Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 98

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Im Jahr 1990 wurde eine Museumsquartiergesellschaft, an der der Bund zu 75 Prozent und die Gemeinde Wien zu 25 Prozent beteiligt sind, gegründet.

Gemäß BGBl. 372/1990 bezieht sich der Unternehmensgegenstand der Museumsquartier-Errichtungs- und BetriebsgesmbH auf die Planung, Bau, Erhaltung, Liegenschaftsverwaltung und Betriebsführung des auf dem Areal der ehemaligen Hofstallungen zu errichtenden Museumsquartiers.

Die Erfolgsbilanz der bisherigen Tätigkeit läßt jedoch berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Effizienz dieser Gesellschaft insofern aufkommen, als bekannt ist, daß man bisher auf der einen Seite über das Planungsstadium noch nicht hinausgekommen ist, auf der anderen Seite aber bereits mehr als 500 Millionen Schilling für das Museumsquartier ausgegeben wurden.

Die Verwirklichung des Projekts Museumsquartier wurde einerseits durch mangelnde Entscheidungsfähigkeit der Verantwortlichen der am Syndikatsvertrag beteiligten Bundesministerien sowie der Stadt Wien erheblich verzögert, andererseits war die auf politischer Ebene verfolgte Verknüpfung der Sachentscheidungen betreffend die Errichtung einer Kunst- und Veranstaltungshalle und den Erwerb der "Sammlung Leopold" dem raschen Fortgang der Entwicklung nicht unbedingt dienlich.

Eines der Hauptprobleme dieses unrühmlichen Kapitels der österreichischen Kulturpolitik liegt in der Tatsache, daß "in der ersten Phase des Architektenwettbewerbs für eine Revitalisierung und teilweise Neubebauung des Areals der ehemaligen Hofstallungen die Angaben betreffend die Erhaltungswürdigkeit mit den Ausführungen des Bundesdenkmalamtes lediglich sinngemäß und nur lückenhaft übereinstimmten", wie auch der Rechnungshof in seinem Wahrnehmungsbericht über die Museumsquartier-Errichtungs- und BetriebsgesmbH beanstandete.

Dies führte dazu, daß bei den sich bewerbenden Architekten der Eindruck entstehen konnte, daß das betreffende Areal mehr oder weniger ohne Beachtung denkmalschutzrechtlicher Vorschriften gestaltet werden könnte.

Die ursprünglichen und grundsätzlichen Auffassungen des Bundesdenkmalamtes waren seit 1984 bekannt und wurden mehrmals präzisiert. Dennoch wurde ihnen bei den weiteren Projektplanungen nicht die nötige Beachtung geschenkt, was das bereits unter anderem von Bundesminister a. D. Dr. Erhard Busek angekündigte "zügige Fortschreiten des Projektes" bis zum Stillstand einbremste.

Die jüngsten Medienberichte spiegeln nur zu gut wieder, daß man in Sachen "Museumsquartier" weiterhin am Stand tritt, wenn der Präsident des Bundesdenkmalamtes Dr. Sailer in Zusammenhang mit der dreißig Seiten umfassenden Stellungnahme betreffend das jüngste Projekt "Ortner & Wehdorn" via APA 214 vom 5. Juli 1996 verlauten läßt, daß "das Nutzungskonzept der wesentliche Ansatzpunkt für die gesamte Architekturausformung sei und bei eben dieser Nutzungsfrage für die Sachverständigen der Denkmalbehörde allzu viele Fragen offengelassen wurden."

Die Zeitung "Die Presse" zitiert Herrn Dr. Sailer in ihrer Ausgabe vom 6. Juli 1996 dazu wie folgt: "Der Teufel sitzt im Detail. Uns geht es vor allem um die historische Bausubstanz und deren Nutzung im Verhältnis zu den Neubauten. Den Fischer-von-Erlach-Trakt als Depot zu nutzen – da stellen sich mir die Haare auf."

Ein Abschluß dieser steuergelderverschlingenden Museums-Odyssee ist demnach offenbar ferner denn je.

Aus diesem Grund richten die unterfertigten Bundesräte an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten folgende

dringliche Anfrage:

1. Wie ist der aktuelle Stand betreffend die Errichtung des Museumsquartiers?


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