Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 81

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Wir haben eine Reihe von Beschäftigungsprogrammen – und da möchte ich auch auf Ihre Ausführungen, Herr Dr. Kapral, zu sprechen kommen – mit einem sehr wichtigen und interessanten Neuerungsaspekt entwickelt. Sie haben zum Beispiel gesagt, das Road-pricing würden Sie nicht für besonders glücklich halten. Wir halten es für ausgesprochen notwendig. (Bundesrat Dr. Kapral: Ich habe gesagt: Das wird teuer!) Natürlich wird es teurer, es ist nur die Frage, für wen. (Bundesrat Dr. Kapral: Für die Autofahrer!) Ich habe von der Regierungsbank aus nicht die Möglichkeit des Zwischenrufes, daher konnte ich Sie nicht unterbrechen. Ich wollte das auch gar nicht, sonst hätte ich hier nicht Ihre Ausführungen widerlegen können.

Zurzeit gibt es eine Quersubvention im Straßenverkehr vom PKW zum LKW. Der PKW finanziert und subventioniert den LKW. Das ist ein nicht haltbarer Zustand und führt außerdem dazu, daß die Güterbeförderung auf der Straße im Vergleich zur Beförderung durch die Bahn relativ kostengünstig ist. Das ist auch die Ursache, warum relativ wenig Güter auf der Bahn befördert werden. Wenn wir das durch ein Schritt für Schritt einzuführendes Road-pricing ausgleichen können, dann wird es auch für private Investoren interessant sein, in auszubauende Bahnstrecken und Bahnführungen zu investieren, weil sie eine Rendite erwarten können. Heute ist das unmöglich. Wer soll eine Aktie der ÖBB kaufen, wohl wissend, daß er keine Dividende bekommt, weil sie keine Erträge erzielt? – Daher muß das Konkurrenzverhältnis zwischen Straße und Schiene eben in dieser Art korrigiert werden.

Ein vierter Punkt, weil ein Herr die Mautfrage erwähnt hat. Wirtschaftsminister Ditz hat ein Konzept ausgearbeitet, bei dem es sowohl um eine vernünftige und gerechte Regelung der Doppelmauten gehen wird wie auch – und das ist absolut neu, eine Innovation – eine Touristenmautkarte, eine Zweimonatskarte, die eingeführt werden soll, wobei davon ausgegangen wird, daß sich ein ausländischer Tourist eben nicht zwölf Monate in unserem Land aufhält, sondern nur für eine bestimmte Zeit. Und ich glaube, richtig in Erinnerung zu haben, daß beispielsweise die Übergänge nach Kärnten dadurch ziemlich begünstigt sein werden, sodaß unabhängig davon, ob man jetzt glaubt, daß die Maut überhaupt ein bestimmender Faktor für eine Urlaubsentscheidung ist, diesbezüglich eine Verbesserung eintreten wird, und zwar auch deshalb, meine Damen und Herren, weil die umliegenden Mautländer keine solche Regelung vorsehen.

Ich habe nicht recht verstanden, Herr Dr. Kapral, wieso Sie dem burgenländischen Landeshauptmann vorwerfen, daß er in der Schweiz ein Darlehen aufnimmt. Sie haben das als "schildbürgerlich" bezeichnet. – Ich weiß nicht, ob Sie noch in der Industriellenvereinigung arbeiten, früher haben Sie dort gearbeitet: Wenn alle Leute, die in der Schweiz einen Kredit aufnehmen, Schildbürger sind, dann ist Ihr Institut nicht die Vereinigung Österreichischer Industrieller, sondern die Vereinigung österreichischer Schildbürger, weil diese in großer Zahl Kredite in der Schweiz aufnehmen. Das ist also etwas ganz Normales. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ein weiteres liegt mir sehr am Herzen. Bundesrat Dr. Kapral erwähnte die OECD. Wir hatten ja tatsächlich – ich möchte mich hier gar nicht von einer Diskussion wegstehlen – in den Jahren 1992/93 im großen und ganzen sehr schwache Wirtschaftsprognosen; und daher wurde von der Bundesregierung entschieden, diesen schwachen Wirtschaftsprognosen mit einer offensiveren, expansiveren Finanzpolitik entgegenzutreten. Es besteht kein Zweifel, daß ein Teil dieser expansiven Finanzpolitik heute ein Budgetthema ist und wir das zurückzuführen haben – das wird niemand bestreiten, im Gegenteil: Wir bekennen uns dazu. Die OECD hat seinerzeit geschrieben – ich zitiere hier wörtlich aus dem OECD-Jahresbericht 1993/94 –: "Diese enorme Überschreitung" – nämlich der Ausgabenansätze – "ist hauptsächlich den automatischen Stabilisatoren zuzuschreiben, die durch den unerwarteten Konjunkturrückgang wirksam wurden. Die Erträge des Bundes aus Steuern blieben allesamt hinter den Ansätzen zurück, während andererseits für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen Mehrausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden Schilling" et cetera "erforderlich wurden".

Meine Damen und Herren! Wir stehen nun vor einem weiteren, sehr wichtigen strukturellen Aspekt der Regierungspolitik für die kommende Periode. Wir haben Arbeitsplätze zu schaffen, Arbeitsplätze zu sichern, expansive Investitionspolitik zu betreiben. Niemand kann einen


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