Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 155

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einer Kürzung zu reden beziehungsweise zu behaupten, daß die bäuerlichen Interessen nicht wahrgenommen werden, ist ein sehr starkes Stück.

Genauso ist es ein starkes Stück und grenzt eigentlich an Hybris, wenn heute gesagt wird, Kollege Waldhäusl war der Erfinder, daß der Mehrwertsteuersatz von 10 auf 12 Prozent angehoben wird. Herr Kollege Waldhäusl! Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen, denn diese Forderung ist schon bei den Beitrittsverhandlungen im Jahre 1994 diskutiert und festgeschrieben worden, als gesagt wurde, man muß auch diese Ergebnisse abwarten, wie sich das insgesamt auf die Landwirtschaft auswirkt. Wir sehen in der Zwischenzeit, daß eine reale Auswirkung vorhanden ist, daß die Bauern mehr Betriebsmittel zukaufen, als sie Produkte verkaufen. (Bundesrat Waldhäusl: Warum ist es bisher nicht geschehen?) Daher kann man sagen, es hat sich zuungunsten der Landwirtschaft verändert. Es geht jetzt darum, diese Sache auch zu erledigen.

Ich bin froh, Herr Kollege Waldhäusl, daß manche Dinge nicht so schnell geschehen, wie Sie das fordern. Denn wäre beispielsweise die Überlegung Ihres Parteiobmannes Dr. Haider Realität geworden, dann hieße das auch, daß die Bauern 50 Prozent weniger an Direktzahlungen erhalten hätten. (Zwischenruf.)

Das ist lange her, das ist richtig. (Bundesrat Prähauser: So lange ist es nicht her, ein Jahr ist es her!) Wir haben im Jahre 1995 – das können Sie ja nachlesen, Kollege Waldhäusl, Sie sind ja so belesen! – mehr als 24 Milliarden Schilling ausbezahlt, und hätte man gekürzt, hätten die Bauern um 12 Milliarden Schilling weniger bekommen. So einfach ist die Rechnung. Und dann wäre die Einkommenssituation natürlich eine völlig andere.

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen, weil Sie das freiheitliche Agrarprogramm zitiert haben: Ich habe bis jetzt kein wirkliches freiheitliches Agrarprogramm gesehen. Im Gegenteil: Es gibt nur sehr fragmentarische und zum Teil stümperhafte Überlegungen, wie man die Bauernexistenzen absichern kann. Ich denke etwa nur an die Überlegungen eines Herrn Huber oder eines Herrn Reichhold, welcher von einem Grundeinkommen in der Größenordnung von 100 000 S spricht, egal wie groß der Betrieb ist: Man fährt also mit dem Hobel ganz einfach drüber. Das heißt, daß aufgrund des Grundeinkommens ein Großteil der Direktzahlungen gebunden wird und gar keine Möglichkeit mehr besteht, gerade für jene Bereiche, die heute in der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielen und die auch bei der Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik sehr wichtig sein werden, nämlich bei den Umweltmaßnahmen, bei den Investitionsförderungen steuernd einzugreifen.

Ferner hat Herr Kollege Dr. Kapral unseren Kollegen Rodek betreffend die Verschmutzung des Wassers seitens der Landwirtschaft völlig falsch zitiert. Es ist also im Protokoll nachlesbar, was ich auch in einem Zwischenruf gesagt habe: Kollege Rodek hat das ganz anders gesagt. (Bundesrat Waldhäusl: Das ist Ihr Standpunkt!)

Sie sagen, daß Sie für die Landwirtschaft so viel über haben. Im freiheitlichen Manifest zum Schutz des österreichischen Wassers steht hingegen, daß Hauptquellen der Gewässerverunreinigung die Einwirkungen aus der Landwirtschaft darstellen. – Das ist die freiheitliche Politik! Jedem sagen Sie das, was er hören will. Bei jeder Veranstaltung und bei jedem Tagesordnungspunkt sagen Sie etwas anderes. Wenn es um die Bauern geht, sind Sie für die Bauern da, wenn es um den Gewässerschutz geht, sind Sie jedoch gegen die Bauern. – Das ist freiheitliche Politik, die ich ablehne! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Waldhäusl: Ihr seid nur für euch selbst da! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind unqualifizierte Zwischenrufe! Nachdem ich weiß, woher sie kommen, gehe ich aus bestimmten Gründen gar nicht darauf ein!

Ich glaube jedoch, daß es schade ist, wenn bei dieser Diskussion des Grünen Berichtes verschiedene Probleme, die die Landwirtschaft heute hat, nicht aufgezeigt werden. Auch wenn er sich auf das Vorjahr bezieht, sollte bei der Debatte des Grünen Berichtes, wenn wir die Einkommenssituation weitergehend beurteilen wollen, doch aufgezeigt werden, daß wir uns heute einer Zerreißprobe unterziehen müssen: Denn einerseits verlangen der Gesetzgeber und auch die Konsumenten von den Bauern, daß sie höhere Qualität produzieren, zugleich bekommen sie


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