Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 82

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14.19

Bundesrätin Aloisia Fischer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Die Novelle des Sozialversicherungsrechtes steht im heurigen Jahr im Zeichen der Sanierung der Krankenversicherungen und der Bemühung der Bundesregierung, das Budget zu sanieren. Einige grundsätzliche Gedanken über Österreichs Sozialversicherung möchte ich zu diesem Thema voranstellen.

Unsere Einrichtungen der sozialen Sicherheit verfügen international gesehen über beträchtliches Ansehen. Das kommt nicht nur von mir. Das wird Ihnen auf Anfrage umgehend von ausländischen Experten bestätigt werden. Freilich, selbstlobende Nabelschau bringt uns nicht weiter. Nur ständiges Weiterentwickeln, Verbessern und auch das Beheben von Schwächen und Mängeln kann unseren guten internationalen Standard sichern. Diese Anmerkung sei auch an die Adresse aller Kritiker, wo immer sie auftreten mögen, gerichtet. Wenn Probleme auftreten – das gilt freilich nicht nur für Soziales –, sind sie bestimmt nicht durch Krankjammern zu lösen. (Bundesrat Mag. Langer: Aber auch nicht durch Gesund ... – Entschuldigung!)

Ich bin durch meine Arbeit im Bereich der bäuerlichen Sozialversicherung täglich unmittelbar mit den Folgen unseres Sanierungspaketes konfrontiert.

Ich kann Ihnen sagen: Es ist tatsächlich oft nicht leicht, die notwendigen Maßnahmen verständlich zu machen. Aber nicht nur das: Es gibt natürlich durch manche der rigorosen Schritte echte Härtefälle, auf die ich teilweise später noch eingehen möchte.

Eines darf ich Ihnen, geehrte Kolleginnen und Kollegen, sagen: Daß etwas geschehen muß, wissen auch die von mir vertretenen Bäuerinnen und Bauern. Unmut herrscht nur dort, wo sie das Gefühl haben müssen, ungerecht zum Handkuß zu kommen oder von etwas, wovon sie ohnedies schon wenig haben, noch Zusätzliches hergeben zu müssen.

Als besonders deutliches Beispiel für eine solche nicht erklärbare Ungerechtigkeit muß ich die seit 14 Jahren, also seit ihrer Einführung, noch kein einziges Mal erhöhte Mutterschaftsbetriebshilfe, das Wochengeld der Selbständigen, hervorheben. Es wurde erreicht, daß nun 70 Prozent des Aufwandes dafür aus dem Familienlastenausgleichsfonds mitgetragen werden. Das ist aus Sicht der Krankenkassensanierung positiv. Für die Betroffenen selbst ändert sich dadurch aber rein gar nichts.

Merken wir uns bitte diese Maßnahme an. Hier ist trotz Sparmaßnahmen Handlungsbedarf gegeben. Die Zukunft unseres Landes sind nun einmal gesunde Familien in jeder Hinsicht, wobei Mütter und Kinder – das ist ein anerkanntes gesellschaftspolitisches Prinzip – den größten Anspruch auf Schutz besitzen. Handeln wir auch danach!

Als Beispiel für "zusätzlich hergeben" muß ich allen angestrebten Beitragserhöhungen für Landwirte eine Absage erteilen. In vielen bäuerlichen Betrieben ist Bargeld stets nur in bescheidenem Umfang vorhanden – gerade in Zeiten der momentanen Einkommenssituation. Jede Beitragserhöhung trifft daher die ohnehin schon Schwächeren unverhältnismäßig. Seien wir uns diesbezüglich unserer Verantwortung bewußt!

Nun zu den anderen Bereichen der notwendigen Sanierungsschritte.

Mir und – ich nehme es an – auch Ihnen, geschätzte Anwesende, ist bewußt, daß die jetzigen Maßnahmen nur eine Reihe absolut von der Not diktierter unmittelbarer Rettungsmaßnahmen sind. Langfristige Reformen müssen systematisch geplant, abgesichert und behutsam in das bestehende System eingebaut werden.

Ich fordere daher, daß wir dranbleiben und auch nach dem sicher zu erwartenden Erfolg der jetzigen Reparaturen echte, reformierende Eingriffe vornehmen. Dazu müssen wir aber bereit sein, wesentliche Dinge nicht nur in Frage zu stellen, sondern auch mit den Betroffenen tiefgreifend zu diskutieren.


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