Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 83

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Erste, mir verständliche Richtungsänderungen zeichnen sich schon jetzt ab, so die Erhöhung der Rezeptgebühr – sicher schmerzlich, weist sie doch deutlich auf einen bestehenden Schwachpunkt, der mehrere Ursachen hat, hin. Mindestens 40 Prozent der verordneten Medikamente werden nachweislich nicht verbraucht. Hier ist ein Sparpotential. Alle sind wir aufgerufen, diesbezüglich mehr Sensibilität zu entwickeln: die Ärzte, die Pharmaindustrie, die hinsichtlich der Packungsgröße vieles zum Besseren wenden könnten, aber auch der Endverbraucher, der durch sein bewußteres Konsumverhalten ein bestimmender Faktor ist – für uns doch wohl eine Selbstverständlichkeit, da wir uns alle zur freien, sozialen Marktwirtschaft bekennen.

Einigermaßen schwer tue ich mir bei der Krankenscheingebühr. Besonders verwundert mich dabei der scheinbar unausweichliche bürokratische Aufwand. Eine schlichte, weniger aufwendige Lösung wäre fein.

Das auch unangenehme Kapitel der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten kommt mir sachlich dennoch vertretbar vor. Die Aufwendungen für diese soziale Gruppe sind tatsächlich außerordentlich hoch geworden. Daß hier ein Belastungs- und Riskenausgleich notwendig wurde, ist einleuchtend.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie sieht die Rechnung aus? – Bei einer Pension von etwa 12 000 S haben die Beiträge bisher 420 S betragen. Die Erhöhung um 0,25 Prozent ergibt einen Nettomehrbetrag in absoluten Zahlen von 15 S. Dafür wie bisher uneingeschränkt die umfassende soziale Krankenversicherung in Anspruch nehmen zu können, ist – so glaube ich – kein schlechtes Risiko für den Versicherten.

Einige Sorge bereiten mir die Frauen, welche sich aufgrund der Anrechnung der Kindererziehungszeiten und der geltenden Anwartschaftsbestimmungen freiwillig in die Pensionsversicherung einbeziehen ließen, um dadurch nach dem Schlagwort "vorzeitige Alterspension" auch eine Leistung zu erreichen. Durch die neue Regelung, durch die im Strukturanpassungsgesetz verankerten verschärften Anwartschaftsbestimmungen bedeutet dies für viele Frauen, um fünf Jahre längere Versicherungszeiten erwerben zu müssen. Ich bin zwar froh über die Ausnahmeregelung, die für manche Frauen zutreffen, nur der größere Teil ist verunsichert und muß längere Zeit Beiträge bezahlen.

Offen bleibt weiterhin im bäuerlichen Bereich die Frage des Unfallversicherungsschutzes bei Tätigkeiten des Zuerwerbs am Bauernhof, zum Beispiel bei der Aktion "Urlaub am Bauernhof". Die gesetzliche Klarstellung hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes bei land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerben wäre wünschenswert.

Ein weiterer Punkt: die Spitalsreform. Vor dem Inkrafttreten der österreichweiten Spitalsreform – Länderhoheit, diagnosebezogene Abrechnung, Krankenanstaltenplan – stehen noch heiße Verhandlungen bevor. 18 Jahre lang sind über den KRAZAF die Belegstage abgegolten worden. Nach dem neuen Modell soll aus dem Ländertopf nicht mehr der Spitalstag, sondern der medizinische Eingriff bezahlt werden.

Auf Landesebene sind sicher Verhandlungen mit den Privatspitälern notwendig, um auch deren finanziellen Anteil sicherzustellen.

Ein sehr positiver Effekt der 53. ASVG-Novelle ist für mich unter anderem, daß endlich auch Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, der freiwilligen Hilfsorganisationen Versicherungsschutz genießen.

Über das Kapitel Werksverträge – es ist schon angeschnitten worden –, das noch nicht befriedigend und noch nicht zu Ende diskutiert ist, möchte ich mich bewußt sparsam äußern. Hier ist der Wille des Gesetzgebers hinsichtlich der Betroffenen noch unklar zum Ausdruck gekommen und – wie wir alle wissen – auch heftig diskutiert worden. Auch in der praktischen Abwicklung mag sich noch manche Hürde aufbauen. Wir sollten die ganze Angelegenheit noch sehr aufmerksam analysieren, praktische Erfahrungen sammeln und sodann auch berücksichtigen.


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