Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 31

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Themen dieser Konferenz. Dabei möchte ich gleich vorausschicken, daß ich mich aufgrund der Themenfülle und in Anbetracht der begrenzten Redezeit natürlich nur auf bestimmte, mir besonders wichtige Schwerpunkte konzentrieren kann.

Die bevorstehende EU-Regierungskonferenz bietet Österreich die Gelegenheit, seine aktive Rolle beim europäischen Integrationsprozeß unter Beweis zu stellen. Wenngleich man von derartigen Großkonferenzen sicherlich kein Wunder – wenn ich es so salopp formulieren darf – erwarten kann, so steht dennoch außer Frage, daß die Europäische Union unmittelbar vor ihrem größten Reformprozeß steht und daß die Diskussion über das sogenannte Maastricht II entscheidende Weichenstellungen über das zukünftige Aussehen der Union bringen wird.

Als erstes möchte ich mich dem Themenkreis "Demokratie und Bürgernähe" widmen, der in meinen Augen besondere Priorität genießt. Die Stärkung der demokratischen Legitimität, der Bürgernähe und der Transparenz sowie die Weiterentwicklung und die konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips in der EU sind meiner Ansicht nach aus vielerlei Gründen notwendig.

Erster und wichtigster Grund: Die Europäische Union kann à la longue nur in dem Maße funktionieren, als sie von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert und unterstützt wird, denn der europäische Integrationsprozeß kann ja nicht Selbstzweck sein, sondern soll und muß von der Bevölkerung mitgetragen werden.

Aber leider mußte man in der Vergangenheit so manches Mal konstatieren, daß dies nicht im wünschenswerten Ausmaß gegeben ist. Ich erinnere zum Beispiel an die seinerzeitigen Krisen im Zusammenhang mit der Ratifizierung des EU-Vertrages, was ja auch in der EU zu einem gewissen Wachrütteln geführt hat, aber auch an das nicht allzu erfreuliche Ergebnis der Europawahl im Neo-Mitgliedsland Schweden.

Unter diesem Aspekt und in Anbetracht der im Oktober in Österreich stattfindenden Europawahl erscheint es mir deshalb außerordentlich wichtig, den Österreicherinnen und Österreichern die Dimension und die Stellung des Bürgers in der EU nahezubringen und immer wieder das große Ziel des europäischen Einigungswerkes vor Augen zu führen, das letztlich für alle nur von Vorteil sein kann.

Denn so großartig das Ergebnis des EU-Referendums im Juni 1994 ausgefallen ist, so bedenklich sollte uns die nunmehrige Stimmungslage in der Bevölkerung in Sachen EU stimmen. Das bedeutet, daß wir unserer Aufgabe nach Informationstätigkeit verstärkt nachkommen müssen und daß wir die Gespräche mit unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnen intensivieren müssen. Ich bin auch völlig davon überzeugt, daß die Art und Weise, wie sich unser Land bei der EU-Regierungskonferenz präsentieren wird, das Meinungsklima in Österreich deutlich beeinflussen wird.

Nun aber wieder zurück zum bereits eingangs erwähnten Punkt, zum Subsidiaritätsprinzip. Österreich hat ja – nicht zuletzt aufgrund seiner föderalen Struktur – eine ausgeprägt positive Einstellung zum Subsidiaritätsprinzip und steht einer weiteren vertraglichen Ausgestaltung dieses Prinzips in seiner positiven Umsetzung in der EU natürlich positiv gegenüber. Das bedeutet keinesfalls, daß Österreich für eine Rückgängigmachung oder Verringerung von Integrationsschritten eintritt, wie heute schon erwähnt wurde. Ganz im Gegenteil: Aus unserer Sicht ist das Subsidiaritätsprinzip ein Instrument zur Optimierung der Aufgabenverteilung zwischen europäischen, nationalen und regionalen Ebenen. Integration kann sicherlich nicht bedeuten, daß alles und jedes, und sei es das kleinste, nur eine Region betreffendes, Detail in Brüssel geregelt wird.

An dieser Stelle möchte ich kurz auch auf die des öfteren erhobenen Vorwürfe eingehen, wonach es sich bei der EU um eine Ansammlung von Bürokraten handle, die in ihrer Reglementierungswut jede lächerliche Kleinigkeit in Vorschriften gießen. Eine gestrige Meldung im Fernsehen über eine weitere Reglementierung könnte einem in Erinnerung gerufen werden, die vielleicht in diese Überlegungen noch ein bißchen einfließt.

Meine Damen und Herren! Es drängt sich mir in diesem Zusammenhang folgende Frage auf: Sollten diesbezüglich nicht etliche Kritiker ihr eigenes Gewissen erforschen? Ist es nicht so, daß


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