Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 98

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Dazu kommt ein neuer Gesichtspunkt. Man kann oft den Eindruck haben, die Bundesstaatsreform sei etwas, was man den Ländern und Gemeinden zum Gefallen mache – natürlich auch, damit erfüllt man wesentliche Teile ihrer Forderungen. Es ist inzwischen aber verstärkt als früher deutlich geworden, daß wesentliche Teile dieser Reform auch unerläßliche Voraussetzung für eine Strukturreform auf Bundesebene sind.

Wir alle reden davon, daß Verwaltungsverfahren vereinfacht, zusammengelegt, beschleunigt werden sollten. Da wäre die Übertragung der mittelbaren Bundesverwaltung und die Vereinheitlichung unter dem Dach der Zuständigkeit der Landesregierung eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, das einfach und rasch bewerkstelligen zu können.

Es ist schon darauf hingewiesen worden, wie notwendig Landesverwaltungsgerichte wären und welche Probleme damit verbunden sind. Das ist auch unerläßlich, wenn wir die Standortqualität Österreichs als Anbieter öffentlicher Dienstleistung im internationalen Wettbewerb verbessern wollen.

Der Herr Staatssekretär hat zu Recht darauf hingewiesen, daß das, was für die Sanierung des Budgets und für die Beständigkeit der österreichischen Budgetpolitik notwendig ist, im engen Einvernehmen mit den Ländern gemacht wurde – als Ausdruck eines neuen kooperativen Föderalismus und einer gesamtwirtschaftlichen Beurteilung auch des Bundesbudgets und der Landes- und der Gemeindebudgets.

Ich denke, daß wir bei dieser neuen Form der Kooperation nicht auf dem halben Weg der Budgetsanierung stehenbleiben sollten, sondern auch fortschreiten sollten zu dem, was wir den Ländern schon lange zugesagt haben, nämlich ihre Rechte zu stärken. Hier auf halben Wege stehenzubleiben, wäre in Wirklichkeit ein Rückschritt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Prähauser. – Bitte.

16.50

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir erleben heute wieder einen Aufguß der F, die dringliche Anfragen zu diesem Themenbereich mit einer gewissen Regelmäßigkeit einbringt. Sehen Sie bitte darin keine Kritik, nein, im Gegenteil, ich bin durch die Entwicklung in den letzten Wochen äußerst zufrieden über diese dringliche Anfrage, um den Standpunkt der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion aktuell formulieren zu können.

Zunächst zu der dem Perchtoldsdorfer Paktum zugrunde liegenden Überlegung: die Kompetenzbereinigung.

Die Zustandserhebung der österreichischen Kompetenzsituation durch Politik und Wissenschaft ist sicher richtig. Die Kompetenzen sind aufgesplittert, die Kompetenzverteilung ist unübersichtlich und in vielen Bereichen sicher nicht mehr zeitgemäß. Konnte diese Situation im Jahre 1992 bei Abschluß des Perchtoldsdorfer Paktums noch unter hauptsächlich föderalistischen Ansätzen betrachtet und beschrieben werden, so ist nunmehr verstärkt in der letzten Zeit eine neue Grundüberlegung dazugekommen.

Die budgetäre Situation hat die Bundesregierung dazu gezwungen, ein umfassendes Sparpaket zu schnüren, welches alle Bevölkerungsgruppen tiefgreifend trifft. Es wäre daher vermessen, die Bereinigung der Kompetenzen in Gesetzgebung und Vollziehung nicht auch primär unter diesem Aspekt zu sehen. Es geht also darum, durch Schaffung einer neuen Kompetenzsituation einen möglichst großen verwaltungsreformatorischen Ansatz zu realisieren, dadurch Kosten für die Budgets des Bundes und der Länder zu minimieren.

Daher müssen die Kompetenzen vereinfacht werden, was gleichzeitig für die Bürgerin und den Bürger mehr Übersichtlichkeit bedeutet. Mehr Übersichtlichkeit bedeutet aber auch mehr Bürgernähe, und vereinfachte Verfahren bedeuten mehr Bürgerfreundlichkeit, also ein Weg in


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