und die im Artikel 50 bezeichneten Staatsverträge vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Ihre verbindende Kraft beginnt, wenn in der kundgemachten Norm nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes, das die Kundmachung enthält, herausgegeben und versendet wird, und erstreckt sich, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, auf das gesamte Bundesgebiet.
Insoferne hat also Artikel 49 des Bundes-Verfassungsgesetzes den alten § 3 ABGB derogiert, der da lautete: "Die Wirksamkeit eines Gesetzes und die daraus entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich nach der Kundmachung ihren Anfang, es wäre denn, daß in dem kundgemachten Gesetze selbst der Zeitpunkt seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde."
Die teilweise Derogation nimmt dieser Bestimmung nichts an der Aussage, daß die Kundmachung ganz unabhängig davon ist, ob die kundgemachte Norm den Rechtsunterworfenen tatsächlich zur Kenntnis kommt oder von ihm zur Kenntnis genommen oder verstanden wird. Man hat diese Erkenntnis in dem Satz zusammengefaßt, daß die Unkenntnis des Gesetzes nicht entschuldigt.
Dennoch hat der Gesetzgeber etwa im § 9 des Strafgesetzbuches oder im § 5 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes dem Rechtsirrtum durchaus rechtliche Bedeutung, also Rechtsfolge, eingeräumt. Auch der Verfassungsgerichtshof setzt Ansätze, die die bloß formale Kundmachung in Extremfällen nicht als ordnungsgemäß gelten ließen, obwohl sie im Sinne der Verfassung gehörig gewesen ist, etwa bei Verweisungen, die es dem Leser des Gesetzes fast unmöglich machen, den Zeitpunkt des Inkrafttretens oder des Außerkrafttretens einer Norm ohne aufwendige Recherchen festzustellen.
Dennoch bleibt es dabei, daß durch die gehörige Kundmachung von Normen diese dem Rechtsbestande angehören. Unabhängig von deren allfälliger Anfechtbarkeit sind demnach auch die Verwaltungsbehörden und die Gerichte an gehörig kundgemachte Gesetze, Verordnungen und Staatsverträge gebunden.
Der für die gehörige Kundmachung maßgebliche Artikel 49 Abs. 1 B-VG soll nun insofern eine kleine Korrektur erfahren, als die Einteilung in Stücke, wie mein Vorredner schon ausgeführt hat, in Hinkunft wegfallen soll. Dagegen kann nichts eingewendet werden, da die Nummern und die Seiten des Bundesgesetzblattes dessen Vollständigkeit und Lückenlosigkeit ausreichend sicherstellen und überprüfbar machen.
Die nunmehr beabsichtigte Zerlegung des Bundesgesetzblattes in Teile hat in Österreich, wenn man nicht weiter als bis 1848 zurückgehen will, als es bekanntlich eine Justizgesetzsammlung und eine politische Gesetzessammlung gab, und wenn man die ständestaatliche Ära ausklammert, keine Tradition. Sie nimmt sich offensichtlich die deutsche Regelung als Vorbild, die zweifellos eine leichtere Handhabung des Bundesgesetzblattes ermöglicht. Während die Regierungsvorlage noch eine Zweiteilung ins Auge gefaßt hatte, entschied sich der Verfassungsausschuß des Nationalrates in seiner Sitzung vom 17. Oktober zu einer Dreiteilung, wie schon gesagt wurde. Grob gesprochen wird Teil I die Bundesgesetze, Teil II die Verordnungen und Teil III die Staatsverträge enthalten. Die leichtere Handhabbarkeit des Bundesgesetzblattes wird dabei mit dem kleinen, auch schon genannten Nachteil erkauft werden müssen, daß die wahrscheinlich weniger verlangten Teile II und III des Bundesgesetzblattes entsprechend teurer sein werden.
Im übrigen übernimmt das neu gefaßte Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt – das sei auch angemerkt – ein altes Redaktionsversehen. Auch hier heißt es nämlich wieder, daß das Bundesgesetzblatt zur Verlautbarung insbesondere der Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates bestimmt sei. Denn spätestens nach der Beurkundung durch den Bundespräsidenten und der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler ist aus dem "Gesetzesbeschluß des Nationalrates" ein, allerdings erst zu verlautbarendes Bundesgesetz geworden. In diesem Sinne bestimmt etwa auch Artikel 48 Bundes-Verfassungsgesetz, daß Bundesgesetze, so heißt es hier, unter Berufung auf den Beschluß des Nationalrates kundzumachen sind.
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