Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 175

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ein Kapitaleinkommen!) Deshalb gehen wir davon aus, daß es eine Lösung geben hätte müssen.

Der österreichische Sparer hat natürlich weiter Angst vor dem Euro. Wenn allgemein behauptet wird, daß der Euro genauso stabil sein wird wie der Schilling, kann ich das nicht glauben. Denn es konnte mir bis heute niemand erklären, wie die Umrechnung der einzelnen Währungen in diesen Euro stattfinden wird. Ich nehme an, daß es so ähnlich sein wird wie bei kommunizierenden Gefäßen: Der Durchschnitt wird ein neuer Wert sein. Und wenn Sie sich dieses Beispiel vorstellen, dann wird klar, daß die sichereren Währungen in den stärkeren Volkswirtschaften zweifellos an Wert verlieren werden.

Die Sparer haben selbstverständlich, meine Damen und Herren, auch Angst vor der Abschaffung der Anonymität, wie Kollege Kaufmann gesagt hat, wenn gleichzeitig das Bankgeheimnis nicht verbessert wird. Bezeichnend ist auch die Auskunft, die wir vorgestern im Finanzausschuß erhalten haben. Wir haben gefragt: Was geschieht in Österreich im Finanzministerium zur Verbesserung des Bankgeheimnisses? Gibt es Aktivitäten? Denkt man darüber nach? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) – Herr Kollege! Wir haben dort gemeinsam erfahren, daß man nicht darüber nachdenkt und es keine Aktivitäten gibt. Und auf die Frage, warum sich das so verhalte, kam die Antwort: Weil die Bundesregierung ein klares Bekenntnis dazu abgelegt hat, daß die Anonymität der Spareinlagen einfach erhalten werden muß. – Das ist genug, und weitere Überlegungen werden überhaupt nicht angestellt! Daß man die Anträge des Liberalen Forums und der Grünen im Nationalrat nicht ernstgenommen hat, die das überhaupt abschaffen wollen, verstehe ich noch. Aber daß die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung mit jedem Kilometer, den sie sich von Österreich in Richtung Brüssel entfernen, eine unterschiedliche Meinung veröffentlichen, kann ich nicht verstehen. Das österreichische Bankgeheimnis ist nämlich leider keineswegs so perfekt, wie es sein sollte.

Es ist wirklich, wie die "Wirtschaftswoche" schreibt, "löchrig wie der Schweizer Käse": Nach dem österreichischen Bankgeheimnis sind die Banken verpflichtet, Informationen über Kunden grundsätzlich für sich zu behalten, aber eben nur grundsätzlich, meine Damen und Herren! Diese Verpflichtung erlischt sofort, wenn gegen den Kunden ein gerichtliches Strafverfahren oder auch nur ein Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde, oder beispielsweise auch, wenn der Kunde stirbt. Herr Kollege! Sie haben nicht recht gehabt, daß es nur um die Sorge von alten Leuten geht, wie sie das Sparbuch vererben sollen. In jedem Fall, in dem ein Verlassenschaftsverfahren eingeleitet wird, ist die Frage der Anonymität von größter Bedeutung.

Daß sich die Finanzbehörden, die Finanzämter, in der Praxis selbst die Kontoeröffnung bewilligen können, ist etwas, was es wirklich, meine Damen und Herren, nur in Österreich gibt. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es beispielsweise kein gesetzlich verankertes Bankgeheimnis, aber dort läuft ohne richterliche Verfügung gar nichts. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. )

Herr Kollege Kaufmann! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich das sage, aber ich habe bei Ihrer Wortmeldung tatsächlich das Gefühl gehabt – das habe ich aber auch bei Erklärungen von vielen anderen Spitzenpolitikern in Österreich –, daß man Bankgeheimnis und Anonymität verwechselt und daß man die Definitionen immer vertauscht. (Bundesrat Dr. Kaufmann: Das habe ich nicht verwechselt!)

Ich hoffe, daß Sie es nicht verwechselt haben! Das Bankgeheimnis ist die Verpflichtung aller in österreichischen Kreditinstituten Tätigen, der Organe und der Mitarbeiter, über Tatsachen, die man aufgrund der Geschäftsverbindung, aber auch aus den Daten der Bank erkennt, gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren, und zwar über die Zeit der Beschäftigung im betreffenden Institut hinaus.

Die Anonymität, die Sie so gerne abschaffen wollen ... (Bundesrat Dr. Kaufmann: Ich habe nicht gesagt, daß ich die Anonymität abschaffen will!) Wir werden das im Protokoll nachlesen können! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Was haben Sie gesagt, Herr Kollege? Was


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