Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 101

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nation: der Nutzung des Angebotes zur Besinnung, Körper und Geist bildend, aber auch Kommunikation und Gastronomie, so wie es vor allem familienfördernde Dinge gibt wie die Fitneßcenter. (Bundesrat Ing. Penz: Das sagt ein Trafikant!) Ich war auch Lebensmittelhändler und vieles mehr. Ich habe schon einiges in meinem Leben gearbeitet. Das müßtest du wissen.

Diese familienfördernden Einrichtungen wie die Fitneßcenter bewirken darüber hinaus wirtschaftliche Impulse zur Stärkung der Antriebskraft der Menschen für eine Kulturnation, sie sind ein Beitrag zur Volksgesundheit und Lebensfreude. Das vorliegende Gesetz wird den Konsumenten nicht dienen, höchstens von der Vielfalt zur Einfalt motivieren und auch letztendlich die Wertschöpfung nicht erhöhen.

Wir haben die Weichen für eine humanistische Gesellschaftsordnung zu stellen, in der wir auch eine Renaissance als Kunst- und Kulturnation erhoffen können. Daher kann ich diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei einigen Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

15.47

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte.

15.47

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Ich bin in einigen Dingen angesprochen worden. Zum einen sollte man einmal sehr realistisch an die moderaten Zielsetzungen dieses Gesetzes herangehen.

Zum ersten ging es darum, daß wir durch diese Regelung sicherstellen, daß nicht zum Teil in den letzten Jahren mühselig zurückgewonnene Marktanteile im Ausland durch eine erneute Verstärkung des Kaufkraftabflusses verlorengehen. Ich nenne zwei Beispiele. Wir haben in Vorarlberg seit dem Beitritt zur EU und den schweizerischen restriktiveren Regeln an Konsumenten gewonnen. Es kaufen rund 100 000 Schweizer in Vorarlberg ein.

Nächster Punkt: Wir haben gegenüber Italien und Deutschland zum Teil Konsumentenkaufkraft im letzten Jahr wieder zurückgewonnen, laufen aber jetzt Gefahr, diese wieder zu verlieren. Wir haben in Kärnten signifikant Marktanteil zugunsten Österreichs gewonnen. Das geht so weit, meine Damen und Herren, daß sich bei mir der Präsident der Provinz Veneto beschwert hat, daß die Supermärkte in Udine nicht mehr so viele Kunden aus Österreich haben. – Ich sage das nur als Beispiel. (Bundesrat Dr. Prasch: Da müssen Sie selbst runterfahren und sich das einmal am Samstag oder Sonntag anschauen!)

Trotzdem steht der Punkt im Raum. Wir haben hier Marktanteile zurückgewonnen – dank der Aktivitäten der Kärntner Händler. Drittens: Wir können mit Fug und Recht erwarten, daß, wenn die Schengener Außengrenze den Einkaufstourismus über die Grenzen etwas erschwert, wir auch den starken Abfluß in den Osten etwas eindämmen können.

Zum zweiten: Beschäftigung. Ich habe mir selbst die Mühe gemacht, in vielen Geschäften nachzufragen, wie die Reaktion der Händler sein wird, auch in bezug auf die Beschäftigungspolitik, Herr Kollege Drochter! Der Punkt ist, daß uns eines nicht erspart bleiben wird, was jede Handelslandschaft in jedem entwickelten Land mitmacht, daß es einen Trend zur stärkeren Teilzeitbeschäftigung gibt, daß es – das muß man auch feststellen – durch die verbesserte Convenience-Erwartung der Konsumenten zu sehr vielen Teilzeitjobs, etwa bei Einparken, Waren befördern, Zustellen, kommen wird. Das ist ein Trend, dem wir uns in Österreich nicht entziehen dürfen. Sollten wir uns ihm weiter entziehen, dann werden wir noch mehr Kunden verlieren.

Ich glaube nochmals, daß die Ladenöffnungsdiskussion nicht als Ersatz dafür herhalten kann, daß wir es in Österreich mit einer außerordentlich starken Konzentration im Handel zu tun haben und mit der starken Konzentration einhergehend eine ungewöhnlich hohe Konditionenspreizung, die die Kleinen hinauswirft und die Konsumenten noch irrealer sein läßt.


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