Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 56

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Erstens einmal werden die Autofahrer im Westen doppelt bemautet und damit doppelt belastet. Es gibt 11 000 Pendler, die um 550 S die Vignette und auch die Brennermautkarte bekommen. Es gibt 19 000 Autofahrer, die eine Brennermautkarte haben und die Vignette um 1 200 S dazubekommen. Aber es gibt rund 230 000 Autofahrer in Tirol, die bisher keine Brennermautkarte hatten, die keine Pendler sind und die jetzt mit der Vignette und mit der Spezialmaut doppelt belastet werden.

Wenn ich nur einen Autofahrer aus einem entlegeneren Gebiet in Tirol hernehme, zum Beispiel aus Außerfern, Bezirk Reutte, der im ganzen Jahr nur wenig auf der Autobahn fährt und nur einmal einen Verwandtenbesuch nach Südtirol macht, so hat er bisher 260 S bezahlt, 130 S hin und 130 S retour. Im Jahr 1997 wird er 260 S bezahlen und 550 S für die Vignette dazu. Da muß ich sagen, Herr Kollege Kaufmann, weil Sie das Beispiel erwähnt haben, das ist eine Doppelbelastung. Das ist nicht nur eine Verdoppelung, sondern eine Vervielfachung der Belastung. Diese Doppelmaut ruft in der Bevölkerung Unmut hervor, und es geht auch in unserer Presse nicht spurlos vorbei. In der "Tiroler Tageszeitung" heißt es: Doppelmaut für 230 000 Tiroler: Vignettenzugeständnisse nur für 30 000 Lenker – eine Erleichterung!

Jetzt komme ich zu den Nachteilen für den Fremdenverkehr. Es war sehr erheiternd, Herr Minister, als Sie gesagt haben, man könnte ja auch diese Kosten positiv darstellen und zu einem Marketinghit machen. Leicht werden Sie es damit nicht haben.

Die Touristenvignette stellt sicherlich – und deshalb ist sie so umstritten – eine psychologische Barriere, ein psychologisches Hemmnis dar. Es heißt jetzt in Deutschland, in Holland, in Dänemark, in Schweden, ja fast überall, Österreich wird jetzt teurer. Das Autofahren in Österreich wird teurer. Es wird wie eine Eintrittsgebühr nach Österreich gesehen.

Jetzt sage ich Ihnen ein Beispiel dazu: Wenn ein Urlauber zweimal im Jahr zum Beispiel nach Osttirol kommt, im Winter und im Sommer, dann muß er zweimal eine sogenannte Touristenvignette kaufen. Dies kostet mit dem Kombipack 350 S. (Zwischenruf des Bundesrates Rauchenberger .) Er braucht sie, der Felbertauern ist eine Spezialmaut. Er braucht das Paket für Spezialmaut dazu. Wenn er zweimal im Jahr nach Österreich fährt, dann sind das 700 S, das sind genau 100 Mark. Und so wird das auch in Deutschland kolportiert. (Bundesrat Bieringer: Wenn er zweimal fährt, dann zahlt er zweimal 190 S, das sind nach Adam Riese 380 S, das mal zwei, das sind 760 S! Stellen Sie sich vor, was er jetzt zahlt!)

Schauen wir uns das in der Endabrechnung an. (Bundesrat Bieringer: Sie haben gesagt, er fahrt zweimal nach Osttirol! Rechnen Sie das aus!) Das werden wir uns schon ausrechnen, Herr Kollege! Es gibt auch derzeit Sonderbestimmungen für Touristen. (Bundesrat Prähauser: Rechnen war noch nie die Stärke der FPÖ!)

Fremdenverkehrsexperten haben berechnet (Bundesrat Rauchenberger: Jetzt sind es Experten, nicht mehr Sie!), daß diese Vignette Einbußen von rund 5 Prozent bei den Nächtigungen erbringen wird. (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) In Tirol gibt es 40 Millionen Nächtigungen pro Jahr, und 5 Prozent Einbußen sind zirka 2 Millionen Nächtigungen. Wenn Sie pro Nächtigung 1 000 S Ausgaben berechnen, so ergibt das Einnahmensverluste in Höhe von 2 Milliarden Schilling für den Tiroler Tourismus.

Damit – das sage ich jetzt noch einmal – wird eine krisengeschüttelte Branche – und das ist sie – in ein Desaster getrieben, Herr Minister! Hunderte Betriebe und Tausende Arbeitsplätze werden dadurch gefährdet und vernichtet. Das ist Ihre Wirtschaftspolitik, und das ist die Arbeitsplatzoffensive dieser Regierung.

Damit wird aber auch die österreichische Leistungsbilanz verschlechtert, Herr Minister! Das wissen Sie genau, denn die 2 Milliarden Schilling kommen ja vorwiegend aus dem Ausland. Eine Verschlechterung der Leistungsbilanz, die ohnehin schon bei 40 Milliarden Schilling minus liegt, wird à la longue auch negative Auswirkungen auf die Stabilität des Schillings haben.

Nun noch zu den Belastungen für Hunderttausende Anrainer in den Transitgemeinden. Die Ausweichrouten sind heute schon festgelegt. In deutschen Medien werden schon die Schleichwege

 


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