Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 119

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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Es ist eine Debatte durchzuführen.

Gemäß § 49 Abs. 3 GO beschränke ich die Redezeit jedes Redners auf fünf Minuten.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. Ich erteile es ihm.

Debatte über die Wahl der beiden Vizepräsidenten

17.21

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesrat Tremmel hat mehrfach den Satz gebraucht: Der FPÖ stehe dieses Recht zu. – Ich möchte sagen, Recht ist das, was in der Verfassung und in der Geschäftsordnung steht und nicht das, was Sie sich selbst nehmen. Das ist das eine. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das andere ist – es wurde in einem Zwischenruf schon darauf hingewiesen –, daß Sie selbst schon lange genug den Wechsel im Vorsitz miterlebt haben, um zu wissen, daß sich der Vorsitz aus der Verfassung und ohne weiteres Dazutun des Bundesrates ergibt, der Präsident macht lediglich Mitteilung darüber, wer das im nächsten Halbjahr sein wird. Es erfolgt nicht einmal eine Kenntnisnahme dieser Mitteilung, das wäre in der Verfassung auch gar nicht vorgesehen.

Nun zur Sache selbst. Sie haben hier eines Ihrer berühmten Taferln – diesmal mit dem d’Hondtschen Verfahren – vorgezeigt. Sie haben allerdings mitten unter Ihren Ausführungen aufgehört. Sie haben dargestellt, daß – gesetzt den Fall, es sind drei Mandate zu vergeben – das erste der ÖVP aufgrund der Teilungszahl 26 zusteht, das zweite der sozialdemokratischen Fraktion mit der Teilungszahl 25, und beim dritten – da hätten Sie fortsetzen sollen – haben sowohl die Freiheitlichen als auch die ÖVP, deren Teilungszahl 13 beträgt, denselben Anspruch.

Nun trifft diese Geschäftsordnung im Gegensatz zu anderen Regelungen des d’Hondtschen Verfahrens keine Aussage darüber, wie in einem solchen Fall vorzugehen ist. Es gibt ja genügend Beispiele, bei denen ein Losentscheid gilt oder subsidiär eine Stimmenzahl herangezogen wird. Eine solche Regelung trifft die Geschäftsordnung nicht – offenkundig unter Rücksichtnahme darauf, daß es parlamentarische Praxis ist, daß in einem solchen Kollisionsfall mangels näherer Regelungen der Geschäftsordnung das Mehrheitsprinzip subsidiär zur Anwendung zu kommen hat. Das heißt, die stärkere Partei hat den größeren Anspruch.

Soweit zu diesem Punkt, der jedoch als Schlußfolgerung in sich selbst schon nicht zutreffend ist. Es ist aber auch die Voraussetzung gar nicht gegeben. Es sind nämlich nicht drei Mandate zu vergeben – dem steht schon der Wortlaut der Geschäftsordnung entgegen –, sondern lediglich zwei. Bei den Schriftführern hingegen könnten es drei sein. Daß beide Regelungen hinsichtlich der Reihenfolge im selben Satz und Sinnzusammenhang stehen, deutet ja schon darauf hin, daß bei den Schriftführern nichts anderes gemeint sein kann als bei den Vizepräsidenten. Bei den Schriftführern gibt es ja bekanntlich keinen vorsitzenden Schriftführer, den man einrechnen könnte.

Nun gehen Sie davon aus, daß die Geschäftsordnung quasi implizit aussagen wolle, daß der Vorsitzende einzurechnen wäre. Das wäre eine mögliche Variante, die auch in Landtagsgeschäftsordnungen zu finden ist, in denen es heißt, die Landtagsvizepräsidenten werden unter Einrechnung des Präsidenten aus seiner Fraktion gewählt. Das ist eine positive, klare Aussage, die aber in unserer Geschäftsordnung fehlt. Das heißt, in der Geschäftsordnung ist bewußt eine solche Regelung nicht enthalten. Daraus folgt zwingend – das entspricht ja eigentlich Ihren Intentionen –, daß der Präsident aus dieser fraktionellen Zurechnung ausgeschlossen ist. Das ist etwas, von dem ich glaube, daß es richtig ist, weil es ein gewisses Gegengewicht zur Gliederung des Bundesrates in Fraktionen ist, worüber man durchaus geteilter Meinung sein kann. Sie akzentuieren ja – mit meiner Sympathie – die Meinung, daß man dieses Fraktionsdenken in der


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