Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 34

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10.47

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es werden unter den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 sehr unterschiedliche Rechtsmaterien diskutiert. – Lassen Sie mich vorerst jene Punkte behandeln, die wir als freiheitliche Fraktion ablehnen.

Tagesordnungspunkt 1: Gesetzesbeschluß über eine Änderung des Hochleistungsstreckengesetzes. – Es ist zwar positiv, wenn der Gesetzgeber zu der Ansicht kommt, daß er Unklarheiten, die sich in einer gesetzlichen Regelung eingeschlichen haben, beseitigt. Mir ist in diesem Zusammenhang jedoch zuviel von Unklarheiten die Rede. Es besteht der Verdacht, daß sich dahinter ein Gesinnungswandel in der Richtung verbirgt, daß man zwar ursprünglich der Meinung war, daß die Errichtung von Hochleistungsstrecken nur durch einen Betreiber erfolgen solle, aber heute erkannt hat, daß eine Vielzahl von solchen Errichtungsgesellschaften ganz andere Möglichkeiten – ich möchte jetzt keine Vermutungen äußern, aber irgendwie drängt sich diese Überlegung doch auf – auch der personellen Entwicklung bieten, und daß man nun sozusagen die Schleusen öffnet.

Das Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt stellt in erster Linie den Vollzug von EU-Bestimmungen dar, welche sicherlich aus der Sicht der Europäischen Union gut und richtig sein mögen. Sie berücksichtigen aber nicht im ausreichenden Maß die sehr unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Mitgliedstaaten. Was für den Rhein gilt, muß nicht unbedingt auch für die Donau gelten.

Erst vor wenigen Tagen war zu lesen, daß sich eine Reederei sehr intensiv mit der Frage der vorhandenen Kapazität im Zusammenhang mit der Donauschiffahrt auseinandergesetzt hat und zu dem Schluß gekommen ist, daß es keineswegs einen Überschuß an Kapazitäten im angebotenen Schiffsraum gibt. Jedenfalls ist offensichtlich, daß die Kapazitäten der Donauschiffahrt nicht so dimensioniert sind, daß unbedingt Abwrackschritte vorgenommen werden müßten.

Bekanntlich hat ja die Politik dieser Bundesregierung das Ende der österreichischen Donauschiffahrt herbeigeführt, und Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, waren daran nicht ganz unbeteiligt. Nachdem es sich – aus welchen Gründen auch immer – als unmöglich herausgestellt hatte, die österreichische Personenschiffahrt auf der Donau mit ihrer mehr als hundertjährigen Tradition durch österreichische Unternehmen oder von österreichischer Seite aus weiterzuführen, wurden vor einiger Zeit auch die Totenglocken für die Frachtschiffahrt geläutet.

Anscheinend geht es jetzt bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinien um die Aufbringung der Bestattungskosten. Die verbliebenen Unternehmen, die nur mehr von rein lokaler Bedeutung sind, finanzieren mit ihren Beiträgen die Abwrackung der praktisch verschenkten DDSG und der dortigen Frachtflotte. Diese lokalen Reedereien oder, besser gesagt, diese Frachtkahneigner, müssen damit rechnen, jetzt neben der Entrichtung der vorgesehenen Jahresbeiträge auch Sonderbeiträge bezahlen zu müssen, wenn sie neue Kähne anschaffen, ohne gleichzeitig alte Kähne abzuwracken.

Interessant ist auch noch eine weitere Besonderheit dieses Gesetzesbeschlusses des Nationalrates, nämlich sein rückwirkendes Inkrafttreten. Auch wenn angeblich schon im vergangenen Jahr ohne gesetzliche Basis Beiträge seitens der Schiffeigner und auch Zuschüsse im Sinne dieser Vorschrift an Abwracker geleistet wurden, stellt sich die Frage, welche Nachforderungen noch auf die betroffenen Unternehmen zukommen werden. Darüber hinaus stellt sich natürlich auch die Frage, welche Belastungen der Steuerzahler auf sich nehmen muß. – Jedenfalls entspricht – und das war die bisher herrschende Rechtsauffassung – ein Gesetzesbeschluß, der rückwirkend finanzielle Belastungen für den Normunterworfenen bringt, nicht der österreichischen Rechtsphilosophie.

Offen ist jedenfalls für den Außenstehenden, wer wieviel in den zu bildenden Abwrackfonds beim Bundesministerium für Kunst, Verkehr und Wissenschaft wirklich einzahlen wird. Offen ist auch, ob und in welchem Ausmaß sogenannte Gemeinschaftsmittel, also EU-Mittel, zur Verfü


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