der Umsetzung? – Ich denke, da gibt es definitiv Verbesse­rungsbedarf, da Formulierungen und Ziele oft nicht wirklich ernst genommen werden. Überlegen wir uns, welche Regelungen geschaffen werden können, um wirklich verbind­licher und professioneller zu sein, damit sich Gleichstellungspolitik im kommenden Bud­get 2016, 2017 und 2018 auch wirklich niederschlägt und wir es ermöglichen!

Diesen Appell wollte ich noch vor dem Sommer und auch im Hinblick auf die künftigen Budgeterstellungen an uns alle, aber vor allem auch an die Ressorts richten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.38.37

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Frau Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Was das Bun­desfinanzgesetz 2016 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 betrifft, gibt es durch die Umbildung der Bundesregierung Änderungen im Wirkungsbereich zweier Ministerien – das haben wir schon gehört – und damit verbunden finanzielle Umschich­tungen; so weit, so gut.

Ich halte die Aussage des Herrn Finanzministers für vollkommen richtig, wenn er sagt, Investitionen schaffen Arbeit und damit auch Arbeitsplätze – Arbeitsplätze, die wir drin­gend brauchen, Herr Minister. Was wir überhaupt nicht brauchen, Herr Minister, ist die kalte Progression, und diese gehört genauso dringend abgeschafft, wie wir die Arbeits­plätze brauchen.

Ein Grund für die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich, aber auch in Europa sind die feh­lenden Investitionen. Das von Juncker eingerichtete Programm über 315 Milliarden € bleibt zur Halbzeit weit hinter den Erwartungen. Wir brauchen daher dringend Wachs­tumsimpulse, denn sonst schaut es für die Zukunft in unserem Land schlecht aus. – Dan­ke schön.

19.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.40.00

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir ändern heute drei Bundesgesetze: das Bundesfinanzgesetz 2016, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020. Es ist von den Vorrednern schon angesprochen worden, dass es eine Regie­rungsumbildung gegeben hat und aus diesem Grund die diesen Themenbereichen zu­geordneten Mittel vom Bildungs- ins Gesundheitsministerium wandern, da in Zukunft die Frau Gesundheitsministerin für die Frauenangelegenheiten zuständig sein wird. Wir spre­chen von 5,3 Millionen € für das heurige Jahr beziehungsweise von in etwa 10 Millionen €, was den Bundesfinanzrahmen betrifft.

Diese Umschichtung gibt uns durchaus auch Gelegenheit, zu schauen, wofür dieses Geld verwendet wird. Wir sind sicherlich immer sehr gut beim Budgetvollzug – ganz im Gegensatz zu dem, was Kollege Haider hier diesbezüglich von sich gegeben hat. Der


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Budgetvollzug ist gut auf Schiene, es wird verantwortungsvoll und nachvollziehbar ge­arbeitet.

Wofür werden die Mittel ausgegeben? – Ein Teil der Mittel geht in Förderungen. Für frauenspezifische Beratungen werden zirka 58 Prozent der Fördermittel aufgewendet. Auf Gewaltschutz, Präventionsmaßnahmen, Helpline gegen Gewalt, Notrufe und den Ver­ein Autonome Österreichische Frauenhäuser entfallen zirka 30 Prozent der Fördermit­tel. Für Chancengleichheit und Weiterbildung werden in etwa 12 Prozent der Förder­mittel aufgewendet. Dann gibt es natürlich noch sonstige Aufwendungen: Interventions­stellen gegen Gewalt bekommen zirka 86 Prozent dieser Aufwendungen, und auf Frau­entechnologieprojekte, Berichte, Info-Broschüren, Studien und so weiter entfallen zirka 14 Prozent der sonstigen Aufwendungen. Es fallen natürlich auch Personalkosten an, das sind in etwa 3,35 Millionen €.

Heute beschließen wir diese Umschichtung zwischen den Bereichen. Ich denke, dass die Frau Gesundheitsministerin verantwortungsvoll mit dem Geld umgehen wird, und er­suche daher um Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.42.39

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Geschätztes Hohes Haus! Von meinen Vor­rednerinnen und Vorrednern wurde schon erklärt, dass es mehr oder minder um eine technische Änderung geht, die durch die Verschiebung der Kompetenzen zwischen den Ministerien notwendig geworden ist.

Das gibt uns die Möglichkeit, uns die Budgetzahlen ein bisschen genauer anzusehen und zu schauen, wie eigentlich die Planungsqualität ist. Sie haben hier ein bisschen so etwas, wie es auch im Wirtschaftlichkeitsgespräch von Kanzler und Vizekanzler diese Woche angesprochen worden ist: Auf der einen Seite haben wir Zahlen, die für Öster­reich eigentlich sehr gut sind, und auf der anderen Seite empfindet die Bevölkerung es so, dass alles schlecht ist. Das spiegelt sich auch beim Empfinden über das Budget wider. Wir sehen, dass das, was wir planen, Jahr für Jahr so eintritt. Auf der anderen Seite haben wir immer wieder die Zwischenrufer, die sagen: Das passt alles nicht, das stimmt alles nicht.

Ganz speziell ist es im Pensionsbereich. Unser Schrotthändler, Herr Loacker, ist leider Gottes nicht im Raum, er redet das Pensionssystem immer wieder schrottreif. Aus mei­ner Sicht ist unser Pensionssystem nicht schrottreif. Wir haben gezeigt, dass wir entge­gen den ersten Planungen 4 Milliarden € eingespart haben. Wir werden weitere 200 bis 300 Millionen € gegenüber den ursprünglichen Budgetprognosen einsparen. Das heißt, wir sehen, dass das Pensionssystem in keinster Weise schrottreif ist. Was schrottreif ist – und ich denke, das sollten wir uns auch genau anschauen –, sind manche Pen­sionsprodukte, bei denen nicht einmal das eingezahlte Kapital zur Verfügung steht. Das ist schrottreif, und ich sehe keine Veranlassung, seiner Forderung zu folgen. Man muss sich einmal diese Forderung überlegen: Wir müssen stärker privat vorsorgen, wir müssen die unternehmerische Säule stärken. – Ja, kein Problem! Ich bitte alle Unter­nehmerinnen und Unternehmer, Pensionsvorsorgen für ihre Mitarbeiter anzubieten. Es ist jedem von uns freigestellt, eine private Pensionsvorsorge abzuschließen. Worum es geht, ist, dass ich nicht der Meinung bin, dass wir das mit staatlichen Mitteln unterstüt­zen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Rossmann! Ich denke, wir alle haben Interesse daran, dass wir eine gute Bud­getqualität haben. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob dieser Antrag ausreichend unterstützt ist. Ich denke, man sollte nur auch darauf hinweisen … (Abg. Rossmann: Be-


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gründet!) – Begründet, Entschuldigung, ob der Antrag ausreichend begründet ist. Ich den­ke aber, wir sollten auch darauf hinweisen, dass sich in vielen Bereichen die Qualität der Berichte deutlich verbessert hat. Wir haben vor Kurzem erst im Unterausschuss des Bud­getausschusses die Ergebnisse des Beteiligungscontrollings diskutiert und sehen, dass die Qualität der Berichte deutlich steigt. (Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

Wir sollten einmal darauf hinweisen, dass wir hier in diesem Haus durch unsere Arbeit in den Ausschüssen gemeinsam deutliche Verbesserungen erreichen. Da gilt es auch den Beamten im Ministerium Dank zu sagen, die in den letzten Jahren wirklich gute Arbeit geleistet haben, die sehr viel dazu beigetragen haben, dass die Berichte verbes­sert werden. An dieser Stelle gebührt auch unserem Budgetdienst noch einmal Dank, der diese Zahlen so aufbereitet, dass wir Abgeordnete damit arbeiten können. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

19.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Yilmaz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


19.45.35

Abgeordnete Nurten Yilmaz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Bun­desfinanzrahmengesetz regelt die Schwerpunkte der Budgetpolitik für die nächsten vier, fünf Jahre. So setzen wir auch einen Schwerpunkt auf Integration. Das heißt, wir geben mehr Geld für die Integration von zugewanderten Menschen, die in Österreich Schutz su­chen beziehungsweise Schutz erhalten, aus.

Österreich stand und steht vor großen Herausforderungen. Die anhaltende Fluchtmi­gration nach Österreich ist nicht einfach zu meistern. Doch wir haben es bisher gut ge­löst. Wir werden das auch in den nächsten Monaten meistern. Unsere Aufgabe als Poli­tiker ist es, denjenigen den Rücken zu stärken, die als Freiwillige oder Angestellte in der konkreten Integrationsarbeit tätig sind. Unsere Aufgabe ist es auch, die finanziellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass wir diese Herausforderungen ge­meinsam im Interesse aller meistern können. Man muss dafür an den richtigen Schrau­ben drehen. Zusätzliche personelle Ressourcen sind dort zur Verfügung zu stellen, wo es die Menschen am meisten brauchen.

Bildung und Sprache sind entscheidende Komponenten bei der Integration. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das müssen wir stärken. Daher gibt es im Bundesfinanzge­setz 2016 unter anderem mehr Stellen bei den LehrerInnen und im Integrationsbereich. Allein 2016 stehen 595 zusätzliche LehrerInnen zur Verfügung. Insgesamt werden es bis 2019 mehr als 1 000 neu geschaffene Stellen im Bildungsbereich werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, ohne Bildung gibt es keine Perspektive. Wir wollen alles tun, um Perspektivenlosigkeit junger Menschen zu verhindern, egal, woher sie kom­men, ob geflüchtet oder hier aufgewachsen. Denn was wir heute hier investieren, be­kommen wir in Zukunft doppelt und dreifach zurück. Davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48

19.48.30

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt keinen Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1189 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tamandl, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 243

Ich lasse zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Tamandl, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, 2 und 3 eingebracht.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf stimmen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.49.4812. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz erlassen, das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Kon­teneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Melde­standard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bun­desabgabenordnung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben wer­den (EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.)

13. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1244 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 12 und 13 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter MMag. DDr. Fuchs. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.50.18

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Erhöhung der Steuertransparenz ist ein wichtiger Schritt hin zur Steuergerechtigkeit. Daher ist die Einführung eines Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung.

Bedauerlicherweise wurde aber der persönliche Anwendungsbereich des Verrechnungs­preisdokumentationsgesetzes vom Finanzminister so eingeschränkt, dass aufgrund der zu hohen jährlichen Konzernumsatzgrenze von über 750 Millionen € lediglich 20 inter­nationale Großkonzerne im Jahr 2017 einer länderbezogenen Berichtspflicht – dem so­genannten Country-by-Country-Reporting – unterliegen werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 244

Das wäre so, wie wenn man Geschwindigkeitsbeschränkungen nur für Kraftfahrzeuge über 750 PS einführen würde. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) De facto hätten wir dann keine Geschwindigkeitsbeschränkungen, und so ist es auch mit diesem Gesetz. Aufgrund der 750-Millionen-Euro-Grenze haben wir de facto keine län­derbezogene Berichtspflicht für internationale Großkonzerne in Österreich. Einem an sich vernünftigen Gesetz wurden vom Finanzminister bereits vor Inkrafttreten die Zäh­ne gezogen. Unter Steuertransparenz stelle ich mir etwas anderes vor, Herr Finanzminis­ter! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Schelling: Sie sind ja nur Steuerberater …!)

Das ist auch der Grund, warum wir gegen dieses Gesetz stimmen werden. Steuerver­meidung und aggressive Steuerplanung gibt es auch in internationalen Großkonzernen unter 750 Millionen € Konzernjahresumsatz. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bun­desminister Schelling.) – Ja, genau, Herr Finanzminister.

Es ist naiv, zu glauben, Herr Finanzminister, dass Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung in solchen Unternehmen nicht stattfinden. Daher schlagen wir in Anleh­nung an die Konzernumsatzgrenze von jährlich 40 Millionen €, die gemeinsam mit an­deren Faktoren eine Verpflichtung zur Erstellung eines Konzernabschlusses auslöst, ei­ne Reduktion der 750-Millionen-Euro-Grenze auf 40 Millionen € vor. Diese Reduktion wür­de sicherstellen, dass nicht nur 20 internationale Großkonzerne zur länderbezogenen Berichterstattung verpflichtet wären.

Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt am Verrechnungspreisdokumentationsgesetz ist die un­zureichende öffentliche Publizitätsverpflichtung der länderbezogenen Berichterstattung. Diese Unternehmensdaten sollen nicht nur den Steuerbehörden zugänglich gemacht wer­den, sondern auch der breiten Öffentlichkeit. Dies würde das Vertrauen der Arbeitneh­mer und der kleinen und mittleren Betriebe in das nationale Steuersystem stärken. Je­der Staatsbürger sollte sehen können, wo die internationalen Großkonzerne ihre Steu­ern zahlen und wie viel Steuern sie zahlen. Ich habe vollstes Vertrauen in die österrei­chische Finanzverwaltung, welche eine hervorragende Arbeit leistet, aber manchmal be­nötigen die internationalen Großkonzerne den Druck der breiten Öffentlichkeit, damit die­se Großkonzerne die Gewinne dort versteuern, wo sie auch erwirtschaftet werden. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Und welche Meinung vertritt dazu unser Finanzminister? – Herr Schelling blockiert die öf­fentliche Steuertransparenz von internationalen Großkonzernen mit fadenscheinigen Ar­gumenten. Ich zitiere auszugsweise aus der schriftlichen Information des BMF an den EU-Ausschuss des Bundesrates vom 11. Mai 2016, in der Finanzminister Schelling be­gründet, warum er gegen die öffentliche Steuertransparenz von internationalen Groß­konzernen ist: „Diese Entscheidung erfolgte, weil die Risiken für die betroffenen Unter­nehmen als unverhältnismäßig groß eingeschätzt wurden. Die angesprochenen Risi­ken sind“ – unter anderem – „die Gefahr der Fehlinterpretation durch die Öffentlichkeit, die zu einer negativen Beeinflussung des Wettbewerbs führen kann.“

In diesem Zusammenhang darf ich auf die am 12. April 2016 vorgeschlagene Ände­rung der EU-Bilanzrichtlinie verweisen, welche zur Erhöhung der öffentlichen Transpa­renz bei der Zahlung von Ertragsteuern durch Unternehmen beitragen soll.

Diese breite öffentliche Publizitätsverpflichtung – die der Finanzminister übrigens als völ­kerrechtswidrig betrachtet – wird über den Umweg des Unternehmensrechts, aber nicht des Steuerrechts, in unser Rechtssystem aufgenommen werden. Es ist sehr bedauerlich, dass wir das Unternehmensrecht und damit den Justizminister benötigen, um eine öffent­liche Steuertransparenz für internationale Großkonzerne einzuführen. Das wäre eigent­lich die Aufgabe des Finanzministers und nicht des Justizministers.

Auch bei der Änderung des EU-Amtshilfegesetzes mangelt es an entsprechender Trans­parenz. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum gültige Rulings, die vor dem 1. Jän-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 245

ner 2012 erteilt wurden, nicht mit anderen Staaten ausgetauscht werden sollten. Auch da ist der Finanzminister gefordert, sich für einen EU-weiten Austausch aller noch gül­tigen Rulings und nicht nur der ab 1. Jänner 2012 gültigen Rulings einzusetzen.

Abschließend noch eine Anmerkung zum heutigen Abänderungsantrag zur Registrier­kassenpflicht: Die Schaffung von Ausnahmeregelungen zur Registrierkassenpflicht ist ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung. Völlig unverständlich ist allerdings, dass vom Finanzminister Regelungen geschaffen werden, welche die Parteien samt deren Un­tergliederungen in verfassungswidriger Weise gegenüber der restlichen Wirtschaft – ins­besondere gegenüber der Gastronomie – und den wirklich gemeinnützigen Vereinen bevorzugen. Das ist nichts anderes als eine versteckte Parteienfinanzierung unter der Schirmherrschaft des Finanzministers. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde mir wünschen, Herr Finanzminister, dass Sie sich für die Feuerwehren im gleichen Ausmaß einsetzen würden wie für die Parteien und deren Vorfeldorganisa­tionen. Es muss sichergestellt werden, dass es durch den heutigen Abänderungsan­trag zu keinen Verschlechterungen bei den Feuerwehren kommen kann. Darüber hi­naus fordere ich Sie auf, bei den Feuerwehren endlich den Vorsteuerabzug für die An­schaffung von Einsatzgeräten zu ermöglichen, und darf diesbezüglich auf den Antrag von Präsidenten Hofer, Strache und mir verweisen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Groiß. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.57.06

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir beraten heute das EU-Abgabenänderungsgesetz 2016. Die jährliche Steueranpassung kommt heute in zwei sehr unterschiedlichen Gesetzesmaterien zum Beschluss. Das eine ist das, was Kolle­ge Fuchs gerade so ausführlich besprochen hat, das Verrechnungspreisdokumenta­tionsgesetz. Dieses Gesetz beinhaltet einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung von Steuerbetrug durch Berichterstattung, das sogenannte Country-by-Country-Reporting, durch das Erstellen von Master Files und Local Files, durch die Dokumentation der Ver­rechnungspreise und die Abgabe dieser an das Finanzamt. Dadurch wird das eine Steu­ererklärung und ist dementsprechend mit der Körperschaftssteuererklärung abzugeben.

Auf der anderen Seite haben wir mit dem Abänderungsantrag einen wesentlichen Punkt beschlossen, das sogenannte Vereins- und Wirtepaket, ich nenne es auch Hausver­standspaket. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Warum? – Es werden hier Tatsachen ge­bildet, die derzeit üblich sind, die derzeit von allen Bevölkerungsgruppen vernünftiger­weise anerkannt werden. Das betrifft die Dauer der Vereinsfeste und die Abhaltung die­ser. Die unterschiedlichen Rechtssituationen, die Körperschaften öffentlichen Rechts und Vereine gehabt haben, werden zusammengezogen und in eine eigene einheitliche Rechts­materie zusammengeführt.

Es gibt Ausnahmen von der Registrierkassenpflicht in bestimmten Fällen. Ganz wichtig ist, dass die Kooperation von Wirten mit Vereinen ermöglicht wird, die in der derzeiti­gen Rechtslage eigentlich nur sehr schwer oder nicht möglich war. Wir unterstützen die Veranstaltungen außer Haus, damit die Wirte dort mitmachen können und ebenfalls Vereinfachungen bei der Registrierkassenpflicht haben. Wir schaffen Regeln für die eh­renamtlichen Mitarbeiter, damit sie nicht von der Krankenkasse und den Behörden ge­quält werden. Wir schaffen eine neue Aushilfenregelung, damit unsere Wirte die Mög­lichkeit haben, Mitarbeiter zu akquirieren, die helfen können.

Dieses Paket ist ein sehr vernünftiges Paket. Wir sehen, dass wir versuchen, die der­zeitige Rechtslage so anzupassen, wie die Leute das brauchen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 246

Das Paket enthält auch, dass die Parteien unterstützt werden können, so ähnlich wie Vereine Feste organisieren können. Allerdings wird da ein Riegel eingezogen, sodass nur bis zu 15 000 € Umsatz gemacht werden können. (Zwischenruf des Abg. Sche­rak.) Die bisherige Verwaltungspraxis hat gezeigt, dass auch höhere Umsätze möglich waren und auch nicht besteuert wurden. Daher haben wir jetzt eine klare Rechtslage und eine Einschränkung zur bestehenden Verwaltungspraxis. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Wirte haben natürlich berechtigte Sorgen, unter die Räder zu kommen, dass es zu Missverständnissen kommt, wenn es zu mehr Vereinstätigkeit, zu mehr Vereinsfesten kommen soll. Daher werden wir uns bemühen und schauen, wie sich die Vereinsent­wicklung dementsprechend gestaltet.

Um hier vielleicht einen kleinen Riegel vorzuschieben und Verbesserungen bei beiden Gesetzen vorzunehmen, bringe ich einen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage in 1243 der Beilagen ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1190 der Beilagen) wird folgt geändert:

I. Artikel 1 (Verrechnungspreisdokumentationsgesetz) wird wie folgt geändert:

„1. Die §§ 11 und 12 entfallen.

2. Die §§ 13 bis 17 erhalten die Bezeichnungen 11 bis 15.“

II. Artikel 3 (Änderung des Finanzstrafgesetzes) wird wie folgt geändert:

Nach Z 8 wird folgende Z 9 angefügt:

„9. Nach dem § 49a wird folgender § 49b eingefügt:

„§ 49b. (1) Einer Finanzordnungswidrigkeit macht sich schuldig, wer vorsätzlich die Ver­pflichtung zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts gemäß § 8 Abs. 1 des Bun­desgesetzes über die standardisierte Verrechnungspreisdokumentation (VPDG), BGBl I Nr xxx/2016, dadurch verletzt, dass

1. die Übermittlung nicht fristgerecht erfolgt oder

2. meldepflichtige Punkte der Anlage 1, Anlage 2 oder Anlage 3 zum VPDG nicht oder unrichtig übermittelt werden,

und ist mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen.

(2) Wer die Tat gemäß Abs. 1 grob fahrlässig begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 25 000 Euro zu bestrafen. Die fahrlässige Übermittlung unrichtiger Daten ist nach die­ser Bestimmung nicht strafbar.

(1) § 29 ist nicht anzuwenden.““

III. Artikel 10 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

„Z 4 wird wie folgt geändert:

„In § 5 Z 12 wird jeweils nach der Wortfolge „§ 1 Abs. 3 Z 2 zweiter Satz“ folgende Wort­folge samt Satzzeichen eingefügt „, die an der Wahlwerbung zu einem allgemeinen Ver­tretungskörper oder dem Europäischen Parlament beteiligt oder in einem solchen Ver­tretungskörper oder dem Europäischen Parlament vertreten ist, ““

IV. Artikel 12 wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 247

Die Novellierungsanordnung 2. lautet:

„2. Dem § 14 werden folgende Abs. 3 bis 6 angefügt:“

*****

Worum geht es inhaltlich? – Wir haben die Sonderstrafen aus dem Verrechnungspreis­dokumentationsgesetz herausgenommen und in das Finanzstrafgesetz eingegliedert, damit wir einen Überblick haben, was eine Finanzstrafe, was Fahrlässigkeit ist und wie das bestraft wird, und keine Sonderregelungen in diesem Gesetz geschaffen.

Zweitens haben wir festgelegt, dass nur Parteien, die sich wirklich am wirtschaftlichen Leben, am politischen Leben aktiv beteiligen, in der Bestimmung des neuen Parteien­gesetzes und dieses Vereinsgesetzes beinhaltet sind. – Ich danke für die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer Kolleginnen und Kollegen zur Re­gierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdoku­mentationsgesetz erlassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Ge­meinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben wer­den (EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1190 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (1243 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle 2. Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1190 der Beilagen) wird folgt geändert:

I. Artikel 1 (Verrechnungspreisdokumentationsgesetz) wird wie folgt geändert:

„1. Die §§ 11 und 12 entfallen.

2. Die §§ 13 bis 17 erhalten die Bezeichnungen 11 bis 15.“

II. Artikel 3 (Änderung des Finanzstrafgesetzes) wird wie folgt geändert:

Nach Z 8 wird folgende Z 9 angefügt:

„9. Nach dem § 49a wird folgender § 49b eingefügt:

„§ 49b. (1) Einer Finanzordnungswidrigkeit macht sich schuldig, wer vorsätzlich die Ver­pflichtung zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts gemäß § 8 Abs. 1 des Bun­desgesetzes über die standardisierte Verrechnungspreisdokumentation (VPDG), BGBl I Nr xxx/2016, dadurch verletzt, dass

1. die Übermittlung nicht fristgerecht erfolgt oder

2. meldepflichtige Punkte der Anlage 1, Anlage 2 oder Anlage 3 zum VPDG nicht oder un­richtig übermittelt werden,

und ist mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 248

(2) Wer die Tat nach Abs. 1 grob fahrlässig begeht, ist mit Geldstrafe bis zu 25 000 Eu­ro zu bestrafen. Die fahrlässige Übermittlung unrichtiger Daten ist nach dieser Bestim­mung nicht strafbar.

(3) § 29 ist nicht anzuwenden.““

III. Artikel 10 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

„Z 4 wird wie folgt geändert:

„In § 5 Z 12 wird jeweils nach der Wortfolge „§ 1 Abs. 3 Z 2 zweiter Satz“ folgende Wort­folge samt Satzzeichen eingefügt „, die an der Wahlwerbung zu einem allgemeinen Ver­tretungskörper oder dem Europäischen Parlament beteiligt oder in einem solchen Ver­tretungskörper oder dem Europäischen Parlament vertreten ist, ““

IV. Artikel 12 (Änderung des EU-Quellensteuergesetzes) wird wie folgt geändert:

Die Novellierungsanordnung 2. lautet:

„2. Dem § 14 werden folgende Abs. 3 bis 6 angefügt:“

Begründung:

Zu I. (Verrechnungspreisdokumentationsgesetz):

Durch den Abänderungsantrag werden die Strafbestimmungen der §§ 11 und 12 des Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes inhaltlich unverändert als Finanzordnungs­widrigkeiten in das Finanzstrafgesetz übernommen. Aufgrund des Entfalls der §§ 11 und 12 werden die bisherigen §§ 13 bis 17 vorgereiht.

Zu II. (Änderung des Finanzstrafgesetzes):

Durch den Abänderungsantrag werden die Strafbestimmungen der §§ 11 und 12 des Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes inhaltlich unverändert als Finanzordnungs­widrigkeit gemäß § 49b in das Finanzstrafgesetz übernommen. Weiters soll hinsichtlich dieses Finanzvergehens der Strafaufhebungsgrund der Selbstanzeige nicht zur Anwen­dung kommen.

Zu III. (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988):

Durch die vorgeschlagene Neuregelung des § 5 Abs. 12 KStG soll die Verwendung von Erträgen aus bestimmten geselligen Veranstaltungen für Zwecke im Sinne des § 1 Parteiengesetzes 2012 begünstigt sein. Dies sind vor allem solche Zwecke, die auf die Beeinflussung der staatlichen Willensbildung abzielen, insbesondere durch Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern oder dem Europäischen Parlament. Aus diesem Grund ist es angezeigt, nur jene politischen Parteien zu begünstigen, die auch an derartigen Wahlen teilnehmen oder bereits in solchen Vertretungskörpern oder dem Europäischen Parlament vertreten sind. Die Begünstigung soll daher auf derartige Par­teien eingeschränkt werden.

Zu IV. (Änderung des EU-Quellensteuergesetzes):

Die Änderung beseitigt ein Redaktionsversehen der Regierungsvorlage.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


20.03.16

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schon ein starkes Stück, einen Abänderungsantrag um 20 Uhr zu verlesen, von dem die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 249

Oppositionsparteien bis zu diesem Zeitpunkt nichts wissen. Hätte mir nicht der Kollege Krainer um 19.58 Uhr diesen Abänderungsantrag in die Hand gegeben, hätte ich nicht einmal gewusst, worum es da geht, weil ich beim Mithören der Verlesung durch den Kol­legen Groiß die Dinge nicht verstanden habe. Sie werden doch wirklich nicht von uns, Herr Kollege Groiß, erwarten, dass wir diesem Abänderungsantrag zustimmen.

Nun aber zum eigentlichen Inhalt des EU-Abänderungsgesetzes: Einer meiner Vorred­ner – es war Herr Kollege Fuchs – hat gesagt: Die Großkonzerne brauchen den Druck durch die Öffentlichkeit! Ich kann das nur voll und ganz unterstützen, denn die Trans­parenz ist eines der stärksten Instrumente im Kampf gegen Steuerdumping. Da geht es nicht um Misstrauen gegen die Finanzverwaltung, auch nicht die österreichische Finanz­verwaltung. Ich werde Ihnen nun ein paar Beispiele aus den Zeitungen zitieren.

Ich habe ja nicht viel Zeit, aber die „Süddeutsche Zeitung“ vom 31. Dezember 2015 be­richtet: „Apple muss in Italien 318 Millionen € Steuer nachzahlen“. Die deutsche Tages­zeitung „Die Welt“ vom 24. März 2015 schreibt, Apple soll in den Jahren 2008 bis 2013 in Italien 880 Millionen € hinterzogen haben. Die „Süddeutsche Zeitung“ vom 25. Jän­ner 2016 berichtet – vorher betraf es Apple, das betrifft jetzt Google –, dass Google in Großbritannien für die letzten zehn Jahre 172 Millionen € Steuern nachzahlen wird. – Und, und, und. Ich könnte Ihnen aus meiner Dokumentation noch zig Beispiele dazu bringen.

Während also die kleinen Unternehmen und die kleinen unselbständig Beschäftigten ihre Einkommen brav versteuern, können es sich die Großen durch Sonderabspra­chen, durch Gewinnverschiebungen durchaus richten, und unterstützt werden sie dabei durch die „Großen Vier“, die Steuerberatungskanzleien. Sie minimieren ihre Steuerleis­tung zum Teil gegen null, machen Gewinnverschiebungen, über Steueroasen werden ihre Gewinne so lange verschoben, bis am Ende des Tages nichts mehr zur Besteue­rung übrig bleibt. Solche Modelle sind oft an der Grenze zur Legalität. Da fragt man sich schon: Wo bleibt denn da die Steuergerechtigkeit? – Allein durch diese Gewinnverschie­bungen und die Sonderabsprachen gehen in der Europäischen Union 160 Milliarden bis 190 Milliarden € verloren. (Beifall bei den Grünen.)

Was kann man dagegen tun? – Das ist natürlich die Kernfrage, und da komme ich zum EU-Abgabenänderungsgesetz, zum Verrechnungspreisdokumentationsgesetz und zu den Tax Rulings. Nehmen wir aus dem Verrechnungspreisdokumentationsgesetz das so­genannte Country-by-Country-Reporting her, also die länderbezogenen Berichte über be­stimmte Kennzahlen, so sehen wir, es ist vorgesehen, dass das nur für Großkonzerne, für Unternehmensgruppen ab 750 Millionen € Umsatz erfolgen soll. Das ist lächerlich. Was es hier braucht, ist eine deutlich niedrigere Grenze. Wir haben das schon im Aus­schuss gesagt: Wir wollen uns an die Bilanzierungsrichtlinie anlehnen und stellen uns 50 Millionen € vor.

Es kann nicht angehen, dass diese Kennzahlen wie Beschäftigung, Umsätze, Steuer­zahlungen und dergleichen nur an Steuerbehörden gemeldet werden, sondern diese müs­sen an die Öffentlichkeit gemeldet werden, denn diese ist die stärkste Waffe oder eine der stärksten Waffen im Kampf gegen Steuerhinterziehung.

Mein Vorredner hat schon begründet, dass Ihre Ablehnungen im Ausschuss, Herr Fi­nanzminister – und ich habe sie alle erwähnt – sehr fadenscheinig sind. Ich kann das nur noch einmal unterstreichen und frage mich noch einmal in diesem Zusammenhang: Warum melden Banken diese Daten? Warum melden Rohstofffirmen diese Daten? Gibt es dort diese Probleme nicht, Herr Finanzminister?

Der zweite Punkt betrifft den automatischen Informationsaustausch von Sonderabspra­chen zwischen Steuerbehörden und Großunternehmungen. Über Steuerabsprachen die­ser Art wissen wir aus „Lux Leaks“ Bescheid. Wir wissen auch Bescheid, dass eine Fir­ma Ikea ihre Steuerzahlung durch solche Steuerabsprachen de facto gegen null he­rabgesetzt hat, und das ist ein untragbarer Zustand.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 250

Auch da braucht es für diese Steuervorabsprachen Öffentlichkeit. Es reicht nicht, dass diese Meldungen zwischen den Finanzbehörden ausgetauscht werden, sondern sie müs­sen auf der einen Seite auch an die Öffentlichkeit gelangen, und sie müssen auch der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellt werden, damit diese im Fall der Prü­fung unerlaubter Beihilfen Informationen darüber hat und nicht nur statistische Daten, wie das derzeit vorgesehen ist.

Es reicht auch wirklich nicht aus, solche Absprachen erst ab 1. Jänner 2017 zu mel­den, jene Absprachen vor 2012 überhaupt nicht und jene zwischen 2012 und 2017 in nur sehr eingeschränkter Form. Es kann nicht sein, dass zwar Richtlinien eins zu eins umgesetzt werden, aber nicht Instrumente ergriffen werden, die glaubwürdig sind. Wir haben ein Glaubwürdigkeitsproblem in der Europäischen Union – da knüpfe ich an die Brexit-Diskussion von heute Morgen an –, und wir können es uns nicht leisten, mit stump­fen Waffen gegen Steuerdumping vorzugehen. Da werden wir nicht weiterkommen.

Im Übrigen ist es ja so – das habe ich zu erwähnen vergessen –: Beim Country-by-Country-Reporting, also bei diesen Länderberichten, gibt es ja einen neueren Vorschlag der Europäischen Kommission, die durchaus Öffentlichkeit einfordert. Daher ist das so wichtig, daher finde ich es untragbar, dass es permanent zu Verwässerungen und fau­len Kompromissen in dieser Hinsicht kommt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffent­liche Transparenz gegen Steuerdumping

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, sich auf europäischer Ebene für öffentliche Transparenz betreffend länderbezoge­ne Berichte im Zusammenhang mit der Änderung der Richtlinie zur Offenlegung von Er­tragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen ein­zusetzen. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen Verwässerungen komm, sowie die öffentliche Transparenz auf nationaler Ebene umzusetzen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde betreffend öffentliche Transparenz gegen Steuerdumping

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Finanzausschusses über die Regierungs­vorlage (1190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsge­setz erlassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Konten­register- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsa-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 251

mer Meldestandard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsge­setz, das Bewertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bun­desabgabenordnung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.) – TOP 12

Begründung

Steuerdumping, Steuervermeidungsstrategien und aggressive Steuerplanung von mul­tinationalen Konzernen rücken zunehmend ins Licht der Öffentlichkeit. Insbesondere die Enthüllungen rund um Lux Leaks oder die Panama Papers haben dafür einen wich­tigen Beitrag geleistet und zu Recht öffentliche Empörung ausgelöst.

Die EU-Mitgliedstaaten beginnen nun erste Maßnahmen zu beschließen, um dem Steu­erdumping multinationaler Konzerne entgegenzuwirken. Mit dem EU-Abgabenände­rungsgesetz 2016 setzt Österreich zwei Maßnahmen um. Der automatische Informa­tionsaustausch zwischen Steuerbehörden wird erweitert um das so genannte Country by Country Reporting und den Austausch von Steuervorbescheiden, also (Sonder-) Ab­sprachen zwischen Steuerbehörden und Konzernen mit dem Ziel Steuern zu minimieren.

Durch die verpflichtende Vorlage von länderbezogenen Berichten für multinationale Kon­zerne (Country by Country Reporting) werden etwa Informationen über die Einkünfte, Steuern oder Geschäftstätigkeit getrennt nach Staaten aufgegliedert und automatisch zwischen den Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht. Ebenfalls auto­matisch sollen Steuervorbescheide, die vor allem durch den Lux Leaks Skandal öffent­lich wurden, zwischen den Steuerbehörden ausgetauscht werden.

Der automatische Austausch von Informationen zwischen Steuerbehörden und die Vor­lage von Berichten an die Steuerbehörden greifen zu kurz. Bereits bisher hätten Infor­mationen zwischen den Steuerbehörden im Rahmen von Spontaninformationen ausge­tauscht werden müssen. Das hat sich aber in der Vergangenheit als nicht effizient er­wiesen. Es reicht nicht, wenn nur die Steuerbehörden Informationen zu den Steuerprak­tiken und den Unternehmenskennzahlen multinationaler Konzerne haben. Entschei­dend ist die öffentliche Transparenz. Die Öffentlichkeit hat nach all den Skandalen ein Recht darauf zu erfahren, welche multinationalen Konzerne gesetzliche Lücken ausnut­zen, um ihre Steuerleistung zu minimieren und welche einen fairen Beitrag zur Finan­zierung des Wohlfahrtsstaates leisten. Multinationale Konzerne werden nur dann ihre Steuerdumpingstrategien beenden, wenn sie sich einer kritischen Öffentlichkeit stellen müssen. Ansonsten werden sie weiterhin Nationalstaaten gegeneinander ausspielen. Die Forderung nach öffentlicher Transparenz kann abschreckende Wirkung entfalten und hat nichts mit Misstrauen gegenüber unseren Steuerbehörden zu tun. Diese leisten hervor­ragende Arbeit.

Auch Argumente (Geschäftsgeheimnis, Steuergeheimnis, Verletzung völkerrechtlicher Be­stimmungen, Fehlinterpretation der Daten durch die Öffentlichkeit), die gegen eine ver­stärkte Transparenz bei länderbezogenen Berichten ins Treffen geführt werden, sind nicht stichhaltig. Banken und Rohstofffirmen melden solche Daten bereits.

Ein besonders schwaches Argument des Finanzministers in der Debatte zum EU-Ab­gabenänderungsgesetz war der Hinweis, dass damit OECD bzw EU-Richtlinien prakt­isch 1:1 umgesetzt werden. Dabei handelt es sich um Kompromisse, die von Lobbyis­ten verwässert wurden. Zudem gibt es einen neueren Entwurf der Europäischen Kom­mission zu einem Country by Country-Reporting, der öffentliche Transparenz vorsieht. Wenn daher dem Steuerdumping tatsächlich ein Ende gesetzt werden soll, dann brau­chen wir strengere Bestimmungen. Sie könnten Vorbildwirkung entfalten und Nachah­mer finden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 252

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, sich auf europäischer Ebene für öffentliche Transparenz betreffend länderbezoge­ne Berichte im Zusammenhang mit der Änderung der Richtlinie zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen einzusetzen. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen Verwässerungen kommt, sowie die öffentliche Transparenz auf na­tionaler Ebene umzusetzen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.10.26

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich möchte auch auf die internationale Dimension des EU-Abgaben­änderungsgesetzes eingehen, und da wiederum auf den Bereich des Verrechnungs­preisdokumentationsgesetzes, das auf die BEPS-Initiative der G20 aufgrund einer Vor­lage der OECD zurückzuführen ist, mit dem Ziel der Bekämpfung der Base Erosion und des Profit Shifting, daher auch die Abkürzung „BEPS“. Diese hat das Ziel, schädli­che Steuerpraktiken von international agierenden Konzernen zu verhindern, wodurch un­ter anderem durch Gewinnverschiebung das Steueraufkommen einzelner Staaten ero­diert ist.

Das, was unter dem Terminus „schädliche Steuerpraktiken“ zu verstehen ist, ist etwas, was Staaten weltweit zusetzt. Jetzt sind wir einmal im Bereich der EU. Auch da sehen wir, wie zum Beispiel in Griechenland große Firmen problematisch agiert haben, große Firmen, internationale, EU-weit tätige Firmen, die in Griechenland ihren Sitz gehabt ha­ben und ewig lange keine Steuer gezahlt haben oder Steuer verschoben, verschleppt haben.

Das geht entwickelten Ländern wie eben EU-Mitgliedstaaten wie Griechenland sehr stark an die Substanz, noch viel mehr aber natürlich nicht entwickelten Ländern, denen jedes Jahr durch Steuererosion und Steuerverhinderung – es ist gesagt worden, das ist zum Teil sehr hart an der Grenze der Legalität – Hunderte Milliarden von Steuergeldern ent­gehen, die sie sehr dringend bräuchten, um zum Beispiel in soziale Infrastruktur zu in­vestieren oder ihren Herausforderungen, wie sie auch in den Sustainable Development Goals beschrieben sind, nachkommen zu können. Die Frage von robusten eigenen Steu­ereinkünften ist auch global ein ganz großes Thema.

Zurück zu dem konkreten Paket, wo eine Maßnahme die Leitlinie zur Verrechnungs­preisdokumentation und zur länderbezogenen Berichterstattung ist: Da berührt die EU-Richtlinie zur Transparenzanforderung an internationale Unternehmen auch die Amts­hilferichtlinie der EU, was die Möglichkeit zum Informationsaustausch zwischen den ein­zelnen Mitgliedstaaten betrifft. Die Country-by-Country-Reports sind jetzt schon mehr­fach erwähnt worden. Es geht wirklich darum, weltweit nachvollziehbar zu machen, wie die Verteilung der Erträge, die Steuern und die Geschäftstätigkeit dieser multilateralen Unternehmern erfolgt.

Die Dokumentationspflicht, die jetzt – das ist auch schon gesagt worden – erst ab einer Schwelle von 750 Millionen € Gesamtjahresumsatz zum Tragen kommt, ist in der Tat etwas, wo ich mir wünschen würde, dass sie niedriger wird, das sinnvollerweise aber im EU-Gleichklang, da wären also Initiativen der EU in diese Richtung gefragt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 253

Alles in allem denke ich mir, dass dieses Paket ein Schritt zu mehr Steuertransparenz ist. Man kann sich nie zu viel Steuertransparenz wünschen, das sehe ich ganz genau­so. Es ist einfach eine wichtige Maßnahme, um den öffentlichen Haushalten die Mög­lichkeit zu geben, die Basis zu schaffen, ihren Verpflichtungen nachzukommen, und zum Beispiel eine solche Daseinsvorsorge zu schaffen, im Zuge derer Menschen auch gleichermaßen Zugang zu wichtigen öffentlichen Versorgungsleistungen haben. – Dan­ke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.14.07

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Ho­hes Haus! Was SPÖ und ÖVP zumindest in Teilen dieses Gesetzentwurfes machen wollen, ist, dass sie und ihre Vorfeldorganisationen den gemeinnützigen Vereinen, frei­willigen Feuerwehren und so weiter und so fort gleichstellen wollen. Bei allem Respekt für politische Vorfeldorganisationen: Klar ist, die JVP oder die Sozialistische Jugend sind sicher nicht die Caritas, und deswegen brauchen sie auch nicht diese Ausnah­meregelungen im Zusammenhang mit der Registrierkasse. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hanger: … 15 000 €!) – Ich rechne es Ihnen gleich vor.

Sie verfolgen weder einen karitativen noch einen mildtätigen Zweck. Das Einzige, was sie – nämlich SPÖ und ÖVP – in Wirklichkeit machen wollen, ist, dass sie wieder über die Hintertür in irgendeiner Art und Weise ihre Parteikassen füllen, und das Ganze auf Kosten der Wirte, der Unternehmerinnen und Unternehmer und vor allem der Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler. Sie machen das, was Sie immer machen: Sie richten es sich so, wie es Ihnen passt, wie es Ihren Parteien passt, wie es Ihren Vorfeldorganisa­tionen passt, wie es Ihren Günstlingen passt! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das hat System in diesem Land, das machen Sie immer, und Sie machen es da genauso wie­der. (Beifall bei den NEOS.)

Sie wollen – Kollege Hanger hat es schon hineingerufen – Umsatzsteuerbefreiung bis 15 000 €. Ja, eh, aber das gilt nicht für die eine ÖVP, das gilt für alle Landesparteien, das geht zur Bezirksorganisation hinunter, zu jeder Gemeindeorganisation bis hin zu den Katastralgemeinden. (Abg. Hanger: … vor Ort gibt es nur eine …!) – Herr Kollege Hanger, rechnen Sie sich das bei 15 000 € aus: Wenn die JVP Niederösterreich in je­der Gemeinde ein Fest bis 15 000 € umsatzsteuerbefreit veranstalten kann, dann kom­men am Schluss knapp 8,5 Millionen € heraus, und dann fehlen dem Finanzminister am Schluss 1,7 Millionen € an Steuereinnahmen. (Abg. Rädler: … völlig weg von der Realität!) Das ist die Rechnung nur mit der JVP, da fehlt der ÖAAB, da fehlen die Be­zirks- und Vorfeldorganisationen der SPÖ und ÖVP, da fehlt wahrscheinlich die Orts­gruppe vom Kollegen Rädler, da fehlen noch viele.

Schauen Sie, das, was Sie machen, ist unverfroren, und es wundert mich gar nicht, dass Sie so unverfroren sind, weil das System hat, weil diese Unverfrorenheit System hat. (Abg. Rädler: … Haselsteiner!) Wenn Sie Ihren Mandataren Parteisteuern und Klubab­gaben und so weiter abziehen, dann dürfen diese Mandatare das ja von der Steuer ab­setzen. Wenn ein Normalbürger an eine Partei spendet, dann darf er es nicht von der Steuer absetzen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) Wenn ein Unternehmer ei­nen Jahresabschluss nicht abgibt, dann bekommt er drakonische Strafen, wenn politi­sche Parteien ihren Rechenschaftsbericht nicht abgeben, dann passiert überhaupt nichts.

Das Ganze hat System, und damit wir nicht wieder zu einer entsprechenden Sonder­regelung kommen, bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 254

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz erlassen, das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konten­einschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Ge­setz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bewertungs­gesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung ge­ändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenänderungs­gesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.), angeschlossene Gesetzesentwurf, wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 10 entfällt Z 3.

II. In Artikel 10 Z 4 entfallen Z 12 lit. b und c.

III. In Artikel 10 Z 5 entfällt Z 62.

*****

Das Absurde an der ganzen Geschichte ist, Sie haben ohnehin schon die höchste Par­teienförderung europaweit, aber Sie hören trotzdem nicht auf, sich immer, wenn es nur geht, die Taschen vollzustopfen, damit Sie so, wie Sie es immer machen, es schaffen, dieses bröckelnde rot-schwarze Machtkartell in irgendeiner Art und Weise aufrechtzu­erhalten. Sie stopfen sich die Taschen voll, zahlen dürfen es die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und mit genau dieser Unverfrorenheit muss endlich Schluss sein! (Abg. Rädler: Der Haselsteiner stopft Ihre Taschen voll! – Abg. Loacker – in Richtung Präsi­dent Hofer –: Gib dem Rädler 5 Minuten Redezeit!)

20.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen zum Bericht des Finanz­ausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ver­rechnungspreisdokumentationsgesetz erlassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalab­fluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Körperschaft­steuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert und das EU-Quellensteu­ergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.) – TOP 12

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz erlassen, das Einkom­mensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Kontenein­schaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Ge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 255

setz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bewertungs­gesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung ge­ändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenänderungs­gesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.), angeschlossene Gesetzesentwurf, wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 10 entfällt Z 3.

II. In Artikel 10 Z 4 entfallen Z 12 lit. b und c.

III. In Artikel 10 Z 5 entfällt Z 62.

Begründung

Diese Regelung, die durch diesen Abänderungsantrag entfallen soll, stellt Parteien und ihre Vorfeldorganisationen bei der Registrierkassenpflicht mit gemeinnützigen Vereinen, Feuerwehren etc. so gut wie gleich. Vergünstigungen für gemeinnützige Vereine sollen demnach gleichermaßen für Parteien gelten. Parteien verfolgen allerdings keine karita­tive oder mildtätige Zwecke und sollten daher keine Sonderbehandlung erfahren.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.17.59

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich auf die Änderungen bei der Re­gistrierkassenpflicht, vor allem was unsere Vereine und Körperschaften anlangt. Herr Kollege Scherak, wir von der ÖVP stellen uns schützend vor die ehrenamtlichen Funk­tionärinnen und Funktionäre in unseren gemeinnützigen Vereinen (Zwischenruf des Abg. Scherak), bei den Feuerwehren und auch bei den politischen Parteien. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie skizzieren hier das System der Parteienfinanzierung. Wenn eine Ortsgruppe der ÖVP, der SPÖ – von Ihrer Partei gibt es das ja nicht, denn Sie haben ja an der Basis kei­ne Funktionäre – Maibaumfeste, Grillfeste, Kinderfaschingsveranstaltungen, Kirtagsfrüh­schoppen organisiert, die großteils Brauchtumsveranstaltungen sind, die großteils mit den Wirten in den jeweiligen Gemeinden durchgeführt werden, sind die Erlöse nicht hoch. Ich mache selbst Veranstaltungen mit meinem Wirt in einer 800-Einwohner-Gemeinde, ei­nen Kirtagsfrühschoppen, da bleiben uns 300 €.

Mit diesen 300 € finanziere ich die Kinderferienaktion. Da fahren wir nach Vöcklabruck ins OBRA-Kinderland, da kann ich den Bus bezahlen. Wenn das nicht gemeinnützig ist und wenn das nicht gut angelegtes Geld ist, meine Damen und Herren, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Da wird keine Parteienfinanzierung betrieben. Das Geld bleibt bei der Ortsgruppe, wird gemeinnützig verwendet, und natürlich wird es auch einmal verwendet, wenn man eine Sitzung beim Wirt macht, einmal eine Runde Getränke zahlt oder wenn man eine Weih­nachtsfeier macht – auch wieder beim Wirt – und die Partei für ihre ehrenamtlichen Funk­tionäre dort die Kosten übernimmt. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Dafür wird das Geld ausgegeben, das man bei kleinen Festen einnimmt.

Im Übrigen hat letzten Sonntag das große FPÖ-Grillfest in meiner Nachbargemeinde, in der Marktgemeinde Andorf, stattgefunden – Herr Präsident Hofer war anwesend, auch Landesrat Podgorschek – mit knapp 1 000 Personen. Man kann eigentlich sagen, das ist ein großes Fest.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 256

Dort wurde ausgeschenkt, dort wurde verkauft – und siehe da, auch ohne Registrier­kasse. Herr Kollege Fuchs, scheinheilig sich hier herzustellen und mit dem Finger auf andere zu zeigen, aber das selbst zu praktizieren, ist nicht in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sollen die gleiche Möglichkeit haben …

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Wöginger, ich bitte, das Wort „schein­heilig“ nicht zu verwenden. – Bitte.

 


Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Es freut mich, dass du den schönen Bezirk Schärding besucht hast. Das nehme ich zurück, ich will keinen Ordnungsruf, auch nicht nach 14 Jahren.

Aber es ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren von der FPÖ, wenn Sie mit dem Finger auf uns zeigen, aber selbst auch in diesen Genuss kommen und diesen auch genüsslich ausnützen. Das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Vereinfachungen bei der Registrierkassenpflicht gehen vor allem auch in Richtung gemeinnützige Vereine und Feuerwehren. Wir vereinheitlichen bei 72 Stunden, damit es da keinen Unterschied mehr gibt. Wir erleichtern auch die Zusammenarbeit zwischen Wirten und der Vereinswelt, sodass also, wenn sich da Personen gegenseitig aushel­fen, keine Sozialversicherungspflicht besteht, und wir schaffen auch eine gute Lösung für unsere Gastronomie, da uns die Wirte wichtig sind.

Daher gibt es die Ausweitung der „Kalten Hände“-Regelung. Das heißt, wenn ein Wirt mit der Bierinsel am Ortsplatz ausschenkt, kann er in Zukunft ohne Registrierkassen­pflicht um 30 000 € ausschenken. Weiters wird die Mitarbeit von nahen Angehörigen ent­sprechend erleichtert und klargestellt, sodass Geschwister, Eltern, Kinder et cetera da mithelfen können. Und wir führen mit dieser Änderung eine Aushilfskräfteregelung ein, dass an 18 Tagen im Jahr auch familienfremde Personen, die in der Dorfgemein­schaft leben, begünstigt beim Wirt aushelfen können, wenn eine Hochzeit stattfindet oder wenn ein ganzer Bus voller Gäste kommt; also sehr nahe auch an die Praxis an­gepasst.

Meine Damen und Herren, so sind wir von der ÖVP: praxisorientiert, an der kommuna­len Ebene tätig. Und wir sind stolz auf unsere ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funk­tionäre in unseren Organisationen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


20.22.13

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Ga­lerie und ganz besonders vor den Fernsehgeräten, die jetzt nach getaner Arbeit, nach geleisteter Steuerpflicht besonders interessiert bei dieser Diskussion zuhören werden! Ich bin eigentlich sehr froh und sehr glücklich, dass mir Kollege Wöginger eine solch schöne Schiene gelegt hat, denn ich möchte überhaupt niemanden hier in diesem Haus der Scheinheiligkeit bezichtigen und möchte vielleicht gleich beim Kollegen Fuchs an­schließen, da mir seine Ausführungen betreffend Transparenz sehr gefallen haben.

Ich habe deshalb wieder dieses Bild (eine Bildtafel auf das Rednerpult stellend, auf der zwei Kühe mit der Aufschrift „IKEA“ und „Google“ von einem Pferd mit der Aufschrift „Konzernsteuer“ mit einem Lasso gejagt werden) mitgenommen, von Dr. Tassilo Wal­lentin: Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 257

Ich möchte jetzt Luxemburg zitieren, was dort die Konzerne für Sonderkonditionen ha­ben (Zwischenruf des Abg. Lopatka) – Herr Kollege Lopatka, ganz gut aufpassen, wenn du die nächsten Verhandlungen führst, da kannst du dir Gelder holen –: 0,17 Prozent Steuer für Konzerne und 17 Prozent Steuerpflicht für die dort heimischen, luxemburgi­schen Betriebe. – Ich wollte bewusst kein österreichisches Beispiel bringen.

Ich denke, ganz richtig ist der Ansatz von Kollegen Fuchs: Transparenz, die Umsatz­grenze ist viel zu hoch, wir müssen viel tiefer ansetzen. Und das ganz Wesentliche, was gesagt wurde, ist, dass die Gewinne am Standort investiert werden müssen und nicht ins Ausland abgezogen werden dürfen. Ich habe letzthin schon einen großen Linzer Kon­zern genannt, ich könnte noch einige nennen, wo dann bei Budgetschluss der Geldge­ber sagt: Jetzt gebt mir den Gewinn!

Das ist, glaube ich, das ganz Wesentliche. Wir haben hier als Parlament morgen wie­der eine Möglichkeit zu einer TTIP- und CETA-Besprechung, da werden wir sehen, wie ehrlich es die Regierungsparteien meinen. Kollege Lopatka und Kollege Rädler, da bin ich neugierig auf die unterstützenden Zwischenrufe, wenn wir dann einfordern, die ös­terreichischen Interessen zu vertreten.

Ich darf abschließend zu diesem Thema Transparenz sagen: Selbstverständlich, da wir dafür sind, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, und Regionalisierung dient den Menschen und Globalisierung den Konzernen, gehört dort, wie Kollege Fuchs richtig ge­sagt hat, der Riegel vorgeschoben.

Ich habe hier ein weiteres Bild (eine Bildtafel auf das Rednerpult stellend, auf der auf einer Geschäftstheke zwei große, mit Papier gefüllte Gläser dominieren), das, glaube ich, sehr aussagekräftig zur angesprochenen Registrierkasse ist. Das ist die Praxis, das ist eine Kleinunternehmerin, eine Klein-Kaffeehausbesitzerin, und da sie eine ganz ar­ge Geschäftsfrau ist, die auch noch Süßigkeiten und Brot mitverkauft, braucht sie zwei Kassen. Sie hat gesagt, sie hat es satt, denn die Leute wollen diese Belege nicht, des­halb hat sie auf der Theke zwei Behälter aufgestellt, in der sie gleich die Belege sam­melt, denn sonst müsste sie jeden Tag eine Stunde nach Geschäftsschluss noch die Belege vom Gehsteig aufsammeln. – Damit wir wissen, wie praxisnah wir hier Politik ma­chen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das sind so kleine Beispiele aus der Praxis. Ich habe damals gesagt, ich möchte in dieses Haus einziehen, damit wir über das Leben reden. Das ist das Leben!

Ich möchte gleich weitermachen (eine Bildtafel aufstellend, auf der eine Frau vor einer Almhütte und der Aufschrift „Lechneralm geschlossen“ dargestellt ist) und mich an die­ser Stelle ganz besonders bei den mutigen Almbäuerinnen und Almbauern bedanken und bei dir, Herr Minister, dass du dir ihre Sorgen angehört und gesagt hast: Okay, wir müssen diese 15 000 € Umsatzgrenze auf 30 000 € erhöhen! – Sie bedanken sich hier auf diesem Weg. Frau Lichtenegger, die abgebildet ist, war eine der Betroffenen.

Und jetzt kommt das ganz Wesentliche: Kollege Wöginger hat die Vereine in den Him­mel gehoben, und ich hoffe, dass er es auch so ehrlich meint. Ich meine es nämlich ehrlich. Das (eine Bildtafel mit Menschen, die in einem Zelt an improvisierten Kochstel­len arbeiten, auf das Rednerpult stellend) ist der Blick in die Feuerwehrküche vom ver­gangenen Sonntag. Das sind nur 30 freiwillige Helfer, die im Küchenbereich vorbereiten, abwaschen, kochen, dann gibt es weitere 30, die drinnen gratis servieren, dann gibt es noch einmal 30, die drei Tage vorher das Feuerwehrhaus umbauen, den Zeltanbau auf­bauen, die Bierbänke aufstellen, die Kühlanlagen herrichten, und dann gibt es noch ein­mal 30 Personen, die drei Tage später wegräumen. Und das Ganze dafür, dass sie ein paar Euro verdienen. Und was machen sie mit dem Geld? – Das ersparen wir den Ge­meinden, das ersparen wir den Ländern, das ersparen wir letztlich dem Bund (die Abge­ordneten Lopatka und Amon: Ja!), denn sonst müssten die Gemeinden diese Gerät­schaften kaufen, die die Feuerwehren damit finanzieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 258

Genau dasselbe bei den Musikkapellen, bei den Sportvereinen. Da kann ich jetzt das Sportfest in Aurach vom vergangenen Wochenende nennen, da arbeiteten Hunderte fleißige Vereinsmitglieder, Familienmitglieder. Und, lieber Kollege Wöginger, wenn hier nicht die Opposition diese ehrenwerten Vereine unterstützt hätte, wäre die Regierung drübergefahren! Das ist ja wunderbar, wenn du das so unterstützt. (Beifall beim Team Stronach.)

Kolleginnen und Kollegen, das sind die Fakten. Man kann das gar nicht hoch genug be­werten, was hier an Arbeit geleistet wird für unsere Jugend, für unsere Zukunft, die in guter Umgebung, in guter Gemeinschaft kameradschaftlich aufwächst, auf das Leben vor­bereitet wird und weitere wichtige Erfahrungen für das gesamte Leben sammelt.

Ich glaube, das ist entscheidend: Durch diese Verzögerung der Regierung sind den Ver­einen beziehungsweise Kleingewerbetreibenden Kosten entstanden. Da hat es welche gegeben, die haben gesagt: Okay, daran ist nicht zu rütteln, ich investiere in solch eine Registrierkasse! Und die haben jetzt Stornogebühren. Deshalb darf ich zwei Entschlie­ßungsanträge einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Regis­trierkassen-Stornogebühr“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Geset­zesentwurf vorzulegen, der die Übernahme aller anfallenden Stornokosten für Betrof­fene (Wirte, Almhüttenbetreiber, Direktvermarkter, Vereine usw.) vorsieht, die durch die Änderung der Gesetzeslage bezüglich der Registrierkassenpflicht entstanden sind.“

*****

Da haben wir Belege, da können wir jederzeit Betroffene in dieses Haus einladen. Und, Kollege Wöginger, sagen Sie später dann nicht wieder, ihr habt das geregelt.

Der zweite Entschließungsantrag, den ich habe, ist schon wesentlich – Kollege Wögin­ger, bitte hier bleiben, oder Kollege Rädler. Ich bin wirklich dafür, dass man Parteivor­feldorganisationen und Jugendorganisationen, solange die Mutterpartei Parteiförderung bekommt, von dieser Regelung ausnimmt. Da haben die Wirte recht, und ich darf die Wirte unterstützen mit der alten Festwirte-Regelung, die funktioniert hat, da sich der Wirt mit dem Verein verbündet und umgekehrt der Verein mit dem Wirt verbündet hat und damit diese Streitereien, die jetzt von der Wirtschaftskammer lanciert worden sind, gar nicht stattgefunden haben.

Deshalb wäre es gescheit, die Parteiorganisationen nicht mit den Ehrenamtlichen gleich­zustellen, und das betrifft der nächste Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaf­fung der Privilegien für politische Parteien und Vorfeldorganisationen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Geset­zesentwurf vorzulegen, der Privilegien von politischen Parteien und Vorfeldorganisatio-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 259

nen mit sofortiger Wirkung abschafft, da sie keinesfalls mit gemeinnützigen Organisa­tionen gleichgestellt werden dürfen.“

*****

Ich bin überzeugt, wir kriegen volle Unterstützung. – Danke. (Beifall beim Team Stro­nach.)

20.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Entschließungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Dietrich, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Re­gistrierkassen Stornogebühr“

Eingebracht zu TOP 12: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz er­lassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Mel­destandard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgaben­ordnung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgaben­änderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.)

Immer mehr Auflagen und bürokratische Hürden zwingen Wirte und Almhütten-Betrei­ber dazu, ihre Lokale zuzusperren.

Am 25. Juni 2016 veröffentlichte die Tiroler Tageszeitung einen dazu passenden Bei­trag von einer Almhütten-Betreiberin im Ötztal. Für eine Almhütte die nur drei Monate im Jahr geöffnet hat, ist es nicht immer einfach, die neuesten Auflagen der Politik zu erfüllen. Zuletzt wurde die Registrierkassenpflicht beschlossen, weswegen sich die Wirtin eine Registrierkasse bestellte. Wegen der Entschärfung des Registrierkassen-Geset­zes braucht die Wirtin nun doch keine neue Registrierkasse, also bestellte sie diese ab. Diese Wirtin hat sich nur an das Gesetz gehalten und alle Auflagen erfüllt, dafür wird ihr eine Stornogebühr von 600 Euro verrechnet!

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Geset­zesentwurf vorzulegen, der die Übernahme aller anfallenden Stornokosten für Betroffe­ne (Wirte, Almhüttenbetreiber, Direktvermarkter, Vereine, usw.) vorsieht, die durch die Änderung der Gesetzeslage bezüglich der Registrierkassenpflicht entstanden sind.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Dietrich, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ab­schaffung der Privilegien für politische Parteien und Vorfeldorganisationen“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 260

Eingebracht zu TOP 12: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz er­lassen, das Einkommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Melde­standard-Gesetz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Be­wertungsgesetz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgaben­ordnung geändert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgaben­änderungsgesetz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.)

Immer mehr Auflagen und bürokratische Hürden zwingen UnternehmerInnen dazu, ihre Geschäfte zu schließen. Mehrfach wurde medial die Entschärfung des Registrierkas­sen-Gesetzes beworben, allerdings sind noch immer nicht alle zufrieden mit der Situation.

Politische Parteien und ihre Vorfeldorganisationen (hierzulande rund 100.000) können zu Festen einladen und bleiben steuerfrei, sofern sie damit nicht mehr als 15.000 Euro Umsatz im Jahr einspielen und den Gewinn daraus nur politischen oder gemeinnützigen Zwecken zukommen lassen.

Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält diese Privilegien für verfassungswidrig. Laut ihm geht es hierbei um verdeckte Parteienfinanzierung, welche auch mit dem EU-Recht nicht vereinbar sei, sowie um wachsenden Wettbewerb für Wirte.

Mario Pulker, Obmann des Verbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer, rechnete vor: 95 Millionen Euro würden der Gastronomie jährlich entgehen, nutzen drei Parteien in 2100 Gemeinden den steuerlichen Freiraum!

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzes­entwurf vorzulegen, der Privilegien von politischen Parteien und Vorfeldorganisationen mit sofortiger Wirkung abschafft, da sie keinesfalls mit gemeinnützigen Organisationen gleichgestellt sein dürfen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.30.06

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Mei­ne Damen und Herren! Diese Diskussion ist hochinteressant und sehr vielfältig. Trotz­dem möchte ich zwei andere Dinge beleuchten, die für die Zukunft unserer Österrei­cherinnen und Österreicher und unseres Landes von Bedeutung und Wichtigkeit sind, das ist die Arbeitsmarkt-, die Wirtschafts- und die Finanzpolitik und die zu Beginn die­ses Jahres mit einem Paukenschlag in Kraft getretene Steuerreform, die den Großteil der Österreicherinnen und Österreicher entlastet hat. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.– Doch, doch, Sie vielleicht nicht, aber bei sehr vielen, vom Mittelstand bis zu den Beziehern niedrigster Einkommen, kommt dem Einzelnen mehr Kaufkraft zugute, und das ist sehr, sehr gut.

Der zweite Punkt sind die heutigen Beschlüsse, die nächsten Punkte sind schon vorbe­reitet. In der Regierungssitzung wurde diese Woche das neue Start-up-Programm für Betriebsgründer in einem großen Umfang beschlossen. Dafür sind 100 Millionen vorge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 261

sehen, mit dem Schwerpunkt von 33 Millionen € jährlich zur Förderung der Lohnneben­kosten für die neuen Betriebe und 50 Millionen € jährlich für die Mittelstandsfinanzie­rungsgesellschaft und die Risikokapitalprämie. Das soll zusätzliche Innovationskraft für die österreichische Wirtschaft bringen, das ist eine neue Kraft für unsere Wirtschaft, für die Arbeitsplätze in unserem Land und insbesondere für die jungen Betriebe eine be­sondere Stärkung, die es europaweit ganz selten gibt.

Weiters ist im neuen Programm eine neue Abschreibregelung für Investitionen vorge­sehen. Investitionen werden erleichtert, werden gefördert – eine Maßnahme, die Arbeit­nehmern, die Arbeitgebern und die Österreich zugutekommt.

Meine Damen und Herren, das ist notwendig, weil wir einen modernen Staat wollen, der den Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl von Chancen und Aufstiegsmöglich­keiten bieten soll, eine offene Gesellschaft, die Sicherheit und soziale Sicherheit bietet, eine positive Entwicklung, die dem einzelnen Menschen direkt zugutekommt – vom Ver­kehrswesen, Gesundheitswesen über Bildung und vieles mehr.

Für die Betriebe – das möchte ich ausdrücklich festhalten –, insbesondere für die Klein- und Mittelbetriebe ist Planungssicherheit von großer Bedeutung: rechtzeitig zu wissen, wenn Veränderungen kommen, für die einzelnen Branchen, für die Betriebsgrößen prak­tikable Lösungen. Und vor allem wollen sie rechtzeitig wissen, was sie wie trifft. Das ist für die Zukunft und für jetzt eine Aufgabe, an der alle mitarbeiten und mitwirken sollen. Unser Vorteil ist die Sozialpartnerschaft.

Meine Damen und Herren, es hat mich gefreut, dass in allen Fraktionen die Bekämp­fung des Steuerbetruges in den Mittelpunkt der Reden gerückt worden ist, ebenso die legale Steuervermeidung, Konzerne, die fernab Steuerminimierung betreiben und da­mit die Staaten um fast ein Drittel der Einkommen durch Steuererträge bringen, das kann so nicht weitergehen. Auch wir in Österreich sind aufgefordert, unsere Anstren­gungen zu verstärken und mit aller Deutlichkeit dafür zu kämpfen, dass europäische Lö­sungen gefunden werden, um hier gleiche Chancen für alle umsetzen zu können.

Meine Damen und Herren, es geht auch um die Chancengerechtigkeit unter den Be­trieben. Wer die Steuern ordentlich und wie vorgesehen rechtzeitig und umfassend zahlt, steht im Konkurrenzkampf zu Betrieben, die das nicht machen. Das ist nicht in Ord­nung, so wollen wir das nicht. Die heutige Diskussion hat mir gezeigt, dass viele bereit sind, an einem Strang zu ziehen, und ich erwarte mir davon auch ein sehr gutes Ergeb­nis. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lichtenecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.34.45

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Seit geraumer Zeit wird in jeder Rede von Kanzler und Vizekanzler betont, wie wichtig es ist, das Vertrauen der Unternehmer in den Stand­ort zu stärken. Und zum Vertrauen in den Wirtschaftsstandort gehören Planungssicher­heit und Rechtssicherheit. Und genau das ist ein Punkt, der beim Thema Registrierkas­senpflicht fehlt, absolut fehlt. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Wir haben auch jetzt wieder einen Abänderungsantrag vorliegen, wo wieder das Grund­prinzip gilt: vorwärts, stopp, rückwärts! Das führt zu Ärger, zu Verunsicherung und na­türlich auch zu Verwirrung. Ich erinnere mich, dass es in den letzten Monaten viele Wir­te und viele Kaffeehausbesitzer gegeben hat, die immer wieder gefragt haben: Was ist jetzt die gültige Regelung? Womit kann man rechnen? Wann setzt die Frist ein? Kommt es wieder zu einer Änderung, kommt es zu einer Erhöhung der Grenzen?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 262

Das alles ist ein Riesenproblem, und auch jetzt gibt es wieder eine Änderung. Gesetze müssen praktikabel sein, sie müssen schlüssig sein und selbstverständlich auch dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen. Und ich sage Ihnen eines: Dieses Gesetz, die Re­gistrierkassenpflicht, und gleichzeitig immer die Abänderungsanträge dazu sind ein Meis­terstück, wie eine schlechte Umsetzung eines wichtigen Vorhabens erfolgt.

Es ist selbstverständlich ein zentraler Punkt, dass es eine faire Besteuerung gibt und es möglichst einfach ist. Daher glauben wir auch, dass beispielsweise die Änderung für die Almhütten, Schihütten und so weiter eine kluge, eine nachvollziehbare ist und tat­sächlich unterstützenswert ist. Aber insgesamt ist dieses Gesetz ein Flickwerk der Son­derklasse, wie Sie wissen. Und insbesondere sind natürlich auch kleine Dorfwirte ver­ärgert. Denen müssen Sie einmal erklären, warum Sie die Registrierkassenpflicht bei 15 000 € haben und es bei den Kantinen von irgendwelchen Vereinen ganz anders läuft und wesentlich höhere Werte gelten. Das alles führt zu Verärgerung.

Herr Kollege Wöginger, kommen wir zu den politischen Parteien! Genau Sie haben jetzt ein Beispiel von der FPÖ angeführt, ein Fest mit 1 000 Leuten und so weiter. Was glau­ben Sie, was sich die Bürgerinnen und Bürger denken? – Die werden sich denken: Alle sollen gleich ihre Steuern zahlen, warum soll es eine Ausnahme für politische Parteien geben? Das ist in dieser Form nicht nachvollziehbar! (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Ein ganz zentraler Punkt in dieser Frage ist die Transparenz. Und gerade den politi­schen Parteien steht es an, möglichst transparent mit ihren Einnahmen zu sein. Das vorliegende Gesetz erfüllt das bei Gott nicht, und daher gibt es von unserer Seite auch einen entsprechenden Abänderungsantrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kogler, Brosz, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreis­dokumentationsgesetz erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988 sowie weitere Gesetze geändert werden (EU-Abgabenänderungsgesetz) in der Fassung des Berichts des Finanzausschusses 1243 d.B. wird wie folgt geändert:

In Artikel 10 entfallen die Ziffern 3 bis 5.

*****

Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ersuchen wir Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Grünen.)

20.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Werner Kogler; Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz erlassen, das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konten-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 263

einschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Ge­setz, das EU-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bewertungsge­setz 1955, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geän­dert und das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben werden (EU-Abgabenänderungsge­setz 2016 – EU-AbgÄG 2016) (1243 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verrechnungspreis­dokumentationsgesetz erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988 sowie weitere Gesetze geändert werden (EU-Abgabenänderungsgesetz) in der Fassung des Berichts des Finanzausschusses 1243 d.B. wird wie folgt geändert:

In Artikel 10 entfallen die Ziffern 3 bis 5.

Begründung

Gerade Parteien sollten mit gutem Beispiel in Sachen Transparenz vorangehen. Die nun geplanten Gesetzesänderungen bedeuten für Parteien und ihre Organisationseinheiten allerdings im Gegenteil eine Steuerbefreiung und Erleichterungen in der Aufzeichnungs­pflicht von Umsätzen aus Parteifesten, auch wenn diese zur Verfolgung von parteipoli­tischen Zielen verwendet werden.

Der Standard fasste am 1. Juli 2016 den Effekt dieser Regelung zusammen: "Der ös­terreichische Steuerzahler verzichtet künftig auf Budgeteinnahmen, damit die Parteien mehr Geld in die Wahlkampfwerbung stecken können."

Kein Irrtum, wie sich zeigt: Denn in der Begründung des (in die obenstehende Regie­rungsvorlage inzwischen eingearbeiteten) Abänderungsantrages zur RV 1190 im Fi­nanzausschuss vom 30.6.2016 heißt es ganz konkret:

„Da nach der Judikatur des VwGH parteipolitische Zwecke keine gemeinnützigen Zwe­cke darstellen (VwGH 3.10.1996, 94/16/0246), kommt diese Steuerbefreiung für Veran­staltungen von politischen Parteien nicht zur Anwendung, wenn die Erträge aus der ge­nannten Veranstaltung für eigene Zwecke verwendet werden.

Ziel der Änderung ist es, die steuerliche Behandlung geselliger und gesellschaftlicher Veranstaltungen von politischen Parteien an die steuerliche Behandlung vergleichbarer Veranstaltungen von gemeinnützigen Vereinen anzunähern. Aus diesem Grunde sollen solche Veranstaltungen politischer Parteien, die im Übrigen den Kriterien eines ent­behrlichen Hilfsbetriebes gemäß § 45 Abs. 1a der Bundesabgabenordnung dem Grun­de nach entsprechen und somit einem kleinen Vereinsfest vergleichbar sind, auch dann unter die Steuerbefreiung gemäß § 5 Z 12 fallen, wenn die Erträge nicht für gemeinnüt­zige Zwecke, sondern zur materiellen Förderung von Zwecken im Sinne des § 1 des Parteiengesetzes 2012 der veranstaltenden politischen Partei verwendet werden. Dies ist vor dem Hintergrund vorgesehen, dass auch parteipolitische Aktivitäten aus demo­kratiepolitischer Sicht unterstützenswerte Zwecke darstellen. Zwecke im Sinne des § 1 Parteiengesetz 2012 sind vor allem solche, die auf die Beeinflussung der staatlichen Willensbildung abzielen; eine materielle Förderung dieser Zwecke findet daher dann statt, wenn die Mittel beispielsweise für die Wahlwerbung oder für Informationen über die poli­tischen Tätigkeiten dieser Partei verwendet werden.“

Bisher herrschte demnach folgende Situation in Bezug auf Einkünfte von politischen Par­teien aus ihren Festen: Einkünfte von Veranstaltungen politischer Parteien waren nicht steuerbefreit, wenn die Erträge für eigene (politische) Zwecke verwendet wurden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 264

Just zu dem Zeitpunkt, als die Aufzeichnung von Umsätzen über die Registrierkassen auch für Parteien schlagend werde würde, wird nun seitens der Regierung versucht, die­se Transparenz auch gleich wieder abzuschaffen:

Zukünftig sind Umsätze bis zu einer Freigrenze von 15.000 Euro pro Jahr aus Festivi­täten von politischen Parteien steuerbefreit - auch wenn sie für die eigenen politischen Zwecke - auch Wahlwerbung - verwendet werden.

Eine manipulationssichere Aufzeichnung der Umsätze bis zu dieser Grenze ist eben­falls weiterhin nicht vorgeschrieben.

Gerade Parteien sollten mit gutem Beispiel vorangehen und größtmögliche Transpa­renz walten lassen - gleich auf welcher Ebene. Dies dient auch der Vertrauensbildung in demokratiepolitische Institutionen. Die geplante Bevorzugung der großkoalitionären Vorfeldorganisationen mit einer Analogie zum gemeinnützigen Vereinswesen zu begrün­den, ist gewagt.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.38.49

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Hohen Haus! Wir leben in einer Zeit, in der viele Nachrichten kommen, die uns erschrecken. Aber das Einzige, was momentan wirklich Konjunktur hat, ist das Dagegensein. Beim Dagegensein finden sich die Leute zusammen. Man könnte fast sagen, das Dagegen­sein ist das neue Gemeinsam.

Es gibt aber noch das wirkliche Gemeinsam, nämlich draußen bei uns auf dem Land, da weiß ich es, da bin ich Zeuge. Da gibt es noch Leute, die sich zusammentun und sagen, bei uns soll sich etwas rühren, wir wollen uns gemeinsam etwas schaffen, wir ma­chen miteinander einen Musikverein, wir machen miteinander einen Verschönerungs­verein, wir machen miteinander eine Jugendgruppe; bei den einen heißt es Katholische Jugend, bei den anderen heißt es Landjugend und bei den Dritten heißt es Junge ÖVP – genau so ist es. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Spannende ist, dass die jungen Menschen, die da dabei sind … (Heiterkeit bei den NEOS. – Zwischenrufe.) – Das ist schon erstaunlich. Diese besondere künstliche Lus­tigkeit der NEOS bei diesem Thema ist wirklich eigenartig. Und wenn Herr Scherak die 289 Millionen € Umsatz der Caritas mit der Jungen ÖVP von Bockfließ vergleicht, dann weiß man, dass ihr in der Wirklichkeit nicht angekommen seid. Aber macht nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben viele Vereine. Wir haben viele Men­schen, die im Ehrenamt ihre Zeit einsetzen und für die anderen etwas zustande brin­gen wollen. Das Einzige, was sie dafür kriegen, ist eine schöne Zeit, weil sie sich mit­einander ein Ziel setzen, das Ziel erreichen und sich dann gemeinsam darüber freuen.

Und in diese Welt schlägt eine Steuerreform ein, und wie aus heiterem Himmel liegt ei­ne Registrierkasse mittendrin. Die brauchen sie nicht. Wir sind ganz sicher, dass da ei­niges überschießend gemacht wurde. Sie brauchen nicht herumzureden: Das, was wir jetzt reparieren, haben viele von uns damals schon gesagt: Das brauchen wir nicht! Und jetzt reparieren wir es nach dem Motto: Net wach, net gach, aber zach! Die richtigen Din­ge haben zu geschehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 265

Wir sind stolz darauf, dass wir unsere Vereine draußen haben, dass wir die Leute drau­ßen haben, die die politische Arbeit am flachen Land machen. Wir sind stolz darauf, dass es Leute gibt, die sagen: Ich stehe zu etwas, und ich will gemeinsam etwas zu­stande bringen! Ich sage Ihnen etwas: Die Leute, die jetzt draußen vielleicht einen Punsch machen oder einen Adventmarkt oder vielleicht eine Kalenderaktion oder sonst irgend­etwas – vielleicht für eine politische Partei –, das sind Leute, die das miteinander ma­chen wollen, weil ihnen nicht wurscht ist, was in der Gemeinde passiert. Wenn die dann gemeinsam ein Festl machen und miteinander etwas zustande bringen, dann haben die auch das Recht, dass sie dort etwas einnehmen und für die Politik verwenden. (Abg. Lichtenecker: Steuern zahlen, das ist das Einzige! – Abg. Lugar: Das haben nur die Parteien!)

Und die Leute, die das machen, das sind die, die bei der nächsten Wahl – bei der Prä­sidentenwahl – dort sitzen werden. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Sie haben sicher nicht eure Kandidaten unterstützt, aber erfüllen die demokratische Pflicht und setzen sich hin, weil von euch keine Wahlbeisitzer kommen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist die Wirklichkeit, und die Leute unterstützen wir. Diese Leute sollen die Möglichkeit haben, dass sie ihre Gemeinschaft so leben, wie sie das wollen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wöginger: Ja, genau! Anhaltende Zwischenrufe.)

20.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort. – Bitte.

 


20.42.35

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Kollege Schultes! Man hat Ihnen ja zugerufen, dass Sie bei einer der Gleichsetzungen mit der Jungen ÖVP, Katholischen Jugend und so weiter etwas vergessen hätten, und das seien die NEOS, haben Ihre Kollegen behauptet. (Abg. Prinz: Ihr seid ja lauter alte Haselsteiners …!) – Ach so, ach ja. Keine Sorge, das sind wir eh nicht. (Heiterkeit.) Ich wollte mich eh gerade davon dis­tanzieren.

Keiner will Ihnen das Recht absprechen, dass Sie da mit Ihren Aktionen die Welt ver­bessern, dabei Geld einnehmen, Menschen dabei vielleicht ausnehmen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Einzige, was wir wollen, ist, dass ein Gesetz, das schon beschlossen ist, für alle gilt. Das „ob“ der Registrierkasse brauchen wir ja nicht mehr zu diskutieren. Das könnten wir an dieser Stelle auch machen, aber über das „ob“ sprechen wir nicht. Die Registrierkasse ist Pflicht, und diese Pflicht gilt für alle. Sie ist von allen zu verwenden, und zwar ausnahmslos. Die Lösungen dafür sind ja sehr, sehr einfach. Ich weiß nicht, ob Sie sich am Markt schon einmal schlau gemacht haben. (Abg. Prinz: Weltfremd ist das! – Ruf bei den Grünen: Weltfremd!) – Ich bin weltfremd? Ich kenne mich zufälligerweise bei diesen Dingen ein bisschen aus.

Sie können sich Software-as-a-Service-Lösungen nehmen, zum Beispiel vom Linzer Un­ternehmen offisy oder vom Wieselburger Unternehmen helloCash, kein Problem. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Tamandl und Wöginger.) Da kriegen Sie eine Registrier­kasse gratis, und wenn Sie einen Bon-Drucker brauchen, kaufen Sie sich den separat dazu. Das kann jeder verwenden. Das kann sogar die katholische Junge ÖVP verwen­den, wenn sie will.

Es gibt keine Ausreden, die Anwendung ist einfach. Es gibt keinen Grund, irgendwel­che Organisationen davon auszunehmen (Zwischenruf des Abg. Wöginger), schon gar nicht zwei Organisationen, die ohnehin keine Finanzierungsprobleme haben.

Das eine sind die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, die för­dern wir jedes Jahr mit Subventionen in der Höhe von rund 4 Milliarden €. Herr Finanz­minister Schelling, ein Vorschlag für Sie: Die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbei-


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trags kostet uns immerhin mehr als 100 Millionen € pro Jahr, da könnten Sie ansetzen. Da könnten Sie sich wirklich etwas holen. Rechnen Sie zusammen, was das im Laufe der Jahre bringt! (Abg. Wöginger: Das ist eine gute Meldung, das hilft uns!) Also da noch weitere Privilegien und Sonderrechte einzuräumen, das sieht wirklich kein Mensch ein. (Abg. Wöginger: … das Sieb!)

Das Zweite sind die politischen Parteien. Wir haben es schon zur Genüge gehört, wir haben in Österreich die zweithöchste Parteienförderung weltweit. Es gibt keinen Grund, hier über diesen Umweg weitere Förderungen und Erleichterungen zuzugestehen. Ma­chen wir das so, dass die Gesetze von allen eingehalten werden und schaffen wir hier keine sinnlosen Ausnahmen! (Beifall bei den NEOS.  Abg. Wöginger: Wir sind nicht abhängig vom Haselsteiner!) – Wir auch nicht! (Abg. Rädler: Wer zahlt denn Ihr Nudel­sieb? – Heiterkeit. – Anhaltende Zwischenrufe.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


20.45.16

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister Schelling! Es ist gar nicht einfach, sich bei diesen Dingen der Sache wieder seriös zu nähern. Man muss ja wirklich sagen, dass da eine gewisse Welt­fremdheit vorherrscht, denn sie vergleichen ja ständig gemeinnützige Vereine oder auch Organisationen – durchaus von politischen Parteien –, die auf Gemeindeebene aktiv sind und eigentlich auch gemeinnützig agieren, mit gewerblichen Unternehmen. (Zwischen­rufe bei den NEOS.) Und dieser Vergleich ist falsch (Beifall bei der ÖVP), weil es ganz selbstverständlich sowohl für die gemeinnützigen Organisationen als auch für politische Vorfeldorganisationen Einschränkungen gibt, die es für gewerbliche Unternehmen nicht gibt, nämlich einerseits die Einnahmen gemeinnützig zu verwenden, auf der anderen Seite gibt es ganz klar einen Deckel mit 15 000 €. Also das ist ja mit einem gewerblichen Un­ternehmen nicht vergleichbar.

Ich verstehe natürlich die NEOS – wobei ich nicht alle Mitglieder der NEOS da ver­stehe –, denn manche sollten es besser wissen. Aber Sie haben natürlich diese Struk­turen in den Gemeinden nicht und haben wahrscheinlich auch nicht so viel zu tun mit den unzähligen Organisationen, den Freiwilligen Feuerwehren, der Landjugend. Reden Sie mit den Leuten! Man braucht nur den Bundesleiter der Landjugend, Martin Stiegl­bauer, zu nehmen, der sich unglaublich für eine Regelung eingesetzt hat, weil die alle gemeinnützig arbeiten. Die verwenden ihre Freizeit dafür. Die tun das ja nicht gewerb­lich mit der Absicht, einen Gewinn zu erzielen, den sie dann in ein Unternehmen re­investieren, sondern sie tun es, weil sie es gemeinnützig tun, meine Damen und Her­ren! (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Und die soll man dann mit schwierigen techni­schen Regelungen karniefeln, wodurch sie hohe Investitionskosten haben? Bitte schön, das ist weltfremd! Das möchte ich Ihnen wirklich sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei den Grünen verstehe ich es auch, dass sie da wenig Freude haben. Nur bei den Freiheitlichen verstehe ich es nicht. Das hat ein bisschen, glaube ich, damit zu tun, dass bei Ihnen ein bisschen der Höhenflug einsetzt, so habe ich den Eindruck. (Abg. Peter Wurm: Na, na!) Oh ja, doch, doch. Reden Sie einmal mit Ihren Landtagsabge­ordneten, die draußen am Bereichsfeuerwehrtag sind, wo dann alle Abgeordneten, die dort sind, massiv wegen gewisser Überlegungen, die es gab, attackiert werden, und wo sich dann Ihre Landtagsabgeordneten – ich kann Ihnen die Namen nachher gerne sa­gen – hinstellen und überhaupt nicht verstehen, warum Sie da dagegen sind. (Zwischen­ruf des Abg. Peter Wurm.)

Auch Ihre eigene Jugendorganisation versteht überhaupt nicht, warum Sie da dagegen sind, weil natürlich der Vergleich von Landes- oder Bundesparteien, die eine Parteien-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 267

förderung erhalten, einem Vergleich mit Ortsgruppen in den Gemeinden, die ehrenamt­lich arbeiten und das wieder gemeinnützig oder für ihre unmittelbare Arbeit einsetzen, nicht standhält. Das versteht niemand.

Ich sage Ihnen auch – weil hier die Wirte angesprochen wurden –: Die meisten Wirte vor Ort arbeiten ganz eng mit den Vereinen, mit den Feuerwehren zusammen, und da gibt es überhaupt kein Problem. Das ist ein Thema, das in manchen Bereichen abge­hoben diskutiert wird. Und ich glaube, die Lösung, die wir hier schaffen, ist für die ös­terreichischen Vereine und gemeinnützigen Organisationen eine gute Lösung. Ich ste­he absolut dazu, dass man politische Organisationen in den Gemeinden – wie Senio­renorganisationen, Frauenorganisationen, Jugendorganisationen, die das alle ehrenamt­lich machen  bei ihrer Arbeit unterstützen und nicht behindern soll, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


20.49.41

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Ich nehme das zum Anlass, um hier auch das Thema Gewerbeordnung vorzubringen.

Wir haben hier gestern einige ermutigende Schritte von der Regierung vernommen, was die Start-up-Kultur betrifft, was technologieorientierte Start-ups, Firmengründungen be­trifft. Wir sollten aber bei dieser Gelegenheit nicht vergessen, dass es neben technolo­gieorientieren Firmen auch 300 000 Ein-Personen-Unternehmen in Österreich gibt, die sich genauso Entlastungen erwarten. Genauso sollten wir nicht vergessen, dass es nicht nur um das Gründen selbst geht, also nicht nur um das Unternehmer/Unternehmerin-Werden, sondern auch darum, Unternehmerin oder Unternehmer zu sein, also diesen All­tag leichter zu machen und nicht nur das Gründen selbst zu erleichtern.

Wenn man heute schaut, was die Grundlage in Österreich ist, dann sieht man eine Ge­werbeordnung, die 157 Jahre alt ist. Das ist schon recht beachtlich, was sich hier im Lau­fe der Jahrzehnte, Jahrhunderte, kann man schon fast sagen, angesammelt hat. Und wenn hier eine Ankündigung kommt, dass man im Herbst mutig auch diese Gewerbe­ordnung reformieren möchte, dann sind wir jedenfalls auf der Seite der Regierung und werden uns hier konstruktiv einbringen.

82 regulierte Gewerbebereiche und 21 teilregulierte Gewerbebereiche sind sehr viel, zu viel aus unserer Sicht, und das bedarf dringend einer Durchforstung. Wenn Sie sich das im Detail anschauen – und die Beispiele haben wir schon mehrfach hier im Par­lament diskutiert, ich möchte Sie gar nicht so sehr damit belangen –, sehen Sie, es gibt da einfach genug Absurditäten: Warum braucht man als Absolventin einer Modeschule eine zweijährige Praxis, damit man gewerblich bügeln darf? Warum darf man beispiels­weise ohne Befähigungsnachweis Fallschirme nähen, aber für Bekleidung muss man ei­ne Befähigung nachweisen können?

Ich möchte Sie mit diesen Beispielen gar nicht allzu sehr aufhalten. Wichtig erscheint uns, dass wir das einmal mutig durchforsten, aber auch die Wirtschaftskammerstruktu­ren angehen. Wenn sich die Wirtschaftskammer jetzt fast ein bisschen dagegenstellt, dann hat das schon sehr lange damit zu tun, dass es hier natürlich um das Einge­machte geht, dass viele der Gremien nicht mehr nötig sein werden, viele altherge­brachte Strukturen in der Wirtschaftskammer hinterfragt werden. Da sollten wir auch Herrn Präsidenten Leitl ganz klar sagen, dass wir da als Nationalrat mutig vorgehen wollen und dass es wenig Sinn macht, wenn er das gleich mit der Staatsreform ver­knüpft, denn dann wird wenig weitergehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 268

Aus meiner Sicht ist das wesentlich. Ich glaube, dass mit einer neuen Gewerbeord­nung auch das alte Handwerk wiederbelebt werden kann und neue Selbständige hin­zukommen, auch was unsere Asylwerberinnen und Asylwerber betrifft, die hier im Land altes Handwerk beleben können, Schuhe reparieren, Fahrräder reparieren, kleine Lä­den aufmachen können, auch einige Änderungsschneider aus Syrien sind mittlerweile bekannt. Da gibt es sicher einige Möglichkeiten.

Um das zu unterstützen und zu untermauern, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Matthias Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschlacken der Gewerbeordnung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Gewerbeordnung, insbesondere zur Reduktion der reglementier­ten Gewerbe und der entsprechenden Kosten vorzulegen.“

*****

Entsprechend wird die Diskussion im Herbst auch laufen, denn wenn der Wirtschafts­kammer in vielen Fällen dann auffallen wird, dass ihr auch die Mitteln abgehen, wird das, glaube ich, noch eine spannende Debatte, in die wir uns konstruktiv einbringen wol­len. Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

20.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Matthias Köchl, Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde be­treffend Entschlacken der Gewerbeordnung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1244 d.B.)

Begründung

Stabilität vermittelt in unsicheren Zeiten oft den Eindruck von Sicherheit - allerdings gilt dies nicht für Gesetze, die in ihren Grundzügen von 1859 stammen und über die letz­ten 157 Jahre so oft ergänzt wurden, dass sie kaum mehr lesbar sind. In einem sol­chen Fall führen sie eher zu Verunsicherung und im Falle der Gewerbeordnung zu ei­nem historischen Aufriss der Regelungswütigkeit von Generationen.

Die vollzogene Trennung des Betriebsanlagenrechts vom eigentlichen Gewerberecht (im Sinne des Berufsrechts) wurde - im Gegensatz z.B. zur Schweiz, die diese Tren­nung bereits in den 70ern durchgeführt hat - in Österreich nie angegangen. Dies führt zu einer Schnitzeljagd nach den jeweils passenden Paragraphen, die sich auf einige hun­dert Seiten Gewerbeordnung und die verbundenen Verordnungen verteilen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 269

Aber selbst wenn man sich zu den eigentlichen Kernbestandteilen der Gewerbeord­nung durchgekämpft hat - sprich dem Berufsrecht, welches regelt, wer denn unter wel­chen Voraussetzungen welches Geschäft betreiben darf - hört die Schwierigkeit noch nicht auf. Die gründungswilligen und geschäftstüchtigen GründerInnen sind zuerst mal mit den einzelnen Variationen der Reglementierungen konfrontiert:

Die eigentlichen reglementierten Gewerbe: 82 Gewerbe laut Paragraph §94

neben den reglementierten Gewerben auch noch die besonders streng geregelten "Zu­verlässigkeitsgewerbe", die erst nach Genehmigung (Frist bis zu 3 Monate) tätig wer­den dürfen (z.B. Reisebüro, siehe GewO §95)

Und wenn man z.B. als WäschebüglerIn sich nun freut, in keiner dieser Liste vorzu­kommen: Zu früh gefreut, denn die sogenannten "Teilgewerbe" mit tlw. "einfacheren" Zugangsvoraussetzungen wurden auf dem Verordnungsweg geregelt und finden sich in der "Teilgewerbe-Verordnung"

Gerade in Branchen mit Nachwuchssorgen oder mangelndem Wettbewerb sorgen die­se zahlreichen Regelungen (und abseits davon die selbst in freien Gewerben notwen­digen vielen Gewerbescheine) für einen langsameren Erneuerungsprozess. In ländli­chen Gebieten werden kleinstrukturierten "universellen" HandwerkerInnen und Dienst­leisterInnen unnötige bürokratische Hürden in den Weg gelegt (im schlimmsten Fall ka­pitulieren sie vor der Gewerbeschein-Flut und sie flüchten in die Schwarzarbeit). Diese Gesichtspunkte sollten bei der Gruppierung und Formulierung von Gewerben zukünftig eine Rolle spielen.

Hinzu kommt ein Wirrwarr durch die anlassbezogene Abgrenzung von "Neuen Selb­ständigen" und Gewerbetreibenden. So ist für literarische Übersetzungen keinerlei Ge­werbeberechtigung erforderlich ("Neue Selbständige"), wird jedoch eine Gebrauchsan­weisung übersetzt, ist ein Gewerbe anzumelden. Bestellt das Gericht hingegen beei­dete Dolmetscher, sind diese wiederum "Neue Selbständige".

Das heißt:

Ja, Gewerbe, die ein hohes Risiko für die Gesundheit von MitarbeiterInnen und Kun­den (Arbeitssicherheit, Produktsicherheit), das Vermögen von Kunden oder die Umwelt mit sich bringen, sollen ruhig adäquate Zugangsvoraussetzungen besitzen: denn hier könnte sich die Gewerbeausübung des Einzelnen zum Nachteil der Umgebung auswir­ken. Wir sagen aber auch: Das Risiko z.B. beim Wäschebügeln (zwischen unzurei­chenden Bügelfalten und einem Brandloch im Hemd gelegen) rechtfertigt wohl kaum ei­ne Zugangshürde.

Neben dieser notwendigen "Entrümpelung" ist auch ein "Aufräumen" notwendig, um den Gewerbetreibenden mehr Übersicht zu bieten und die Kosten zu senken: Denn je­der Gewerbeschein bedeutet auch die verpflichtende Überweisung der Grundumlage an die Wirtschaftskammer. Drei notwendige Gewerbescheine bedeuten daher auch die dreifachen Abgaben an die Wirtschaftskammer.

Die am 5. Juli 2016 von der Bundesregierung angekündigte Reform der Gewerbeord­nung soll dem Vernehmen nach zahlreiche Grüne Forderungen aufgreifen. Nun heißt es jedoch, dies auch tatsächlich umzusetzen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 270

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Gewerbeordnung, insbesondere zur Reduktion der reglementier­ten Gewerbe und der entsprechenden Kosten vorzulegen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Hofin­ger. – Bitte.

 


20.53.42

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch zum Wirte- und Ver­einspaket Stellung nehmen. Eines muss uns schon bewusst sein: dass die Verantwort­lichen in den Vereinen durch die Vereinsbesteuerung und die Registrierkassendiskus­sion alle sehr stark verunsichert sind. Das muss man wirklich sagen.

Man könnte sagen: Ja, sie müssen sich besser informieren!, aber eines dürfen wir na­türlich nicht vergessen: Genau diese Personen machen das ehrenamtlich und setzen sich für die Gesellschaft ein. Das sehe ich auch als Bürgermeister einer kleinen Ge­meinde mit 1 300 Einwohnern. Ich glaube schon, dass ich von mir behaupten kann, dass ich die Vereinsstruktur meiner Gemeinde kenne. Wir haben 36 Vereine, viele da­von natürlich gemeinnützig, drei Feuerwehren, einen Sportverein, der sechs Nach­wuchsmannschaften betreut. (Abg. Lichtenecker: Bei den Vereinen … politischen Par­teien! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das ist natürlich etwas ganz, ganz Wichti­ges, und sie leisten für die Gesellschaft einen ganz großen Beitrag. Dafür gehört ihnen unsere Anerkennung. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Lichtenecker: Für alle gilt das Glei­che!)

Zur Vereinsbesteuerung möchte ich schon noch etwas sagen (Abg. Loacker: Jetzt sind die Vereine oder die Parteien gemeint?): Früher war es so, wenn ein Vereinsfest stattgefunden hat, hat das immer im Einklang mit den Wirten stattgefunden. Leider ist das verloren gegangen, das muss man ganz ehrlich sagen. Das hat natürlich dazu ge­führt, dass es zu Spannungen gekommen ist.

Man muss auch sagen, dass die Vereine, die Vereinsfeste auch immer größer gewor­den sind, und natürlich kommt es durch die ungleiche Behandlung aufgrund der Be­steuerung zu Unmut, und der Unmut der Gastronomen ist auch zu verstehen. Aber mit dem neuen Regelwerk haben wir ein Regelwerk für die Vereine und vor allem für die Verantwortlichen, die Gewissheit geben, wie es in der Zukunft ausschaut.

Im Zusammenhang mit den Gastronomen möchte ich schon noch Folgendes erwäh­nen – weil ich auch in einer kleinen Gemeinde bin –: Die Erleichterungen für die Gas­tronomen empfinde ich schon als einen ganz, ganz wichtigen Punkt, denn dort findet auch gesellschaftliches Leben in den Gemeinden statt. Es gibt sehr viele kleine Wirte, die man nicht mit erhöhtem bürokratischen Aufwand überfordern darf (Abg. Peter Wurm: Aber das macht ihr ja dauernd!), wenn ein Familienangehöriger mitarbeitet oder wenn bei Spitzen dann irgendwelche Aushilfskräfte zu Hilfe kommen sollen. Diese Er­leichterungen sind etwas ganz, ganz Wichtiges. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Ich freue mich wirklich, dass wir in diesem neuen Regelwerk auch die Zusammenarbeit der Vereine und Wirte wieder mehr in den Vordergrund stellen. (Abg. Peter Wurm: Bit­te?) Ich glaube, dass dadurch viele Ungereimtheiten ausgeräumt werden können und ein gemeinsames Miteinander stattfinden kann. In diesem Sinne freue ich mich und bedan­ke mich bei allen Ehrenamtlichen für ihr Engagement. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 271

Präsident Ing. Norbert Hofer: Da kurzfristig eingebrachte Abänderungs- beziehungs­weise Zusatzanträge vorliegen und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbe­reitung der Abstimmung nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmungen über die Ta­gesordnungspunkte 12 und 13 bis nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunk­te 15 und 16.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


20.57.13

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte mich in mei­nem Debattenbeitrag natürlich ebenfalls mit dem Wirte- und Vereinspaket beschäftigen, weil beide Gruppen für unsere Republik enorm wichtig sind.

Wenn man sich die Zahlen anschaut: 3,3 Millionen Österreicher sind ehrenamtlich ak­tiv – in 122 000 Vereinen, 8 Millionen ehrenamtliche Stunden. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Wir sehen, je kleiner die Organisationseinheiten werden, je kleiner die dörflichen Strukturen werden, desto stärker wird das Ehrenamt, desto stärker wird der Zusammenhalt, weil dort ein Begriff gelebt wird, der uns als ÖVP so wahnsinnig wichtig ist: der Begriff der Eigenverantwortung. Diese Menschen warten nicht immer darauf, dass der Staat etwas organisiert, sondern nehmen die Dinge selbst in die Hand. (Zwi­schenruf des Abg. Steinbichler.) Das ist uns unheimlich wichtig. Es hat in der Vergan­genheit diese Unsicherheit gegeben, und deshalb ist dieses Paket, das heute auf den Tisch gelegt wird, enorm wichtig, weil damit sozusagen diese Unsicherheit bekämpft wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Auf der anderen Seite – das möchte ich schon auch sagen – sind uns natürlich die Wir­te enorm wichtig. Wir haben da einen Bereich, das verhehle ich nicht, der vielfach mit Sicherheit überreguliert ist. Sie alle kennen die Stichworte Allergeninformationsverord­nung, Nichtraucherschutz, Brandschutzbestimmungen, Arbeitnehmerschutzbestimmun­gen. (Abg. Peter Wurm: Ändern!) Wir brauchen hier Deregulierung. Gar keine Frage.

Diese Spannungen, die es zwischen beiden Gruppen gegeben hat, sind nicht gut für un­sere Republik. Ich glaube, ein gutes Miteinander von Vereinen und Wirten ist enorm wich­tig. Ich bin tief davon überzeugt, dass dieses Paket ein richtiger Schritt ist, das Mitein­ander dieser beiden Gruppen wieder auf eine bessere Basis zu stellen, weil dieses Pa­ket ganz einfach Verbesserungen und Rechtssicherheit für unsere Vereine bringt. Die Ausdehnung der kleinen Vereinsfeste, die gemeinnützigen Vereine und der Begriff der Gemeinnützigkeit sind mir da sehr, sehr wichtig.

Wir sprechen von den gemeinnützigen Vereinen, die aus der Gewerbeordnung ausge­nommen sind. Wir reden von den gemeinnützigen Vereinen, die steuerlich begünstigt werden, und nicht von den anderen Vereinen. Ein Verein ist nicht zwangsläufig gemein­nützig und damit auch steuerlich begünstigt.

Auf der anderen Seite haben wir Verbesserungen für die Wirte im Bereich der „Kalten-Hände“-Regelung, das sollte man nicht unterschätzen. Auch dieses Paket betreffend Aushilfskräfte ist ein ganz wesentlicher Schritt. Das hilft, glaube ich, auch tatsächlich den Wirten, diese Dinge besser organisieren zu können.

Was heute noch nicht angesprochen worden ist: Wir machen eine Verbesserung bei der Beschäftigung von familiennahen Angehörigen. Die Frage der Sozialversicherungs­pflicht wurde hier eindeutig und besser geklärt. Also dieses Paket hilft den Vereinen, dieses Paket hilft den Wirten und ist deshalb gut für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.59

20.59.43

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 272

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

21.00.0014. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1152 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Haftungsgesetz-Kärnten erlassen und das Bundeshaftungs­obergrenzengesetz, das ABBAG-Gesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Ab­baueinheit und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (1245 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.

 


21.00.23

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um eine Regierungs­vorlage betreffend fünf Gesetze, einmal um den Erlass des Haftungsgesetzes-Kärnten und viermal um eine Abänderung: Bundeshaftungsobergrenzengesetz, ABBAG-Gesetz, Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit und Finanzmarktstabilitätsgesetz. (Prä­sidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Vielleicht vorweggeschickt, Herr Minister Schelling, etwas Positives: Sie wollen damit zu­mindest einen Schlussstrich unter eine endlos scheinende Geschichte Hypo/Heta zie­hen, die jetzt bereits sieben Jahre lang dauert. Damit ist es aber mit dem Positiven lei­der schon wieder vorbei, denn was uns daran massiv stört und deshalb werden wir die­sem Gesetz auch nicht zustimmen –, ist die Intransparenz, die leider am 12., 13., 14. De­zember 2009 begonnen hat.

Diese Intransparenz setzt sich bis heute nahtlos fort, und Sie stellen sich in eine Reihe mit den damaligen Mastermind-Chefs Schieder und Pröll, die aus unerklärlichen Grün­den von den Bayern eine Bank zurückgenommen haben, was keine Notwendigkeit war. Von dort weg wurde, solange es nur ging, nicht informiert, das heißt, vertuschen, vertu­schen, vertuschen, solange es möglich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Man hat das Parlament nicht darüber informiert, was in diesem Vertrag vereinbart ist. Es war noch viel schlimmer, man hat nicht einmal selbst gewusst, was man mit diesem Vertrag abgeschlossen hat, in dem man den Bayern ein Mitspracherecht eingeräumt hat und erst zwei Jahre später draufgekommen ist, dass das in diesem Vertrag steht.

Dann hat Herr Pröll das offensichtlich gemerkt und hat das sinkende Schiff verlassen. Dann ist Frau Fekter gekommen und hat in weiterer Folge wiederum niemanden da­rüber informiert, dass man eine von Ditz und Scholten geforderte Bad Bank gründen sollte, eigentlich müsste. In weiterer Folge ist ein weiterer Milliardenschaden entstanden.

Dann ist Herr Spindelegger gekommen, der hat offensichtlich nicht gewusst, was er tun soll, hat die Notbremse nicht gefunden oder war nicht in der Lage, sie zu ziehen. Das muss man Ihnen, Herr Minister Schelling, ja zugutehalten, dass Sie das dann 2014 ge­tan haben. Sie haben dann die Notbremse gezogen, aber da war leider der Zug schon in den Graben gefahren, wie man sagt.

Heute, Herr Dr. Schelling, reihen Sie sich leider auch dort ein, Sie informieren uns wie­derum nicht darüber, was Sie vereinbart haben, das Memorandum of Understanding wird uns nicht gezeigt. Weder die Kärntner Landesregierung noch Sie hier in Wien le­gen die Vereinbarungen zwischen dem Land Kärnten und dem Bund vor, wiederum ver­tuschen die rote Reichshälfte in Kärnten und die schwarze Reichshälfte in Wien. (Bun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 273

desminister Schelling: Aber verbrochen haben’s Sie, oder?) – Ah, nein, Sie brauchen mir nur zuzuhören, dann wissen Sie, wie der Schaden entstanden ist. Sie brauchen sich nicht herauszureden. (Abg. Lichtenecker: … hat aber schon die FPÖ in Kärnten …! Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das glaubt Ihnen ja kein Mensch mehr, dass die Landes­haftungen dafür verantwortlich sind, dass wir heute 12 Milliarden Schaden haben. (Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Das beweisen auch die Unterlagen im Hypo-Untersuchungsausschuss, deshalb haben Sie den ja auch verhindert, solange Sie konnten. (Abg. Tamandl: Was ist jetzt übrig geblieben?)

Heute wissen wir auch nicht, was in dieser Abbaueinheit (Abg. Tamandl: Was hat das mit der Landeshaftung zu tun?), in der Asset-Verwertung der HETA passiert, es gibt kei­nen Einblick in die Asset-Verwertung. Es wird niemandem Einblick in die Asset-Verwer­tung gegeben. Alle Damen und Herren, die aus der Hypo/Heta zu uns in den Aus­schuss geschickt worden sind, Frau Kollegin Tamandl, waren nicht vom Geschäftsge­heimnis und auch nicht vom Bankgeheimnis entbunden. (Abg. Tamandl: Was hat das mit der Haftung zu tun, Kollege Angerer?) Das heißt, die haben uns nichts sagen dürfen.

Heute führen wir noch mit den Bayern verschiedenste Gerichtsverfahren in Höhe von 4,8 Milliarden €, über die uns keiner etwas sagen darf. Herr Dr. Schelling, der hinter mir auf der Regierungsbank sitzt und darüber lacht, hat selbst in den letzten beiden Jahren an die 3 Milliarden € mitzuverantworten. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schel­ling.) 1,2 Milliarden € haben Sie den Bayern überwiesen, und 1,7 Milliarden € haben Sie beim SEE-Verkauf – dem Südosteuropa-Netzwerk – an Haftungen übernommen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Das Gesetz, das Sie heute vorlegen, beinhaltet wieder etwas, das nicht einmal Ihren ei­genen Regeln entspricht; das sagt nicht der Erwin Angerer, das sagt der Budgetdienst. (Bundesminister Schelling: … Gott sei Dank!) Die Darstellung der finanziellen Auswir­kungen in der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung fehlt und entspricht nicht den An­forderungen des § 17 BHG 2013 und der dazu ergangenen Verordnung des Bundesmi­nisters für Finanzen.

Das heißt, Ihr Gesetz entspricht nicht einmal Ihren eigenen Regeln. Das ist die Vertu­schung, die Sie heute fortsetzen, und deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab. Danke. (Beifall bei der FPÖ. Bundesminister Schelling: Das ist kein Wunder, dass Sie …!)

21.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Obernos­terer. – Bitte.

 


21.05.34

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Herr Kollege Angerer aus Kärnten, von der Frei­heitlichen Partei! Hier am Rednerpult, wo du gerade gestanden bist, genießt du Immu­nität. Müsstest du unter Eid aussagen, wärst du morgen vor dem Staatsanwalt, so un­wahr – „lügen“ darf man nicht sagen – sind deine Ausführungen hier gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)

15 Monate bist du im Untersuchungsausschuss gesessen, der Endbericht wird wider­legen, was du hier gesagt hast, er wird beweisen, dass nicht wahr ist, was du gesagt hast. Eines möchte ich noch sagen: Ich als Kärntner schäme mich für das, was in Kärn­ten bei der Hypo, bei diesem größten Finanzdebakel unter freiheitlicher Führung (Zwi­schenruf des Abg. Walter Rauch), unter einem freiheitlichen Landeshauptmann und un­ter einem freiheitlichen Finanzminister passiert ist. Ich entschuldige mich für meine Partei dafür, dass wir da dabei waren. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 274

Darüber, dass dieses Gesetz heute hier beschlossen wird, müsstest du als Kärntner – du warst damals ebenso wie ich nicht dabei – heilfroh sein, dass wir in Kärnten wieder in die Zukunft schauen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Du weißt, was die Hypo Kärnten gekostet hat, du weißt, was die Hypo den Bund ge­kostet hat, und du weißt auch, was die Bayern bisher für die Hypo gezahlt haben.

Ich sage dir jetzt die Summe, damit du sie auch weißt – 15 Monate bist du im Aus­schuss gesessen, aber offensichtlich hast du nichts mitbekommen –: 400 Millionen € kos­tet der Schaden die Hypo, obwohl er weit über 10 Milliarden € hinausgeht. 5,5 Milliar­den € hat der Bund schon dazugezahlt, 4,8 Milliarden € haben die Bayern dazugezahlt.

Die Unwissenheit am 11., 12., und 13. Dezember ist auch beweismäßig auf dem Tisch: Kärnten hatte damals in der Holding Geheimpapiere, wo sie sich auf diese Sitzung vor­bereitet hatten. Du behauptest hier genau das Gegenteil.

Herr Finanzminister, ich bedanke mich im Namen meiner Partei und im Namen Kärn­tens dafür, dass Kärnten nun wieder in die Zukunft schauen kann (Beifall bei der ÖVP), dass wir Kärntner wissen, was wir für die Hypo-Abwicklung zu leisten haben, dass der Bund dafür die Haftungen übernimmt und dafür einspringt. Wir in Kärnten können jetzt wieder planen.

Wie gesagt, Herr Angerer, ich würde mich schämen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schi­manek: Unglaublich!)

21.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. – Bitte.

 


21.08.37

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Bei etwas, was eigent­lich mehr als ein Multiorganversagen ist, über weite Strecken eigentlich eine Multiorgan­gaunerei – um nicht noch etwas Schlimmeres zu nennen –, fällt es relativ leicht, sich wech­selseitig Verantwortung zuzuweisen. Fest steht, alle haben eine gewisse Verantwor­tung. Ich möchte mich ausnahmsweise mit dem, was hauptsächlich Untersuchungsaus­schussthema ist, nicht beschäftigen, denn mir geht immer noch nicht ganz ein, wie und unter welchen Annahmen wir das Versprechen einlösen wollen, das mich ja immer sehr fasziniert hat und wofür ja für den jetzt amtierenden Finanzminister viel Anerkennung gekommen ist, dass am Schluss dieser Rechnung kein Steuergeld – gemeint war kor­rekterweise Bundessteuergeld – mehr in diese ganze Kiste geht. Dazu aber später.

Jetzt komme ich noch einmal zu der Versagenskette. Eines muss man da schon immer wieder sagen: Unabhängig davon, was Landeshaftungen oder so betrifft, das legitimiert weder einen Bankvorstand noch den Aufsichtsrat einer Bank noch den Kreditausschuss, so etwas zu machen. Wenn man hineinschaut, wie es dort zugeht, dort sind nur poli­tisch Besetzte gesessen – ah, jetzt habe ich mein Spielgeld, extra für die Hypo, nicht mit –, die diese 20-Millionen-Pakete im Halbminutentakt hinübergeschoben haben. Da sind aber keine Revisionisten oder Aufpasser dabei gesessen. Da sind die Projekt­werber vom Balkan dabei gesessen, die ja quasi schon mit Anlauf das Geld dort he­rausgefladert haben. Das konnte man schon ab dem Jahr 2003, 2004, 2005, 2006, 2007 sehen. Als Holub und ich versucht haben, das aufzudecken, hat die Aufsicht kein Ohrwaschl gerührt, sondern erst dann, als alles zusammengebrochen ist.

Die Landeshaftungen sind natürlich ein Problem für die späteren Handlungsoptionen. Wir beneiden niemanden, der da in Verantwortung war. Aber eines muss schon klar sein: Nur weil zum Beispiel die Kontrollbank Haftungen draußen hat, die ja um ein Viel­faches höher sind als das, was wir bei der Hypo hatten, kann man ja nicht automatisch unterstellen, dass die auf diese Art und Weise unter diesen Schutzschirm gestellten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 275

Firmen einfach mir nix, dir nix tun können, was sie wollen, und Milliardenbruch bauen: da einer, da einer, da einer. Bei der Hypo werden wir über 10 Milliarden € hinauskom­men, die Befürchtungen bewahrheiten sich – nur für den Steuerzahler!

Also das kann kein Argument sein, warum dann die Aufsicht in Kärnten, aber auch auf Bundesebene nicht funktioniert hat. Dass man den Landeshaftungszinnober früher hätte einschränken müssen, ist richtig. Im Übrigen: Es waren die vereinigten Bundes­länder wir haben es ja in den Akten gesehen –, die reihum interveniert haben, dass man diese Landeshaftungen möglichst noch zehn Jahre oder länger draufhaben will. Der gar nicht in diese Richtung gepolte Karl-Heinz Grasser – weil er genannt worden ist – hat mit dem gar nicht so viel am Hut gehabt, der musste aber mit Monti diese Landes­haftungsgeschichte machen, denn das hat ja mit dem EU-Recht schon längst kollidiert.

Die Kommission wollte null, die wollte ein radikales Auslaufen, nachdem das in Deutsch­land schon gekippt wurde. Es ist halt mit diesen leidigen drei Jahren ein Kompromiss he­rausgekommen. Das war schlecht, denn in den drei Jahren ist ziemlich viel passiert. Aber man kann doch nicht so tun, als ob da einer allein schuld wäre.

Jetzt komme ich wieder zu den Bundesländern, die das ja alle miteinander herbeige­wünscht haben. Im Jahr 2009 war es ein paar Tage vor dieser unsäglichen sogenann­ten Verstaatlichung ja schon erkennbar: Uih! Die schaffen das nicht! – Ich weiß bis heute nicht, warum man da Verstaatlichung sagt, Notverstaatlichung verstehe ich noch weni­ger, denn die Bank war verstaatlicht, und zwar im mehrheitlichen Eigentum des Frei­staates Bayern, das ist alles nur ein Kunstgeschwurbel in der Rechtfertigungsrhetorik. Wie dem auch sei! Ein paar Tage vorher hat man schon gesehen: Die Bayern drücken die an die Wand.

Was haben wir Grünen gemacht? – Am Samstag, Sonntag, Montag waren diese Ver­handlungen, wir haben hier im Haus am Mittwoch oder Donnerstag vorher einen An­trag eingebracht, man möge auf der Stelle ein Insolvenzrecht für Bundesländer schaf­fen, denn wir hatten ja schon gesehen – Stichwort Landeshaftungen –, was da unter Um­ständen geschieht. Na ja, damit hat man sich nie beschäftigt. Dass wir jetzt – wie Sie argumentieren, Herr Finanzminister – mitten im Fluss das nicht geradezu anlassgesetz­gebend herbringen kann, dafür habe ich ja noch Verständnis. Sie argumentieren ja so, dass man sich nach 2017, wenn das alles ausgelaufen ist, an die Sache heranwagen muss. Dafür kann man noch Verständnis haben. Aber diese ganze Geschichtskette vo­rausgesetzt, ohne die einzelnen Gaunereien aufzuzählen, ist es natürlich gut gewesen, dass es diesen Schuldenschnitt gegeben hat.

Jetzt ist natürlich klar gewesen, dass man die Haftungen nicht so ohne Weiteres weg­schneiden kann, das haben wir ja auch beim Verfassungsgerichtshofurteil gesehen. Also muss man die Kärntner Landeshaftungen noch irgendwie herauskaufen, nicht zu 100 Prozent. Also der Schuldenschnitt geht ja formal bei den Gläubigern, die noch da waren, de facto bis zu 46 Prozent. Wir rechnen eigentlich – oder Sie erklären uns das immer – mit einem Rückfluss aus dieser Abbaubank, der viel höher ist. Das muss man dann eh begradigen. Aber ich sehe nicht, wie sich das ausgehen soll, dass da kein Steu­ergeld, ja sogar Bundessteuergeld hineingehen soll. Wenn nämlich dann die 75-Prozent-Ansprüche auch noch auf Anleihen – zwar mit 0 Prozent Verzinsung, aber 100 Prozent Auszahlung nach 13 Jahren – eingetauscht werden: Wer deckt denn dieses Delta?

Vielleicht rechnen Sie dem Haus einmal vor, wie viel von der Abbaubank zurückkom­men müsste – in unserer Rechnung weit mehr als diese 60 Prozent –, dass sich das im­mer noch mit null ausgeht. Wenn man die Zinseszinseffekte herausrechnet, dann müss­ten wir bei 88 Prozent landen. Also das schaue ich mir an, wie das da zurückkommen soll. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das ist jetzt eben das Bedauerliche. Jetzt kann man sagen: Die Landeshaftungen zwingen uns rechtlich in eine Position, die uns dazu


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 276

bringt, weit mehr als diese 75 Prozent, die ja jetzt angeboten wurden, noch einmal nach­zudoppeln.

Ich glaube, die Gläubiger wären auch mit 75 oder meinetwegen mit 80 Prozent nicht so schlecht dran gewesen. Natürlich hat man die Sorge gehabt, dass – Stichwort Finanz­platz, was wir da immer hören, Reputation die wirklich zur Klage schreiten könnten. Angeschaut hätte ich mir das, denn was in Kärnten zu holen ist, ist weit weniger als das. Aber ich sehe schon: Am Schluss war es wieder eine gewisse Risikovermeidungs­strategie.

Aber es wird noch vorzurechnen sein, wieso diese Lösung, die heute hier beschlossen wird, nichts mehr zusätzlich kosten soll. Also da bin ich gespannt. Wenn am Schluss 100 Prozent ausgezahlt werden – angenommen alle nehmen das Angebot an –, dann haben wir nur 13 Jahre bei den niedrigen Zinsen, die jetzt laufen. Das ist eigentlich im Barwert irgendwo zwischen 90 bis 94 Prozent, vielleicht 92 – was weiß ich, das kann man ja auch so rechnen –, dann ist das immer noch eine schöne Differenz auf die 75 Pro­zent, und da geht es, wohlgemerkt, immer gleich um Milliarden.

Jetzt würde mich interessieren, wie das zustande kommt, dass sich das alles mit null ausgeht. Ich hoffe, Sie werden es uns noch einmal erklären. Wir haben uns wirklich be­müht, das in alle Himmelsrichtungen und kreuz und quer zu rechnen. Aber vom Grund­gerüst her ist das nicht aufrechtzuerhalten. Leider, muss ich sagen. Leider! Die Versa­genskette werden wir noch an einer anderen Stelle besprechen. Ich hoffe, dass sich die­se Aussage bewahrheiten wird. Momentan zweifeln wir daran. Da das nicht klar nachvoll­ziehbar ist, können wir dem auch nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen.)

21.16


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


21.16.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle mir immer die Frage: Wieso zitiert sich Werner Kogler, wenn er über die Notverstaatlichung spricht, nicht selbst? Was war denn die Reaktion von Wer­ner Kogler am Montag, den 14. Dezember 2009? Da hat er gesagt (Abg. Kogler: Jetzt kommt der schon wieder mit dem!) – ja, da kommt er wieder mit dem, ja, das ist dein Zitat, das ist das, was du gesagt hast –: Die Verstaatlichung war wohl unausweich­lich. Zitat Werner Kogler. Man kann es überall nachlesen, man kann es sogar nach­schauen, es ist mit Originalbild noch immer in der TVthek abrufbar, das kann sich jeder anschauen, jetzt gleich oder morgen, vielleicht kann es sich Kollege Kogler selbst wie­der einmal anschauen. Das war seine Reaktion: Die Notverstaatlichung war wohl unaus­weichlich. – Das war damals seine erste Reaktion.

Er war ja auch ewig gegen eine Insolvenz, ewig für eine Bad Bank. (Zwischenruf bei den Grünen.) Als die Bad Bank gekommen ist, war er dann gegen die Bad Bank und für die Insolvenz. Das könnte vielleicht einfach so ein gewisses – wie soll man sagen? – Op­positionsgen sein: Ich muss immer gegen das sein, was die Regierung gerade macht, auch wenn ich am Tag davor noch dafür war.

Worum geht es denn heute hier eigentlich? Es geht um die Frage, wie wir – also Kärn­ten, aber damit auch wir als Österreich – aus diesen Landeshaftungen herauskommen. Dazu muss man sich einmal die Frage stellen: Wie kam es zu diesen Landeshaftun­gen? Und das, was Kollege Kogler gesagt hat, stimmt, dass nicht nur Kärnten diese Lan­deshaftungen hatte, sondern sieben Bundesländer diese Landeshaftungen hatten, dass es dann einen Beschluss im Kärntner Landtag gab, dass diese Haftungen – unter An­führungszeichen – „nur noch“ drei Jahre eingegangen werden dürfen. Diesen Beschluss gab es wortident in sechs anderen Landtagen. In jedem Landtag ist auch bestimmt wor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 277

den, dass ein Regierungsmitglied quasi der Aufpasser für das Land bei dieser Bank ist, also erstens das Recht und die Aufgabe hat, diese Bank zu kontrollieren, jeden Zettel in dieser Bank anschauen darf und eine Stopptaste bekommt, um jederzeit sagen zu können: Nein, das Risiko ist zu hoch, ich drücke die Stopptaste, es gibt keine Landes­haftungen mehr!

In sechs Bundesländern ist nicht alles gut gegangen, aber es ist dort nichts passiert, was den Bund betroffen hat. Ein Bundesland ist bei den Landeshaftungen nicht auf die Bremse, sondern auf das Gas gestiegen und ist voll gegen die Wand gefahren, und das ist Kärnten.

Wer waren denn die Finanzreferenten, die die Aufgabe hatten, zu kontrollieren, dass die­se Bank ein Risiko eingeht, dass das Land tragen kann, und darauf zu achten, dass diese Landeshaftungen nicht so explodieren, dass das Land das nicht mehr tragen kann? Pfeifenberger, Haider, später Dobernig, es waren drei blaue Finanzlandesräte, die die Verantwortung hatten (Abg. Angerer: Und schwarze Finanzminister!), dieses Ri­siko zu kontrollieren, die die Macht hatten, die Landeshaftungen zu stoppen und die die Möglichkeit hatten, in der Bank jeden Zettel anzufordern, jeden einzelnen Zettel zu kon­trollieren und zu sagen: Nein, stopp, da ist das Risiko zu hoch!

Diese drei sind ihrer Verantwortung nicht nachgekommen. Und jetzt als Freiheitlicher da ans Rednerpult zu treten, als Freiheitlicher aus Kärnten, und an jene, die diesen Scha­den wegräumen, und den Finanzminister, der endlich dafür sorgt oder mithilft, dass wir aus den Landeshaftungen herauskommen, hier Haltungsnoten zu vergeben, da geht ei­nem die Hutschnur auf! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie sollten die Verantwortung übernehmen für das, was Sie in Kärnten und auch in Ös­terreich angerichtet haben! Das, was Sie hier betreiben, ist verantwortungslos! Hier ans Rednerpult zu kommen und Haltungsnoten zu vergeben, das ist so, als würde ich auf einen Hauptplatz fahren und dort Mist ausleeren – und mich dann hinstellen, beim Weg­räumen zuschauen und sagen: Na, der kann aber nicht gut mit der Schaufel umgehen!

Anstatt selbst die Schaufel in die Hand zu nehmen und mitzuhelfen, das wegzuräumen, stehen Sie am Rand und vergeben Haltungsnoten! – Das ist nicht die Art und Weise, wie Politiker agieren sollten, und schon gar nicht Politiker mit Verantwortung. Das ist Anti­politik, was Sie hier machen, und das hat hier im Haus gar nichts verloren. Es reiht sich vielleicht ein in die Art und Weise, wie die Freiheitlichen, als sie in der Bundesregierung waren, bewiesen haben, wie unverantwortlich sie agieren. Das reiht sich dort ein, aber mit solch einer Politik, die Sie hier gemacht haben, möchte ich – ganz ehrlich – gar nichts zu tun haben. Kritisieren Sie also nicht die, die den Schaden weggeräumt haben, die daran arbeiten! Es kann schon sein, dass einer, wenn er den Mist wegräumt, sich dre­ckig macht, ja, aber dem vorzuwerfen, dass er dreckig ist, ist nicht richtig. Es geht um die Frage, wer den Mist abgeladen hat, und diese Verantwortung tragen Sie! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Wöginger: Ausgezeichnete Rede!)

21.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hab­le. – Bitte.

 


21.21.45

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Es ist interessant zu beobachten, dass die Redner von Rot, Schwarz und Blau gar nicht zum Thema sprechen, sondern Ausflüge in die Historie machen. (Ruf bei der ÖVP: Der Nächste!) Ich würde vorschlagen, Sie können das alles in Ihre Fraktionsbe­richte zum Hypo-U-Ausschuss schreiben. Diskussionsgegenstand jetzt, heute hier ist ei­gentlich dieses Bundesgesetz, mit dem das Haftungsgesetz-Kärnten erlassen wird. Wei-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 278

ter muss man nicht lesen, das sagt schon alles aus. Der Bund übernimmt die Haftun­gen für Kärnten, und das erklärt wahrscheinlich auch, dass Sie sich heute eher mit an­deren Themen beschäftigen wollen als mit dem, was hier auf dem Tisch liegt und wo­rüber abgestimmt werden sollte.

Der Bund übernimmt die Haftungen für Kärnten – Haftungen, die in unverantwortlicher Weise aufgenommen worden sind, 25 Milliarden € waren es am Höhepunkt. Haftungen für Anleihen, die unverantwortlicherweise gezeichnet worden sind, von Gläubigern, die nichts dabei gefunden haben, Anleihen zu zeichnen, die behaftet waren von einem Bun­desland mit einem Budget von 2 Milliarden €, während die Haftungen aber bis zu 25 Mil­liarden € betragen haben.

Diese doppelte Unverantwortlichkeit: von den Gläubigern, aber auch vom Land Kärn­ten. Wer trägt jetzt die Konsequenzen für diese Unverantwortlichkeit, für diese Verant­wortungslosigkeit? – Die Steuerzahler! Und was hat das bitte mit Marktwirtschaft zu tun? – Marktwirtschaft würde bedeuten, dass diejenigen, die das Risiko getragen haben, auch die Kosten übernehmen, aber da wird das Risiko letztlich immer auf den Steuer­zahler übertragen. Das hat mit Marktwirtschaft genau gar nichts zu tun.

Herr Bundesminister, jetzt werden Sie sicherlich gleich sagen: Na ja, die Gläubiger sind ja eh mitbeteiligt worden, dieser Bail-in, diese Gläubigerbeteiligung hat ja eh stattgefun­den! Nur: Sie haben uns in der Aussprache mit den Finanzsprechern eine Rechnung ver­sprochen, wo wir das auch hätten nachvollziehen können, was denn jetzt wirklich diese Beteiligung der Gläubiger ist. Diese Rechnung haben wir bis heute nicht bekommen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Wahrscheinlich auch deswegen, weil meine Einschätzung, dass de facto die Gläubiger mit 100 Prozent nach Hause ge­hen, doch der Wahrheit am nächsten kommt.

Das ist so ähnlich wie die Rechnung der Finanzmarktaufsicht, die behauptet, die Insol­venz würde 1 Milliarde € mehr kosten als das, was jetzt gemacht wird, aber auch die le­gen keine Rechnung vor, die man sachlich nachvollziehen könnte – da kann sich jeder seinen Teil dazu denken.

Was aber eigentlich das Schlimmste dabei ist, schlimmer, als dass die Gläubiger da völ­lig außen vor gelassen werden und keinen Beitrag mehr leisten, ist noch dieser Tabu­bruch: der Tabubruch, dass der Bund für Haftungen eines Bundeslandes einspringt. Oh­ne eine rechtliche Verpflichtung, das zu tun, springt der Bund ein und übernimmt die Haftungen für Kärnten. Das ist ein Freibrief für alle Bundesländer, für jede finanzpoliti­sche Verantwortungslosigkeit in Zukunft. Die Länder können in Zukunft machen, was sie wollen, denn sie wissen: Mit diesem Bundesgesetz haben sie im Endeffekt immer die Möglichkeit, Kosten und Risiken, die irgendwann einmal dann doch schlagend wer­den, auf den Bund zu überwälzen.

Es wäre, ganz im Gegenteil, eine historische Chance gewesen, Herr Bundesminister, ei­ne historische Chance für die Bundesregierung, endlich eine Föderalismusreform anzu­stoßen, die diesen Namen verdient. Endlich eine Reform anzustoßen hin zu einem Fö­deralismus, der wirklich einer ist, und nicht dieser Spendierhosenföderalismus, wo die Landeshauptleute nur das Geld ausgeben, aber für die Einnahmen nicht verantwortlich sind. Diese historische Chance haben Sie verpasst, das wäre eine Verhandlungsmas­se gewesen, die Sie zum Beispiel in die Finanzausgleichsverhandlungen mit hineinneh­men hätten können. Diese Chance ist leider verpasst worden – wirklich schade darum. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kogler.)

21.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grei­ner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 279

21.26.15

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Haftungsgesetz ermöglicht es, Folgen aus dem Hypo-Desaster zu bereinigen. Es geht um eine gemeinsame Vorgangsweise von Bund und Land – dem Land Kärnten –, damit das Bundesland eine Einigung mit den HETA-Gläubigern erzielen kann. Damit ist es möglich, eine finanzielle Bürde, die uns alle belastet, zu erleichtern.

Warum ist dieser Beschluss heute überhaupt so wichtig und notwendig? – Blenden wir zurück in das Jahr 2000: Ab damals hat die Malaise bekanntlich ihren Ausgang genom­men. Ab 2000 und insbesondere in den Jahren danach hat das Land Kärnten Haftun­gen in Milliardenhöhe übernommen, mehr als das Zehnfache des Landesbudgets, da­für hat das Land Haftungsprovisionen erhalten.

Wie wurden diese Mittel verwendet? (Abg. Fekter: Spielgeld! Politisches Spielgeld!) – Die damals politisch Verantwortlichen haben Prestigeprojekte finanziert, zahlreiche Prestige­projekte ohne Kontrolle, ich darf erinnern: an die Seebühne beispielsweise, an eine Flug­linie, an das Fußballstadion. Wer waren die Verantwortlichen? – Wir haben es bereits ge­hört: Pfeifenberger, Haider und Dobernig. Sie alle hätten die Stopptaste drücken kön­nen, haben es aber nicht getan. Sie haben ihre Verantwortung nicht wahrgenommen.

Wo war die Verantwortung damals bei den Haftungen, beim Geldverbrauchen? Wo ist die Verantwortung jetzt, nämlich die Verantwortung derjenigen, die dieses Debakel ver­ursacht haben, wo helfen sie beim Aufräumen dieses Scherbenhaufens? Warum frage ich Sie das? – Weil die FPÖ heute diesem Gesetz nicht zustimmt und damit ein wei­teres Mal keine Lösungskompetenz zeigt. Charakterlich erinnert das an Großbritannien und Brexit.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Dankeschön an alle, die diesem Gesetz heute zu­stimmen. Sie ermöglichen es, eine Lösung mit den HETA-Gläubigern zu finden. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Un­terrainer. – Bitte.

 


21.28.55

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Warum müssen wir heute über­haupt das Haftungsgesetz-Kärnten beschließen? – Es ist ganz einfach: weil nämlich die FPÖ in Kärnten verantwortungslos gehandelt hat! Die Wahrheit ist, sie hat einzig Klien­tel- und Selbstbereicherungspolitik betrieben und mit dem Hypo-Desaster das Schick­sal der Kärntner und Kärntnerinnen aufs Spiel gesetzt – so ist es gewesen, und das lässt sich nicht wegdiskutieren.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Minister, Kolleginnen und Kollegen im Saal, liebe Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Fakt ist: Die Haftungen, die die Hypo Alpe-Adria bis 2007 eingegangen ist, betragen aktuell rund 11 Milliarden €, und Fakt ist, dass im Zuge der HETA eine Beteiligung der Gläubiger durch Schuldenschnitt möglich ist. Das bedeutet, das Finanzministerium kann den Gläubigern ein Angebot un­terbreiten und zumindest zwei Drittel der Gläubiger müssen diesem zustimmen.

Jetzt zum Gesetz selbst, damit man auch weiß, was da drinnen steht und worum es geht: Mit den Gläubigergruppen wurde im März dieses Jahres ein Memorandum of Under­standing vereinbart. Das heißt, den Gläubigern wird dabei eine Abfindungsquote von 75 Prozent des Nominale und den Nachranggläubigern eine Quote von 30 Prozent an­geboten.

Durch das vorliegende Haftungsgesetz-Kärnten kann der Bund Haftungen für Kredit­operationen des Kärntner Ausgleichszahlungs-Fonds bis zu 11 Milliarden € überneh-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 280

men, und mit Artikel 2 können die Grenzen des Bundeshaftungsobergrenzengesetzes um 12,5 Milliarden € angehoben werden.

Für jene Gläubiger, die eine Barabfindung bevorzugen, muss das Land Kärnten einen Ausgleichsfonds mit 1,2 Milliarden € einrichten, und zwar für den Fall, dass 100 Pro­zent der Gläubiger zustimmen, wobei sich – und eines ist ganz wesentlich – im Falle des Erreichens der Zweidrittelmehrheit die Gläubiger bereits im Memorandum of Under­standing verpflichtet haben, diese Vereinbarung auch anzunehmen. Darum geht es schlussendlich.

Damit könnte das Schlusskapitel im Hypo-Desaster geschrieben werden, denn wenn die Gläubigereinigung gelingt, ist das Land Kärnten mit einem Schlag haftungsfrei. Da­mit könnte auch das unrühmliche Kapitel der freiheitlichen Landespolitik endlich abge­schlossen werden.

Allerdings – und das haben wir heute schon gehört und vom Kollegen Angerer be­stätigt bekommen – hat die FPÖ weder im Finanzausschuss zugestimmt, noch wird sie heute diesem Gesetz zustimmen. Das lässt für mich eigentlich nur einen Schluss zu: Die Freiheitlichen fürchten sich schlicht und ergreifend vor diesem Gesetz. Sie fürchten sich wahrscheinlich genau deswegen, weil nämlich mit diesem Beschluss die tatsächli­che Höhe und das Ausmaß freiheitlicher Regierungsverantwortung festgeschrieben wird und somit die Misswirtschaft blauer Politiker und die damit verbundenen Belastungen für alle österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen definitiv und glasklar sichtbar werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir, die SPÖ, stimmen jedenfalls diesem vorliegenden Gesetz zu, und jeder Bürger und jede Bürgerin kann sich selbst ein Bild von der FPÖ anhand deren Abstimmungsver­haltens machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Groiß.)

21.32


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1152 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustim­mung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, der Gesetzent­wurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

21.32.5815. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1186 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das In­vestmentfondsgesetz 2011 und das Übernahmegesetz geändert werden (1246 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2015/2365 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften (SFT-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 281

Vollzugsgesetz) erlassen wird und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Ge­setz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (1247 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 15 und 16 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Abg. Krainer: Da wird sich der Holub aber freuen! – Abg. Kogler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich bin zu Wort gemeldet?) – Sie sind zu Wort gemeldet, Herr Abgeordneter!

 


21.33.56

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wieso bin ich schon zu Wort gemeldet? Wo ist dieser Abänderungsantrag, habts den schon eingebracht? Unsere Fraktion ist informiert, dass vor Kurzem ein Abänderungsantrag eingebracht wurde, und ich sage nur zu einem Thema etwas, wo es um 150 Millionen € geht. Da geht es wieder genau darum, eine Pleite von semikriminellen Jungs (Heiterkeit der Abg. Königsberger-Ludwig) abzu­decken – Auer von Welsbach.

Natürlich sollen die Anleger in einem gewissen Ausmaß geschützt werden, da gibt es ja auch einen Schutz bis 20 000 € und so weiter und so fort, obwohl man sich schon die Frage stellen muss, ob ein jeder geschützt werden muss – wenn auch nur bis 20 000 € –, der irgendwelchen windigen Versprechungen glaubt, wenn einer 10 Prozent Zinsen verspricht, und die Allgemeinheit soll dann immer haften. – Seis drum, da geht es ja um eine ganz andere Konstruktion, die leider im Ergebnis fehlerhaft ist.

Da ist eigentlich ein Fonds eingerichtet, der für solche Haftungsfragen zuständig ist, der sollte sinnvollerweise auch aus der Branche heraus dotiert werden, so ähnlich, wie das bei den Banken jetzt gemacht wird. Allein die Dotierungsvorschriften, die es da gibt, sind so minimal, dass, wenn einmal etwas passiert, der Fonds selbst ein Pleitekandidat ist. Der, der die Pleite abfedern soll, steht selbst in der Pleite.

Jetzt habe ich schon ein Verständnis dafür, dass man argumentiert: Na gut, wie stehen wir denn da, wenn das wieder die Runde macht – Finanzplatz, was weiß ich –, wie schaut denn das alles aus? Ja, aber da muss die Lösung wohl schon auch sein, dass wir über die Zeit gestreckt die Beiträge, die da aus dieser Branche zu zahlen sind, eben auch ein­heben. Deshalb wäre der Lösungsvorschlag zumindest à la longue ein ganz anderer, als jetzt per Gesetz, wenn dieser Abänderungsantrag jetzt so eingebracht wird, kommt. Ich bin nicht nur mit der Lösung nicht zufrieden, wie Sie hören, ich bin vor allem auch über diese Vorgangsweise empört. Ich sage dazu noch kurz etwas.

Wir hätten im Finanzausschuss die Möglichkeit gehabt, genau das zu beraten. Es hat ja immerhin – deshalb wäre es für uns ja nicht völlig sachfremd oder neu gewesen – eine Regierungsvorlage im Haus gegeben, die einen ähnlichen Inhalt hatte. Die wurde von der Tagesordnung genommen. Es ist aber mit nichts angekündigt worden, dass ge­nau die heute wieder kommt.

Wenn Sie da so operieren, dann sage ich für meine Fraktion im Finanzausschuss gleich einmal Folgendes: Mir hat ja das schon gereicht mit der Bestellung zur Rechnungshof­präsidentin. Das war ja nicht nur jämmerlich, das war geradezu verhandlungstechnisch und parlamentarisch widerlich. Da will ich überhaupt nicht mehr dabei sein bei diesen gemeinsamen Beschlüssen. Was man sich aber hier in letzter Zeit leistet, wie da die parlamentarische Arbeit eigentlich am Schmäh gehalten wird – das könnt ihr euch be­halten!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 282

Wir werden bis auf Weiteres bei diesem und auch bei den anderen beiden Punkten, die da zugrunde liegen, nicht zustimmen. Man könnte da zwar streiten, ob das Glas halb­voll oder halbleer ist – es ist in einem Punkt mit Sicherheit mehr als halbvoll –, aber wir werden da nicht zustimmen, noch dazu, wenn dieser Abänderungsantrag auf diese aus parlamentarischer Sicht und aus parlamentarischer Gepflogenheit wirklich grindige Art und Weise da in letzter Sekunde hereingeschmissen wird! Jetzt bin ich einmal gespannt, wie Sie das erklären.

Ich soll da zu irgendetwas Stellung nehmen, und es ist noch nicht einmal der Antrag eingebracht – ich finde, das ist unmöglich! Wenn jetzt der Kollege Krainer kommt oder wer da noch mit zuständig ist, der Ausschussvorsitzende muss ja auch da sein, falls Sie sich hier ans Rednerpult stellen, kann ich Ihnen gleich mitgeben: Nicht genügend, niedersetzen! (Beifall bei Grünen und NEOS.)

21.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


21.37.53

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht wieder ein paar sachorien­tierte Überlegungen. Ich möchte ein paar Gedanken zur Novellierung des Börsegeset­zes äußern, und ich glaube, sagen zu können, dass es der Regierung wirklich gelun­gen ist, mit der Vorlage, die ja vom Finanzausschuss noch weiter behandelt und ver­handelt wurde, die vorliegenden Entwürfe von der europäischen Ebene sehr vernünftig in nationales Recht umzulegen.

Warum sehr vernünftig? – Weil es uns diesmal gelungen ist, auf übertriebenes Gold-Plating zu verzichten und damit die Wettbewerbssituation der heimischen Wirtschaft zu erhalten. Es wurde sowohl von den Unternehmungen, die an der Börse notieren, als auch von der Finanzdienstleistungsbranche insgesamt sehr positiv aufgenommen, dass die Bundesregierung da sehr praxisorientiert vorgeht. Auch im Finanzausschuss wurden ja entsprechende Abänderungsanträge bereits besprochen und behandelt und sind – ich ha­be es vorhin erwähnt –, glaube ich, sehr positiv angenommen worden.

Ich möchte aber bewusst auch einen Gedanken zum Thema Whistleblowing und Insi­dergeschäfte äußern: Da ist es zu begrüßen, dass die Sauberkeit in Zukunft einen noch wesentlich höheren Stellenwert bekommt, denn Sauberkeit auf diesem Markt ist ganz, ganz wichtig und richtig – wichtig nämlich für einen seriösen Wirtschaftsstandort, meine Damen und Herren.

Natürlich geht es aber auch darum, in Zukunft weiter daran zu arbeiten, die Bedeutung der Wiener Börse zu erhöhen, auszubauen, zu attraktivieren, weil das eine wichtige Vo­raussetzung für den Wirtschaftsstandort Österreich ist. Unter dem Strich können wir uns nur wünschen, dass die Marktkapitalisierung der Wiener Börse wieder auf ein interna­tionales Niveau kommt. Dazu sind allerdings drei Voraussetzungen wichtig, denen wir und die Bundesregierung uns in Zukunft sehr stark widmen werden müssen.

Das eine ist die Vereinfachung des österreichischen Steuerrechts. Wir wissen ja vom Fi­nanzminister, dass zum Beispiel eine Neukodifizierung des EStG geplant ist – ein abso­lut richtiger Schritt.

Ganz wichtig ist auch die Gewährleistung einer mittel- und langfristigen Planungssi­cherheit, wozu die Rechtssicherheit in unserem Land gehört, dass nicht ständig Geset­zesänderungen die Planungssicherheit irritieren. Und natürlich ist in diesem Bereich auch der Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge zu nennen, denn das ist ein ganz wich­tiger Hebel, was die Marktkapitalisierung in Österreich betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 283

Meine Damen und Herren, Realwirtschaft und Kapitalmarkt sind natürlich auf das Engste miteinander verknüpft. Eine gut funktionierende Börse korreliert absolut mit einem funk­tionierenden Wirtschaftsstandort, und da sind volkswirtschaftliche Indikatoren, die da­durch auch ausgelöst werden, natürlich ganz wichtig. Wir haben Investitionen, die ins Rol­len gebracht werden, die Wertschöpfung der Betriebe, das Wirtschaftswachstum und da­mit natürlich – das betrifft, glaube ich, dann auch wiederum alle, die hier die Bürgerin­nen und Bürger vertreten – die positiven Auswirkungen auf die Beschäftigung, die da­raus entstehen.

Nebenbei bemerkt: Ich sehe in diesem Zusammenhang die gemeinsamen Bemühun­gen des Finanzministers und des Außenministers, auch internationale Finanzorganisa­tionen und europäische Institutionen nach Österreich zu holen, als sehr positiv an. Auch das ist ein positives Signal zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Bacher zu Wort. – Bitte.

 


21.41.29

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Das wesentliche Ziel der Änderungen in den vorliegenden Gesetzen ist, stärker gegen den Missbrauch im Bereich der Finanzmärkte vorgehen zu können und damit für mehr Sicherheit auf den Finanzmärkten zu sorgen.

Zwei Dinge sind dabei für mich wesentlich: einerseits das EU-weite Vorgehen, also durch Straferhöhungen gemeinsam gegen Marktmissbrauch vorzugehen, andererseits der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen möglichen Marktmissbrauchsvor­gang melden.

Mit den vorliegenden Gesetzesänderungen wird diesem Anliegen Rechnung getragen. Niemand kennt die Firmen besser als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihnen fallen Ungereimtheiten am ehesten auf. Allerdings unterbleibt die Meldung oft aus Angst um den Arbeitsplatz. Durch diese Änderungen im Gesetz wird der Schutz durch Anonymi­tät und Vertraulichkeit sichergestellt. Wir wissen, dass in Zeiten wie diesen, mit der vor­liegenden modernen Technik, sehr vieles möglich ist. Umso mehr Gewicht muss darauf gesetzt werden, dass die Mitarbeiter geschützt werden.

Die Erhöhung des Strafausmaßes für diejenigen, die Marktmanipulationen betreiben, ist ein wesentlicher Schritt, um zum Beispiel Insider-Geschäfte auch tatsächlich mehr und mehr zu unterbinden.

Das alles ist eine große Herausforderung, aber dieser Herausforderung stellen wir uns hier. Und dieser Herausforderung stellt sich auch die EU. Wesentlich ist nämlich, dass die neue EU-Marktmissbrauchsverordnung das Kapitalmarktrecht in Europa auf völlig neue Füße stellt und eine EU-weit einheitliche Vorgangsweise vorsieht.

Nur gemeinsam haben wir eine Chance, den Finanzmarkt innerhalb der EU positiv zu beeinflussen beziehungsweise in Zusammenarbeit mit den anderen Staaten gegen den Marktmissbrauch vorzugehen. Nur gemeinsam schaffen wir es. Deshalb ersuche ich auch jeden hier im Saal, seine Stimme für eine gemeinsame Lösung abzugeben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Groiß zu Wort. – Bitte.

 


21.43.39

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe folgenden An-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 284

trag ein, der der Ministerratsvorlage entspricht und vor einigen Stunden an die Opposi­tion verteilt worden ist (Abg. Kogler: Ah, eine Sekunde vor der Abstimmung wäre gut! Sehr seriös, geniert ihr euch nicht?! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Der Gesetzgeber sollte zumindest theoretisch wissen, was er beschließt!)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Börsengesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernah­megesetz geändert werden (1186 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberich­tes (1246 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (1186 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bör­segesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernahmegesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1246 d.B.), wird wie folgt geändert:

Art. 2 (Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007) wird wie folgt geändert:

1. Folgende Z 5 wird angefügt:

„5. In § 103 wird nach Z 8a folgende Z 8b eingefügt:

„8b. (zu § 76 Abs.3):

Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Finanzjahr 2016 an die Anlegerent­schädigung von Wertpapierfirmen GmbH (AeW) einen Beitrag in Form einer Zahlung in Höhe von bis zu 148.400.362,-- Euro (in Worten: einhundertachtundvierzigmillionen­vierhunderttausenddreihundertzweiundsechzig Euro) zu leisten, die ausschließlich dem Zweck dient, die AeW in die Lage zu versetzen, in dem zufolge der Insolvenzen der AvW Invest AG zu 41 S 64/10z des Landesgerichtes Klagenfurt und der AvW Gruppe AG zu 41 S 65/10x des Landesgerichtes Klagenfurt eingetretenen Entschädigungsfall berechtigte Anlegerforderungen gegen die AeW gemäß den §§ 75 ff. zu befriedigen. Die näheren Voraussetzungen und Bedingungen für die Leistung des Beitrags sind in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und der AeW zu regeln. In dieser Vereinbarung ist insbesondere vorzusehen, dass die AeW auf sie aufgrund der Entschädigungsleistun­gen übergangene Ansprüche der Anleger gegen Dritte in einem der Zahlung des Bun­des entsprechenden Ausmaß an den Bund abtritt. Weiters sind in der Vereinbarung Kon­trollrechte des Bundes und Nachweispflichten der AeW in Bezug auf die Mittelaufbrin­gung für die Entschädigungsleistungen und die widmungsgemäße Verwendung des Bei­trags des Bundes vorzusehen. Die zur Durchführung dieser Bestimmung erforderlichen Rechtsgeschäfte, Schriften und Amtshandlungen sind von den bundesgesetzlich gere­gelten Abgaben und den Bundesverwaltungsabgaben sowie den im Gerichtsgebühren­gesetz, BGBl. Nr. 501/1984, geregelten Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren be­freit.““

*****

Wir bringen den Antrag ein, um die Insolvenz der AeW, unserer Wertpapieraufsicht, zu verhindern und damit die Wertpapierdienstleistung in Österreich weiter zu ermöglichen.

Wir bringen ihn heute ein, weil im Prinzip erst heute ein Entschließungsantrag gemein­sam mit der SPÖ ausverhandelt wurde, der verhindern soll, dass solche Zahlungen in Zu-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 285

kunft wieder durchgeführt werden oder anfallen können. Gemeinsam mit dem Entschlie­ßungsantrag ersuche ich um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.46


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernah­megesetz geändert werden (1186 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberich­tes (1246 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (1186 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bör­segesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernahmegesetz geändert werden geändert werden, in der Fassung des Aus­schussberichtes (1246 d.B.), wird wie folgt geändert:

Art. 2 (Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007) wird wie folgt geändert:

1. Folgende Z 5 wird angefügt:

„5. In § 103 wird nach Z 8a folgende Z 8b eingefügt:

„8b. (zu § 76 Abs. 3):

Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Finanzjahr 2016 an die Anlegerent­schädigung von Wertpapierfirmen GmbH (AeW) einen Beitrag in Form einer Zahlung in Höhe von bis zu 148.400.362,-- Euro (in Worten: einhundertachtundvierzigmillionen­vierhunderttausenddreihundertzweiundsechzig Euro) zu leisten, die ausschließlich dem Zweck dient, die AeW in die Lage zu versetzen, in dem zufolge der Insolvenzen der AvW Invest AG zu 41 S 64/10z des Landesgerichtes Klagenfurt und der AvW Gruppe AG zu 41 S 65/10x des Landesgerichtes Klagenfurt eingetretenen Entschädigungsfall berechtigte Anlegerforderungen gegen die AeW gemäß den §§ 75 ff. zu befriedigen. Die näheren Voraussetzungen und Bedingungen für die Leistung des Beitrags sind in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und der AeW zu regeln. In dieser Vereinbarung ist ins­besondere vorzusehen, dass die AeW auf sie aufgrund der Entschädigungsleistungen übergangene Ansprüche der Anleger gegen Dritte in einem der Zahlung des Bundes entsprechenden Ausmaß an den Bund abtritt. Weiters sind in der Vereinbarung Kon­trollrechte des Bundes und Nachweispflichten der AeW in Bezug auf die Mittelauf­bringung für die Entschädigungsleistungen und die widmungsgemäße Verwendung des Beitrags des Bundes vorzusehen. Die zur Durchführung dieser Bestimmung erforderli­chen Rechtsgeschäfte, Schriften und Amtshandlungen sind von den bundesgesetzlich ge­regelten Abgaben und den Bundesverwaltungsabgaben sowie den im Gerichtsgebühren­gesetz, BGBl. Nr. 501/1984, geregelten Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit.““

Begründung

Zu Art. 2 (Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007):


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 286

Zu § 103 Z 8b:

Nach Eröffnung der Insolvenzverfahren über die Vermögen der AvW Invest AG, 41 S 64/10z des Landesgerichtes Klagenfurt, und der AvW Gruppe AG, 41 S 65/10x des Lan­desgerichtes Klagenfurt, haben geschädigte Anleger bei der gemäß der §§ 75 ff. Wert­papieraufsichtsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 60/2007, eingerichteten Entschädigungseinrich­tung, der Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH (AeW), Kapitalforderun­gen in der Höhe von 119.901.670,53 Euro angemeldet. Die AeW hat zur Klärung der Frage, ob in der Causa „AvW“ Entschädigungen gemäß §§ 75 ff WAG 2007 zu zahlen sind, mit den Rechtsvertretern der Anleger – zur Vermeidung von kostenintensiven Mas­senverfahren – vereinbart, für die jeweiligen Fallgruppen Musterprozesse zu führen. Nun­mehr liegen in den wesentlichen Fallgruppen rechtskräftige Entscheidungen des Obers­ten Gerichtshofes vor, die die AeW zu Entschädigungsleistungen verurteilt. Die AeW be­absichtigt nun in gleichgelagerten Anspruchsfällen Forderungen im Maximalbetrag von 119.901.670,53 Euro zuzüglich 4% Zinsen p.A. ab 5.11.2011 anzuerkennen, per 30.6.
2016 ergibt dies Zinsen von 33.271.380,23 Euro.

Die Entschädigungsverpflichtung der AeW von 153.173.050,76 Euro übersteigt die Leis­tungsfähigkeit der AeW bei Weitem. Es ist nicht anzunehmen, dass die AeW auch nur die Zinsen eines allenfalls aufzunehmenden Bankdarlehens in einem absehbaren Zeit­raum bedienen wird können, da – entgegen den Annahmen in Umsetzung der Anleger­entschädigungs-Richtlinie (97/9/EG) – das basierende System der Anlegerentschädi­gung durch den OGH in unerwarteter Weise so ausgelegt wurde, dass Schadensfälle gedeckt sind, die von der ursprünglichen Intention des Entschädigungssystems nicht er­fasst waren. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Entschädigungssystems ist aus­geschöpft, obwohl die Mitglieder der AeW bereits ex ante und ex post Beiträge im höchst­möglichen Ausmaß geleistet haben bzw. zur Leistung aufgefordert wurden. § 76 Abs. 3 WAG 2007 sieht die Möglichkeit einer Haftungsübernahme durch den Bund vor, aller­dings würde wegen der die Leistungsfähigkeit des Systems weit übersteigende Scha­denshöhe die Haftung jedenfalls schlagend werden und ist daher ein (bundbesichertes) Darlehen von vorneherein kein geeignetes ökonomisches Instrument zur Problemlö­sung.

Die näheren Voraussetzungen und Bedingungen für die Leistung des Beitrags sind in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und der AeW zu regeln. In dieser Vereinba­rung ist insbesondere vorzusehen, dass die AeW auf sie aufgrund der Entschädigungs­leistungen übergangene Ansprüche der Anleger gegen Dritte in einem der Zahlung des Bundes entsprechenden Ausmaß an den Bund abtritt. Weiters sind in der Vereinba­rung Kontrollrechte des Bundes und Nachweispflichten der AeW in Bezug auf die Mit­telaufbringung für die Entschädigungsleistungen und die widmungsgemäße Verwendung des Beitrags des Bundes vorzusehen. Da der Beitrag des Bundes im Interesse des Kapitalmarktes, somit im öffentlichen Interesse, geleistet wird, ist die Gebührenbefrei­ung sachlich gerechtfertigt und geboten.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. – Bitte. (Abg. Kogler: Das war jetzt mit einer derartigen Empathie vorgetragen, dass man glauben müsste, der Steuerzahler zahlt …!)

 


21.46.55

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Der Antrag, der ja durch die Regierungsvorlage auch schon der Öffentlichkeit und allen bekannt ist, ist nun einge­bracht worden. Es gibt dazu noch einen begleitenden Entschließungsantrag, den ich hier­mit einbringe (Abg. Kogler: Ja, für die Galerie!):


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 287

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des gesetzlichen Rahmens der Anlegerentschädigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat unter Berücksich­tigung der unionsrechtlichen Vorgaben bis 30.9.2016 eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit der sichergestellt ist, dass in Zukunft Werteverluste einer Anlage nicht mehr An­wendungsfälle der Anlegerentschädigung werden und gegebenenfalls Anwendungsfäl­le der Anlegerentschädigung ohne finanzielle Zuschüsse der öffentlichen Hand von die­ser selbst getragen werden können. Die Ausgestaltung des allfälligen Ausbaues des Sicherungskreises (wie im ESAEG, BGBl. 117/2015 vorgesehen) der Finanzdienstleis­tungsbranche ist dabei ebenfalls zu evaluieren.“

*****

Worum geht es? – Es geht darum, dass ein Gericht beschlossen hat, dass aus der An­legerentschädigung über 150 Millionen € an Anleger für Verluste zu ersetzen sind. Und das ist etwas, was nie intendiert war, weder von der Europäischen Richtlinie noch vom nationalen Gesetzgeber. Aber ein Gerichtsurteil ist ein Gerichtsurteil und muss befolgt werden.

Die hier im Hohen Haus in den Neunzigerjahren beschlossene Anlegerentschädigung ist nicht dafür konzipiert, derartige Fälle zu tragen, weil sie auch nicht vorgesehen sind. Das, was nun passiert ist, nämlich dass der Steuerzahler einspringt, dieses Gerichtsur­teil bezahlt und dort 148 Millionen € zahlen muss, ist alles andere, als irgendjemand hier will, aber ein Gerichtsurteil zwingt uns dazu, das zu tun.

Im Entschließungsantrag geht es darum, sicherzustellen, dass derartige Fälle sich nicht mehr wiederholen. Ich glaube, es sind sich alle Abgeordneten hier darin einig, dass man einerseits Gerichtsurteile respektieren muss, aber andererseits auch dafür sorgen muss, dass ein Gericht nicht wieder urteilen kann, dass der Steuerzahler für Anlegerverluste zahlt.

Da gibt es verschiedene Varianten, die in diesem Entschließungsantrag aufgezählt sind – sicher nicht abschließend. Das Erste ist, gesetzlich klarzustellen – wie es auch andere Länder haben –, dass derartige Fälle jedenfalls niemals der Anlegerentschädigung zu­gerechnet werden können. Das Zweite ist, zu schauen, dass diese Anlegerentschädi­gung besser dotiert ist, entweder indem die, die bereits einzahlen, zum Beispiel mehr einzahlen müssen, oder indem man den Einzahlungsteil erweitert, weil ja auch andere WPDLUs Wertpapiere vermitteln oder Wertpapiere verkaufen. Das sind verschiedene Va­rianten, die im Entschließungsantrag aufgezählt sind.

Da gibt es eine Reihe von Sachen, die geprüft werden müssen – europarechtliche Kon­formität, das hat sehr viel mit Anlegerentschädigungsrichtlinien zu tun, mit anderen Richt­linien –, was momentan in der Kürze nicht möglich war.

Es gibt diesbezüglich vernünftige Gespräche mit dem Finanzminister und dem Finanz­ministerium, dass wir ehebaldigst zu einer Lösung kommen, weil keiner hier in diesem Haus an und für sich einsieht, dass das zu zahlen ist. Wir leben aber in einem Rechts­staat, wo man sich an Urteile von Gerichten, auch wenn sie einem nicht passen, ein­fach halten muss.

Das ist also der inhaltliche Zweck sowohl jenes Antrages, den Kollege Groiß gerade ver­lesen hat – der ja ohnehin durch die Regierungsvorlage bekannt ist –, als auch dieses


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 288

Entschließungsantrages. Ich ersuche um Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.50


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer und Kollegen betreffend Evaluie­rung des gesetzlichen Rahmens der Anlegerentschädigung

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 15 über den Bericht des Fi­nanzausschusses über die Regierungsvorlage (1186 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Übernahmegesetz geändert werden (1246 d.B.)

Der nationale gesetzliche Rahmen für die Entschädigung von Anlegern basiert auf der Umsetzung der Richtlinie 97/9/EG über Systeme für die Entschädigung der Anleger und findet sich für den Bereich Wertpapierfirmen im Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) sowie für den Bereich Kreditinstitute im Einlagensicherungs- und Anleger­entschädigungsgesetz (ESAEG).

Auf Basis der Bestimmungen zur Anlegerentschädigung im WAG 2007 hat der OGH im mehreren Entscheidungen unerwartet entschieden, dass die gesetzliche Entschädigungs­einrichtung für Wertpapierfirmen unter bestimmten Voraussetzungen für den Wertver­lust von Wertpapieren aufkommen muss, obwohl die Wertpapierfirma dem Kunden auf­trags- bzw. vertragsgemäß die Verfügungsmacht über die vom Kunden gewünschten Wertpapiere verschafft hat.

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten werden durch diese Auslegung der Bestim­mungen zur Anlegerentschädigung im WAG 2007 aber Fälle durch die gesetzliche An­legerentschädigung gedeckt, die vom Schutzzweck der Richtlinie 97/9/EG sowie der auf dieser Richtlinie basierenden nationalen Umsetzung nicht erfasst sein sollten. Völ­lig bewusst getätigte Investitionen eines Anlegers in eine Wertpapierfirma selbst, etwa durch den Erwerb von Aktien oder Anleihen der Wertpapierfirma, oder derartige Inves­titionen bei anderen Unternehmen, die vom OGH aufgrund der Begleitumstände eben­falls als Investitionen in eine Wertpapierfirma ausgelegt werden, sollten im Falle eines Konkurses der betroffenen Wertpapierfirma – soweit dies in Übereinstimmung mit dem geltenden Unionsrecht im nationalen Recht klarstellbar ist – nicht zu einer Entschädi­gung des Anlegers auf Basis der gesetzlichen Anlegerentschädigung führen, wenn das der Investition zugrunde liegende Wertpapier dem Kunden nach wie vor zur Verfügung steht. Eine Besserstellung („Garantie“) bei solchen Investitionen im Vergleich mit gleich­artigen Investitionen bei anderen Arten von Unternehmen, bei denen es im Konkursfall zu keinem Ersatz des vom Investor eingesetzten Kapitals kommt, war durch die Richt­linie 97/7/EG nie intendiert.

Bei unverändertem Fortbestand der durch den OGH im Wege der Auslegung festge­setzten Rechtslage stünde zu befürchten, dass eine nachhaltiges System der Anleger­entschädigung, wie dies unionsrechtlich vorgesehen ist, für Österreich bzw. die öster­reichischen Wertpapierfirmen und Anleger verunmöglicht würde. Es sind nämlich nach der Intention des WAG nicht Anlageverluste mit der Sicherungseinrichtung abzusichern, sondern, da das Wertpapierunternehmen keine Kundengelder annehmen und veranla­gen sondern lediglich beraten darf, Forderungen an das Wertpapierunternehmen auf Herausgabe der vom Kunden gezeichneten und in dessen Eigentum stehenden Wert-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 289

papiere. Weiteres zeigt die Notwendigkeit des enormen Finanzierungsbeitrages der öf­fentlichen Hand mit der Novelle des WAG, dass ein einzelner Sicherungsfall die finan­ziellen Möglichkeiten der Sicherungseinrichtung bei weitem übersteigt. Es müssen da­her Möglichkeiten gefunden werden, die einen ausreichenden Kapitalstock der Siche­rungseinrichtung sicherstellen, dies könnte durch höhere Beiträge oder eine breitere Fi­nanzierungsbasis erreicht werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat unter Berücksich­tigung der unionsrechtlichen Vorgaben bis 30.9.2016 eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit der sichergestellt ist, dass in Zukunft Wertverluste einer Anlage nicht mehr Anwen­dungsfälle der Anlegerentschädigung werden und gegebenenfalls Anwendungsfälle der Anlegerentschädigung ohne finanzielle Zuschüsse der öffentlichen Hand von dieser selbst getragen werden können. Die Ausgestaltung des allfälligen Ausbaus des Siche­rungskreises (wie im ESAEG, BGBl. 117/2015 vorgesehen) der Finanzdienstleistungs­branche ist dabei ebenfalls zu evaluieren.“

*****

21.50.52

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme. (Abg. Brosz: Zur Geschäftsbehandlung, bitte!) – Herr Abgeordneter, ich bin im Abstimmungsverfahren. (Abg. Brosz: Sie haben das Croquis in der Rede von Herrn Kollegen Krainer vorgelegt! Das ist …! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Herr Ab­geordneter, ich bin im Abstimmungsvorgang. Ich habe die Debatte geschlossen. Wir sind in der Abstimmung.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Invest­mentfondsgesetz und das Übernahmegesetz geändert werden, in 1246 der Beilagen. (Abg. Kogler: Das wird ja immer schrecklicher! Undemokratischer Laden!)

Hiezu liegt ein Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und dann über den Ge­setzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen. (Abg. Kogler: Ja, genau vor zwei Minuten, und es geht um 150 Millionen € – nur für das Protokoll!)

Die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 5 in Artikel 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein zustimmen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Ein­gang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 290

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des gesetzlichen Rahmens der Anlegerentschädigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 161.) (Zwischenrufe der Abgeordneten Kogler und Brosz. – Ruf bei der ÖVP: Keine Zwischenrufe! – Zwi­schenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das SFT-Vollzugsgesetz erlassen wird und das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Alternative Investment­fonds Manager-Gesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorge­gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1174 der Beilagen. (Abg. Kogler: Es soll zumindest theoretisch die Möglichkeit bestehen, dass man weiß, worüber man abstimmt! – Zwischenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

21.54.27Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 12 und 13

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur verlegten Abstimmung über die Ta­gesordnungspunkte 12 und 13, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betref­fend EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 in 1243 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen, ein Abänderungsantrag der Abgeordne­ten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen, ein Abänderungsantrag der Abgeord­neten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Verlangen auf getrennte Ab­stimmung des Abgeordneten MMag. DDr. Fuchs vor.

Ich lasse zunächst über die von den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag betreffend Artikel 1 §§ 11 bis 17 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffern 3a bis 3c in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 291

Die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben weiters ei­nen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 9 in Artikel 3 eingebracht.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 3 bis 5 in Artikel 10 zum Inhalt hat.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der die Streichung folgender Ziffern in Artikel 10 beinhaltet (Zwischen­rufe der Abgeordneten Kogler und Loacker) – wir sind im Abstimmungsvorgang, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! –: Ziffer 3, Ziffer 12 lit. b und c in Ziffer 4 sowie Ziffer 62 in Ziffer 5.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag betreffend Artikel 10 Ziffer 4 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (Abg. Kogler: Mit dieser Regierung ist kein Staat zu machen!)

Wir kommen sogleich zur getrennten Abstimmung über Artikel 10 Ziffer 3 sowie Zif­fer 61 in Ziffer 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein zustimmen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ar­tikels 10 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 11 Ziffern 3 bis 7 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag betreffend Artikel 12 eingebracht.

Wer für diesen ist, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 292

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Transparenz ge­gen Steuerdumping.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag die Zustimmung ge­ben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Registrierkassen Storno­gebühr“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Privile­gien für politische Parteien und Vorfeldorganisationen“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1244 der Beilagen.

Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschlacken der Gewerbeordnung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

22.01.2917. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1149 d.B.): Verein­barung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über zivilrechtliche Bestimmungen betref­fend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird (3. Grundstücksverkehr-Än­derungsvereinbarung – 3. GruVe-ÄVE) (1225 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Brandstetter.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter … (Abg. Brosz: Zur Geschäftsbehand­lung!)

Entschuldigung, Herr Abgeordneter! Mir liegt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehand­lung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 293

22.02.05

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte das fürs Protokoll festhalten und Anregungen für die nächste Präsidiale machen: Wir haben beim letzten Tagesordnungspunkt, TOP 15, das Croquis sowohl für den Tagesordnungs­punkt 15 als auch für die verlegte Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 12 während der letzten Rede bekommen, nämlich während der Rede des Abgeordneten Krainer. Das sind zehn Seiten Croquis bei einer Rede, die mit 2 Minuten Redezeit angesetzt war.

Sofort, als wir das Croquis übermittelt bekommen haben, habe ich vermeldet, dass es unmöglich ist, innerhalb von 2 Minuten zehn Seiten Croquis so zu überprüfen, dass der Abstimmungsvorgang regulär durchgeführt werden kann. Ich habe es oben am Präsi­dium vermerkt und gesagt, dass das nicht möglich ist. Bislang war es so – und das sieht auch die Geschäftsordnung vor –, dass Sie als Präsidentin dafür zu sorgen haben, dass die Abstimmung so stattfinden kann, dass diese Vorprüfungen der Croquis möglich sind.

Es war bislang so – ich bin jetzt, glaube ich, seit 16 Jahre hier im Haus –, dass es je­des Mal, wenn wir am Präsidium vermerkt haben, dass es nicht möglich ist, das in die­ser Zeit zu überprüfen, zu einer Verlegung der Abstimmung gekommen ist. Ich halte fest: Trotz einer klaren Anmerkung hat das nicht stattgefunden. Wir haben hier jetzt ei­ne Abstimmung durchgeführt, wobei ich überzeugt bin, dass der Großteil der Abgeord­neten keine Möglichkeit hatte, dieses Croquis mit zehn Seiten, mit Abänderungsanträ­gen in der Vorbereitung innerhalb von 2 Minuten zu überprüfen.

Ich halte einen solchen Zustand für des österreichischen Parlaments und der Demo­kratie unwürdig und ersuche Sie, in Zukunft dafür zu sorgen, dass Sie, wenn solche Cro­quis bei der letzten Rede zu einem TOP verteilt werden und es eine Anmerkung von Fraktionen gibt, dass wir mehr Zeit brauchen, dem so wie in der Vergangenheit nach­kommen. Die Sitzung ist dann entweder zu unterbrechen – das ist nämlich die Regel der Geschäftsordnung – oder die Abstimmung nach den nächsten Tagesordnungspunkt zu verlegen. – Danke. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.03


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt jetzt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Klubobmann Mag. Schieder vor. – Bitte. (Abg. Kogler: Murks-Parlament statt Arbeitsparlament!)

 


22.04.01

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Ich möchte auch auf die Debatte eingehen, denn erstens wird das Croquis an die Ordner verteilt und nicht an die Abgeordneten, daher: Zu behaup­ten, die Abgeordneten hätten es nicht durchsehen können, schon allein das entspricht nicht ganz dem Ablauf. (Abg. Kogler: Noch schlimmer!)

Zweitens ist es unserer Ordnerin durchaus möglich gewesen, das durchzuarbeiten, und auch uns Abgeordneten. Ich möchte nicht, dass ein Abgeordneter hier in der Geschäfts­ordnungsdebatte unterstellt, Abgeordnete würden nicht wissen, was sie abstimmen. (Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Das weise ich aufs Schärfste zurück. Es war uns in jedem Moment immer klar. (Abg. Brosz: Das ist wirklich ein Witz!)

Und ich würde auch bitten, wenn man schon von der Würde des Hauses redet, sowohl ohne Kopfhörer zu sein als auch nicht während der Abstimmung die Zeitung zu lesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


22.04.50

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich fühle mich als Ordner jetzt auch angespro-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 294

chen. Ich möchte das, was Kollege Brosz gesagt hat – das ist eine seltene Einigkeit –, zu hundert Prozent unterstützen und unterschreiben.

Sehr geehrter Herr Klubobmann Schieder, Sie können das jetzt teilweise ins Lächerli­che ziehen, Faktum ist, dass das eine Art der Vorgehensweise der Regierung ist. (Abg. Schieder: Ich habe es nicht als lächerlich gesehen! Mir war es ernst!) Da wäre es ehr­licher, Sie machen einen Ministerrat, dann sparen wir uns das ganze Parlament, denn es ist faktisch unmöglich, sich darauf vorzubereiten.

Wir beschließen hier Bundesgesetze. Sie reden von einer neuen Kultur des Miteinan­ders im Parlamentarismus. – Das war jetzt ein Musterbeispiel, ein Lehrbeispiel dafür, wie wertvoll Ihnen der Parlamentarismus ist, nämlich auch Ihre Replik auf das, was Kol­lege Brosz gerade gesagt hat. (Abg. Schieder: Aber wertvoller als Ihrem Klubobmann! Ich bin da, Ihr Klubobmann nicht!)

Also noch einmal: Auch aus unserer Sicht ist das eine Missachtung des Parlamenta­rismus. (Abg. Schieder: Sie haben ja keine Ahnung!) Und wenn Sie Ministerratsbe­schlüsse machen wollen, dann machen Sie das, aber dann können wir uns das alles sparen. Wir beschließen hier Bundesgesetze mit Auswirkungen – Kollege Kogler hat es gesagt, 150 Millionen € –, und Sie erwarten von uns, dass wir den Sachverhalt in einer hal­ben Minute beurteilen. Das ist unmöglich. (Beifall bei FPÖ, Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

22.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


22.06.18

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Abgesehen davon, dass ich die Beiträge des Kollegen Kassegger und des Kol­legen Brosz zu hundert Prozent unterstreichen will, weil es de facto wirklich unmöglich war, das in der kurzen Zeit durchzulesen (Abg. Glawischnig-Piesczek – in Richtung Prä­sidium –: Was ist das Problem? Warum kann man das nicht kurz unterbrechen?), ist na­türlich das Argument von Klubobmann Schieder insofern nicht nachvollziehbar und nicht richtig, als es für eine Regierungspartei weitaus einfacher ist, eine entsprechende Ab­stimmung zu organisieren, weil alles, was von der Opposition kommt, wie wir wissen, in diesem Hohen Haus grundsätzlich abgelehnt wird.

Insofern ist es sehr einfach für eine Regierungspartei, in kurzer Zeit auch solche um­fassenden Croquis so durchzulesen und durchzuarbeiten, dass man weiß, wie man ab­stimmt. Es ist für eine Oppositionspartei de facto unmöglich, das auch in so kurzer Zeit entsprechend zu machen. (Beifall bei NEOS, Grünen und FPÖ. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Was ist wirklich das Problem? …!)

22.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


22.07.11

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf für unsere Fraktion festhalten, dass wir die Vorgangsweise der Präsidentin für absolut kor­rekt halten. Aber wir sind gerne bereit, das in der Präsidiale zu diskutieren. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

22.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


22.07.29

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung)|: Was ich nicht ganz verstehe, ist, warum Sie sich so dagegen wehren, dass man einfach mehr


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Zeit einräumt. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Ein paar Minuten!) Es wäre ganz einfach gewesen, den Abstimmungsvorgang noch einmal zu verschieben, dann hätten wir uns in Ruhe vorbereiten können. Wir haben jetzt leider eine Situation vorgefunden, in der wir auch ablehnen mussten, weil wir nicht sicher waren, was da tatsächlich vorliegt. Und das ist einfach schade.

Ich weiß nicht, warum Sie sich so dagegen wehren, dass man hier sagt, okay, das war ein Fehler (Abg. Fekter: Es war kein Fehler!) und beim nächsten Mal gibt man einfach mehr Zeit, denn das ist, glaube ich, das, was wir wollen, nämlich eine gewisse Zeit, um das auch entsprechend beurteilen zu können. Ich denke, das wäre das Normalste der Welt.

Ich würde Sie bitten, dass Sie das möglicherweise beim nächsten Mal anders ma­chen. – Vielen Dank. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

22.08


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mir liegt jetzt zur Geschäftsbehandlung keine Wortmeldung mehr vor.

Der Abstimmungsvorgang war zu dem Zeitpunkt, als der Einwand gekommen ist, im Gan­ge. (Abg. Brosz: Nein! Ich war oben! Ich war bei Ihnen oben! – Abg. Glawischnig-Pies­czek: Wenn eine Fraktion sagt, sie hat ein Problem, dann ist darauf einzugehen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens: Der Großteil dieser Abstimmungen wa­ren verschobene Abstimmungen, weil dieser Einwand richtig ist (Abg. Brosz: Aber … vor­gekommen!), weil es eine richtige Feststellung ist, dass die Croquis rechtzeitig an die Frak­tionen zu verteilen sind.

Ich habe mich bei den zuständigen Bediensteten auch noch versichert, nachdem die­ser Einwand hier am Präsidium vorgebracht worden war, und mir wurde mitgeteilt, dass die Croquis rechtzeitig an alle Fraktionen verteilt wurden. (Abg. Brosz: Was ist „recht­zeitig“? – Abg. Glawischnig-Piesczek: „Rechtzeitig“ ist eine halbe Minute? – Abg. Brosz: Ich bin mit dem Croquis sofort raufgegangen!) Es ist für mich aber selbstverständlich, dass ich das auf die Tagesordnung der nächsten Präsidialkonferenz setzen werde und wir diesen Vorgang in der Präsidialkonferenz besprechen werden.

*****

Damit gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Vetter zu Wort. Sie haben 4 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


22.09.29

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Da sich Spannung und Konzentration derzeit wegen einer Geschäftsordnungsdebatte auf einem Höhepunkt befinden, lade ich Sie herzlich ein, zu dieser späten Stunde und zu Beginn der zweiten Hälfte des EURO-Spiels mit mir in Grundstücksangelegenheiten ei­ne kleine Denksportaufgabe nachzuvollziehen.

Es geht, meine Damen und Herren, um den Abschluss einer Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über zi­vilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird. Diese Bestimmung ist aus mehreren Gründen zu novellieren. Zunächst einmal stimmt schon der Titel dieser Vereinbarung nicht, meine Damen und Herren, denn seit diese Ver­einbarung besteht, seit Mitte der neunziger Jahre, ist sie auch auf landwirtschaftliche Grundstücke angewendet worden, sodass auch der Titel bereits geändert wird.

Worum geht es? – Wir haben auf der einen Seite eine Bundeszuständigkeit für die Jus­tiz, damit für die Gerichtsbarkeit und damit für die Grundbücher und Grundbuchsge-


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richte. Auf der anderen Seite sind die Länder, sind die Bundesländer für den Grundver­kehr zuständig, daher haben wir in unserem Land neun verschiedene Grundverkehrs­gesetze. Um da eine Harmonisierung herbeizuführen, haben der Bund und die Länder vor mehr als 20 Jahren eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG geschlossen. Nun ist eine Besonderheit dazugekommen, nämlich neben den beiden Ebenen, die ich be­reits erwähnt habe, die europäische Ebene.

Seit 17. August 2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft, die uns, um es neudeutsch zu sagen, vor Herausforderungen stellt. Diese Herausforderung lautet, dass auch Gerichte und Behörden in EU-Staaten, außerhalb Österreichs, die Erbfolge anord­nen können, also bestimmen können, wer in Österreich ein Grundstück erbt.

Sie wissen, dass wir sehr strenge Grundbuchsvorschriften haben, dass man sehr ge­naue Anträge stellen muss, und wenn man das nicht wirklich ganz genau macht, wird man als Eigentümer nicht eingetragen. Daher ist es sozusagen schon eine Herausfor­derung, wenn jemand mit einem ausländischen Dokument kommt, vielleicht in einer an­deren Sprache, dass man genau erkennt, wie man das einträgt. Es gibt ja schon ein Übersetzungsproblem: Was ist eine Einlagezahl, was ist die Katastralgemeinde, was ist das Grundbuchsgericht? – Das muss ja alles drinnen stehen.

Es gibt viele Länder, die vielleicht nur eine Urkunde ausstellen, in welcher der Erbe ge­nannt ist, sodass diese Vereinbarung an und für sich nicht verbücherungsfähig wäre. Wenn die Verbücherung nicht erfolgt, kann es im Extremfall zur Versteigerung kommen. Nun sieht diese Vereinbarung einen Kurator vor, sprich, es soll ein Anwalt oder ein No­tar bestellt werden, der sich dann um diese Eintragung kümmert.

In der Praxis ist das sicher eine gute Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass auch die ent­sprechenden Urkunden ausgestellt werden und die Verbücherung erfolgt. Ob es wirk­lich – wie es vom Gesetzgeber intendiert war – billiger wird, wenn man das auf diese Weise macht, das weiß ich nicht. Es ist fast zu empfehlen, dass ein EU-Ausländer mit österreichischem Grundstücksbesitz, bevor er stirbt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich nimmt, damit das Verlassenschaftsverfahren in Österreich abgewickelt wird.

Jedenfalls ist diese Vereinbarung ein erster Schritt, denn nachher müssen ja die Grund­verkehrsgesetze angepasst werden, damit wir hier zu einer praktikablen Lösung kom­men, und daher ersuche ich Sie, dieser Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zuzu­stimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


22.14.01

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zur Artikel-15a-Vereinbarung, zum Verkehr mit Baugrundstücken etwas sage, möchte ich noch eine Überlegung zu den Entwicklungen am Immobiliensektor insgesamt voranschicken, der sich in letzter Zeit sehr dynamisch entwickelt hat. Ein Blick in den Immobilienmarktmonitor der Oesterreichischen Natio­nalbank zeigt auch, dass im letzten Jahr die Preisentwicklung sehr, sehr stark angezo­gen hat, sich also sehr deutlich beschleunigt hat. Wir hatten 2015 einen Durchschnitt von 5,1 Prozent.

Die Ursachen sind ein starkes Nachfrageplus durch wachsende Bevölkerung einerseits, andererseits durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, wodurch viel bil­liges Geld in Grund und Boden fließt. Wenn wir schauen, wer Eigentum an Grund und Boden, an Äckern erwirbt, so sind das nicht, wie wir annehmen könnten, überwiegend Bäuerinnen und Bauern, sondern sehr oft vermögende Kreise, vor allem aus akademisch gebildeten Zivilberufen. Das ist insgesamt eine unerfreuliche Entwicklung, weil aufgrund


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dieser konjunkturbedingten Entwicklung, das Geld in Grundstücke zu stecken, nicht im­mer gebaut wird. Daher ist es umso wichtiger, dass der Bund durch Initiativen wie WIEBE dafür sorgt, dass vorhandene Flächen für die Schaffung von Wohnraum zur Verfügung stehen.

Wichtig ist es auch, dass der Umgang mit Liegenschaften rechtlich transparent und ef­fizient abgewickelt wird. Das ist auch im europäischen Kontext zu sehen. In diesem Sin­ne stellt sich auch der heute vorliegende Beschluss dar, die Artikel-15a-Vereinbarung ist nämlich dahin gehend eine wesentliche Verbesserung.

Für die Überarbeitung dieser zivilrechtlichen Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken ist eine EU-Bestimmung ausschlaggebend gewesen; Kollege Vetter hat das ja schon ausführlich dargestellt. Es kann dadurch sein, dass im Todesfall dem Eigentümer eines österreichischen Grundstücks die Rechtsnachfolge von einem ande­ren Gericht nicht zuerkannt wird, ihm diese abgesprochen wird, weil es nicht in Öster­reich zuständig ist, weil Erbberechtigte woanders auch anders definiert werden. Daher muss auch das Erbrechts-Änderungsgesetz angepasst werden, muss mit dem Bund und den Ländern eine Vereinbarung getroffen werden. Da nun auch ausländische Erbfolge­bestimmungen greifen können sollen, wurde auch der Kreis potenzieller Erbberechtigter im Gesetz erweitert. Außerdem ist dafür gesorgt, dass nach einer angemessenen Frist auch verlässlich die Eintragung im Grundbuch erfolgt.

Insgesamt ist das also eine wesentliche Verbesserung. Ich bitte Sie um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

22.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort. – Bitte.

 


22.17.29

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt nicht ganz verstanden, was die wesentliche Verbesserung ist. Wir haben, glaube ich, hier ver­sucht, etwas abzufangen, was sehr unangenehm ist; insofern ist es vielleicht eine Ver­besserung, dass es dieses Gesetz gibt, aber ich möchte es kurz erklären.

Die EU-Erbrechtsverordnung ist der Hintergrund für diese Bestimmung, und die EU-Erbrechtsverordnung sieht eben vor, dass auch eine Nachlassregelung im Ausland im Inland gültig sein muss. Das heißt also, in Rumänien zum Beispiel wird eine Verlas­senschaft abgewickelt, die Leute haben aber Liegenschaftsbesitz in Österreich, und das Gericht – oder welche Behörde auch immer das in Rumänien ist – stellt ein Nach­lasszeugnis aus, und das gilt dann automatisch in Österreich.

Das klingt ja noch ganz verlockend, ist aber ein Riesenproblem und ein typisches Bei­spiel für falsch verstandene Vereinheitlichung auf europäischer Ebene. Das führt in Wirklichkeit zu einer Nivellierung, zu einer Verschlechterung, und zwar insbesondere zu einer Verschlechterung in Österreich, denn in Österreich gibt es das Grundbuch, auf das man hundertprozentig vertrauen kann, weil das geprüft wird, weil jeder Eintragung im Grundbuch eine sehr aufwendige Vorgangsweise vorausgeht, das Grundbuchsge­richt das genau prüft und man daher darauf vertrauen kann, wer Eigentümer ist. Wir haben auf der anderen Seite ein Verlassenschaftsverfahren in Österreich, wo also ge­nau geprüft wird, wer Erbe ist, und dann wird den Erben das Eigentumsrecht zugespro­chen.

Jetzt wird das durchbrochen, weil eben zum Beispiel ein rumänisches – das nur als Bei­spiel – oder ein sonstiges anderes Gericht eines anderen Mitgliedstaats festlegt, wer der Erbe ist. Wie das dort abläuft, wissen wir nicht; das heißt, wir wissen es zum Teil


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schon, dass das jedenfalls dort in einer ganz anderen Art und Weise abläuft. Da kommt jemand mit der Sterbeurkunde, sagt, ich bin der Sohn, und dann bekommt er eine Be­stätigung, dass er der Erbe ist; ob es da noch drei andere Kinder gibt oder sonst etwas, wird unter Umständen nicht geprüft. Das ist dort halt so, das ist deren Philosophie, es so zu machen – kann man ja durchaus, jede Rechtsordnung ist ein bisschen anders –, aber das Ergebnis ist, er bekommt ein Nachlasszeugnis, und mit diesem Nachlasszeug­nis kann er dann zum österreichischen Grundbuchsgericht gehen und sagen, er möch­te da eingetragen werden.

Das durchbricht unser System. Das ist eine Verschlechterung, weil es eine Nivellierung ist. Das heißt also, das, was bei uns bis jetzt geregelt war und worauf man sich verlas­sen konnte, wird durchbrochen, weil eben andere Systeme zur Anwendung gebracht wer­den. Und das ist diese falsche Denkweise, dass man alles auf Teufel komm raus ver­einheitlichen muss, wodurch dann in Wirklichkeit im Ergebnis eine Verschlechterung ein­tritt.

Insofern hat Frau Kollegin Becher recht: Dieses Gesetz soll jetzt dazu dienen, dass man das Schlimmste abfängt, dass man jetzt jemanden im Inland einsetzt, der das dann so quasi übersetzt und wenigstens in eine Form zu bringen versucht, um es durchführbar zu machen. Das substanzielle, das materielle Problem bleibt aber trotzdem bestehen: dass unter Umständen nicht geprüft wurde, wer wirklich der Eigentümer oder wer wirk­lich der Erbe ist. Das heißt, ich habe unter Umständen nachher einen Streit, der dazu führt, dass das, was bei uns im Grundbuch steht, nicht stimmt und dann wieder geän­dert werden muss.

Also: Mit dieser EU-Erbrechtsverordnung und mit diesem Europäischen Nachlasszeug­nis hat man auf europäischer Ebene aus unserer Sicht, aus österreichischer Sicht wirk­lich etwas Schlechtes produziert. Wir machen jetzt das Beste daraus, deswegen wer­den wir diesem Gesetz auch zustimmen; aber man muss schon darauf hinweisen, dass das ein ganz schlechtes Beispiel dafür ist, wie unter dem Vorwand der Harmonisierung leider eine Nivellierung einsetzt. Das war nicht durchdacht, und das österreichische Sys­tem wird eben dadurch ein bisschen unterlaufen und die Situation in Österreich jeden­falls schlechter.

Aber, wie gesagt: Weil wir uns jetzt hier mit dem Gesetz bemühen, das Beste daraus zu machen, haben wir auch gesagt, wir stimmen dem zu. Man muss nur darauf hin­weisen, was damit in Wirklichkeit angerichtet wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

22.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


22.21.41

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Globalisierung sind wir gewohnt im Bereich des Handels, der Wirtschaft, der Kommunikation. Es passiert auch immer mehr im Sinne von erbrechtli­chen Folgen, indem über Grenzen hinweg geheiratet wird und über EU-Grenzen hin­weg dann auch vererbt werden kann. Insofern geht die EU mit dieser Erbrechtsverord­nung auf Gegebenheiten ein, die es logischerweise vor der Gründung der EU noch nicht gegeben hat. Die Bestimmungen hinsichtlich Vererbung von Grundstücken, die anders­wo in der EU liegen, sollen jetzt klarer geregelt werden.

Ich möchte auf die Artikel-15a-Vereinbarung eingehen, weil alles andere eh schon sehr detailreich erläutert worden ist. Ich möchte nur das kleine Detail erwähnen, dass der Landesgesetzgeber in seinem zivilrechtlichen Wirken im Hinblick auf die grundverkehrs­behördliche Beschränkung durchaus weniger streng sein kann, aber nicht strenger sein darf, als das die Artikel-15a-Vereinbarung vorsieht. Er kann also zum Beispiel festle-


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gen, dass auch Lebensgefährten als nahe Angehörige qualifiziert werden und dann von grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflichten ausgenommen werden können.

Trotz alledem ist das, was die EU da vorsieht, ein Beitrag zur Rechtssicherheit für EU-BürgerInnen ganz allgemein. Zumindest denjenigen, wahrscheinlich einem kleinen An­teil an EU-BürgerInnen, die Grundstücke zu vererben haben – das wird nicht die Mehr­heit sein –, kommt diese Rechtssicherheit auf jeden Fall entgegen. Ich würde mich freu­en, wenn die EU bei anderen Dingen auch so sensibel wäre und zum Beispiel bei der Frage von CETA, TTIP und anderen aktuellen Themen, die wir gerade diskutieren, auch so sehr die Bedürfnisse der Menschen respektieren würde. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


22.23.45

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir diesen Punkt auch sehr genau angesehen, weil er sehr interessant ist. In diesem Punkt geht es um eine Artikel-15a-Vereinbarung – das haben wir schon gehört – zwischen Bund und Län­dern über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Grundstücken. Kon­kret soll es um Klarstellungen für die von Ländern zu regelnden Verfahren, genauer ge­sagt: grundverkehrsrechtlichen Verfahren, im Sinne der EU-Verordnung gehen.

Wie in den Erläuterungen angemerkt ist, bestand in dieser Sache Handlungsbedarf – so steht es drinnen –, da nach den neuen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Fall ein­treten könnte – haben wir auch schon gehört –, „dass über die Rechtsnachfolge von To­des wegen nach dem Eigentümer eines österreichischen Grundstücks“ ein ausländisches Gericht entscheiden könnte oder „die Rechtsnachfolge (…) ohne gerichtliche Abhand­lung“ eintreten könnte.

Ich glaube, das wollen wir alle nicht, aber, meine Damen und Herren, ich habe auch Kol­legen Stefan sehr genau zugehört, mir das durchgelesen und mich auch mit einem Kol­legen von dir beraten; dieser hat mir gesagt: Ob damit eine eindeutige Klarstellung er­folgt, steht in den Sternen. – Danke schön.

22.25


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Ab­schluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungs­gesetz in 1149 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

22.25.4418. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1735/A der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2016, geändert wird (1226 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 18. Punkt der Tagesordnung.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte.

 


22.26.19

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Mitglieder dieses Hauses! Der zur Debatte stehende An­trag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung geändert werden soll, bezieht sich auf das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz. Ich darf das kurz einleitend erklären.

Im April dieses Jahres wurde in diesem Hause beschlossen, dass künftig die Staatsan­waltschaft ohne richterliche Bewilligung in das Kontenregister Einsicht nehmen darf, so­zusagen eine Abfrage betreffend den Bestand aller Konten eines Verdächtigen durch­führen kann. Dieses Kontenregister nimmt ab August den Betrieb auf. Gleichzeitig aber wurde den Kreditinstituten zur Übermittlung der notwendigen Daten – diese Datenbank ist natürlich zu füllen – eine Frist bis 30. September gesetzt. Es geht hier also darum, dass man diese Termine anpasst, denn eine Anfrage vor Oktober hätte natürlich keinen Sinn.

Wir Freiheitliche haben diesem Antrag, dass die Staatsanwaltschaft ohne richterliche Genehmigung Einsicht in das Kontenregister nehmen kann, auch im April nicht zuge­stimmt, weil wir da massive Bedenken haben, weil es einen schweren Eingriff in die Pri­vatsphäre, einen schweren Eingriff in die Grundrechte darstellt, wenn so etwas bereits aufgrund eines Verdächtigenstatus erfolgen kann; deswegen haben wir das auch im Ap­ril bereits abgelehnt. Es ist jetzt nur eine logische Konsequenz von uns, dass wir auch diese Anpassung, die auch der Systematik nicht entspricht, hier ablehnen, genau­so wie die Einsichtnahme der Staatsanwaltschaft in dieses Kontenregister ohne richterliche Ge­nehmigung. (Beifall bei der FPÖ.)

22.28


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Mag. Groiß. – Bitte.

 


22.28.26

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrte Präsidentin! Herr Minis­ter! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir haben hier einen Selbständigen Antrag der Kol­legen Steinacker und Jarolim vorliegen, in dem eine Anpassung vorgenommen wird: Die Wendung „1. August 2016“ wird durch die Wendung „1. Oktober 2016“ ersetzt und fol­gender Satz angefügt: „Für Auskünfte über eine vor dem 1. März 2015 bestehende Ge­schäftsverbindung mit einem Kredit- oder Finanzinstitut gelten weiterhin die §§ 109 Z 3 lit. a und 116 in der bis zum Ablauf des 30. September 2016 geltenden Fassung.“

Warum machen wir das? – Wir haben hier das Kontenregister- und Konteneinschau­gesetz beschlossen, gleichzeitig wurde eine Verordnung erlassen, in der den Kreditins­tituten für die vollständige Befüllung des Kontenregisters bis Ende September Zeit ge­geben wurde. Daher hat es erst ab 1. Oktober einen Sinn, die Daten abzufragen. In gu­ter Zusammenarbeit zwischen Finanz- und Justizressort ist dieser Antrag entsprechend abgestimmt worden.

Gleichzeitig ist aber wichtig, sicherzustellen, dass auch die alten Daten, die nicht in die­ses Kontenregister eingespeist werden, abgefragt werden können. Auch das wird durch den Zusatz sichergestellt.

Dieses Gesetzesvorhaben, diese kleine Änderung der Strafprozessordnung ist eine kon­sequente Umsetzung unserer bisherigen mit breiter Zustimmung beschlossenen Gesetz­gebung, und ich bitte daher um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.29



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 301

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


22.30.04

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir haben hier einen nicht formalen, aber inhaltlichen Vertagungsantrag zur Strafprozess­ordnung. Die Strafprozessordnung hat ja einige andere Aspekte auch noch beinhaltet, und ich darf nur sagen, dass wir für den Herbst hier auch noch einige Arbeit haben.

Wir wissen, dass wir im OECD-Ranking etwas nach hinten gefallen sind, und daher ist die nunmehrige Maßnahme mit dem Kontenregister sicherlich eine der ganz wesentli­chen Antworten. Eine weitere Antwort ist sicher auch die Kronzeugenregelung. Da dan­ke ich auch dem Herrn Bundesminister für diese internationale Überschau, diesen Rechts­vergleich mit jenen Ländern, in denen diese Maßnahmen sehr effizient durchgeführt wer­den.

Wir alle wissen, dass es bei sehr komplizierten Strukturen ein riesiger Vorteil ist, eine gute Lösung zu haben, eine gute Kronzeugenregelung zu haben, die mehr Rechtssicherheit als jetzt schafft. Insofern freue ich mich auch über die unüberhörbaren Rufe aus dem Justizministerium hinsichtlich einer Qualitätsverbesserung für den Herbst und sehe die­ser schon mit Interesse entgegen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


22.31.29

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Herr Minister! Wir haben das ja schon im Ausschuss besprochen, der Antrag ist ja relativ schmal und hat eigentlich nur einen formalen Inhalt. Spannender ist das, was wir heute nicht diskutieren, aber hätten diskutieren sollen – Kollege Jarolim hat es schon gesagt –: die Kronzeugenregelung, die Sie – und das meine ich jetzt durchaus positiv –, so wie es aussieht, nur bis Herbst verschoben haben.

Kurz hatte ich ja Sorge, dass Sie allen Ernstes die Kronzeugenregelung, ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Korruption und zur Erleichterung der Arbeit der Staatsan­waltschaft, auslaufen lassen. Die Signale, die jetzt kommen, gehen aber ohnedies wie­der in eine andere Richtung, nämlich dass die Kronzeugenregelung verlängert werden soll und dass es eine Debatte gibt, wie man die Kronzeugenregelung vielleicht sogar attraktivieren kann, damit sie doch in einigen Fällen mehr zur Anwendung kommt als bis­her. Es ist nämlich unbestritten, dass die Kronzeugenregelung der Staatsanwaltschaft das Leben erleichtert und in vielen Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft jetzt nicht voran­kommt, möglicherweise dazu führt, dass Korruptionsfälle gelöst werden können.

Ich sehe zwei Punkte, die ich Ihnen sozusagen über den Sommer mitgeben darf – viel­leicht sehen auch Sie ähnliche Punkte –, wo wir die Kronzeugenregelung stärken könn­ten:

Der erste Punkt ist der Rechtsstatus des Kronzeugen. Da braucht es eine sehr frühe rechtsverbindliche Zusage, damit der Status klar ist, und auch eine rechtliche Absiche­rung des Status. Das heißt, nur dann, wenn wesentliche Bedingungen nicht eingehal­ten wurden, kann allenfalls der Kronzeugenstatus entfallen, nur dann, wenn er seinen Status verliert, braucht es auch eine Überprüfung für den Kronzeugen, um Rechtssicher­heit zu erhalten.

Der zweite Punkt, der für Kronzeugen möglicherweise hinderlich ist, zu Kronzeugen zu werden, ist die Frage der Zivilrechtsansprüche. Wenn ich mir als Kronzeuge die straf­rechtliche Seite „erspare“ – unter Anführungszeichen –, weil ich an der Aufklärung mit-


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wirke, bleibt immer noch die zivilrechtliche Seite der Schadenersatzansprüche, und die ist für den potenziellen Kronzeugen oft mindestens genauso erdrückend wie die straf­rechtliche Seite. Auch da sollte man nachdenken, ob man den Kronzeugen privilegiert, aber nicht auf Kosten der Opfer und der Betroffenen, sondern möglicherweise jener Per­sonen, die dann im Rahmen des Strafverfahrens als Täter enttarnt werden. Die Idee ist, dass beispielsweise der Kronzeuge nur eine Ausfallshaftung übernimmt.

Wir werden das diskutieren. Ich bin jedenfalls froh, dass Sie im Herbst eine Kronzeu­genregelung vorlegen werden und wir dieses wichtige Instrument ausbauen und nicht ein­schlafen lassen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


22.34.19

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche jetzt zum Thema Kontenregister. Steuerflucht, Geldwä­sche und andere dubiose Praktiken der Geldverschleierung kosten uns in Europa jährlich unglaubliche geschätzte 1 000 Milliarden €. Ebenso unglaublich ist es, wenn man sich vor Augen führt, dass dies in Europa pro Kopf 2 000 € ausmacht – Geld, welches den eu­ropäischen Staaten dann für wertvolle Investitionen fehlt.

Ein vollständiges und effizientes Kontenregister ist daher unbedingt notwendig, dieses wird zu vereinfachten Kontenauskünften führen und Informationen über Geschäftsver­bindungen ab 1. März 2015 enthalten. Allerdings verschiebt sich die Anwendung des Kon­tenregister- und Konteneinschaugesetzes vom 1. August auf den 1. Oktober 2016. Das Kontenregister ist zwar schon ab August in Betrieb, aber die Kreditinstitute brauchen noch Zeit zur Vorbereitung der notwendigen Daten. Die Kreditinstitute haben die Initial­lieferung erst bis spätestens 30. September 2016 zu übermitteln. Sinnvolle Abfragen sind erst mit Abschluss der Initiallieferung möglich, die Staatsanwaltschaften werden da­her erst ab 1. Oktober 2016 die Möglichkeit haben, Einschau in das Kontenregister zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1226 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 1780/A(E) bis 1801/A(E) eingebracht worden sind.

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 303

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.37 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.37.04Schluss der Sitzung: 22.37 Uhr

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