Fachinfos - Fachdossiers 06.07.2020

Was sind 15a-Vereinbarungen?

Das Fachdossier beschäftigt sich mit Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG. Diese werden zwischen dem Bund und den Ländern beschlossen, damit der Bund Investitionen, welche an gewisse Bedingungen für die Länder geknüpft sind, tätigt. (06.07.2020)

Was sind 15a-Vereinbarungen?

„15a-Vereinbarungen“ werden seit der 24. Gesetzgebungsperiode (2008-2013) in zunehmendem Maße für gemeinsame Regelungen und abgestimmtes Vorgehen im Bundesstaat genutzt. Im Regierungsprogramm 2020-2024 wird die Verhandlung über mindestens sechs solcher Vereinbarungen (v.a. zum Klimaschutz) ebenso wie eine umfassende Reform und Ausweitung dieses Instruments auf die Gemeinden in Aussicht genommen.

Warum schließen Bund und Länder Verträge ab?

Als 15a-Vereinbarungen werden Verträge zwischen dem Bund und einem oder mehreren/allen Bundesländern bzw. Verträge der Länder untereinander bezeichnet. Eine weitere Bezeichnung ist „Gliedstaatsverträge“. Sie werden auf Grundlage von Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) abgeschlossen. Dieses Instrument wurde 1974 aufgrund langjähriger Forderungen der Bundesländer eingeführt. Davor konnten nur die Länder untereinander Vereinbarungen abschließen.

15a-Vereinbarungen sollen eine rechtsverbindliche, aber freiwillige Koordination zwischen dem Bund und den Ländern bzw. den Ländern untereinander ermöglichen. Sie bilden ein Element im System des kooperativen Föderalismus. Grundsätzlich sollen Bund und Länder ihre Aufgaben getrennt und unabhängig voneinander wahrnehmen. Dazu legt die Kompetenzverteilung die Zuständigkeiten für Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes und der Länder in den Art. 10 bis 15 B-VG sehr detailliert fest. Das führt in vielen Bereichen, z.B. bei Gesundheit, Umweltschutz oder Bildung dazu, dass Zuständigkeiten aufgeteilt sind und das Zusammenwirken vieler Stellen erforderlich wird.

Wer schließt 15a-Vereinbarungen ab?

15a-Vereinbarungen sind ein Instrument, das Bund und Länder als gleichberechtigte Partner vorsieht. Gemeinden und Städte können nicht Vertragspartnerinnen sein. Wenn sie einbezogen werden sollen, braucht es eine eigene verfassungsgesetzliche Grundlage. Eine solche ist bisher nur einmal, nämlich mit dem BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, geschaffen worden. So wurde der Abschluss einer gemeinsamen Vereinbarung von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen Stabilitätspakt möglich.

Mit dem Konsultationsmechanismus soll vor der Erlassung von rechtssetzenden Maßnahmen Einvernehmen über die Kostentragung hergestellt werden. Mit Stabilitätspakten verpflichten sich Bund, Länder und Gemeinden zur Abstimmung ihrer Haushalte.

Was kann Inhalt einer 15a-Vereinbarungen sein?

Nach dem Wortlaut von Art. 15a B-VG können der Bund und die Länder Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereichs abschließen. Da das B-VG die Kompetenzen von Bund und Ländern abschließend regelt, bedeutet das, dass grundsätzlich das gesamte staatliche Recht Gegenstand von 15a-Vereinbarungen sein kann. Sie können alle öffentlichen Aufgaben ebenso wie die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder regeln.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat jedoch festgestellt, dass mit solchen Vereinbarungen die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nicht geändert werden darf. Außerdem dürfen keine Regelungen geschaffen werden, aus denen unmittelbar Rechte und Pflichten der BürgerInnen oder Unternehmen folgen. Die Gründe dafür sind, dass Art. 15a B-VG (im Unterschied zu Staatsverträgen gemäß Art. 50 B-VG) keine Möglichkeit vorsieht, dass Vereinbarungen wie Gesetze oder Verordnungen wirksam werden können. Außerdem ist kein Rechtsschutz gegen solche Vereinbarungen vorgesehen, den BürgerInnen direkt beim VfGH geltend machen könnten.

Welche Rolle spielen National­rat, Bundes­rat und Landtage?

Die Verhandlung und der Abschluss von 15a-Vereinbarungen erfolgen durch VertreterInnen des Bundes und der Länder. Art. 15a B-VG nennt die Bundesregierung oder einzelne BundesministerInnen für den Bund. Wer die Länder vertritt, bestimmen diese selbst. Grundsätzlich sind es die Landeshauptleute. In Niederösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien braucht es zusätzlich einen Beschluss der Landesregierung.

15a-Vereinbarungen sind daher eine Angelegenheit der Regierungen. Das B-VG macht keine Vorgaben, wie die Verhandlungen zu führen sind, wer einzubinden ist, und inwieweit die Öffentlichkeit darüber informiert werden muss.

Wenn eine 15a-Vereinbarung die Gesetzgebung binden soll, muss der Abschluss vom Nationalrat und von den Landtagen der beteiligten Länder genehmigt werden. Das ist dann der Fall, wenn die Vereinbarung Angelegenheiten der Gesetzgebung, der Mitwirkungsrechte in EU-Fragen oder der parlamentarischen Kontrolle und des Budgetrechts betrifft. Die Genehmigung erfolgt im Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 3 B-VG, also wie bei Staatsverträgen mit anderen Staaten. Der Bundesrat kann Einspruch gegen einen solchen Beschluss erheben. Vergleichbare Regelungen gelten in den Landtagen.

Die Parlamente können nur für oder gegen den Abschluss der Vereinbarung stimmen. Sie sind weder in die Verhandlungen eingebunden, noch können sie das Verhandlungsergebnis inhaltlich abändern.

Eine inhaltliche Einflussnahme der Parlamente ist erst bei der Umsetzung der Vorgaben der 15a-Vereinbarung in Bundes- und Landesgesetzen möglich. Ihre (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten hängen davon ab, wie detailliert die Vorgaben der 15a-Vereinbarung sind (siehe etwa die sehr detaillierten Vorgaben in der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen, BGBl II 2009/251). Carmen Breitwieser hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass immer das Risiko besteht, dass Regierungen und Verwaltungen die Gesetzesinhalte unabdingbar vorgeben und auf diese Weise das demokratische und das gewaltenteilende Grundprinzip der Bundesverfassung unterlaufen. Im Gegensatz dazu können z.B. Regierungsvorlagen im Nationalrat jederzeit und in jeder Hinsicht verändert werden.

Wann werden 15a-Vereinbarungen wirksam?

Für alle Bund-Länder-Vereinbarungen über gesetzliche Regelungen gilt: Wenn alle Vertragspartner (oder unter Umständen eine festgelegte Mindestzahl) den Abschluss genehmigt und dem Bundeskanzleramt gemeldet haben, werden die 15a-Vereinbarungen kundgemacht und das Datum des In-Kraft-Tretens festgehalten. Damit sie wirksam werden können, ist dann noch jeweils die Umsetzung mit Bundes- bzw. Landesgesetz erforderlich. Auf Antrag der Bundesregierung oder einer Landesregierung kann der VfGH gemäß Art. 138a B-VG feststellen, ob alle Verpflichtungen aus der Vereinbarung erfüllt sind. Allerdings hat der VfGH dazu festgestellt: Wenn ein Gesetz, das zur Umsetzung der 15a-Vereinbarung erlassen wurde, diese verletzt, ist es nicht automatisch verfassungswidrig und aufzuheben (VfSlg. 20.177/2017).

Es ist auch möglich, dass 15a-Vereinbarungen rückwirkend in Kraft treten. Sie können auch nur für eine befristete Dauer gelten. Wenn sie nur zwischen (dem Bund und) einzelnen Länder abgeschlossen werden, können sie auch die Möglichkeit des späteren Beitritts weiterer Länder vorsehen.

Welche anderen Formen der Kooperation gibt es im Bundesstaat?

15a-Vereinbarungen sind nur eines von mehreren Instrumenten der Koordination im Bundesstaat. Zu den wichtigsten zählt der Finanzausgleich / PDF, 544 KB zwischen Bund und Ländern, der die Einhebung von Abgaben und die Verteilung der Erträge auf Bund, Länder und Gemeinden regelt. Seine Grundlage ist das Finanzausgleichsgesetz, das jeweils für einen befristeten Zeitraum (aktuell 2017-2021) beschlossen wird.

Bei der paktierten Gesetzgebung tritt ein Gesetz erst in Kraft, wenn Bund und Länder übereinstimmende Gesetzesbeschlüsse gefasst haben. Diese braucht es etwa bei Grenzänderungen innerhalb des Bundesgebiets.

Insbesondere Art. 23d B-VG regelt die Koordination zwischen Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union.