Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 85

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Sanierungsschritte bei den Krankenkassen und somit die hohe Qualität des österreichischen Gesundheitswesens und die Teilnahme an dieser Qualität für alle Versicherten und für die Mitversicherten weiter sichert, sichert auch für jene, die über ein sehr geringes oder fast kein Einkommen verfügen.

Die finanzielle Situation der Gebietskrankenkassen war bis vor wenigen Jahren relativ gut. Kollegin Fischer, meine Vorrednerin, hat schon darauf hingewiesen, daß durch die stagnierende wirtschaftliche Entwicklung, durch die geringer werdende Beschäftigung bei gleichbleibendem Anstieg der Ausgaben der Gebietskrankenkassen für Ärztehonorare, Medikamente, durch die viel zu hohen Handelsspannen der Pharmaindustrie, der Apotheken, aber auch durch die überproportional gestiegenen Spitalskosten fast alle Gebietskrankenkassen in eine schwierige finanzielle Situation schlitterten.

Diese schon schwierige finanzielle Situation der Kassen wurde durch die Zahlungsrückstände von vielen Unternehmen – insgesamt sollen diese Zahlungsrückstände nach Pressemeldungen eine Höhe von zirka 2,6 Milliarden Schilling ausmachen – noch verschärft.

Bei dieser Gelegenheit sei auch erwähnt, daß nicht nur die Gebietskrankenkassen, sondern unser gesamter Sozialversicherungsbereich auch von den Beitragshinterziehungen in Milliardenhöhe, die durch illegale Beschäftigung, durch Schwarzarbeit entstehen, schwerstens betroffen sind.

Aber auch dem immer stärker werdenden Ausweichen der Arbeitgeber von ordentlichen Dienstverhältnissen in Werkverträge war mit der 53. Novelle und dem Strukturanpassungsgesetz raschest Einhalt zu gebieten.

Wie schon eingangs erwähnt, war die Finanzierungsaufgabe eine sehr schwierige, denn es galt, insgesamt 7 Milliarden Schilling als Fehlbetrag abzudecken.

Eine gleichmäßige und moderate Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Pensionistenbeitragserhöhung im geringeren Ausmaß wäre unser Vorschlag gewesen. Dieser Vorschlag konnte aber aufgrund des Neins der Volkspartei, der Arbeitgeber, nicht verwirklicht werden.

Auf die Vorstellungen und Vorschläge der Freiheitlichen Partei brauche ich hier nicht näher einzugehen. Wir alle wissen, was dadurch gekommen wäre. Es hätte noch höhere Belastungen gegeben. Der Weg wäre in eine "Zweiklassenmedizin" gegangen: für die einen, die es sich leisten können, und für die größere Gruppe, die es sich nicht leisten kann.

Bedauerlicherweise ist bei diesem vorliegenden politischen Kompromiß auch anzumerken, daß sich die Arbeitgeber noch mehr als bisher aus der bisher bewährten gemeinsamen Finanzierung unserer Sozialversicherung verabschiedet haben.

In Richtung der Selbstbehaltsanhänger möchte ich sagen, daß kein Selbstbehalt einen kranken Menschen davon abhalten wird, einen Arzt oder ein Spital aufzusuchen, wenn er sich davon eine Linderung oder eine Heilung seiner Schmerzen und seiner Krankheit erwartet. Im Gegenteil, die erst vor kurzem in den Medien aufgezeigten Hinweise auf die sogenannte "Kuvertmedizin" in manchen österreichischen Ordinationen und Spitälern zeigen, daß kranke Menschen ohnehin oft bereit sind, viel mehr zu zahlen, als ihnen der Gesetzgeber eigentlich abverlangt.

Selbstbehalte auf alle Leistungen aus der Krankenversicherung würden Direktzahlungen durch den Patienten, angefangen vom Arztbesuch, vom Schnupfen der Kinder bis zur Herzklappen- und Bypassoperation, bedeuten.

Meine Damen und Herren! Das wären unzumutbare Belastungen!

Erst im Jahre 1994 wurde – sicherlich mit Recht – der Selbstbehalt bei den Bauern auf Wunsch der Österreichischen Volkspartei von 20 auf 10 Prozent reduziert.


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