Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 156

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mehr Auflagen hinsichtlich Tierschutz und müssen auf den Boden mehr Rücksicht nehmen. Auf der anderen Seite werden die Bauern in einen Wettbewerb gedrängt, der auf ihrem Rücken ausgetragen wird. Einerseits besteht die Forderung der Konsumenten, natürliche Produktionsweisen vorzunehmen, einerseits, andererseits spielen der Einsatz von Hormonen in der Landwirtschaft und die Gentechnik heute eine sehr wichtige Rolle in der Diskussion. Einerseits wollen Handelsketten mit naturbelassenen Produkten, die gleich hinter dem Bauernhof auf der grünen Wiese produziert werden, beliefert werden, andererseits gibt es die Kennzeichnungspflicht, die wir dringend brauchen, in der Europäischen Union noch immer nicht.

Das sind selbstverständlich Schwierigkeiten, mit denen wir uns auseinandersetzen sollen. Wenn man den Mut hat und sagt, daß man über die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft reden will, dann muß man auch entsprechende Prioritäten setzen. Wenn man nämlich heute die Osterweiterung als das Hauptproblem der österreichischen Landwirtschaft bezeichnet, dann geht das an der Realität vorbei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer nur einigermaßen die Beschlüsse der Regierungskonferenzen verfolgt, wird wissen, daß gesagt wurde, daß nach Ende der Regierungskonferenz die Verhandlungen über den Beitritt von Malta und Zypern eröffnet werden sollen. Und erst wenn die Verhandlungen dieser beiden Länder abgeschlossen sind, wird es Beitrittsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern geben.

Herr Kollege Waldhäusl! Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auf den Beitrag im Grünen Bericht auf den Seiten 22 bis 29 aufmerksam machen, denn dort geht es ausdrücklich um eine Studie der Europäischen Union über mögliche Auswirkungen eines Beitrittes der mittel- und osteuropäischen Länder. Es kann sich notwendigerweise nur um eine Erhebung zum derzeitigen Zeitpunkt handeln, zu dem die weiteren Entwicklungen noch gar nicht vorhergesehen werden können. In diesem Beitrag finden Sie auch ausdrücklich die österreichische Position. Es ist klar festgeschrieben, daß nach dem derzeitigen Stand ein Beitritt dieser Länder eigentlich gar nicht in Frage kommen kann.

Herr Kollege Waldhäusl! Wenn Ihnen die Probleme der Bauernschaft wirklich ein Anliegen sind, dann sollten Sie mit uns vielmehr darüber diskutieren, wie sich die gemeinsame Agrarpolitik, wenn sie im Jahre 1999 ausläuft, weiterentwickeln wird. Dann geht es nämlich auch um die Frage einer weiteren Liberalisierung. Wir sollten auch heute schon darüber reden, was eine Liberalisierung insgesamt bedeuten würde – die GATT-Uruguay-Runde soll ja in der Singapur-Runde weitergeführt werden.

Ich glaube, in diesem Bereich haben wir alle ein gemeinsames Interesse, die Arbeitnehmerschaft ebenso wie die Selbständigen. Eine weitere Liberalisierung würde nicht nur vermehrt Weltmarktpreise für die österreichische Bauernschaft bringen, verbunden mit der Frage, wie sich dann der Preisausgleich gestaltet, sondern es würde natürlich auch im Arbeitnehmerbereich eine weitgehende Liberalisierung geben. Daher wäre es unsere gemeinsame Aufgabe, der Europäischen Union gewisse Richtlinien vorzugeben und zu überlegen, in welchen Bereichen in der nächsten WTO-Runde Schwerpunkte gesetzt werden können. (Beifall des Bundesrates Dr. Prasch. ) Ich bin Applaus gewohnt, daher macht mir das gar nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Tremmel! Warum ich von Ihnen keinen Applaus bekomme, ist mir auch klar. (Beifall und Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) Großartig! Das habe ich leider übersehen! Vielen Dank! Es steht wenigstens im Protokoll. (Beifall des Bundesrates Dr. Schambeck. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundesminister Molterer hat mit dem Grünen Bericht des Jahres 1995 dokumentiert, daß die Agrarpolitik, die er gemeinsam mit Persönlichkeiten wie Rudolf Schwarzböck und Georg Schwarzenberger auch im Einverständnis mit dem Koalitionspartner gemacht hat, richtig war. Dieses Fundament ist in Ordnung. Es sollte anhand dieses Fundamentes zu erkennen sein, wie wir den Bauern dieses Haus in Europa weiterbauen wollen. Wenn uns die Probleme der Bauern ein Anliegen sind, dann dürfen wir uns nicht in Kleinigkeiten verlieren, sondern müssen die Zukunft im Auge behalten. In dieser Zukunft wird es nicht nur um die eine oder andere Förderung gehen, sondern um weltweite Agrarabkommen, und bei diesem Agrarabkommen könnten wir viel mehr verspielen als unter Umständen in anderen Bereichen.


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