Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 65

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Wenn wir am Beispiel Ungarns sehen, wo nur eine kleine, eine wesentlich geringere Belastung einer bemauteten Autobahn dafür gesorgt hat, daß die umliegenden Landstraßen verstopft sind, dann ist wohl abzusehen, was sich hier in Österreich abspielen wird. (Zwischenruf des Bundesrates Prähauser .) Herr Kollege Prähauser, es ist ja nicht so, daß sich sozusagen der Tourist aus dem Osten scheuen wird, die Autobahn zu benützen, wenn er hier schon Geld ausgibt und vielleicht das auch noch zahlt, sondern es sind diejenigen, die täglich die Ost Autobahn benützen, die ausweichen werden, wodurch dann letztlich der Zweck, den die Ost Autobahn gehabt hat, nämlich die Bundesstraße zu entlasten, zunichte gemacht wird.

Sie verstopfen die Straßen, die Wohngebiete werden belastet, die Lebensqualität sinkt. Sie haben Verluste an produktiver Arbeitszeit bei den Arbeitnehmern durch die Staus. Die Zulieferer, der Wirtschaftsverkehr, die Nahversorgung und auch die Pendler leiden darunter. Und man kann das wohl wirklich nur als ironischen Beitrag Ihrerseits nehmen, Herr Minister, wenn Sie die Maut oder die Bemautung als einen Entlastungsbeitrag für die Tangente bezeichnen.

Jedenfalls vor dieser Horrorvision, vor diesem Rien-ne-va-plus im Stadtverkehr, sind wohl alle Bemühungen zu sehen, die die Verkehrspolitiker der betroffenen Region unternommen haben, und daher auch die starke Kritik, die die Idee dieser Bemautung im städtischen Gebiet, vor allem in Wien, hervorgerufen hat.

Wenn Proteste nun von Interessenvertretungen kommen, wie vom ÖAMTC oder vom ARBÖ, von der Wirtschaftskammer auf der einen Seite oder von der Arbeiterkammer auf der anderen Seite, wenn Kritik vom Rechnungshof kommt oder auch von Alt-Bürgermeister Zilk, der die Diskussion als sinnlos und hirnrissig bezeichnet hat, dann muß wohl etwas anderes dahinterstecken als etwas, was positiv für die Bevölkerung ist.

Daß sich die Opposition aufregt, darüber ist sich die Regierung ja wohl schon im klaren, das ist ja auch deren Aufgabe. Aber wenn sich von Bürgermeister Häupl bis Stadtrat Görg oder von Stadtrat Svihalek bis zum Präsidenten der Wirtschaftskammer Nettig die entsprechenden Proteste anreihen und aneinanderreihen, die sogar soweit führen, daß die Drohung mit dem Verfassungsgerichtshof kommt oder auch die Drohung mit der Umwandlung der Autobahnen in Bundesstraßen, dann muß doch mehr dahinter sein.

Das muß doch die Bevölkerung aufregen und wichtig sein für die Bevölkerung, wenn sich so bedeutende Politiker aller Couleurs letztlich dafür einsetzen, daß es in diesem Bereich Entlastungen gibt.

Doch offenbar handelt es sich hier, wenn man die heutigen Äußerungen der verschiedenen Bundesräte aus den Couleurs der Sozialdemokraten und der ÖVP hört, wohl um eine riesige Schwindelvorstellung, die uns vorgeführt wird, um uns Sand in die Augen zu streuen.

Die Unglaubwürdigkeit der Bundesregierung hat sich meines Erachtens nach nun auch auf die Unglaubwürdigkeit in der Landespolitik verlagert. Denn wie wäre es anders zu verstehen, daß sich hier im Vorlauf der Wiener Gemeinderatswahl der Herr Bürgermeister Häupl mit verbalen Kraftakten auf die "Schienen schmeißt" – um diesen wienerischen Ausdruck zu verwenden – für eine Abänderung oder Reduzierung oder Herausnahme der Wiener Stadtautobahnen aus dieser Bemautung, wenn er selbst im Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Österreichs dieselbe Maßnahme mitbeschlossen hat.

Das ist doch wohl der Gipfelpunkt an Heuchelei und Scheinheiligkeit: hinter verschlossenen Türen der Wegelagerer zu sein und die Maut für die Stadtautobahn einzuführen und in der Öffentlichkeit mit großem Trara den Verteidiger für die Bevölkerung zu spielen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Von diesem heldenhaften Einsatz für die Wiener Bevölkerung ist wohl nichts übriggeblieben, denn statt als Robin Hood aus dieser Auseinandersetzung hervorzugehen, ist er nur ein Don Quichotte geworden, ein Ritter von der traurigen Gestalt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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