Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 64

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Das kurze Gedächtnis gibt es eben auch bei dem Versprechen, daß zum Beispiel die Maut nur 390 S betragen soll. Jetzt, ein paar Monate später, sind es um 50 Prozent mehr, und auch die echte Zweckbindung ist gefallen. Das stellt auch der Rechnungshof in seiner Kritik fest, indem er sagt, aus den erfließenden Einnahmen, die an den Bund abzuführen sind, sind letztlich im wesentlichen die angemessenen Personal- und Verwaltungskosten der Straßensondergesellschaften, die Kosten der Einhebung der Benützungsentgelte und der Erhaltungsaufwand für diese Stellen abzudecken. Aber die Verwendung der Einnahmen für die Kosten des Bauaufwandes, des Tilgungserfordernisses und des Zinsenaufwandes aus Kreditoperationen ist hingegen nicht vorgesehen.

Trotz alledem sprechen Sie, Herr Bundesminister, von 1,5 Milliarden Schilling, die letztlich überbleiben und die in den Straßenbau gehen sollen, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Insgesamt gibt es aber Schätzungen, daß das Aufkommen, das netto 1,5 Milliarden Schilling bringen soll, ja 3 Milliarden Schilling ausmachen wird und letztlich davon nur die Hälfte überbleibt, was dann zwar nicht expressis verbis nach dem Gesetz, aber wohl nach Ihren Aussagen dem Straßenbau zugute kommen soll.

Die Autofahrer müssen wieder einmal dafür herhalten, diejenigen, die schon bisher wesentlich mehr bezahlt haben und in den Steuertopf haben einfließen lassen, als die Ausgaben betragen haben, die man für die Straßenerhaltung oder für den Straßenneubau ausgegeben hat, müssen jetzt herhalten, weil eben auf der einen Seite die Budgetlöcher gestopft wurden und auf der anderen Seite für wirtschaftsbelebende Maßnahmen kein Geld da ist.

Das Vorhaben der Bemautung in dieser Art ist Straßenräuberei im wahrsten Sinne des Wortes, weil hier von der Straßenbenützung das Geld zwangsweise abkassiert wird, und zwar ohne Augenmaß für Nebenwirkungen, aber auch ohne Augenmaß für Auswirkungen. Es kommt mir so vor, als ob hier die Details der Auswirkungen nicht bedacht worden sind.

Das ist es, was auch die massiven Proteste der Bevölkerung hervorgerufen hat, die Proteste in der Öffentlichkeit und letztlich auch Proteste in den betroffenen Städten von allen Parteien. Ich spreche hier vom Detailbereich der Maut für die Stadtautobahnen. Das betrifft nicht nur Wien. Und in der Sache selbst sind diese Proteste zu Recht, denn es ist nicht einzusehen, Maut bezahlen zu müssen, wenn man über die Südosttangente von einem Bezirk in den anderen fährt. Es ist nicht einzusehen, wenn durch die Bemautung die Bestimmung von Straßen, die ja dezidiert als Entlastungsstraßen gebaut worden sind, konterkariert und zunichte gemacht wird, und es ist nicht einzusehen, daß damit die Verdrängung des Verkehrs von diesen Entlastungsstraßen in Wohngebiete erfolgt mit allen ihren Auswirkungen, mit der Verlängerung der Staus, mit den Abgasen und so weiter, und es ist nicht einzusehen, daß die Autofahrer, die bisher schon die Melkkuh der Nation waren, in einer weiteren Schröpfaktion noch weiter belastet werden.

Es ist heute schon erwähnt worden, aber man kann es nicht oft genug sagen: Mineralölsteuer, Normverbrauchsabgabe, nachgewiesenermaßen die höchsten Autopreise in Europa, in Wien ein teures Parkpickerl, und das alles vor dem Hintergrund der größten Belastungswelle, die in der Zweiten Republik auf den Österreicher zukommt und letztlich auch noch die Wirtschaft durch die Abschaffung der sogenannten Fiskal-LKW belastet.

Auch die Wirtschaft ist durch diese Mautabgabe auf den Stadtautobahnen extrem belastet, denn Betriebe, die nur innerhalb Wiens ihren Aufgaben nachkommen, müssen sie halt benützen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen. Sie können oft nicht ausweichen in staugefährdete Durchzugsstraßen, und das ist eine Belastung und Erschwernis.

Und es ist letztlich auch so, daß durch die Beiträge, die die Autofahrer im Wege der Mineralölsteuer und anderer Abgaben bezahlen, die Straßen schon finanziert worden sind und auch für die Erhaltung genügend Geld aus diesem Topf vorhanden sein müßte.

Das Wiener Problem beginnt letztlich bei der Stadtautobahn damit, daß die Südosttangente von 138 000 Autos benützt wird, die Donauufer Autobahn von 76 000 Autos und die Ost Autobahn von 51 000 Autos.


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