Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 56

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Wertpapieraufsicht soll unabhängig von den Banken sein, aber auch vom Ministerium, was sie leider nicht ist.

Meine Damen und Herren! Das ist österreichische Tradition – wir sagen: schlechte österreichische Tradition –, und das setzt sich in der Gestaltung des Beirates fort. Denn bei der Beiratsbesetzung gibt es auch in diesem Fall wieder ein Monopol für die Sozialpartner, also für Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Gewerkschaft und so weiter.

Betreffend das Bankgeheimnis waren wir bisher der Meinung, daß diese Lockerung beim Wertpapiergeschäft quasi ein Tauschgeschäft für die Anonymität beim einfachen Sparen sein sollte. Ich stehe daher nicht an, meine Enttäuschung darüber kundzutun, daß im vorgestrigen Ausschuß in diese Richtung überhaupt nichts zu bemerken war. Man denkt bei den zuständigen Stellen im Ministerium offenbar wirklich nicht darüber nach, wie man das Bankgeheimnis verbessern könnte. Mir wurde hier einmal schon die Antwort gegeben, daß man darüber nicht nachdenkt, weil die politische Spitze in Österreich sagt: Über dieses Thema ist nicht nachzudenken, weil wir zu den bestehenden Regelungen stehen. Es sollen also Anonymität und Bankgeheimnis erhalten bleiben. Die Spitzenpolitiker der Regierung in Österreich sagen es immer wieder: Wir bleiben dabei. In Brüssel wird oft anders argumentiert. Auch das ist kein Geheimnis.

Feststeht, meine Damen und Herren, daß die EU-Kommission auf der Aufhebung der Sparbuchanonymität beharrt. Ich weiß nicht, ob das sogenannte Avis, also die Stellungnahme der EU-Kommission an die österreichische Bundesregierung, die Ende November einlangen hätte sollen, inzwischen eingelangt ist. Vielleicht kann uns jemand eine Antwort darauf geben. Darin wird die Regierung endgültig aufgefordert, die Sparbuchanonymität abzuschaffen.

Die Legitimierung aller Sparbücher, unabhängig vom Datum ihrer Errichtung, stellt Österreichs EU-Kommissionsdirektor Heinz Zourek fest, wird nicht zu verhindern sein. Jetzt kommen diese Botschaften aus Brüssel schon in französischer Sprache, und im letzten Communiqué heißt es, daß im Gegensatz zu der Meinung der österreichischen Regierungsstellen das Festhalten an der Anonymität aus der Sicht der Kommission mit den Bestimmungen der Richtlinie 91/308 unvereinbar ist.

Diese Weisung beziehungsweise dieser Rüffel aus Brüssel dürfte wohl die letzte diesbezügliche Weisung sein, denn wenn es diese Aufforderung zur begründeten Stellungnahme gibt, hat Österreich nur 40 Werktage Zeit, abermals Stellung zu nehmen, und dann blüht uns nichts anderes mehr als ein peinliches Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.

An dieser Stelle sei mir ein kleiner Seitenblick auf die Schweiz gestattet, um zu zeigen, wie groß man sich in unserem Nachbarland diesbezüglich Gedanken macht, während wir in Österreich eher locker zur Tagesordnung übergehen.

Ich zitiere aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" im Zusammenhang mit dem Schweizer Bankgeheimnis, Ausgabe vom 7. 11. 1996, wo festgestellt wird – das ist Tatsache –: "Der Geheimnisschutz" – in der Schweiz – "ist gesetzlich verbürgt, nur eine Mehrheit des Parlaments könnte an diesem Zustand etwas ändern. Gesetze in der Schweiz brauchen ihre Zeit. Schweizer Politiker, die das Bankgeheimnis – aus welchen Gründen immer – anzuzweifeln wagen würden, bekämen großen Ärger." In der Schweiz würden, wenn es – rein theoretisch – zur Aufhebung des Bankgeheimnisses käme, über Nacht 60 000 Bankangestellte ihren Job verlieren.

Weiter wird ausgeführt: "Die Schweizer Volkswirtschaft würde mit der Abschaffung des Bankgeheimnisses geradezu ökonomischen Selbstmord begehen. Die Struktur des Schweizer Arbeitsmarktes und der Schweizer Wirtschaft ist lückenlos auf das Bankgeheimnis ausgerichtet." Ferner heißt es: "In den Bankkonten der Bürger schnüffeln die Steuerbehörden bei Lebzeiten der Steuerzahler nicht. Hierzulande" – also in der Schweiz – "sind anno 1996 immer noch Rudimente der alten Zeit" – man möchte fast sagen: der guten alten Zeit – "lebendig geblieben, wo die Geld-Diskretion als heilig galt. Und daran wird sich wohl, bis in das 21. Jahrhundert hinein, nichts ändern."


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