Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 139

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Die Fakten sind eigentlich ernüchternd. Es gibt einen Geburtenrückgang, und die Zahl der Single-Haushalte nimmt zu. – Diese Dinge gilt es zu sehen. Oft müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, daß gerade bei Mehrkinderfamilien die Armutsgrenze schnell erreicht ist. Diesbezüglich ist auch unser Steuersystem teilweise ein Spiegelbild, wie wir den Wert der Familie gesellschaftspolitisch einschätzen.

Wie ist es zum Beispiel zu verstehen, daß der Alleinverdiener enorm schlechtergestellt ist? Wie ist es zu verstehen, daß zum Beispiel eine Ehegattin, ein Ehegatte, der nicht berufstätig war, 5 000 S Alleinverdienerabsetzbetrag absetzen kann, während der allgemeine Absetzbetrag 8 400 S beträgt? Und wie ist es zu verstehen, daß sich, wenn diese Ehegattin, dieser Ehegatte in den Beruf einsteigt, die Zahlen umdrehen?

Ich möchte noch die Steuerbelastung und die Entwicklung dieser Steuerbelastung erwähnen. Die Steuerprogression hat sich in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten gravierend geändert. Zum Beispiel hatte 1950 ein Lediger mit einem Einkommen in der Höhe von 1 205 S – heute wären es umgerechnet 21 000 S – eine Besteuerung von 23,9 Prozent, ein Verheirateter, aber Kinderloser hat 16 Prozent bezahlt, ein Verheirateter mit zwei Kindern 13 Prozent. Im Jahr 1992 – das ist zu beachten – hatte ein Lediger eine Steuerprogression von rund 29 Prozent zu tragen, ein Verheirateter ohne Kinder rund 28 Prozent und ein Verheirateter mit zwei Kindern ebenfalls 28 Prozent. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Familienförderung ist Ausdruck einer wertbewußten, langfristig orientierten Gemeinwohlpolitik, und ich denke – die Aussagen der maßgeblichen Familienpolitiker gehen in diese Richtungen –, wir werden bei der nächsten Steuerreform die Familien, sehr geehrter Herr Bundesminister, verstärkt zu berücksichtigen haben. Wir werden nicht müde werden, die Fakten auf den Tisch zu legen, und – das möchte ich auch erwähnen – wir sollten das positiv sehen, was uns in den letzten Jahren gelungen ist.

Diese Regierungskonstellation, dieses Regierungsbündnis hat wichtige, richtungsweisende Maßnahmen gesetzt, zum Beispiel die Anrechnung der Kindererziehungszeiten ins Pensionssystem – nicht pensionsbegründend, aber trotzdem pensionserhöhend.

Familienpolitik ist für mich – und nicht nur für mich, ich denke, für die meisten hier im Hause – Zukunftspolitik. Wir diskutieren heute den Familienlastenausgleichsfonds, der das alleinige Ziel hat, einen Ausgleich herbeizuführen. Dieser wird von sogenannten familienfremden Leistungen befreit, und das ist zweifelsohne ein Verdienst von Ihnen, Herr Bundesminister! Dafür möchte ich mich herzlich bedanken und vor allem zum Erfolg gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist diese heute zu beschließende Grundlage eine richtige – ich habe es schon erwähnt –, weil damit familienfremde Leistungen weggenommen und Quersubventionen, die zweifelsfrei vorhanden waren, beseitigt werden.

Unter Punkt 3 heißt es, daß die Schüler- und Lehrlingsfreifahrten anders geregelt werden, daß die Verkehrsverbünde verstärkt eingebunden werden sollen.

Das ist soweit recht und gut. Nur, Herr Bundesminister: Die Verkehrsverbünde sind auch jetzt schon tätig, und die Verkehrsverbünde gewähren den Pendlern – und dazu bekennen wir uns – Preisermäßigungen. Würde man dieses System 1:1 fortsetzen, würde das bedeuten, daß die Länder, die ja einen großen Anteil, nämlich zwei Drittel, dieser Ermäßigungen zu tragen haben, enorm stark belastet würden, und das könnten wir – das ist aus dem Gesetz auch nicht herauszulesen, daß das beabsichtigt ist, Herr Minister –, nämlich wir als Ländervertreter – gerade das Bundesland Oberösterreich könnte das nicht tun, und unser Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer und Herr Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent Dr. Leitl haben ja schon darauf hingewiesen –, sicher nicht zur Kenntnis nehmen.

Das heißt: Ja zu all diesen Regelungen, aber gleichzeitig ein deutliches Achtgeben, wenn man glaubt, durch Verkehrsverbundregelungen die Länder zusätzlich belasten zu können. Wir von der ÖVP werden dem Gesetz gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und Beifall des Bundesrates Meier. )

19.01


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