Dezentralisierungsprozesse können z.B. aus einer juristischen, historischen, politischen oder wirtschaftlichen Perspektive betrachtet werden. In Österreich wird Dezentralisierung meist im Zusammenhang mit den Begriffen „Föderalismus“ und „Bundesstaat“ sowie Fragen der Verwaltungsorganisation (Verteilung der Verwaltungsbehörden über das Bundesgebiet) diskutiert (Siehe das Fachdossier „Wie steht es um die Dezentralisierung in Österreich?“). Öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur sollen – so die gängigen Überlegungen – für alle Bürger:innen in vergleichbarem Ausmaß zugänglich sein, um auf diese Weise die Kluft zwischen ländlichem Raum und urbanen Zentren zu minimieren. Doch wie werden ländlicher und städtischer Raum definiert?
Drei unterschiedliche Gliederungsmöglichkeiten für das österreichische Staatsgebiet zeigt etwa der STATatlas der Statistik Austria. Für die internationale Vergleichbarkeit stehen zwei Klassifikationen der Europäischen Kommission zur Verfügung: Einerseits gibt es die Stadt-Land Typologie. Sie beruht auf einem zweistufigen Verfahren, bei dem anhand der Bevölkerungsdichte auf 1km-Raster städtische und ländliche Gebiete auf NUTS 3-Ebene definiert werden (NUTS-Klassifikation = Systematik der EU für Gebietseinheiten für die Statistik). Andererseits gibt es eine Klassifikation, die den Grad der Urbanisierung feststellt, der auf der vorhin beschriebenen Stadt-Land Typologie aufbaut. Basierend auf der Bevölkerungsdichte auf 1km Raster werden drei Kategorien von Gemeinden unterschieden (dicht besiedelte Gebiete, Gebiete mittlerer Besiedlungsdichte, gering besiedelte Gebiete). Verwendet wird diese Typologie z. B. für Statistiken über Einkommen und Lebensbedingungen.
Die Urban-Rural-Typologie der Statistik Austria ist demgegenüber auf die spezifischen Gegebenheiten Österreichs auf nationaler Ebene ausgerichtet. Diese Typologie untergliedert den städtischen und ländlichen Raum anhand von u.a. strukturellen Merkmalen (z.B. Bevölkerung, Wirtschaft). Dicht besiedelte Gebiete werden auf Rasterebene abgegrenzt. Dadurch können urbane und regionale Zentren auf Gemeindeebene klassifiziert werden. Nach dieser Typologie gilt als „zentral“, wenn eine städtische Kernzone unter 30 Minuten erreichbar ist. Wie auf der folgenden Grafik ersichtlich gab es mit Stand September 2021 in Österreich sechs urbane Großzentren (rund um Graz, Innsbruck, Linz, Klagenfurt, Salzburg, Wien und im Rheintal).