Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 97

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Wenn Sie, Herr Kollege Kapral, monieren, daß eine Klarstellung der Bundesregierung notwendig wäre, dann können Sie doch wohl nur die neubestellte Bundesregierung meinen, nicht eine übergangsweise mit der Fortführung der Geschäfte der alten Bundesregierung betrauten Regierung. Da müssen Sie sich mit Ihrer Anfrage dann neuerlich bemerkbar machen, wenn die Bundesregierung, von der Sie etwas wissen wollen, tatsächlich im Amt ist.

Auch der Bundeskanzler als Organ gesehen scheint mir nicht ganz die richtige Adresse zu sein. Was hat der Herr Bundeskanzler in der politischen Vereinbarung von Perchtoldsdorf zugesagt? – Daß vor der Volksabstimmung eine Regierungsvorlage eingebracht wird. – Das ist knapp genug, aber immerhin vereinbarungsgemäß geschehen.

Es hat sich dann abgezeichnet, daß das nicht zuletzt auch in seiner Parlamentsfraktion Widerstände findet, und es ist nicht dazu gekommen, das in der laufenden Gesetzgebungsperiode abzuschließen. Es gab dann eine Vereinbarung, auch mit der Unterschrift des Bundeskanzlers, daß die Regierungsvorlage unverändert nach der Wahl 1994 neuerlich eingebracht wird. Das ist auch als erledigt abzuhaken.

Darüber hinaus hat es auch nach dieser Nationalratswahl, obwohl das nicht mehr von den früheren Zusagen eingeschlossen gewesen wäre, neuerlich eine Regierungsvorlage, freundlicherweise mit derselben Beilagennummer, gegeben, die jetzt wieder Beratungsgegenstand des Nationalrates ist.

In der Anfragebegründung führen Sie selbst aus, daß der Kompromiß, der mit den Oppositionsparteien im Nationalrat gefunden werden konnte, glücklicherweise nicht beschlossen wurde. Daher können Sie natürlich dann auch nicht dem Bundeskanzler vorwerfen, daß es nicht dazu gekommen ist, sondern das ist eine Kritik, die an die Mehrheitsverhältnisse und an die Mehrheitsentscheidungen – in dem Fall waren es negative Entscheidungen – im Nationalrat zu richten gewesen wäre.

Ich habe es sehr begrüßt, daß die Regierungsvorlage sofort wieder eingebracht wurde. Ich habe jetzt auch gehört, daß Sie, Herr Staatssekretär, sich auch dazu bekennen, daß sie so beschlossen werden soll. Das schließt dann natürlich aus, daß man noch alles mögliche mit hineinpackt. Sie haben am Rande gesagt: Allfällige weitere Zuständigkeitswünsche des Bundes können jetzt nicht im Zuge dieser Budgetbegleitgesetze erledigt werden, sondern im Rahmen der ohnedies zu beratenden Bundesstaatsreform. – Das klingt natürlich so, wie es früher auch schon oft geklungen hat, daß viele Vorbehalte damit verbunden sein könnten. Ich will jetzt aber nicht näher darauf eingehen, sondern lasse mich davon überzeugen, daß das jetzt tatsächlich in der auch mit den Ländern vereinbarten Form beschlossen wird. – Sie haben also an sich mit Ihrer Anfrage den Adressaten nicht ganz richtig getroffen, wenn Sie den Bundeskanzler fragen. (Bundesrat Dr. Prasch: Den Föderalismusminister gibt es nicht mehr!)

Etwas anderes ist es natürlich, wenn man diese Appelle an den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei richtet, weil es immerhin bemerkenswert ist, daß es ihm seine eigene Fraktion bis heute verunmöglicht hat, eine vertragliche Zusage an die Länder durch Jahre hindurch einlösen zu können. Das ist eine berechtigte Kritik an der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit (Bundesrat Dr. Schambeck: Leider wahr! Miterlebt in Demutsübung!), wobei ich hoffe, daß sie sich durch das Wahlergebnis gestärkt darbietet.

Die Stärkung der Länderrechte war ein wichtiger Beitrag bei dieser verheißenden Bundesstaatsreform, nämlich daß der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum und der Beitritt zur Europäischen Union nicht ohne oder gar womöglich gegen die Länder vollzogen wurden, sondern mit ihnen. Gemeinsam ist man diesen Weg gegangen, weil man auch auf diese gemeinsame Vereinbarung vertraut hat.

Wir wären, glaube ich, gut beraten – das richtet sich jetzt an alle, die guten Willens sind –, daß wir vor der EU-Wahl dieses Jahres informieren sollten, daß die vor dem Beitritt seinerzeit gemachten Zusagen auch tatsächlich inzwischen eingelöst wurden. Ich denke, daß wir nicht mit der Hypothek uneingelöster Zusagen in die Informationskampagne zur EU-Wahl gehen sollten. (Beifall bei der ÖVP.)


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