Bundesrat Peter Rieser:
Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Am 11. Oktober dieses Jahres wurde eine 40jährige Frau zu einer Gallenblasenoperation in die Chirurgische Abteilung des Landeskrankenhauses Judenburg eingewiesen. Acht Tage später starb die Frau durch diesen Routineeingriff nach einem Fehler des behandelnden Arztes.Nach diesem Vorfall wird in der Steiermark die Funktionstrennung zwischen den Krankenhäusern Knittelfeld und Judenburg, insbesondere die Zusammenlegung diverser Abteilungen zwecks Auslastung und Qualitätssteigerung diskutiert.
Frau Bundesministerin! Meine Frage:
Welche Funktionsteilung planen Sie im Zusammenhang mit dem ÖBIG zwischen den Krankenanstalten Knittelfeld und Judenburg im Österreichischen Krankenanstaltenplan?
Präsident Josef Pfeifer: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz Dr. Christa Krammer: Zunächst einmal zwei Feststellungen: Ihre Frage hat gelautet, welche Funktionsteilung ich plane. Der Bundeskrankenanstaltenplan ist in Gemeinschaft mit den Ländern erarbeitet worden, und zwar immer mit dem jeweiligen Bundesland. Also müßte die Frage korrekt lauten – wenn Sie mir das erlauben –, was wir planen, in Abstimmung mit dem zuständigen Bundesland.
In den Verhandlungen zwischen dem Bund und dem Land Steiermark wurde beschlossen, daß die Landeskrankenhäuser Judenburg und Knittelfeld künftig als gemeinsamer LKH-Verbund geführt werden. Die Funktionsteilung ist folgendermaßen vorgesehen: Ein Krankenhaus führt die Abteilungen Chirurgie, Geburtshilfe-Gynäkologie und Unfallchirurgie, und das andere die Abteilungen Innere Medizin und Neurologie.
Um eines bitte ich in aller Eindringlichkeit und in aller Form: Lassen Sie sich nicht vor einen Karren spannen, der mit dem Leichentuch wedelt. Jeder Todesfall, auch die jetzt geschehenen Todesfälle in Krankenhäusern, ist traurig für die betroffenen Familienmitglieder. Aber es kann doch um Himmels willen der Grund nicht darin gesucht werden, daß es zum Beispiel eine Funktionsaufteilung, einen Krankenanstaltenverbund gegeben hat. Ich bitte Sie, das überall, wo Sie hinkommen, auch mit dem entsprechenden Rückgrat zu vertreten und nicht mit dem Finger auf "die da oben" zu zeigen, in welchem Nebel oder in welchen Wolken diese auch immer sein mögen. Jeder stellt sich unter "denen da oben" etwas anderes vor und sagt, na die haben es gemacht.
Stehen Sie bitte dazu! Das ist kein Qualitätsverlust des Krankenhauses. Es tröstet mich, Herr Bundesrat, daß Sie gesagt haben, es war ein Kunstfehler des Arztes, wobei ich auch diesen Arzt jetzt nicht geißeln möchte. Der Mensch irrt, und es kann passieren – und das ist kein Vorwurf an den Arzt –, aber es soll sich heute ein Mensch vor mich hinstellen und sagen, er wird nie im Leben einen Fehler machen. Diesen Menschen gibt es nicht. – Also es "menschelt" überall, und der Arzt leidet sicher darunter, daß ihm das passiert ist. Ich möchte ihm das überhaupt nicht vorwerfen.
Ich habe gestern in der Zeitung gelesen, künftig werden alle Todesfälle, die in den Spitälern passieren, mir angerechnet werden, weil ich nicht garantieren kann, daß künftig niemand mehr in Krankenhäusern sterben wird. Ich ersuche Sie, begeben wir uns nicht auf dieses Niveau. Das ist die letzte Lade!
Präsident Josef Pfeifer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Peter Rieser: Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Im Abkommen der Regierungsparteien vom März 1996 ist vorgesehen, daß bezüglich Haftpflicht für Behandlungsfehler die zuständigen Stellen Verhandlungen mit der Versicherungswirtschaft aufnehmen sollen. Frau Ministerin, wie stellen Sie sich eine solche Haftpflicht für medizinische Kunstfehler vor?
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