Der Hunger wird nicht zu beenden sein, wenn es den Armen an Geld fehlt, Nahrungsmittel zu kaufen. Vielmehr werden die Volkswirtschaften in der dritten Welt ohne stabile und demokratische politische Rahmenbedingungen niemals funktionieren können.
Was kann nun Österreich konkret für diese Entwicklungszusammenarbeit tun?
Neben der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit hat Österreich durch den Beitritt zur Europäischen Union auch in diesem Bereich seine Möglichkeiten entscheidend erweitert und verbessert. Denn die Entwicklungshilfe in diesem Rahmen, die der dritten Welt und den Mitgliedsländern jährlich zur Verfügung gestellt wird, ist durchaus beachtlich. Im Jahr 1995 waren es rund 32 Millionen Dollar. Das ist mehr als die Hälfte der auf der ganzen Welt vergebenen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Die Europäische Union hat erstmals im Vertrag von Maastricht ihre Kompetenz für die Entwicklungszusammenarbeit primär rechtlich festschreiben lassen und überdies auch unter dem Namen "Horizont 2000" ein eigenes Programm entwickelt, das einen Fahrplan für die Entwicklungspolitik der Union darstellt. Dieser Fahrplan sieht eine Reihe von Entschließungen und Verordnungen in Form eines entwicklungspolitischen Konzeptes dar.
Der Vorteil für Österreich liegt auch auf der Hand. Wir können bei der Formulierung der EU-Entwicklungspolitik und bei der Vergabe der Mittel mitsprechen. Überdies haben heimische Nicht-Regierungs-Organisationen und Unternehmungen die Möglichkeit, sich Teile der österreichischen Beitragsleistungen durch EU-Förderungen für bestimmte Projekte oder auch durch die Teilnahme an EU-Ausschreibungen zurückzuholen.
Mitsprache und Mitentscheidung, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedeuten allerdings auch finanzielle Anstrengungen. 800 Millionen Schilling muß Österreich derzeit jährlich für die europäische Entwicklungszusammenarbeit aufbringen. Ab 1998 wird das nochmals 800 bis 900 Millionen Schilling an direkten Zahlungen an den europäischen Entwicklungsfonds bedeuten.
Noch etwas ist für mich wesentlich. Wer glaubt, daß sich Österreich mit der Teilnahme an der europäischen Entwicklungszusammenarbeit von der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit verabschieden könne, irrt gewaltig. Denn der Vertrag von Maastricht sieht an sich nicht vor, daß die Verantwortung für die Entwicklungszusammenarbeit auf die Kommission abgewälzt werden kann. Ganz im Gegenteil: Er schreibt sogar eine Verpflichtung zur Leistung bilateraler Kooperationen fest. Das bedeutet auch für uns: Wenn wir Österreicher im weltweit größten entwicklungspolitischen Gestaltungsforum, nämlich der Europäischen Union, unseren entsprechenden Platz einnehmen und überdies Ansehen und Glaubwürdigkeit in der dritten Welt haben wollen, muß es in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit weitere Fortschritte geben. Ansätze und Konzepte sind vorhanden, und diese sind durchaus vielversprechend. Österreich ist in den letzten Jahren darangegangen, seine Mittel geographisch auf fünf Schlüsselregionen, aber auch sachlich zu konzentrieren. Dies scheint mir noch erfolgversprechender zu sein als das sogenannte Gießkannenprinzip. Manfred Mautner Markhof hat davon ja schon einiges genannt.
Als Beispiel mag auch das 1993 vom Außenministerium entwickelte Konzept "Afrika 2000" gelten, das Hilfe für die Ärmsten der Armen in den Staaten südlich der Sahara bringen soll.
Dieses Konzept entspricht dem vorgenannten Prinzip, daß nämlich die Volkswirtschaft in den Ländern der dritten Welt, deren Funktionieren zur Bekämpfung von Hunger und Armut unerläßlich ist, ohne stabile demokratische und politische Rahmenbedingungen nicht lebensfähig sein wird. Besonderes Augenmerk wird bei "Afrika 2000" daher auf die Unterstützung des Aufbaus von demokratischen Systemen gelegt.
Mit diesem Konzept wird auch ein genereller Arbeitsschwerpunkt der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit unterstrichen, eben die Unterstützung des Aufbaus von demokratischen Systemen in Entwicklungsländern. Damit wird auch angezeigt, daß die Entwicklungszusammenarbeit in den letzten Jahren eine neue Qualität erhalten hat. War in den sechziger und siebziger Jahren die vertretene entwicklungspolitische Strategie jene des massiven Ressourcentransfers – eine Strategie, die nicht zuletzt wegen des Fehlens auch der erforderlichen personellen und
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