Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 78

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vorgeschoben werden soll, oder die oft erst nach Fälligkeit – unter Anführungszeichen – "vereinbarten" Inkassokosten und dergleichen mehr.

Eine ganz wichtige Neuerung ist die heute auch schon angesprochene Einführung eines richterlichen Mäßigungsrechtes bei der Mithaftung von einkommens- oder vermögenslosen Personen für fremde Kreditverbindlichkeiten.

Wir haben bewußt nicht den auch in der deutschen Judikatur und in Ansätzen in der österreichischen Judikatur gegangenen Weg des Alles-oder-nichts gewählt. Wir sind nicht den Weg gegangen, die Mithaftung finanziell schwacher Personen quasi generell zu verbieten, indem man nachträglich meint, das wäre eine unzulässig eingegangene Verpflichtung. – Einerseits deshalb, weil es durchaus auch ein legitimes Anliegen der Wirtschaft, insbesondere der Kreditwirtschaft, sein kann, in einem speziellen Zusammenhang auch solchen Personen die Möglichkeit einer Mithaftung einzuräumen. Im übrigen wird das sehr oft die einzige Besicherungsmöglichkeit für den Schuldner sein, und wenn man ihm die nähme, würde er praktisch überhaupt nicht kreditwürdig sein.

Wir meinen, daß es flexibler ist, wenn entsprechend dem dringenden sozialen Bedarf der Richter die Möglichkeit hat, anhand differenzierter Kriterien die Verbindlichkeit des Bürgen oder Mitschuldners in einer den Umständen des konkreten Einzelfalls gerecht werdenden Weise zu mäßigen oder gegebenenfalls auch ganz zu erlassen.

Einen großen Schritt zur Verbesserung des Verbraucherschutzes stellt auch das heute schon besprochene Bauträgervertragsgesetz dar. Die Anschaffung einer geplanten oder in Bau befindlichen Wohnung oder eines Reihenhauses – oftmals die größte rechtsgeschäftliche Transaktion im Leben eines Menschen, mit großer Eigenverschuldung, mit der Heranziehung der letzten finanziellen Mittel der Familie verbunden – stellt ein besonders risikobehaftetes Rechtsgeschäft dar, sind doch in der Regel an den Bauträger hohe Vorauszahlungen lange vor Fertigstellung und Übergabe der Wohnung zu leisten, Vorauszahlungen, gegen deren Verlust der Konsument nach der derzeitigen Rechtslage nicht durch gesetzliche Mindeststandards geschützt war.

Ziel des Bauträgervertragsgesetzes ist daher primär der Schutz der Erwerber durch Bestimmungen über die Form des Vertrages, den Vertragsinhalt, die Informations- und Rücktrittsrechte des Erwerbers, vor allem aber durch verschiedene Sicherstellungsmodelle, die dem Erwerber Schutz vor Verlust, zumindest vor existenzbedrohendem Verlust seiner Vorleistungen im Falle der Insolvenz des Bauträgers gewähren. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben uns von dem Gedanken leiten lassen, nicht einschränkend bloß ein uns adäquat erscheinendes Sicherungsmodell den Bauträgern quasi zu oktroyieren, sondern haben eine möglichst vielfältige Palette an möglichen Sicherungsmechanismen zur Auswahl offengelassen. Sie alle stammen aus der derzeitigen Praxis. Das gilt auch hinsichtlich der Zahlung auf ein bei einem Kreditinstitut treuhändig für Rechnung des Erwerbers geführtes Sperrkonto, bei dem die Voraussetzungen für die Auszahlung, also Übergabe der fertiggestellten Wohnung und Herstellung des bedungenen Grundbuchstandes, von der auszahlenden Bank geprüft werden. Dieser Weg wird vor allem dort gewählt, wo kreditierender Gläubiger des Erwerbers und Financier des Bauträgers dieselbe Kreditinstitution ist und durch den Erlag dieses Geldes auf ein Konto bei dieser Kreditinstitution sehr gering gehaltene – meist unter einem Prozent – Unterschiedsverzinsungen anfallen, was dieses Sicherstellungsmodell finanziell günstig erscheinen läßt.

Da wir schon bei den Kosten der Sicherung sind: Dem von mancher Seite gegen dieses Vorhaben vorgebrachte Argument einer zu erwartenden hohen Kostenbelastung ist mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Sicherlich verursachen Kontrolle und Sicherstellungsmaßnahmen zum Schutz für den Erwerber einen Kostenaufwand. Allerdings ist dies im Verhältnis zu den vertragsgegenständlichen Beträgen ein durchaus geringer. Wir haben aber bei diesem Gesetzesvorhaben, wie ich schon erwähnt habe, auf bereits in der Praxis von seriösen Bauträgern verwendete Sicherungs- und Abwicklungsmodelle zurückgegriffen, deren Kosten bereits heute anfallen. Insofern also kommt es zu keiner zusätzlichen Kostenbelastung.


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