Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 23

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Minuten Redezeit zugeteilt werden. Das prägt auch fürs Leben, und ich möchte diese Lebensprägung zum Vorteil dieses Hauses hier zur Anwendung bringen. Ich glaube, daß es uns auch guttut, unsere Debatten zu straffen und aufs Wesentliche zu konzentrieren, auch und gerade dort, wo eine breite Auseinandersetzung durchaus erforderlich ist.

Ich möchte ganz klar sagen, daß das Nachdenken über unsere Möglichkeiten, das Nachdenken über den Bundesstaat mit Sicherheit verdienstvoll und notwendig ist. Es ist überhaupt keine Frage, daß dieser Bundesrat eine Scharnierfunktion, möchte ich sagen, zwischen gesamtstaatlicher Verantwortung und Bundesländern erfüllen muß. Was einige unserer Kollegen hier heute getan haben – und jeder von uns irgendwann einmal getan hat –, ist ja, das Gelöbnis auf die Bundesverfassung, auf die Gesetze der gesamten Republik, abzulegen. Aber wir sind natürlich Interessenträger unseres Bundeslandes – entsendet von den Landtagen – und damit zur Vertretung von Teilinteressen, die durchaus legitime Interessen sind, verpflichtet.

Das ist eine doppelte Verantwortung, es ist eine Verantwortung, deren Bestandteile man klar erkennen muß und aus der heraus auch letztlich individuelle Entscheidungen von jedem von uns zu treffen sind.

Wir haben heute – das ist die Grundlage dieser Diskussion – eine verhältnismäßig kleine Reform unserer Geschäftsordnung zu beschließen, und ich glaube, daß auch hier die notwendige ständige Anpassung an Erfahrungen der richtige Weg ist; eine dieser Erfahrungen wird nun in unsere Geschäftsordnung aufgenommen.

Es ist schon richtig, daß unsere selbst gesetzten Arbeitsbedingungen von Zeit zu Zeit nachzujustieren sind. Wir tun es heute, und wir werden es bei Gelegenheit wieder tun.

Lassen Sie mich aber ganz klar zum Ausdruck bringen, daß wir hier im Bundesrat Bestandteil der österreichischen politischen Wirklichkeit sind und durchaus auch sein sollen. Es ist keine Sonderexistenz, die wir führen, und es ist schon gar keine bessere Existenz. Die Mitglieder dieses Hauses fühlen sich ihrer jeweiligen Gesinnungsgemeinschaft verpflichtet. Auch dann, wenn wir nicht durch ein direktes Wählervotum legitimiert sind, fühlen wir uns – das ist letztlich auch unser indirektes politisches Schicksal – mit jenen Wählern verbunden und auch jenen Wählern verpflichtet, die bei einer Landtagswahl der Partei, die uns im Landtag zum Vorschlag bringt, ihre Stimme gegeben haben.

Und das bedeutet, daß natürlich Vertreter der Parteien, die der Regierung angehören – welcher auch immer –, sich hier ganz klar verpflichtet fühlen, ein bestimmtes politisches Programm mitzutragen.

Es liegt an uns, in der Öffentlichkeit, in unseren Parteien, sicher auch hier im Haus spezifische Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen, aber die große Programmatik, das Bündel von Maßnahmen, auf das sich eine Regierung einigt, ist von jenen, die sich dazu bekennen können, hier mitzutragen, und ich möchte nicht, daß an dieser grundlegenden Orientierung irgendwie gerüttelt wird.

Meine Damen und Herren! Dieser Bundesrat ist nicht nur ein Teil unserer Formalverfassung, er hat sich auch in der Realverfassung dieses Landes seine Position geschaffen. Ich glaube, je mehr er seine Rechte ausübt und je weniger er darüber redet, desto besser tut es ihm.

Als ich ziemlich jung war, war einer der großen Hits – sowohl als Roman wie auch als Film – die schöne Geschichte mit dem Titel "Ich denke oft an Piroschka", und in dieser Geschichte ... (Bundesrat Dr. Schambeck: Auch er hat ein musisches Gefühl! Der Bildungswert ist musisch!) Der Bildungswert ist trivial, denn es war ja nicht gerade Weltliteratur. (Bundesrat Dr. Schambeck: Ich habe das noch nicht gelesen!) Das ist schon naheliegend, es handelt sich um eine Liebesgeschichte, Herr Professor! (Heiterkeit.)

In diesem Roman und auch in der Filmszene läßt der Autor die ungarische Hauptheldin zu ihrem etwas verklemmten, deutschen Studenten den schönen Satz sagen: Liebe, darüber redet man doch nicht, das tut man! – Ich würde diese Vorgangsweise bei der Durchsetzung seiner


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