Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 84

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Laßt uns die sozialen Anliegen außer Streit stellen, und gehen wir einvernehmlich an die zeitgemäße Gestaltung der sozialen Sicherheit im Lande heran! Dies bedeutet aber nicht zuletzt, die Schwerpunkte neu zu definieren, Notwendigkeiten – zum Beispiel der Gesundheitsvorsorge – zu hinterfragen und so die Grundfesten des Sozialstaates zu bewahren.

Als drittes und abschließend kann ich Ihnen jenen Teil der Sozialversicherung, aus dem ich selbst komme, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, als positives Beispiel für künftiges Controlling und Rationalisieren andienen. Ich kenne keinen Bereich, in dem Sparsamkeit und Leistung so wörtlich genommen werden. Es sollte weiterhin solche positiven Beispiele geben.

Controlling, Überprüfung der Ein- und Ausgaben innerhalb der Trägerorganisationen ist positiv. Es darf aber keine Bevormundung von außen geben.

Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 ist ein notwendiger erster Schritt. Wir werden freilich um weitere nicht herumkommen. Sozialpolitik ist nicht nur Sozialversicherung. Diese bleibt aber ein starkes Regulativ.

Das Problem der Beschäftigungssituation im Lande bestimmt einerseits die Beitragssituation wesentlich mit. Gleichzeitig wird die Konjunktur, nicht zuletzt durch die Leistungen der Sozialversicherung, ihre Steigerung, aber auch ihre Begrenzung, bedeutend berührt.

Auch deshalb, im Interesse der gesamtwirtschaftlichen, ja der gesamtstaatlichen Entwicklung ist es so außerordentlich wichtig, daß die Sozialgesetzgebung kontinuierlich kalkulierbar und überhaupt berechenbar bleibt. Das bloße Schlechtmachen unseres Systems ist nicht nur wenig hilfreich, es schwächt unsere Fähigkeit, Probleme zu lösen.

Auch sollte noch etwas erwähnt werden: Planung und sorgsames Überblicken der Gesamtsituation ist für das Vertrauen unserer Versicherten von staatstragender Bedeutung.

Die Sicherung des hohen Qualitätsstandards der Krankenversicherung und die Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts und der Gesundheitsvorsorge ist unsere Aufgabe, ebenso daß jeder österreichische Staatsbürger, egal wie seine finanzielle Ausstattung ist, diese Leistungen auch in Anspruch nehmen kann. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.31

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile es ihm.

14.31

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und liebe Kollegen des Bundesrates! Die uns heute vorliegende 53. ASVG-Novelle fällt zufällig – oder weniger zufällig – in ein Jubiläumsjahr, 40 Jahre ASVG, und wird sicherlich als die am heftigsten und meistdiskutierte Novelle in die Geschichte des ASVG eingehen.

Daß wir heute überhaupt über die Erhaltung und die weitere Finanzierung unseres hervorragenden, über Österreichs Grenzen hinaus bekannten Gesundheitsmodells diskutieren können, ist fast ausschließlich auf die Kompromißbereitschaft der Arbeitnehmer, ihrer Interessenvertretungen und der Pensionisten, aber ebenso auf das Verhandlungsgeschick unseres Herrn Bundesministers Hums und seiner Beamten zurückzuführen.

Herr Bundesminister Hums konnte von Haus aus von niemandem Lob erwarten, denn die Maßnahmen waren dem einen zuwenig, für den anderen war es der falsche Ansatz, für die meisten waren die Belastungen zu viel und zu einseitig. Aus Sicht der Arbeitnehmer und aus Sicht der Pensionisten kann man diesen Eindruck bei manchen Maßnahmen sicherlich auch unterstreichen.

Die vorliegende Novelle ist – das müssen wir zur Kenntnis nehmen – ein politischer Kompromiß, den – wie schon erwähnt – keiner so richtig will, der aber doch von der Mehrheit mitgetragen wird – mitgetragen deswegen, weil er die Finanzierungsmaßnahmen und die vorgegebenen


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