Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 85

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die durch die zusätzlichen Kosten und den Verwaltungsaufwand, den diese Regelung hervorruft, gezwungen sein werden, ins Ausland abzuwandern.

Das ist eine dramatische zusätzliche Belastung für Wirtschaftsbereiche, die sehr viele Werkverträge abschließen. Sie haben dafür gesorgt, daß diese Belastungen für staatliche oder Kammerinstitutionen nicht Platz greifen, denn für diesen Bereich gibt es Ausnahmeregelungen. Sie haben den hohen Verwaltungsaufwand nicht beseitigt, die Abgrenzungsschwierigkeiten eher noch erhöht, die Rechtsunsicherheit verstärkt und den Änderungsbedarf nach wie vor aufrecht gelassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist für die Arbeit dieser Koalitionsregierung typisch. Sie haben es in den vergangenen elf Jahren geschafft, an allen wesentlichen Problemen Österreichs vorbeizugehen und sie nicht gelöst zu haben. Sie haben sie entweder zu spät oder unzulänglich in Angriff genommen und lediglich Notreparaturen vorgenommen. Es hat sich an den Strukturen, vom Budgetdefizit bis zur Sozialversicherung, nichts geändert. Statt mit dem Sparen im eigenen Bereich zu beginnen, ziehen Sie den Bürgern dieses Landes das Geld aus der Tasche und bauen bürokratische Schikanen auf.

Überhaupt ist die Rolle der Politiker und Interessenvertreter im Zusammenhang mit dieser Werkvertragsregelung äußerst genant. Lajos Ruff vom "trend" betitelt das mit: "Was soll man von Politikern halten, die ein Gesetz zuerst beschließen, um es wenig später als Pfuschwerk zu beschimpfen?"

Wenn man den ganzen Eiertanz rund um diese Werkvertragsregelung in den letzten Monaten beobachtet hat, dann muß man sagen, daß diese Werkvertragsregelung nur ein weiteres Beispiel der doppelzüngigen Politik Ihrer Koalitionsregierung ist, Ihres Spieles mit dem Wähler, wieder ein Beispiel dafür, daß Sie etwas versprechen und dann nicht halten, daß sie nach außen hin etwas anderes sagen, als Sie dann tatsächlich machen. Ich bringe in Erinnerung – nur schlagwortartig –: die monatliche Haushaltsersparnis von 1 000 S, die Gitti Ederer versprochen hat, die Vranitzky-Briefe an die Pensionisten mit einer Garantieerklärung, der dann letztlich eine Kürzung der Pensionisteneinkommen folgte. All das sind Beispiele für die Abgehobenheit von der Bevölkerung, die Sie, sehr geehrte Damen und Herren, aufweisen.

Ich erinnere an das Geschrei Häupls betreffend die Stadtautobahn-Maut, die er mit beschließt und dann plötzlich bekämpft, oder an die Krankenscheingebühr. Nach außen hin anders reden, als dann gehandelt wird. Die Rechnung für all das, sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie am vergangenen Sonntag präsentiert erhalten. Es hat wirklich niemand von Ihnen Grund zum Jubeln, auch nicht die Vertreter der ÖVP, die zumindest bei der EU-Wahl ein besseres Ergebnis als bei der Nationalratswahl vorweisen können. Die Rolle Ihrer Vertreter, vor allem der Wirtschaftsvertreter, bei dieser Werkvertragsregelung war einmal mehr wirtschaftsfeindlich.

Von der Bundeskammer hat man in diesem Zusammenhang nicht viel gehört. Das ist eigentlich auch kein Wunder, denn der Hauptverantwortliche aus diesem Bereich für diesen Murks ist der jetzige Herr Wirtschaftsminister. Er war bekanntlich vorher Generalsekretär-Stellvertreter der Bundeskammer. Er hat in seiner ersten "Pressestunde" zugegeben, daß er als Experte der Wirtschaftskammer bei den Verhandlungen um das Belastungspaket delegiert war und er für diese Werkvertragsregelung hauptverantwortlich zeichnet. Das hat er selbst gesagt. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Das hat er selbst gesagt. Das läßt sich nachweisen, Herr Dr. Kaufmann!

Auf die Frage des Interviewers, ob er nicht gehört habe, daß es im Bereich der Wirtschaft besorgte Stimmen gibt, daß das unadministrierbar ist, daß das eine Belastung für die Wirtschaft darstellt, hat er dann gesagt, er stehe zu dieser Werkvertragsregelung. Auf die weitere Frage, ob er die Wirtschaft damit wirklich so belasten könne, hat er gesagt, an ihn habe sich noch niemand gewendet, er habe noch keine Beschwerden gehört.

Das war seine erste "Pressestunde", und dann ist er zu diesem Thema in der Versenkung verschwunden. Ich nehme an, aus gutem Grund.


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