Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 25

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reich mit dieser Staatsrechtsordnung zum Ausdruck kommt, in unsere Äußerungen, in unsere Aktivitäten einbringen, um uns besser als bisher zu verstehen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir heute diese Wahl vornehmen, dann möchte ich Sie bitten, daß das, was jetzt in der Debatte zum Ausdruck gekommen ist, mit diesem Wahlakt nicht ad acta gelegt wird, nämlich daß wir uns gemeinsam bemühen, so wie wir uns jetzt vornehmen, diese Arbeitsgruppe zu bilden, daß wir uns gemeinsam bemühen – jeder dort, wo er steht –, das Seine einzubringen in bezug auf eine Verbesserung eines zeitnahen Föderalismus, daß wir uns überlegen – jeder in seiner Fraktion –, was wir zu einer zeitnahen Geschäftsordnungsreform miteinbringen können – das ist auch notwendig im Hinblick auf unsere Mitgliedschaft bei der Europäischen Union.

Meine sehr Verehrten! Wir sind alle Menschen, und glauben Sie es mir: Das, was man über andere sagt oder was andere erleben können, kann einen selbst einmal treffen, und es soll niemand den anderen so messen, wie er nicht selbst gemessen werden will.

Wir alle stehen im politischen und im öffentlichen Leben. Ich gehöre diesem Haus jetzt 27 Jahre an, ich darf sagen, ich glaube, ich bin der Dienstälteste hier, und ich gehöre dem Präsidium bald 22 Jahre an, und jeden Tag liegt diese Verantwortung zentnerschwer auf meinen Schultern. Ich überlege mir oft und oft, und glauben Sie mir, mir würde viel einfallen über Personen und Sachen innerhalb meiner Partei, innerhalb des Parlaments, der Politik und gegenüber politisch Andersdenkenden et cetera, aber man muß immer rechnen: Wem kann das zugeordnet sein, und leiste ich einen Beitrag zum Gemeinwohl?

Ich sage Ihnen – ich muß viel reden, weil ich als Professor unterrichte und bei Versammlungen spreche –, Sie sind nie davor gefeit, daß jemand etwas anders versteht, etwas umdreht. Die Dummen verstehen das Wort nicht, und die Gemeinen verdrehen das Wort – auf beide Typen muß man achtgeben. Ich sage Ihnen, mein ganzes Leben habe ich mich darum bemüht! Wer zu meinen Mitarbeitern zählt, der weiß, daß ich oft Fahnen und Umbrüche tagelang liegenlasse und sie dann noch einmal korrigiere.

Es ist bedauernswert, wenn jemand, der im öffentlichen Leben steht wie der Herr Präsident des Bundesrates als Bürgermeister, einfach an den Pranger gestellt wird. Erlauben Sie mir – weil ich die Ehre habe, neben dem Herrn Bundesminister für Justiz der Republik Österreich zu stehen, der sich für diese Grundsätze auch einsetzt –, als Jurist zu sagen – das neue Mitglied des Bundesrates ist ein Professor der Rechtswissenschaften und vor allem des Verfahrensrechts, in dem Österreich eine große Tradition hat, ich nenne nur Franz Klein, den man auch in Japan gut kennt, und ich fordere Sie auf, seine gesamten Schriften, die zwei Bände zu studieren, die es noch bei Deuticke gibt –: Meine Damen und Herren! Solange jemand in letzter Instanz nicht rechtskräftig verurteilt ist, gilt mehr als die Unschuldsvermutung. Ich sage Ihnen, das kann jeden von uns treffen!

Das, was jeder Staatsbürger für sich in Anspruch nehmen kann, gilt auch für den Herrn Präsidenten des Bundesrates, den Sie nach dem Protokoll als Ihre Nennung vorgenommen haben. Ich darf Sie bitten, dafür Verständnis zu haben.

Als Jurist darf ich Sie daran erinnern, Herr Bundesrat Tremmel, daß sich natürlich die öffentliche Meinungsbildung mit allem beschäftigen kann – das ist überhaupt keine Frage –, sie wird sich auch mit Ihnen beschäftigen, mit uns allen, auch mit mir, mit meiner jetzigen Rede, aber ich sage Ihnen, für die Aufhebung der Immunität ist nach dem österreichischen Verfassungsrecht nicht der Bundesrat zuständig, sondern der jeweilige entsendende Landtag, in dem Fall des Bundeslandes Kärnten.

Daher ist es auch hier nicht erforderlich, daß wir darüber eine Debatte abführen. Wir haben keine Legitimation! Der demokratische Verfassungsstaat ist zuständig für die Kontrolle dessen, wofür er kompetent ist.

Herr Kollege Waldhäusl! Das ist eine Frage der Bildung, aber Sie sind ja herzlich eingeladen, sich weiterzubilden. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Waldhäusl: Ich habe ja gar


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