Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 21

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Ihr Wahlverhalten oder die Begründung Ihres Abstimmungsverhaltens ist Ihre Sache. Ich habe keine Kritik daran zu üben, daß Sie meinen, ein Vertrauensvotum im Vorschuß geben zu müssen. Aus unserer Überzeugung heraus können wir sagen: Für uns hat sich Kollegin Haselbach dieses Vertrauen wahrlich erworben und erarbeitet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich finde es auch für unangemessen – um das ganz klar zu sagen –, die im wesentlichen politische Auseinandersetzung um den Herrn Präsidenten hier in die Debatte hineinzuziehen. Er steht hier heute nicht unter diesem Tagesordungspunkt zur Wahl, aber es ist keine Frage, daß eindeutig geregelt ist, daß Mitglieder des Bundesrates jene Immunität genießen, die den Mitgliedern des sie entsendenden Landtages zukommt, wobei auch die Abhandlung der Immunitätsangelegenheiten Sache des jeweiligen Landtages ist. Der Herr Präsident hat deutlich gemacht, daß er Wert darauf legt, sich diesen Beschuldigungen, die von einem ehemaligen Mitarbeiter erhoben werden, der sich ganz überraschenderweise vom Gemeindebediensteten zum FPÖ-Kandidaten verwandelt hat und daher in seinen Vorwürfen von einer geradezu unbezweifelbaren Glaubwürdigkeit sein muß, stellen zu können. Ich glaube, daß damit alles zu diesem Thema gesagt ist, was dazu zu sagen ist.

Aber wenn Herr Kollege Tremmel die Geduld des Herrn Präsidenten in Anspruch genommen hat, um auf ein Thema einzugehen, das sich zweifelsfrei nicht mit dem Wahlvorgang beschäftigt, so darf ich im Sinne der erwähnten Gleichbehandlung durch das Präsidium dies auch für mich in Anspruch nehmen.

Wir haben heute – ich halte das nicht für einen Ruhmestag des Bundesrates – Herrn Gudenus wieder in unserem Kreis zu begrüßen gehabt. Daß die Wiener Wähler eine bestimmte Entscheidung getroffen haben, die die Freiheitliche Partei zur Entsendung einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern des Bundesrates berechtigt, ist nichts, woran einem Demokraten Kritik zusteht. Daß die Freiheitliche Partei in freier Entscheidung ihre Kandidaten auswählt, ist nichts, woran mir eine Kritik zusteht. Aber ein Kommentar steht mir zu – denn diese Auswahl ist etwas, was sich dem öffentlichen Urteil stellen muß. Wir haben Kollegen Gudenus bereits einmal als Mitglied dieses Hauses erlebt – das gehört nicht zu den besten Erinnerungen. Herr Kollege Gudenus ist von seiner Partei danach in den Nationalrat entsendet worden. Ich habe daran keine persönliche Erinnerung, aber Kolleginnen und Kollegen aus dem Nationalrat meinen, auch das hätte gewisse Schwächen aufgewiesen.

Aber das Entscheidende ist, daß Herr Kollege Gudenus vor 14 Monaten von seiner Partei aus dem Nationalrat abgezogen wurde, und zwar nicht deshalb, weil an seinen politischen oder rhetorischen Fähigkeiten gezweifelt worden wäre, sondern deshalb, weil in der damaligen Situation – ganz offensichtlich hatte das etwas damit zu tun, daß Wahlen vor der Tür standen – die politische Haltung des Herrn Gudenus, zum Ausdruck gebracht in einer Podiumsdiskussion, unangebracht war. Ich warne vor irgendwelchen Bekundungen, das sei nicht so gewesen. Herr Kollege Gudenus! Sie haben das Pech, daß einer der Teilnehmer dieser Podiumsdiskussion als Mitglied des Hauses im Saal anwesend ist. (Bundesrat DDr. Königshofer: Was werfen Sie ihm vor? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Nein, nicht mich.

Herr Kollege Gudenus – insofern ist sein Gelöbnis von heute bemerkenswert im wahrsten und uneingeschränkten Sinn des Wortes – hat wiederholt in der Öffentlichkeit, in einem Interview des ORF, in einem Interview mit der APA folgende Formulierung verwendet: "Gaskammern? – Da halte ich mich raus. Ich glaube alles, was dogmatisch vorgeschrieben ist." (Bundesrat DDr. Königshofer: Darf er das nicht?)

Dieses Haus – das ist vielleicht nicht allgemein bekannt – hat drei seiner Mitglieder aus der Ersten Republik in ebendiesem Gas verloren, Herr Kollege Gudenus! Es war dies der ehemalige Präsident Dr. Steidle von der Christlich-Sozialen Partei, im KZ Buchenwald am 30. 8. 1940 ermordet, es war dies das Mitglied meiner Fraktion Karl Knapp, im KZ Dachau am 4. Dezember 1944 ermordet, und es war dies der Sozialdemokrat Dr. Felix Kanitz, im KZ Buchenwald am 29. 3. 1940 ermordet.


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