Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 61

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im Bericht selbst klar zum Ausdruck – ich möchte das hier wiederholen, verdeutlichen –, daß 1994 ein weiteres Jahr war, in dem Österreich bewiesen hat, daß ein hoher Sozialstandard und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft durchaus vereinbar sind. Wichtige Grundlage – sozusagen Grundlage Nummer 1 – dafür ist eine offensive und umfassende Beschäftigungspolitik, die in Österreich weiterhin Priorität haben muß. Diese Beschäftigungspolitik muß dafür sorgen, daß Arbeit gerecht auf alle verteilt wird, auf Frauen, Männer, Jugendliche, Ältere sowie benachteiligte Personengruppen. Gute Wirtschaftsdaten mit hohem Beschäftigungsniveau sind auch die beste Voraussetzung für eine positive Entwicklung unseres Sozialsystems.

Wie der Bericht zeigt, stieg trotz eines massiven Strukturwandels in den letzten zehn Jahren die Zahl der Beschäftigten in Österreich um rund 300 000 Personen. Im Jahre 1994 betrug der Zuwachs an beschäftigten Personen rund 16 000. Im Vergleich zu anderen Staaten innerhalb der EU haben wir damit eine eindrucksvolle Arbeitsmarktbilanz.

Österreich war immer bemüht durch verantwortungsvolle Politik, dafür zu sorgen, daß niemand in Armut abgedrängt wird, niemand in Armut leben muß. Auch im Zuge der Budgetsanierung 1996 wurde dieses Ziel immer im Auge behalten – dies wird von Oppositionspolitikern jedoch gerne verzerrt dargestellt, und es wird versucht, Weltuntergangsstimmung zu erzeugen.

Es ist wichtig, mit einem hohen Beschäftigungsniveau zur Erhaltung, zur Sicherung der Kaufkraft der unselbständig Erwerbstätigen beizutragen. Eine gute Beschäftigungslage ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern durch eine gute Beschäftigungslage werden auch Bedürfnisse geweckt, und die Kaufkraft wächst. Eine Sparstrumpfmentalität würde ich Österreich nicht raten und hielte ich auch für nicht gut. – So weit, so gut, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Personengruppe, der ich mich jetzt widmen möchte, die mir persönlich hinsichtlich ihrer beruflichen Situation nach wie vor Sorge bereitet, mit deren Problemen ich in jüngster Zeit oft konfrontiert war und noch konfrontiert bin und für die es auf dem Arbeitsmarkt wenig Chancen der Unterbringung gab und noch immer gibt, wenn der Arbeitsplatz – aus welchen Gründen auch immer – verloren wurde, ist die Personengruppe der älteren Arbeitslosen.

Der Bericht sagt aus, daß die Wiederbeschäftigungschancen derjenigen, die über 50 Jahre alt sind, nach wie vor schlecht sind. Ich persönlich würde sagen: Sie sind aussichtslos. 1994 waren 172 000 Langzeitarbeitslose zu verzeichnen – unter Langzeitarbeitslosen versteht man jene Personen, die über sechs Monate arbeitslos sind. Dies bedeutete einen Anstieg um rund 3 000 Personen oder 2,1 Prozent. Die Auswertung zeigt auch, daß der Anteil an Langzeitarbeitslosen mit zunehmendem Lebensalter wächst. Ab dem 50. Lebensjahr steigt der Anteil sprunghaft und macht mehr als das Doppelte des Gesamtwertes aus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt möchte ich nicht mehr sagen: So weit, so gut!, sondern: So weit, so schlecht!

Mir ist das sogenannte Bonus-Malus-System bekannt, das Bonus-Malus-System, welches im Zuge der Arbeitsmarktpolitikgesetze 1996 jüngst beschlossen wurde, zum Älteren-Sicherungspaket gehört und dem Schutz älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dienen soll. Dieses System bietet Firmen Begünstigungen bei den Lohnnebenkosten, wenn 50- bis 55jährige eingestellt werden, und ergibt vice versa eine Verteuerung, wenn Dienstnehmer mit 50 und mehr Lebensjahren gekündigt werden. Aber greifen diese Maßnahmen?

Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Fälle zeigen, daß Kündigungen bereits nach dem 40. Lebensjahr einsetzen und sich daher viele mit 45 Jahren schon zum alten Eisen zählen müssen und ab diesem Zeitpunkt nur noch schwer oder gar nicht mehr vermittelbar sind. Ich habe auf diese Tatsache bereits in der Debatte zum Sozialbericht 1993 von dieser Stelle aus hingewiesen, aber die Praxis zeigt, daß ich es heuer wiederholen kann und auch wiederholen muß: Wir müssen dieses Problem der älteren Arbeitslosen in den Griff bekommen!

Wer einmal mit diesem Problem konfrontiert war, wird mir recht geben: Es ist nicht zu beschreiben, unter welchem psychischen Druck diese Menschen stehen, wenn ihre gesamte Umgebung weiß, daß sie keine Arbeit haben (Bundesrat Dr. Schambeck: Sehr richtig!) , die Zeit


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