Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 62

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voranschreitet, die Monate der Arbeitslosigkeit immer mehr werden, vielleicht sogar ein "wohlmeinender" Nachbar meint, der Betroffene wolle nichts finden, er sei arbeitsscheu, er müsse halt auch minderwertige Arbeit annehmen. Aber das hat auch zwei Seiten, das ist auch nicht so leicht, denn es gibt Firmen, die einen Besserqualifizierten nicht für einen minderqualifizierten Posten aufnehmen, um in den eigenen personellen Reihen keine Unruhe hineinzubekommen. (Bundesrat Dr. Schambeck: Sehr richtig!)

Des weiteren hat die Annahme minderwertiger Arbeit durch hochqualifizierte Personen doch auch eine Grenze. Es stellt sich die Zumutbarkeitsfrage, abgesehen von der Vergeudung von geistigen Ressourcen, die auch in Betracht gezogen werden müssen.

Aber auch Arbeiter und Angestellte, die nicht hochqualifiziert sind, haben fast keine Chance, ab dem angeführten Lebensjahr wieder eingestellt zu werden.

Niemand, der nicht schon Kontakt mit diesen ins Out gedrängten Personenkreis hatte, weiß, wie sich ein Mensch fühlt, der im Besitze seiner Kräfte plötzlich ohne Arbeit dasteht und quasi mit 45 Jahren keine Chance mehr sieht, Arbeit zu finden.

Auf Firmen einzuwirken, ihnen bewußtzumachen, welche Vorteile ein bereits gefestigter Mensch einbringt, sollte, ja muß unsere Aufgabe, unser Anliegen für die nächste Zeit sein. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist zweifellos das eingeführte Bonus-Malus-System. Ich hoffe, daß es greift. Die Initiative von Bundesminister Hums ist nicht hoch genug einzuschätzen und unbedingt zu begrüßen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kurz noch zu einem anderen Kapitel, von den älteren zu den jüngeren Arbeitnehmern, und zwar zu den Lehrlingen. Die Zahl der Lehrstelleneintritte ging laut Bericht 1994 um 1 Prozent zurück. Der Trend hat sich also verlangsamt.

Das Arbeitsmarktservice wird sowohl von den Lehrstellensuchenden als auch von den Lehrbetrieben stark frequentiert. 1994 waren rund 32 000 offene Lehrstellen gemeldet, 29 000 Lehrstellensuchende waren vorgemerkt. Der Trend dürfte sich 1995/96 noch verstärkt haben beziehungsweise verstärken.

Österreich braucht gut ausgebildete Kräfte, und ich möchte in diesem Zusammenhang zur Unterstreichung der guten Arbeitsmarktpolitik die Initiative von Bundesminister Hums anführen, daß künftig jene Lehrwerkstätten und Betriebe mit einem geringen Frauenanteil Förderungen in nicht geringer Höhe erhalten, wenn sie weibliche Lehrlinge einstellen. Dies wirkt der Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt entgegen und erhöht das Lehrstellenangebot für Mädchen außerhalb von traditionellen Frauenberufen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich habe bewußt nur zwei Bereiche aus dem Sozialbericht herausgenommen, die mir primär wichtig erscheinen. Weitere Debattenredner werden sicher noch auf die ihnen wichtig erscheinenden Bereiche verweisen.

Wichtig ist, darauf hinzuweisen, daß der Bericht klar zeigt, daß 1994 eine sehr umsichtige und von Verantwortungsbewußtsein getragene Sozialpolitik betrieben wurde, um die uns trotz der seither eingetretenen Einschnitte das Ausland beneidet. Es ist ein guter Bericht und zeigt die hervorragende Rolle Österreichs im Bereich der Sozialleistungen. Der Sozialbericht 1994 ist wieder eine umfassende, sehr aufschlußreiche Arbeit, die für uns Politiker sehr wertvoll ist und der man sehr viel Informatives entnehmen kann.

Dem zuständigen Bundesminister und den Damen und Herren der Beamtenschaft sage ich herzlichen Dank für die umfangreiche Darstellung und für die damit verbundene Arbeit. Kritisiert wird sehr oft, gedankt nur sehr selten, ich möchte es aber hier tun.

Meine Fraktion nimmt den Sozialbericht 1994 zustimmend zur Kenntnis. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und Beifall des Bundesrates Pramendorfer. )

12.58


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