Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 23

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In dieser Zeit sieht auch die Welt auf uns, in der so viel Unfriede herrscht. Und es gibt auch so viele Suchende in der Welt – in Europa und auch bei uns in Österreich –: Es gibt eine Jugend, die den Weg sucht, und es gibt viele Ältere und Alte, die in ihrem Leben nicht alle Wünsche erfüllt bekommen haben – manche fühlen sich geradezu betrogen, manche fragen sich, warum sie Lasten und besondere Verpflichtungen übernehmen. – Dann ist es unsere Aufgabe als Volksvertreter und als Politiker, den Schritt voranzugehen. Ich erinnere Sie nur an das Sparpaket, an die Verpflichtungen, die mit dem Budget zusammenhängen, aber vor allem sollten wir uns gerade jetzt bemühen, unseren Beitrag zur politischen Kultur bei der Neuordnung Europas einzubringen. Ich möchte niemandem in Österreich das Recht absprechen, daß Seine im Rahmen des Möglichen zu diesem Weg der politischen Kultur einzubringen.

Wir haben, meine Damen und Herren, eine Geschichte zu verkraften, die wir zum Großteil aufgrund unseres Geburtsdatums nicht verursacht haben, wir haben aber die Verpflichtung, aus dieser Geschichte zu lernen. Ich wiederhole das, was ich bei meiner Gedenkrede zum März 1938 im März 1988 nachlesbar gesagt habe: Niemals wieder, meine sehr Verehrten! Ich füge hinzu: Wehret den Anfängen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zu dem, was ich seinerzeit gemeinsam mit dem damaligen Präsidenten des Nationalrates Leopold Gratz bei dem Gedenkakt gesagt habe, bekenne ich mich auch heute. Und ich werde mich immer dazu bekennen, in welcher Funktion und Situation auch immer ich in diesem Haus und außerhalb dieses Hauses stehe. Denn, meine sehr Verehrten, wir werden vier Jahre vor dem Jahr 2000 nur dann den Weg erfolgreich fortsetzen können, wenn wir gerade im Herzen Österreichs und bei dieser Geschichte unseres Landes das Unsere an Verstehen beibringen und dazu noch etwas tun, nämlich jene nicht verletzen, die in dieser Zeit einen Blutzoll zu leisten hatten.

Ich weiß nicht, ob das alle wissen – ich weiß auch nicht, ob Herr Bundesrat Dr. Tremmel, ein Mann, der sich um den Rechtsstaat bemüht, ein Mann, der ein historisches Bewußtsein hat, das auch weiß –: Die Familie der Frau Präsidentin Haselbach hat für diese Zeit einen Blutzoll zu leisten gehabt. Die Familie ihrer Mutter hat Leben lassen müssen. Ihre eigene Mutter ist schwerst verfolgt worden, ihr Vater, der ein Volksvertreter war und den ich kennen zu dürfen die Ehre hatte, auch als Linzer Professor, war das Vorbild eines Repräsentanten an politischer Kultur, bevor er Mandatar wurde, als Mandatar – obwohl meine Partei damals mit ihm in Konfrontation stand – und auch in dem Rest seines Lebens. Und sie ist auch die Tochter dieses Mannes. Ich freue mich, einer parlamentarischen Körperschaft anzugehören, der Frau Haselbach angehört, die Tochter des Herrn Nationalrates Dr. Kleiner. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Als ich 1966 meine Lehrtätigkeit an der Linzer Universität begonnen habe und seit 1967 Ordinarius war, habe ich zu jeder Gastvorlesung bei mir in Linz Herrn Nationalrat Dr. Kleiner – auch als er nicht mehr dem Hohen Haus angehörte – eingeladen. Es war uns eine Ehre, ihn begrüßen zu dürfen!

Ich stehe nicht am Linzer Bahnhof und warte auf den Zug – wie gestern wieder –, ohne an ihn zu denken, den ich dort oft und oft getroffen habe. An diese Gespräche werde ich immer gerne denken.

Meine sehr Verehrten! Herr Bundesrat Dr. Tremmel hat – das wollen wir nicht übersehen – am Beginn seiner Ausführungen das Ja zur Person der Frau Haselbach gesagt. Und daher würde ich Sie bitten, Hohes Haus, daß wir – gewählt wird eine Person, aber mit einer Funktion setzt man sich auseinander – das nicht durcheinanderbringen, weil ich glaube, Frau Bundesrätin Haselbach hat es in den Jahren ihrer Tätigkeit als Mitglied der Länderkammer und auch ihres Wirkens im Präsidium des Bundesrates als Präsidentin des Bundesrates und auch als Vizepräsidentin verdient, daß man ihr das Vertrauen schenkt.

Meine sehr Verehrten! Man kann ohne weiteres, was die Geschäftsordnung betrifft, verschiedener Meinung sein, und es können ohne weiteres auch während der Jahrzehnte des Bestehens einer Kammer – ich wünsche dem Bundesrat, daß er noch Jahrzehnte bestehen kann,


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