Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 66

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Auch der Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes Mitterlehner kritisiert den hohen Regulierungsgrad in Österreich, und der ÖVP-Wirtschaftsbund startet eine Aktion "Stop der Gesetzesflut", in der ein Abbau von bürokratischen Hürden gefordert wird.

Mit dem vorliegenden Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH wird – wie so oft in dieser Frage, siehe auch das PSK-Gesetz – ein halbherziger Schritt gesetzt, der letztlich in die –unserer Meinung nach – falsche Richtung führen wird. Statt mit privatrechtlichen Gesellschaftskonstruktionen eine Flucht aus dem Budget zu betreiben, sollte die Regierung endlich den Mut zu echten Privatisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen aufbringen. Die vorliegende Konstruktion, eine GesmbH im 100prozentigen Eigentum des Bundes, führt lediglich zur Minderung parlamentarischer Kontrollrechte auf der einen Seite und zu betriebswirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten durch Einflußnahme der Regierung auf der anderen Seite.

Dabei geht es um die zukünftige Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens, um Auftragsübernahmen, zum Teil auch aus dem Ausland, wie schon angekündigt wurde, zum Beispiel aus Kroatien, um künftige Umsätze und Gewinne, die für eine Gesellschaft der Informationstechnologie nicht unerheblich sein dürften. Allein der Bund gibt für Informations- und Kommunikationstechnik im heurigen Jahr über 5 Milliarden Schilling aus; im Jahr 1988 lag dieser Betrag noch bei rund 3 Milliarden Schilling. Allein daran sieht man das ungeheure Geschäftspotential in diesem Bereich.

Daraus resultiert natürlich die entscheidende Frage: Wer bestimmt in Zukunft in der BRZ GmbH über die Verteilung der erzielten Wertschöpfung? Wer entscheidet über die Verteilung dieser Wertschöpfung? Wer entscheidet über Investitionen oder Rücklagen? Wer entscheidet über Mitarbeiterbonifikationen, seien dies Sonderzahlungen, Erfolgsprämien oder Rückstellungen für Betriebspensionen? Wer entscheidet über Gewinnausschüttungen an den Eigentümer, den Bund?

Hier tut sich offensichtlich eine breite Spielwiese auf, die unserer Befürchtung nach für roten und schwarzen Proporz genutzt werden soll. Ähnlich wie bei der Oesterreichischen Nationalbank soll auch hier ein profitables Unternehmen zu einem Privilegienstadel umfunktioniert werden. Die Zeche dafür zahlt aber wieder der Staatsbürger, mit dessen Steuergeldern die Honorarnoten dieses Bundesrechenzentrums letztendlich für den Staat beglichen werden müssen.

Deshalb, meine Damen und Herren, lehnen wir das vorliegende Gesetz ab und fordern auch für diesen Bereich eine echte Deregulierung in Form einer Veräußerung des Rechenzentrums an einen potenten Anbieter von EDV-Dienstleistungen. Damit könnten Sie einerseits Erlöse erzielen, die für eine nachhaltige Budgetsanierung herangezogen werden können, andererseits könnten Sie in Zukunft die benötigten EDV-Dienstleistungen zu marktkonformen Preisen einkaufen, was ebenfalls eine Budgetentlastung darstellen würde.

Ein eventuelles Gegenargument, daß nämlich das Bundesrechenzentrum vertrauliche Verwaltungs-, Steuer- und andere Daten bearbeitet, die aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in private Hände gegeben werden dürfen, ist leicht zu entkräften. Ich bin überzeugt davon, daß vertrauliche Daten in privaten Händen und privaten Gesellschaften besser aufgehoben sind als bei der öffentlichen Hand. Dies beweisen Banken, Versicherungen, Steuerberatungskanzleien, Notare, Rechtsanwälte, Privatkliniken und bereits bestehende private Datenverarbeiter heute schon Tag für Tag, während vertrauliche Rohberichte des Rechnungshofes bereits bei diversen Medien liegen und ausgewalzt werden, noch bevor sie der Präsident überhaupt zu Gesicht bekommen hat.

Meine Damen und Herren! Wenn auch der vorliegende Gesetzesbeschluß durch Zustimmung der Mehrheit in diesem Hause Rechtswirklichkeit erlangt, so ist der Zug in die Richtung echter Privatisierung noch lange nicht abgefahren. Der Verkauf des Bundesrechenzentrums oder dieser neu zu schaffenden GmbH wird auch in Zukunft noch möglich sein – mit all den positiven Auswirkungen, wie ich sie vorhin beschrieben habe.

Deshalb sagen wir Freiheitlichen heute nein und setzen auf einen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Gesinnungswandel in der Zukunft. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.06


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