Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 74

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Das Koalitionsübereinkommen läßt diese Klarheit allerdings wieder vermissen. Nach dem selbstverständlich herzustellenden Einvernehmen über die finanziellen Auswirkungen – das ja bis auf die schon erwähnten nachträglich in dieser Detailausführung dazugekommenen Landesverwaltungsgerichte ja schon einmal gegeben war – ist keineswegs, wie man eigentlich aufgrund der Wiedereinbringung der Regierungsvorlage erwarten würde, von einem Bekenntnis zur raschen Beschlußfassung dieser Vorlage die Rede. Lediglich aufbauend auf ihr soll dem Nationalrat ein offenbar noch zu verhandelndes Reformwerk neu vorgelegt werden. Offenkundig ist das, was wir neulich als Regierungsvorlage bekommen haben, in den Augen der Bundesregierung selbst nicht mehr für eine Beschlußfassung geeignet. Ein anderer Sinn kann dieser Formulierung im Arbeitsübereinkommen nicht entnommen werden.

Das steht in einem klaren Widerspruch zu den bei den Ländern aufgrund mehrfacher Zusagen geweckten Erwartungen. Ich verweise nur auf die mehrfachen Äußerungen der Landeshauptmänner, aber auch in besonderer Weise der Landtagspräsidenten.

Natürlich – das will ich ausdrücklich anmerken – muß das nicht von vornherein heißen, daß ein spätes Ergebnis allein schon deshalb schlecht sein werde. Aber Treu und Glauben sowie die interne Durchsetzungsfähigkeit des Bundeskanzlers der größeren Regierungspartei werden damit auf eine härtere Bewährungsprobe bei den Ländern gestellt, als eigentlich notwendig und wünschenswert wäre. Eine gute Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden ist nämlich kein Regenschirm, den man nach gewährtem Schutz, also nach Volksabstimmung und Sanierung des Bundesbudgets, wieder so einfach in die Ecke stellen kann.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie wir in Österreich jemals zu einer schlankeren Verwaltung, zu mehr Bürger- und Problemnähe sowie zu der auch von uns selbst bei der EU urgierten Wahrung der Vielfalt und Eigenständigkeit kleiner Gemeinschaften kommen wollen, wenn wir um die seit Jahren als notwendig erkannten Reformen in diesem Bereich immer wieder einen Bogen machen.

Zu den restlichen Punkten des Unterabschnitts "Föderalismus" ist nicht viel zu sagen. Die Schaffung von Landesverwaltungsgerichten ist selbstverständlich zu begrüßen und zu unterstützen, ebenso die mit Föderalismus eigentlich nur am Rande zu tun habende Rechtsbereinigung und Rechtsvereinfachung, sofern man darunter nicht Rechtsvereinheitlichung unter Ausschaltung der Landtage meinen wollte.

Daß die notwendige Zustimmung betroffener Länder bei der Auflassung von Bezirksgerichten Lösungen nicht grundsätzlich verhindert, zeigt die erfolgreiche Vorgangsweise des Justizministeriums in Niederösterreich. Andererseits gehört dieses Problem sicher zu jenen Fällen, in denen bei Ausbleiben einer durchaus vernünftigerweise zu gebenden Zustimmung eine wirtschaftliche Vollziehung im Justizministerium arg behindert werden kann.

Es wäre aber sachgerecht, dieses durchaus unterstützungswürdige Vorhaben nicht nur einseitig zu sehen. Der Bund seinerseits hat nämlich ebenfalls zahlreiche Zustimmungsrechte gegenüber den Ländern, gerade – sehr themenverwandt – bei der Änderung von Bezirks- oder Gemeindegrenzen. Der Bund will künftig Bezirksgerichte zusammenlegen können, ohne daß die Länder zustimmen müssen. Den Ländern wäre es aber – um nur ein sicherlich jetzt nicht alltäglich vorkommendes Beispiel zu nennen – verwehrt, zwei kleine Bezirkshauptmannschaften zusammenzulegen, wenn der Bund nicht zustimmt. Daher wäre es notwendig, über eine punktuelle und einseitige Änderung hinaus zu einer umfassenden beiderseitigen Bereinigung solcher Hemmnisse zu kommen, sonst wäre das erwähnte Vorhaben unter der Überschrift "Föderalismus" eigentlich fehl am Platz.

Im Nationalrat war in der letzten Woche bei der Debatte über einen Fristsetzungsantrag zur Bezügereform davon die Rede, daß die im Koalitionsübereinkommen vorgesehene Einkommenspyramide für alle Politiker und im öffentlichen Bereich sonst Tätigen im Nationalrat gemeinsam erarbeitet werde. Davon sollen auch die Länder und alle größeren Gemeinden betroffen sein. Ohne daß das – im Gegensatz zu anderen Punkten – im Regierungsübereinkommen angekündigt wäre, gehe ich davon aus, daß das selbstverständlich im Einvernehmen


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