Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 85

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glauben können, das Sie uns hier malen. Sie ändern damit jedoch, Kollege Drochter, nichts an der derzeitigen Situation in Österreich: Wir haben derzeit die höchste Staatsverschuldung, die höchste Arbeitslosenrate, die höchste Insolvenzrate und die höchsten Lohnnebenkosten – in Europa seit 1945. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie damit zufrieden sind, Kollege Drochter, dann ist das Ihre Angelegenheit. Sie werden das aber vor Ihrem Wähler zu verantworten haben. Ich möchte nur in Erinnerung rufen, daß der 17. Dezember für die Sozialdemokratie das zweitschlechteste, für die Freiheitlichen hingegen das stimmenstärkste Wahlergebnis seit 1945 gebracht hat. (Bundesrat Wöllert: Das kann man verschieden interpretieren!)

Wenn Sie nicht zu den Informierten dieses Hauses gehören und wenn es Sie interessiert, dann darf ich Ihnen sagen, daß der "Konsum"-General Gerharter seine Abfertigung – 27 oder 30 Millionen Schilling – stillschweigend bereits erhalten hat. Darüber sollten Sie einmal nachdenken, Kollege Drochter! Und das sollten Sie auch Ihrem Wähler erklären. – Aber im Prinzip tun Sie mir ja leid, weil Sie eigentlich nur das zu vertreten haben, was Ihr großer Vorsitzender als Linie vorgibt. (Bundesrat Drochter: Gerne!)

Zu Kollegen Schaufler möchte ich folgendes sagen (Bundesrat Waldhäusl: Er hat den Saal fluchtartig verlassen!): Wenn die Arbeiterkämmerer stolz auf ihre Methode sind, von Betrieb zu Betrieb wandern zu müssen, um eine Almosenspende in Form einer Unterschrift zu bekommen, und zwar nicht mit der Fragestellung nach der Art der Mitgliedschaft, sondern ob es Arbeiterkammern überhaupt geben soll oder nicht, dann muß ich sagen: Es ist ein Armutszeugnis, wenn Sie das Ergebnis als großen Erfolg bezeichnen! (Bundesrat Drochter: 90,2 Prozent!) Wir wissen doch ohnedies, daß es letztlich nur darum gegangen ist, daß sich die Arbeiterkämmerer einen Persilschein holen wollen, daß sie nicht bereit sind, in der Struktur etwas zu ändern, daß sie nicht bereit sind, für ihre Zwangsmitglieder eine tatsächliche Leistungsänderung oder Strukturänderung herbeizuführen.

Die Diskussion – jetzt komme ich zum eigentlichen Thema – über den Sozialbericht 1994, der an sich überholt ist, hat dadurch an Aktualität gewonnen, daß der Herr Sozialminister hier anwesend ist und bekanntgegeben hat, was sich heute im Ministerrat hinsichtlich der aktuellen Diskussion betreffend die Finanzierung der Krankenkassen ergeben hat.

Eine Erkenntnis bringt uns allerdings der Sozialbericht 1994 tatsächlich: Er läßt erkennen, daß die Situation bei den Krankenkassen vorhersehbar war. Hatten wir bei den Gebietskrankenkassen im Jahre 1993 bereits einen Abgang von einer halben Milliarde Schilling, so hat sich dieser im Jahre 1994 auf über 1 Milliarde Schilling gesteigert. Eine vergleichbare beziehungsweise im prozentuellen Ausmaß noch größere Steigerung des Abganges hat sich bei der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten ergeben. Nur die Versicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat noch positiver abgeschnitten als im Jahr zuvor.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das bedeutet, daß die Bundesregierung und der damals verantwortliche Bundesminister die Situation der Krankenkassen und die Entwicklung zwar gekannt, jedoch keine Maßnahmen ergriffen haben, um strukturell gegenzusteuern. Und das, meine Damen und Herren, ist ein weiteres Beispiel für die Nachlässigkeit, mit der Sie von der SPÖ-ÖVP-Koalition die Probleme Österreichs behandeln und mit welch mangelnder Verantwortung Sie mit dem Geld des Bürgers und Steuerzahlers umgehen.

Es wird Ihnen erinnerlich sein: Die große Koalition, also Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie und von der ÖVP, sind im Jahre 1986 unter der Prämisse und der Behauptung angetreten, die Probleme Österreichs gemeinsam zu lösen. – In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, daß wohl Sie als große Koalition das größte Problem Österreichs sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn statt kleiner sind die Probleme größer geworden! Es fehlt Ihnen Problemlösungskompetenz in den entsprechenden Bereichen, und es herrscht keine Bereitschaft zu strukturellen Reformen, sondern nur Abkassierermentalität. Statt sich hinzusetzen, nachzudenken und strukturelle Lösungen zu finden, kommt bei Ihnen immer nur eines zum Tragen, nämlich der


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