Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 89

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uralte Beziehungen aufzufrischen gilt. Auf diesem Gebiet sollten wir uns nicht schamhaft abwenden, sondern neue wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen knüpfen.

In diesem Sinne nimmt meine Fraktion diesen Bericht gerne zur Kenntnis. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.15

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Ing. Johann Penz. Ich erteile es ihm.

15.15

Bundesrat Ing. Johann Penz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anläßlich des Welternährungsgipfels, der derzeit in Rom stattfindet, wurde es uns wieder einmal drastisch vor Augen geführt: Nach Schätzungen der FAO gelten 800 Millionen Menschen auf dieser Welt als unterernährt: Etwa 15 Millionen Menschen, also zweimal die österreichische Bevölkerung, sterben jährlich an Hunger oder aus anderen armutsbezogenen Gründen. Vor allem handelt es sich hiebei um Kinder.

Wir diskutieren heute über das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit für die Jahre 1996 bis 1998, und dabei ist natürlich das Thema "Ernährungssicherheit" eine ganz wesentliche Komponente. Die Schaffung von Ernährungssicherheit ist – ich glaube, das ist unbestritten – angesichts der von mir genannten Zahlen von ungebrochener Dringlichkeit, sowohl kurzfristig als auch langfristig.

Lassen Sie mich dazu auch anläßlich der derzeit stattfindenden FAO-Tagung einige Anmerkungen machen.

Betrachten wir die derzeit aktuelle Entwicklung, so müssen wir feststellen, daß die schlechten Getreideernten die Weltgetreidevorräte heute auf ein Niveau sinken haben lassen, das dem vor etwa 20 Jahren entspricht. Das tägliche Brot ist damit auch in Hinblick auf die inzwischen gestiegenen Weltmarktpreise für die Ärmsten der Armen noch unerschwinglicher geworden.

Diese Situation ist allerdings nicht nur derzeit dramatisch. Angesichts der globalen Bevölkerungsentwicklung müssen wir uns auch langfristig die Frage stellen, ob die Landwirtschaft etwa im Jahr 2020 noch in der Lage sein wird, die dann um etwas mehr als 50 Prozent größere Weltbevölkerung von etwa 8,8 Milliarden Menschen zu ernähren. – Im Klartext heißt das, daß vor allem auch auf die Agrarwissenschaft große Herausforderungen zukommen werden. Zwei Drittel der künftig notwendigen landwirtschaftlichen Mehrproduktion müßten aus höheren Erträgen kommen, ohne daß dabei die Umwelt geschädigt wird.

Angesichts dieser Zukunftsszenarien erscheint auch die in den letzten Jahren und Jahrzehnten in den westlichen Industrieländern geführte Diskussion über die landwirtschaftliche Überproduktion in einem völlig anderen Licht, wie im übrigen auch der Präsident des Washingtoner World Watch Institute Lester Brown bestätigt.

Laut Brown steht nämlich fest, daß die Überschußproduktion in den letzten Jahrzehnten ein historisches Unikum war und daß künftig Knappheiten mit steigenden Getreidepreisen dominieren werden.

Man kommt auch nicht um die Frage herum, warum noch immer Millionen Menschen hungern, obwohl gerade im asiatischen Raum die Getreideproduktion in den letzten Jahren um etwa 30 Prozent gestiegen ist. Anhand dieses Beispiels zeigt sich ganz deutlich, daß die Verantwortung für die Ernährungssicherheit nicht alleine bei der Landwirtschaft liegt, auch wenn diese dabei fraglos eine ganz wichtige Rolle spielt.

Wenn man über die Bekämpfung von Hunger und Armut und von einer gedeihlichen Entwicklung in allen Teilen dieser Welt spricht, dann sind jedoch auch Fragen nach der Ordnung der Wirtschaft und dem Entstehen von Einkommen zu beantworten.


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