Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 100

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Ich habe erst gestern in einer Wiener oder österreichischen Tageszeitung gelesen, Herr Bundesminister, daß eine große Einkaufskette, die auf Innenausstattung spezialisiert ist, für den Samstagverkauf Personal sucht, sprich Studenten und Kolleginnen und Kollegen, die schon in den wohlverdienten Ruhestand getreten sind. Ich glaube, das war auch nicht im Sinne des Erfinders, und die Unternehmen sollten sich überlegen, ob diese Wege ein Beitrag zu unserer gesamtpolitischen Überlegung, zur Beschäftigungssicherung sind. Es ist hier auch schon kritisch angemerkt worden – auch von Kollegen Prasch –, daß sich im Bereich der Betriebskindergärten, der öffentlichen und privaten Kindergärten, bisher nichts zum Besseren geändert hat für die Frauen, Mütter und vor allem Alleinerzieher. Obwohl das auch versprochen worden ist, hat sich bisher für die Alleinerzieher nichts gebessert. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Man muß sich die vielen Hunderten, wenn nicht Tausenden Beschäftigten vorstellen. Ich nenne hier nur ein Beispiel, das der Herr Bundesminister sicherlich kennt, weil er ja im Süden von Wien zu Hause ist: die Shopping City Süd. Wenn diese um halb acht Uhr am Abend die Läden schließt, dann frage ich mich, wann die Frauen nach Hause kommen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das überhaupt nicht möglich. Sie werden auf private PKWs zurückgreifen müssen, wenn sie sich diese leisten können, oder sie werden von Vätern oder von den Männern mit den Kindern im Auto vom Arbeitsplatz abgeholt. Es wird dabei ganz übersehen, daß die Frauen nach der Arbeit noch Familien- oder Kinderpflichten haben.

Daher bitte ich Sie, Herr Minister, Druck zu machen, daß die öffentlichen Verkehrsmitteln dazu beitragen, daß die Beschäftigten im Handel die verlängerten Ladenöffnungszeiten leichter verkraften können.

Ich hoffe auch, Herr Minister, daß Sie Ihre Zusage einhalten können. Sie haben nämlich im Sommer prognostiziert, daß es einige Tausende Beschäftigte mehr im Handel geben wird, und ich gehe davon aus, daß Sie sich das sehr genau angesehen haben, bevor Sie diese Prognose gegeben haben. Sonst würde es Ihnen so ergehen wie Ihrem deutschen Kollegen, der erst vor wenigen Tagen im Fernsehen kundtun mußte, daß er sich im Bereich der Beschäftigung geirrt hat.

Ich glaube, insgesamt sollten wir danach trachten, daß wir auch einen Beitrag dazu leisten, die 235 000 arbeitslosen Männer, Frauen und Jugendlichen zum größten Teil wieder zu beschäftigen und somit auch wieder zu ordentlichen Konsumenten zu machen. Das würde auch dazu beitragen, die wirtschaftlichen Erwartungen des Handels, der Nahversorger zu erfüllen und die Arbeitsplätze, die schweren, belastenden Arbeitsplätze und die lange Anwesenheitszeit, vor allem in den Einkaufszentren, bei den Handelsketten für die Kolleginnen und Kollegen zu erleichtern.

Ich darf das wiederholen, was ich eingangs gesagt habe: Die sozialdemokratische Fraktion des Bundesrates wird abgesehen von Kollegin Kainz diesem Öffnungszeitengesetz ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Bundesrat Alfred Gerstl. Ich erteile es ihm.

15.44

Bundesrat Alfred Gerstl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich habe 45 Jahre als selbständiger Erwerbstätiger im Einzelhandel gearbeitet und davon gelebt. 40 Jahre hindurch war ich Kammerfunktionär. Dem vorliegenden Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird, kann ich nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den bekannten Argumenten, die mir gerade vorhin wieder mit einem Artikel von Kommerzialrat Schirag aus dem "Mittelstandsmagazin" augenscheinlich wurden, sehe ich darüber hinaus alle anderen Impulse für eine florierende Volkswirtschaft durch dieses vermehrte Zeitangebot im Einzelhandel gefährdet. Denn es motiviert zum Zeitverlust für wesentliche Kriterien einer Kultur


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